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C. Blöss / H.-U.Niemitz Christian Blöss Hans-Ulrich Niemitz Das Ende der Illusion, mit Radiokarbonmethode und Dendrochronologie datieren zu können Wie alt ist dieses Buch? Diese Frage beantwortet das Impressum. Wie alt ist ein ausgegrabenes Fundstück? Darauf kennen die Historiker all- zuoft keine Antwort. Die Not angesichts solcher Datierungsprobleme erklärt, warum vor allem Historiker die Einführung der C14-Methode vor mehr als einem halben Jahrhundert enthusiastisch begrüßt haben. Und sie erklärt auch, warum an dieser Methode bis heute – trotz kata- Das Ende der Illusion, strophaler Fehldati...
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C. Blöss / H.-U.Niemitz Christian Blöss Hans-Ulrich Niemitz
Das Ende der Illusion, mit Radiokarbonmethode und Dendrochronologie datieren zu können Wie alt ist dieses Buch? Diese Frage beantwortet das Impressum. Wie alt ist ein ausgegrabenes Fundstück? Darauf kennen die Historiker all- zuoft keine Antwort. Die Not angesichts solcher Datierungsprobleme erklärt, warum vor allem Historiker die Einführung der C14-Methode vor mehr als einem halben Jahrhundert enthusiastisch begrüßt haben. Und sie erklärt auch, warum an dieser Methode bis heute – trotz kata- Das Ende der Illusion, strophaler Fehldatierungen und trotz grundlegender methodischer Pro- mit Radiokarbonmethode und bleme – so beharrlich festgehalten wird. Dendrochronologie datieren zu können Die ab 1949 gewonnenen radiometrischen Chronologien waren noch keine zehn Jahre alt, da mussten die Wissenchaftler eingestehen, daß zentrale Annahmen der C14-Methode falsch sind. Sie galt nur des- 2. überarbeitete Auflage halb weiterhin als praktikabel, weil binnen weniger Jahre ein Korrek- turmaßstab vorgelegt werden konnte: Die berühmte kalifornische Bor- stenkiefer-Chronologie. Die Autoren decken auf, dass sich diese Baum- ringchronologie auf die C14-Methode abstützten musste, für die seiner- zeit jedoch Voraussetzungen in Anspruch genommen wurden, die tat- sächlich unhaltbar sind. Auch die europäischen Baumringchronologien stehen damit in Misskredit, erstens, weil sie von der kalifornischen ab- geleitet worden sind und zweitens, weil sie eine Dynamik der Umwelt- bedingungen aufdecken, die tödlich für die C14-Methode ist. Es kann somit gar keinen Kalibriermassstab für C14 geben. Über den Zirkel- schluss, auf dem alle heute gebräuchlichen Baumringchronologien be- ruhen, werden die C14-Chronologien der Historiker stürzen. Das Ergebnis der hier vorgelegten Untersuchung ist sensationell: Das chronologische Fundament der Vor- und Frühgeschichte beruht auf Trug- schlüssen und muß neu gelegt werden. Alle C14- und Baumringdaten sind zu revidieren. Unser Geschichtsbild wird sich auf wesentlich kürzere Zeiträume gründen müssen als bisher. Verlag Informationen für Verlag Informationen für Technik und Wissenschaft Technik und Wissenschaft C. Blöss / H.-U. Niemitz • C14-Crash, »Unsere Muße können wir nicht besser verwenden, als mit den Herrlichkeiten der Vergangenheit vertraut zu werden.« Karls Jaspers »Kein Mensch, der über die Vergangenheit genau Bescheid weiß, wird die Gegenwart düster oder verzagt sehen.« Thomas Babington Macaulay »There is no history without dates.« Claude Levi Strauss »Mit Statistik könne man alles beweisen, wird gesagt. Wir wollen es genauer sagen: Die Statistik der Randverteilungen ist dem Einfluß anonymer - man hört auch: latenter - Variablen in einem Ausmaß ausgesetzt, daß kaum einer vergeblich auf Ergebnisse hofft, die er für 'seinen Beweis' brauchen kann.« Friedrich Sixtl C14-Crash = 14C- rashC rash (engl.) = voreilig, Hautausschlag, Flut, Christian Blöss • Hans-Ulrich NiemitzC14-Crash
Das Ende der Illusion, mit Radiokarbonmethode und Dendrochronologie datieren zu können Verlag Informationen für Technik und Wissenschaft – IT&W –, Zum Bild auf der vorangegangenen Seite 3: Collage aus dem Schriftzug des Titelbildes der 1. Auflage (Entwurf von Hanjo Schmidt) und dem Querschnitt eines Holzes aus der »Broken Flute« Höhle (Arizona). Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Blöss, Christian: C14-Crash : das Ende der Illusion, mit Radiokarbonmethode und Dendro- chronologie datieren zu können / Christian Blöss ; Hans-Ulrich Niemitz. - 2. Aufl. - Berlin : Verl. Informationen für Technik und Wissenschaft, IT-und-W, 2000 ISBN 3-934378-52-8 © Verlag Informationen für Technik und Wissenschaft, April 2000 1. Auflage Oktober 1997 (Mantis Verlag, alte ISBN: 3-928852-15-9) 2. überarbeitete Auflage Juli 2000 (BoD) Umschlagentwurf: Christian Blöss ∙ Berlin Herstellung: Georg Lingenbrink GmbH & Co. ∙ Hamburg Verlag Informationen für Technik und Wissenschaft (IT&W) Erkelenzdamm 49 ∙ D - 10999 Berlin Telefon: ..49 30 61401163 ∙ Fax: ..49 30 61401164 Email: E-Mail ist versteckt ∙ Internet: http://www.itetw.de, Inhaltsverzeichnis 5 Inhaltsverzeichnis Vorwort zur 2. Auflage (Mai 2000) .9 Vorwort zur 1. Auflage (September 1997) .13 Danksagungen .15 1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch .17 1.1 Der Aufbau des Buches .17 1.2 Die Idee der C14-Methode .20 1.3 Wesentliche Voraussetzungen für die C14-Methode ...21 1.4 ... und die heutige Beurteilung ihrer Gültigkeit .24 1.5 Fundamentalprinzip und Simultanitätsprinzip .25 1.6 So funktioniert die Dendrochronologie .29 1.7 Das Dilemma der Dendrochronologie .31 1.8 Absolutdatieren durch »wiggle-matching« .33 1.9 »Wiggle« offenbaren eine chaotische Welt .37 1.10 Die anderen radiometrischen Datierungsmethoden .41 1.11 Wissenswertes über Kohlenstoff C12, C13 und C14 .45 1.12 C14 und die Radiomedizin .46 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals .47 2.1 Die C14-Methode im Urteil der Historiker ...47 2.2 ... und wie man sich arrangiert .52 2.3 Chronik einer Kumpanei .57 2.4 Die Chronologie der Ereignisse .72 2.5 Ein himmlischer Zirkelschluß .76 2.6 C14 contra Physik .80 2.7 Die Dendrochronologie als Mitläuferin .89 2.8 Zusammenfassung .103 2.9 Hinweise auf die kommenden Kapitel .106 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand .108 3.1 Keine Datierung ohne Chronologie .108 3.2 Wie sicher sind C14-Daten? .115 3.3 Wie wirken sich die Probleme auf die Kalibrierung aus? .121 3.4 Unter welchen Bedingungen können Historiker sorgenfrei C14-Daten verwenden? .123 3.5 Dendrochronologie und C14-Methode – eine Heirat unter vorgehaltener Pistole .126 3.6 Das Schweigen über Dilemmata .128 3.7 Wann können Dendrochronologen sorgenfrei C14-Daten verwenden? .131 3.8 Zusammenfassung .138, 6 C14-Crash 4. Autopsie – Todesursachen einer Methode .141 4.1 Die C14-Methode ist ein Kind des 19. Jahrhunderts .141 4.2 Der Sündenfall der Geschichtswissenschaft .142 4.3 Der Zirkelschluß zwischen Dendrochronologie und C14-Methode .145 4.4 Der Sündenfall der Naturwissenschaft .146 4.5 Das moderne Gesicht der C14-Methode .147 4.6 C14 und Dendrochronologie – eine Beziehung in Bildern .150 5. Tagebuch einer Enthüllung .164 5.1 Chronologierevisionen und Radiokarbonrevolutionen .164 5.2 Vorarbeiten .169 5.3 Unsere Starthypothese .171 5.4 »Dark ages«, Verdoppelungen und die Auswirkungen auf die Kalibrierkurve .173 5.5 Die Rolle der Vordatierung in der Dendrochronologie .176 5.6 Der »Längeneinwand« und seine Schwäche .177 5.7 Libby's Schummelei .179 5.8 Vordatierung durch C14-Mustervergleich .181 5.9 Kaum zu glauben: Alles ist über C14-Mustervergleich vordatiert .184 5.10 »fact-matching« in Sachen »wiggle-matching« .185 5.11 C14-Ideologie und Chaos-Theorie .187 5.12 »Wiggle kann es gar nicht geben!« .187 5.13 Der »Skandal von Uppsala« .191 5.14 Die letzte Bastion .191 5.15 Die »Ozeanischen Transportbänder« .194 5.16 Korrespondenz .195 5.17 Der momentane Stand (1997) .199 5.18 Nachtrag zur Neuauflage (2000) .201 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode .204 6.1 Die C14-Methode – Findelkind der Medizintechnik .204 6.2 Die Ökonomie der Radiomedizin und die Sachzwänge der C14-Methode .205 6.2.1 Das Kreuz mit der langen Halbwertszeit .209 6.2.2 »Doppel-Fehler« für die C14-Methode .212 6.2.3 Die Kontaminationsgeschichte für C14 muß bekannt sein .215 6.3 An der Wiege der C14-Methode .219 6.4 Chicagoer Lehrjahre .223 6.5 Das »Experimentum crucis« .229 6.6 Die »Curve of Knowns« 1949 .232 6.7 Die »Curve of Knowns« debugged .236, Inhaltsverzeichnis 7 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? .241 7.1 Fehler helfen beim Überleben .241 7.2 Vom »C14-Alter« zum »historischen Alter« einer Probe .242 7.3 Die Bandbreite der Fehler und Korrekturen .246 7.4 Was bedeutet der ±-Fehler bei den Altersangaben? .250 7.5 Wie genau kann eine Radioaktivitätsmessung überhaupt sein? .251 7.6 »One date is no date« .255 7.7 »Wie komme ich zu dem Mittelwert, den ich haben will?« .261 7.8 Ein Würfelspiel erhellt die chronologische Unverfrorenheit .263 7.9 Gängige Praxis .267 7.10 Schlußbemerkung .270 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! .272 8.1 Die »Feinheit« der Methode .272 8.2 Jede Probe hat schließlich auch einmal gelebt ...279 8.2.1 Isotopenfraktionierung .281 8.2.2 Reservoireffekte I (örtlich rekonstruierbare und in Grenzen korrigierbare Diffusionsvorgänge) .287 8.2.3 Reservoireffekte II (örtliche und ohne Vergleich mit einer am selben Ort gewonnenen Kalibrierung nicht rekonstruierbare und deswegen unkorrigierbare Diffusionsvorgänge) .289 8.2.4 Zusammenfassung .291 8.3 Die Probe erlagert sich eine zusätzliche Geschichte .293 8.3.1 Kontamination .293 8.3.2 Wanderung des C14 entsprechend einem C14-Gradienten in der Probe .296 8.3.3 In-situ Produktion von C14 .297 8.3.4 Zusammenfassung .298 8.4 Die Probe wird ausgewählt, aufbereitet und verschickt .299 8.4.1 Probenauswahl .299 8.4.2 Identifizierung des Stratums, aus dem die Probe stammt .302 8.4.3 Probenaufbereitung .303 8.4.4 Zusammenfassung .305 8.5 Die Probe kommt ins Labor .305 8.6 Und dann ist da noch ein richtiger Laborfehler ...308 8.7 Zusammenfassung .318 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! .320 9.1 »Kalibrierkurven«: Mißverständnisse durch Umwege .320 9.2 Die Kehrseite der langen Halbwertszeit .330 9.3 Der radiometrische Tunnel .331 9.4 Das Mehrdeutigkeitsproblem .335 9.5 Die Formeln – im einfachsten Fall .340 9.6 Der allgemeine Fall .341, 8 C14-Crash 9.7 Libbys Grundannahmen .349 9.8 Der grundlegende Mangel von Libbys Modell .353 9.9 Der Widerspruch zwischen globaler und lokaler Struktur der Kalibrierkurven .355 9.10 Die Konsequenzen .363 9.11 Anhang: Bilanzgleichung .366 Literatur .368 Personen- und Sachregister .399 IT&W • Verlagsprogramm .407 Programm des Mantis-Verlages .408, Vorworte zur 1. und 2. Auflage 9 Vorwort zur 2. Auflage (Mai 2000) Nicht ganz drei Jahre nach der Erstveröffentlichung erscheint nun die zweite Auflage unseres Buches »C14-Crash«. Noch immer ist unsere grundlegende Verwunderung im Zusammenhang mit Radiokarbonmethode und Dendro- chronologie nicht restlos abgeklungen: Daß Naturwissenschaftler ein so fal- sches Bild bzw. Theoriengebäude aufbauen konnten und daß das bis heute im Prinzip unhinterfragt geblieben ist! Die Gliederung des Buches spiegelt nach wie vor die unterschiedlichen Anläufe wieder, die wir ursprünglich unternom- men haben, um die Materie zu durchdringen und dies nicht zuletzt uns selber darzustellen. Wir möchten hier ein Extra-Vorwort zur zweiten Auflage plazie- ren, um den Einstieg in das Thema allgemein etwas zu erleichtern. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wird die bisher (bzw. zuvor) von den Hi- storikern erarbeitete Chronologie von einer kleinen Zahl Wissenschaftlern, die jedoch immer mehr werden, angezweifelt. Die Zweifel betrafen zuerst nur die alte Geschichte, also die Zeit vor Alexander dem Großen (»333 bei Issos Keilerei«). Bald kamen immer mehr Regionen und vor allem immer jüngere Perioden der Geschichte ins Visier dieser Rekonstrukteure. Immanuel Veli- kovsky entwickelte seit den späten vierziger Jahren neue Chronologien für die ägyptische und griechisch/römische Geschichte. Dabei baute er auf der Er- kenntnis auf, daß die Erde noch in historischen Zeiten von planetaren Kata- strophen heimgesucht worden sein müsse. Die ägyptische Geschichte befindet sich in chronologischer Verwirrung und ist viel zu lang, die griechische Ge- schichte ist mit einer Phantomzeit gefüllt: den sogenannten Dunklen Jahrhun- derten von ca. -1500 bis -600 u.Z.. Gunnar Heinsohn erkannte in den achtziger Jahren: »Die Sumerer gab es nicht« [1988]. Ihre Erfindung entspricht einer Verdoppelung von jünger anzu- setzender Geschichte. Diesmal mußten Jahrtausende als entlarvte Phantom- zeit weichen. Gunnar Heinsohn und Heribert Illig rekonstruierten die ägypti- sche Geschichte neu [11990]. Im Prinzip fanden sie heraus, daß die ägyptische Geschichte verdreifacht worden war: Altes, Mittleres und Neues Reich sind eins! Beide Autoren hatten auch für die europäische Vorzeit zeigen können, daß diese infolge falsch konstruierter Perioden gestreckt worden war. Das galt insbesondere für das Mesolithikum (Mittlere Steinzeit), das als Phantom- zeit zwischen der Eiszeit und dem Neolithikum (Jungsteinzeit) plaziert wor- den war und damit die Überlange der Nacheiszeit weiter zementiert hat. In den neunziger Jahren entdeckte Heribert Illig, von Angelika Müller und ei- nem der Autoren (HUN) auf Verwunderungen und Rätsel der Mittelalterhi- storiker hingewiesen, daß auch das Mittelalter seine Phantomzeit hat. Und, 10 C14-Crash zwar müssen mindestens die drei Jahrhunderte zwischen ca. 600 und 900 u.Z. als frei erfunden gelten. Wie man sich leicht vorstellen kann, stießen diese Chronologie- bzw. Ge- schichtsrevisionen nicht auf Gegenliebe bei den anderen Wissenschaftlern, insbesondere natürlich nicht bei den Historikern. Zum einen waren diese Neu- vorschläge verbunden mit einer ungewöhnlichen Weltsicht (»Paradigma«), nämlich der des Katastrophismus. Den glaubte doch die Wissenschaft seit et- wa 1850 für immer überwunden zu haben. Zum anderen ist den Historikern die Chronologie eine »heilige Kuh«. Die Logik jeder (rekonstruierten) Ge- schichte baut zuallererst auf einer Chronologie auf. Und diese Logik und da- mit der Sinn der Geschichte muß in sich zusammenbrechen, sollte die Chro- nologie eine grundlegende Änderung erfahren. So gesehen kann es keinen ra- dikaleren Einschnitt in das Geschichtsbild geben als über eine Kritik der Chronologie. Das ist der Grund, warum Protest gegen die vorgebrachten Schlußfolgerungen und Thesen auf diesem Gebiet so heftig ausfallen. Dabei müssen wir betonen, daß wir unsere Ergebnisse niemals hätten erreichen kön- nen, wenn Wissenschaftler nicht so gründlich gearbeitet und ihre Verwun- derungen, ihre ungelösten Probleme und Rätsel nicht selber so akribisch be- nannt hätten. In der Diskussion um Chronologierevisionen spielen die naturwissen- schaftlichen Methoden der Altersbestimmung von Fundstücken eine besonde- re Rolle. Diese Methoden stehen im Ruf, objektiv-naturwissenschaftlich zu sein. Und sie stimmen – so wird angenommen bzw. behauptet – mit den von den Historikern erarbeiteten Datierungen bzw. Chronologien überein. Nun ließ gerade die Behauptung, aus der frühmittelalterlichen Geschichte müssten drei Jahrhunderte entfernt werden, sowohl Fachleuten als auch Laien »den Kamm schwellen«. Exemplarisch für die oftmals von keiner Sachkenntnis ge- trübten Reaktionen kann folgender Ausschnitt aus einem Leserbrief gelten: »Endgültig widerlegt wird Illigs These jedoch mittels naturwissenschaftlicher Hilfsmittel des Historikers: der Datierungsmethoden Dendrochronologie und C14.« (siehe Bild 5.2 ). In verblüffend vielen Diskussionen, die auch die bei- den Autoren immer wieder führen durften, bildeten die naturwissenschaftli- chen Methoden – insbesondere die Radiokarbonmethode (C14-Methode) und die Baumringmethode (Dendrochronologie) – die letzte Auffangposition vor der Kapitulation. Die Naturwissenschaft könne sich doch nicht so irren – oder? Wir wissen jetzt: Sie konnte! Und das wird in diesem Buch nachgewie- sen, und zwar mit einer Argumentation, deren Kern wir im Folgenden benen- nen wollen., Vorworte zur 1. und 2. Auflage 11 Die Dendrochronologie nutzt aus, daß die jährlich neu entstehenden Baumringe je nach dem Jahresklima verschieden dick werden. Das Ringdik- kenmuster soll dadurch so charakteristisch werden, daß man jedes Holz an- hand seines Ringdickenmuster in eine zeitliche Beziehung zu anderen Höl- zern setzen kann. Will man es absolutdatieren, dann muß man nur von heute ausgehend sich rückwärts durch die Zeit arbeitend ein Referenz-Ringdicken- muster aufbauen – eine Art Kunstbaum, entstanden aus vielen hintereinander gehörenden Bäumen. Genau das tat Ernst Hollstein seit den Fünfziger Jahren des 20. Jahrhun- derts. Ihm gelang sehr schnell für Eichen in Mitteleuropa zwei Baumring- chronologien aufzubauen. Eine für die Römerzeit und eine für die letzten 1200 Jahre. Dazwischen klaffte eine Lücke, die sich einfach nicht schließen lassen wollte. Der aufmerksame Leser ahnt schon, warum. Nicht vorhandene Zeiten erzeugen keine Hölzer. Hollstein und seine Dendrochronologiekolle- gen hatten ein Problem nicht ausreichend erkannt. Die Datierung von Hölzern – also die richtige Zuordnung des Holzfundes zum Kunstbaum – gelingt nur, wenn man in etwa vorher weiß, wohin der Holzfund zeitlich gesehen gehört. Es gibt nämlich für fast jeden Holzfund eine viel zu große Zahl von Zufallsla- gen, d.h. falschen Zuordnungen. Und die können nur über eine Vordatierung vermieden werden. Im Klartext: Ohne Vordatierung – bei Hollstein also dem Vorwissen aus von Historikern erstellten Chronologien – funktioniert die Dendrochronologie nicht. Der dendrochronologische Anschluß der Römerzeit wollte nicht gelingen, doch die Baumringforscher wagten es nicht, die von den Historikern stam- menden Vordatierungen anzuzweifeln. Also mußte man den Anschluß »ge- waltsam« herstellen und die Lücke irgendwie füllen. Man tat das unter Aufga- be der bisher einigermaßen anschaulichen und damit nachvollziehbaren Me- thode der Dendrochronologie und durch die Einführung abstrakter statisti- scher Kaküle und verkaufte das noch als Verbesserung der Methode. Das schien es ja auch zu sein, gelang doch so der gewünschte Anschluß – tatsäch- lich war eine Chance vertan, die mittelalterliche Chronologie Europas einer Prüfung zu unterziehen. Nachdem die falsche Baumringchronologie stand, war allen kommenden (Fehl-)Datierungen Tür und Tor geöffnet. Einmal im Zirkelschluß zwischen falschen Vordatierungen (Vorgabe der Historiker) und zerstörter Methode der Dendrochronologie (Zurückweichen der Dendrochro- nologen vor den Forderungen der Historiker) war nun fast jedes gewünschte Datum naturwissenschaftlich »beweisbar«. Dazu gehörte nicht nur das Füllen der Lücke zwischen ca. 600 – 900 u.Z., sondern auch das Füllen von anderen Lücken, z.B. in der alten Geschichte. Ganz besonders richteten wir unser Au-, 12 C14-Crash genmerk auf das dendrochronologische Füllen der Zeit, die vom Ende der Eiszeit (deren Ursache bis heute unerkannt geblieben ist) bis zum Beginn der historischen Zeit reicht, die angeblich vor etwa 2500 Jahren einsetzte. Die Dendrochronologen haben nämlich auch für diesen langen prähistorischen Zeitraum Baumringchronologien erstellt. Wie ist ihnen das gelungen? Genau- er gefragt: Wie haben sie das Problem der Vordatierung gelöst? Historische Daten gibt es nicht, wir befinden uns schließlich in der Prähistorie! Woher konnten sie die existentiell notwendigen Vordatierungen bekommen? Die C14-Methode kann Aufschluß über das Alter organischer Proben ge- ben, denn je weniger C14-Atome in der Probe enthalten sind, desto älter muß sie auch sein. Das Alter der Probe kann aber nur dann aus der Messung der in ihr verbliebenen C14-Menge errechnet werden, wenn zu allen Zeiten und an allen Orten der Erde der C14-Gehalt in der Luft (bzw. Im CO2) konstant war und damit auch der C14-Gehalt in den jeweils lebenden Organismen. Diese zuerst geglaubte und angesetzte Annahme erwies sich – nach bereits zehnjäh- riger Anwendung der Meßmethode zur Datierung – um 1960 als falsch (siehe Bild 9.12 ). Die bange Frage lautete damals: Wie (sehr) falsch? Die Meßkurve, die die Falschheit der Annahme bewies und zur eben ge- nannten Frage führte, war aus den Baumringen einer amerikanischen, sehr alt werdenden Baumart abgeleitet worden. Konnte diese Meßkurve nicht als Korrekturkurve benutzt und so die C14-Methode gerettet werden? Konnte man diese Meßkurve nicht verlängern, um auch Korrekturen für die Zeiten davor zu erhalten? Der aufmerksame Leser wird vielleicht schon ahnen, daß und wie das Problem gelöst wurde, nämlich über einen neuerlichen Zirkel- schluß: Es galt eine Baumringfolge aufzubauen, aus der die Korrekturkurven für C14-Datierungen gewonnen werden sollten. Wie konnte man aber ohne Vordatierung eine korrekte Baumringfolge aufbauen? Die C14-Methode, die das als einzige hätte leisten können, galt doch nicht mehr. Doch, sagten die Forscher, sie sei immer noch genau genug, um zur Vordatierung der Hölzer dienen zu können. Zur Untermauerung dieser Überzeugung führten sie einen alten Glaubenssatz an: »Die Natur macht keine Sprünge«. Es habe in der Ver- gangenheit zwar gewisse Schwankungen im C14-Gehalt der Atmosphäre ge- geben, aber die seien immer klein genug gewesen, um eine Vordatierung nicht unmöglich zu machen. Und damit war der Zirkelschluß komplett: 1) C14 datiert Holzfunde falsch vor, 2) Dendrochronologie erzeugt daraus falsche Baumringchronologie und 3) C14 erfährt nun mit Hilfe der falschen Baumringchronologie kleine Kor- rekturen (maximal 10%)., Vorworte zur 1. und 2. Auflage 13 So blieb die Chronologie des Postglazial unangetastet und das zugrundelie- gende evolutionistische Weltbild unangezweifelt. In diesem Buch zeigen wir die Entstehung dieses Zirkelschlusses und welche Auswirkungen das gehabt hat. Dabei werden wir zeitweise tief in die Materie einsteigen und verständ- lich machen, daß die Forscher vor lauter Teilproblemen dann das Wesentli- che nicht mehr gesehen haben. Wir arbeiten über diesen Nachweis hinaus auch die Bedeutung dieser Erkenntnisse für die Historiker heraus: Die Annah- me, daß die Natur- und Menschheitsgeschichte deutlich kürzer ausfällt als bisher angenommen, erfährt durch das tiefere Verständnis der naturwissen- schaftlichen Datierungsmethoden eine neue Stütze. Vorwort zur 1. Auflage (September 1997) Dieses Buch füllt entscheidende Lücken im Wissen über zwei der wichtigsten naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden der geschichtlichen Chronolo- gie: ! Radiokarbonmethode (Methode zur zeitlichen Synchronisierung organi- scher Proben durch Vergleich ihrer C14-Aktivitäten), ! Dendrochronologie (Methode zur zeitlichen Synchronisierung von Holz- proben durch Vergleich ihrer Baumringdicken). Die weitverbreitete Ansicht, daß die aus diesen Synchronisierungen abgeleite- ten Altersangaben auf zuverlässiger Basis erfolgen, wird revidiert werden müssen. Die C14-Methode entstand vor 50 Jahren kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges. Ihre Eleganz und die ihr zugrundegelegten einfachen Grundan- nahmen prädestinierten sie dazu, von der Geschichtswissenschaft als eine un- abhängige Kontrollinstanz berufen zu werden. Dazu kam es aber nicht, weil die C14-Wissenschaftler eine methodische Unabhängigkeit gar nicht in An- spruch nahmen, sondern für die Bewahrheitung ihrer Grundannahmen ausge- rechnet die Eckdaten der historischen Chronologie verwendeten, die als erste zur Überprüfung angestanden hätten. Dieser Verzicht hatte schlimme Folgen: Die Grundannahmen der C14-Methode galten nunmehr als nahezu unantast- bar, produzierten jedoch in der Folge ein Konvolut an Daten, das keineswegs mehr die ungeteilte Zustimmung der Historiker fand. Daß der anfängliche me- thodische Fehlgriff unerkannt blieb, trug immer wieder dazu bei, daß niemand die Existenzberechtigung dieser naturwissenschaftlichen Datierungsmethode in Frage zu stellen wagte., 14 C14-Crash Die Dendrochronologie hat seit je historische Daten zum Aufbau ihrer Baumringchronologien verwenden müssen. Wo diese nicht vorlagen, bestand Bedarf nach Datierungshilfen anderer Art. Für die Fertigstellung der weltweit ersten Baumringchronologie, die weit in die vorgeschichtliche Zeit reichen sollte, erlag sie einem schweren Irrtum. Sie vertraute ausgerechnet der zwei- felhaftesten aller Grundannahmen der C14-Methode, nämlich die nahezu gleichbleibender C14-Verhältnisse seit der letzten Eiszeit. Diese Baumring- chronologie, als Bristlecone-Pine-Chronologie bekannt, stellte niemals einen Maßstab für Absolutdaten dar, sondern war lediglich das Ergebnis und zu- gleich Sinnbild eines ausgeprägten aktualistischen Vorurteils. Später glaubten die Dendrochronologen noch eine weitere, wenngleich bereits abgeschwächte Grundannahme, obwohl sie diese eigenhändig hätten ad absurdum führen können: Sie glaubten, daß die zeitlichen Veränderungen der Verhältnisse für C14, für die es mittlerweile unabweisbare Indizien gab, sich an allen Orten der Erde stets gleichförmig abgespielt hätten. Dabei hiel- ten sie mit Messungen von C14-Werten in ihren Baumringsequenzen starke Gegenbeweise in den Händen. Ihre Daten können nur noch im Rahmen eines hochdynamischen Modells für Atmosphäre und Ozean erklärt werden und las- sen für die auch heute noch aufrechterhaltenen Grundannahmen der C14-Me- thode keinen Raum mehr. Beide Datierungsmethoden sind aufgrund geschichtlicher Umstände eng miteinander verwoben und sind in ihren chronologischen Angaben gleicher- maßen unglaubwürdig, weil sie sich auf falsche und sogar außerhalb ihres An- wendungsbereiches liegende Gewißheiten stützen. Die erste bisher unerschüt- terliche Gewißheit ist die über »wahre« geschichtliche Daten, insbesondere über das Ende der jüngsten Eiszeit vor rund 12.000 Jahren; die zweite Gewiß- heit besagt, daß die Verhältnisse der Gegenwart bis in Feinheiten hinein de- nen der Vergangenheit gleichen. Anstatt einen unabhängigen Beitrag zur Chronologie der Menschheitsgeschichte zu leisten, wurden nur Details im überkommenen und leider falschen chronologischen Rahmen erarbeitet. Damit sind »C14 und Dendro« nicht mehr als Heldenstücke zu verstehen, sondern als Kriminalfall der Wissenschaftsgeschichte. Wir lösen ihn sowohl durch eine Analyse ihrer methodischen Fundamente als auch durch eine chro- nologisch-historische Betrachtung der verwobenen Entwicklung dieser beiden Methoden. Wissenschaftler, die uns zuweilen diese historische Betrachtungs- weise als »Verwendung veralteter Quellen« angekreidet haben, übersehen da- bei, daß ihr Fokussieren auf die »aktuelle Literatur« etwas mit Unterschla- gung von Beweismaterial zu tun hat. Wir schrieben dieses Buch, um Debatten über bestimmte Chronologieverkürzungen – insbesondere aber die um eine, Vorworte zur 1. und 2. Auflage 15 Kürzung des Mittelalters – zu versachlichen. Dabei könnte die Unbrauchbar- keit der Datierungsmethoden sogar leichter zu akzeptieren sein, als die Un- brauchbarkeit heute geglaubter Chronologien. Danksagungen Wir sind zahlreichen Personen und Institutionen dankbar für ihre Unterstüt- zung beim Zusammentragen des Materials, bei der Ausleuchtung unterschied- lichster Aspekte des Themas und dem Aufzeigen von Berührungspunkten zu anderen Wissenschaftsgebieten. Am meisten Anregung und zugleich die nöti- ge Besinnung und Rückbesinnung hat uns die Kritik der Gesprächspartner verschafft. Wir danken besonders: ! Herrn Hasan G. Albayrak (Berlin) für Simulationen der atmosphärischen C14-Konzentration mit entsprechenden Entwicklungswerkzeugen für elektronische Schaltungen, ! dem »Berliner Geschichtssalon« für die wiederholte, stets geduldige, kon- struktive und kritische Auseinandersetzung mit unseren Thesen, ! Frau Cathrin Blöss (Berlin) für ihre Unterstützung bei der kulturgeschicht- lichen Bewertung lateinischer Idiome, die im Zusammenhang mit der C14-Methode verwendet wurden, ! dem »Driburger Kreis« für die Gelegenheit, die Thematik unter sozialwis- senschaftlichem Gesichtspunkt vortragen und ausführlich diskutieren zu können, ! Herrn Prof. Dr. Dieter Eckstein (Hamburg) für seine Bereitschaft zur Dis- kussion auch im Dissens, ! Herrn Frank Forstreuter (Berlin) für seine Erläuterungen zu der Bedeu- tung des Qualitätsmanagements in der industriellen Produktion für die Schaffung von Kundenzufriedenheit, ! Herrn Dr. Jie Ge (Berlin) für die Berechnung der Wahrscheinlichkeit, daß divergierende C14-Daten dennoch von tatsächlich gleichalten Proben stammen, ! Herrn Prof. Drs. Gunnar Heinsohn (Bremen) für die Überlassung empiri- schen Materials, sowie für wertvolle Hinweise im Zusammenhang mit sei- nen Arbeiten zur Chronologie der Menschheitsgeschichte, ! Herrn Harald Heinze (Oberentfelden, Schweiz) für den Hinweis, daß der Sonnenfleckenzyklus die Sicherheit dendrochronologischer Synchronitä- ten beeinflußt,, 16 C14-Crash ! Herrn Dieter Helbig (Detmold) für die Übersendung einer Liste mit knapp 50 Errata aus der 1. Auflage, deren gleichförmige Abfolge im Text ihn zur Frage veranlasste, ob die Versagerquote während des Lektorierens in ir- gendeiner Weise aktualistisch unterlegt gewesen sei, ! Herrn Dr. Heribert Illig (Gräfelfing) für die hartnäckige Erinnerung daran, daß eine Synthese aus Lesbarkeit des Textes einerseits und vollständiger Argumentation andererseits kein Ding der Unmöglichkeit sein muß, ! Herrn Prof. Thilo Knops (Hamburg) für die Erkenntnis, daß sich im Medi- um »Fernsehen« atavistische Berichterstattung oftmals besser zu verkau- fen scheint als neutrale Berichterstattung, ! Herrn Dr. Maier-Reimer (Hamburg) für die kritische Kommentierung be- stimmter Teile des Buches, wodurch wir auf Fehler in unserer Argumenta- tion hingewiesen wurden, ! Herrn Dr. Mathias Neher (Berlin) für die Diskussion statistischer Metho- den in der Sozialwissenschaft, ! Herrn Prof. Drs. F. Noll (Berlin) für die Angabe von empirischen Daten über die Kohlenstoffkonzentration im menschlichen Blut, ! Herrn Konrad Noll (Bern, Schweiz) für die Literaturhinweise im Zusam- menhang mit der C14-Diffusion zwischen Atmosphäre und Ozean ! Frau Dr. Lee Reichel (Wien, Österreich) für das Material zu Berührungs- punkten zwischen Medizin und C14-Methode, ! Herrn Robert Saphier (New York, U.S.A.) für seine Demonstration, wie einfach sich auch scheinbar komplexe Sachverhalte grundsätzlich aus- drücken lassen und seine Mithilfe bei der Übersetzung unseres C14-Son- derdrucks ins Englische, ! Herrn Hanjo Schmidt (Stuttgart) für die gelungene Gestaltung des Buch- umschlags der 1. Auflage und seine kritische Begleitung unserer Vortrags- vorbereitungen in Hamburg 1996, ! Herrn Prof. Dr. Fritz Hans Schweingruber für die postalische Ermunte- rung, die Dendrochronologie konsequent unter die Lupe zu nehmen, ! Herrn Klaus Simmering (Leverkusen) für die Gelegenheit, den Standpunkt einer Zuhörer- und Zuschauerschaft, die sich komplexen und fremden Sachverhalten nähern wollen, besser verstehen zu lernen, ! Herrn Uwe Topper (Berlin) für die Überlassung von Material zur Bedeu- tung der C14-Methode in der Archäologie, ! Frau Michaela Weißenfels (Hamburg) für Erläuterungen zur Bedeutung der Statistik in den Sozialwissenschaften, ! Frau Dr. Beate Ziegs (Berlin) für die Kommentierung von Abschnitten des Buches zur allgemeinverständlichen Darstellung der C14-Methode., 1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch 17 1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch 1.1 Der Aufbau des Buches Die Konsequenzen, die aus den Ergebnissen unseres Buches zu ziehen sein werden, reichen weit über das Fachgebiet C14 und Dendrochronologie hin- aus. Die chronologischen Fundamente der Geschichte ganz allgemein sind mit Hilfe der beiden wichtigsten naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden – C14 und Dendrochronologie – nicht zu begründen oder abzusichern. Weil das eine allgemeine und wichtige Erkenntnis ist, richtet sich unser Buch so- wohl an den Laien als auch an Historiker und Physiker. Laien und Fachleute gehen mit »C14« und »Dendrochronologie« verschieden um – so verschieden, daß diese Verschiedenheit gefährlich geworden ist. Letztlich vertrauen die Laien den Fachleuten zu sehr, und die Fachleute kontrollieren einander nicht genügend, weil sie die Nachbardisziplinen nicht beherrschen oder nicht wa- gen, ihre Kontrollaufgabe wahr zu nehmen. Damit beide, Laie wie Fachmann, dieses Buch mit Gewinn lesen können, haben wir folgenden Aufbau des Bu- ches gewählt: ! Kurzbeschreibung von C14-Methode und Dendrochronologie: Im ersten Kapitel »Einführung zum Gebrauch« kann der Leser seinen Wissensstand über die C14-Methode und die Dendrochronologie auffrischen, Wissens- wertes über angrenzende Bereiche erfahren und erstes Mißtrauen aufbau- en. ! Allgemeiner Teil: In den Kapiteln 2, 3 und 4 formulieren und begründen wir unsere Thesen für eine breitere Leserschaft. Das Kapitel 2 ist als das Hauptkapitel zu verstehen. Das Kapitel 3 wendet sich an den Historiker. Das Kapitel 4 bringt eine Zusammenfassung der Kapitel 2 und 3 und ver- deutlicht mit einer Reihe von Graphiken den Zirkelschluß zwischen C14- Methode und Dendrochronologie. ! Historischer Teil: Im Kapitel 5 schildern wir unseren eigenen Weg bei der Auseinandersetzung mit der C14-Methode und der Dendrochronologie. So entstand eine »Chronologie der Umwege« Sie nachzuvollziehen dürfte das Verständnis unserer Thesen unterstützen. Im Kapitel 6 gehen wir auf die Entstehungsgeschichte der C14-Methode ein. Hier kann man erken- nen, wie sehr Vorurteile darüber, wie sich die Natur verhält, eine verhäng- nisvolle Rolle spielten. Im übrigen sind diese Vorurteile heute noch so wirksam wie damals selbstverständlich., 18 C14-Crash 1.1 Geochron Man »Geochron Man« kann das Alter organischer Proben ermitteln, indem er diese einfach verspeist. Auf diese Weise möchte er auch den betrübt am Boden sit- zenden Dendrochronologen unterstützen, hat dieser doch gerade sein Werk- zeug abgebrochen, mit dem er einen Tausende von Jahrringen umfassenden Kern aus einem Baum herausarbeiten wollte. Dieses Bild entstammt einem kurzen Comic, der zusammen mit dem Text des Vortrages von C.W. Ferguson anläßlich der 8. Internationalen Konferenz über Radiokarbon-Datierung von 1972 gedruckt worden war. Nie wieder hat sich ein Wissenschaftler an einer solchen Stelle getraut (oder auch trauen kön- nen), dieses ungewöhnliche Mittel einzusetzen, um eine Aussage zu vermitteln. Vielleicht konnte ein solcher Stilbruch auch nur von jener Person hingenommen werden, die drei Jahre zuvor die C14-Methode nach einem Jahrzehnt fortwäh- render Ungewißheit über ihren Fortbestand vor dem drohenden Untergang ge- rettet hatte. 1969 hatte Ferguson eine Baumringchronologie zur Umrechnung ei- nes C14-Alters in ein Kalenderjahr präsentiert. Dadurch war der ständig wach- sende Zweifel, ob die C14-Methode jemals zu glaubwürdigen chronologischen Aussagen kommen könnte, endlich besänftigt worden. Wir weisen in diesem Buch nach, daß Ferguson dies nur gelungen war, weil er sich fundamental auf be- stimmte Grundannahmen der C14-Methode abgestützt hatte, die sich im Nach- hinein aber als falsch herausstellten. Seine Baumringchronologie ist falsch – ge- nauso wie alle daraus abgeleiteten Datierungen., 1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch 19 ! Spezieller Teil: In den Kapiteln 7, 8 und 9 analysieren wir die Grundlagen 1.1 Im Verlauf desBuches fassen wir insbesondere der C14-Methode, aber auch der Dendrochronologie. Kapi- jede als Kernaus-sage zu verste- tel 7 konzentriert sich auf die Statistik, Kapitel 8 auf die zahlreichen, auch hende These in ei-ner Textbox am systemimmanenten Fehlereinflüsse auf das Datierungsergebnis und Kapi- Seitenrand erneutzusammen. tel 9 auf die Probleme der Kalibrierung; im Kapitel 9 wird ganz systemim- manent der C14-Methode der Todesstoß versetzt. Um den Umgang mit den umfangreichen Verweisen zu Bildern und Literatur zu vereinfachen, haben wir folgende Maßnahmen ergriffen: ! Auffinden der Bilder: Im Text werden die Verweise auf Bilder oder spezi- elle Textboxen mit farblich invertierten Ziffern vorgenommen (siehe bei- spielsweise Bild 1.1 ). Das soll das Auffinden von Textstellen erleichtern, in denen auf ein bestimmtes Bild Bezug genommen wird. Gleichzeitig er- scheint am rechten Rand der Doppelseite, auf der das Bild oder die Text- box plaziert ist, ein schwarzer Kasten mit der zugehörigen Nummer. So kann jedes gesuchte Bild ohne unnötige Verzögerungen gefunden werden, indem das Buch auf der Suche nach dem Bild wie ein »Daumenkino« durchgeblättert wird. ! Auffinden eines Literaturhinweises: Im Text erscheinen nur Kurzverweise auf weiterführende bzw. zitierte Literatur [Blöss/Niemitz 1997, 15]. Die Lite- raturliste am Ende des Buches wird – ähnlich wie bei den Bildern – durch die Plazierung der laufenden Anfangsbuchstaben der Autoren unterstützt. ! Unsere Thesen: Im Verlauf des Buches fassen wir jede als Kernaussage zu verstehende These in einer Textbox am Seitenrand erneut zusammen. 1.1 Abschließend noch folgende Anmerkungen: ! Gebrauch von »C14«: Wir verzichten aus Gründen der Lesbarkeit im ei- genen Text auf die an sich korrekte Formel »14C« für das radioaktive Koh- lenstoffisotop und verwenden stattdessen stets »C14«. Dasselbe gilt auch für andere Isotopenbezeichnungen wie N14 etc.. ! »C14-Konzentration« und »C14-Aktivität«: Beide Begriffe werden stets so verwendet, daß sie auf das Verhältnis von C14 zu C12 Bezug nehmen. Die »C14-Konzentration« drückt das Isotopenverhältnis C14/C12 aus, die »C14-Aktivität« die Zerfallsrate bezogen auf eine Gewichtsmenge des Ge- samtkohlenstoffs (als Einheit z.B. Zerfallsereignisse pro Minute und Gramm Kohlenstoff [counts / min • gcarbon]). Aus der C14-Aktivität einer Kohlenstoffprobe kann in Kenntnis der C14-Halbwertszeit also auch auf die C14-Konzentration zurückgeschlossen werden. Die Beschleuniger- massenspektrometrie (AMS) mißt die C14-Konzentration direkt., 20 C14-Crash Leser, die mit den Themen C14-Methode und Dendrochronologie gut vertraut sind, können ohne weiteres mit der Lektüre des Kapitels 2 beginnen. Diejeni- gen Leser, die ihr Wissen auffrischen oder ergänzen wollen, finden entspre- chende Zusammenfassungen auf den nun folgenden Seiten. 1.2 Die Idee der C14-Methode Die Idee zur technisch-naturwissenschaftlichen Altersbestimmung archäologi- scher Proben durch die C14-Methode kam W.F. Libby, als er 1939 in einem Artikel von S.A. Korff Hinweise auf die Produktion von C14 in der Atmo- sphäre entdeckt hatte. Er faßte daraufhin folgende Vermutungen zusammen: 1) Neben dem normalen Kohlenstoff C12 müsse ein gewisser (vermutlich unglaublich geringer und möglicherweise nie nachweisbarer) Anteil des atmosphärischen Kohlendioxids radioaktives C14 enthalten. 2) In allen lebenden Organismen, deren Stoffwechsel atmosphärisches Koh- lendioxid miteinbezieht, sollte dieselbe C14-Konzentration bestehen. 3) Da C14 radioaktiv ist und zerfällt, müßte in Überresten toter Organismen weniger C14 vorhanden als in noch lebenden Organismen und zwar um so weniger je älter die Überreste sind. Somit sollte sich auf Basis des Zerfallsgesetzes für radioaktive Elemente das Alter der jeweiligen Probe aus der Höhe der verbliebenen Radioaktivität er- rechnen lassen. Libby formulierte seinerzeit drei Voraussetzungen, deren Er- füllung ihm für das ordentliche Funktionieren dieser »C14-Methode« unab- dingbar erschien: 1) Radioaktives C14 muß in der Atmosphäre ständig und gleichförmig er- zeugt werden. 2) Die Atmosphäre muß sich immer relativ schnell und zugleich weltweit durchmischt haben, so daß überall auf der Erde seit Zehntausenden von Jahren gleichförmige Bedingungen herrschen. 3) C14 muß eine Halbwertszeit von deutlich höher als 1.000 Jahren aufwei- sen, damit sich auch in allen anderen Kohlenstoffreservoiren – Ozeanen, Humus etc. – ein allseits gleichförmiges Niveau der C14-Konzentration einstellt. Aus diesen Voraussetzungen leitete Libby ein Szenario ab, welches das allge- meine Verständnis der von ihm technisch realisierten C14-Methode bis heute bestimmen sollte:, 1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch 21 ! Während des Stoffwechsels zu Lebzeiten stellt jeder Organismus ein Ab- bild der Isotopenzusammensetzung der Atmosphäre dar. Damit spiegelt er insbesondere das atmosphärische Gemisch der natürlich vorkommenden Isotope des Kohlenstoffs – C12, C13 und C14 – wieder. ! Beendet ein Organismus infolge Todes seinen Stoffwechsel mit der Au- ßenwelt, so tauscht er auch keine Kohlenstoffatome mehr aus. Während die C14-Konzentration in der Außenwelt allzeit konstant bleibt, nimmt sie nun innerhalb des toten Organismus exponentiell nach den Gesetzen des radioaktiven Zerfalls ab. ! Je länger es also her ist, daß ein Organismus seinen Stoffwechsel beendet hat, desto geringer muß der Anteil der C14-Atome im Verhältnis zu der Menge unverändert gebliebener C12-Atome sein. ! Das Ausmaß der Abnahme dieses Verhältnisses kann direkt nach dem Ge- setz des radioaktiven Zerfalls in die Zeit umgerechnet werden, die seit dem Ende seines Stoffwechsels mit der Außenwelt verstrichen ist. ! Der Zeitpunkt, an dem der Stoffwechsel einer Probe endete, kann also er- rechnet werden (Bild 1.2 ), wenn 1. die C14-Radioaktivität in der Probe sowie 2. die heute herrschende C14-Radioaktivität in der Atmosphäre gemes- sen wurde und 3. die Halbwertszeit von C14 bekannt ist. 1.3 Wesentliche Voraussetzungen für die C14-Methode ... Dieses bestechend einfache Szenario bedurfte Libbys anfänglicher Meinung nach der strikten Gültigkeit folgender 5 Annahmen: 1) Meßbarkeit gegenüber der Hintergrundstrahlung: Die zu messende C14- Strahlung muß sich deutlich von der kosmischen und terrestrischen Hin- tergrundstrahlung abheben, um eine bestimmte Meß- und damit Altersbe- stimmungsgenauigkeit zu erhalten. 2) Abschottung gegen Kontamination: Die untersuchte Probe darf während der Zeit der Lagerung zwischen ihrem Absterben und der aktuellen Unter- suchung keinerlei Kohlenstoffaustausch gehabt haben, also nicht durch Fremdkohlenstoff mit abweichender Isotopenzusammensetzung »vergif- tet« worden sein. 3) Räumliche Invarianz durch sofortige Verteilung in der Atmosphäre (das »Simultanitätsprinzip«): In allen gleichzeitig an verschiedenen Orten le-, 22 C14-Crash 1.2 Das Fundamentalprinzip: ein Sonderfall der Chronologie der C14-Konzentration der Atmosphäre Das Fundamentalprinzip sagt die zeitliche Konstanz und die globale Gleichförmig- keit der C14-Konzentration in der Atmosphäre voraus. Damit ist automatisch die Kenntnis der C14-Konzentration gegeben – die sog. »Startaktivität« –, mit der eine beliebige Probe in der Vergangenheit ihren Stoffwechsel beendet hat. In diesem Fall kann die Zeit, die seit dem Ende des Stoffwechsels der Probe bis zur Messung verstrichen ist, unmittelbar aus der gemessenen Restaktivität auf der Basis des Gesetzes für den radioaktiven Zerfall errechnet werden. Jede Einschränkung des Fundamentalprinzips zieht die Notwendigkeit nach sich, die vergangenen C14-Konzentrationsänderungen in der Atmosphäre chro- nologisch komplett zu rekonstruieren. Weil ohne Kenntnis der Startaktivität nur der exponentielle Verlauf der radiometrischen Vergangenheit der Probe nicht aber ihr Alter errechnet werden kann (Bild 1.3 ), erschließt sich dieses aus- schließlich aus Vergleichen mit der rekonstruierten radiometrischen Vergangen- heit der Atmosphäre (Bild 1.5 )., 1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch 23 benden Organismen muß zur allen vergangenen Zeitpunkten grundsätzlich 1.2 Im Laufe derZeit stellte sich dieselbe C14-Konzentration herrschen. ganz »offiziell«heraus, daß alle 4) Organische Invarianz: In allen gleichzeitig an einem Ort lebenden unter- ursprünglich fürunverzichtbar ge- schiedlichen Organismen muß dieselbe C14-Konzentration geherrscht ha- haltenen Voraus-setzungen für die ben. Ihr Stoffwechsel darf mithin nicht in unterschiedlichem Maße zwi- Anwendbarkeit derC14-Methode falsch sind. An der schen den Kohlenstoffisotopen unterscheiden. Voraussetzung 3 – dem Simultanitäts- 5) Zeitliche Invarianz durch global konstante C14-Produktion und global prinzip – wurde je- doch hartnäckig konstanten C14-Zerfall (das »Fundamentalprinzip«): Produktion und Zer- festgehalten, weil anderenfalls ein fall von C14 befinden sich seit mindestens 50.000 Jahren so genau im Konkurs der Me-thode ins Haus ge- »Gleichgewicht«, daß die C14-Konzentration seitdem überall auf der Erde standen hätte. konstant gewesen ist. Nur dadurch wird die Aussage möglich: »Aus ei- nem C14-Wert kann das zugehörige Alter direkt errechnet werden.« Libbys größtes Problem bestand anfänglich darin, Bedingung 1 zu gewährlei- sten, weil die zu messende Strahlung nur einen Bruchteil der Intensität der störenden Hintergrundstrahlung ausmachte. Als er nach langem Suchen eine meßtechnische Lösung für dieses Problem gefunden hatte, überprüfte er 1949 die Gültigkeit der Bedingung 3 (Simultanitätsprinzip). Dazu untersuchte er bei 18 modernen, gleichaltrigen Hölzern aus aller Welt, ob und wieweit sie dieselbe C14-Konzentration aufwiesen. Das von ihm veröffentlichte Untersu- chungsergebnis bezifferte die Unsicherheit in der Altersbestimmung, die we- gen örtlicher Streuungen der C14-Konzentration zu erwarten sei, mit wenigen Jahrzehnten. Libby sah damit die Bedingung 3 als erfüllt an. Noch im selben Jahr konnte er überzeugende Hinweise präsentieren, daß zusätzlich zur Bedingung 3 auch die Bedingung 5 (Fundamentalprinzip) zu- 1.2 treffen müsse. Dazu bestimmte er die C14-Konzentration in ausgewählten ar- chäologischen Proben, deren Absolutalter als genau bekannt galten. Er stellte umfassende Übereinstimmung zwischen ihnen und denjenigen Werten fest, die bei allzeit konstanter C14-Konzentration in der Atmosphäre auch zu er- warten gewesen wären. Wenn sich die Bedingung 5 (Fundamentalprinzip) so umfassend bewahr- heiten ließ, dann mußte die Bedingung 2 – das Ausbleiben von Kontaminatio- nen – automatisch als allgemein erfüllt betrachtet werden. Nur die Bedingung 4 (organische Invarianz), also die Aufnahme der Isotope durch verschiedene Organismen jeweils im gleichen Verhältnis, traf offenbar nicht zu. Man er- kannte nämlich bei verschiedenartigen, gleichaltrigen Organismen systemati- sche Abweichungen in der C14-Konzentration., 24 C14-Crash 1.4 ... und die heutige Beurteilung ihrer Gültigkeit Im Laufe der Zeit stellte sich ganz »offiziell« heraus, daß alle oben angeführ- ten und ursprünglich für unverzichtbar gehaltenen Voraussetzungen bis auf die Bedingung 3 (Simultanitätsprinzip) nicht zutreffen. Die C14-Methode versucht sich zu retten. Sie unterstellt den Einflüssen, die die einzelnen Vor- aussetzungen zunichte machen, einen systematischen Charakter. Dadurch sol- len die Einflüsse im Einzelnen quantifizierbar und das gemessene C14-Alter entsprechend »korrigierbar« werden. Die Gründe für die Ungültigkeit der ge- nannten Voraussetzungen und für deren tatsächlich fehlende Korrigierbarkeit stellen sich stichwortartig so dar: 1) Während das Problem der Hintergrundstrahlung an sich beherrschbar ist, sind die Abweichungen von Labor zu Labor bis heute von erheblichem Ausmaß. Es gibt immer noch kein Verfahren, wie die Labors systematisch zu vergleichbaren Ergebnissen kommen können. 2) Das Problem der Kontamination ist immer gegeben und muß deshalb ge- nerell durch chemische Waschungen sowie durch das Ansetzen eines ent- sprechenden Fehlerbeitrages für diese Korrektur berücksichtigt werden, ohne den Einzelfall quantitativ genauer beurteilen zu können. 3) Offiziell kennt man die Verletzung des Simultanitätsprinzips nur als »Re- servoireffekte«, die vereinzelt zu C14-Kontaminationen bestimmter Orga- nismen führen. Aus nicht-atmosphärischen lokalen Reservoiren wie zum Beispiel Vulkanen oder aufsteigendem Tiefseewasser können die unter diesem Einfluss lebenden Organismen über ihren Stoffwechsel Kohlen- stoff mit abweichender Isotopenzusammensetzung aufnehmen bzw. ein- bauen. Tatsächlich tritt aber eine viel allgemeinere Verfälschung durch globale und schnelle Bewegungen von C14 und C12 auf. 4) Die Organismen können zwischen den Kohlenstoffisotopen unterscheiden. Sie inkorporieren auf unterschiedliche Weise C14-Atome, was zu Alters- drifts von bis zu 700 Jahren führt. Dieser Effekt der »Isotopenfraktionie- rung« wird anhand der Messung der C13-Konzentration korrigiert, ohne letztlich Sicherheit darüber zu haben, ob das Inkorporationsverhalten über die Jahrtausende gleich geblieben ist. 5) Die Annahme zeitlicher Invarianz der C14-Konzentration in der Atmo- sphäre erkannte man zuerst als falsch (»Suess-Effekt«, »de-Vries-Effekt« etc.). Durch konsequente wenn auch unzulässige Anwendung der Voraus- setzung 3 (Simultanitätsprinzip) gelangte man zur Anerkennung einer glo-, 1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch 25 bal gültigen von der Dendrochronologie gelieferten Kalibrierkurve, mit 1.3 Mit seiner ur-sprünglichen und – der ein C14-Alter die letzte und zugleich wichtigste Korrektur erfährt. wie wir heute wis-sen – leider fal- schen Verifizie- Jede C14-Datierung verlangt, alle systematisierbaren Einflüsse, die durch die- rung des mächti-gen Fundamen- se Fehler bewirkt werden, zu berücksichtigen. Diese Einflüsse korrigieren den talprinzips hatteLibby den Histori- kern etwas be- eigentlichen Meßwert. Selten werden dabei die entsprechenden Unsicherhei- schert, was diesen aus eigener An- ten, denen auch diese Korrekturen unterliegen (Korrekturfehler), in der not- strengung heraus noch nie gelungen wendigen Akribie mit berücksichtigt. Selbst bei Präzisionsmessungen addie- war: Die Erstellung einer jahrgenauen ren sie sich normalerweise zu mehreren Jahrhunderten. Die Annahmen 1 - 4 und lückenlosen Chronologie. In (Meßbarkeit, Kontamination, Simultanitätsprinzip und Organische Invarianz) diesem Fall han-delte es sich aller- werden im Kapitel 8 eingehend analysiert. Die Annahme 1 findet unter histo- dings nicht um dieChronologie einer rischen Gesichtspunkten auch im Kapitel 6.4 Berücksichtigung. Die Annahme lokalen Herrscher-folge, sondern um 5 (Fundamentalprinzip) ist Gegenstand des ganzen Kapitel 9, in welchem die die der globalenIsotopenzusam- mangelnden Voraussetzungen für eine einheitliche Kalibrierung beschrieben mensetzung derAtmosphäre. werden. 1.5 Fundamentalprinzip und Simultanitätsprinzip Libby kämpfte lange Zeit dagegen, das Fundamentalprinzips fallen zu lassen, und war sogar – im Verein mit etlichen Historikern – bereit, die anerkannte altägyptische Chronologie dort in Frage zu stellen, wo sie im Widerspruch zur C14-Chronologie Altägyptens stand. Doch ab 1958 wurde mit C14-Mes- sungen an langen Baumringsequenzen immer unabweisbarer, daß die C14- Konzentration in der Atmosphäre in der Vergangenheit auf keinen Fall kon- stant gewesen sein konnte. Mit seiner ursprünglichen und – wie wir heute wis- sen – leider falschen Verifizierung des mächtigen Fundamentalprinzips hatte Libby den Historikern etwas beschert, was diesen aus eigener Anstrengung heraus noch nie gelungen war: Die Erstellung einer jahrgenauen und lücken- losen Chronologie. In diesem Fall handelte es sich allerdings nicht um die Chronologie einer lokalen Herrscherfolge, sondern um die der globalen Isoto- penzusammensetzung der Atmosphäre. Wer nämlich mit Libby von der Gültigkeit des Fundamentalprinzips aus- ging, der befand sich automatisch im Besitz des Wissens über die C14-Kon- zentration der Atmosphäre für jeden beliebigen Ort der Erde und für jeden beliebigen Zeitpunkt der zurückliegenden Geschichte: Zu jeder Zeit und aller- orten sollte diese identisch mit dem heute an einem beliebigen Ort gemesse- nen Wert sein und damit zugleich jenes chronologische Wissen repräsentier- en, ohne das die C14-Methode grundsätzlich nicht funktionieren kann. Nur weil sich die C14-Methode im Besitz dieser Chronologie wähnte, durfte und, 26 C14-Crash 1.3 Chronologie ist noch kein Datum Das Gesetz des radioaktiven Zerfalls erlaubt die Bestimmung der Zeit zwischen zwei Ereignissen nur, wenn die betreffenden Aktivitätswerte bekannt sind. Von einer archäologischen Probe kann aber nur seine aktuelle Restaktivität bestimmt werden. Die Startaktivität ist dagegen unbekannt, weil die C14-Konzentration in der Atmosphäre tatsächlich nicht konstant und deswegen nicht aus Augenblicks- werten extrapolierbar ist. Demnach kann nur die Chronologie der Radioaktivität errechnet werden. Die Altersbestimmung selber geschieht durch Vergleich der C14-Chronologie der Probe mit der der Atmosphäre (Bild 1.5 )., 1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch 27 konnte man von der gemessenen Restradioaktivität der Probe unmittelbar auf 1.4 Obwohl esnicht sofort er- ihr wahres Alter zurückschließen. Das Bild 1.2 zeigt, wie sich bei Gültigkeit sichtlich erscheint,war die C14-Me- des Fundamentalprinzips das Alter der Probe eindeutig berechnen bzw. geo- thode von Beginnan von einer lük- metrisch bestimmen läßt. Es genügen dazu folgende Informationen: kenlosen und um-fassenden Chrono- logie abhängig, nämlich der der ! Meßwert für die aktuelle C14-Aktivität der Atmosphäre, C14-Konzentration in der Atmosphäre. ! Meßwert für die verbliebene C14-Aktivität in der Probe, Solange auf das Fundamentalprin- ! Gesetzmäßigkeit des exponentiellen Verlaufs der Abnahme der C14-Akti- zip gesetzt werden konnte, blieb die- vität bzw. der C14-Konzentration innerhalb der Probe (Annahme: keine ses Angewiesen- sein auf eine Chro- Verunreinigung während der »Lagerzeit«), nologie allerdingsverborgen. Die ! Halbwertszeit von C14. heutzutage aner-kannte Abhän- gigkeit der C14- Obwohl es nicht sofort ersichtlich erscheint, war die C14-Methode von Be- Methode von derDendrochronologie ginn an von einer lückenlosen und umfassenden Chronologie abhängig, näm- ist nur eine Spiel-art davon. lich der der C14-Konzentration in der Atmosphäre. Solange auf das Funda- mentalprinzip gesetzt werden konnte, blieb dieses Angewiesensein auf eine Chronologie allerdings verborgen. Die heutzutage anerkannte Abhängigkeit der C14-Methode von der Dendrochronologie ist nur eine Spielart davon. Daß es ohne Chronologie gar nicht gehen kann, wurde in dem Moment offen- bar, als die Gültigkeit des Fundamentalprinzips aufgrund verschiedener Meß- ergebnisse in Frage gestellt werden mußte. Dieser Befund verbot es, ein »C14-Alter«, das bislang aus der gemessenen Restradioaktivität direkt errech- net worden war, unmittelbar als Absolutalter auszugeben. Nun mußten viele Vergleichsproben unterschiedlichen und bekannten Alters vorgelegt werden, um über den Vergleich mit deren C14-Radioaktivitäten auf eine mögliche 1.3 Übereinstimmung des Alters zu schließen. Damit war die C14-Methode neu definiert. Sie war nun nicht mehr eine Methode zur Altersbestimmung organi- scher Proben, sondern eine Methode zur zeitlichen Synchronisierung organi- scher Proben durch Vergleich ihrer C14-Aktivitäten (vergleiche Bilder 1.3 und 1.5 ). Die Bestimmung des Absolutalters konnte nicht mehr direkt vorge- nommen werden, sondern blieb anderen Methoden – hier der Dendrochrono- logie – überlassen. Wer die Synchronisierung oder auch »Kalibrierung« einer C14-Messung vornehmen wollte, mußte folglich über die komplette Chronologie der offen- bar veränderlichen C14-Konzentration der Atmosphäre verfügen. Da sich aber die verführerisch simple Chronologie, die unmittelbar aus dem Funda- mentalprinzip abgeleitet werden konnte, als falsch herausgestellt hatte, war nun »Ersatz« zu beschaffen. Die einzig verbliebene Legitimationsbasis für die C14-Methode bestand nunmehr in dem Simultanitätsprinzip (vergleiche oben die Forderung 3), denn eine Kalibrierung ist nur dann sinnvoll, wenn alle, 28 C14-Crash 1.4 Das Überbrückungsverfahren mit Jahrringkurven, 1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch 29 gleichaltrigen und von beliebigen Orten auf der Erde stammende Proben zu 1.5 Über ein Jahr-zehnt – bis etwa Lebzeiten (und natürlich auch nach der gesamten Lagerzeit) stets auch diesel- 1970 – gab es alsoeine Art »Hänge- be C14-Konzentration besessen haben. partie«: Einerseitsbenötigte die C14- In diesem Stadium – Anfang der 60er Jahre – trat folgerichtig die Dendro- Methode einekomplette Baum- chronologie auf den Plan. Sie verfügt mit ihren Baumringsequenzen über eine ringchronologie,die sich bis zum Ende der Eiszeit Chronologie, die Jahr für Jahr Auskunft über die einst herrschende atmosphä- vor 12.000 Jahren erstrecken mußte. rische C14-Konzentration geben kann – jedenfalls für den Zeitraum, in dem Andererseits war die Dendrochrono- die Jahrringchronologie komplett zur Verfügung steht. Die Dendrochronolo- logie dringend auf Hilfe bei der Vor- gie konnte aber erst mit Hilfe der C14-Methode sowohl in Amerika als auch datierung ihrerHölzer angewie- in Europa in die früh- und vorgeschichtliche Zeit vorstoßen. Über ein Jahr- sen, um genaudiese erstellen zu zehnt – bis etwa 1970 – gab es also eine Art »Hängepartie«: Einerseits benö- können. Wie kamman sich wechsel- tigte die C14-Methode eine komplette Baumringchronologie, die sich bis zum seitig entgegen,um diese Situation Ende der Eiszeit vor 12.000 Jahren erstrecken mußte. Andererseits war die der gegenseitigenAbhängigkeit zu Dendrochronologie dringend auf Hilfe bei der Vordatierung ihrer Hölzer überwinden? angewiesen, um genau diese erstellen zu können. Wie kam man sich wechsel- seitig entgegen, um diese Situation der gegenseitigen Abhängigkeit zu über- winden? Die Antwort lag im systematischen Ausnutzen des Simultanitätsprinzips. Weiterentwickelt als »wiggle-matching« ging es in das methodische Hand- werkszeug der Dendrochronologie über. Das »wiggle-matching«, ein Muster- analyse-Verfahren der C14-Konzentrationsschwankungen, bot die Möglich- keit, Baumringsequenzen als zeitgleich zu erkennen (zu synchronisieren), de- ren forstbotanische Charakteristiken nicht (oder noch nicht) miteinander ver- glichen werden konnten (siehe Bild 2.5 ). Deshalb wurden die Baumring- 1.4 sequenzen statt über Ringdickenmuster ersatzweise über den Vergleich ihrer jeweiligen C14-Muster bzw. C14-Konzentrationsschwankungen zeitlich – vor allem ohne das der Dendrochronologie ansonsten immanente Mehrdeutig- keitsproblem – zueinander plaziert. Im folgenden Abschnitt wird gezeigt, warum die Dendrochronologie nicht aus eigener Kraft ins Ziel kommen konn- te. 1.6 So funktioniert die Dendrochronologie Unter Dendrochronologie wird gewöhnlich ein Verfahren zur Altersbestim- mung archäologischer Holzfunde verstanden. Doch ähnlich wie bei der C14- Methode liegt die Leistung der Methode gar nicht in der Altersbestimmung, sondern in der Synchronisierung von Holzfunden anhand eines Vergleichs ih- rer Baumringdickenmuster (Ringbreitenfolgen, Jahrringstrukturen). Dabei wird die individuelle Jahrringstruktur interessierender Hölzer mit der Jahr-, 30 C14-Crash ringstruktur einer für die Region gültigen sogenannten »Mittelkurve« (auch »Standard-« oder »Mastersequenz« genannt) verglichen. Wo deutliche Ähn- lichkeiten zwischen den Jahrringstrukturen vorliegen, kann mit einer gewis- sen Wahrscheinlichkeit von einer zeitlichen Synchronität ausgegangen wer- den. Diese Mittelkurve entsteht ihrerseits durch die entsprechende Auswer- tung möglichst vieler einzelner Hölzer aus einer begrenzten Region. Je mehr synchron laufende Hölzer diese Mittelkurve aufweist, desto typischer kann ihr Verlauf angenommen werden und desto wahrscheinlicher ist das Auffinden weiterer echter Synchronitäten. Die Altersbestimmung selber durch Auszäh- len von Jahresringen wird dabei wohl kaum als die eigentliche Leistung der Dendrochronologie bezeichnet werden können. Bei sogenannten jahrringbildenden Bäumen wachsen Jahr für Jahr ver- schieden dicke Ringe in Abhängigkeit vom jeweiligen Klima. Damit entste- hen Ringbreitenfolgen, die typisch sind für die jeweilige ! Baumart, ! Region, ! und Epoche. Bringt man die Bilder zweier Ringbreitenfolgen von Bäumen derselben Art, die wenigstens teilweise gleichzeitig in demselben Klimagebiet herangewach- sen sind, in richtiger Zeitlage zur Deckung, so zeigt sich im allgemeinen eine mehr oder weniger große Ähnlichkeit im Wuchsverlauf. Die in Bild 1.4 ge- zeigte Ähnlichkeit zwischen den Jahrringkurven [nach Schweingruber 1983, 85] ist allerdings idealisiert schön, »die Wirklichkeit (dagegen) deutlich rauher« [Leuschner 1994, 124]. Durch Variation in Bodentyp, Hangneigung, Exposition und Höhenlage können auch in ideal kleinen Regionen die Jahrringkurvenmu- ster einzelner Bäume so unterschiedlich ausfallen, daß eine sichere Synchro- nisation unmöglich wird. Ein unmittelbarer zeitlicher Bezug ist nur zwischen lebenden (rezent jahr- ringbildenden) Hölzern gegeben. Deshalb besteht eine wesentliche Aufgabe der Dendrochronologie darin, Kriterien zu entwickeln, nach denen aus einan- der mehr oder weniger ähnlichen Ringbreitenfolgen von Hölzern unbekannten Alters die richtige, d.h. jahrgleiche Deckungslage zu bestimmen ist. Nicht je- de Ähnlichkeit bedeutet Zeitgleichheit. Die Unterschiedlichkeit lokaler »Baumschicksale« verhindert es, dieses Verfahren des Mustervergleichs zu automatisieren bzw. auf eine rein statistische Auswertungen zu reduzieren. Das Material müsse zusätzlich, darauf wird immer wieder hingewiesen, durch erfahrene Dendrochronologen beurteilt werden [Leuschner 1994, 128]. Das Pro- blem geringer Ähnlichkeit von Einzelkurven sei nämlich im Verein von Me-, 1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch 31 thode – durch die sogenannte »Mittelkurvenbildung« – und Tugend – durch 1.6 Die Verkettunglokaler Master zu Fleiß, Erfahrung und Vorsicht – durchaus lösbar [Leuschner 1994, 125]. einer regionalenChronologie stellt In Europa werden Jahrringfolgen einzelner Hölzer, die teilweise zeitgleich den Dendrochro-nologen vor spezi- und in räumlicher Nachbarschaft gewachsen sind, zu sogenannten »lokalen fische Schwierig-keiten. Während Mastern« zusammengefaßt. Diese Zusammenfassung möglichst vieler Einzel- lokal die zeitlicheZuordnung unter Umständen aus kurven zu einer »Mittelkurve« führt zur Darstellung eines »Gruppenschick- stratigraphischer Evidenz abgeleitet sals«, in der ein statistisch gemittelter Verlauf unter gleichzeitiger Unterdrük- werden kann, feh- len diese Hilfen in kung individueller Ausschläge erzielt wird. Während sich einzelne irische Ei- regionaler Hin- sicht. Aber was chen bis zu einem Abstand der Fundorte von 70 Kilometern korrelieren las- tun, wenn dieseHilfen fehlen? sen [Smith 1972, A92], erhöht sich dieser Abstand für den Vergleich von Stamm- Überprüft man alletheoretisch mögli- lagen der Donau und des Oberen Mains um mehr als das Doppelte chen Überlagerun-gen auf Synchroni- [Becker/Frenzel 1977, 46; auch Leuschner 1994, 129]. Lange und gut belegte »lokale tät oder benutztman als Hilfsmittel Master« lassen sich über eine Entfernung von bis zu 300 Kilometern synchro- die Vordatierung? nisieren [Hollstein 1977, 16] und stellen damit einen »regionalen Master« dar. Überregionale Vergleiche wie etwa zwischen dem süd- und dem norddeut- schen Raum zeigen jedoch, daß die verschiedenen Eichenholzchronologien nicht übertragbar sind [Eckstein 1984, 40]. Es gibt allerdings Verfahren, die die Auswirkung besonders markanter, überregionaler Klimaveränderungen (Wei- serjahre) als Synchronismus auszuwerten versuchen [Leuschner 1994, 127]. Lokale Master sind also von den individuellen Merkmalen einzelner Baumringfolgen bereinigt und damit regional typische Baumringchronolo- gien, die in der Regel einen begrenzten Zeitraum von einigen hundert Jahren umfassen. Sie sind die Bausteine der eigentlich zu erstellenden durchgehen- den Baumringchronologie, die gleichwohl regional bleiben muß. Nicht um- sonst werden diese mit »süddeutsch«, »westdeutsch«, »norddeutsch« etc. be- zeichnet. Solange lokale Master nicht zueinander synchronisiert sind, bleiben sie als »floating (schwimmende) chronologies« ohne absolutes Datum. Die Verkettung lokaler Master zu einer regionalen Chronologie stellt den Dendro- chronologen vor spezifische Schwierigkeiten. Während lokal die zeitliche Zu- ordnung unter Umständen aus stratigraphischer Evidenz abgeleitet werden kann, fehlen diese Hilfen in regionaler Hinsicht. Aber was tun, wenn diese Hilfen fehlen? Überprüft man alle möglichen Überlagerungen auf Synchroni- tät oder benutzt man als Hilfsmittel die Vordatierung? 1.7 Das Dilemma der Dendrochronologie Eine Überprüfung aller theoretisch möglichen Synchronlagen zwischen zwei Hölzern erbringt in der Regel eine viel zu große Zahl möglicher Synchronitä- ten (von Dendrochronologen »Zufallslagen« genannt). Das ist der Grund,, 32 C14-Crash 1.5 Möglichkeiten der Altersbestimmung, wenn das Simultanitätsprinzip gültig ist Wenn das Fundamentalprinzip (Bild 1.2 ) ungültig ist, dann besteht keine Mög- lichkeit mehr zur direkten Altersbestimmung. Deshalb zieht man sich auf das Si- multanitätsprinzip zurück. Dieses ist folgendermaßen zu verstehen: In der Atmo- sphäre wird die C14-Konzentration nicht mehr zeitlich konstant vorausgesetzt, doch die Konzentrationsänderungen sollen sich an allen Orten der Erde gleich- förmig (»simultan«) vollziehen. Das Probenalter kann also nicht mehr wie unter Gültigkeit des Fundamentalprinzips errechnet werden, sondern muß aus dem Vergleich zweier Chronologien erschlossen werden: Der errechnete Verlauf der C14-Konzentration in der Probe wird auf Übereinstimmungen mit dem rekon- struierten Verlauf in der Atmosphäre untersucht. Dabei spielt es, solange das Si- multanitätsprinzip gültig ist, keine Rolle, von welchem Ort der Erde die Probe stammt und für welchen Ort der Erde die Chronologie der C14-Konzentration erstellt wurde., 1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch 33 weshalb kein Dendrochronologe auf das Hilfsmittel der Vordatierung ver- 1.7 Selbst die aus-sichtsreichste Syn- zichtet. Nur so kann er die Zahl der Zufallslagen so weit reduzieren, daß eine chronität zwischender zu plazieren- begründete Entscheidung möglich wird. E. Hollstein schreibt (im Hinblick den Sequenz undseiner schon vor- auf Einzelkurven) für den Fall einer Ablösung von der Historie: »Wenn also handenen Chrono-logie kann immer zwei Holzproben, von denen man gar nichts weiß, auf vermutete Gleichzeitig- noch schlechtersein als diejenige, die sich mit Berei- keit untersucht werden sollen, so kann allerdings die a-priori-Wahrscheinlich- chen erzielen ließe, die erst bei keit für das Auffinden des richtigen Datums so klein werden, daß wenig Aus- weiterer Vollstän- digkeit der Chro- sicht besteht, es auch wirklich zu finden« [Hollstein 1970, 147]. Also kann nur ei- nologie getestet werden können! ne Vordatierung die Zahl der in Frage kommenden Synchronitäten so weit Soll er die Se-quenz nun teilwei- einschränken, daß wieder eine gute Chance besteht, unter den verbliebenen se oder vollständigüberlappend ein- Kandidaten auch die richtige Synchronität zu bestimmen – wenn die Vorda- bauen oder soll ersie als noch tierung stimmt. schwimmend pla-zieren? Angesichts Erschwerend kommt hinzu, daß sich für die schwimmenden Sequenzen dieses Dilemmasist er stets auf immer wieder Synchronitäten herausarbeiten lassen, die im statistischen Sinne Hilfsmittel der Vor-datierung angewie- als hochzuverlässig angesehen werden dürfen, die aber tatsächlich falsch sind. sen, muß sich zu-gleich aber die Deshalb ist auch eine falsche Vordatierung sehr gefährlich, denn im Vertrau- Frage stellen, in-wieweit er diesen en auf diese können Synchronitäten zwischen überlappenden Baumringse- bei der Lösung desProblems trauen darf? quenzen erarbeitet werden, die nicht stimmen und damit die Masterchronolo- gie in eine völlig falsche Richtung treiben. So droht immer Gefahr, wenn eine relativ beste Synchronlage zu früh übernommen wird, ohne sie bei verbesser- ter Fundlage später noch einmal in Frage zu stellen. Solange sein regionaler Master bzw. seine Chronologie noch nicht kom- plett ist, steht der Dendrochronologe sowohl mit einer einzelnen Ringbreiten- folge als auch mit einem schwimmenden lokalen Master in der Hand stets vor 1.5 einem Dilemma: Selbst die aussichtsreichste Synchronität zwischen der zu plazierenden Sequenz und seiner schon vorhandenen Chronologie kann im- mer noch schlechter sein als diejenige, die sich mit Bereichen erzielen ließe, die erst bei weiterer Vollständigkeit der Chronologie getestet werden können! Soll er die Sequenz nun teilweise oder vollständig überlappend einbauen oder soll er sie als noch schwimmend plazieren? Angesichts dieses Dilemmas ist er stets auf Hilfsmittel der Vordatierung angewiesen, muß sich zugleich aber die Frage stellen, inwieweit er diesen bei der Lösung des Problems trauen darf. 1.8 Absolutdatieren durch »wiggle-matching« Wer um das tiefgreifende Dilemma der Dendrochronologie weiß, kann sich über ihre Versuche, sich umfassend auf eine leistungsfähige Methode der Vordatierung abzustützen, nicht mehr wundern. Wer zusätzlich die Randbe- dingungen und Tücken einer statistischen Auswertung kennt, wird verlangen, 34 C14-Crash 1.6 Simultane bzw. ungleichförmige Änderungen der C14-Konzentration in der Atmosphäre In Bild a) vollzieht sich die zeitliche Änderung der C14-Konzentration in der At- mosphäre auf der ganzen Erde gleichförmig bzw. »simultan«, in Bild b) sind dem allgemeinen Trend lokale Abweichungen überlagert, was die Ungültigkeit des Si- multanitätsprinzips bedeutet. Das führt dazu, daß zeitliche C14-Muster von ver- schiedenen Orten nicht mehr synchron verlaufen und daß mithin nur die C14- Daten von Proben, die vom gleichen Ort stammen, zeitlich synchronisiert wer- den dürfen., 1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch 35 müssen, daß Dendrochronologen unabhängig von Vordatierungen alle mögli- 1.8 Jeder Synchro-nisationsversuch chen Synchronlagen mit allen zur Verfügung stehenden Hölzern prüfen. An- (genauso wie je-der Kalibrierungs- derenfalls kann nicht anerkannt werden, daß Vordatierungen keinen Einfluß versuch für eineinzelnes C14-Da- auf die Chronologie genommen haben – so schön und komplett die Chronolo- tum) wäre sinnlos,wenn die C14- gie am Ende auch aussehen mag. Damit sind die Gründe umrissen, warum ei- Konzentration anverschiedenen Or- ten der Erde unter- ne Kritik an der C14-Methode unmittelbar auf all diejenigen Baumringchro- schiedlich rekon- struiert werden nologien durchschlagen muß, die mit Hilfe von C14-Daten errichtet worden muß. Das Simulta- nitätsprinzip ist sind. Im Folgenden wird das Verfahren geschildert, auf das sich Dendrochro- zweifellos die wichtigste verblie- nologen auf beiden Seiten des Atlantik bei der Verwendung von C14-Daten bene Vorausset-zung der C14-Me- gestützt haben, um chronologische Ordnung in ihre schwimmenden Baum- thode. ringsequenzen zu bekommen. Dazu muß noch einmal näher auf die Chronolo- gie der C14-Konzentration der Atmosphäre eingegangen werden. Das Bild 1.5 offenbart ein Dilemma besonderer Art. Selbst wenn man nämlich über eine lückenlose Chronologie der C14-Konzentration in der At- mosphäre verfügen sollte, um mit ihr ein gemessenes C14-Alter kalibrieren zu können, so muß das noch nicht bedeuten, auch das zeitliche Ende des Stoff- wechsels des Organismus eindeutig bestimmen zu können. Wenn nämlich für den fraglichen Zeitraum starke Schwankungen rekonstruiert wurden, dann er- geben sich jetzt mehrere mögliche Zeitpunkte. Schwankungen der C14-Kon- zentration, die zu solchen Mehrdeutigkeiten führen, werden auch »wiggle« genannt. So ärgerlich die ermittelten Schwankungsmuster in der C14-Kon- zentration der Atmosphäre einerseits auch sein mögen, so hilfreich können sie sich andererseits im Zusammenhang mit dem Versuch erweisen, über den Vergleich solcher Muster zeitliche Synchronisierungen zwischen ihnen zu er- 1.6 reichen. Zusätzlich kann immer dann, wenn eines der Muster bereits mit ei- nem Absolutdatum verbunden ist, auch für die anderen synchronen Muster ein solches abgeleitet werden. Die wichtigste Voraussetzung für diese Vorgehensweise, die letztlich auf einer Mustererkennungsstrategie basiert, ist natürlich die umfassende Gültigkeit des Simultanitätsprinzips, nach dem die C14-Konzentration der Atmosphäre sich global gleichförmig entwickelt. Jeder Synchronisationsversuch (genauso wie jeder Kalibrierungsversuch für ein einzelnes C14-Datum) wäre sinnlos, wenn die C14-Konzentration an verschiedenen Orten der Erde unterschiedlich rekonstruiert werden muß. Das Simultanitätsprinzip ist zweifellos die wichtigste verbliebene Voraussetzung der C14-Methode. Mit seiner Ungültigkeit wäre das eleganteste Hilfsmittel dahin, mit dem schwimmende Baumringchronologien vordatiert werden kön- nen. Das zeigt sehr deutlich das Bild 1.6 : Nur wenn an allen Orten der Erde die atmosphärische C14-Konzentration stets gleich ist und auf identische Weise eingeprägt wurde, können hinterher entsprechende Muster miteinander, 36 C14-Crash 1.7 Produktion und Zerfall von C14 – konventionell Die heute gebräuchlichen Kalibrierkurven für C14-Daten beruhen in ihrer Kon- struktion auf der Annahme global gleichförmiger Schwankungen der atmosphäri- schen C14-Konzentration. So soll sich ein An- und Abschwellen der C14-Pro- duktion in global gleichförmig schwingenden »wiggle« widerspiegeln. Daß nur Diffusion zu einem »wiggle« führt und daß dieser damit ein genuin lokales Phäno- men ist, wurde erst in jüngster Zeit von Ozeanographen erkannt, ohne daß dar- aus aber Rückschlüsse über die Verwendbarkeit der aktuellen Kalibrierkurven abgeleitet worden sind. Aus der Schätzung der Menge an global vorhandenem Kohlenstoff (rund 42 • 1015 Kilogramm) und dem relativen C14-Anteil (rund 1.5 • 10-10 %) ergibt sich rechnerisch eine Menge von rund 7.5 kg C14, die jährlich radioaktiv zerfällt. Aus- schließlich diese Menge müsste jährlich nachproduziert und rasch auf alle Reser- voire verteilt werden, wenn von stationären Verhältnissen gesprochen werden soll. Die Realität sieht dagegen anders aus (vergleiche Bild 1.8 )., 1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch 37 verglichen werden. Ein Vergleich von zeitlichen Mustern verschiedener Orte, 1.9 Wer ernsthaftdie möglichen Ur- wie sie in der Graphik b) des Bildes 1.6 zusammengefaßt sind, muß in die Ir- sachen solcher»wiggle« zu er- re führen. gründen versucht,wird kaum in Ver- Nur solange, wie sich Schwankungen der C14-Konzentration an allen Or- suchung geraten,diese Muster über ten der Erde auf gleiche Weise abspielen und in die Organismen einprägen, größere Entfernun-gen synchronisie- ren zu wollen. kann auf diese Methode des »wiggle-matching« gesetzt werden. Anderenfalls kommt es zu Fehlsynchronisierungen und damit zur Ableitung falscher Chro- nologien. Trotz eindeutiger Hinweise, daß das Simultanitätsprinzip nicht in der erforderlichen Strenge gültig sein konnte, wurde »wiggle-matching« jahr- zehntelang als sprichwörtliche »ultima ratio« eingesetzt, um die europäischen Baumringchronologien anhand von Mustervergleichen unter Abstützung auf die weltweit einzige komplette Baumringchronologie aus Amerika – die Bor- stenkiefer- bzw. Bristlecone-Pine-Chronologie – zu erstellen. Wer »wiggle« als Grundlage von Vordatierungen verwendet, muß sich darüber im Klaren sein, wie diese zustande kommen und ob diese mit weltweit synchronen Kon- zentrationsschwankungen überhaupt vereinbar sind. Genau an dieser Stelle mußten wir die größte von der C14-Methode begangene Verfehlung feststel- len. Wer die möglichen Ursachen solcher »wiggle« zu ergründen versucht, wird kaum in Versuchung geraten, diese Muster über größere Entfernungen synchronisieren zu wollen. 1.9 »Wiggle« offenbaren eine chaotische Welt Das Bild 1.7 veranschaulicht die ursprüngliche Vorstellung von dem stabilen 1.7 Zustand der C14-Konzentration in allen dafür in Frage kommenden Reservoi- ren der Erde – Atmosphäre, Biosphäre, Humus, sowie Oberflächen- und Tie- fenwasser der Ozeane: Die C14-Konzentration sei überall auf der Erde nahe- zu gleich und habe sich seit langem schon auf ein Niveau eingependelt, bei dem der jährliche Zerfall (ca. 0.12 ‰ des Gesamtvorkommens) gerade von einer seit Urzeiten konstanten C14-Produktion in der oberen Atmosphäre kompensiert würde. Dieser langfristig ausgeglichene Zustand zwischen Pro- duktion und Zerfall wird durch die beiden maßstabsgetreu gezeichneten Käst- chen rechts/unten und links/oben von dem großen Kasten wiedergegeben, der wiederum für das globale irdische Kohlenstoffreservoir steht. Die Wirk- lichkeit ist von solchen stationären Zuständen allerdings weit entfernt. Das ozeanische Tiefenwasser weist eine systematisch geringere C14-Kon- zentration als das Oberflächenwasser und die Atmosphäre auf. Das hat mit seinem Strömungsverhalten zu tun. Dieses Konzentrationsgefälle ist in dem Bild 1.8 durch die unterschiedlichen Einfärbungen der drei Bereiche ange-, 38 C14-Crash 1.8 Produktion und Zerfall von C14 – der allgemeine Fall Die C14-Konzentration ist im Tiefenwasser der Ozeane niedriger als in der At- mosphäre (A). Eine ergiebige Anreicherung durch entsprechenden Austausch mit der Atmosphäre findet nur in den Schichten statt, die aufgrund großräumi- ger Umwälzströmungen an die Oberfläche gelangen (OFW = Oberflächenwas- ser). Diese Strömungen sind regional verschieden ausgeprägt und zudem zeitlich veränderlich. Das ist einer der wesentlichen Gründe, warum die Atmosphären- konzentration von C14 sich nicht in einem globalem Gleichgewicht befindet und weshalb das Simultanitätsprinzip nicht erfüllt sein kann. Es gab und gibt keinen Grund, von einer seit langem gegebenen Ausgegli- chenheit zwischen produzierter und zerfallender Menge an C14 auszugehen. Diese ursprüngliche Annahme Libbys sollte der Eleganz (und der Praktikabilität) der C14-Methode dienen, ist aber durch Messungen am neuseeländischen Kauri- Baum sowie an der amerikanischen Sequoia Sempervivens einerseits und durch die Tatsache des Konzentrationsungleichgewichts zwischen Atmosphäre und Ozean andererseits fast von Beginn an in Frage gestellt gewesen., 1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch 39 deutet. Was an C14 in der Atmosphäre erzeugt wird, landet zu über 90% in dem gegenüber der Atmosphäre ungesättigten Tiefenwasser der Ozeane, dem ein Mehrfaches des kompletten C14-Inhalts der Atmosphäre »fehlt«. Die Exi- stenz dieses Konzentrationsgefälles muß die Frage aufwerfen, ob und um wie- viel die C14-Produktion höher als die globale Zerfallsmenge liegen wird und ob nicht die C14-Konzentration der Atmosphäre noch im Steigen begriffen ist? Jeder »wiggle« in einer Baumringsequenz signalisiert, daß die Atmosphä- re einmal einen deutlichen Anstieg und dann wieder einen deutlichen Abfall der C14-Konzentration durchgemacht hat. Diese Zu- und Abnahmen können bis zu mehreren Prozent in einem Jahrzehnt betragen. Als Grund des Konzen- trationsanstiegs kommt ein Anstieg der Produktion in Frage, genauso aber auch die »Sperrung« des Übergangs – der Diffusion – des weiterhin mit nor- maler Rate produzierten C14 in die Ozeane, so daß es sich rasch in der Atmo- sphäre anreicherte. Von einer nachhaltigen Sperre kann aber nur ausgegangen werden, wenn die Zirkulation in den Ozeanen zusammenbricht (und auf diese Weise rasch eine Sättigung des Oberflächenwassers einträte), was aber nur mit sehr seltenen und spektakulären Vorgängen in Verbindung gebracht wird (Einspeisen gigantischer Mengen an Süßwasser infolge von Schmelzvorgän- gen etc.). Ist die Diffusion nicht gesperrt, muß zur Erklärung des gemessenen Konzentrationsanstiegs von einer zeitweisen Vervielfachung der Produktions- rate (Faktor 10 und höher) ausgegangen werden. Vermutlich liegt ein Misch- effekt aus Produktionssteigerung und Diffusionssperre vor. Umgekehrt kann ein »wigglemäßiger« Konzentrationsabfall nicht etwa 1.8 durch eine Produktionsminderung, sondern nur durch starke Diffusion von al- tem (C14-freiem bzw. armem) Kohlendioxid aus den Ozeanen in die Atmo- sphäre erklärt werden, wodurch sich die C14-Konzentration entsprechend ab- senken würde. Ein »wiggle« signalisiert also neben starken Produktions- schwankungen vor allem zeitlich veränderliche Diffusionseffekte. Diese be- treffen insbesondere den Übergang zwischen der Atmosphäre und den Ozea- nen, wobei – zumal lokal – auch die anderen Reservoire eine Rolle spielen können. Das Strömungssystem der Ozeane ist so komplex, daß primär von räum- lich unterschiedlichen Diffusionsvorgängen und nicht etwa von global gleich- förmigen Phänomenen ausgegangen werden muß. Das wird zusätzlich unter- stützt durch sonstige Reservoireffekte, die jeweils für eine lokale Absenkung der C14-Konzentration sorgen. In Bild 1.9 ist das mit den unterschiedlichen »Einstülpungen« am Übergang zwischen Atmosphäre und zum Oberflächen- wasser angedeutet., 40 C14-Crash 1.9 Überproduktion und Diffusion Das Bild gibt schematisch die drei Hauptursachen für eine C14-Konzentra- tionsänderung in der Atmosphäre wieder. C14 reichert sich in der Atmosphäre (A) an, wenn mehr produziert als an die angrenzenden Reservoire abgegeben wird (linkes »+«). Die Anreicherung fällt umso stärker aus, je mehr das Oberflä- chenwasser (OFW) bereits mit C14 gesättigt ist bzw. je geringer die Aufnahme- bereitschaft gegenüber C14 ausfällt (unteres »+«). Je geringer die Sättigung des Oberflächenwassers mit C14 ist, desto mehr C12 gibt dieses an die Atmosphäre zurück (rechtes »-«). Der Verlust durch radioaktiven Zerfall spielt dabei so gut wie keine Rolle., 1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch 41 Wegen der eben erläuterten Gründe ist »wiggle-matching« eine nicht ver- 1.10 Ein einfachesRechenexempel tretbare Vorgehensweise. In den 70er und 80er Jahren wurden auf diese Wei- zeigt, daß sich dieC14-Konzentration se aber alle wesentlichen europäischen Baumringchronologien durch C14- in den Ozeanennur um 2 Promille Mustervergleich mit der kalifornischen Bristlecone-Pine-Chronologie vorda- in 1.000 Jahrenändern muß, um tiert und damit in ihrer Grundstruktur formiert. Die Tiefe des Mißverständnis- die Geschwindig-keit der C14-Uhr während dieser ses über die Natur und die Auswirkung der »wiggle« kann aus der unisono ge- Zeitspanne um 50% zu verlangsa- äußerten Ansicht der C14-Gemeinde ermessen werden, daß diese sich nur aus men bzw. Um 100% zu beschleu- Produktionsschwankungen ableiteten. Genau damit wird aber das Verständnis nigen. der lokalen Natur eines »wiggle« als Diffusionsphänomen verfehlt. Es gibt so- mit zwingende Gründe, die damals erzielten und heute noch genauso verwen- deten Ergebnisse in Frage zu stellen. Die globalen Kohlenstoffreservoire befinden sich nicht in einem homoge- nen Gleichgewicht von Produktion bzw. Diffusion und Zerfall. Insbesondere hängt die C14-Konzentration der Atmosphäre auf das sensibelste von dem Isotopenaustausch an den Ozeanoberflächen ab. Ein einfaches Rechenexem- pel zeigt, daß sich die C14-Konzentration in den Ozeanen nur um 2 Promille in 1.000 Jahren ändern muß, um die Geschwindigkeit der C14-Uhr während dieser Zeitspanne um 50% zu verlangsamen bzw. um 100% zu beschleunigen. Das Bild 1.10 zeigt maßstabsgerecht, wie sich über 1.000 Jahre die C14-Kon- zentration der Atmosphäre erhöhen muß (um 12%), um die gemessenen C14- Alter aus diesem Zeitraum um 100% zu alt erscheinen zu lassen. Dagegen verlangen die im Gebrauch befindlichen Kalibrierkurven für C14 eine Kon- stanz der Isotopenverhältnisse hinsichtlich des Kohlenstoffs in den Ozeanen innerhalb von 0.2 ‰ über rund 12.000 Jahre. Eine Forderung, die in dieser 1.9 Präzision meßtechnisch gar nicht zu verifizieren ist! 1.10 Die anderen radiometrischen Datierungsmethoden Die C14-Methode ist ein Spezialfall unter allen radiometrischen Datierungs- methoden, von denen die Uran/Blei-, die Kalium/Argon- oder die Rubidi- um/Strontium-Methode hervorzuheben sind. Allen radiometrischen Datie- rungsmethoden ist grundsätzlich gemeinsam, aus der Untersuchung nicht ei- nes, sondern zweier oder mehrerer Isotope konsistente Zeitangaben gewinnen zu wollen. Diesen Vorteil bietet die C14-Methode nicht. Zwar wandelt sich ein C14-Atom unter Aussendung eines Elektrons in ein Stickstoffatom N14 um, doch Stickstoff ist in der Regel flüchtig oder von dem ohnehin in der Pro- be vorhandenen Stickstoff nicht zu unterscheiden. Deshalb fehlt ausgerechnet bei der wichtigsten Datierungsmethode für das Quartär die Möglichkeit, über die Vermessung von Tochter- und Mutterisotop die Stichhaltigkeit aller An-, 42 C14-Crash 1.10 Überproduktion und Altersbestimmung Wenn die Atmosphäre (A) sich binnen 1.000 Jahren um 12% mit C14 anreichert (dunkelgrauer Rand des schwarzen Kastens für die Atmosphäre), dann geht die C14-Uhr während dieser Zeit doppelt so schnell. 1.000 C14-Jahre sind dann nur 500 Kalenderjahre. Für diesen Effekt reicht bereits eine Änderung des Isotopen- haushaltes der Ozeane um 2 Promille aus (OFW = Oberflächenwasser)., 1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch 43 nahmen prüfen zu können, die der Auswertung zugrundeliegen. Bei allen an- 1.11 Wo die unab-hängige Kontrolle deren geochronologischen Datierungsmethoden wird deshalb das gemeinsame naturwissenschaft-licher Datierungen Vorkommen von Mutter- und Tochterisotopen, vorzugsweise in Gesteinen fehlt, geben dieWissenschaftler und Mineralien, ausgewertet. Sie können sich dabei auf Mutterisotope kon- eine absurd hoheGenauigkeit ihrer zentrieren, die – im Gegensatz zum C14 – auf der Erde nicht produziert wer- Daten an. den, sondern bei der Entstehung der Erde dem Gestein in gewissem Umfang beigemengt gewesen sein müssen. Daraus leitet sich der Anspruch dieser Da- tierungsmethoden ab, eine radiometrische Chronologie für die ganze Erdge- schichte erstellen zu können. Wir haben bereits an anderer Stelle [Blöss 1988, 105] darauf hingewiesen, daß eine Datierung, die auf der Untersuchung des Vorkommens der schweren Radioisotope beruht, zwangsläufig eine Zeitskala in der Größenordnung von 1 Milliarde Jahre eröffnet, weil die Halbwertszei- ten der betrachteten Isotope in dieser Größenordnung liegen. Entsprechend ist zu erwarten, daß die meisten Proben auf 6.000 C14-Jahre und älter datiert werden, ohne daß damit irgendeine stichhaltige chronologische Aussage ver- bunden sein muß. Wenn jetzt Evolutionstheorien veröffentlicht werden, die die Entstehung des Lebens auf der Erde – genauso wie alle weiteren Evolutionsschritte – durch Eindringen entsprechender Kohlenwasserstoffe in Gefolge von Ko- meten bewirkt sehen [New York Times vom 1.4.97], dann sollte daran erinnert wer- den, daß der uns geläufige Zeitrahmen von mehreren Milliarden Jahren für die Entwicklung des Planeten Erde ursprünglich von der Darwinschen Evolu- tionstheorie vorausgesetzt bzw. eingeklagt und bereits Anfang dieses Jahr- hunderts von der Wissenschaft der Radionuklide gewährt worden ist. Evoluti- 1.10 onstheorien, die »nicht mehr ohne weiteres zugeben, daß die verflossenen Zeiträume ungeheuer lang waren« [Darwin 1981, 432], sollten diesen Zusammen- hang neu beleuchten und dabei auch kritische Fragen an die Geochronologie stellen. Der radiometrischen Geochronologie stehen also im Gegensatz zur C14-Methode zusätzliche Kontrollmechanismen zur Verfügung, da in der Re- gel sogar mehrere Mutter- und Tochterisotope betrachtet werden können. Trotz sorgfältigster Durchführung der an sich schon sehr aufwendigen und anspruchsvollen Messungen muß allerdings festgestellt werden, daß nur weni- ge Analysen wirklich konsistente Ergebnissen ergeben, wenn alle in Frage kommenden Zerfallsreihen in Betracht gezogen werden [Gilluly et al. 1975, 82]. Große Unterschiede im Verhalten bei Phasenübergängen (Schmelzen, Lösen) und gegenüber chemischen Reaktionspartnern sorgen bei den einzelnen Isoto- pen über den in Frage stehenden Zeitraum in der Größenordnung mehrerer Milliarden Jahre offenbar für drastische Verschiebungen in den Konzentrati- onsverhältnissen., 44 C14-Crash Die Uran-Uhr konnte nur geeicht werden, indem die Verhältnisse meteori- tischer Bleivorkommen (Tochterisotope Pb206/207/208) auf die ursprüngli- chen irdischen Verhältnisse übertragen wurden. Dabei mußte beispielsweise angenommen werden, daß in den Meteoriten niemals Uran vorhanden gewe- sen ist, das in der Zwischenzeit zu Blei zerfallen wäre. Die Eichung der Strontium-Uhr basiert auf der vergleichenden Untersuchung als gleichaltrig vorausgesetzter Proben. Auch die anderen Methoden können jeweils nur un- ter diversen Annahmen auf den Weg gebracht werden. Dennoch besteht im- mer noch ein prinzipieller Vorteil gegenüber der C14-Methode: Während letztere sich auf eine komplette Chronologie der C14-Konzentration stützen muß, machen jene im Rahmen ihrer Zielsetzung Aussagen über Isotopenzu- sammensetzungen nur für eine begrenzte Zahl von Epochenübergängen. Die einzelnen Zeitangaben sind untereinander nicht in dem Maße konsi- stent, wie es die Fehlerbetrachtung für die einzelnen Verfahren jeweils erwar- ten ließen. Geochronologen werden nicht widersprechen, wenn als Fehler ei- nes radiometrisch gewonnenen Datums – Richtigkeit der zugrundeliegenden Annahmen vorausgesetzt! – mindestens 10% angenommen werden müssen. Ein Datum von beispielsweise 1.7 • 108 Jahren wäre also mit einem Fehler von sicherlich ±0.2 oder sogar ±0.3 • 108 Jahren verbunden. Das ist genau die Größenordnung, die wir – ohne die Kalibrierung zu betrachten, die noch zu ganz anderen Problemen führt – ganz regulär auch für die Ergebnisse aus der C14-Methode ansetzen müssen, wenn alle Fehlerquellen in Betracht gezogen werden (vergleiche Kapitel 8). Illusionen über die Genauigkeit der C14-Me- thode halten sich unter anderem aus deshalb, weil die angezeigte routine- mäßige Kontrolle durch Vermessung von Tochter- und Mutterisotop ausge- rechnet bei der C14-Methode nicht möglich ist. Die Unsicherheit einer C14-Datierung schlägt letztlich mit mehreren Jahr- hunderten zu Buche, wenn nämlich alle möglichen Fehlerquellen konsequent in Rechnung gestellt werden. Zu dieser Offenlegung hat auch die Kontrolle der Geschichtswissenschaft beigetragen, die oftmals C14-Daten nicht akzep- tieren will und Rechenschaft über die Genauigkeit der Daten verlangt. Wie wichtig diese Kontrolle grundsätzlich ist, wird am Beispiel der Kalium-Ar- gon-Datierung geologisch gesehen jungen Ergußgesteins deutlich. Hier sind Altersangaben mit einer Unsicherheit in der Größenordnung von ±10.000 Jahren üblich, was wegen der hohen Halbwertszeit des radioaktiven Kalium extrem genaue Messungen und eine extrem genaue Kontrolle der Einhaltung der entsprechenden Randbedingungen (Ausschluß von Kontamination etc.) voraussetzt. Auf die C14-Methode übertragen, würde es die Bestimmung ei- nes Alters in der Größenordnung von 10-20 Jahren mit einer Genauigkeit von, 1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch 45 ±2 Wochen bedeuten [Blöss 2000, 166f.]. Kein C14-Wissenschaftler würde im 1.12 In den unter-schiedlichen Anga- Traum zu hoffen wagen, derartig genaue Vorhersagen machen zu können. ben über die Men-ge an jährlich pro- duziertem C14 spiegelt sich auch die Unkenntnis 1.11 Wissenswertes über Kohlenstoff C12, C13 und C14 über die Aus-tauschvorgänge zwischen den Koh- lenstoffreservoiren Kohlenstoff (carboneum; carbo (lat.) Kohle) wurde 1775 von A.L. Lavoisier wieder. Die Hoff- nung, die C14- als Element erkannt. Kohlenstoffatome können sich im Gegensatz zu anderen Konzentration in der Atmosphäre Atomen in praktisch unbegrenztem Maße zu Ketten und Ringen verbinden. habe sich vom Trend her in ge- Daher sind mit rund 12 Millionen weit mehr Kohlenstoffverbindungen be- schichtlicher Zeitnur um wenige kannt als solche ohne Kohlenstoff, deren Zahl man auf etwa 400.000 ab- Prozent geändert,muß als aussichts- schätzt. Obwohl Kohlenstoff zum Bestandteil aller Organismen gehört, ist es los bezeichnetwerden. in der Erdkruste einschließlich Atmosphäre und Hydrosphäre nur das drei- zehnthäufigste Element. Außerhalb der Organismen kommt Kohlenstoff so- wohl frei (Diamant, Graphit) als auch gebunden vor (Kohlendioxid, Carbona- te, Kohle, Erdöl, Erdgas, Schieferöl, Bitumen). Die in der Luft in Form von Kohlendioxid CO2 vorhandene Kohlenstoffmenge (ca. 6.0 • 1014 kg) ist nur etwa doppelt so groß wie die in den Organismen gebundene; Meerwasser ent- hält größenordnungsmäßig die 100fache Menge. Neben den natürlich vorkommenden Isotopen des Kohlenstoffs – C12 (98.9 %), C13 (1.1 %) und das »Radiokarbon« C14 (1.5 • 10-10 %) – kennt man auch drei weitere Isotope des Kohlenstoffs, nämlich C10, C11 und C15, die erst durch menschliche Technik entstanden und nachgewiesen wurden. Diese haben für den natürlichen Stoffwechsel keinerlei Bedeutung. Ein Orga- nismus trifft also in etwa mit jedem Billionsten Kohlenstoffatom einen Ver- treter des uns hier interessierenden radioaktiven Isotops C14 an. Von diesen wiederum zerfällt überschlägig pro Jahr jedes zehntausendste. Darüber, wie- viele nun jährlich produziert werden, gehen die Meinungen auseinander: ! W.F. Libby ging von einem Wert von 9.8 kg/Jahr aus [1952, 23], ! S. Bowman nennt einen Wert von 7.5 kg/Jahr [1990, 13] und ! H. Mommsen führt eine Abschätzung von ca. 5 kg/Jahr an [1986, 204]. Die Unsicherheit hat damit zu tun, daß weder die Gesamtgröße des globalen Kohlenstoffreservoirs, noch die Größe des Anteils davon, mit dem das Radio- karbon C14 im dynamischen Gleichgewicht stehen soll, genau bestimmt wer- den kann. Umgekehrt zeigt das natürlich auch, wie unsicher die Vorstellungen über die Dynamik des Austauschs zwischen den Kohlenstoffreservoiren ist, die naturgemäß eine unterschiedliche Zusammensetzung der Kohlenstoffiso- tope aufweisen. Deshalb hat sich die einstige Gewißheit, das die Isotopenzu- sammensetzung in der Atmosphäre (die eines der kleinsten und instabilsten, 46 C14-Crash Reservoire überhaupt darstellt) über geschichtliche Zeit nur Veränderungen im Prozentbereich erfahren haben sollte, zu einer bloßen Hoffnung reduziert, die als absolut trügerisch bezeichnet werden muß. 1.12 C14 und die Radiomedizin Inkorporiertes natürliches Radiokarbon C14 trägt zur durchschnittlichen Strahlenbelastung des Menschen mit einem Anteil von ca. 1% bei. Der ent- sprechende Anteil von radioaktivem Kalium K40 beträgt zum Beispiel 20%, der Anteil der kosmischen Strahlung 30% und der der terrestrischen Strah- lung 43% [zum Winkel 1975, 103]. Die Zerfallsrate bei modernem Kohlenstoff als natürlicher Mischung aus allen vorkommenden Isotopen beträgt ungefähr 15 Zerfallsereignisse pro Minute und Gramm Kohlenstoff entsprechend ca. 7 pCi pro Gramm Kohlenstoff (1 Curie [Ci] = 3.7 • 1010 Zerfälle je Sekunde). Um ein Gefühl für die Größenordnungen zu vermitteln, vergleichen wir die Radioaktivität natürlichen, rezenten Kohlenstoffs mit derjenigen Radioak- tivität, der ein Mensch bei einer Blutuntersuchung durch Verabreichung von C14-dotiertem Serotonin ausgesetzt ist (Test der Thrombocytenüberlebens- zeit). Die entsprechende Gesamtaktivität wird mit 4 µCi angegeben [zum Win- kel 1975, 111]. Bezogen auf eine Blutmenge von 8 Litern entspricht das rund 0.5 nCi pro ml Blut. Bei einem Gewichtsanteil des Kohlenstoffes am Blut von rund 10% hat die extrahierte Kohlenstoffprobe mit 5 nCi pro Gramm Kohlen- stoff demnach eine rund 700-fach höhere Aktivität als eine Normalprobe mit natürlichem Kohlenstoff. Auch der Vergleich mit einer Aktivität im menschlichen Körper, die nach der Strahlenschutzverordnung maximal für eine Inkorporation zulässig ist, er- hellt die Nachweisproblematik der Archäometrie. Diese beträgt für das Fett als kritisches Organ 300 µCi [zum Winkel 1975, 102]. Der durchschnittliche Fett- anteil bei einem Erwachsenenkörper beträgt rund 10 Kg, also liegt die maxi- mal zugelassene spezifische Aktivität bei 30 nCi pro Gramm Fett. Bei einem Gewichtsanteil des Kohlenstoffes im Fett in der Größenordnung von 25% hat die extrahierte Kohlenstoffprobe mit 120 nCi pro Gramm Kohlenstoff eine rund 17.000-fach höhere Aktivität als die Normalprobe mit undotiertem Koh- lenstoff., 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 47 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 2.1 Die C14-Methode im Urteil der Historiker ... Historiker stehen der C14-Methode mit gespaltenen Gefühlen gegenüber. Ei- nerseits zollen sie der naturwissenschaftlichen Methode ihren generellen Re- spekt, äußern jedoch andererseits immer wieder Unzufriedenheit angesichts widersprüchlicher Ergebnisse. Der Respekt der Historiker beruht nicht so sehr auf der Eleganz der Methode oder auf dem umfassenden Korrekturappa- rat, der im Laufe der Jahrzehnte für die Prozedur der Gewinnung eines C14- Datums erarbeitet wurde. Vielmehr sieht man sich mit Ergebnissen konfron- tiert, die solange akzeptiert werden müssen, wie nicht wirklich gute Gründe für eine Zurückweisung vorliegen. Historiker neigen in Zweifelsfällen eher zum stillschweigenden Ignorieren als zum offenen methodischen Schlagab- tausch. Zu Recht übt der Historiker Zurückhaltung gegenüber methodischen De- tails. Eine seit 50 Jahren weltweit eingesetzte Methode muß alle grundlegen- den Probleme schon längst gelöst haben. Der Historiker kann auch erwarten, daß das Verfahren nach dem neuesten Stand der Technik durchgeführt wird. Tatsächlich hat es im Laufe der Zeit wesentliche Verbesserungen gegeben, wie etwa den Wechsel von der Zählung der (extrem seltenen) Atomzerfälle hin zu der Zählung der C14-Atome (durch die Beschleunigermassenspektro- metrie, engl. Abk.: AMS) selber. Gute Voraussetzungen also, C14-Daten ei- nen entscheidenden Rang in jeder Chronologiedebatte einzuräumen. Doch da- zu sind Historiker – aus guten Gründen – in der Regel nicht bereit. Die Unzufriedenheit speist sich aus dem Maß und der Art der Unzuverläs- sigkeit, die C14-Daten anhaftet. Der Historiker will Daten verfeinern. Mit der C14-Methode werden dagegen auf unnachvollziehbare Weise Daten unter- schiedlichsten Alters erzeugt, die somit keinen Entscheidungscharakter haben können, sondern nur einen durch mehr oder weniger mühselige Detailbetrach- tungen gewonnenen Hinweischarakter – oftmals nahe der Indifferenz oder be- reits in sich widersprüchlich. Solange die genaue chronologische Plazierung als »zulässiges archäologisches Ziel« verstanden wird [Shott 1992], muß die Tatsache, daß 33% [Lewis 1985, 217] bis 50% [Hassan 1989, 57; Ogden 1977, 173] al- ler C14-Daten abgewiesen werden, als »Abstimmung mit den Füßen« gegen die C14-Methode angesehen werden. Es ist hauptsächlich der außerordentli- che Respekt der Geisteswissenschaftler vor der Naturwissenschaft als Gan- zem, der trotz dieses sprachlos bleibenden Mißtrauensvotums die »Abwahl« der C14-Methode verhindert., 48 C14-Crash, 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 49 2.1 Es geht um Kopf und Kragen Die in dem Bild zusammengefaßten 20 C14-Daten stammen vom Fundort »Chil- ders« in Nord-Ost-Amerika, der der sogenannten »Late Woodland« Periode zu- geordnet wird. Die Chronologie dieser Periode überstreicht nach Ansicht der Archäologen den Zeitraum von 400 - 800 AD. Ein wesentliches Merkmal der ihr zugerechneten Besiedlungen sei deren generell kurze Dauer zwischen wenigen Jahren bis wenigen Jahrzehnten. So wird seitens der Archäologen dem hier be- trachteten Fundort »Childers« lediglich eine Besiedelungslänge von 15 Jahren zu- gestanden [Shott 1992, 208]. Die C14-Daten spannen jedoch einen Zeitraum von knapp 1.400 Jahren auf. Eine einfache Mittelwertbildung ist hier völlig ausge- schlossen. Der allgemein erratische Trend resultiert teilweise aus einer systema- tischen Abweichung zwischen den Labors. Auf für andere Fundorte spiegeln die jeweiligen C14-Daten die Schlußfolge- rungen der Archäologen über die kurzen Besiedlungsdauern nicht wieder. So er- brachte beispielsweise der Fundort »Leonhard Haag« C14-Daten von 1300 - 1910 BP und der Fundort »Turpin and Sand Ridge« solche von 1140 - 1775 BP bzw. 1135 - 1510 BP (jeweils unkalibriert). Oftmals ergeben die C14-Daten für die einzelnen, kurzbesiedelten Plätze längere Zeiträume als der, der für die ge- samte Periode angesetzt wird. C14-Daten können zur Chronologie dieser Be- siedlungen nichts Konstruktives beitragen. Nichtsdestotrotz bemühen sich einige Archäologen – wie etwa M.J. Shott für den »single episode« Fundort »Childers« – notdürftigste Ordnung in den Meß- wertkorpus zu bekommen und sind dabei nahe daran, sich selber um Kopf und Kragen zu argumentieren. M.J. Shott weiß sich mit anderen Kollegen einig, wenn er gleich zu Beginn 40% der Daten als Ausreißer interpretiert, denn ein Drittel bis hin zur Hälfte aller gemessenen C14-Daten finde, so schreibt er, ohnehin kei- ne Akzeptanz bei den »Kunden« der C14-Methode. Nach dieser ersten Bereinigung sortiert er die übrig gebliebenen 12 Daten nach den Labors und entscheidet sich für den Datensatz des Labors der Sout- hern Methodist University, womit er eine Ausreißerrate von 75% erreicht hat. Dieser Datensatz verweist dann nach einer – mit Mühe nur »problematisch« zu 2.1 nennenden – Mittelwertbildung und Kalibrierung auf den Zeitraum von (umge- rechnet) 634 - 684 AD. In einer Zusammenfassung sieht Shott sich erneut genö- tigt, selbst seine sehr rücksichtsvoll begründete und durchgeführte Zurückwei- sung der C14-Daten rechtfertigen zu müssen: Eine Zusammenschau der Daten aus angrenzenden Gebieten sowie die statistischen Ergebnisse nötigen zur ar- chäologischen Schlußfolgerung, daß »eine unkritische Hinnahme aller gegebenen C14-Daten nicht weiterhelfen« könne. Zu der hier einzig richtigen Reaktion, nämlich der grundsätzlichen Ablehnung, kann er sich nicht durchringen., 50 C14-Crash Nur eine Minderheit unter den Historikern würde heute noch der Ein- schätzung G. Daniels folgen, daß »nichts zwischen 1939 und heute von grö- ßerer Tragweite für die Archäologie gewesen sei als die 1949 von Libby be- kanntgegebene Entdeckung der 14C- oder Radiokarbondatierung« [1982, 215]. Und von der C14-Methode als einem »gottgesandten Geschenk für die Ar- chäologen« [Renfrew 1979, 53] zu sprechen, wäre mittlerweile wohl mehr als ein kleines Wagnis. Die meisten Historiker könnten sich allerdings dem DIC- TIONARY OF CONCEPTS IN ARCHAEOLOGY anschließen, welches die C14-Methode als das wichtigste und gebräuchlichste Verfahren zur Absolutdatierung orga- nischer Substanzen beschreibt – sofern andere, unabhängige Methoden mit hinzugezogen werden [Mignon 1993, 76]. So scheint ein Kompromiß gefunden zu sein, wie der Gast am Tische geduldet werden kann, ohne ihm allzuviele Vorrechte einräumen zu müssen: Er kann bleiben als einer unter vielen, der Vorsitz aber bleibt beim Hausherrn. Die Gründe dafür, daß kaum ein Historiker der C14-Methode die Führer- schaft oder gar Entscheidungsgewalt für die schriftlich belegten Epochen zu- gestehen will, sind relativ einheitlich. Es sind vor allem die immer wieder deutlich hervortretenden Diskrepanzen zwischen Datierungen, die mit eige- nen Methoden erstellt werden, und den entsprechenden C14-Daten. Noch schwerwiegender ist jedoch, daß die C14-Daten bereits in sich immer wieder inkonsistent sind. So schwanken zum Beispiel die Daten für Artefakte aus ei- ner Besiedelung von wenigen Jahrzehnten um ca. 1.400 Jahre. Dieses dra- stische Beispiel wird in Bild 2.1 beschrieben (eine ähnliche Situation auch in Bild 7.10 ). Dieses Verrücktspielen, dieser Zufallscharakter der C14-Methode wirkt sich nicht etwa in einer mehr oder weniger großen Streuung um ein wahres Datum aus, sondern so, daß hin und wieder auch zutreffende Daten er- zielt werden. Auf scheinkonsistente C14-Daten innerhalb eines an sich un- brauchbaren Konvoluts kann man immer stoßen, solange dieses umfangreich genug ist. Der Fehler aus der Messung des radioaktiven Zerfalls ist bedeu- tungslos (zumal er technologisch beherrscht wird) gegenüber unbeherrschten Schwankungen – eigentlich müsste man sie Irrläufer nennen – die sich immer wieder in den Werten gleichaltriger archäologischer Proben finden. Im Fol- genden gehen wir kurz auf die Situation in unterschiedlichen historischen Disziplinen ein und werden dort bestätigt finden, daß damit eine Regel und nicht etwa die Ausnahme beschrieben wird. Die ENCYCLOPEDIA OF HUMAN EVOLUTION AND PREHISTORY bezeichnet die C14-Methode zwar als die einzige, die direkt auf fossile menschliche Überre- ste angewendet werden könne, stellt aber zusammenfassend fest, daß »Kno- chen«-Daten oftmals nicht zuverlässig seien [Tattersall et al. 1988, 225; dazu auch, 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 51 Kapitel 8.4.1]. Die Daten an sich gleichaltriger Knochen streuen häufig ohne er- 2.1 Trotz einerAblehnungsquote kennbare Systematik um Jahrtausende. Zugleich schwanken diese aber auch von bis zu 50% al-ler C14-Daten blei- mehr oder weniger systematisch innerhalb verschiedener Bereiche eines ein- ben Historiker derC14-Methode ver- zigen Knochens. bunden. Es ist vorallem der Respekt Im südlichen Teil Chinas kommt es sehr häufig vor, daß Proben mit zu- vor der Naturwis-senschaft im allge- meinen, der die nehmender Schichttiefe ein jüngeres C14-Alter aufweisen [Zhimin 1991, 198]. »Scheidung« ver- hindert. Der Grund hierfür wird in der Kontamination (= »Verunreinigung«) von Zwi- schenschichten gesehen. Altes und aufsteigendes Grundwasser mit C14-frei- em Kalziumkarbonat (CaCO3) ließ oben liegende Schichten weit über das Al- ter der darunter liegenden Schichten hinaus vergreisen – so die Erklärung. Die Datierung von Muscheln sei sogar landesweit abzulehnen, da diese all- zuoft in C14-verarmten Gewässern entstanden seien. Im Zusammenhang mit der Absolutchronologie der legendären Geschichte Chinas kritisiert A. Zhi- min die Unsitte, nur jene C14-Daten zu verwenden, die die favorisierte Versi- on unterstützen [1991]. Das Problem der Inversion des C14-Alters kennt die Archäologie auch aus anderen Zusammenhängen, in denen von Kontamination aber nicht ausge- gangen werden kann. Für bronzezeitliche Hausbauten im bosnischen Feudvar mußte für eine stratigraphisch als eindeutig jünger einzustufende Schicht ein um ca. 100 Jahre älteres C14-Datum hingenommen werden. Angesichts auch hier erkannter enormer Streuungen bei nahezu gleichaltrigen Funden – über 500 Jahre Streuung für Funde, die nicht mehr als 30 Jahre auseinander liegen sollten –, können solche Inversionen nicht mehr als Besonderheit bezeichnet werden (zusammenfassend Heske [1994]). Während ursprünglich eine ent- scheidende Unterstützung von der C14-Methode für die Feindatierung der Funde in Feudvar erwartet worden war, beschränkten sich die Forscher am Ende auf die Empfehlung, es bei einer Hilfe zur Grunddatierung zu belassen – eine verkappte Bankrotterklärung. Wo schon mehrere Forschergenerationen die Grunddatierungen nicht mehr angerührt haben und der Fokus auf Details gerichtet ist, wie etwa in der Chronologie Altägyptens, mag man der C14-Methode im allgemeinen gar keinen Wert beimessen. Bereits 1970 hatte I.E.S. Edwards während eines Symposiums über den »Einfluß der Naturwissenschaft auf die Archäologie« recht süffisant fragen können, ob es im Falle der Ägyptologie nicht angemes- sener sei, die umgekehrte Richtung zu diskutieren? Schließlich könne die Ägyptologie auf das Jahrzehnt genau datieren und damit auch der C14-Chro- nologie jene Sicherheit verschaffen, von der diese offenbar noch weit entfernt sei [Edwards 1970, 15] (Zur Kritik der Altägyptischen Chronologie siehe Heinsohn/Illig [31999, 20])., 52 C14-Crash Die seinerzeit angeschlagene Reputation der C14-Methode schien sich bald darauf durch das Angebot global anwendbarer Kalibrierkurven aufgebes- sert zu haben. Doch für das Alte Reich Ägyptens klaffen auch nach Ein- führung der »Hochpräzisionskalibrierung« zwischen der historischen und der C14-Datierung im Mittel fast 400 Jahre [Haas et al. 1987]. Versuche einzelner Historiker, ihre Kollegen von der Notwendigkeit zur Korrektur der traditio- nellen Chronologie zu überzeugen, schlugen fehl [Mellaart 1979]. Am Ende zog sich die Ägyptologie recht elegant aus der Affäre: Die eigenen Datierungsun- sicherheiten seien kleiner als der Mindestfehler der C14-Methode und damit müsse die Methode selber als nutzlos erkannt werden [Kitchen 1991, 204]. Es gibt also zahlreiche Probleme bei der Verwendung von C14-Daten: Ei- ne Streuung der C14-Daten in unrealistischer Höhe, Probentypen, die grund- sätzlich problematisch sind, es gibt Kontaminationen, Inversionen und infolge dieser ganzen Probleme eine zu hohe Datierungsunsicherheit. Welche Verfah- ren werden den Historikern empfohlen, um trotz dieser Probleme dennoch zu allgemein akzeptierten C14-Daten zu kommen? 2.2 ... und wie man sich arrangiert Die archäologisch und historisch-methodisch orientierte Literatur bemüht sich natürlich, ihre Leser über die möglichen Ursachen für Diskrepanzen, die bei C14-Datierungen zu erwarten sind, zu informieren. Dabei kristallisiert sich ein fundamentales Mißverständnis heraus, das entscheidenden Anteil daran hat, daß die C14-Methode immun gegenüber der Kritik aus den Reihen der Historiker bleiben kann. Im REALLEXIKON DER GERMANISCHEN ALTERTUMSKUNDE wird ein irreführen- der Zusammenhang zwischen dem »±-Fehler« bei der Radioaktivitätsmessung einerseits und der statistischen Sicherheit für das angegebene C14-Alter ande- rerseits hergestellt: »Bei den normalen ±-Werten liegt das gesuchte Datum mit ca. 80% Wahrscheinlichkeit1 im angegebenen Bereich. Mit ca. 20% Wahrscheinlichkeit liegt es nicht darin. Deshalb sind immer von einer Stelle mehrere Proben nötig, um statistische Sicherheit zu erreichen« [Hoops 1981, 631]. Diese Forderung ist unbegründet und grob irreführend, denn tatsächlich kann der ±-Fehler aus der Radioaktivitätsmessung durch eine entsprechend lange Messung so klein gemacht werden, daß auch eine Feindatierung mit ei- nem Fehler von wenigen Jahren möglich wird (siehe dazu Bild 7.2 ). Das zen- 1 Richtig – in diesem Zusammenhang aber unwesentlich – ist ein Wert von rund 70%., 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 53 trale Problem der C14-Methode liegt gar nicht in diesem ±-Fehler aus der Ra- 2.2 Ein wesentli-ches Motiv für das dioaktivitätsmessung, sondern in der Tatsache, daß die C14-Daten zweier Mißtrauen der Hi-storiker gegenüber oder mehrerer vergesellschafteter, gleichaltriger Proben trotz hochgenauer der C14-Methodeerwächst aus den Messung in der Regel viel zu weit auseinander liegen. De facto wird diese immer wiederdeutlich hervortre- chaotische Streuung nur allzu gerne mit dem »naturgegebenen« zufälligen tenden Diskrepan-zen zwischen Da- tierungen, die mit Fehler bei der Messung einer C14-Aktivität verwechselt und durch die Aus- ihren eigenen Me- thoden erstellt wertung mehrerer Messungen ungerechtfertigterweise gesund interpretiert. werden, und den entsprechenden Die Erkenntnis, das eine isolierte C14-Datierung noch gar nichts aussagt, C14-Daten. wurde mit dem bekannten Satz »one date is no date« auf den Punkt gebracht. Diese Erkenntnis birgt genau genommen Sprengstoff für die C14-Methode, und dieser Sprengstoff ist in ihrem Zentrum angebracht! Der Ausspruch (»ei- ne Datierung ist keine Datierung«) geht auf M.J. Aitken zurück [Aitken 1990, 95]. Ihm zufolge könne einem vereinzelten Datum keine chronologische Aus- sagekraft zugesprochen werden, weil die Probe während der Zeit ihrer Lage- rung aber auch durch ihre Behandlung im Labor zahllose unrekonstruierbare und deswegen unkorrigierbare Einwirkungen erfahren habe. Aitken zielte da- mit ausdrücklich nicht auf »Ausrutscher«, die jedem Labor passieren können, sondern auf den Normalfall. Diese allseits erhobene Forderung nach mehreren Proben von einer Stelle beinhaltet das Eingeständnis, daß das für die Anwendung der C14-Methode unverzichtbare »Simultanitätsprinzip«, nach dem gleichaltrige Proben dassel- be C14-Alter aufweisen müssen, nicht gilt (dazu die Bilder 4.4-6 ): Ohne gül- tiges Simultanitätsprinzip wäre eine Kalibrierung sinnlos, da die Unsicherheit des kalibrierten Alters so groß wäre wie die Streuung in den C14-Daten gleichaltriger Proben. Und diese können, wie wir gesehen haben, sogar in der Größenordnung eines Jahrtausends liegen. Doch da die heute gebräuchlichen Kalibrierkurven nur unter Anwendung dieses Prinzips konstruiert werden konnten, muß ihre Verwendung grundsätzlich in die Irre führen. Dieser Sach- verhalt blieb trotz der beunruhigenden Hinweise, die die C14-Wissenschaftler aus den chaotisch streuenden Daten von Anfang an hätten entnehmen müssen, bis heute unverstanden und unbeachtet, weil sie fest an die Erstellbarkeit ei- nes solchen präzisen Vergleichsmaßstabes geglaubt haben. Kommen wir kurz auf die Interpretation des ±-Fehlers zurück. Die statisti- sche Sicherheit für eine Messung, die sich in diesem Fehler ausdrückt, hängt allein von der Länge der Messung bzw. von der Menge der dabei gezählten Zerfallsereignisse ab. Je länger gemessen bzw. je mehr gezählt wurde, desto kleiner ist automatisch auch der anzugebende ±-Fehler. Je länger also Proben mit gleicher C14-Aktivität gemessen werden, desto ähnlicher müssen die Er- gebnisse am Ende auch werden. Wenn das Simultanitätsprinzip Gültigkeit be-, 54 C14-Crash säße, reichte es völlig aus, eine einzige Probe ausreichend lange zu messen. Es bestünde dann Sicherheit, daß alle anderen Proben bei entsprechend lan- ger Meßzeit dasselbe Ergebnis erbringen würden. Doch die allseits empfohle- ne mehrfache Probennahme von einer Stelle rührt ausschließlich aus der Er- fahrung, daß die Messungen – auch bei jeweils längster Dauer – zu signifi- kant unterschiedlichen Ergebnissen führen, selbst wenn alle rekonstruierbaren Einflüsse auf die C14-Konzentration in der Probe, die nicht den radioaktiven Zerfall betreffen, »herauskorrigiert«2 worden sind: Gleichaltrige Proben wei- sen auch unter idealen Bedingungen signifikant unterschiedliche C14-Alter auf. Solange Historiker solche Probenensembles nicht als Beweis der Unzu- länglichkeit der angetragenen Hilfswissenschaft zurückweisen, sondern die entsprechenden Mittelwerte in der unbegründeten Hoffnung übernehmen, auf diese Weise dem »wahren« Wert näher zu kommen, solange gewähren sie ei- nem totkranken Patienten permanente Akuthilfe. In diesem Zusammenhang wurde seitens der C14-Wissenschaft durchaus konstruktive Kritik an archäo- logischen Verfahren zur Feststellung der Gleichzeitigkeit (»coevalness«) von Proben geübt und wertvolle Hinweise gegeben, wie allfällige Mißverständnis- se vermieden werden können. Diese drohen zum Beispiel bei der Beurteilung dickerer Hölzer, deren C14-Datum durch länger zurückliegendes Abholzen, oder durch die Verwen- dung des »alten« Kerns oder auch durch Wiederverwendung erheblich von dem eigentlich zu datierenden Ereignis abweichen kann. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, daß sich die C14-Methode letzten Endes dem Urteil des Archäologen beugen muß, solange sie als Hilfswissenschaft dienen möch- te. Die Verantwortung des Archäologen im Zusammenhang mit der C14-Da- tierung wird nicht nur darin gesehen, daß er die Zusammengehörigkeit bzw. Abfolge seiner Proben ausreichend exakt analysieren und dokumentieren muß (vergleiche dazu Kapitel 8.4). Er soll zu der Qualität der C14-Daten auch di- rekt beitragen, indem er sich auf die »richtigen« Proben konzentriert, oder besser: indem er die mit der Fundlage verbundenen Probleme richtig ein- 2 Versuche, die zurückliegenden Einflüsse auf die C14-Konzentration in der Probe quantitativ in den Griff zu bekommen, werden im Sprachgebrauch »Korrektur« genannt. Daß diese Einflüsse vorhanden sind und starke Auswirkungen auf die Altersbestimmung haben, wird nicht bestritten. Daß die »Korrekturen« oftmals vage ausfallen müssen und selber mit einem gehörigen Fehler verbunden sind, wird dagegen im Eifer des Gefechtes nur allzu gerne übersehen. Im Kapitel 8 unternehmen wir den Versuch, die Größenordnung des aus diesen »Korrekturen« erwachsenden Fehlers, der den reinen Meßfehler um ein Vielfaches übersteigt, zu bestimmen., 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 55 schätzt und Proben vermeidet, die erfahrungsgemäß besonders hohe Kontami- 2.3 Die dringendeForderung der nationen aufweisen können: Kontamination durch Grundwasser, durch vulka- C14-Methode nachmehrfacher Pro- nische Asche oder Gase, durch zweifelhafte, nicht abtrennbare Beimischun- bennahme istgleichbedeutend gen sonstiger organischer Substanzen wie Wurzeln oder Mikroorganismen. mit dem Einge-ständnis, daß das Ebenso sollte er jene Probenarten kennen und gegebenenfalls vermeiden, die Simultanitätsprin-zip, das über den Fortbestand der aus Gründen des inneren Aufbaus zu unterschiedlicher Einlagerung von C14 C14-Methode ent- scheidet, falsch neigen. Hier sind insbesondere Knochen zu nennen. Aber so oder so sind dem ist. Ausgräber Grenzen gesetzt, die er nicht überschreiten kann. Und da, wie wir festgestellt haben, zwangsläufig inkonsistente Daten erzeugt werden, muß er sich Rechenschaft ablegen, ob er diese Methode überhaupt verwenden darf oder nicht. Der Archäologe sieht sich in der Mitverantwortung für das Datierungser- gebnis, wenn es um die Probennahme und -lokalisierung geht. Mit der letzten und an sich heikelsten Korrektur, der Kalibrierung, wähnt er sich dagegen endlich auf der sicheren Seite, da diese angeblich nur ein »rein technisches Problem« darstelle [Shott 1992, 203]. Bei einer Kalibrierung wird das gewonne- ne C14-Datum mit einer kompletten Chronologie der atmosphärischen C14- Konzentration abgeglichen. Dadurch kann theoretisch der oder auch die Zeit- punkte in der Vergangenheit bestimmt werden, an dem Probe und Atmosphä- re dieselbe C14-Konzentration aufwiesen (vergleiche den Abschnitt 1.5 in dem einführenden 1. Kapitel und zur Beschreibung des Verfahrens auch die Bilder 7.1 und 9.1 ). Soweit der rein technische Teil des Vorgangs. Sollten die C14-Daten gleichaltriger Proben jedoch grundsätzlich einer chaotischen Streuung unterliegen, dann gäbe es keine eindeutige Kalibrierkurve mehr. Zu- gleich wäre die entscheidende Voraussetzung der C14-Methode verloren – das Simultanitätsprinzip, welches besagt, daß gleichaltrige Proben dasselbe C14-Datum haben müssen. Wir werden zeigen, daß die zur Benutzung freigegebenen Kalibrierkurven auf chaotisch streuenden Meßdaten beruhen und unter Ausnutzung dieser Streubreite in eine bestimmte Richtung getrieben worden sind, eine Richtung, die nicht von der Gesamtheit der vorliegenden Fakten bestimmt wurde, son- dern von einem krassen Vorurteil über die Ursachen von Naturprozessen3. Dieses Vorurteil beruht auf dem Prinzip des Uniformitarismus, welches be- sagt, daß stationäre Randbedingungen für alle Naturprozesse herrschen. Dar- aus leitete man ab, daß diese auf Dauer einen gleichmäßigen Verlauf nehmen werden (»eingeschwungener Zustand«). Auf die C14-Methode angewendet 3 Heute gehen wir davon aus, daß nicht nur die Richtung, sondern auch die Länge der sinnvoll verwendbaren Kalibrierkurve vorgegeben wurde. Die Länge ergab sich aus dem »bekannten« Absolutdatum für das Ende der Eiszeit vor rund 10.000 Jahren., 56 C14-Crash 2.2 Irrtum und Chaos Ursprünglich wurde jedes C14-Datum wie die Position eines Wanderers be- trachtet, der mit bekannter Geschwindigkeit lief und dessen Abstand zum Start- punkt der Zeit entsprach, die seit dem Startschuß verstrichen war. Dann stellte sich heraus, daß nacheinander antretende Wanderer sich nicht an demselben Startpunkt aufgestellt hatten. Deshalb durfte aus einer spätereren Position nicht auf den Zeitpunkt des Startes zurückgeschlossen werden. Mit folgendem Modell sollten diese »Startfehler« kompensiert werden: Ein Kalibrierläufer hätte auf dem Weg zusätzlich noch eine Stange zu balancieren, die er durch Beschleunigungen und Abbremsungen im Gleichgewicht halten müsse. Damit sollten sämtliche Läufe mit konstanter Geschwindigkeit, aber unterschied- lichen Startpunkten in einen einzigen Lauf mit variabler Geschwindigkeit umge- wandelt werden. Immer wieder beschleunigte der Kalibrierläufer auf ein Vielfa- ches der »normalen« Geschwindigkeit, um danach mit beinahe derselben hohen Geschwindigkeit wieder rückwärts zu sprinten. Trotz dieser Eskapaden folgte er zu keiner Zeit bevorzugt einer Richtung, sondern blieb trotz aller erratisch er- scheinenden Sprints stets »brav« in der Nähe eines mit ihm gleichzeitig gestarte- ten, gemächlich voranschreitenden Idealwanderers. Ein Reporter, der ohne Kenntnisse der Spielregeln diesen merkwürdigen Lauf zu kommentieren hätte, könnte anfangs gar nicht auf die Idee kommen, daß der hin- und herflitzende Läufer und der gemütlich dahingehende Wanderer am weit, weit entfernten Ziel nur 10% auseinander liegen würden. Er wäre im Laufe der Zeit allerdings immer sicherer geworden, daß der vielfach schnellere Läufer den Stock offenbar gerade so handhaben sollte, daß sich die vorwärts- und rück- wärtstreibenden Effekte permanent fast aufhoben und er folglich nur mit dem vergleichsweisen Schneckentempo des Wanderers vorankam. Sein Fazit wäre ge- wesen, daß die Aufgabe des schnellen Läufers darin bestanden habe, dem Wan- derer zu folgen. Die Laufgeschwindigkeit des Wanderers steht für die Zerfallsrate von C14, und die des Läufers steht für eine Überlagerung zwischen überschüssiger Pro- duktion und Diffusion einerseits und dem Zerfall andererseits. Produktion und Diffusion sind de facto einzeln jeweils um Größenordnungen stärker als der Zer- fall. Der Parcour des Läufers hat mit dem des Wanderers effektiv nichts zu tun, so daß die bekannten Kalibrierkurven aus den einzeln vorliegenden Phasen falsch »zusammengeschnitten« erscheinen, und zwar auf eine Weise, daß der Parcour des »Kalibrierläufers« dem des »Idealwanderers« möglichst ähnlich blieb. Die Prozesse, die mit Produktion und Diffusion verbunden sind, grinsen jedoch in »wilder Natur« einem noch an Frieden und Gleichförmigkeit glaubenden Zu- schauer ins Gesicht ..., 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 57 könnte man von einem seit langer Zeit konstantem C14/C12-Verhältnis in der 2.4 Die Geschichteder Erstellung der Atmosphäre ausgehen. Eine korrekte Interpretation der C14-Daten aus den Kalibrierkurven isteine Geschichte einzelnen Abschnitten der fraglichen Kalibrierkurven beweist ein Maß an Un- der Verdrängungvon Meßergebnis- gleichgewicht in den relevanten Randbedingungen, welches niemals in Be- sen, die sowohlauf räumliche als tracht gezogen wurde, obwohl es das Vorgehen beim Erstellen der Kalibrier- auch auf meßtech-nisch bedingte Streuungen ver- kurven ad absurdum führt. wiesen und das Projekt damit un- Die Geschichte der Erstellung der Kalibrierkurven ist eine Geschichte der mittelbar in Frage gestellt hätten. Verdrängung von Meßergebnissen. Diese Meßergebnisse verwiesen auf räumlich und/oder meßtechnisch bedingte Streuungen, die das Projekt »Kali- brierung« unmittelbar hätten in Frage stellen müssen. Es mag bitter sein, daß ausgerechnet die Historiker, denen doch die C14-Forscher mit ihrer Methode helfen wollten, ihnen nun anhand der Geschichte der C14-Forschung nach- weisen müssen, daß die Kalibriertechnik auf einem Zirkelschluß beruht und unbrauchbar ist (siehe dazu auch Textbox 2.2 ). Im nächsten Kapitel beschrei- ben wir diese Geschichte. 2.3 Chronik einer Kumpanei Der Historiker, der durch die regelmäßig disparaten C14-Daten für seine er- grabenen Funde sensibilisiert ist, wird hinsichtlich der schlußendlich anzu- bringenden Kalibrierung eine wesentliche Frage stellen müssen: Streuten die C14-Daten der archäologischen Funde, mit denen die Kalibrierkurve erstellt wurde, genauso hoch wie seine eigenen Proben? Diese Frage geht an die C14-vermessenen und dendrochronologisch synchronisierten Baumringse- quenzen, die heutzutage einzig und allein als angeblich jahrgenaue Kalibrier- maßstäbe zur Verfügung stehen. (Die Arbeitsweise der Dendrochronologie ist in den einführenden Kapiteln 1.6 und 1.7 beschrieben.) 2.2 Der Historiker wird natürlich eine Versicherung haben wollen, daß C14- Daten für gleichaltrige Bäume grundsätzlich geringer streuen, als er bei sei- nen eigenen Proben immer wieder hinzunehmen gezwungen ist. Nur dann gibt es eine Berechtigung, C14-Daten – sofern sie überhaupt in sich konsi- stent sind – zu kalibrieren und damit als Absolutdaten anzusprechen. Streuten hingegen die C14-Daten von Baumringen, die nach dendrochronologischen Kriterien als gleichaltrig erkannt worden sind, in ähnlicher Weise wie sonsti- ge, ebenfalls als gleichaltrig erkannte archäologische Proben [Törnqvist/Bierkens 1994, 11], dann läge nach der Kalibrierung eine summarische Datierungsunsi- cherheit vor, die in aller Regel in der Größenordnung eines Jahrtausends lie- gen würde. (Wir zeigen in Kapitel 8 im Detail, daß die Summe der Fehler aus routinemäßig vorzunehmenden Korrekturen auch bei größter Sorgfalt in der, 58 C14-Crash, 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 59 2.3 Die Bestandteile der Bristlecone-Pine-Chronologie Mit Hilfe der Bristlecone-Pine-Chronologie (1969) wurde Anfang der siebziger Jahre die »Zweite Radiokarbonrevolution« ausgelöst und zugleich ein radiometri- sches Vorbild für die Europäischen Eichenchronologien kreiert. " Bild oben: Das obere Diagramm zeigt die Zeitintervalle, die von jeder ver- wendeten Baumringsequenz repräsentiert werden; das mittlere Diagramm gibt die jeweilige Belegdichte in Form eines Histogramms wieder und das un- tere Diagramm veranschaulicht die tatsächliche Zahl der ausgewerteten Bohrkerne in 200-Jahres-Intervallen [nach Ferguson 1969, 11]. Für die jüng- sten 1.000 Jahre wurden kurze Sequenzen von E. Schulman übernommen. Ergänzend zu der nebenstehend im Text vorgenommenen Analyse sei hier erwähnt, daß nicht mit einem, sondern mit mehreren, teils unterschiedlich langen Bohrkernen aus einem Baum gearbeitet wurde. ! Bildpaar Mitte: Der Ausschnitt a) gibt eine Abfolge ausgeglichener, nahezu ununterscheidbarer (»complacent«) Ringdicken wieder, der Ausschnitt b) da- gegen eine Abfolge bedingt abwechslungsreicher Ringdicken [nach Ferguson 1968, 843]. Der Signifikanzgrad der Wuchswertfolgen steigt erst, wenn die mittlere Ringdicke sinkt und die Zahl der Fehlringe zunimmt [Fritts 1966, 974], womit verbunden ist, daß die Meßgenauigkeit sinkt und die Unsicher- heit aus dem Auftreten von Fehlringen zugleich wächst. ! Bild unten: Es wird die »Pine Alpha« (oben) mit der Bristlecone-Pine-Master- Chronologie verglichen (unten). Es geht um die Systematik der Einfügung vermuteter Fehlringe zur Erlangung dendrochronologischer Synchronität. H.C. Sorensen, der diesen Plot von Ferguson erhalten hatte, konnte nicht angeben, ob die »eingekreisten« Ringe hier bereits zugefügt oder etwa bei anderen Sequenzen als Fehlringe identifiziert worden waren. Ohne Fehlringe würde auch diese Sequenz in dendrochronologischer Hinsicht indifferent ge- genüber anderen Ringsequenzen werden [nach Sorensen 1973, 18]. Die Bristlecone-Pine-Chronologie ist ein klassischer Fall von Amnesie betreffs der Genese einer umfassend im Gebrauch befindlichen Theorie. Die meisten 2.3 Fachleute wissen, daß diese Baumring-Chronologie die erste allgemein aner- kannte Kalibrierkurve für C14-Daten darstellte, auf deren Konto erhebliche Chronologierevisionen für die europäische Früh- und Vorgeschichte ging. Weit weniger geläufig ist, daß sich die europäischen Dendrochronologen über »wiggle- matching« mit dieser Chronologie tentative Absolutdaten für ihre schwimmen- den Baumringsequenzen verschafften, weil sie anders nicht mehr vorankamen. Niemand hat sich dagegen bis heute der Mühe unterzogen, die Tragfähigkeit die- ser Chronologie eingehend zu untersuchen und – für den Fall eines negativen Urteils über sie – die eventuellen Folgen für die an ihr ausgerichteten C14-Chro- nologien zu untersuchen. Obwohl heutzutage offenbar kein einziger Dendro- chronologe mehr seine Hand für diese erste komplette Baumringchronologie ins Feuer legen würde (bemerkenswert die Zurückhaltung bei P.W. Dunwiddie [1979]), ist gleichwohl ihre radiometrische Struktur in allen heute gebräuchli- chen Kalibriermaßstäben wiederzufinden., 60 C14-Crash Routine zu einer Datierungsunsicherheit von im Mittel ± 300 Jahren führen wird. Einen Überblick gibt die Tabelle 8.14 ). Es ist bekannt, daß in den sechziger Jahren Kritik an der C14-Methode laut wurde, u.a. weil die C14-Daten für altägyptische Funde, die der Zeit vor 2.000 BC zugeordnet wurden, zunehmend von der akzeptierten Chronologie abwichen [Smith 1964]. Ihr angeschlagenes Image konnte die C14-Wissenschaft erst wieder aufbessern, als C.W. Ferguson 1969 die weltweit erste vollständi- ge Baumringsequenz präsentierte – die kalifornische Bristlecone-Pine-Chro- nologie (Bild 2.3 ) –, die mit einer Länge von rund 7.000 Jahren weit in den vorgeschichtlichen Zeitraum vordrang. Eines der vordringlichsten Ziele Fergusons war es, den C14-Wissen- schaftlern eine Chronologie des Verlaufs der atmosphärischen C14-Kon- zentration an die Hand zu geben [Ferguson 1969, 12]. Damit sollten diese ihre C14-Daten in ein Absolutdatum umwandeln können. Da mit den »kalibrier- ten« C14-Daten Anfang der siebziger Jahre ganz erhebliche Verwerfungen in verschiedenen historischen Chronologien ausgelöst worden sind, ist es ange- zeigt, die Entstehung dieser Baumringchronologie im Hinblick auf unsere Frage zu analysieren, ob denn systematisch untersucht wurde, wie groß die Streuung der C14-Daten gleichaltriger Baumringe eigentlich gewesen ist. Wir können folgende Randbedingungen für die Entstehung der Bristlecone-Pine- Chronologie rekonstruieren: ! Die Baumproben stammen von einer äußerst seltenen, nur in einem einzi- gen begrenzten Gebiet Kaliforniens wachsenden Spezies und sind niemals in Vergesellschaftung mit sonstigen archäologisch datierbaren Proben ge- funden worden [Enc.Brit 1997]. ! Die Baumproben wurden offenbar größtenteils an der Erdoberfläche ge- sammelt [Ferguson 1969, 6]. Es wurde nicht diskutiert, warum während der fraglichen 7.000 Jahre kein einziges Feuer zur Zerstörung der ausgetrock- neten Hölzer geführt haben sollte. ! Die C14-Daten verschiedener Bohrkerne ein und desselben Baumes wur- den nicht verglichen [Ferguson 1970a, 247]. ! Die C14-Daten der Bohrkerne unterschiedlicher Bäume wurden als Aus- gangsbasis zur dendrochronologischen Synchronisierung, also zur Vorda- tierung der fraglichen Sequenzen verwendet [Ferguson 1968, 845]. ! Den drei für Ferguson arbeitenden C14-Labors wurden die anderen La- bors als »sorgfältiger arbeitend« gegenübergestellt [Clark 1979, 53]. ! Es wurde davon ausgegangen, daß der Trend der zu erstellenden Kali- brierkurve nur wenig von der Gestalt abweichen würde, die unter stationä-, 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 61 ren Verhältnissen als Winkelhalbierende zu erwarten wäre: »natura non facit saltum« [Suess/Linick 1990, 406]. ! Die Ringbreiten dieser Baumart waren teilweise extrem gering – z.B. 1.100 Jahrringe auf knapp 13 Millimeter [Ferguson 1969, 7] – und die Sensi- tivität von rund der Hälfte der verwendeten Sequenzen so niedrig, daß diese an nahezu jeder Stelle in der Chronologie mit gleicher Wahrschein- lichkeit gepasst hätten [Sorensen 1973, 17]. ! Es kann eine Kopplung zwischen der Abfolge der Ringbreiten und der C14-Aktivität und damit der Sonnenaktivität festgestellt werden [Sonett/Su- ess 1984]. Die Periodizität der Sonnenaktivität muß zu dendrochronologi- schen Scheinsynchronitäten führen. ! Die komplette Erstellung der Baumringchronologie gelang erst, als man systematisch zu Exemplaren überging, denen man eine erhöhte Neigung zu Fehlringen4 – bis 5%, teilweise bis zu 10%- unterstellen zu können meinte [Ferguson 1969, 7; Sorensen 1973, 17]. ! Das Ausmaß an Fehlringen wurde auch danach beurteilt, wieweit die ab- gezählten Ringe der vorliegenden Sequenzen »zu alt« waren, d.h. wie weit die aus ihnen direkt ablesbare Kalibrierkurve von der Geraden abwich, die für allzeit stationäre Verhältnisse stand [Suess 1965]. Durch Einfügen ent- sprechender Fehlringe konnten die »wahren« Verhältnisse also wiederher- gestellt werden. ! Die immer wieder als Unterstützung ins Feld geführte Chronologie von V.C. LaMarche und T.P. Harlan [1973] konnte gar nicht in Ansatz gebracht werden, da sie aus einem andersartigen Wachstumsgebiet stammte und mithin keine signifikante dendrochronologische Korrelation aufweisen konnte [Ferguson 1979, 209]. In diesem Stadium der historischen Rekonstruktion der Entstehung der C14- Kalibrierkurven müssen folgende drei Feststellungen gemacht werden: 4 H.C. Sorensen, einer der wenigen Kritiker der Bristlecone-Pine-Chronologie, hatte mehrere persönliche Gespräche mit C.W. Ferguson geführt und von diesem erfahren, daß nicht nur 5% (wie 1969 veröffentlicht), sondern sogar bis zu 10% »missing rings« für einen Bohrkern festzustellen waren [Sorensen 1973, 17]. Da an einem Bohrkern keine Platzkarte hängt, die die Synchronität zu Bohrkernen anderer Bäume verrät, entpuppen sich diese »missing rings« als Flickzeug zur Ermöglichung der dendrochronologischen Synchronisierung. Sorensen betonte in einem entsprechenden Artikel [Sorensen 1973, 18], daß die Signifikanz von C14-plazierten Ringsequenzen erst durch Einfügen von »vermißten« Ringen an der »richtigen« Stelle ausreichend angehoben werden konnte., 62 C14-Crash, 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 63 2.4 Der Skandal von Uppsala Wir betrachten die Nichtbeachtung und Verdrängung der von H.S. Jansen 1962 und erneut 1969 vorgelegten Meßergebnisse an einem neuseeländischen Kauri- Baum als den »Skandal von Uppsala«. Jansens Meßergebnisse standen in funda- mentalem Widerspruch zu der allgemein »gepushten« Bristlecone-Pine-Chrono- logie, die wenige Jahre später die Plattform für die »Zweite Radiokarbonrevoluti- on« bilden sollte. Die C14-Weltgemeinde war 1969 in Uppsala zu dem 12. No- bel-Symposium zusammengetreten, um darüber zu befinden, wie zuverlässige Absolutdatierungen angesichts allfälliger C14-Konzentrationsschwankungen zu- künftig möglich sein könnten. Der Titel des Symposiums machte die Zielsetzung deutlich: »Radiocarbon Variations and Absolute Chronology«. Auch Historiker nahmen die dort erzielten Ergebnisse sehr genau zur Kenntnis und erwarteten Lösungen angesichts der angesammelten Probleme. Es wäre also dringendst angezeigt gewesen, die Bristlecone-Pine-Chronologie eingehend zu verifizieren, ehe man zur Kalibrier-Tagesordnung übergehen konn- te, denn diese war für die jüngsten 1.000 Jahre im Gegensatz zum Kauri-Baum aus Einzelsequenzen errichtet worden (vergleiche Bild 2.3 ) und zeigte für diese Zeit den Trend einer quasi-konstanten C14-Konzentration. Selbst wenn die Bristlecone-Pine-Chronologie einer Überprüfung standgehalten hätte, wäre auf jeden Fall das Simultanitätsprinzip in Frage gestellt und damit der – im übrigen schon längst beschrittene – Weg zum »wiggle-matchen« mit den europäischen Eichenchronologien vorerst verbaut gewesen. Nichts dergleichen geschah aber. Wie sicher man sich der Quasikonstanz der atmosphärischen C14-Konzentration war, zeigt auch das Beispiel der Sequoia sempervivens, die hinsichtlich der C14-Aktivität dieselbe Tendenz wie der Kauri- Baum aufweist und deshalb schlicht unter dem Verdacht stand, entsprechend viele Fehlringe zu produzieren, nämlich zwischen 10 und 20% [Suess 1965, 5938]. Aber sogar rund 50% Fehlringe wären für den Kauri-Baum in Ansatz zu bringen gewesen, um Amerika und Neuseeland miteinander zu »versöhnen«. Da der Kauri-Baum aber eher zur Ausbildung von Doppelringen neigt, war mit die- sem Argument nichts auszurichten. Vielleicht machte die Bristlecone Pine nur 2.4 deshalb Furore, weil das Diffusionsverhalten von C14 innerhalb dieses Baumes [dazu auch Long et al. 1979] zufällig zu Verhältnissen führt, die eine Quasikon- stanz der atmosphärischen C14-Konzentration vorspiegelt. Der Anstieg der hier abgebildeten Kurve weist auf eine ständige 50%-Über- produktion von C14 gegenüber dem radioaktiven Zerfall hin. Um diese durch- gängige Tendenz hervorzuheben, wurde das Fällungsjahr im Gegensatz zum den- drochronologischen Befund ungefähr auf das gegenwärtige Jahr gesetzt. Das Bild unten zeigt einen Vergleich der C14-Daten aus unterschiedlichen Baumringse- quenzen, die der Historiker W. Shawcross 1969 in der Zeitschrift WORLD AR- CHAEOLOGY veröffentlichte (siehe auch Bild 9.13 ). Bezeichnenderweise war es ein fachfremder Wissenschaftler, der – über die enormen Abweichungen unterein- ander sehr beunruhigt – die »Hausaufgaben« in Angriff nahm, die von der C14- Gemeinde vor jeder Veröffentlichung eines angeblich universell gültigen Kali- briermaßstabes hätten erledigt werden müssen., 64 C14-Crash ! Es wurde ausdrücklich nicht überprüft, ob gleichaltrige Baumringe tat- sächlich das gleiche C14-Alter aufweisen, denn nur dann wäre eine seriö- se Vordatierung mit C14 in Erwägung zu ziehen gewesen. ! Es wurde die Annahme von der Stationarität der atmosphärischen C14- Konzentration, deren Legitimität sich aus dem Aktualismus ableitete, als Leitfaden für Selektion und Plazierung der Baumringsequenzen nach allen Regeln der Kunst ausgeschlachtet. ! Ohne die rigorose Verwendung von C14-Daten zur Vordatierung hätte es keine Baumringchronologie gegeben, die (weltweit als erste) in den vor- geschichtlichen Zeitraum vorstoßen konnte. Einem Historiker wäre es hier erheblich sympathischer gewesen, wenn die fraglichen Holzproben aus urkundlich belegten oder sonstwie historisch da- tierbaren Gebäuden gestammt hätten oder wenn sie wenigstens über die Ver- gesellschaftung mit anderen charakteristischen Funden mit Hilfe typologisch- komparativer Methoden5 vordatierbar gewesen wären. (Auf diese Weise wur- den die Europäischen Eichenchronologien für die jüngsten 1.000 Jahre aufge- baut.) Aber ausgerechnet für diese im Folgenden so bedeutsame Baumring- chronologie waren keinerlei archäologische Anhaltspunkte zu haben. Vielmehr muß der Historiker konstatieren, daß alle Vordatierungen, die für Synchronisierungsversuche auf dendrochronologischer Basis offenbar un- abdingbar gewesen sind, ausschließlich mit der Methode vorgenommen wur- den, die er selber immer wieder als höchst zweifelhaft charakterisieren muß. Im Stillen mag er sich zusätzlich die Frage stellen, ob in seinen Chronologien nicht auch manche Schwierigkeit aus der Welt zu schaffen wäre, wenn ihm ebenfalls ein »Reptilienfonds« von bis zu 10% Fehljahren zur Verfügung ste- hen würde. Auf die eigentliche Frage aber, ob denn wenigstens bei dieser Ge- legenheit eine Ausnahme von der Regel »one date is no date« gegolten habe, bekommt er keine Antwort. Ein hartnäckiger Frager wird in dem Tagungsband, in dem jene Bristle- cone-Pine-Chronologie erstmals einer breiteren Öffentlichkeit als zukünftig gültiger C14-Kalibriermaßstab präsentiert worden war, noch eine weitere Baumringchronologie dokumentiert finden, deren radiometrische Chrakteri- stika einen dunklen Schatten auf die Praktikabilität der C14-Methode warfen. 5 Allgemeines Verfahren zum Auffinden chronologischer Ordnungen unter Einbeziehung von Theorien über kulturelle und technische Evolution sowie über die Diffusionsgeschwindig- keit und -richtung entsprechender Entwicklungsstufen. Die chronologische Ordnung wird sowohl regional als auch in überregionaler Verknüpfung angestrebt und wenn möglich zu einer Absolutchronologie verdichtet., 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 65 Diese Baumringchronologie stammte aus Neuseeland und hatte den Vorteil, 2.5 Die Erstellungder Bristle- aus einem einzigen sehr alt gewordenen Kauri-Baum gewonnen zu sein, wäh- cone-Pine-Chrono-logie basierte auf rend die Bristlecone-Pine-Chronologie gerade in diesem Abschnitt aus relativ der Fixen Idee,daß alle Prozesse kurzen Sequenzen bestand. Die ausgezählten und C14-vermessenen Baum- im Ökosystem»Erde« bis in die ringe erzeugten über ca. 1.000 Jahre einen viel steileren Anstieg der Kali- feinsten Organisa-tionsebenen hinein seit langem schon brierkurve, als von der Bristlecone-Pine-Chronologie selbst ausgewiesen wur- gleichförmig ablaufen. de (vergleiche dazu Bild 2.4 ). Um diese neuseeländische Kurve mit der aus Amerika zur Deckung zu bringen, schien es nur eine Erklärung zu geben: Der Baum hätte im Mittel je- des dritte Jahr bei der Bildung des entsprechenden Jahrringes aussetzen müs- sen [Jansen 1970, 272]. Doch Botaniker wiesen im Gegenteil daraufhin, daß der Kauri-Baum zur Ausbildung von Doppelringen und nicht von Fehlringen nei- ge, wodurch die Diskrepanz tendenziell sogar noch verschärft wurde [Shaw- cross 1969, 192]. H.S. Jansen hatte – vermutlich im Bewußtsein der Brisanz sei- ner Resultate – die hohe Qualität seines Labors mit Baumproben verifiziert, die zuvor von drei verschiedenen europäischen Labors vermessen worden wa- ren. Tatsächlich lagen die Meßwerte aus Neuseeland bereits seit 1962 vor [Jansen 1962] und waren dem Fachpublikum anläßlich des 12. Nobel Symposi- ums im schwedischen Uppsala nur erneut und in unveränderter Form vorge- halten worden. C.W. Ferguson, der ungefähr 1963 in die entscheidende Phase seines Pro- jektes zur Erstellung einer kompletten Baumringchronologie getreten war, wäre eigentlich gezwungen gewesen, sich für seine kalifornischen Borstenkie- fern die Tendenz dieser Kurve zum Vorbild zu nehmen, und nicht die der Sta- tionarität. Denn schließlich war man sich wenigstens darüber einig, daß die C14-Werte – wenn sie schon nicht konstant waren – auf der ganzen Welt ein- heitlich »schwanken« sollten. Genau genommen macht der Begriff der Schwankung im Zusammenhang mit der neuseeländischen Kalibrierung überhaupt keinen Sinn mehr, denn hier gab es einen klaren einseitigen Trend der Zunahme der C14-Konzentration in der Atmosphäre, ohne erkennbare Neigung zur Rückkehr in einen sogenann- ten stationären Zustand (ähnlich auch in Bild 2.17 ). Aus der Tatsache, daß diese Meßwerte unberücksichtigt blieben, kann auf den unverbrüchlichen Glauben an die Konstanz der physikalischen Randbedingungen geschlossen werden, der letztlich zu einer falschen Anordnung der C14-datierten Ringse- quenzen führen mußte. Es gab seinerzeit nur zwei reguläre Alternativen für die Erklärung der un- terschiedlichen Trends in den amerikanischen und den neuseeländischen Baumringen:, 66 C14-Crash ! Entweder wiesen amerikanische und neuseeländische Bäume tatsächlich unterschiedliche C14-Konzentrationen auf – dann mußte das Simultani- tätsprinzip als falsch anerkannt werden –, oder aber ! die amerikanische Sequenz war mit der falschen Arbeitshypothese schon im Ansatz in eine falsche Richtung getrieben worden. Beide Alternativen wären gleichermaßen schlecht für die Praktikabilität der C14-Methode gewesen. Egal, wofür sich Ferguson letztlich entschieden hätte, jeder Nutzer von dessen Kalibrierkurve wäre angehalten gewesen, sich Re- chenschaft über deren Verwendbarkeit für seine Proben abzulegen. Das galt insbesondere, wenn die Proben nicht aus der Nähe des Wuchsortes der Bor- stenkiefern, sondern vielleicht sogar von einem anderen Kontinent stammten. Der Chronist verzeichnet für eine kurze Zeit die entsprechende Sensibili- sierung im methodischen Diskurs der historischen Wissenschaften. So doku- mentiert beispielsweise ANTIQUITY für das Jahr 1971 eine Debatte über dieses Problem, in der J. Collis den »verzweifelten« Wunsch nach einer Baum- ringsequenz zum Ausdruck brachte, die von der Bristlecone-Pine-Chronolo- gie unabhängig sein sollte, um die Diskrepanzen zu Neuseeland und auch Eu- ropa aus der Welt zu schaffen [MacKie et al. 1971, 201]. Tatsächlich startete man in Irland um diese Zeit herum mit dem ehrgeizigen Projekt, binnen weniger Jahre eine entsprechend lange und unabhängige Kalibrierquelle für C14-Da- ten zu erstellen. Nach wenigen Jahren kam es auch zu einem Eklat mit den amerikanischen Dendrochronologen, der sich an einer Diskussion über die »wahre« Struktur dieser Kurve entzündete, bald darauf aber beigelegt wurde, weil auch die Iren ohne die C14-Daten der amerikanischen Bristlecone-Pine- Chronologie nicht ans Ziel gelangen konnten (vergleiche dazu Kapitel 3.5 und Bild 2.10 ). Doch alle Warnungen kamen um Jahre zu spät. Bereits 1965 – vier Jahre, bevor die dendrochronologischen Charakteristika der Bristlecone-Pine-Chro- nologie veröffentlicht werden sollten – hatten nämlich die Europäer begonnen, sich über den Vergleich von C14-Werten »tentative Absolutdaten« aus Amerika zu verschaffen. Damit zeigt sich ein weiteres Mal, daß die Ge- stalt der amerikanischen Kalibrierkurve von vornherein als durch das aktuali- stische Prinzip gegeben betrachtet wurde und daß die dendrochronologische Synchronisierung ihrer Bestandteile – nämlich anhand eines Vergleichs der entsprechenden Ringwuchswerte – nur untergeordnete Bedeutung besaß. Die Europäer kalibrierten nicht etwa einzelne Proben, sondern begannen Absolutdaten für ihre schwimmenden Baumringsequenzen zu generieren. Diese wollten sie möglichst rasch zu einer europäischen Eichenchronologie, 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 67 zusammensetzen, die nicht minder lang sein sollte als die kalifornische Chro- 2.6 Die Erstellungder weltweit ersten nologie. Die Europäer hatten dieselben Schwierigkeiten wie die Amerikaner: zusammenhän-genden Kalibrier- Wo die Anbindung an eine historische Chronologie entfiel, reichten die Mit- kurve für C14 –der Bristle cone- tel der Dendrochronologie allein nicht aus, um schwimmende Sequenzen si- Pine-Chronologie– stützte sich pri- cher zu verbinden. Der Pakt zwischen C14 und Dendrochronologie, der be- mär nicht etwa aufdendrochrono- logische Cha- reits in den frühen Sechzigern geschlossen wurde, beruhte auf dem gegensei- rakteristika, son- dern wurde an- tigen Versprechen, jeweils ganz bestimmte Leistungen für den Partner zu er- hand von C14-Da- ten bzw. C14-Mu- bringen: stern vorgenom- men. Der dendro- chronologische 1) Die C14-Wissenschaftler versicherten den Dendrochronologen, daß C14- Befund war neben-sächlich bzw. wur- Muster innerhalb der Baumringsequenzen – über die bloß lokale Ver- de den radiometri-schen Gegeben- gleichbarkeit der Ringwuchswerte hinausgehend – weltweit direkt mitein- heiten angepaßt. ander verglichen und synchronisiert werden können. Heute gilt dieses Verfahren des »wiggle-matching« innerhalb der Dendrochronologie als »state-of-the-art« [Baillie 1995, 72] (siehe gegebenenfalls das einführende Kapitel 1.8 sowie die Erläuterungen in Bild 2.5 ). 2) Die Dendrochronologen versicherten den C14-Wissenschaftlern im Ge- genzug, auf diese Weise nunmehr so schnell als möglich eine Kalibrier- kurve bereitstellen zu können, die das ganze Postglazial überstreichen würde. So wuchs das Fleisch der Bristlecone-Pine-Chronologie auf dem Skelett der Winkelhalbierenden als Ur-Kalibrierkurve, genauso wie später – wegen des direkten C14-Mustervergleichs – auch das der Europäischen Eichenchronolo- gien. J. Collis bezog sich bei seiner Mahnung zum vorsichtigen Umgang mit der Bristlecone-Pine-Chronologie insbesondere auf den Versuch von H.E. Suess, ein Absolutdatum für miteinander verzahnte Baumringsequenzen, die aus Proben vom Neuenburger See in der Schweiz bestanden, zu erhalten. Da- zu verglich Suess eine Folge ihrer C14-Werte mit denen der Bristlecone-Pine- Chronologie (siehe dazu Bild 5.7 ). Weitere Datierungen wurden auf dieselbe Weise 1966 für Proben aus dem schweizerischen Thayngen (vergleiche das Bild 2.5 ) erwirkt, sowie bereits 1965 für Proben aus Middle Littleton in Eng- land [Berger 1970b, 101]. Eingangs dieses Kapitels stellten wir eine Frage von zentraler Bedeutung für die Legitimität der heute gebräuchlichen Kalibrierkurven: Macht Holz ei- ne Ausnahme gegenüber dem global gültigen Befund der Historiker, daß C14-Daten erratischen Charakters sind? Insbesondere den Historiker wird die Antwort darauf brennend interessieren. Schließlich hat er schon Schwierig- keiten genug mit der Unsystematik seiner eigenen Probendaten. Wenn sich, 68 C14-Crash, 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 69 2.7 Die Bristleco- 2.5 Absolutdatierung durch »wiggle-matching« ne-Pine-Chronolo-gie konnte insbe- sondere für die 1966 demonstrierten C.W. Ferguson, B. Huber und H.E. Suess, wie zukünftig zwei nachchristli- chen Jahrtausende Absolutdaten für schwimmende Baumringsequenzen erhalten werden können: längs der Winkel- Indem die in ihnen gemessenen C14-Muster (»wiggle«) mit der Kalibrierkurve halbierenden kon-struiert werden, synchronisiert (»gematcht«) werden, die in Gestalt der kalifornischen Bristleco- weil in Amerika –im Gegensatz zu ne-Pine-Chronologie – ausschließlich Fachkreisen – vorlag. Obwohl es noch Europa – so gut wie keine Vorga- mehrere Jahre dauern sollte, bevor diese unter dendrochronologischem Ge- ben durch histori- sichtspunkt veröffentlicht wurde, kannte man ihre C14-Struktur zu diesem Zeit- sche Daten exi-stieren. punkt offenbar gut genug, um bereits jahrgenaue Vergleiche mit C14-Mustern aus Europa anzustellen. # Bild links: Das obere Bild zeigt C14-Daten aus der Bristlecone-Pine-Chrono- logie [Ferguson 1969], das untere solche aus Baumproben eines archäologi- schen Fundortes (Thayngen etc.) in der Schweiz [Ferguson et al. 1966]. Un- ter der Annahme, daß sich die C14-Konzentration von gleichaltrigen Proben weltweit stets identisch ausgebildet hat, erhält die »schwimmende« (also oh- ne Absolutdatum vorliegende) europäische Baumringchronologie ein absolu- tes »transatlantisches« Kalenderdatum, indem die beiden Ausgleichskurven durch den Vergleich ihrer Lagen synchronisiert werden. # Bild unten: Die fünf ältesten C14-Daten sollen eine Tendenz sinkender C14- Konzentration anzeigen. Separiert man allerdings die C14-Daten für die ein- zelnen Bäume, dann kann keineswegs einheitlich von dieser Tendenz gespro- chen werden. Die Zusammenfassung von C14-Daten unterschiedlicher Pro- ben ist hier ohne weiteres genausowenig zulässig wie das Plazieren einer Ausgleichskurve. 2.5, 70 C14-Crash jetzt auch noch sein zweites Standbein, das der Kalibrierung, als tönern er- weisen sollte, dann bricht das ganze Datierungssystem endgültig unter ihm weg. Es lohnt sich, die einzig berechtigte Antwort zu rekapitulieren, die es hier- auf insbesondere vor dem Einsetzen der »Zweiten Radiokarbonrevolution« geben konnte: Es gibt schwerwiegende Indizien, daß auch Holz keine Aus- nahme macht hinsichtlich des Befundes starker Streuungen der C14-Daten. Zumindest ist größte Vorsicht beim überregionalen Vergleich geboten. Ein Vergleich über den Atlantik hinweg kann ohne weitere Klärung nicht in Frage kommen. Entsprechend vorsichtig äußerten sich auch die Autoren der damals einzigen systematischen Untersuchung zu diesem Thema, indem sie nur für einige untersuchte gleichaltrige Holzproben desselben Ortes eine Gleichheit der C14-Alter bescheinigen wollten [Lerman et al. 1970, 295]. Auch 25 Jahre da- nach kommen F.G. McCormack et al. zu dem Schluß, daß »14C weder heutzu- tage noch in der Vergangenheit gleichförmig in der Troposphäre verteilt ge- wesen ist, sondern in seiner Verteilung sowohl auf lokaler Ebene als auch zwischen den Hemisphären geschwankt hat, wie aus dem terrestrischen orga- nischen Material abgelesen werden kann« [1995, 395]. Die darauffolgende Zeit von 1970 bis etwa 1984 sieht zwei parallele Pro- zesse: Auf der einen Seite schreiten in Europa die Iren und Deutschen bei der Komplettierung ihrer jeweiligen regionalen Eichenchronologien mit Hilfe von Absolutdaten voran, die stets auf der Basis transatlantischen C14-Muster- vergleichs gewonnen wurden, ohne dieses Problem jemals wieder – mit einer Ausnahme (vergleiche Kapitel 3.5) – anzuschneiden. Auf der anderen Seite hagelte es scharfe bis vernichtende Kritik an der Qualität der zugrundeliegen- den Messungen. In den Augen dieser Kritiker war »wiggle-matching« gänzlich unseriös (dazu auch Bild 8.7 ). Die Kritiker drangen allerdings nicht dazu vor, die Be- deutung ihrer Einsichten für die Qualität der Europäischen Eichenchronologi- en explizit zu formulieren. Sonst hätten sie feststellen können, daß das offen- kundig mühselige Voranschreiten beim Komplettieren der Europäischen Ei- chenchronologien vor allem auf den Versuch zurückzuführen war, falsche Synchronismen, die über das »wiggle-matching« entstanden waren, verifizie- ren zu wollen. Ausgerechnet den drei Laboratorien, die für Ferguson gearbeitet hatten, wurden besonders schlechte Zensuren beim Messen von Baumringproben ge- geben. Wir zitieren zum allgemeinen Fehlerstandard der Meßlabore exempla- risch R.M. Clark: »Unabhängige Vergleiche ... weiterer replikater C14-Daten von hauptsächlich archäologischen Proben haben gleichfalls gezeigt, daß die, 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 71 tatsächlichen Schwankungen deutlich höher liegen, als sie von den jeweiligen Labors in Gestalt der Standardabweichung angezeigt werden6« [Clark 1979, 53]. Diese Einschätzung stammt aus einer Zeit, als die Komplettierung der eu- ropäischen Eichenchronologien mit Hilfe der C14-Methode in unmittelbare Griffweite gerückt war. Die amerikanische National Science Foundation (NSF) stoppte die finanzielle Unterstützung des Labors von H.E. Suess auch, weil P.E. Damon et al. [1978] ausführlich begründet hatten, daß signifikante Muster globalen Charakters aus den Proben nicht herausgemessen werden könnten [Suess/Linick 1990, 405; Linick et al. 1984, 22]. Es sollte nicht unerwähnt bleiben, daß P.E. Damon nach dem Tod von H.E. Suess (1993) darauf hin- wies, daß die Existenz »der meisten, gleichwohl aber nicht aller« der von Su- ess behaupteten wiggle bestätigt wurden [Damon 1995, 958]. Indem Damon an- fügt, daß solche Ergebnisse zwar interessant seien, aber im Sinne der Wissen- schaft eine unabhängige Bestätigung benötigten, erinnert er erneut an die im- mer noch unbefriedigende Situation voneinander abweichender Laborergeb- nisse. Die Komplettierung der europäischen Eichenchronologien ging aber auf der Basis eben dieser Werte munter weiter. Diese galt bereits als abgeschlos- sen, als man sich endlich zu einer genaueren Untersuchung systematischer Abweichungen zwischen den Meßergebnissen einzelner Labors entschloß. Die Archäologin B.S. Ottaway brachte angesichts niederschmetternder Ergeb- nisse aus den vorläufigen Vergleichsuntersuchungen das Unbehagen ihres Be- rufsstandes in der Zeitschrift RADIOCARBON unmißverständlich zum Ausdruck: »Warum gibt es immer noch keine kontinuierliche Überwachung der Qualität aller Labore, die hier in RADIOCARBON veröffentlichen? Die Vorabergebnisse aus den Laborvergleichsmessungen zeigen doch, wie sehr diese eigentlich nö- tig wären.« Es seien aber, so fügte sie an, keinerlei Anzeichen zu erkennen, daß etwas in dieser Richtung unternommen würde [Ottaway 1986, 732]. Wie sich herausstellte, zeigten einige Labors derart alarmierende Abwei- chungen in ihren Meßwerten, daß unwiderrufliche Imageschädigungen zur Kenntnis genommen werden mußten: »Es wird noch einige Jahre dauern, bis die C14-Gemeinde ihr angeschlagenes Image wieder aufpoliert hat. Wichtig ist hier, daß wir einen Prozeß der Selbstheilung in Gang gesetzt haben« [Long 1990, iii]. Es wurde angesichts dieser drastischen Divergenzen dazu aufgefor- dert, solcherart Daten unveröffentlicht zu lassen [Street et al. 1994, 7] oder zu ih- 6 »replikat« steht hier im Zusammenhang mit Messungen an identischen bzw. an ausdrücklich gleichaltrigen Proben durch unterschiedliche Labors., 72 C14-Crash rer Vermeidung von vornherein durch »realistische Zielstellungen« für die C14-Labors beizutragen [Görsdorf 1992, 279; auch Heske 1994, 88 f.]. Der Befund drastisch voneinander abweichender C14-Daten auch für Höl- zer kommt nicht überraschend, denn ein ähnlicher Befund lag den Archäolo- gen für ihre Proben von Anfang an vor. Hier werden C14-Daten infolge Rat- losigkeit entweder unter den Tisch gefegt oder aber infolge Gutmütigkeit oder Not einer »heilenden« Interpretation zugeführt. Im Falle der Hölzer dürfen die Daten prinzipiell nicht derart erratisch sein, wenn man erfolgreich kali- brieren oder »wiggle-matchen« wollte. Die Spaltung in Macher und Kritiker ist nur zu verständlich. Macher durften die Kritik nicht ernst nehmen, wenn sie sich nicht selbst blockieren wollten. Kritiker dagegen haben sich aufgrund ihres vernichtenden Urteils nicht weiter mit Anwendungen des »wiggle-mat- ching« beschäftigt. 2.4 Die Chronologie der Ereignisse Ein Chronist der Entstehung der heute verwendeten Kalibrierkurven für C14 kommt also zu folgendem Ergebnis: ! Bereits 1962 lagen Meßkurven aus Neuseeland vor, die für die letzten 1.000 Jahre einen Überhang der C14-Produktion von fast 50% anzeigten [Jansen 1962; 1970]. Das stand im krassen Widerspruch zum Fundamen- talprinzip, das damals noch für einigermaßen realistisch erachtet wurde, und nach dem die C14-Konzentration in der Atmosphäre stets hätte gleich sein müssen. Sofern wenigstens dem (gegenüber dem Fundamentalprinzip abgeschwächten) Simultanitätsprinzip Gültigkeit zuerkannt werden sollte, hätten diese Ergebnisse als Vergleichsmaßstab für jede weitere Kurve her- angezogen werden müssen. Ohne ein Simultanitätsprinzip, nach dem alle »Schwankungen« der C14-Konzentration global gleichförmig stattfinden würden, konnte es gar keine effektive Kalibrierung geben und wäre C14 am Ende gewesen. ! C14-Charakteristiken der Bristlecone-Pine-Chronologie wurden 1965 [Ber- ger 1970b] bzw. 1966 [Ferguson et al. 1966] zur Absolutdatierung europäischer Baumringsequenzen eingesetzt. Ihre dendrochronologischen Synchronis- men wurden 4 bzw. 3 Jahre später fertiggestellt [Ferguson 1969]. Diese Ver- kehrung der einzig richtigen zeitlichen Abfolge – nämlich erst Dendro- chronologie, dann C14-Kalibrierung – trägt mit am stärksten zur Unglaub- würdigkeit der Bristlecone-Pine-Chronologie als unabhängige C14-Ka- librierquelle bei. Ihre Konstrukteure ordneten nämlich die verwendeten, 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 73 Baumringsequenzen im Sinne einer stationären C14-Konzentration in der 2.8 Alle bedeuten-den Baumring- Atmosphäre an und gaben damit der Synchronisierung der C14-Muster chronologien sindauf der Basis fal- Vorrang vor der der Ringwuchswerte. scher Annahmenfür die zuhilfe ge- ! Die Bristlecone-Pine-Chronologie aus Kalifornien und die Kauri-Chrono- nommene C14-Methode und unter logie aus Neuseeland widerlegten 1970 gemeinsam das Simultanitätsprin- Verwendung kor-rupter C14-Meß- daten erstellt wor- zip. Das Projekt »Kalibrierung« war damit obsolet und bis zu einer etwai- den. Somit beru- hen die heute ge- gen zufriedenstellenden Klärung der Diskrepanz auf Eis zu legen. Diese bräuchlichen, von der Dendrochrono- selbstverständliche Vorsichtsmaßnahme – insbesondere im Hinblick auf logie bereitgestell- ten Verfahren zur die Verantwortung gegenüber den historischen Wissenschaften – ist 1970 Kalibrierung vonC14-Daten auf ei- fahrlässigerweise unterblieben (vergleiche Bild 2.4 : Der »Skandal von nem falschen Kon-struktionsprinzip Uppsala«). und müssen zugrundsätzlich fal- ! Irische Dendrochronologen und C14-Wissenschaftler begannen kurz dar- schen Ergebnissenführen. auf – auch als Reaktion auf die Zweifel an der Bristlecone-Pine-Chro- nologie – mit dem Aufbau einer eigenen Eichenchronologie. Sie setzten umfassend auf die Verwendung von C14-Daten zur Vordatierung (dazu Bild 2.10 ) und erzeugten binnen kürzester Frist eine mehrtausendjährige Folge von kurzen lokalen Mastern [Smith et al. 1972], die sie – nach etwa 10 Jahren vergeblichen Auffüllens – letztlich erst durch »wiggle-matchen« mit der Bristlecone-Pine-Chronologie zu einer Gesamtchronologie zusam- menfügen konnten [Baillie 1983]. ! Befürworter und Gegner der ab 1972 angezettelten Datierungsrevolution für die europäische Jungsteinzeit bzw. Bronzezeit, die auf der Basis von C14-Daten stattfand, die an der Bristlecone-Pine-Chronologie kalibrierten worden waren [Renfrew 1979], haben gleichermaßen fahrlässig gehandelt. Ihre Befürworter haben sich über die schwerwiegenden und von einigen Wissenschaftlern auch publizierten Einwände gegen den zugrundegeleg- ten Zeitmaßstab hinweggesetzt. Ihre Gegner haben dagegen die Gelegen- heit verstreichen lassen, die Inkonsistenz der zugrundegelegten Baumring- chronologie bloßzustellen. ! B. Becker war der Hauptmotor für die Süddeutsche Eichenchronologie. Er gründete seine chronologischen Bemühungen spätestens ab 1973 auf das »wiggle-matchen« seiner umfangreich angesammelten schwimmenden Baumringsequenzen gegen die kalifornische Bristlecone-Pine-Chronolo- gie (vergleiche Bilder 4.7 und 4.8 für die Zusammenfassung der Proble- me der Dendrochronologie) [Becker/Suess 1977]. Damit wurde auch diese Chronologie auf Dauer zum »holzgewordenen« Vorurteil über den aktua- listischen Charakter der Natur. ! Die 1973 als unabhängige Bestätigung für Ferguson von V.C. LaMarche und T.P. Harlan [1973] ins Feld geführte zweite Bristlecone-Pine-Chrono-, 74 C14-Crash logie, die bis heute gebetsmühlenartig zur Verteidigung von Fergusons Chronologie in den Zeugenstand gerufen wird, setzte sich aus Bäumen zu- sammen, die unter völlig anderen Bedingungen aufgewachsen waren und deren Charakteristika nicht auf signifikante Weise mit denen aus Fergu- sons Chronologie verglichen werden konnte [Ferguson 1979, 209]. ! Von 1975 bis 1980 hat es zahlreiche, am Ende ob der Mißachtung durch die Dendrochronologen zu scharfen Tönen greifende Untersuchungen über die Qualität der C14-Messungen gegeben, die das Verfahren des »wiggle-matching« begründeten [Clark 1975; 1979; 1980; Damon et al. 1978; Pardi/Marcus 1977; Stuckenrath 1977]. Es wurden schlechte Zensuren für die La- bors vergeben und ein Vergleich »signifikanter Schwankungen« als aus- sichtslos charakterisiert. ! Die Irischen Dendrochronologen präsentierten 1977 eine Kalibrierkurve, die ein Schlag ins Gesicht der Amerikaner und der Deutschen darstellte [Pearson et al. 1977]: Diese verlief genau dort stetig und ohne jede Schwan- kung, wo die charakteristisch gewundenen C14-Verläufe in deutschen Ei- chen und amerikanischen Borstenkiefern zum Zwecke der Datierung der schwimmenden deutschen Sequenzen ineinander geschmiegt worden wa- ren (Bild 9.16 ). Die Iren stellten das Simultanitätsprinzip allerdings nur insoweit in Frage, wie es den Vergleich von Europa und Amerika anging. Ihre eigenen schwimmenden Sequenzen hatten sie stets vorbehaltlos mit C14 datiert und nach dem Simultanitätsprinzip zueinander angeordnet, um mit zusätzlich gefundenem Holz die Überbrückungen zu vollziehen [Baillie et al. 1983]. ! Die amerikanische NSF stoppte 1978 auch aufgrund der Stellungnahme von Damon et al. ihre finanzielle Unterstützung für das C14-Labor von H.E. Suess sowie für die umfangreichen Auswertungsarbeiten zum Auf- finden der radiometrischen Gleichläufigkeiten zwischen amerikanischen und europäischen Baumringsequenzen [Suess/Linick 1990, 405; Linick et al. 1984, 22]. ! Dennoch gaben die Iren spätestens 1980 ihren Protest auf, der sie unter anderem von der aktiven Teilnahme an der 9. Internationalen Radiokar- bon Konferenz 1976 abgehalten hatte. Drei Jahre später wurden die süd- deutsche und die irische Eichenchronologie für reif zum gegenseitigen Vergleich befunden. Nachdem B. Becker die Synchronisierung an einer besonders dünn belegten Stelle revidiert hatte (der sog. »Kirnsulzbachfeh- ler«), konnten die beiden Eichenchronologien 1984 als neuer Maßstab zur Kalibrierung von C14-Daten ausgegeben werden [Pilcher et al. 1984]., 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 75 ! In RADIOCARBON erschien 1986 das erste »calibration issue« für C14, wäh- rend sich zunehmend Querelen um die Datierungsabweichungen zwischen den Labors abzeichneten und infolgedessen die Notwendigkeit einer »ver- besserten« Ausgabe erkannt wurde. ! Gegen 1990 war die »Mutter aller Kalibrierungen« nur noch unter »ferner liefen« bei der Aufstellung der zur Verwendung empfohlenen »high-preci- sion« Kalibrierungen zu finden [Becker 1992, 45]. ! Nur wenige Jahre nach Abstimmung der irischen mit der süddeutschen Ei- chenchronologie (durch Korrektur des »Kirnsulzbachfehlers« in letzterer) wurden diese bereits als »unabhängige Replikation« ausgegeben [Baillie 1990/91, 22; Newgrosh 1991/92 64]. ! 1991, in der Phase allgemeiner Konsolidierung, müssen G. Lambert und C. Lavier vom Laboratoire de Chrono-Ecologie dagegen kritisch feststel- len, daß von vielen europäischen Dendrochronologie-Labors »magic dates« auf der Grundlage von »secret procedures« erzeugt wurden, die von Historikern und Archäologen gar nicht zuverlässig eingeschätzt wer- den könnten [Lambert/Lavier 1991, 176; Niemitz 1995, 309f.]. ! 1993 wurde das vorläufig letzte »calibration issue« der Zeitschrift RADIO- CARBON veröffentlicht, während zur selben Zeit immer noch die Auseinan- dersetzung über die divergenten Laborprozeduren tobte [Roeder 1992, 259]. ! Schon längst von Detaildiskussionen absorbiert, können 1996 Synchroni- sierungsfehler in den Baumringchronologien eingestanden [Kromer et al. 1996] bzw. diskutiert [McCormac et al. 1995] werden, ohne daß irgendwelche Zweifel an den Methoden des mittlerweile 30 Jahre währenden Kampfes um die »post-glaziale Baumringchronologie« aufkeimen wollen. ! Nachdem es 1986 und 1993 jeweils neue Empfehlungen für den Gebrauch von Kalibrierkurven gegeben hatte, wird angesichts von Unstimmigkeiten, die sich aus der letzten Empfehlung ergeben hatten, von der 1997 in Gro- ningen stattfindenden 16. Internationalen Radiokarbonkonferenz eine abermalige Empfehlung hinsichtlich der »wahren Kalibrierkurve« ver- langt [van der Pflicht/McCormac 1995, 964]. 2.5 Ein himmlischer Zirkelschluß Die im vorangegangenen Kapitel skizzierte Chronologie einer Beteiligung der C14-Methode an der Entstehung der Kalibrierkurven von 1962 bis heute ver- langt folgende Schlüsse:, 76 C14-Crash 1) Die Bristlecone-Pine-Chronologie, die für die Wiederherstellung der Re- putation der C14-Methode so entscheidend wichtig war, wurde nicht nach dendrochronologischen Maßstäben errichtet, sondern dem Vorurteil qua- si-konstanter C14-Verhältnisse folgend zusammengeschnitten. Sie steht zum Beispiel im eklatanten Widerspruch zur neuseeländischen Kauri- Chronologie. 2) Die schwimmenden Sequenzen der süddeutschen Eichenchronologie sind während der letzten 10 Jahre ihrer Komplettierung nach dem radiometri- schen Vorbild der Bristlecone-Pine-Chronologie ausgerichtet und dann in den Lücken ausgefüllt worden. Ohne Hilfe von C14 wäre weder der Auf- bau noch der Abschluß möglich gewesen. Die C14-Datierungen gehen deshalb entscheidend in die Abfolge der Chronologie ein. 3) Dasselbe wie für die süddeutsche Eichenchronologie gilt auch für die Iri- sche Eichenchronologie. Im Gegensatz zu den Deutschen wollten die Iren anfänglich eine von den Amerikanern unabhängige Kalibriermöglichkeit schaffen [Baillie 1983, 15], ein Projekt, welches später mit dem systemati- schen radiometrischen Abgleich mit Hilfe des »wiggle-matching« hinfällig geworden war. 4) Alle bis heute gebräuchlichen Kalibrierkurven wurden in unmittelbarer Abhängigkeit von der C14-Methode erstellt. Der Anspruch auf methodi- sche Unabhängigkeit wird oftmals durch rein dendrochronologische Syn- chronitäten zwischen den verschiedenen Baumringchronologien bergrün- det. Diese Bestätigungen sind wegen der gemeinsamen Abstammung von dem radiometrischen Vorbild der Bristlecone-Pine-Chronologie natürlich zu erwarten und bleiben demzufolge ohne Beweiskraft (den Zirkelschluß faßt das Bild 4.9 zusammen). Es wäre nicht zu diesem Zirkelschluß gekommen, wenn sich die Dendrochro- nologie – spätestens angesichts der disparaten Ergebnisse aus Neuseeland und Kalifornien – gewisse Sicherheitsstandards für den Umgang mit der C14-Me- thode gesetzt hätte. Insbesondere hätte man alle Baumringsequenzen, die zur radiometrischen Vermessung abgeliefert wurden, zuvor ausschließlich mit dendrochronologischen Methoden der Synchronisierung behandeln müssen. Nur wenn diese jeweils eine hohe Wahrscheinlichkeit gezeigt hätten, auch ra- diometrisch gleich alt zu sein, wäre ihre Verwendung als Kalibriermaßstab – und das vorerst auch nur lokal – wirklich legitimiert gewesen (siehe Diskussi- on in Kapitel 3.7). Wo dendrochronologisch synchronisierte Proben vermessen werden konn- ten, wurde in der Regel eine niedrige Wahrscheinlichkeit erzielt, daß diese ra-, 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 77 diometrisch tatsächlich gleich alt sind. Das hätte jede radiometrische Syn- 2.9 Der vermeintli-che Erfolg von chronisierung, jedes »wiggle-matching« in Frage stellen müssen. Das zentrale C14 und Dendro-chronologie beruht Problem bzw. ein Sündenfall der Dendrochronologie besteht denn auch darin, auf einem Zirkel-schluß. Beide Da- daß sie sich seinerzeit zuerst radiometrisch signifikant synchrone Sequenzen tierungsmethodenhaben sich in beschafft hat, um hernach dendrochronologische Synchronismen zu finden, wichtigen Phasenihrer Entwicklung wechselseitig und anstatt umgekehrt nur solche Sequenzen zur Auswertung als Kalibriermaßstab unter Zugrundele- gung falscher An- abzuliefern, die sich zuvor als signifikant synchron im dendrochronologi- nahmen abge- stützt. schen Sinne herausgestellt hatten. Das ist ein bißchen wie »Malen nach Zah- len«, nur daß in diesem Fall ein Vorbild verwendet wurde, das in völlig über- holten Vorstellungen vom Ablauf der Naturgeschehnisse gründet. So erkennt man, daß die Dendrochronologie für die regionale, aber auch überregionale Verbindung lokaler Master einen kompletten Methodenwechsel – Synchronisierung von C14-Mustern – vollzogen hat. Ohne diesen Metho- denwechsel wäre Erfolg eben nicht zu haben gewesen. Allerdings versagte die neue Methode gerade dort, wo sie den Erfolg garantieren und vor allem den Methodenwechsel legitimieren sollte. Die Forderung »gleichaltrige Baumrin- ge weisen stets den gleichen C14-Gehalt auf« konnte nicht erfüllt werden. Dendrochronologen weisen diese Argumentation in der Regel weit von sich: Der Vorwurf eines Zirkelschlusses könne sie gar nicht treffen, da das Material am Ende völlig mit den Methoden der Dendrochronologie bearbeitet worden sei und zudem ein mehrfache Replikation auf regionaler wie überre- gionaler Ebene vorliege. Wir fragen uns dagegen, was geschähe, wenn einem entsprechend ausgestatteten Labor erneut sowohl die verwendeten als auch die nicht verwendeten Baumringsequenzen einer beliebigen Baumringchrono- logie ohne jegliche Information über vormalige Plazierungen zur Verfügung gestellt würde, mit der Aufforderung diese nach rein dendrochronologischen Methoden zu synchronisieren? Bis zu welcher Länge würde das Projekt tat- sächlich gedeihen können und was erbrächten die nun im Nachhinein genom- menen C14-Werte der als synchron identifizierten Sequenzen? Es war ausschließlich der Umstand, daß man alleine nicht weiterkam – weder in Amerika noch in Europa –, der dazu führte, daß man doch auf C14 zurückgriff. B. Huber sprach 1966 von einem »brüderlichen Wettstreit zwi- schen den beiden Datierungsmethoden der Dendrochronologie und der C14- Methode«. Er sah ihn zugunsten der Dendrochronologie entschieden, nach- dem C.W. Ferguson gegenüber Kollegen seine bis dato 6.600 Jahre umfas- sende Bristlecone-Pine-Chronologie vorgestellt hatte [Stuiver/Suess 1966], ohne sich Gedanken darüber zu machen, wieweit Ferguson sich bereits von dem »wissenschaftlichen Bruder« C14 abhängig gemacht hatte [Huber 1966, 1]. Bis, 78 C14-Crash, 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 79 2.6 C14-Bilanz: Zerfall, Produktion, Diffusion Für das Verständnis der Entstehung von »wiggle« ist es von entscheidender Be- deutung, alle möglichen Beiträge zur Bilanz von C12 und C14 in einem beliebi- gen Kohlenstoffreservoir – nämlich Produktion und Diffusion der Isotope – zu berücksichtigen: ! Bildpaar oben (Produktion schwankt um »Gleichgewichtswert«): Bei völliger Ausgewogenheit von Produktion und Zerfall und bei Abwesenheit jeder Dif- fusion entfällt eine Kalibrierung, denn jedes C14-Alter kann direkt in das Absolutalter umgerechnet werden. Oszilliert dagegen die Produktion um ei- nen »Gleichgewichtswert«, so beginnt auch die Kalibrierkurve um die Win- kelhalbierende zu mäandern. Die Kurve wird flacher, wenn die Produktion unter den Gleichgewichtswert sinkt (»Verarmung«), und steiler, wenn diese darüberliegt (»Anreicherung«). Auf die Menge an zerfallendem C14 wirkt sich diese Oszillation aufgrund der ohnehin niedrigen Zerfalls- bzw. Produktions- rate von rund einem 1/100 Prozent des Gesamtvorkommens an C14 kaum aus, solange die Produktion mit einer Periode in der Größenordnung von ei- nigen Jahrhunderten um den Gleichgewichtswert oszilliert. ! Bildpaar unten (Zur Bilanz trägt zusätzlich Diffusion bei): Das untere Bildpaar legt die Zusammenhänge zwischen Produktion, Diffusion und Zerfall von C14 offen, wenn es um Kurvenabschnitte geht, die eine Erhöhung des C14-Alters bei an sich jünger werdenden Proben signalisiert (vgl. Bild 2.7 ): Der C14-Ge- halt der Atmosphäre muß hier stärker sinken, als durch den radioaktiven Zerfall allein möglich wäre. Das kann grundsätzlich nur durch Diffusion (»Wanderung«) geschehen. Zur Verarmung an C14 innerhalb eines bestimm- ten Bereiches trägt neben dem Zerfall von C14 auch die Abwanderung von C14 oder die Zuwanderung von C12 bei (schwach punktierte Bereiche). Zur Anreicherung an C14 innerhalb eines bestimmten Bereiches trägt entspre- chend neben der Produktion von C14 auch die Zuwanderung von C14 oder die Abwanderung von C12 bei (stark punktierte Bereiche). Von den einzelnen Beiträgen zur Bilanz ist allerdings lediglich die Zerfallsmenge 2.6 einigermaßen bezifferbar, die aus der spezifischen C14-Aktivität einzelner Pro- ben im Hinblick auf das Gesamtvorkommen an Kohlenstoff hochgerechnet wer- den kann. Über die Menge an produziertem bzw. zu- oder abgewandertem C14 kann dagegen ohne weitergehende Untersuchungen keine Aussage gemacht wer- den! Lediglich der summarische zeitliche Trend der Zu- oder Abnahme von C14 in der Atmosphäre ist meß- bzw. bilanzierbar. Produktion und Diffusion stehen in ständiger Konkurrenz zueinander. Daß diese zusammen mit dem Zerfall einen quasi-stationären Zustand erzeugen, ist eine unglaubwürdige Hypothese. Ganz im Gegenteil ist von einer Entkopplung der Ursachen für Produktion und Diffusion auszugehen, so daß der mittel- und langfristige Trend der Kali- brierkurven – im Widerspruch zu den ausgewiesenen Kalibrierkurven – deutlich von der Winkelhalbierenden abweichen wird., 80 C14-Crash heute ist diese Art von Gedankenlosigkeit bei den Dendrochronologen gang und gäbe. Die von uns rekonstruierte Geschichte der Entstehung der C14-Kalibrie- rung zeigt die existenzgefährdenden Schwachstellen in den Fundamenten der Dendrochronologie auf. Ohne den Nachweis, daß die erzielten Ergebnisse auch ohne die einst zentralen und von uns als irreführend erkannten Hilfsmit- tel zustande kommen würden, kann man den aufgebauten Chronologien nicht vertrauen. Da keine Hilfsmittel bekannt sind, die die offenbar unverzichtbare C14-Methode ersetzen könnten, wird dieser Nachweis nicht gelingen. Zusätz- lich zu unserer Aufdeckung des Zirkelschlusses werden wir im folgenden Ka- pitel mit physikalischen Argumenten fundamentale Kritik an den heute ver- wendeten Kalibrierkurven üben. 2.6 C14 contra Physik Wer dieser Geschichte der Entstehung der C14-Kalibrierung bis hierher ge- folgt ist, wird den Sinn des Titels unseres Buches nachvollziehen können: Die Fundamente der C14-Methode sind so schwach, daß die Methode in sich zu- sammenbrechen müßte, wenn sie nicht durch Glauben und Hoffen aufrecht erhalten würde. Historiker, die ihr Unbehagen in dieser Situation offen be- kunden, würden vielleicht endgültig zu einem Befreiungsschlag ausholen, wenn sie erfahren würden, daß auch vom physikalischen Standpunkt aus fun- damentale Zweifel an den heute verwendeten Kalibrierkurven angebracht sind. Chronologie und Physik weisen gleichermaßen auf dieselbe Schwach- stelle in dem gemeinsamen Gebäude von C14 und Dendrochronologie hin. Nachdem wir recherchiert hatten, daß die Geschichte der unterschiedlichen europäischen Eichenchronologien vor allem eine Geschichte transatlantischen Austauschs von C14-Daten war, stellten wir mehr routinemäßig die Frage, welche in der Natur auftretenden Effekte überhaupt jene Muster in den C14- Daten von Baumringsequenzen hervorrufen können, die als wiggle bezeichnet werden. In Anbetracht der Bedeutung, die »wiggle« in der Vordatierung von Baumringen zugemessen wurde, maßen wir dieser Frage eine beträchtliche Bedeutung zu, denn an solch entscheidender Stelle sollten sich keine Wider- sprüche zu den »essentials« der C14-Methode einstellen. Tatsächlich traten wir mit den Antworten auf diese Frage eine Lawine los: Das harmlos erschei- nende Mäandern der »wiggle« um eine nahezu gerade Linie, die erst in ferner Vergangenheit von der Winkelhalbierenden abzuweichen beginnt, birgt tat- sächlich Explosivstoff für die C14-Methode., 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 81 B. Becker beschreibt in seinem Artikel über die »Geschichte der Dendro- 2.10 Die statisti-schen Verfahren chronologie & 14C Kalibrierung« (für den Jubiläumsband anläßlich des vier- der Dendrochrono-logie sind unzuver- zigjährigen Bestehens der C14-Methode), wie problematisch der Nachweis lässig und bedür-fen deshalb zu- der Existenz realer »wiggle« über lange Zeit gewesen sei sätzlicher Absiche-[Becker 1992, 43]. rung durch Hilfsda- Nicht etwa die Kleinheit des Phänomens wäre dabei das Problem gewesen, tierungen. EineZuhilfenahme der C14-Methode ver- sondern seine Uneinheitlichkeit. Wegen dieser Problematik hatten etliche sprach die Mög- lichkeit, schwim- Wissenschaftler scharfe Kritik geäußert. Sie bezeichneten die Interpretation mende Baum- ringsequenzen von »wiggle« als simultane C14-Schwankungen für unzulässig, weil die Höhe über das »wiggle- matching« auf ra- der Meßfehler derartige »wiggle« verschlucken würde und sie als Kunstpro- diometrische Wei-se beinahe jahrge- dukte angesehen werden müßten. nau zueinandersynchronisieren zu Doch 1980 – genau 20 Jahre nach den ersten unabweisbaren Indizien für können. Die Erfül-lung der dafür not- atmosphärische C14-»Schwankungen« – konnte endlich eine 600 Jahre um- wendigen Bedin-gungen wurde ge- fassende einheitliche »wiggle«-Messung präsentiert werden. Die Simultanität glaubt und nichtüberprüft. der C14-Konzentrationsschwankungen wurde durch einen Vergleich schwim- mender Baumringsequenzen aus Europa mit der amerikanischen Bristlecone- Pine-Chronologie nahegelegt [De Jong et al. 1979, 48; Suess 1980, 113; Berger 1985]. Die Berechtigung zu einem solchen Vergleich ist angesichts der ständigen Kritik über chaotisch voneinander abweichende Datierungsergebnisse in Zweifel zu ziehen. Die Lage der 600 Jahre umfassenden Sequenzen aus Euro- pa galt auf diese Weise allerdings als nahezu jahrgenau vorausbestimmt. Da- durch war auch die Suche nach weiteren Sequenzen, die die beiden Lücken zu den angrenzenden Sequenzen zu schließen hatten, vorausbestimmt. An dieser Stelle fragten wir nach möglichen Ursachen für »wiggle«7. Der Grund für Schwankungen der atmosphärischen C14-Konzentration wird übli- cherweise in entsprechenden Schwankungen der Produktionsrate von C14 ge- sehen (siehe oberes Bildpaar in 2.6 ), welche vor allem durch Änderungen der Stärke des Erdmagnetfeldes oder der kosmischen Strahlung bzw. auch der Sonnenaktivität ausgelöst werden [Taylor 1987, 31; Barbetti 1980, 192]. Doch die Form der »wiggle« widersetzt sich nicht nur dieser Erklärungen durch extra- terrestrische Ursachen, sondern zerstört von sich aus die wichtigste Grundla- 7 P.J. Ashmore und P.H. Hill [1983, 99] etwa geben mit »kurzfristige Schwankungen in der Radiokarbon-Kalibrierkurve in der Größenordnung von 50 - 500 Jahren« eine äußerst dürftige Beschreibung des Phänomens, zumal sie offen lassen, ob es die Schwankungen selber sind, die in dieser Größenordnung vorkommen, oder ob sie sich lediglich über diesen Zeitraum erstrecken. Die entscheidenden Informationen über einen »wiggle« beziehen sich 1) auf die Stärke der Änderung des C14-Inventars der Atmosphäre und 2) auf das Vorzeichen dieser Änderung (Zu- oder Abnahme). In der Kalibrierkurve ist diese Information als Änderung des C14-Alters bezogen auf das entsprechende kalendarische Intervall verschlüsselt und muß für eine sachgerechte Diskussion der Ursachen erst wieder zurückgerechnet werden. Im Bild 9.5 wird diese Rechenprozedur erläutert., 82 C14-Crash 2.7 Kalibrierung eines C14-Datums Diese Kalibrierkurve für C14-Daten liegt in einem Koordinatenkreuz, das auf der waagerechten Achse die Kalenderjahre und auf der senkrechten Achse die C14-Jahre führt (nach Aitken [1990, 100]). Die Kalibrierkurve besteht aus einer Folge von C14-Altern, die aus der heute gemessenen Radioaktivität absolutda- tierter Baumjahresringe bestimmt wurde. Nur wenn zu allen Zeiten dieselbe C14-Konzentration in der Atmosphäre geherrscht hätte, dann wäre die Kali- brierkurve mit der Winkelhalbierenden identisch. Ein C14-Alter wird kalibriert, indem von dessen Wert auf der senkrechten Achse eine Waagerechte nach links gezeichnet wird. Jeder Schnittpunkt mit der Kalibrierkurve repräsentiert ein theoretisch mögliches Absolutalter, das jeweils senkrecht auf der horizontalen Achse als Kalenderjahr abgelesen werden kann. Die Mehrdeutigkeit eines gemessenen C14-Alters kommt durch die Kurven- form »C« zustande: Hier liegt ein steigendes C14-Alter bei sinkendem Absolutal- ter vor. Diese Kurvenform kann aber nur entstehen, wenn neben Produktion und Zerfall eine Diffusion von C14 bzw. C12 hinzutritt. Die Annahme, daß Diffu- sion als genuin lokales Phänomen global gleichförmig auftritt (→ Simultani- tätsprinzip), ist völlig verfehlt. Alle Vorgehensweisen, die global gleichförmige Dif- fusion voraussetzen – wie das »wiggle-matching« über den Atlantik oder die Pro- klamation einer global gültigen Kalibrierung etc. – sind äußerst fragwürdig., 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 83 ge der C14-Methode: die Gültigkeit des Simultanitätsprinzips, nach dem alles, was mit der C14-Konzentration geschieht, grundsätzlich global gleich- förmig auftreten muß (für eine kurze Darstellung des Simultanitätsprinzips vergleiche das einführende Kapitel 1.5). Der Stein des Anstoßes sind diejenigen Kurvenbereiche, deren Steigung gegenüber dem übergeordneten Trend umgekehrt erscheint. Sie weisen ein Gefälle statt dem normalen Anstieg auf. Wir haben solche Bereiche in den Bildern 2.7 und 5.5 als »Kurvenform C« gekennzeichnet. In diesen Berei- chen muß die C14-Konzentration in der Atmosphäre stärker als innerhalb be- reits gestorbener Organismen abnehmen (detaillierte Analyse in Kapitel 9.4 und folgende). Aus dieser simplen Feststellung ergeben sich nun weitreichen- de Aufschlüsse über die Entstehung von »wiggle«, die absolut konträr zu den Grundannahmen der C14-Methode stehen und die deshalb näher beschrieben werden müssen. Die Abfolge von Kurvenbereichen starken Anstiegs und starken Abfalls der C14-Konzentration entlang des übergeordneten angeblich stationären Trends der Kalibrierkurve wird als »wiggle« beschrieben. Dabei muß die C14-Konzentration in Bereichen mit gegenläufiger Steigung (»C«) stärker als durch den radioaktiven Zerfall abfallen. Das kann nur durch Diffusion von C12 in den fraglichen Bereich hinein oder durch C14 aus dem fraglichen Be- reich heraus geschehen (vergleiche unteres Bildpaar in 2.6 ). Angesichts der Größenordnung dieser Diffusionsraten – es geht um ein Vielfaches dessen, was durch den radioaktiven Zerfall allein »weggeschafft« wird (Zahlenbeispiele in den Bildern 9.3-5 und 9.14 ) – ist die globale Gleich- förmigkeit des Diffusionsphänomens die schlechteste aller denkmöglichen Hypothesen. Diffusionen treten aufgrund lokaler Ungleichgewichte auf. Es gibt auch nicht den Schimmer einer Hoffnung, daß diese sich global stets auf 2.7 gleiche Weise einstellen und damit an jeder Stelle auf der Erde dasselbe »wiggle«-Muster ausbilden können. »Wiggle« sind mithin genuin lokale Phä- nomene. Ihr überregionaler Vergleich bedürfte jeweils ausführlicher Begrün- dung. Die übliche Begründung für die Anwendung des »wiggle-matching« grün- det sich auf dem schnellen Mix des lokal produzierten (und angeblich den globalen Zerfall gerade kompensierenden) C14 mit allen irdischen Reservoi- ren. Die ungleich höheren durch Diffusion umgesetzten Mengen wurden da- bei niemals betrachtet. Wenn die Kalibrierkurve längs der Winkelhalbieren- den angesiedelt wird, so kommt nach Lage der Dinge eine hochspekulative Vorschrift bzw. Randbedingung ins Spiel. Ihrzufolge müßten sich Nettodiffu- sion plus dem radioaktiven Zerfall auf der einen Seite und die Produktionsra-, 84 C14-Crash 2.8 Frühe Kalibriervisionen (I) In dieser Kalibrierkurve von 1970 [Berger 1970b, 96] kommt der Glaube an die Stationarität der C14-Konzentration deutlich zum Ausdruck. Bis zur Zeitenwen- de ist die Abdeckung der Winkelhalbierenden trotz aller »wiggle« (bzw. gerade infolge ihrer Bändigung) perfekt. Selbst 4 Jahre, nachdem prähistorische europä- ische Baumringsequenzen über »wiggle-matching« mit dieser Kurve bereits ein Absolutdatum erhalten hatten, stützte sich die Chronologie vor der Zeitenwen- de immer noch ausschließlich auf die Gewißheit, daß die C14-Konzentration konstant gewesen sein muß (gestrichelte Bereiche). Tatsächlich repräsentieren diese »wiggle« (als C14-Muster, die einem quasi- stationären Verhalten überlagert sind) einen geradezu dramatischen Anstieg bzw. Abfall der Produktionsrate für C14 in Kombination mit entsprechender Diffusion zur Konzentrationsminderung. Wer wollte darauf vertrauen, daß über Jahrtau- sende dennoch derselbe Konzentrationswert gehalten wird? Die Fläche des klei- nen schwarzen Rechtecks (oben links) repräsentiert für den völlig hypotheti- schen Fall stationärer Verhältnisse die jährlich produzierte Menge an C14 (7.5 kg/y ≈ 62.500 kg/8.300 y) verglichen mit dem (ohnehin geschätzten!) ganzen Be- stand an C14 (ca. 62.500 kg) in Gestalt der ganzen Koordinatenfläche., 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 85 te auf der anderen Seite permanent die Waage halten. Kein Mensch würde 2.11 Die als»wiggle« bezeich- das von Prozessen erwarten, die weitgehend voneinander entkoppelt verlau- neten C14-Musterdecken Diffusions- fen – die C14-Wissenschaftler tun’s. ströme von C14auf, die ein Vielfa- Die Kalibrierkurve weist nach offizieller Lesart über die letzten 12.000 ches der jeweilsradioaktiv zerfal- Jahre eine monoton verlaufende Abnahme der C14-Konzentration von rund lenden Menge be-tragen und grund- sätzlich von Ort zu 10% auf. Das entspricht einer Divergenz zwischen der tatsächlichen Produkti- Ort verschieden ausfallen müssen. onsrate und einer Produktionsrate, die im absolut unrealistischen stationären Die C14-Methode ist dagegen exi- Fall zu erwarten wäre, von größenordnungsmäßig ebenfalls 10%. Gleichzeitig stentiell davon ab- hängig, daß jegli- sind in den einzelnen »wiggle« Exzeßproduktions- und Diffusionsraten doku- che Diffusion anallen Orten der Er- mentiert, die um ein Vielfaches – bis zu 4000% – über bzw. unter diesem sta- de stets in gleicherWeise auftritt, tionären Wert liegen. Erneut besteht die schlechteste aller Denkmöglichkeiten denn nur so wäredie überregionale in der Annahme, daß diese »Exzesse« sich stets fast zu Null kompensieren, Vergleichbarkeitvon C14-Daten (= denn nach offizieller Lesart soll gerade noch das übrig bleiben, was durch den Simultanitätsprin-zip) sichergestellt. vergleichsweise geringen Effekt des radioaktiven Zerfalls dann endgültig zu Null oder jedenfalls fast zu Null gemacht wird. Der langfristig ausgewiesene offizielle Trend von »fehlenden« 1.000 Jah- ren auf 12.000 Jahre Gesamtlänge ist verschwindend gering gegenüber der Größenordnung der kurzfristigen Trends in den »wiggle« (Bild 2.8 ). Was die Historiker in Ansehung »zu alter« Daten etwa für die Bronzezeit bereits so er- regen konnte, sind nur Peanuts verglichen mit dem, was in den »wiggle« als Trend offenbart wird. Klimakundler und Ozeanographen haben den Einfluß der Diffusion von C14 auf die Geschwindigkeit der C14-Uhr klar erkannt. Sie weisen ausdrücklich daraufhin, daß die Änderung des C14-Inventars der Ozeane um nur wenige Promille über einen Zeitraum von einigen Jahrhunder- ten die Geschwindigkeit der C14-Uhr während dieser Zeit um größenord- nungsmäßig 100% verändern würde [Stocker/Wright 1996, 774]. Eine verwendba- re C14-Uhr verlange also ein »sehr stabiles« C14-Inventar der Ozeane (vgl. 2.8 Bilder 1.10 sowie 9.11 ). Wir weisen daraufhin, daß selbst eine Bestandsveränderung, die die C14- Uhr so nachhaltig beeinflussen würde, deutlich unterhalb der Nachweisgrenze bzw. unterhalb des unvermeidbaren Fehlers des Bestimmungsversuchs liegt. Sie kann weder von der Höhe her ausreichend genau gemessen, noch von ih- rer Dauer her ausreichend genau rekonstruiert werden. So gesehen ist die Praktikabilität der C14-Methode auf Randbedingungen angewiesen, die von der Hauptursache her gar nicht nachgeprüft werden können. Im Gegenteil, je- de Chronologie des ozeanischen C14-Inventars wird höchstens bei prozent- genauen Angaben landen und damit von sich aus die C14-Uhr zu einer eigen- willigen, störrischen Zeitmaschine stempeln., 86 C14-Crash Eines der ergiebigsten Arbeitsgebiete der Klimakundler ist zur Zeit die Modellierung der globalen Ozeanströmungen z.B. in Abhängigkeit von loka- len Süßwassereinspeisungen, die als Schmelzwasser infolge von Tempera- turerhöhungen entstehen. Die Ozeane der Erde werden von einer zusammen- hängenden Strömung durchzogen (vergleiche Bild 9.10 ), die u.a. für einen Austausch des Oberflächen- und des Tiefenwassers sorgt. Dadurch kommt kontinuierlich C14-armes Wasser an die Oberfläche, das für eine verstärkte Diffusion des C14 von der Atmosphäre in das Wasser sorgt. Wird diese Zir- kulation unterbrochen, dann sinkt die Diffusionsrate wegen schnell ansteigen- der Sättigung und der C14-Gehalt der Atmosphäre muß infolgedessen rasch ansteigen. Kommt die Zirkulation dagegen wieder in Gang, gelangt erneut C14-verarmtes Wasser an die Oberfläche, was zur rapiden Absenkung des C14-Gehaltes der Atmosphäre führt. Auf diese Weise lassen sich »wiggle« wenigstens qualitativ erklären. Die Wissenschaftler, die sich mit den Ozeanströmungen beschäftigen, mö- gen solche einschneidenden Ereignisse aber nur für das Ende der letzten Eis- zeit ansetzen. Für jüngere »wiggle« kämen doch nur wieder Ursachen wie die Änderung der C14-Produktionsrate in Frage [Beer et al. 1988]. In Bild 2.6 wird jedoch auseinandergesetzt, daß das grundsätzlich nicht ausreicht, um die Feinstruktur der Kalibrierkurven – sofern diese vom Effekt her richtig ausge- messen wurden – zu erklären. Es ist dem heutigen Naturverständnis angemes- sener, von einer globalen und starken Dynamik des Austauschs zwischen fe- sten, flüssigen und gasförmigen Reservoiren auszugehen, anstatt von stationä- ren Verhältnissen. Damit ist die C14-Methode von ihrem ursprünglichen An- satz her, nämlich eine Absolutdatierungsmethode zu sein, gescheitert. Die um ihr Überleben kämpfende C14-Methode hätte ein »Naturprinzip« zu präsentieren, das auf eine Weise für die Austarierung der Ursachen für An- stieg und Abfall der C14-Konzentration sorgt, daß die Konzentrationsände- rung im Mittel an jedem Ort der Erde (fast) Null bleibt (zusammenfassend Bild 2.6 ), wohl wissend, daß die ständig schwankenden Niveaus von Produk- tion und Diffusion immer wieder ein Vielfaches des angeblich vorliegenden stationären Wertes betragen: In den Bildern 9.3-5 und 9.14 sind Konzentrati- onsschwankungen analysiert, die sowohl ein Vielfaches der für »normal« er- achteten Produktionsrate verlangen, als auch eine entsprechend hohe zeitwei- se Diffusion, die den angesammelten Überschuß in erklecklich kurzer Zeit nennenswert wieder abzubauen vermag. Der radioaktive Zerfall geht viel zu langsam vonstatten, um die gemessenen Konzentrationssenkungen leisten zu können., 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 87 Doch die C14-Methode wird hier keinen Erklärungsansatz finden können, 2.12 Minimale Än-derungen der Zu- denn ein solches Naturprinzip gibt es nicht. Wenn »Schwankungen« perma- sammensetzungder Kohlenstoffiso- nent ein Mehrfaches des angeblichen Normalmaßes ausmachen, dann hat man tope in den Ozea-nen haben drasti- eine falsche Vorstellung vom Normalmaß oder es liegt gar kein Gleichge- sche Aus-wirkungen auf den wichtszustand vor. Der mittelfristige Trend könnte sowohl eine deutliche Er- Zeittakt der atmo-sphärischen C14- Uhr. Eine entspre- höhung als auch eine ebensolche Absenkung der C14-Konzentration bedeuten chende Änderung von wenigen Pro- – mit allen Konsequenzen für die Interpretation zurückliegender C14-Daten. mille innerhalb ei- nes Zeitraums von Einmal wären sie deutlich zu alt, das andere Mal deutlich zu jung. 1.000 Jahren in den Ozeanen be- Der in dem Kauri-Baum gemessene Langzeittrend für die Zunahme der wirkt die Verdopp-lung bzw. Halbie- C14-Konzentration in der Atmosphäre ist gegenüber den vielfach vorkom- rung der Ge-schwindigkeit der menden Trends in den »wiggle« noch ausgesprochen moderat. Dennoch wä- C14-Uhr. ren die Konsequenzen für C14-Daten, die man an ihm kalibrieren würde, dra- matisch zu nennen. Ein C14-Alter von 1.500 Jahren, das nach dem konventio- nellen Trend bereits einem 10% höherem Alter von 1.650 Jahren entspräche, bedeutete nach der Kauri-Kalibrierung ein tatsächliches Alter von rund 1.000 Jahren (vergleiche Bild 2.9 ). Dieser Unterschied würde mit zunehmendem Alter immer größer werden8. Wir haben bereits einen Zirkelschluß bei der Erstellung der amerikani- schen wie auch europäischen Baumringchronologien historisch rekonstruiert: Am Anfang stand die Idee, wie Kalibrierkurven auszusehen hätten, und an diesem Vorbild wurden alle Baumringchronologien – in Amerika direkt, in Europa indirekt über Amerika – radiometrisch ausgerichtet. Die Geschichts- wissenschaft hat das Prinzip des Aktualismus legitimiert und folglich auch Absolutdaten zurückerhalten, die diesem Prinzip entsprachen. Die daraufhin unter physikalischen Gesichtspunkten betrachteten Indizien, daß der Prozeß von Zu- und Abnahme des atmosphärischen C14 nicht um einen »Gleichge- wichtszustand« pendeln kann, weisen in genau dieselbe Richtung: Eine Kali- brierkurve mit derartigen »Konvulsionen«, die permanent nahe der Winkel- halbierende verläuft, ist unwahrscheinlich und muß als Kunstprodukt ange- sprochen werden. Die Dendrochronologen haben mit den »wiggle« selber die Indizien vor- gelegt, daß dieser gleichbleibende Trend ein »fake« ist, zur Gänze artifiziell und aus dem aktualistischen Dogma geboren, welches die Einflüsse auf die Naturprozesse in der Vergangenheit genauso wirken sieht wie heute. Die 8 Beim Abfassen der Geschichte für das Nicht-Fachpublikum scheint es einen Hang zur Fokussierung auf möglichst »alte« Daten und zum Unterdrücken von »zu jungen« Daten zu geben [Lynch 1990, 29]. Es wäre angesichts der hier vorgelegten Widersprüche einmal darüber nachzudenken, wieweit diese Neigung auch zur unbesehenen Legitimation der konventionellen Kalibrierkurven beigetragen hat., 88 C14-Crash 2.9 Auswirkung unterschiedlicher Tendenzen in den Kalibrierkurven auf die Absolutdaten 1) Stationärer Fall 1:1 (»Winkelhalbierende«): Falls die C14-Konzentration in historischer Zeit ständig und überall gleich gewesen wäre, könnte ein C14-Alter als identisch mit dem Absolutalter betrachtet werden. 2) Kauri-Kalibrierung (»Vergreisung«): Falls die C14-Bilanz ein stetes An- wachsen der C14-Konzentration ausweist, erscheint ein C14-Datum tendenziell immer höher als das tatsächliche Alter. 3) Kalibrierung mit konventionellem Trend (»Verjüngung«): Falls die C14- Bilanz ein stetes Absinken der C14-Konzentration ausweist, erscheint ein C14-Datum tendenziell immer niedriger als das tatsächliche Alter. (BP = »before present«, vergleiche Kapitel 7.2), 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 89 Wirklichkeit kann nur in der Betrachtung der umfassenden Dynamik des at- 2.13 Die verfügba-ren Baumringchro- mosphärischen und ozeanischen Systems eingekreist werden, bei der Holz- nologien weiseneine monotone Ab- hammerargumente wie das des Aktualismus keine Chance mehr haben. nahme der atmo-sphärischen C14- Konzentration von rund 10% in 12.000 Jahren aus. Diese Ände- 2.7 Die Dendrochronologie als Mitläuferin rungsrate wird um ein Vielfaches von den kurzfristig – Die im dendrochronologischen Material offenbarten C14-Muster bieten für über wenige Jahr- hunderte – auftre- den seit je beunruhigenden archäologischen Befund des »one C14-date is no tenden Änderun- gen übertroffen. C14-date« einen ersten Erklärungsansatz. Da Diffusionsphänomene offen- Für das ständigeAustarieren der sichtlich eine große Rolle spielen, ist anzunehmen, daß lokal gesehen inner- disparaten Effekte,die diese kurzfristi- halb weniger Jahre eine markante und lokal begrenzte Änderung in der atmo- gen Veränderun-gen hervorrufen, sphärischen Konzentration stattfinden kann. Auf diese Weise sammeln sich gibt es keinen An-haltspunkt. Die unter Umständen sehr schnell C14-Jahrhunderte an, denn 1% Konzentrati- ausgewiesenelangfristige Statio- onsänderung zieht bereits ca. 80 Jahre Altersunterschied nach sich (vergleiche narität ist kein Er-gebnis der Kon- die Erläuterung des Zusammenhangs zwischen Konzentrationsänderung und struktion derBaumrinchronolo- Verschiebung des C14-Alters in Textbox 7.7 ). Dann ist der Verdacht nur all- gien, sondern wur-de dieser ur- zu berechtigt, daß Holzproben aus Bäumen auseinanderliegender Wuchsorte, sprünglich alsSelbstverständ- lichkeit unterlegt. die durch eine dendrochronologische Untersuchung als gleichaltrig nachge- wiesen wurden, ebenfalls erhebliche radiometrische Altersunterschiede auf- weisen können. Ein auf dieser Grundlage statistisch gemitteltes »Alter« hat dann eine völlig andere Bedeutung als unter Gültigkeit des Simultanitätsprin- zips. Ein überregionaler Vergleich wie bei dem »wiggle-matching« zwischen Amerika und Europa ist schlichtweg unzulässig. Die jüngsten 500 Jahre unserer Geschichte zeigen hinsichtlich der C14- Daten ein chaotisches Bild (vergleiche dazu Bild 5.3 , auch Wölfli [1992, 33]). Der zeitliche Anteil dieser Schwankungen wird u.a. auf eine Verbrennung C14-armer fossiler Rohstoffe zurückgeführt. Das erklärt aber nicht die Unein- 2.9 heitlichkeit der C14-Daten für nachweislich gleichaltrige Proben, die sich al- lerdings zwanglos aus lokal voneinander abweichenden Diffusionsphänome- nen erklären lassen. Die Vergangenheit liegt offenbar solange in einem radio- metrischen Datierungsnebel, wie sie chronologisch sicher bezeugt ist. Für Zeiträume, die dagegen chronologisch nicht abgesichert sind, müssen wir un- terstellen, daß es ganz automatisch Bestrebungen gegeben hat, zu Absolutda- ten für die Proben zu kommen, deren C14-Werte die Winkelhalbierende ab- zudecken vermochten (dazu auch Bild 2.8 ). Das ist prägnant in der Art und Weise zu ersehen, wie die lokalen Master der Irischen Eichenchronologie anfänglich präsentiert wurden [Smith et al. 1972]: Alle Master umfassten jeweils wenige 100 Jahre und wurden auf der Winkelhalbierenden monoton nach ihrem C14-Alter angeordnet. Auf diese, 90 C14-Crash 2.10 In tiefem Vertrauen Bereits im Frühstadium des Aufbaus der irischen Eichenchronologie setzte man auf strikte Stationarität der atmosphärischen C14-Konzentration [Smith et al. 1972]. So wurde eine dramatische Eingrenzung der zu überprüfenden Deckungs- lagen erreicht – und manche Chance auf echte Synchronitäten vertan., 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 91 Weise entstand eine Sammlung untereinander noch weitestgehend unverzahn- 2.14 Die Un-brauchbarkeit der ter Master, die sich gemeinsam sehr schnell über mehrere tausend C14-Jahre C14-Methode fürmindestens die erstreckten (Bild 2.10 ). Der nachgeschaltete Prozeß einer überregionalen jüngsten 500 Jahre(für die Absolutda- Verzahnung stagnierte dagegen immer wieder. Er gestaltete sich letztlich weit ten vorliegen, dieals sicher anzuse- mühseliger als das bloße C14-gestützte Auffüllen des Zeitraums, der für das hen sind) beruhtnicht primär auf besonderen, ins- Postglazial angesetzt worden war. Die Würfel waren in dem Moment besondere men- schengemachten gefallen, in dem mit der monotonen Anordnung der lokalen Master nach dem Umständen, die diesen Zeitraum C14-Alter begonnen wurde. für eine C14-Da- tierung ungünstig Überreste fossiler europäischer Eichen repräsentieren selten mehr als 300 erscheinen lassen.Die Umstände sind Jahre. Damit müssen die über einen Stamm ermessbaren C14-Gradienten un- generell ungünstig,so daß dieses Zei- ter konventionellem Gesichtspunkt deutlich unter 5% bleiben. Akribische tintervall als unter-ste Marge für den Meßreihen über entsprechend lange Sequenzen aus einem einzigen Baum Fehler bei der Re-konstruktion des konnten den Trend, wie er nach der Stationaritätsannahme zu erwarten wäre, Zeitpunktes derProbenentstehung naturgemäß gar nicht aufdecken, dafür aber permanente Konzentrations- genommen wer-den muß. schwankungen, die größenordnungsmäßig zehnmal stärker sind als der ver- langte Langzeittrend [Schwabedissen 1978, 115]. Es ist bekannt, daß innerhalb der Bäume ein dauerhafter Stoffwechsel stattfindet, der die wahre C14-Geschichte der Atmosphäre ohnehin verfälscht, wenn die Hölzer vor der Messung nicht einer umfassenden chemischen Wa- schung zugeführt werden [McPhail et al. 1983]. Übrig bleiben soll ein Cellulose- gerippe, das aus Ringen aufgebaut ist, die tatsächlich jeweils nur ein Jahr ge- stoffwechselt hätten. R.E. Taylor findet in seiner Monographie über die C14- Methode nur mühsam zu Worten, die sein Unbehagen verhüllen, wenn er schreibt, daß das verbleibende Problem nicht groß ist, falls das Prozedere der Vorbehandlung sorgfältig durchgeführt wird [Taylor 1987, 23]. Wir haben schon an anderer Stelle davon gesprochen, daß Aussagen über die Neigung einer Baumart, Fehlringe zu produzieren, auch auf die Analyse 2.10 von C14-Verläufen in entsprechenden Baumringsequenzen gestützt wurden. Je stärker das C14-Alter der älteren Ringe im Vergleich zu den Werten sinkt, die unter stationären Verhältnissen resultieren müßten, desto mehr Fehlringe werden angeblich produziert. Mindestens für die Sequoia sempervivens und den Kauri-Baum wurde dieser Zusammenhang aufgestellt. Da aber die Mi- kroschwankungen stationäre Verhältnisse generell ad absurdum führen, be- kommen wir einen Anhaltspunkt dafür, daß ein steilerer C14-Gradient die tat- sächlichen Verhältnisse besser wiedergibt und unsignifikante C14-Gradienten dagegen für einen ausgleichenden Diffusionsvorgang innerhalb der Baum- ringsequenzen sprechen. Die vorbehaltlos praktizierte Anordnung C14-datierter Baumringsequen- zen unter der Voraussetzung weitgehend stationärer Verhältnisse in Raum, 92 C14-Crash 2.11 Theorie und Praxis in der Dendrochronologie Zur Beurteilung der Synchronität zweier Baumringsequenzen wird ihre »Gleichläufigkeit« herangezogen, mit der Jahr für Jahr die Übereinstimmung in der Änderung der jeweiligen Ringbreite – Zu- oder Abnahme – abgefragt wird. Die einzelnen Baumschicksale können so unterschiedlich sein, daß einzig die aus mehreren Dutzend solcher Sequenzen gewonnene Mittelkurve als Vergleichs- maßstab herangezogen wird. Sicherlich ist hier in verstärktem Maße »Fleiß, Er- fahrung und Vorsicht« [Leuschner 1994, 126] des Dendrochronologen gefragt., 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 93 und Zeit muß in die Irre geführt haben. So erschließt sich auch für die süd- 2.15 Die Vermu-tung von Forstbo- deutsche Eichenchronologie B. Beckers ein bedenklicher Umgang mit C14- tanikern, daß be-stimmte Bäume Daten. Wo Gleichläufigkeitstests keine signifikante Synchronität zwischen lo- zur systemati-schen Ausbildung kalen Mastern oder auch zwischen einzelnen Sequenzen erbringen konnten von Fehlringenneigen, stützt sich (zu den praktischen Schwierigkeiten vergleiche auch Bild ), wurden C14- auch auf C14-Da- 2.11 ten aus entspre- chend langen Daten herangezogen, um ihre vorläufige Stellung zueinander zu bestimmen. Baumringsequen- zen: Je steiler der Dabei kann von einer deutlichen Neigung gesprochen werden, widersprüchli- C14-Gradient in den Baumringse- che Daten einfach zu ignorieren. Für alle Haupthorizonte lagen phasenweise quenzen ausfalle, desto mehr Fehl- solche widersprüchlichen Daten vor. ringe müßten aus-gebildet worden Für den Haupthorizont »Donau 5« (217 - 618 AD) lagen C14-Daten vor, sein. Ein Ungleich-gewicht in der die in Ansehung der dendrochronologischen Datierung um 230 bzw. 500 Jah- atmosphärischenC14-Konzentration re zu alt sein sollten. Ähnliches muß auch 1990 für Dendro-Daten aus der wurde und wird da-gegen nicht erwo- Frühgeschichte der Lausitz festgestellt werden [Becker/Wetzel 1990, 247]. Die gen. Autoren schlossen deshalb seinerzeit nicht aus, daß es im Frühmittelalter ganz erhebliche C14-Schwankungen gegeben habe (vergleiche dazu Annahme 5 in Bild 2.12 ). Innerhalb des Haupthorizonts »Donau 4 - Main 12 (397 BC - 216 AD) mußte sogar zugestanden werden, daß 100 Baumring-Jahre knapp 1.000 C14-Jahre [Becker/Frenzel 1977, 48] repräsentierten, wobei die Autoren den stö- renden, rund 900 Jahre älteren Wert unter der Vermutung ausscheiden, daß es sich um eine Verwechslung im Labor gehandelt haben müsse. Es wird er- wähnt, daß die zeitliche Einordnung der fraglichen Sequenz in früheren Publi- kationen »leider« noch nach diesem Datum vorgenommen worden sei. Wie oft, so muß man dann fragen, hat man sich unerkannt oder auch nur unwider- sprochen auf ähnliche Daten für den weiteren Aufbau der Chronologie verlas- sen, um nach vielen Mühen am Ende durch eine »geglückte Synchronität« be- lohnt zu werden? Die dendrochronologische Literatur atmet durchweg ungetrübte Vertrau- 2.11 ensseligkeit hinsichtlich der Grundvoraussetzung der Stationarität der C14- Verhältnisse. Das ist verständlich, wenn das allgemeine Dilemma der Den- drochronologie bedacht wird: Ohne Vordatierung der vorgefundenen Baum- ringsequenzen wird ein Versuch der Synchronisierung immer wieder aus- sichtslos sein. Die Not der Dendrochronologen angesichts schwimmender und nicht vor- datierbarer Baumringsequenzen war und ist groß. Die vorhandenen schwim- menden Chronologien sollten und mußten in eine Baumringchronologie ein- gearbeitet werden, die am Ende das Postglazial von wohl 12.000 Jahren Län- ge lückenlos zu überdecken hatte. Wenn eine unbekannte Holzprobe auf eine Brauchbarkeit zur Erweiterung des »Masters« (der Standardsequenz) hin un- tersucht wird und kein Anhaltspunkt existiert, in welchen Bereich der Chro-, 94 C14-Crash, 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 95 2.12 E. Hollstein und die Völkerwanderungslücke Bereits 1995 hatte einer von uns (H.-U. Niemitz) die Entwicklung der europäi- schen Dendrochronologie im Hinblick auf bevorstehende Kontroversen um die These der mittelalterlichen Chronologierevison untersucht. Welche Probleme, so lautete damals die Frage, hätten sich in der Geschichte der Dendrochronolo- gie zeigen müssen, wenn drei Jahrhunderte zu viel in der heute akzeptierten Chronologie stecken würden [Niemitz 1995, 298]? Im Hinblick auf den als fiktiv erkannten Zeitraum zwischen rund 600 - 900 AD wären folgende Umstände zu erwarten: 1. Mangel an Holzfunden für diesen Zeitraum (wegen einer Verteilung ohnehin seltener Funde auf einen doppelt so langen Zeitraum). 2. Besonders schwerwiegende Datierungs- bzw. Synchronisationsprobleme, Tendenz zum Erproben neuer Methoden bis hin zum Methodenwechsel. 3. Baumringfolgen aus diesem Zeitraum würden den folgenden oder ihnen vor- angehenden Baumringfolgen von vergleichbarer Länge ähnlich sein; Willkür bei der Zuordnung der Proben 4. An zwei Stellen wären extreme Probleme zu erwarten, die Standardsequenz zu schließen. 5. C14-Daten und Dendro-Daten klafften im Bereich zwischen diesen Stellen stärker als sonst auseinander. Alle diese Umstände liegen in ausgeprägter Weise für den fraglichen Zeitraum vor. Hier zeigen wir das Diagramm (aus Hollstein [1980, 11]) der zeitlichen Be- legdichte, d.h. der Anzahl der Holzproben, die E. Hollstein zum Aufbau der Mit- teleuropäischen Eichenchronologie heranzog, das (im Jahre 1974 und auch noch 1980) zwei bemerkenswerte Minima im Abstand von etwa 330 Jahren aufweist (vgl. Punkt 4). Je weniger Holz zur Verfügung steht, desto kleiner wird die Si- cherheit gegen Irrtum beim Aufbau der Chronologie. Es ist offensichtlich, daß sich die Dendrochronologen hier an den Stellen minimaler Belegdichte – etwa um 350 und erneut um etwa 700 AD – der größten Gefahr eines Irrtums ausge- setzt haben. Sie wagten nicht, in diesem Zeitraum unabhängig von der histori- 2.12 schen Chronologie zu datieren, weil das zur als absurd empfundenen Notwen- digkeit hätte führen können, Jahrhunderte aus dieser zu streichen. Deshalb schwächten die Dendrochronologen ihre Methoden so stark ab, daß sie den vorgegebenen Chronologien der Historiker folgen konnten (nicht zuletzt bedurften sie auch deren Anerkennung, um ihre Forschung weiterhin bezahlt zu bekommen). Damit waren sie methodisch aber auch nicht mehr in der Lage, et- waigen Widersprüchen zu C14-Daten die Stirn zu bieten., 96 C14-Crash 2.13 Absolutdatierung durch »wiggle-matching« Das Bild veranschaulicht die Lage der postglazialen Eichenringchronologie für Süddeutschland um 1980. Ursprünglich wurden die schwimmenden Chronologi- en nach dendrochronologischen Charakteristiken sowie nach ihren konventio- nellen C14-Altern angeordnet (oben), später dann (unten) nach Synchronlagen ihrer jeweiligen C14-Muster gegenüber denen aus der amerikanischen Bristleco- ne-Pine-Chronologie [Becker 1980, 220]. Im Vertrauen auf die jahrgenaue Treff- sicherheit dieses »wiggle-matching« wurden die so entstandenen Lücken in den folgenden Jahren nach und nach aufgefüllt., 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 97 nologie sie hingehört, dann könne » ... die a-priori-Wahrscheinlichkeit für das 2.16 Das »dendro-chronologische Di- Auffinden des richtigen Datums [d.h. die richtige Synchronlage] so klein wer- lemma« bestehtdarin, auf die Vor- den, daß wenig Aussicht besteht, es auch wirklich zu finden« datierung eines[Hollstein 1970, einzelnen Holzes 147]. Für E. Hollstein war die Erarbeitung einer Baumringchronologie ohne oder einer größe-ren Zahl bereits in Vordatierung durch die Geschichtswissenschaft unseriös, barg eine Vorge- sich verzahnterHölzer vertrauen zu müssen, um hensweise ohne diese Unterstützung doch die Gefahr einer Fehldatierung, in- daraufhin solange nach weiteren lük- dem unter den nunmehr vieltausendfachen Möglichkeiten eine falsche »Syn- kenfüllenden Höl- zern zu suchen, chronisierung« den Zuschlag bekommen könnte. bis sich dieses Vertrauen endlich Die meisten Kollegen Hollsteins verließen sich dagegen bei der Vordatie- als gerechtfertigtherausstellt. rung auf die C14-Methode, mit deren Hilfe man in Ermangelung jeglicher ab- solutdatierbarer Holz-Artefakte bis ins frühe Postglazial vorstoßen wollte. H. Schwabedissen [1983, 284] bemerkte allerdings, daß Untersuchungen von C14- Physikern und Dendrochronologen allein nicht zum Ziel führen können, son- dern »stets kompetente Archäologen« eingeschaltet sein müßten. Wir teilen die Ansicht Hollsteins über die grundsätzlichen Schwierigkei- ten, voraussetzungslos die Synchronlagen für eine Baumringsequenz zu er- kennen: Ohne Vordatierung ist ein Erfolg bei der Synchronisierung generell nicht zu haben. Die vorbehaltlose Anerkennung der historischen Chronologi- en durch Dendrochronologen wie Hollstein, die ihre Synchronlagen beden- kenlos dem Regime einer nach teils zweifelhaften Kriterien entstandenen christlichen Zeitrechnung unterwerfen, lehnen wir dagegen ab. Wer auf die Hilfe anderer Methoden zurückgreifen möchte, muß sich über deren Taug- lichkeit informieren. Bei dem Rückgriff auf historische Daten, die in den Kontext europäischer Geschichte eingebunden sind, wähnt sich die Dendrochronologie absolut si- cher. Es wird solange verglichen, bis das Auffinden einer adäquaten Syn- chronlage gelingt. Dendrochronologen sprechen in diesem Zusammenhang 2.13 gerne von einer am Ende »geglückten« Synchronisierung (vergleiche dazu et- wa Becker/Schmidt [1982, 104]), doch selbst eine »überzeugende Synchronität« [Schwabedissen 1983, 282 über den Master von »Kirnsulzbach«] kann sich im Nachhinein als falsche Datierung erweisen [zusammenfassend z.B. Schmidt/Freundlich 1984, 234]. H.-U. Niemitz [1995; auch Illig 1991] hat für den Zeitraum der sogenannten Völ- kerwanderungslücke zwischen dem Ende der Römerzeit (ca. 400 AD nördlich der Alpen) und dem Frühmittelalter eine auffällige Häufung von Bedingungen beschrieben, die auch nach den immanenten Kriterien für die Dendrochrono- logie inakzeptabel sind, und die wahrscheinlich erst nach einer Loslösung vom Primat »überlieferte Chronologie« durch andere Synchronlagen aufge- löst werden könnten (vgl. Text zum Bild 2.12 )., 98 C14-Crash 2.14 Widersprüche zwischen jahrgenauen Chronologien Die Autoren dieser warvenchronologischen Studie von 1994 stellen eine Über- einstimmung der C14-Werte in ihrer jahrgenauen Chronologie mit denen der Dendrochronologie für die letzten 2.000 Jahre fest [Brauer et al. 1994, 329]. Bei höherer Auflösung lassen sich für diesen Zeitraum allerdings Diskrepanzen von mehreren C14-Jahrhunderten konstatieren, was für jahrgenaue Chronologien ei- nerseits und unter strikter Gültigkeit des Simultanitätsprinzips andererseits nicht akzeptabel ist. In einer der beiden Prämissen – in der Jahrgenauigkeit beider Chronologien oder dem Simultanitätsprinzip – muß ein Fehler stecken. Unab- hängig davon ergibt sich für den Zeitpunkt vor 2.500 BP ein Versatz der Kurven von über 1.000 C14-Jahren, dessen Ursache »allerdings noch nicht genau be- kannt« [329] sei. Für diese warvenchronologische C14-Kalibrierkurve mußten »Messungen an umgelagertem Material« ausgeschlossen werden. Es ist schon auffällig, daß zwi- schen rund 4.000 und 9.000 BP nur ein Meßwert vorkommt. Deshalb fragen wir uns auch, ob die Massierung der Meßwerte einschließlich des Anstiegs der Kurve bei etwa 11.000 BP auf eine »Kalibrierung« am konventionellen Datum für den Beginn des Postglazial zurückzuführen ist? Nachtrag zur Neuauflage: In einer spä- teren Arbeit wurden Warven- und Baumringchronologie wieder zur Deckung gebracht – ein starker Hinweis, wie unsicher die Interpretation jahrgenauer Ent- stehung der Warven tatsächlich ist! (vgl Blöss/Niemitz 1998a; 1998b; auch Haj- das et al. [1995, 75]), 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 99 Auf die Abhängigkeit von der Vordatierung angesprochen, versichern Dendrochronologen gewöhnlich, daß die Stichhaltigkeit einer Hilfswissen- schaft, die für die Vordatierung von Baumringsequenzen hinzugezogen wurde, ohne Belang sei, da am Ende ausschließlich der methodisch hochver- läßliche Maßstab der Dendrochronologie angelegt werde. Dem stehen sowohl die offen verhandelten und hernach korrigierten als auch die nur indirekt zu erkennenden Fehler und Widersprüche in den einzelnen Baumringchronologi- en entgegen [Orcel 1985, 115; Baatz 1983, 719; Schmidt/Freundlich 1984, 233; Kromer et al. 1996, 607]. Ebenso sei die Frage erlaubt, wozu man diese Hilfswissenschaft überhaupt verwendet, wenn sie am Ende eigentlich doch nicht zur Wirkung gekommen ist? Die Behauptung, daß Vorplazierungen durch C14 keinerlei Vorentscheidung über die spätere Synchronlage beinhalte, ist schlicht falsch. Wir möchten dem Leser ein drastisches Beispiel vor Auge führen, um die Abhängigkeit der Dendrochronologie von C14 zu verdeutlichen (Bild 2.13 ): Die Lage der schwimmenden Sequenz »C« der süddeutschen Eichenchronolo- gie – sie umfasste seinerzeit [Becker 1980, 219] immerhin 2.350 Jahre – erhielt eine erste zeitliche Verankerung auf der Basis des Fundamentalprinzips (prin- zipiell eines C14-Werts) mit dem ungefähren Datum »900 v.Chr.« für den jüngsten Ring. Nach dem Abgleich einer großen Anzahl zusammengehöriger C14-Werte mit entsprechenden Werten einer bereits absolut datierten Ringse- quenz jenseits des Atlantiks verschob sich dieses Datum um knapp 1.000 Jah- re in die Vergangenheit. In der später erfolgten dendrochronologischen Ver- zahnung verifizierte man die Treffsicherheit dieser gewaltigen Verschiebung mit einer unscheinbaren Korrektur von weniger als 10 Jahren [Linick et al. 1985, 21]. Wenn die dendrochronologische Verzahnung über jeden Zweifel erhaben wäre, dann wäre im Nachhinein wiederum das Simultanitätsprinzip aufs Glän- zendste bestätigt. Da das Simultanitätsprinzip aber bei Lichte betrachtet als 2.14 falsch angesprochen werden muß, so muß sich zugleich die Dendrochronolo- gie kritische Fragen gefallen lassen, etwa, ob sie es wirklich für einen Zufall hält, daß sie ein korruptes C14-Ergebnis so genau getroffen hat? Wissenschaft schreitet ausgehend von bewährten Prämissen voran. Wenn sich Schlußfolgerungen als falsch erweisen, werden die Ableitungen aus den Prämissen und am Ende auch die Prämissen selber kritisch untersucht und in einer Weise angepaßt, daß sich die Schlußfolgerungen wieder als richtig er- weisen. Die hier in Frage stehende und von der Dendrochronologie die läng- ste Zeit weidlich ausgeschlachtete Prämisse ist die von der Quasikonstanz des C14-Gehaltes der Atmosphäre einhergehend mit der globalen Synchronisier- barkeit von C14-Mustern. Wenn diese Prämisse falsch ist – und wir müssen diesen Schluß aus den vorliegenden Indizien ziehen –, dann sollte das auch, 100 C14-Crash 2.15 Meßfehler oder »wiggle«? In beiden Bildern kommt die ungeheu- re Anstrengung zum Ausdruck, aus einem an sich erratischen Meßwertkorpus ein systematisches Ver- halten herauszu- messen. Im Bild links [Ralph, Klein 1979, 552] werden die un- behandelten Daten (unter Weglassung von »Ausreißern«) durch die ungefüllten Punkte ($) darge- stellt, die gefüllten Punkte (%) sind be- reits aus einer digita- len Filterung entstanden und werden ansatzweise durch sinusoidale lokale Kur- venzüge wiedergegeben. Die glatte Kurve rührt hingegen aus einem Polynom 6. Ordnung. Im Bild unten setzt R.M. Clark [1979, 54] seine glatte Ausgleichskurve gegen die geschwungene Kurve von H.E. Suess, um seiner Ansicht von der Künstlichkeit von »wiggle« Nachdruck zu verleihen. Diese Schwierigkeit, einen »wahren« Trend in die Meßwerte hineinlesen zu können, bewirkten, daß u.a. Damon et al. [1978, 488] feststellten, daß der gegen- wärtige Stand der Dinge kaum erlaube, die jüng- sten aus Sonnenaktivitä- ten rührenden C14- Fluktuationen eindeutig zu bestimmen. Nichts- destotrotz verließen sich die europäischen Dendrochronologen auf die Realität weltweit identischer C14-Muster, um sich via »wiggle-mat ching« tentative Abso- lutdaten für ihre schwimmenden Baum ringchronologien zu be schaffen., 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 101 von Widersprüchen in den abgeleiteten Schlußfolgerungen reflektiert werden. Mit der Versicherung, daß die Baumringchronologien absolut in Ordnung sei- en, entsteht also die paradoxe Situation, daß die Prämisse wohl falsch sein mag, die Schlußfolgerungen hingegen in jedem Fall unantastbar richtig wären. Die Dendrochronologie ist eine der ganz wenigen historischen Diszipli- nen, die für sich in Anspruch nehmen kann, jahrgenaue Chronologie auch für die vorgeschichtliche Epoche darstellen zu können. Die damit verbundene Hi- storie bezieht sich dabei jedoch bis auf wenige Ausnahmen auf sehr spezifi- sche Ereignisse: ! Regionale und baumtypische Ausbildung von Ringbreiten ! Indizien für die regionale Entwicklung des Klimas ! Lokales Abbild der atmosphärischen C14-Konzentration ! Historischer Bezug bei archäologischer Vergesellschaftung mit Hölzern Aus diesen historischen Elementen läßt sich leicht ableiten, wie selten es syn- chronistische Klammern zur menschlichen Früh- und Vorgeschichte geben wird, die zu einer substantiellen gegenseitigen Überprüfung der Chronologien verwendet werden könnten. Mit anderen Worten: Baumringchronologien ste- hen relativ einsam auf chronologischer Flur9. Uns überrascht es daher nicht, wenn es zu Widersprüchen mit anderen jahrgenauen Chronologien wie etwa der Warvenchronologie kommt (Bild 2.14 ). Wir müssen vermuten, daß in dem zurückliegenden, rund 2.500 Jahre um- fassenden Zeitraum, in dem eine Synchronität zur Chronologie der Historiker vorliegt, für die Europäischen Eichenchronologien letztlich nur die Baum- ringsequenzen Berücksichtigung fanden, die mit ihren C14-Werten den An- schluß an die zurückliegenden, über »wiggle-matching« angepaßten Bereiche 2.15 ermöglichten. Dabei wird es eine entscheidende Rolle spielen, welche Baum- ringe letztlich beprobt wurden und welche radiometrische Altersstreuung die- se tatsächlich aufweisen. Wir gehen davon aus, daß diese Streuung der C14- Daten für dendrochronologisch tatsächlich synchronisierbare Ringfolgen au- ßerordentlich hoch ist (vergleiche dazu Bild 2.15 ), und daß innerhalb dieses Intervalls Proben letztlich so gewählt wurden, daß der lokale Trend am Ende immer zu dem übergeordneten Trend der Bristlecone-Pine-Chronologie pass- 9 Im Gegensatz zur Dendrochronologie, die eine generelle Jahrgenauigkeit beansprucht, will S. Bowman [1990, 62] die C14-Methode bezeichnenderweise nur für das Verständnis der ungeschriebenen Geschichte als unverzichtbares Hilfsmittel verstanden wissen. Die Methode ist auch nach offiziellem Verständnis zu ungenau, um der geschriebenen Geschichte mehr als nur vage Anhaltspunkte geben zu können., 102 C14-Crash 2.16 Chronologisch verzerrte Sequenzen erzeugen »wiggle« »Wiggle« können auch entstehen, indem die aus Baumringen gewon- nenen C14-Sequenzen systematisch auf der Winkelhalbierenden (als Repräsentantin des sta- tionären Zustandes der C14-Konzentration in der Atmosphäre) pla- ziert werden – aller- dings nur für den Fall, daß die Gesamtproduk- tion für C14 tatsächlich systematisch höher als die summarische Zer- fallsmenge liegt. In dem Bild links werden »wigg- le« durch eine zwangs- weise Anordnung von Teilsequenzen auf der Winkelhalbierenden erzeugt. Die gegenläufigen Teilstücke entsprechend Kurven- form C (vergleiche Bild 2.7 ) wären in diesem Fall artifiziell und würden auf irre- führende Weise eine Mehrdeutigkeit der C14-Jahre hervorrufen. Wenn die Produktions- rate für C14 dagegen syste- matisch niedriger liegen würde als im stationären Zustand, dann müßten Teil- stücke mit einer Mehrdeu- tigkeit der Baumringjahre entstehen. Das sollte ei- gentlich sofort als Wider- spruch zum Simultani- tätsprinzip auffallen, kann aber sogar der kompletten Leserschaft eines wissen- schaftlichen Bestsellers ent- gehen (Bild rechts aus D. Rohl [1996, 454], wo in diesem Fall jedoch »nur« C14- und Kalenderjahre vertauscht wurden)., 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 103 te. Wir weisen an dieser Stelle darauf hin, daß die Kurvenbereiche »C« mit 2.17 Baumringse-quenzen mit Jahr- retrogradem Verlauf auch dadurch entstehen können, daß eine tatsächlich viel ringfolgen übermehrere Jahrhun- steiler verlaufende Kalibrierkurve in mehrere Teilstücke auseinandergerissen derte offenbarenMuster in der und diese Teilstücke dann auf die Winkelhalbierende verschoben werden. C14-Kon-zentration, die auf Das künstliche Flicken der Bruchstellen kann grundsätzlich nur mit Kurven- starke Schwankun-gen in der Diffusi- on von C14 bzw. bereichen geschehen, die ein wachsendes C14-Alter bei tatsächlich fallendem C12 zurückzufüh- ren sind. Diese Absolutalter aufweisen (vergleiche die Bilder 2.16 und 9.2 , auch Zeller [1996, Diffusionen kön- nen nur regiona- 519]). len, nicht aber glo- balen Charakter haben. Ein überre- gionaler Vergleich dieser Muster zum 2.8 Zusammenfassung Zwecke der zeitli-chen Synchroni- sierung, wie es Die C14-Wissenschaft hat ein ganz großes Problem mit unzuverlässig ausfal- das Simultani-tätsprinzip legiti- lenden C14-Daten. Aber es ist ihr bis zu einem gewissen Grade gelungen, die- miert, muß zu fal-schen Ergebnissen ses Problem auf die Archäologen abzuwälzen, indem von diesen verlangt führen. wird, möglichst viele Proben zu sammeln, deren C14-Daten in einer Zusam- menschau dann auf statistischem Wege geheilt werden könnten. Mehr ge- fühlsmäßig als argumentativ gut begründet lehnen hier aber viele Historiker die ausgemittelten Zeitangaben ab. Das Gefühl trügt sie nicht: Nicht nur, daß ein solcher Mittelwert ohne Aussagekraft und zugleich die angegebene Feh- lerschranke illegal ist, auch der große Retter-Komplex »Kalibrierung« steht infolgedessen auf tönernen Füßen: Die heute angewendete sogenannte »Präzi- sionskalibrierung« ist nicht aus einer in sich stimmig erstellten Baumringchro- nologie gewonnen, sondern hat vielmehr in der Ur-Form der Winkelhalbie- renden von Anfang an den Aufbau aller relevanten Baumringchronologien ge- lenkt und geleitet. Wir gehen heute mit der Vermutung soweit, daß am Ende nur die Baumarten zur Auswertung zugelassen wurden, deren Inkorporations- und Diffusionsverhalten zur Annäherung der C14-Konzentration an den fikti- 2.16 ven stationären Trend führt. Der Glaube an die Gleichförmigkeit der Naturprozesse konnte durch ei- nen einzigen Hinweis (Bild 9.12 nach Willis et al. [1960]), daß die atmosphä- rische C14-Konzentration in den vergangenen 1.000 Jahren um einige wenige Prozent geschwankt haben müsse (und nicht einmal gestiegen bzw. gefallen sei), in eine tiefe und langanhaltende Krise gestürzt werden. Man vergleiche dagegen die Nonchalance, mit der heutzutage »Schwankungen« bilanziert werden, die in der Größenordnung des Nominalwertes selber liegen (dazu Bild 2.17 ). Die Rettungsanstrengungen zielten darauf, diese wenigen Prozent Schwankungen zu beherrschen und sie gründeten darauf, daß damit die al- leroberste Grenze aller möglichen Veränderungen bekannt und am Lang- zeittrend somit keinerlei Zweifel möglich war. Diese Absicht wird in der in, 104 C14-Crash 2.17 »Schwankungen« oder Trend? In einem Artikel für RADIOCARBON versuchen H. Zbinden et al. [1989], den C14- Gehalt der Atmosphäre für die letzte Phase der Eiszeit zu rekonstruieren. Die Grundlage bilden 6 Bohrkerne aus Sedimenten schweizerischer Seen. Die Abso- lutdatierung einzelner charakteristischer Perioden geschieht über die Synchroni- sierung der Periodenübergänge, die mit deutlich dokumentierten Temperatur- sprüngen verbunden waren, zur schwedischen Warvenchronologie. Die Autoren merken an, daß die Warvenchronologie »mehr oder weniger subjektiv« durch Vergleich geomorphologischer Muster entstanden sei. Es wird festgestellt, daß ein »dramatischer Anstieg« des C14-Gehaltes von 10% während des AllerØd – also binnen ca. 800 C14-Jahren – stattgefunden ha- ben muß [Zbinden et al. 1989, 800]. Eine unbefangene Sichtung der Daten wird für den gesamten betrachteten Zeitraum einen Konzentrationsanstieg konstatie- ren, dessen Größenordnung durch das Maß des Koordinatenkreuzes gegeben ist: 20% in 4.000 Jahren – ohne die Absolutdatieung an dieser Stelle diskutieren zu wollen. Dieser Anstieg ist – auch nach konventionellen Gesichtspunkten – mit einer Erhöhung der stationären Produktionsrate von rund 40% verbunden. Allen Grund also, hier von einem Trend zu sprechen und nicht etwa von »Schwankun- gen«., 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 105 Bild 9.12 wiedergegebenen suggestiven Darstellung der gemessenen Abwei- chungen als reine Schwankungen deutlich. Es ist von besonderer Ironie, daß die Protagonisten dieser jahrzehntewäh- renden, nahezu permanenten Rettungsaktion mit lokalen – teilweise nur hand- gezeichneten – Kurvenformen operierten, deren mathematische Analyse um- gehend zur Sprengung ihres aktualistischen Leitgedankens geführt hätte. Je- der mit »kosmischem Schwung« [Suess 1970a, 310; Suess 1990, 8] gezeichnete »wiggle« bedeutete eine lokale Kleinkatastrophe mit Produktionsexzessen und Diffusionsströmen, die für ein Vielfaches des für wahr gehaltenen statio- nären Umsatzes an C14 standen. Daß niemand jemals auch nur eine einzige quantitative Analyse dieser lokalen Approximation der vorliegenden Meß- werte vorgenommen hatte, kann nur mit dem tiefen Glauben an die Gleichför- migkeit der Naturprozesse erklärt werden. Die Entwicklung der Natur- und der Geistesgeschichte ist heute über die Idee, daß Naturprozesse seit langem in grundlegend stationäre Verhältnisse gemündet sein müßten, weit hinausgegangen und hat die Vorstellung von per- manenten chaotischen Übergängen zwischen dynamisch stabilen Zuständen geprägt: Naturgeschichte ist eine Abfolge von Umwälzungen lokalen bis hin zu globalen Ausmaßes. Ein stationärer Zustand ist nicht mehr das Sinnbild ei- ner zum Frieden immerwährender Prosperität gelangten Natur, sondern das Synonym einer allzeit gefährdeten Ruhe vor dem Sturm, die durch kleinste Veränderungen in den Randbedingungen beendet und in Form einer Katastro- phe innerhalb eines kurzen Zeitraumes in einen völlig anderen Zustand über- gehen kann. Würde die C14-Methode erst heute erfunden werden, käme niemand mehr auf die Idee, diese zur globalen Absolutdatierung aufbauen zu wollen. Die vielfältigen Erfahrungen mit Fluktuationen und Umschwüngen ließen realisti- 2.17 scherweise lediglich die Idee entstehen, nach einheitlichen und – vor allem – signifikanten Veränderungen in der C14-Konzentration als überregionale zeit- liche Klammer zu suchen. Man würde auf C14-Konzentrationsprünge zeitlich eng benachbarter Proben achten, ohne streng zu verlangen, daß die absolute Konzentration dabei in allen in Frage kommenden Orten bzw. Proben unbe- dingt gleich sein müsse. Von dieser Warte aus würde eine moderne C14-Wis- senschaft niemals die Führerschaft in der Frage nach Absolutdaten beanspru- chen wollen oder können. Die »Bruderwissenschaft« der Dendrochronologie hat ihre Baumringse- quenzen in ein Stadium getrieben, das sie ohne C14 niemals erreicht hätte. Wenn manche ihrer Vertreter auch von sämtlichen anderen existierenden Ab- solutchronologien als ihr »untergeordnet« sprechen [Baillie 1995, 12] und die, 106 C14-Crash dendrochronologische Methode als »gleichsam atemberaubend in ihrer Ele- ganz und Einfachheit« [1995, 17] bezeichnen und ihre Ergebnisse aus einem »ultimativen chronologischen Maßstab« [1990/91, 27] abgeleitet sehen, die »un- glaublich genau« [1995, 17] und gegebenenfalls »absolut sicher« [1995, 26] seien – so bräche sie doch sofort zusammen, wenn sie ohne Hilfe durch C14 und unter Berücksichtigung aller jemals gesammelten Proben das nach jahrzehnte- langer Arbeit erzielte Ergebnis noch einmal reproduzieren sollte. Trost könn- te allenfalls darin bestehen, daß auch andere Absolutchronologien in eine ähnliche Verlegenheit gebracht werden können. 2.9 Hinweise auf die kommenden Kapitel Mit diesem Kapitel wollten wir zeigen, daß von zwei völlig unterschiedlichen Standpunkten aus – von dem der Chronologie und dem der Physik – zentrale Schwachstellen der C14-Methode gleichermaßen ausgeleuchtet werden kön- nen. Es ist wichtig, von Beginn an die Tiefe der Verstrickung sowohl der C14-Methode als auch der Dendrochronologie in unreflektiert ausgeschlach- tete künstliche und falsche Ordnungsprinzipien zu erkennen. Erst daraus kann das richtige Verständnis des offiziellen Umgangs mit all den vielen, vielen nur scheinbar peripheren Problemen erwachsen. Diese Probleme lassen sich weitestgehend aus dem fundamentalen Irrtum ableiten, der in der Anwendung des Aktualismus liegt: »natura non facit sal- tum«. Die jeweiligen Lösungsversuche zeigen ein ums andere Mal, daß das Ausmaß der Fehlgriffs nicht erkannt und das richtige Fazit aus der Summe der Probleme nicht gezogen werden kann, solange diese jeweils als nur klein und isoliert wahrgenommen werden. Im folgenden (dritten) Kapitel versuchen wir für die Geschichtswissen- schaft im Allgemeinen und für die Dendrochronologie im Besonderen jeweils eine Position zu bestimmen, von der aus die Leistung der C14-Methode nach unvoreingenommenen Kriterien beurteilt werden kann, ohne sich bereits in ir- gendeiner Form von ihr abhängig gemacht zu haben. Daraus ergibt sich zwangsläufig, daß wir die C14-Methode an ihren eigenen Ansprüchen messen und demzufolge kritisieren müssen. Das darauf folgende 4. Kapitel faßt die vorangegangenen Kapitel in Verbindung mit mehreren Graphiken zusammen. Die Kapitel 5 und 6 sind historischen Betrachtungen gewidmet und glie- dern sich wie folgt:, 2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals 107 ! Unter welchen Vorstellungen (und nicht zuletzt mit welchen Vorurteilen) wir diese Untersuchung gestartet haben und anhand welcher Erkenntnisse wir jeweils unser Urteil weitergebildet haben (Kapitel 5). ! Wie denkbar schlecht die meßtechnischen und probenspezifischen Vor- aussetzungen etwa im Vergleich mit (durchaus ökonomisch orientierten) radiomedizinischen Untersuchungen ausfallen (zu Beginn des Kapitel 6). ! Wie und unter welchen allgemeinen Bedingungen die C14-Methode bis zur Veröffentlichung 1949 entwickelt wurde (Kapitel 6). In den restlichen drei Kapiteln 7, 8 und 9 werden mehrere Problemkreise ver- tieft erörtert: ! Wie das Instrument der Statistik zur Vertuschung der unverstanden ge- bliebenen Streuung und damit letztlich zur scheinbaren Gesundung der C14-Absolutdaten eingesetzt wird (Kapitel 7). ! Zu welcher Höhe sich die Einzelfehler tatsächlich summieren, wenn alle offiziell bekannten, in der Regel aber nur im Einzelfall behandelten Pro- bleme einmal konsequent zusammengeschaut werden (Kapitel 8). ! Was im Einzelnen für Einschränkungen (etwa im Umfang der Bilanzglei- chung für C14) vorgenommen und welche Umwege (besonders bei dem Verfahren der Kalibrierung selber) eingeschlagen worden sind, um den Mythos von der Absolutdatierbarkeit durch C14 am Leben zu erhalten (Kapitel 9). ! Wie das Bild, das sich die Wissenschaftler von der quasi-stationären zeit- lichen Entwicklung der C14-Konzentration der Atmosphäre trotz klarer Indizien für den gegenteiligen Trend ausgemalt hatten, das Verfahren der Kalibrierung geprägt hat (Kapitel 9). In diesen letzten drei Kapiteln finden sich alle Argumente und Betrachtungen, auf die sich auch die vorangegangenen Kapitel des Buches gestützt haben, die wir zur Wahrung des allgemeinen Verständnisses von fachspezifischen Dis- kursen jedoch möglichst frei halten wollten., 108 C14-Crash 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand 3.1 Keine Datierung ohne Chronologie Sowie es um die C14-Methode geht, wird auch ein eher unsensibler Beobach- ter ein gespanntes Verhältnis zwischen Historikern und Naturwissenschaftlern bemerken. Wir haben bisher nur Historiker getroffen, die privatim aus dem Stand heraus mit Vorbehalten gegenüber der C14-Methode reagierten. Diese Aversion erwächst vor allem aus dem Gegensatz zwischen dem programma- tisch gegebenen Absolutheitsanspruch der C14-Methode auf der einen Seite und deren ungelösten Widersprüchen in Verbindung mit anhaltenden Kontro- versen zu Datierungsfragen auf der anderen Seite. Dabei war die Haltung der Altertumswissenschaftler in der Frühphase der Entwicklung der C14-Methode durchaus wohlwollend. Man versprach sich dringend benötigte Hilfestellung bei der Datierung. Das Zerschlagen ganzer Chronologiesysteme, wie es sich dann im Laufe der siebziger Jahre abzeich- nete, wurde dagegen weitgehend als unzumutbare Einmischung abgelehnt. Der Wandel in der Haltung gegenüber der C14-Methode kann am Beispiel H. Müller-Karpes, einem der angesehensten deutschen Altertumsforscher, ver- deutlicht werden. 1966 teilte H. Müller-Karpe mit vielen seiner Fachkollegen jene wohlwol- lende, wenngleich noch vorsichtige Zuversicht, daß die C14-Methode Licht in das verbliebene chronologische Dunkel bringen könnte, das die Altertumsfor- schung bis dahin aus eigener Kraft nicht hatte vertreiben können. Im ersten Band seines Handbuches der Vorgeschichte muß er nämlich das Fehlen einer verläßlichen Methode beklagen, die die Synchronisierung von Erscheinungen weit auseinanderliegender Gebiete ermöglicht. Erst dadurch werde aber die Paläolithforschung in die Lage versetzt, parallele oder auch zeitlich aufeinan- derfolgende Entwicklungen aufzudecken. Doch es bestünde nunmehr Hoff- nung, »daß die nach dem zweiten Weltkrieg entwickelte sog. C 14-Methode in der Lage sein wird, ein solches universales chronologisches Bezugsnetz zu schaffen« [1966, 17]. Zwar sei die Methode noch mit mancherlei Unvollkommenheiten behaftet, aber: »Die Messungen werden verfeinert, Fehlerquellen aufgespürt und mög- lichst ausgeschaltet, Unsicherheiten einkalkuliert« [ebd. 131]. Es könne sein, daß diese Methode in Zukunft, wenn genügend große Untersuchungsserien vorliegen, zu einem verläßlichen Gerüst der absoluten Zeitbestimmung ver- helfen werde [ebd. 131]., 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand 109 Bereits Jahre zuvor, seit spätestens 1958, wurden verstärkt Indizien disku- 3.1 Die Anwend-barkeit der C14- tiert, daß das Fundamentalprinzip ungültig sei und C14-Daten deshalb nicht Methode hatte vonAnfang an etwas direkt in ein Absolutdatum umgerechnet werden dürften. Diese Indizien be- zur Vorausset-zung, was Histori- wiesen einheitlich, daß die C14-Konzentration der Atmosphäre sich in den ker für unsere Ge-schichte bis heute zurückliegenden Jahrhunderten verändert haben müsse. Also bestand die Not- nicht zur Zufrie-denheit erarbeiten konnten: Eine lük- wendigkeit, zuerst den zeitlichen Verlauf der C14-Konzentration vollständig kenlose Absolut- chronologie für zu rekonstruieren, bevor ein C14-Datum kalibriert und damit in ein annähern- den Zeitraum, in dem die Datie- des Absolutalter umgerechnet werden konnte. Das bedeutete aber, daß die er- rungsmethode an- gewendet werden hoffte Datierungshilfe von der C14-Methode erst dann zu erwarten war, wenn soll. eine lückenlose Chronologie der atmosphärischen C14-Konzentration vorlag. Libbys »Fundamentalannahme« war nichts weniger als der erste vollstän- dige Entwurf jenes global gültigen Chronologienetzes gewesen, von dem die Altertumswissenschaftler für ihren Bereich seinerzeit höchstens träumen konnten. Die ursprüngliche Annahme, daß die atmosphärische C14-Konzen- tration an allen Orten der Erde und zu allen Zeiten konstant gewesen sei, ist zwar trivial, repräsentiert nichtsdestotrotz eine reguläre globale und zeitlich umfassende Chronologie. Als sich die Fundamentalannahme als falsch herausgestellt hatte, stand so- fort die detaillierte Rekonstruktion der Chronologie der C14-Konzentration der Atmosphäre an oberster Stelle der Tagesordnung. Die C14-Methode war nunmehr selber auf die Notwendigkeit zurückgeworfen, eine lückenlose Chronologie für die C14-Konzentration der Atmosphäre zu erstellen! Solange dies nicht geschehen war, mußten die C14-Meßdaten eigentlich mit entspre- chender Zurückhaltung verwendet werden. Die bereits erfolgte Verwendung von C14-Daten zur Stützung historischer Theorien tat aber das ihrige, um C14-Daten gegebenenfalls auch weiterhin zu verwenden. Müller-Karpe, und mit ihm auch der größte Teil der Fachkollegen, er- kannte nicht, daß sich die C14-Methode bereits seit Jahren in derselben Not- lage befand wie seine eigene Wissenschaft und an sich zu größter Zurückhal- tung verpflichtet gewesen wäre. Was ihm aber nach und nach von der C14- Wissenschaft präsentiert wurde, konnte und wollte er ohnehin nicht akzeptie- ren. Bereits im II. Band des Handbuchs macht er seinem Ärger Luft: »Wenn neuerdings unter Berufung auf C 14-Bestimmungen gewisse neolithische Kul- turäußerungen Ostasiens für extrem alt gehalten werden, so daß sich ein vom übrigen altweltlichen Neolithikum unabhängiger und diesem sogar zeitlich vorausgehender Ursprung dieser Eigenheiten ergeben würde, so erscheint dies wenig glaubhaft« [1968, 14]. Müller-Karpe nimmt das Wetterleuchten am Horizont war, das sich in wenigen Jahren in der sogenannten »Zweiten Radio- karbonrevolution« entladen wird., 110 C14-Crash 3.1 Das Erfinden künstlicher Zeiträume mit C14: »Besiedelung Neuseelands schon vor 2.000 Jahren« In einem kurzen Zeitungsartikel aus der F.A.Z. vom 4. September 1996 fanden wir folgende Argumente auf der Basis von C14-Daten zusammengestellt, wonach die Erstbesiedelung Neuseelands durch die Maoris bereits 1.200 Jahre vor dem bislang als wahrscheinlich geltenden Datum möglich erscheinen würde: ! Bisherige Vermutung: Erste Maoris in Neuseeland um 1100 bis 1150 AD. ! Neuer Befund: C14-Datierung von neuseeländischen Rattenskeletten ergeben ein Alter von bis 2.000 Jahren. ! Zugrundeliegende Theorie: Ratten (und andere Säugetiere) sind erst im Ge- folge von Maoris auf die Insel gekommen. ! Aus den C14-Daten ergibt sich also, daß eine erste Besiedelung Neuseelands durch die Maoris bereits vor 2.000 statt vor 800 bis 850 Jahren stattgefunden hat. ! Aus der sonstigen Fundlage für Artefakte muß nunmehr auf eine Besiede- lungslücke von mehr als 1.000 Jahren geschlossen werden, wobei der Grund für die Aufgabe der Besiedelung unklar ist. Die gemessenen C14-Alter von rund 2.000 Jahren BP wurden mit Hilfe angeblich global gültiger Kalibrierkurven in ein historisches Alter umgerechnet. Grundsätz- lich ist für die betrachtete Zeit eine ungefähre Übereinstimmung von C14- und Kalenderalter ausgewiesen. Wenn man dagegen die Kalibrierung zugrundelegt, die auf Messungen beruht, die aus Neuseeland selber stammen (vergleiche Bilder 2.4 und 2.9 ), dann resultiert ein um 800 Jahre kürzeres Ergebnis für die angebli- che Besiedelungslücke. Und da die erratische Schwankungsbreite von C14-Daten für an sich gleichaltrig zu behandelnde Artefakte in der Größenordnung mehre- rer Jahrhunderte liegen kann, darf diese Besiedelungslücke getrost als »C14- Kunstprodukt« angesprochen werden. Es waren Eventualitäten dieser Art, die die Vorbehalte der Altertumswissen- schaftler bei der universellen Verwendung von C14-Daten zur Errichtung eines globalen Datierungsnetzes erregten. Falsch konstruierte Chronologien erzeugen Lücken, in die dann Kulturen verdoppelnd und verdreifachend hineinprojiziert werden. Beispiele dafür rekonstruierten G. Heinsohn in der Verdoppelung der Chaldäer als Sumerer [Heinsohn 1988] und G. Heinsohn und H. Illig in der Ver- dreifachung der altägyptischen Chronologie in Altes, Mittleres und Neues Reich [Heinsohn/Illig 1997]. Und um die Existenz des »Dark Age« Griechenlands (etwa 1.200 - 700 BC) rang man schon zur letzten Jahrhundertwende. Diese Diskussion wurde von I. Velikovsky 1945 neu entfacht (vgl. Illig [1988, 64ff.]) und ist seitdem nicht mehr zur Ruhe gekommen [Peiser 1993; Heinsohn/Illig 1997]. Ähnliches schält sich auch für die Bewertung des Mesolithikums heraus, der sogenannten »Mittleren Steinzeit«, die den Zeitraum vom Ende der jüngsten Eis- zeit (ca. 10.000 BP) und dem Einsetzen des Neolithikums abdecken soll. Die ge- nerell festzustellende Fundarmut für diesen Zeitraum [Heinsohn 32000] kann darauf zurückgeführt werden, daß das Eckdatum für das Ende der Eiszeit falsch gesetzt worden bzw. erheblich jünger anzusetzen ist [Blöss 2000]., 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand 111 Für Mesopotamien – einer Region, die noch am besten absolutdatiert er- schien – hoffte Müller-Karpe, daß durch zukünftige Ausgrabungen das Netz archäologischer Vertikalabfolgen und Horizontalverknüpfungen immer fester und feinmaschiger wird (siehe zu den Gründen des Mißtrauens gegenüber der C14-Methode auch Textbox 3.1 ). Erst dann sollte über die Brauchbarkeit der C14-Methode neu verhandelt werden: »Im selben Maße, wie dies der Fall ist, wird sich auch klarer beurteilen lassen, inwieweit Radiokarbonbestimmungen für die Gewinnung einer absoluten Chronologie (...) nutzbar zu machen sind. Bereits jetzt liegen zahlreiche C 14-Untersuchungen vor, und man ist wohl berechtigt, sie bis zu einem gewissen Grad mitzuberücksichtigen. Ausschließ- lich oder auch nur primär von den C 14-Werten auszugehen, würde im gegen- wärtigen Stand der Erprobung dieses physikalischen Forschungszweiges nicht gerechtfertigt sein und würde zudem kein widerspruchsfreies System erge- ben« [1968, 72]. Denn so verlockend es angesichts nicht vollkommener Horizontalver- flechtungen insbesondere zwischen den mediterrasischen und den ägyptischen bzw. mesopotamischen Erscheinungen sei, den »facheigenen methodischen Weg subtiler archäologischer Analysen und Verknüpfungen zu verlassen und primär Radiokarbonbestimmungen zur Grundlage einer Chronologie zu ma- chen, so scheint dies augenblicklich doch wohl nicht gerechtfertigt zu sein, wenngleich die vorliegenden C 14-Untersuchungen natürlich allgemein mit berücksichtigt werden müssen« [1968, 83]. Endgültig genug von der C14-Me- thode hat Müller-Karpe aber im Zusammenhang mit der Beschreibung der Kupferzeit und den »extrem hohen C 14-Werten« für die westeuropäischen Megalithkulturen und für frühkeramische Komplexe Ostasiens, und er läßt sich noch auf diese letzte abschließende Kommentierung ein: »Hier sieht sich der Prähistoriker heute in einem Gewissenskonflikt: soll er dieser naturwis- senschaftlichen Methode strikt vertrauen, obgleich er sieht, daß immer neue Fehlerquellen dieser Methode gefunden werden und eine Menge Bestimmun- 3.1 gen bekannt sind, die irgend etwas, nur nicht das Alter in Sonnenjahren aus- drücken; oder soll er im Hinblick darauf es vorziehen, in facheigener Verant- wortung zunächst den historischen Quellen und Methoden zu vertrauen und naturwissenschaftliche Bestimmungen nur insoweit zu verwenden, als die da- bei angewandten Methoden hinreichend erprobt sind und ihre Anwendungsart in einem überprüfbaren Verhältnis zu den erzielten Ergebnissen steht?« Angesichts des augenblicklichen Forschungsstandes, so formuliert Müller- Karpe vornehm zurückhaltend, scheine die letztere Einstellung die Berechtig- tere zu sein [1974, 13 f.]. Im vierten Band, der die Bronzezeit behandelt [1980], verweist Müller-Karpe nicht einmal mehr auf irgendwelche C14-Daten, wie, 112 C14-Crash er es – wenn auch zuweilen geradezu angewidert – in den drei Bänden zuvor getan hatte. Durch das Lager der Altertumswissenschaftler geht im Laufe der siebziger Jahre zunehmend ein Riß. Der Grund liegt in der Veröffentlichung einer ersten kompletten Chronologie der C14-Konzentration der Atmosphäre, der Bristlecone-Pine-Chronologie. J. Hoops, der das Stichwort »Radiokar- bonmethode« im REALLEXIKON DER GERMANISCHEN ALTERTUMSKUNDE [Bd.4 1981, 629] bearbeitete, kommt damit zu ganz anderen Schlußfolgerungen als Müller- Karpe. Insbesondere in der Bronzezeit sei es nach der dendrochronologischen Korrektur der 14C Daten verschärft zu Schwierigkeiten gegenüber der kom- parativ-typologischen Methode gekommen. Die C14-Datierungen schlügen nunmehr für das mittel- und nordeuropäische Neolithikum sowie für den kup- ferzeitlichen Abschnitt deutlich höhere Altersangaben vor. Während die nord- europäischen Fachkollegen rasch die Möglichkeiten der Radiokarbondatie- rung aufgegriffen und genutzt hätten, »hielt die mittel- und südeuropäische Forschung, von Ausnahmen abgesehen, noch lange an der herkömmlichen ar- chäologisch-historischen Datierung fest und verteidigten diese mitunter sogar hartnäckig« [ebd., 637]. Die absolute Chronologie des Neolithikums, die durch naturwissenschaftliche Methoden der relativen Chronologie den Rang ab- laufe, zeige auf vielen Bereichen die Schwächen der empirisch-stilistischen Verknüpfung zwischen einzelnen Kulturen und der typologischen Vorgehens- weise. Das Gros derjenigen Altertumswissenschaftler, die sich auf C14-Daten stützen, wähnt sich vollkommen auf dem Boden einer naturwissenschaftli- chen Datierungsmethode. Sie erwarten Aussagen, die letztlich ausschließlich aus mathematischen Gleichungen abgleitet sind. Da die C14-Methode unter allen Umständen auf eine globale und zeitlich umfassende, lückenlose Chro- nologie der atmosphärischen C14-Konzentration abgestützt sein muß, steht an der Basis der naturwissenschaftlichen C14-Methode eine Chronologie, die ih- re Wurzeln nicht in der Mathematik, sondern erneut in der »komparativ-typo- logischen« Methode hat. Diese Chronologie liegt in Gestalt der amerikanischen Bristlecone-Pine- Chronologie bzw. der europäischen Eichenchronologien vor, die genauso mit Hilfe einer »komparativ-typologischen« Methode erstellt wurden, wie die re- lativen bzw. quasi-absoluten Chronologien der Altertumswissenschaft vor der Verwendung naturwissenschaftlicher Datierungsmethoden. Das geschah durch den Vergleich und die Verzahnung von Wuchswertfolgen in Baum- ringsequenzen mit dem Ergebnis einer Baumringchronologie. So überrascht es auch nicht, daß die »komparativ-typologische« Methode der Dendrochro-, 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand 113 nologie ebenfalls nicht umfassend greifen konnte, sondern bei der Erstellung 3.2 Mit der C14-Methode werden einer korrekten chronologischen Abfolge wie die Kollegen der Altertumswis- organische Probenanhand von radio- senschaft auf externe Hilfen angewiesen war. Diese Hilfe kam anfangs durch metrischen Datenzueinander syn- historische Vordatierungen der fraglichen Hölzer und später dann vor allem chronisiert. DieBasis der C14-Me- durch Vordatierungen und Synchronisierungen mit Hilfe der C14-Methode. thode liegt deshalbnicht in der Mathe- matik, sondern in Die C14-Methode eilte der Dendrochronologie, die das zeitliche und der (visuellen) Er- kennung von Mu- räumliche Abbild der C14-Konzentration der Atmosphäre erst noch erstellen stern in C14-Da- ten. Die C14-Me- sollte, unter Einsatz überholter Prämissen für dessen räumliches und zeitli- thode fußt hier auf denselben Metho- ches Verhalten zur Hilfe. Wenn ausgerechnet die C14-Methode selber hinzu- den wie die Ge-schichtswissen- gezogen wurde, um den unvermeidlichen Schwächen dieses Vorgehens entge- schaft, wenn dieseihre Proben unter genzutreten, dann müssen die Alarmglocken schrillen (vergleiche die Kapitel »komparativ-typo-logischen« Ge- 2.3 bis 2.5). Insbesondere kam diejenige Prämisse zur Geltung, die für das sichtspunkten da-tiert. Überleben der C14-Methode unabdingbar ist: Die uneingeschränkte Gültig- keit des Simultanitätsprinzips. Lokale, autonom erstellte Chronologien sind deshalb auch niemals (bis auf eine Ausnahme, vergleiche dazu Kapitel 3.5) ernsthaft miteinander in radiometrischen Vergleich gesetzt worden, um dieses Simultanitätsprinzip zu überprüfen. Sie dienten vielmehr wechselseitig als Vorlage, um schwimmende Baumringsequenzen über den Vergleich von C14- Mustern synchronisieren zu können. Die »erfolgreiche« Komplettierung der amerikanischen Bristlecone-Pine- Chronologie sowie später dann der europäischen Eichenchronologien schwächte die Position der Kritiker der C14-Methode, die die vorgegebenen Datierungen aus immanenten Gründen aber weiterhin nicht akzeptieren woll- ten. Wir werden in diesem dritten Kapitel zeigen, wie vorgegebene C14-Da- ten beurteilt werden können, ohne bereits von unbewiesenen oder unzutref- fenden Prämissen abhängig zu sein. Auf Historiker, die die C14-Methode verwenden, ohne die chronologi- schen Grundlagen dieser Methode ausreichend analysiert zu haben (was ihre ureigenste Aufgabe wäre), ist in etwa auch die Schelte anwendbar, die B. Hrouda, ein Spezialist für vorderasiatische Archäologie, unabhängig davon an Kollegen austeilte, die sich zu einseitig auf die Naturwissenschaft verlassen würden: »Wir wollen nur am Rande erwähnen, daß auch Leichtfertigkeit oder ein gewisses Ersatzdenken in eine neue Richtung führen können, wie es z.B. bei der Anwendung der C14-Daten zu beobachten ist. Durch die Entdeckung von Libby glaubten einige Archäologen bei ihren Datierungen nunmehr auf die für manche recht mühevollen Stilvergleiche verzichten zu können; man bekam ja die Daten 'frei ins Haus' geliefert und dazu noch von einer exakten Naturwissenschaft« [Hrouda 1978, 16]., 114 C14-Crash Grundsätzlich scheint es so zu sein, daß Arbeitsgebiete, die lange vor der Entwicklung der C14-Methode über eine ausgefeilte Absolutchronologie ver- fügten, diese trotz aller gegenteiligen Versuche und unter Nichtbeachtung von C14-Daten methodisch unverändert weiterführen. So stellt das Lexikon der Ägyptologie fest, daß C14-Daten grundsätzlich nicht als genügend zuverläs- sig angesehen werden könnten und allenfalls für die Vorgeschichte einen un- gefähren zeitlichen Anhalt geben würden [Helck et al. 1975, 970]. Während 1992 mit »Chronologies in Old World archaeology« [Ehrich 1992] eine umfassende C14-basierte Chronologie Vorderasiens und insbesondere Ägyptens erscheint (vergleiche auch Hassan/Robinson [1987]), stellt zur glei- chen Zeit K.A. Kitchen in einem Übersichtsartikel zum Stand der Ägyptolo- gie in World Archaeology fest, daß C14-Daten bei Chronologieproblemen der Ägyptologie grundsätzlich nicht helfen könnten, weil deren summarische Fehler über den strittigen Datierungsintervallen liegen würden [Kitchen 1991, 204]. Anders sieht es für Bereiche aus, die weitgehend ohne Absolutchronolo- gie bzw. ohne überregionale Verzahnung relativer Chronologien geblieben sind, wie etwa weite Bereiche Afrikas. Für Regionen, in denen wegen man- gelnder vertikaler Kontinuität der Fundsituation die traditionellen Methoden der Chronologie nicht greifen konnten, wurde nunmehr mit Hilfe der C14- Methode ein vertikales und zugleich horizontales Datierungsnetz gesponnen [Henry 1992]. Während eine relative Chronologie, die auf der typologischen Abfolge von Artefakten aufbaut, zu einer Absolutchronologie verdichtet wird, indem bestimmte Innovations- und Diffusionsraten (und natürlich auch Diffusions- richtungen) für technologische Verfahren zugrundegelegt werden, kann der auf sich allein gestellte C14-Chronologe die von ihm herausgemessenen asyn- chronen Technologieentwicklungen in unterschiedlichen Regionen nur noch anhand ökologischer Modelle interpretieren. Dabei muß er sich dann (in weit- gehendem Widerspruch zum traditionellen Erklärungsansatz) auf die Unab- hängigkeit der jeweils betrachteten Gesellschaften stützen. Nach wie vor wird die Stimmung der meisten Historiker vielleicht am be- sten durch einen Ausspruch wiedergegeben, den T. Säve-Söderbergh und I.U. Olsson als Zitat eines »berühmten amerikanischen Kollegen« in einem Vor- trag über C14 und Ägyptologie [1970, 35] wiedergaben: »Wenn ein C14-Da- tum unsere Theorien untermauert, dann erscheint es direkt im Text der Veröf- fentlichung. Wenn es diesen nicht völlig widerspricht, findet es in einer Fuß- note Erwähnung. Wenn es jedoch völlig aus dem Rahmen fällt, so lassen wir es einfach fallen.«, 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand 115 Im Wortsinne dieser sarkastischen Differenzierung dürften die C14-Wis- 3.3 Bis heute gilttrotz aller methodi- senschaftler die allermeisten ihrer Daten sowieso nur als Fußnoten veröffent- schen Anstrengun-gen folgendes vor lichen, denn die Qualität ihrer Daten steht zu häufig in diametralem Gegen- mehr als 30 Jah-ren geprägte Bon- satz zu den Anforderungen, die die Historiker im Interesse ihrer Arbeit an sie mot: »Wenn einC14-Datum unsere eigentlich stellen müssen. Wenn wir eine weitere Parallele ziehen wollen, so Theorien unter-mauert, dann er- scheint es direkt sitzen auch die C14-Wissenschaftler an einem mächtigen Tisch, unter den sie im Text der Veröf- fentlichung. Wenn alle völlig aus dem Rahmen fallenden Daten verschwinden lassen. »Nicht völ- es diesen nicht völlig widerspricht, lig« und »völlig« aus dem Rahmen fallende Daten halten sich oft genug die findet es in einer Fußnote Erwäh- Waage – ein Hinweis, wie nahe die Qualität akzeptierten Daten der Qualität nung. Wenn es je-doch völlig aus der verworfenen Daten tatsächlich ist! dem Rahmen fällt,so lassen wir es Historiker haben sich – über die selektive Kenntnisnahme von C14-Daten einfach fallen«. hinaus – immer wieder auf verschiedenste Weise mit dem Thema »C14-Da- tierung« inhaltlich auseinandergesetzt, ohne je wirklich sicher gewesen zu sein, der Hydra alle Köpfe abgeschlagen zu haben. So überrascht es nicht, daß zum Beispiel R.D. Long 1973 in der PRÄHISTORISCHEN ZEITSCHRIFT den Kulminationspunkt seiner klugen und klarsichtigen Kritik mit dem Hinweis auf die Variabilität der Halbwertszeit von C14 setzen möchte, um auf diese Weise die Auseinandersetzung endlich ein für allemal beenden zu können. Historiker wären dankbar für die C14-Methode, wenn sie sicher sein könnten, daß die ihnen zur Kenntnis gegebenen Daten zuverlässig sind. Nach Lage der Dinge erfüllen nur die wenigsten der im Umlauf befindlichen Daten tatsächlich die selbstverständlich zu nennenden Sicherheitsbedürfnisse der hi- storischen Wissenschaften. Wir werden versuchen, einen Sicherheitsstandard für C14-Daten zu definieren, nach dem diese bedenkenlos verwendet werden könnten. Tatsächlich sind die Gepflogenheiten der C14-Labors – was die Heraus- gabe »sicherer« Daten betrifft – äußerst fragwürdig und an Maßstäben orien- tiert, die allenfalls für genuin erratische Datensätze (wie etwa aus Meinungs- umfragen resultierend) und auch dann nur unter klarster Offenlegung der tat- sächlichen Sicherheiten angemessen erscheinen. 3.2 Wie sicher sind C14-Daten? Der Sicherheitsstandard für die Veröffentlichung von C14-Daten läßt sich un- mittelbar aus der Analyse der statistischen Verfahren ablesen, die von der C14-Methode angewendet werden. Der Naturwissenschaftler M.J. Aitken hat den Ausspruch »one date is no date!« geprägt. Diese Bemerkung ist zuvor- derst ein unmißverständlicher Hinweis auf die Unzuverlässigkeit jedes einzel- nen Probendatums, die trotz aller Korrekturbemühungen bleiben wird und, 116 C14-Crash 3.2 Mit welcher Wahrscheinlichkeit stammen zwei divergente C14-Alter von tatsächlich gleichaltrigen Proben? Wenn trotz gleichen Absolutalters beider Proben zwei unterschiedliche C14- Daten gemessen werden, dann dürfen die Unterschiede der C14-Alter aus- schließlich aus der begrenzten Meßzeit für die radioaktiven Zerfallsereignisse rühren. Mit anderen Worten: Je länger die fraglichen Proben gemessen werden, desto näher müssen die Meßwerte auch zueinander rücken. Als Faustregel kann gelten, daß zwei Proben eher gleichzeitig als ungleichzeitig interpretiert werden können, wenn der Abstand ihrer C14-Mittelwerte deutlich kleiner (etwa 2/3) als die mittlere Standardabweichung σ ist (zu Einzelheiten vergleiche Long/Rippeteau [1974]). Aitkens Formulierung, daß das Vertrauen in die Gleichzeitigkeit dann deut- lich gestärkt wird, wenn die beiden 1σ-Fehler noch überlappen, macht die prekä- re Lage bei der Interpretation von C14-Daten deutlich. Obwohl die Wahr- scheinlichkeit dafür nur noch 15% beträgt, muß das offenbar ausreichen, weil in der Regel mehr einfach nicht zu erwarten ist. Dieses Vertrauen zeigt sich erst dann endgültig erschüttert, wenn die 2σ-Fehler nicht mehr überlappen, obwohl damit die statistische Wahrscheinlichkeit für Gleichzeitigkeit bereits auf unter 2% gesunken ist., 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand 117 sich in einer übermäßigen Streuung der C14-Alter an sich gleichaltriger Pro- 3.4 Der vielzitierteSpruch »one date ben niederschlägt. Zugleich wird damit der Vorrang der Geschichtswissen- is no date!« ist einunmißverständli- schaft bei der Beurteilung der Gleichaltrigkeit anerkannt. cher Hinweis aufdie Unzuverlässig- Die allgemein übliche Interpretation möchte dieses Dilemma allerdings keit jedes ein-zelnen Probenda- ins Positive wenden: Mit der Auswertung mehrerer Proben aus demselben ar- tums. Daran kannauch eine noch so intensive Bemü- chäologischen Zusammenhang könne man ein zuverlässigeres Datum erhal- hung um Korrektur der Fehlereinflüs- ten, als wenn man nur eine Probe auswerte. Damit wäre die Weiterverarbei- se nichts ändern. Die Konsequenz tung genuin unzuverlässiger Daten zu einem teilweise als hochzuverlässig do- besteht in einer übermäßigen kumentierten Datum zwar legitimiert, aber im wörtlichen Sinne noch längst Streuung der C14-Alter von Proben, nicht legal. die als gleichaltrigzu betrachten sind. Anwender der »komparativ-typologischen« Methode wären zutiefst beun- ruhigt, wenn das Merkmal, dessen Ausprägung zur Einordnung in eine der zeitlich aufeinanderfolgenden Phasen dient, so außerordentlich streuen würde wie C14-Daten es im allgemeinen tun. Auf der anderen Seite sollen die Merk- malsausprägungen verschiedener Zeitstufen so deutlich voneinander verschie- den sein, daß ein gewisses Schwanken nicht auf Kosten der Signifikanz ge- hen muß. Für die C14-Methode gelten solche Überlegungen nicht. Gleichaltrige Proben müssen nach Ausübung aller gängigen Korrekturmöglichkeiten stati- stisch signifikant dasselbe C14-Alter darstellen – oder mit den Prämissen der C14-Methode ist etwas nicht in Ordnung. Wie hilflos die streuenden C14- Werte letztlich gehandhabt werden, wird in Bild 3.2 dargestellt. Daß die Kri- terien, wann einzelne C14-Daten noch als »gleichzeitig« angesehen werden dürfen, so lasch gehandhabt werden, liegt nicht an der Gleichgültigkeit der Wissenschaftler, sondern an ihrer Not, aus den vorliegenden Daten etwas her- ausmessen zu müssen. Am Ende der Auswertungsmühle für einen Satz an C14-Daten für ein spe- zielles, zeitlich begrenztes Ereignis stehen seriös erscheinende Angaben wie z.B. »4000 ± 40 Jahren BP (kalibriert)«. Solche Angabe werden in aller Regel 3.2 aus mehreren Proben gewonnen, die im paarweisen Vergleich als disparat bzw. im statistischen Test auf Gleichzeitigkeit als hochwahrscheinlich zeit- lich auseinanderliegend charakterisiert werden müssen. Das Ergebnis eines solchen statistischen Tests wird beispielsweise als »Irrtumswahrscheinlichkeit hinsichtlich der tatsächlichen Gleichzeitigkeit der Proben« angegeben und in der Regel mit 1 bis 5% beziffert. Eine solche Irr- tumswahrscheinlichkeit wäre sicher akzeptabel, wenn sie sich auf das bezie- hen würde, was der Historiker erwartet: Daß man sich möglichst nicht irren möge bei der Voraussetzung, gleichaltrige Proben verwendet zu haben – sonst könnte man mit den Mitteln der Statistik radiometrisch ungleichaltrige, 118 C14-Crash 3.3 Künstlich erstellter Mittelwert Ein derartiges Ensemble aus Proben, die archäologisch für gleichzeitig befunden wurden, ist nach herkömmlicher Auswertungsgepflogenheit der C14-Gemeinde für ein Datum »4.000 ± 40 Jahre BP« gut. Insbesondere weil die »2/3 Regel« gilt, nach der mindestens 2/3 der Werte mit ihrem Fehlerbalken den gemeinsamen Mittelwert einschließen (vgl. Kapitel 7.6) sollen. Die 4.000 Jahre entsprechen dem arithmetischen Mittel aus den 6 Meßwerten und die ±40 Jahre folgen (als unmittelbar gegebene »Erhöhung« der Sicherheit über den Mittelwert) aus der Formel für die resultierende neue mittlere Fehlerbreite 100/!6 ! 40. Eine leiden- schaftslosere Analyse würde feststellen, daß ! lediglich die Proben 2 und 3 sowie die Proben 4 und 5 überhaupt eine Wahr- scheinlichkeit >50% aufweisen, hier paarweise gleichzeitig zu sein, ! und ein F-Test zur Beurteilung der zeitlichen Kohärenz ohnehin zu einer Wahrscheinlichkeit > 90% kommen würde, daß die eingeflossenen Daten nicht von tatsächlich gleichzeitigen Proben stammen. Nur Wissenschaftler mit einem unerschütterten Vertrauen in die C14-Methode könnten hier zur Feststellung vorstoßen, daß die Wahrscheinlichkeit von annä- hernd 10%, sich beim Verwerfen der Gleichzeitigkeitshypothese zu irren, noch zu hoch sei, und man lieber bei der »bewährten« Annahme bleiben möchte, daß Gleichzeitigkeit vorliege. Während herkömmlich auch die Proben 1 und 6 noch einen gewissen Beitrag zur Vertrauenswürdigkeit der Gleichzeitigkeitsaussage lei- sten – ihre 2σ-Fehler stoßen schließlich noch aneinander (dazu Bild 3.2 ) – sind diese in der paarweisen Betrachtung nahezu völlig sicher (> 98%) als ungleichzei- tig zu betrachten. Die restlichen Vergleiche lassen mit Wahrscheinlichkeiten grundsätzlich <30% für Gleichzeitigkeit ebenfalls keine weiteren vertrauener- weckenden Schlüsse zu. Eine unvoreingenommene Beurteilung der vorliegenden Daten wird darauf abstellen, daß wahrscheinlich zwei verschiedene Ereignisse vorliegen, die in der Größenordnung von 200 bis 300 Jahren auseinander liegen und einzeln nur mit einer Genauigkeit von kaum weniger als ±100 Jahren be- stimmt werden können. Es sollte deutlich werden, daß von derart gewonnenen Al- tersangaben kaum je eine höhere Qualität zu erwarten ist, als in diesem Fall ausein- andergesetzt. Insbesondere niedrige Fehlerbreiten für abgeleitete Mittelwerte sol- len nicht darüber hinwegtäu- schen, daß Ensembles mei- stens gar nicht in dieser Weise bearbeitet werden dürfen und folglich ohne C14-Datum bleiben müßten., 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand 119 Proben gleichaltrig machen und mit dem dazugehörigen Mittelwert gehörige 3.5 Es ist für dasVerständnis des Verwirrung stiften. Ganz im Gegensatz zum Historiker möchte sich ein C14- schwelenden Zwi-stes zwischen Labor aber nur darin nicht irren, aus Versehen doch einmal ein Ergebnis aus C14-Wissenschaft-lern und Histori- tatsächlich gleichaltrigen Proben zu verwerfen. Mit anderen Worten: Das La- kern von entschei-dender Bedeutung, bor akzeptiert, daß von 100 veröffentlichten Daten bis zu 99 falsch sind, da- die unterschiedli-chen Ansprüche an die Zuverläs- mit das eine richtige Datum, daß sich statistisch gesehen unter den 100 befin- sigkeit von C14- Daten zu erken- den muß, keineswegs unveröffentlicht bleibt. nen. Während der Historiker sich je- Es ist für das Verständnis des schwelenden Zwistes zwischen C14-Wis- des Datums sicher sein muß, sieht senschaftlern und Historikern von entscheidender Bedeutung, diese extrem sich der C14-Wis-senschaftler unterschiedlichen Voraussetzungen endlich zu erkennen. Der Historiker gezwungen, bis zu100 falsche bzw. möchte möglichst wenig Zweifel an der Brauchbarkeit der C14-Daten haben. unsichere Datenzu veröffentlichen, Der C14-Wissenschaftler hingegen möchte alle Daten veröffentlichen, für die um wenigstens einrichtiges bzw. si- nicht hundertprozentig nachgewiesen werden kann, daß sie unbrauchbar sind. cheres Datum dar-unter zu haben. Damit folgt, daß Historiker offenbar explizite Forderungen an die Genauig- keit der Meßwerte aufstellen müssen, um die unterschiedlichen Standards von Produzent und Nutznießer unmißverständlich abzugleichen. Tatsächlich beruhen viel zu viele veröffentlichte C14-Daten auf Proben- ensembles, die (radiometrisch gesehen) mit mehr als 90%iger Wahrschein- lichkeit nicht aus gleichaltrigen Proben zusammengesetzt waren. Damit reprä- sentiert der angegebene Alterswert auf keinen Fall mehr den statistischen Mit- telwert, wofür er aber ausgegeben bzw. als der er mangels Verständnis für die Feinheiten der Statistik verstanden wird (vergleiche auch [Dehling/van der Pflicht 1993; Vincent 1988; Ward/Wilson 1978; Thomas 1978; Doran/Hudson 1975; Long/Rippeteau 1974]). Diese Illusion, ein tatsächlich gleiches Alter für die Proben vor sich zu ha- ben, wird zusätzlich noch dadurch gesteigert, daß bei der (nunmehr unzulässi- gen) statistischen Mittelung eines solchen Ensembles mit beispielsweise 6 Proben (siehe Bild 3.3 ) der angegebene summarische Fehler nur noch 40% des mittleren Fehlers der einzelnen Proben ausmacht und damit natürlich eine 3.3 Genauigkeit vorspiegelt, die mit der Anzahl der berücksichtigten Proben auf beeindruckende Weise zunimmt und den erratischen Charakter der einzelnen Daten selber in den Hintergrund drängt. Worauf ist dieses Dilemma zu stark streuender Daten zurückzuführen? Schließlich werden alle Daten aus den reinen C14-Messungen mehrfach pro- benspezifisch korrigiert – wegen zahlreicher »systematischer« Abweichungen einerseits und diverser physiko-chemischer Behandlungen andererseits (de- taillierte Diskussion im Kapitel 8). Von der anschließenden Kalibrierung soll noch nicht die Rede sein, weil diese für alle Proben grundsätzlich gleich ist und gesondert betrachtet werden muß. Nach erfolgreich vorgenommenen, 120 C14-Crash Korrekturen (ohne Kalibrierung) müßte der Test auf Gleichzeitigkeit bei ar- chäologisch als gleichaltrig eingestuften Proben eine hohe Wahrscheinlichkeit für Gleichzeitigkeit erbringen. Und wenn dem so ist, dann darf auch der Mit- telwert gebildet, der Fehler »eingeschrumpft« und das Ganze kalibriert wer- den. So wäre tatsächlich alles okay. Wenn bei dem anschließend an sich vorgeschriebenen Test auf Gleichzei- tigkeit beispielsweise von einer »Irrtumswahrscheinlichkeit größer 5%« ge- sprochen wird, dann ist damit nur gemeint, daß die Wahrscheinlichkeit, sich bei dem Verwerfen der Eingangsthese von der radiometrischen Gleichaltrig- keit zu irren, mindestens 5% beträgt. Wird aber 5% als maximale Wahr- scheinlichkeit für einen solchen Irrtum zugelassen, dann gehen die Proben »durch«, selbst wenn sie mit 5.1% errechnet wurde. Das geht soweit, eine Irr- tumswahrscheinlichkeit von < 1% zu verlangen, um auch wirklich ganz sicher sein zu können, hier nicht ein tatsächlich »sauberes«, in sich konsistent gleichaltriges Ensemble zu verwerfen. Diese Toleranz mag in Soziologie, Psychologie, Wirtschaft etc. üblich sein, um gewisse Informationen aus dem vorliegenden Material extrahieren zu können. Im letztlich jahrgenauen archäologisch-historischen Zusammen- hang ist sie dagegen vom Ansatz her verfehlt, zumal für C14-Daten alle zu- rückliegenden Fehlereinflüsse am Ende wieder korrigierbar sein sollen. Das ist von grundlegender Bedeutung, denn nur wenn C14-Daten konsequent kor- rigierbar sind, dann können sie auch sauber kalibriert werden. Ohne eine nach Durchführung aller Korrekturen gegebene radiometrische Gleichzeitigkeit hi- storisch gleichaltriger Proben ist jede relative Chronologie in Frage gestellt und das Projekt »global gleiche Kalibrierung« – mit allen Folgen etwa für das »wiggle-matching« etc. – undurchführbar geworden. Das unmittelbare Fazit lautet also: Es bleiben trotz diffizilster Korrekturen Abweichungen erheblichen Ausmaßes übrig. So können Proben aus gleichem archäologischen Kontext nicht verglichen werden, wenn man mit dem Histo- riker verlangt, daß hohe Sicherheit dafür bestehen möge, daß das Ergebnis aus dem Vergleich der C14-Daten mit seinem Befund übereinstimmen soll. Die Labors vergleichen diese aber trotzdem und haben am Ende eines Be- triebsjahres tatsächlich nur eine hohe Sicherheit, auch die wenigen womög- lich richtigen Ergebnisse dem Einsender nicht vorenthalten zu haben. Eine der wenigen, die diesen für Historiker unakzeptablen Zusammenhang jemals unmißverständlich angesprochen haben, sind A. Long und B. Rippe- teau [1974, 210]. Deren Veröffentlichung von 1974 wurde zwar oftmals zitiert, aber nie in ausreichender Sorgfalt zur Kenntnis genommen. Vom rein statisti- schen Gesichtspunkt aus betrachtet ist ein unangemessen hoher Anteil der, 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand 121 veröffentlichten C14-Ergebnisse nicht-signifikant (ohne schon von der Kali- 3.6 Ein C14-Wis-senschaftler könn- brierung gesprochen zu haben, wo zusätzliche und noch ernstere Probleme te die Empfehlung,ein C14-Datum auftreten). auch bei erwiese-ner statistischer Signifikant im statistischen Sinne wäre nur das Nichtveröffentlichen der Unsicherheit zuverwenden, nur Ergebnisse. Damit wäre die Wahrscheinlichkeit, ein tatsächlich sauberes En- rechtfertigen,wenn die Zuverläs- sigkeit der C14- semble irrtümlich verworfen zu haben, ausgesprochen niedrig! Long und Rip- Methode in der Regel gegeben peteau sagen nichts anderes, als daß im Sinne des sarkastischen Eingangszi- wäre. Da die Zu- verlässigkeit der tats über die selektive Zurkenntnisnahme von C14-Daten durch die Historiker C14-Methode sich aber nur auf die so gut wie alle C14-Daten allenfalls als Marginalien bzw. Fußnoten veröffent- durchgehende sta-tistische Signifi- licht werden dürften. kanz ihrer Datengründete, diese je- Einer der markantesten Hinweise auf die immanente Widersprüchlichkeit doch bekannter-maßen (»one date des C14-Datenkorpus besteht in der Unfähigkeit der C14-Gemeinde, eine ver- is no date«) nichtgegeben ist, befin- bindliche und zugleich integrierende Form der Veröffentlichung ihrer Daten det er sich in un-abwendbarer Legi- zu etablieren. Während sich in dieser Hinsicht das 1959 gegründete »relativ timierungsnot. Se-riöserweise bliebe obskur gebliebene« Journal RADIOCARBON trotz aller Bemühungen als eine ihm nur die Emp-fehlung, auf die »Enttäuschung« herausgestellt hat [Kra 1988, 119 u. 121], ist es zugleich nicht ge- Verwendung vonC14-Daten zu ver- lungen, die auf der ganzen Welt produzierten C14-Daten in eine einheitliche zichten. Datenbank einzuspeisen. Kaum 10% dieser Daten wurden als Datenlisten einheitlich in RADIOCAR- BON veröffentlicht. Der Rest sei von den seinerzeit weltweit existierenden 129 Laboratorien möglicherweise ausschließlich den Einsendern der Proben zur Verfügung gestellt und von diesen in irgendeiner Form weiterverarbeitet wor- den. Der Grund dafür sei auch in der fehlenden Bereitschaft zu suchen, Zeit und Anstrengung in die Aufbereitung einer angemessenen Dokumentation zu investieren [Beck 1987, 491]. So existiert ein Konvolut von mehreren hundert- tausend C14-Daten, die im Rahmen eines gültigen Simultanitätsprinzip für ei- ne weltumspannende Chronologie wenigstens des Postglazials ausreichen müßten. Daß diese Chronologie aber nicht vorliegt, kann nur bedeuten, daß allzuviele C14-Daten zueinander im Widerspruch stehen und mithin nicht ge- meinsam veröffentlicht werden können, ohne daß dies zu Tage treten würde. 3.3 Wie wirken sich die Probleme auf die Kalibrierung aus? Nur der reguläre Mittelwert eines konsistenten Ensembles von C14-Daten darf einer Kalibrierung zugeführt werden. Kalibrierung ist also kein Allheil- mittel, um aus einem suspekten Datum ein glaubwürdiges zu machen. Tat- sächlich potenziert sich im Hinblick auf eine »Präzisionskalibrierung« (etwa mit Hilfe einer der Europäischen Eichenchronologien) das eben offengelegte, 122 C14-Crash Dilemma, denn die Konstruktion dieser Kalibrierquellen beruht essentiell auf der Verwendung nicht-signifikanter C14-Daten. Die Konstruktion der Baumringchronologien, die heutzutage zur C14-Ka- librierung verwendet werden, basierte ursprünglich durchweg auf dem Ver- gleich einzelner C14-Muster aus »schwimmenden« Baumringsequenzen mit einem großen, zusammenhängenden und als absolutdatiert ausgewiesenem Muster – der kalifornischen Bristlecone-Pine-Baumringchronologie (Kapitel 2.3 bis 2.5 und Bild 2.5 ). Die C14-Muster der Bristlecone-Pine-Chronologie setzten sich aus Werten zusammen, die im Detail jeweils nur mit geringer Wahrscheinlichkeit als radiometrisch synchron zu betrachten waren. Wir verweisen an dieser Stelle erneut auf die nahe der Bissigkeit formu- lierten Stellungnahmen diverser Wissenschaftler zu den allfälligen Meßwert- streuungen, in welche Muster hineingelesen wurden, die es nicht einmal wert gewesen wären, als Fußnoten veröffentlicht zu werden (vergleiche Kapitel 2.3 und Bild 8.7 ). Damit waren aber alle Vorplazierungen innerhalb der Europäischen Ei- chenchronologien, die via transatlantischen Vergleichs mit Amerika erzielt worden waren, in hohem Grade als willkürlich anzusprechen. Die jeweilige dendrochronologische Verifizierung dieser als sicher geglaubten Vorplazie- rungen war umso fraglicher, je weniger Alternativen zusätzlich erprobt wor- den sind. Somit sind auch die statistischen Methoden der Dendrochronologie in Frage gestellt und den heute üblichen Kalibrierverfahren ein grundlegender systematischer Fehler zu unterstellen. Die grundlegende Problematik der dendrochronologischen Kalibrierung von C14-Daten als letzter systematischer Anpassung erhellt sich im übrigen auch unmittelbar aus der ansonsten gegebenen Erfolglosigkeit von C14-Kor- rekturen10: Die Kalibrierbarkeit eines beliebigen C14-Wertes setzt die Gleich- heit der C14-Daten für alle gleichaltrigen Proben voraus (Simultanitätsprin- zip), also genau das, was durch die verbleibende siginifikante Ungleichzeitig- keit an sich gleichaltriger Proben sozusagen tagtäglich widerlegt wird. Über- flüssig zu betonen, daß es dieses Simultanitätsprinzip war, auf das die C14- Methode sich zur Beihilfe bei der Erstellung der (für sie selber ebenso dring- lich benötigten) dendrochronologischen Kalibrierkurven offiziell abstützte. 10 Unter C14-Korrekturen werden alle Maßnahmen verstanden, die unerwünschte, über den radioaktiven Zerfall hinausgehende Einflüsse auf die C14-Konzentration entweder im nachhinein physikalisch-chemisch beseitigen oder quantifizieren und aus dem Meßwert für die Aktivität herausrechnen. Solche Maßnahmen bleiben oftmals spekulativ und richten sich nicht selten nach bekannten Vordatierungen für die Probe. In Kapitel 8 wird die häufig unterschätzte Summe der sich nach und nach anhäufenden Korrekturfehler abgeschätzt., 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand 123 Die Fehlerfortpflanzung bei dieser Erstellung der heute gültigen Kalibrier- 3.7 Statistisch ge-sehen ist für einen kurven kann also wie folgt rekonstruiert werden: Alle europäischen Eichen- Großteil der C14-Daten nur ihre chronologien sind ursprünglich radiometrisch und deswegen statistisch Nichtverwendungabgesichert. Wer hochunsicher an der kalifornischen Bristlecone-Pine-Chronologie ausgerich- solche Daten den-noch verwendet, tet worden. Die Konstruktion dieser Chronologie selbst beruhte dagegen fun- nimmt keine Datie-rung vor, sondern macht lediglich ei- damental auf der unzulässigen Annahme, daß sich die C14-Konzentration in ne Aussage über das hohe Vertrau- der Atmosphäre im wesentlichen nicht geändert hat (Details in Kapitel 2.3). en, das er der C14-Methode ent- Am Ende hat der Geschichtswissenschaftler aber lediglich zwei Dinge zu gegenbringt. beurteilen, und zwar nacheinander: Ist sein C14-Datum richtig korrigiert und, 3.8 Es gibt trotz ausreichend vor- falls ja, ist die Vorlage, nach der er dieses Datum in ein Absolutdatum um- handener C14-Da-ten keine den Glo- rechnen kann, korrekt erstellt worden? Wie er das überprüfen kann, soll jetzt bus umspannendeC14-Chronologie, genauer dargelegt werden. weil dann die im-manente Wider- sprüchlichkeit der Daten sofort offen- sichtlich werden 3.4 Unter welchen Bedingungen können Historiker sorgenfrei C14-Daten würde. verwenden? Der Historiker muß nach folgenden Regeln vorgehen (graphisch in Bild 3.4 dargestellt), wenn er für eine von ihm bestimmte Probe ein sicheres Absolut- datum erhalten will: H1. Er muß ein Ensemble archäologisch bzw. historisch sicher gleichaltriger Proben zusammenstellen, das auch das eigentlich zu datierende Stück enthält. Sicherzustellen, daß diese Stücke wirklich gleichaltrig sind, ob- liegt seiner fachlichen Kompetenz. Nur damit bekommt er eine Prüfmög- lichkeit, ob die kommenden C14-Datierungen vertrauenswürdig sind. Bei zu großer Streuung ist der Versuch einer zeitlichen Zuordnung mit Hilfe von C14-Daten schon gescheitert. H2. Das C14-Labor hat Dreierlei durchzuführen: " Die Probenbehandlung zur Korrektur aller zurückliegenden uner- wünschten Einflüsse auf die zu messende C14-Konzentration. " Die Messung der C14-Aktivität der Proben. " Die statistische Auswertung der Meßergebnisse unter der Nullhypo- these »Die Proben sind ungleichzeitig«, wodurch nur Daten weiter- verarbeitet werden, die statistisch zuverlässig sind. H3. Die Umwandlung des auf diesem Wege erhaltenen und damit konsisten- ten C14-Alters in ein Absolutalter darf nur mit Hilfe von Vergleichspro- ben erfolgen, die ebenfalls gemäß Schritt H1 und H2 radiometrisch ver- messen worden sind., 124 C14-CrashStart
3.4 Sicherer Umgang mit C14 in 3.d4e rS Aicrhcehreäro lUomgigeang mit C14 in der ArchäologieI
Kann ein Ensemble nein gleichalter archäo- logischer Proben zusammengestellt werden? jaII
Läßt die Verteilung der gemessenen C14-Alter nein Die Proben sind kontaminiert ausreichend sicher auf und können nicht für eine radiome trische Gleich- sichere Datierung altrigkeit schließen? herangezogen werden. jaIII Es besteht eine Chance,
Liegen ausreichend weitere Ensembles mit viele absolutdatierte nein konsistenten C14-Daten zu Vergleichsensembles finden. Wenn ihr Absolut- aus derselben Gegend alter jeweils bekannt ist, kann vor, die jeweils die eine Kalibrierkurve erstellt Bedingung II werden. erfüllen? jaKalibrierung
Durch Vergleich des mittleren C14-Datums der Probe mit denen der Vergleichsen- Stop sembles kann ein korrektes Absolutdatum abgeleitet werden., 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand 125 Diese Regeln fassen Selbstverständlichkeiten zusammen. Dennoch muß man 3.9 Ohne minde-stens zwei lücken- sich fragen, ob jemals ein C14-Datum veröffentlicht worden wäre, wenn sie lose, ausreichendlange und unab- von Anfang an hätten berücksichtigt werden müssen. Das übliche Vorgehen hängig voneinan-der erstellte folgt anderen Regeln und muß unter Zugrundelegung der eben beschriebenen Baumringchronolo-gien bestand keine Selbstverständlichkeiten – sozusagen der Sicherheitsstandards – als ungenü- Möglichkeit, dieC14-Methode in ihren Grundaussa- gend bezeichnet werden: gen zu überprüfen. Deshalb konnte umgekehrt die er- R1. Man stellt die Gleichaltrigkeit der Proben innerhalb eines Ensembles im ste Baumringchro- nologie noch ohne Allgemeinen im sofortigen Vergleich mit bereits vorliegenden C14-Da- Widerspruch zu erregen auf der ten fest. Die Konsistenz der Daten bzw. der C14-Alter wird also unbese- Protohypothesequasi-konstanter hen vorausgesetzt. Nach diesen Aktionen ist ein regulärer Konsistenztest C14-Konzentrationder Atmosphäre (analog H1) sinnlos. gegründet werden. R2. Das Labor unterzieht die C14-Daten von den vorbehandelten und ver- messenen Proben einem statistischen Test unter der Nullhypothese, daß die Proben gleichzeitig sind, wodurch auch die statistisch unzuverlässi- gen Daten weiterverarbeitet werden. R3. Die Umwandlung dieser statistisch unzuverlässigen C14-Alter in Abso- lutalter erfolgt mit dendrochronologischen Maßstäben, die selber stati- stisch unzuverlässige Sequenzen von C14-Daten aufweisen, d.h. die den Regeln H1 und H2 (bzw. D1 und D2, siehe Kapitel 3.7) nicht genügen. Wir erinnern daran, daß die tentativen Absolutdatierungen der heutzutage vorwiegend benutzten europäischen Baumringsequenzen über die Synchroni- sierung mit der Bristlecone-Pine-Chronologie (»wiggle-matching«) erfolgten, die ebenso aus unzuverlässig C14-datierten Proben aufgebaut war. Aufgrund der zuletzt beschriebenen realen Umstände besteht das Konvo- lut veröffentlichter – kalibrierter wie unkalibrierter – C14-Daten größtenteils aus nicht-signifikanten (andere sagen hier »falschen«) und aufgrund des un- aufgeklärten statistischen Sachverhaltes sogar irreführenden Angaben. Die C14-Methode könnte sich hier nur retten, indem sie den Historikern grund- 3.4 sätzlich die Fähigkeit abstreiten würde, die historische Gleichaltrigkeit von Proben feststellen zu können, und den Spieß dadurch umdreht, daß sie nur Proben nimmt, die im statistischen Test zu signifikanter Gleichzeitigkeit an- statt zu einem gerade eben noch nicht ganz besonders signifikantem Irrtum führen. Das wäre angesichts des Vertrauens in die C14-Methode, das von den beteiligten Wissenschaftlern durch die Veröffentlichung der C14-Daten ja ein ums andere Mal demonstriert wird, nur konsequent. In den meisten Fällen könnten Historiker jedoch die Daten nicht akzeptieren und müßten sich letzt- lich von dieser Hilfswissenschaft trennen., 126 C14-Crash 3.5 Dendrochronologie und C14-Methode – eine Heirat unter vorgehaltener Pistole Nicht alle Dendrochronologen vertrauten sich jederzeit der C14-Methode in letzter Konsequenz an. Sie bemängelten sogar dieselben Fehler, auf die auch wir hier immer wieder hinweisen, insbesondere die Ungültigkeit des Simultanitätsprinzips. Es fehlte aber an einer konsequenten Verfolgung der entsprechenden Indizien, denn die Dendrochronologen hatten ihre eigenen Probleme und sahen sich zurecht nicht als Hüter ihres wissenschaftlichen Bruders (zur Wortwahl vgl. B. Huber [1966]). 1977 – in dem Jahrzehnt ungeheurer Anstrengung, die mitteleuropäischen Eichenchronologien aus sich heraus zu komplettieren – veröffentlichten G.W. Pearson et al. eine Kalibrierkurve, die auf einer schwimmenden Baumring- chronologie Irischer Eichen beruhte und damit keine Absolutdaten geben konnte. Dafür sollte sie aber den Vorteil hoher Genauigkeit in der Vermes- sung der C14-Werte haben. Die Autoren stellten fest, daß Versuche zur Kali- brierung von C14-Daten anhand von Proben bekannten Alters immer wieder die Ungenauigkeit der üblichen Methoden gezeigt hätten, was letztlich auch zu einem Vertrauensverlust der C14-Methode bei den europäischen Prähisto- rikern geführt habe. Diese schwimmende Eichenchronologie bildete den Ausgangspunkt für einen schweren Vorwurf an die Wissenschaftler, die die Bristlecone-Pine- Chronologie erstellt und ausgewertet hatten: Da die irischen Präzisionsmes- sungen einen glatten Verlauf der atmosphärischen C14-Konzentration nach- zeichnete, mußte die in sich geschwungene Kalibrierkurve der Bristlecone-Pi- ne-Chronologie auf falschen Meßdaten beruhen. Als einzige Alternative zu fehlerhaften Messungen bestünde die Möglichkeit, daß die Strömung des dem Wuchsort der Bristlecone Pines benachbarten Pazifik die C14-Konzentration lokal »verzerrt« habe. Zu der Überlegung, ob die ungleich näher liegende Iri- sche See ähnliche Wirkungen bei ihren eigenen Proben gehabt haben könnte, sehen sich die Autoren nicht veranlaßt. Ihre Vorgehensweise tut darüberhin- aus ein Übriges, jeden solchen Effekt auszumitteln und signalisiert damit blindes Vertrauen gegenüber dem Simultanitätsprinzip. Dieses bildete die Ba- sis zum unmittelbaren Abgleich der C14-Daten jeglicher gefundener Hölzer, wodurch dendrochronologische Synchronismen nur noch in eng begrenzten Zeiträumen gesucht wurden. Ein »glatter« Verlauf der Kalibrierkurven ist so natürlich vorprogrammiert. Pearson et al. beanspruchen zwar hohe Genauigkeit für die C14-Daten aus den jeweils bis zu 200 Gramm umfassenden Proben von ihrer Mastersequenz,, 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand 127 die seinerzeit aus etwa 300 Bäumen bestand und rund 1.000 Jahre umfaßte. 3.10 Wenn »einDatum kein Datum Doch dem Artikel ist zu entnehmen, daß jeweils eine große Zahl von Sequen- ist«, dann ist dasSimultanitätsprin- zen zu 200-Gramm-Proben zusammengefaßt wurden, ohne daß geprüft wor- zip automatischals widerlegt zu den war, ob die C14-Daten denn untereinander – im Sinne der Regeln H1 betrachten. Diesesverlangt ausdrück- bzw. D1 – ausreichend konsistent waren. Für den Fall unzureichender Konsi- lich, daß gleichalt-rige Proben diesel- be C14-Aktivität stenz hätten die irischen Dendrochronologen auch die Art und Weise in Frage aufweisen. Das ist der Grund, wes- stellen müssen, mit der man zuvor die Suche nach möglichen Synchronlagen halb die Anwend- barkeit des Simul- für einzelne Baumringsequenzen einzugrenzen versucht hatte. Dazu waren tanitätsprinzips auch im Einzelfall diese unter der Annahme genereller Gültigkeit des Simultanitätsprinzips ver- nachgewiesenwerden muß. gesellschaftet worden (Bild 2.10 ). Dieses Vorgehen erschien den Forschern 3.11 Es ist bei so selbstverständlich, daß sie glaubten, es nicht erwähnen zu müssen. Doch es dem erreichtenStand der C14- widerspricht den in Kapitel 3.4 bzw. 3.7 aufgestellten Sicherheitsregeln. Methode mit hoherWahrscheinlichkeit Das Ergebnis bestand in einem fast linearen Zusammenhang zwischen davon auszu-gehen, daß stete C14-Alter und Baumringjahr – ganz im Gegensatz zu der dazu synchron lau- Sorge des Histori-kers um die Stich- fenden Sequenz aus der Bristlecone-Pine-Chronologie (Bild 9.16 ), die aus ei- haltigkeit eines be-liebigen C14-Da- ner Abfolge von »wiggle« bestand und von den Iren auch als entsprechend su- tums – egal, ob esihn bestätigt oder spekt eingeschätzt wurde, denn »jede Kalibrierung, die mehr als marginale nicht – berechtigtist. Abweichungen [zu der irischen Kalibriergerade] aufweist, muß ultimativ als falsch bezeichnet werden« [Pearson et al. 1977, 28]. Der einzige nicht-zufällige Fehler, der überhaupt noch für eine Erklärung der Abweichungen in Frage käme, wäre das permanente Hochspülen von Wasserschichten an der amerikanischen Pazifikküste mit deutlich abweichen- der C14-Konzentration. In jedem Falle wäre die Benutzung des »wiggle-mat- ching« wenigstens für den betrachten Zeitraum unstatthaft, da mit entspre- chend hohen unkorrigierbaren Fehlern in den Messungen zu rechnen wäre. Wir haben bereits an anderer Stelle (Kapitel 2.4) die Rückbesinnung der irischen Dendrochronologen auf das »wiggle-matching« mit der Bristlecone- Pine-Chronologie angesprochen. Nicht höhere Einsicht in die Qualitäten die- ser Chronologie oder in das Verfahren an sich war den Iren zuteilgeworden, sondern ein immer stärker wachsender Druck zur Komplettierung ihrer von der Zusammensetzung her stagnierenden Chronologie. Ohne Hilfe bei der Vordatierung war nichts mehr zu machen gewesen und so erkannte man am Ende doch »sufficient agreement« zu der Suess-Kalibrierung [Pearson et al. 1983, 180; Baillie 1995, 38]. Dem muß vorausgegangen sein, daß bestimmte Sequenzen aus den lokalen Mastern herausgenommen und/oder die Synchronismen neu- bestimmt worden waren, um nun ebenfalls »wiggle« herausmessen zu können. Nichtsdestotrotz mögen Dendrochronologen ihrem einstigen Steigbügel- halter dann nicht mehr die Stange halten, wenn es diesem methodisch an den Kragen geht. Sie wollen vielmehr einen autonomen Erfolg bei der mehrfa-, 128 C14-Crash chen Replizierung ihrer Chronologien auf rein dendrochronologischer Basis in Anspruch nehmen und damit – was die Glaubwürdigkeit des Status-quo an- geht – auf die C14-Methode nicht mehr angewiesen sein. Doch dieser An- spruch ist unerfüllbar: Wo C14 zur Vordatierung benutzt wurde, dort ist auch die methodische Unabhängigkeit ein für allemal dahin. Das ergibt sich direkt aus bestimmten methodischen Schwächen der Dendrochronologie, die wir im Folgenden herausarbeiten wollen. 3.6 Das Schweigen über Dilemmata Die Dendrochronologen arbeiten methodisch-statistisch völlig anders als die C14-Forscher – im Prinzip genau entgegengesetzt. Die Dendrochronologen verlangen eine niedrige Eintrittswahrscheinlichkeit für den Irrtum, dessen Vermeidung ihnen am wichtigsten ist: Dieser bestünde darin, eine falsche Synchronlage als richtig zu übernehmen. Man will natürlich möglichst gar keine oder wenigstens möglichst selten falsche Synchronlagen in die Chrono- logie einbauen. Würden sie so vorgehen, wie die C14-Wissenschaftler es tun, dann würden sie eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Irrtum zulassen. Al- lerdings fürchten diese sich vor einem ganz anderen Irrtum, nämlich dem, ei- ne richtige Synchronlage als falsch zu verwerfen. Diese Unterschiede lassen sich direkt aus den verschiedenen Ansätzen zur Interpretation des vorliegen- den Meßmaterials ableiten. Nehmen wir an, einem C14-Wissenschaftler und einem Dendrochronologen werden je zwei Proben mit der Aufgabe ausgehän- digt, ihre Gleichzeitigkeit zu beurteilen: ! Dem C14-Wissenschaftler stehen zur Lösung der Aufgabe grundsätzlich nur zwei Meßwerte zur Verfügung. Für ihn gelten die Proben solange als gleichaltrig, wie die statistische Wahrscheinlichkeit dafür noch größer 1 bis 5% ist. Ein Argument für diese »Toleranz« mag darin bestehen, daß in Anbetracht eines grundsätzlich möglichen Altersunterschiedes in der Grö- ßenordnung von rund 100.000 Jahren eine Differenz von womöglich nur wenigen hundert C14-Jahren nicht ins Gewicht fallen könne. Man kann auch sagen, daß er so wenig Meßmaterial zur Verfügung hat, daß er es be- dauern würde, eine tatsächlich vorliegende Gleichzeitigkeit irrtümlicher- weise nicht erkannt zu haben. ! Dem Dendrochronologen müssen zur Lösung der Aufgabe ungleich mehr Meßwerte zur Verfügung stehen. Wenn nicht eine der beiden Proben Jahr- ringe für den ganzen in Frage kommenden Zeitraum aufweist, kann er auch kein Urteil abgeben. Alle möglichen Synchronlagen zwischen den, 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand 129 beiden gemessenen Folgen von Baumringwuchswerten können nach be- 3.12 Von den iri-schen Dendrochro- stimmten Kriterien untersucht und bewertet werden, ob ein besserer oder nologen wurde1977 zwar die Ille- schlechterer Kandidat dafür vorliegt. Natürlich wählt er aus allen nur den gitimität des»wiggle-matching« sichersten Kandidaten aus. Schließlich hat er – im Gegensatz zu seinem erkannt und indi-rekt angeprangert, Kollegen von der Radiometrie – genug zur Auswahl und er kann es sich die damit verbun-dene allgemeine Problematik im deshalb leisten, nur wirklich aussichtsreiche Konstellationen in Betracht Hinblick auf die ei- gene Ausnutzung zu ziehen. des Simultani- tätsprinzips jedoch nicht thematisiert. Nicht nur die Informationsbasis ist völlig verschieden, auch das sich daraus ergebende Dilemma der Dendrochronologie ist ein völlig anderes als das der C14-Methode. Die dendrochronologische Methode läßt in der Regel nicht nur einen, sondern sogar mehrere aussichtsreiche Kandidaten für die richtige Syn- chronlage zu [Eckstein/Bauch 1969, 246]. Während der C14-Wissenschaftler um ein Minimum an Vertrauenswürdigkeit seiner Meßwerte ringt, wäre es dem Dendrochronologen lieber, er hätte am Ende noch viel mehr vertrauensun- würdige Kandidaten, denn wonach soll er beurteilen, welcher von den Ver- trauenswürdigen der Richtige ist? Je länger der abzugleichende Bereich ist, desto größer wird die Gefahr, sich für den auserwählten Kandidaten irrtüm- lich zu entscheiden, denn es ist bekannt, daß mit der »wahren« Synchronlage rechnerisch noch nicht einmal die niedrigste Irrtumswahrscheinlichkeit ver- bunden sein muß. So deckte D.K. Yamaguchi [1986, 49] bei einem Versuch, nach allgemein üblichen statistischen Verfahren eine Douglas-Fichte in den zugehörigen lo- kalen Master einzubauen, eine inflationäre Anzahl von Synchronlagen auf, die nach herkömmlichen Kriterien höchstes Vertrauen genießen würden. Ya- maguchi kritisierte darauf hin insbesondere die zur Erstellung der Irischen Ei- chenchronologie eingesetzten statistischen Verfahren, die die häufig gegebe- nen Autokorrelationen zwischen Baumringsequenzen nicht ausreichend be- rücksichtigen könnten und damit ihre Anwender der Gefahr von Fehlsynchro- nisationen aussetzen würden [Yamaguchi 1986, 51; vgl. auch Newgrosh 1991/92, 66]. Eine Ursache für die »Selbstbezüglichkeit« von Baumringsequenzen liegt in der Abhängigkeit der Ringdicken von der Sonnenaktivität. Ihre Periodizität – Stichwort: Sonnenfleckenzyklus [Bäsemann 1992, 106ff.; Hanover 1980, 756ff; Glock 1937] – prägt sich auch in die Abfolge der Ringdicken der Bäume ein. Je größer das Gebiet ist, aus dem die dendrochronologisch zusammenge- faßten Bäume stammen, und je individueller diese ohnehin im Wuchsverlauf sind, desto größer wird die Gefahr, daß die Sequenzen anhand dieses global hervorgerufenen periodischen Musters und nicht auf der Grundlage regional oder lokal typischen Wuchsverlaufs synchronisiert werden. Die Synchronisa-, 130 C14-Crash tion periodischer Muster kann aber den gemeinsamen zeitlichen »Nullpunkt« nicht auffinden und muß in dieser Hinsicht eine »Scheinsynchronität« bleiben. Die resultierende Mittelkurve wird den globalen Trend demnach umso stärker widerspiegeln, je individueller die zusammengefaßten Hölzer in ihrem Wachstum gewesen sind. Das mag ein Hinweis sein, daß der inflationär ein- setzende Abgleich der europäischen Eichenchronologien zu Beginn der acht- ziger Jahre sich auf solche globalen Muster konzentrierte, die durch vorange- gangenen exzessiven Gebrauch statistischer Vergleichskriterien in die Mittel- kurven Einzug gehalten hatten. Solche Vergleiche sind per se wertlos und et- waige Aussagen über »jahrgenaue Übereinstimmungen« trügerisch, weil peri- odische Muster naturgemäß beliebig viele Synchronitäten erzeugen. Zu Beginn des Jahrhunderts wollte der Begriff »Teleconnection« eine in- formelle Kopplung aller Bäume im Hinblick auf ihr Wachstum umschreiben. Er kann in abgewandeltem Sinne zur Bezeichnung der »kosmischen Trigge- rung« des Baumwachstums herangezogen werden. Die Dendrochronologie ist aus der Idee heraus geboren, den zeitlichen Verlauf der Sonnenaktivität aus dem Wachstumsverlauf eines einzelnen Baumes ablesen zu können [Niemitz 1995, 292]. Es besteht die Gefahr, daß die modernen statistischen Verfahren der Dendrochronologie nicht ausreichend zwischen global auftretenden peri- odischen und regional typischen zufälligen Mustern trennen können und auf diesem Wege falsche Synchronitäten erzeugt haben. Nicht nur wegen dieser Gefahr von Fehlsynchronisationen, sondern auch wegen der Möglichkeit zur radikalen Reduzierung des Arbeitsaufwandes, er- scheint es nur zu verständlich, daß Vordatierungen gefragt sind. Diese sollen ohne viele Umwege dazu führen, nur einige aussichtsreiche und deswegen auch möglichst wenig irreführende zusätzliche Kandidaten für die Synchron- lage zu erhalten. Letzten Endes sei immer die »einschlägige Erfahrung (rele- vant experience)« [Baillie 1995, 21] des Dendrochronologen für eine »visuell si- chere Altersbestimmung« [Eckstein/Bauch 1969, 248; Leuschner 1994, 127; Schweingru- ber 1983, 86] ausschlaggebend. Diese kann sich aber erst wirklich sicher zur Geltung bringen, wenn der zu beurteilende Zeitraum zuvor stark genug einge- grenzt wurde. Darin liegt eines der stärksten Motive für den Einsatz der C14- Methode in der Dendrochronologie, in der die immanenten Methoden allein nicht zum Erfolg führen können. In diesem Zusammenhang geben die mehrfach offengelegten Synchroni- sierungsfehler in der Größenordnung von einigen Jahrzehnten – um 10 bis 30 Jahre verschobene Neuplazierungen anläßlich der Veröffentlichung der Mit- teleuropäischen Eichenchronologie [Hollstein 1980], rund 40 Jahre Diskrepanz, 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand 131 zwischen Hohenheimer und Göttinger Eichenchronologie vor 5.241 BC [Kro- 3.13 Weil diedendrochronologi- mer et al. 1996, 607], rund 70 Jahre für den »Kirnsulzbachfehler« [Schmidt/Freund- sche Synchronisie-rung ohne Hilfsda- lich 1984, 234] – einigen Aufschluß über die Möglichkeit, mit Fehlern leben zu tierung durch C14nicht gelingen können, ohne daß es methodisch auffällig wird. Warum umfassen diese Kor- konnte, ist dieDendrochronologie rekturen in aller Regel Jahrzehnte und nicht wenige Jahre einerseits oder so- zur Aufdeckungdisparater Trends des in den Baum- gar Jahrhunderte andererseits? Liegt es grundsätzlich daran, daß der Grad der ringen gespeicher- ten C14 nicht vor- Autokorrelation in den Baumringchronologien im Mittel alle paar Jahrzehnte gestoßen. eine aussichtsreiche Synchronlage vorspiegelt? Es gibt keinen dendrochronologischen Indikator, der einen Irrtum um Jahrhunderte deutlicher anzeigt, als einen um ein einziges Jahr. Ein Fehler wiegt hier so schwer wie der Andere. Da besagte Synchronisierungsfehler meistens beim Vergleich mit Baumringchronologien aus zwangsläufig ande- ren Wuchsgebieten entdeckt werden, kommen offenbar Vergleichskriterien zur Anwendung, die einen jahrgenauen Abgleich im Einzelfall ohnehin nicht erlauben. Auf der anderen Seite ist völlig klar, warum die Korrektur nie in die Jahrhunderte gehen muß: Die vormaligen C14-Vordatierungen über das »wiggle-matching« mit der Bristlecone-Pine-Chronologie haben sämtliche eu- ropäischen Eichenchronologien in einen »chronologischen Korridor« ge- pfercht, in dem sich dann nur noch eine jahrzehntweise Korrektur abspielt. Wir können aus unserer bisherigen Erfahrung mit der Untersuchung natur- wissenschaftlich erarbeiteter Chronologien ableiten, daß für jede dieser Chro- nologien eine methodische Unzulänglichkeit existiert, die es unmöglich macht, ohne externe Hilfe ans Ziel – also Lückenlosigkeit und prinzipielle Jahrgenauigkeit – zu kommen. Das allein ist kein Anlaß zur Besorgnis. Es müssen nur die Spielregeln formuliert sein, nach denen Sicherheit bei der In- anspruchnahme externer Hilfe herrscht. Diese Spielregeln wollen wir im nächsten Kapitel für die Verwendung von C14-Daten durch die Dendrochro- nologie aufstellen. 3.7 Wann können Dendrochronologen sorgenfrei C14-Daten verwenden? Ein Dendrochronologe steht ursprünglich vor derselben Aufgabe wie ein Hi- storiker: Er soll eine Chronologie von Ereignissen für eine bestimmte Region aufstellen. In seinem Fall geht es um die jährliche Abfolge von Baumring- wuchswerten für einen geographischen Bereich, in dem in etwa stets ein ein- heitliches Klima herrscht. Solange er seine Chronologie vorwiegend mit dendrochronologischen Hilfsmitteln und Methoden erstellt, gelten für ihn beim Umgang mit C14-Daten dieselben Sicherheitsregeln wie für den Histori- ker. Die Verwendung einzelner C14-Daten muß noch nicht bedeuten, daß er, 132 C14-CrashStart
3.5 3S.i5ch eSricehr eUremr gUamnga mngit mCi1t 4C i1n4derDine dnedrr oDcehnrdornoochlorgoineologieI
Kann ein lokaler Master mit ausreichend vielen Baumringsequenzen zusammengestellt werden? nein jaII Die Proben sind
Läßt die Verteilung der kontaminiert und können gemessenen C14-Alter nicht herangezogen ausreichend sicher auf werden. Es bestehen radiome trische Gleich- geringe Chance, altrigkeit schließen? nein Ensembles mit konsistenten C14-Daten zu finden jaIII
Liegen weitere Master (nach II) aus derselben Es bestehen Chancen, Gegend vor, die auf weitere Ensembles mit zeitliche Überschnei- konsistenten C14-Daten dung getestet werden nein zu finden. können? jaKalibrierkurve IV Durch Vergleich des
Sind die Master (nach C14-Datums einer Probe II) dendrochrono- mit denen der kompletten Stop logisch miteinander Baumringchronologie verzahnbar? ja kann ein korrektes Absolutdatum abgeleitet werden. nein Es bestehen Chancen, weitere radiometrisch konsistente Ensembles zu finden, die dendrochronologisch verzahnbar sind., 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand 133 sich von der C14-Methode abhängig macht, oder daß er im Extremfall sogar C14-Chronologie betreibt. Es kommt nur darauf an, daß die von ihm verwen- deten C14-Daten korrekt erzeugt und verwendet wurden. Der Dendrochrono- loge setzt C14-Daten ein, wenn er Folgendes bestimmen oder überprüfen will: ! die mögliche Zusammengehörigkeit einzelner Hölzer, ! die Zugehörigkeit eines einzelnen Holzes zu einer vorhandenen und schon mehrfach belegten Sequenz, ! die Synchronität zwischen zwei gut belegten Sequenzen, die nicht mehr aus demselben geographischen Bereich stammen. Im Grunde setzt er C14-Daten ein, wenn er vordatieren will, wenn er also die Zahl der zu überprüfenden Deckungslagen nachhaltig einschränken will. Da immer wieder dendrochronologische Synchronisationsfehler in der Größen- ordnung einiger Jahrzehnte korrigiert werden, müssen befriedigende Dek- kungslagen ganz offenbar in etwa in diesem zeitlichen Abstand existieren. So bekommen wir einen Anhaltspunkt, wie genau die Vordatierung im Falle der Dendrochronologie immer wieder zu sein hat, um die Gefahr von Fehlsyn- chronisationen gering zu halten. Der Dendrochronologe wird von alleine kaum je alle Voraussetzungen ab- klären können, die für eine entsprechende Genauigkeit der Hilfsdatierung er- füllt sein müssen. Aber er wird von seiner Seite aus wenigstens einige Bedin- gungen überprüfen, die für die gewünschte Inanspruchnahme der Hilfswissen- schaft erfüllt sein müssen. Betrachten wir den Fall, daß er ein einzelnes Holz mit einer bereits vorhandenen, mehrfach belegten Sequenz vergleichen will. Was kann er tun, um von seiner Seite aus einige Zweifel an der gewünschten Genauigkeit auszuschließen (Bild 3.5 )? D1. Er muß dem C14-Labor nicht nur einen Teil des zu datierenden Holzes übergeben, sondern zusätzlich etliche weitere gleichaltrige Baumringse- 3.5 quenzen. Nur so kann er klären lassen, ob das C14-Datum seiner Probe überhaupt vertrauenswürdig ist. Ist die Abweichung von der Normalver- teilung zu groß – und es liegt an ihm zu beurteilen, was »zu groß« ist –, dann ist der Versuch der zeitlichen Zuordnung des Holzes mit Hilfe der C14-Methode bereits an diesem Punkt gescheitert. D2. Auch die Sequenz, mit der er sein Holz dendrochronologisch verglei- chen will, muß er wie unter D1 beschrieben untersuchen lassen. Dabei ist sogar die komplette Sequenz auf eine statistisch signifikante radiome- trische Gleichzeitigkeit aller beteiligten und voraussetzungsgemäß je-, 134 C14-Crash weils gleichaltrigen Ringe (bzw. kurzen Ringsequenzen) zu untersuchen. Erst dann kann er eine korrekte Prüfung auf radiometrische Synchronität zwischen seiner mehrfach belegten Sequenz einerseits und seiner Probe andererseits durchführen. D3. Beide Voraussetzungen D1 und D2 müssen erfüllt sein, anderenfalls sind die Proben entweder kontaminiert oder haben zu Wuchszeiten trotz gleichzeitiger Ausbildung des Jahrringes unterschiedliche Mengen an C14 aufgenommen. Wenn die beiden unter D1 und D2 genannten Bedin- gungen erfüllt sind, darf mit Hilfe der C14-Daten über eine Gleichaltrig- keit bzw. Synchronität entschieden werden. (Streng genommen müssen auch bei der vorzudatierenden Probe mehrere C14-Daten von unter- schiedlichen Bereichen erstellt werden, da ein einziges C14-Datum we- gen der möglichen Mehrdeutigkeit infolge des schwankenden C14-Kon- zentrationsverlaufs nicht ausreicht.) Vor die Aufgabe gestellt, die Voraussetzungen für eine sichere Vordatierung mit Hilfe der C14-Methode zu überprüfen, muß der Dendrochronologe fest- stellen, daß er die ganze Datierungsarbeit ohne Verwendung auch nur eines C14-Datums zu leisten hätte. C14-Daten kann er nämlich nur für den Ver- gleich bereits existierender lokaler Master, nicht aber für den Vergleich ein- zelner Baumringsequenzen heranziehen, weil er schließlich sicher gehen will, daß die C14-Daten »sauber« sind, und das läßt sich nur anhand einer größe- ren Menge von C14-Daten gleichaltriger (und das heißt hier: dendrochronolo- gisch synchronisierter) Proben nachweisen. Will er die Vergleichbarkeit von C14-Daten in seiner Region grundsätzlich abklären, so muß er sogar zuvor die lokalen Master dendrochronologisch synchronisiert haben, um sicher in der Anwendung des Simultanitätsprinzips sein zu können. Dann wäre er aber bereits an dem Ziel, zu dessen Erreichen er ursprünglich die C14-Methode einspannen wollte. Nur solange Hölzer mit dendrochronologischen Mitteln ausreichend si- cher datierbar sind, kann parallel dazu auch die Vertrauenswürdigkeit der ent- sprechenden C14-Daten überprüft werden, ohne daß C14 Einfluß auf die Da- tierung nehmen muß. Wenn die Dendrochronologie das leisten kann, was sie verspricht (nämlich insbesondere die methodische Unabhängigkeit von der C14-Methode), dann dürfte die C14-Methode für die Erstellung einer regio- nalen Baumringchronologie gar nicht in Anspruch genommen werden: Diese wäre in dem Moment bereits fertig, ab dem eine Anwendung der C14-Metho- de freigegeben werden könnte., 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand 135 Wo also zur C14-Methode gegriffen wird, um sich bei der Datierung hel- 3.14 Bevor dieDendrochronologie fen zu lassen, da konnten ihre Voraussetzungen nicht überprüft, sondern muß- die C14-Methodezur Vordatierung – ten blindlings geglaubt werden. Die Tatsache umfassendster Anwendung der und das heißt: zurEingrenzung der C14-Methode bei der Erstellung regionaler Baumringchronologien ist also Zahl der zu über-prüfenden Dek- mit dem konsequenten Verzicht auf die Überprüfung ihrer Anwendbarkeit kungslagen – ver-wenden durfte, hätte sie zur unab- verbunden. Dafür kann es nur einen Grund geben: Die Unfähigkeit, aus eige- hängigen Überprü- fung ihrer wesentli- ner Kraft umfassende Baumringchronologien zu erstellen. chen Prämissen antreten müssen. Sobald ein Dendrochronologe zum Zwecke der Eingrenzung der zu über- Da dies nicht ge- schehen ist, hat prüfenden Deckungslagen zur C14-Methode greift, verläßt er seine eigene sich die Dendro-chronologie ihrer methodische Basis. Was nützt hinterher der Verweis auf statistische Signifi- methodischen Un-abhängigkeit be- kanz der im vorgegebenen Intervall erarbeiteten Synchronität, wenn etliche geben. weitere Kandidaten infolge der Vordatierung gar nicht erfaßt werden, welche aber nach rein dendrochronologischen Maßstäben dieselbe Aufmerksamkeit verdienten, wie die durch die Vordatierung selektierte Synchronität. Hinter der sogenannten »temporären Inanspruchnahme einer Hilfswissenschaft«, von der die Dendrochronologie in diesem Zusammenhang gerne spricht, verbirgt sich also ein kompletter Methodenwechsel: Es wird – ohne C14 – entweder auf der Basis dendrochronologischer oder – mit C14 – auf der Basis radiome- trischer Methoden synchronisiert. So ruppig diese Aussage erscheinen mag, so ergibt sie sich doch zwingend aus der Forderung, daß für die Verwendung von C14 zur Vordatierung auch nachzuweisen war, daß die C14-Methode in dem angestammten Arbeitsgebiet der Dendrochronologie gemäß ihrer grundlegenden Prämissen funktioniert. Das ist keine übertriebene Forderung angesichts der Probleme, die immer wieder ans Tageslicht kommen. Daß radiometrisch vordatierte Sequenzen später eine zusätzliche dendrochronologische Behandlung erfahren, ändert nichts an dem ursprünglichen Grund für den Einsatz der C14-Methode: Die unzureichende Signifikanz der dendrochronologischen Methode und/oder das Übermaß an zu überprüfenden Deckungslagen. Dieses Signifikanzproblem wird nicht dadurch besser, daß eine relativ beste Signifikanz plus dendrochro- nologischer Erfahrung ins Feld geführt wird – hätten diese doch ohne C14 schlichtweg nicht ausgereicht. An dieser Stelle offenbart sich ein weiteres Dilemma der Dendrochronolo- gie. Es ist im Rahmen ihrer Methode zwar möglich, die Korrigierbarkeit der C14-Daten in lokalen Mastern zu verifizieren (und das u.U. deutlich sicherer, als durch andere archäologische Funde). Dasselbe kann aber nicht in ver- gleichbarer Strenge für die überregionale Gültigkeit des Simultanitätsprinzips erreicht werden. Und zwar deshalb nicht, weil die Vergleichskriterien der, 136 C14-Crash Dendrochronologie die Herkunft der betrachteten Baumringsequenzen aus Wuchsgebieten mit einheitlichen klimatischen Voraussetzungen verlangen. Diese Wuchsgebiete umfassen in Europa höchstens einige hundert Kilo- meter im Durchmesser. Während sich einzelne irische Eichen bis zu einem Abstand der Fundorte von 70 Kilometern korrelieren ließen [Smith 1972, A92], erhöhte sich dieser Abstand für den Vergleich von Stammlagen der Donau und des Oberen Mains um mehr als das Doppelte [Becker/Frenzel 1977, 46]. Lan- ge und gut belegte »lokale Master« ließen sich dagegen generell über eine Entfernung von bis zu 300 Kilometer synchronisieren [Hollstein 1977, 16]. Über- regionale Vergleiche wie etwa zwischen dem süd- und dem norddeutschen Raum zeigen jedoch, daß die verschiedenen Eichenholzchronologien nicht übertragbar11 sind [Eckstein 1984, 40]. Die Dendrochronologie muß das Simulta- nitätsprinzip also weitgehend glauben, ohne es mit eigenen Mitteln substanti- ell überprüfen zu können [Pilcher et al. 1984, 151], solange sie nicht voneinander absolut unabhängig entstandene Absolutchronologien (statt lediglich schwim- mender Chronologien) von verschiedenen Orten aufführen kann. Wir erinnern daran, daß die ernsthafteste Attacke gegen das Simultani- tätsprinzip von der Dendrochronologie selbst geführt wurde: Der Vergleich der Bristlecone-Pine-Chronologie mit dem neuseeländischen Kauri-Baum (vergleiche Bild 2.4 ) hatte nicht nur die Möglichkeit aufgeworfen, daß starke lokale Unterschiede der C14-Konzentration herrschen können, sondern daß zusätzlich die C14-Konzentration der Atmosphäre sich in einem Ungleichge- wicht befindet und seit langem im Steigen begriffen ist. Allein angesichts die- ser Ergebnisse hätten die europäischen Dendrochronologen auf jegliches »wiggle-matching« mit der Bristlecone-Pine-Chronologie verzichten müssen, bis die uneingeschränkte Gültigkeit des Simultanitätsprinzips nachgewiesen bzw. bis der Widerspruch zwischen Kalifornien und Neuseeland aus dem Weg geräumt gewesen wäre. Zu diesem Schritt sah man sich offensichtlich nicht genötigt. Zur Errich- tung lokaler wie überregionaler Master wurden vielmehr archäologische und/oder radiometrische Hinweise benutzt, wo und wie auch immer man sie bekam. Sie werden hier allerdings nicht als Hinweise betrachtet, sondern als 11 Die Auswirkung extremer Dürre sowie extremer Feuchtigkeit auf die Ringbreiten wird als überregionale synchronstische Klammer gewertet und als »Weiserjahre« in den Ringsequenzen gesucht. Bezeichnenderweise wurde diesen Weiserjahren während der »visuellen« Ära, also vor der umfassenden Einführung statistischer Methoden in die Dendrochronologie, kein solcher Wert beigemessen wie in der nachfolgenden »statistischen« Ära. Selbst wenn visuell »grundverschiedene Ausschläge« [Huber 1968, 149] vorliegen, kann der Fall jetzt durch einen Vergleich von Wahrscheinlichkeiten (und mögen sie noch gering sein) mathematisch-statistisch entschieden werden., 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand 137 »Evidenzen« interpretiert [etwa Baillie 1995, 28/33]. In Deutschland lehnte E. 3.15 Die Dendro-chronologie mach- Hollstein die C14-Methode über weite Strecken ab und wertete historische te extensiven Ge-brauch von der »Evidenzen« aus, während etwa B. Becker von Anfang an auf C14 setzte, oh- Richtigkeit derC14-Methode als ne für deren methodische Probleme besonderes Interesse zu zeigen. Das glei- Nullhypothese:Solange niemand che gilt unter dem Strich für die irischen Dendrochronologen und vor allem kommt, der nach-weisen kann, daß sie hundertprozen- für C.W. Ferguson mit seiner Bristlecone-Pine-Chronologie. In allen Fällen tig falsch ist, bleibt sie uneinge- griff die Nullhypothese »C14 wird schon richtig sein« in voller Konsequenz: schränkt im Ein- satz. Man hätte erst ganz sicher sein wollen, daß sie komplett falsch ist, bevor man dieses schöne Hilfsmittel aufgegeben hätte. Die Regel H1 bzw. D1 (= notwendiger Nachweis der sauberen Korrektur des C14-Datums einer einzelnen Probe) rückt die Bedeutung der radiometri- schen »Vorplazierung« einzelner Baumringsequenzen gegenüber der dendro- chronologischen Methode zurecht: Ohne einen Satz gleichaltriger Baum- ringsequenzen kann die Korrektur der C14-Daten gar nicht verifiziert werden. Deshalb müssen die lokalen Master – insbesondere wenn sie nur wenige Jahr- hunderte umfassen – ohne jegliche C14-Hilfsdatierung erstellt werden. Der Regel D3 zufolge können nur die lokalen Master zum radiometrischen Ver- gleich in Ansatz gebracht werden, die jeweils in sich radiometrisch signifikant gleichzeitig sind. Erst dadurch wird die Suche auch nach überregionalen Syn- chronitäten legitimiert. Dabei bleibt immer noch die Frage zu beantworten, ob die C14-Konzen- tration nicht von Ort zu Ort geschwankt hat, wodurch die überregionale Syn- chronisierung bzw. das »wiggle-matching« grundsätzlich unzulässig werden würde. Mithin müßte die Dendrochronologie aus sich heraus überregional gültige Synchronismen nachweisen oder über vollkommen »C14-freie« Abso- lutchronologien verfügen, um eine ausreichende Grundlage für die Verifizie- rung des Simultanitätsprinzips zu schaffen. Sinnlos ist das »wiggle-matching« in allen Fällen, in denen die zu syn- chronisierenden Master in sich zwar dendrochronologisch, nicht aber radio- metrisch signifikant gleichzeitig sind. Jeder Vergleich von »wiggle«, die aus radiometrisch nicht-signifikantem Datenmaterial erzeugt wurden, ist wertlos und irreführend zugleich. Die Kritiken zur starken Streuung von C14-Daten für gleichaltrige Baumringe sind Legende (Bild 2.15 ). Eine solche Kritik darf nicht bei der Qualität der Messungen stehenbleiben, sie muß auch den Ver- gleich »mittlerer« Verläufe der C14-Konzentration – d.h. das »wiggle-mat- ching« – in Frage stellen. Wo von einer Übereinstimmung im C14-Verlauf zwischen zwei regional weit auseinanderliegenden Mastern erheblicher Länge (2.000 Jahre) von 3±5 Jahren berichtet wird [Pearson et al. 1983, 183], da müssen wir die Frage stellen,, 138 C14-Crash auf welche Weise und unter Ansatz jeweils welcher Sequenzen innerhalb ei- nes Masters bei welcher internen Streuung die »ermittelten« Verläufe entstan- den sind – zumal in diesem Fall der eine Master zuvor aus dem Musterver- gleich mit dem anderen entstanden ist! »Wiggle-matching« kann nur »state-of-the-art« [Baillie 1995, 72] sein, solan- ge die oben aufgeführten Regeln eingehalten werden. Auf die Vergangenheit bezogen möchten wir deshalb ganz klar festhalten: Die Menge an C14-Daten, die bei dendrochronologisch-statistischen Synchronisationsversuchen ohne Befolgung der oben aufgestellten Regeln benutzt wurde, bestimmt den Anteil dendrochronologischer Fehlsynchronisationen. Dieser Anteil ist demnach weitaus größer, als nach den verwegenen Äusserungen der Dendrochronolo- gen zu vermuten wäre (vergleiche dazu den Schluß des Kapitels 2.8). 3.8 Zusammenfassung Würden Historiker ihr Sicherheitsverlangen in statistische Termini münzen und als Schwelle für methodenfremde Datierungen formulieren, wären sie plötzlich wieder allein auf weiter Chronologieflur. Es steht uns an dieser Stel- le nicht an, die methodeninternen Sicherheitsstandards der Geschichtswissen- schaft dagegen abzuwägen. Die C14-Wissenschaftler beherrschen die sogenannten systematischen Korrekturen der C14-Methode so schlecht, daß sie einen eigenen, jedoch bis zur Fahrlässigkeit strapazierten Standard entwickeln mußten, um noch mitre- den zu können. Die meisten C14-Daten verdienen es allenfalls, als Fußnoten erwähnt zu werden. Damit gelangen wir an einen Punkt, an dem alle C14-Da- ten in Zweifel gezogen werden müssen. Die Grundlagen der Methode können nicht in Ordnung sein , wenn – wie beschrieben – so viele zweifelhafte Ergeb- nisse entstehen. Diese Schlußfolgerung gilt ebenso für die Kalibrierung, denn in die Erstellung der heute verwendeten dendrochronologischen Kalibrierkur- ven sind durch das jahrzehntelange Hin- und Herschieben radiometrisch »da- tierter« Baumringsequenzen alle Vorurteile eingeflossen, die aus dem seiner- zeitigen Naturverständnis im Hinblick auf das »wahre« Aussehen einer C14- Kalibrierkurve abgeleitet werden konnten. Dies war möglich, weil letztlich nicht-signifikante Daten miteinander verglichen wurden, die – ob nun durch »kosmischen Schwung« oder durch »Polynome 6ten Grades« beherrscht – der gewünschten Tendenz hinterhergeschoben werden konnten. Eine Prüfung der Zuverlässigkeit von C14-Daten fällt so nachteilig für die naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden aus, daß empfohlen werden muß, daß die Historiker diesen Methoden bestimmte Sicherheitsstandards, 3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand 139 vorgeben müssen, wenn sie vor ungerechtfertigten Einflüssen sicher sein wol- len. Dieses Kapitel stellte den Versuch dar, einige Stichworte für das Formu- lieren entsprechender Stichworte zu liefern, 140 C14-CrashDas Credo des Aktualismus...
»Glaubt (der angehende Geologe) fest an die Ähnlich- keit oder Gleichheit des alten und des jetzigen Systems der irdischen Veränderungen, so wird er jede über die Ursachen der täglichen Wirksamkeit gesammelte That- sache als einen Schlüssel zur Erläuterung irgend eines Geheimnisses der Vergangenheit ansehen.« [Charles Lyell 1830] ... und was zum Ausgang des 20. Jahrhunderts davon übrig geblieben ist: »Da selbst die kleinsten Schwankungen anwachsen und dadurch die gesamte Struktur verändern können, ist das persönliche Handeln nicht zur Bedeutungslosigkeit ver- urteilt. Das ist aber andererseits auch bedrohlich, da nun in unserer Welt die Sicherheit von stabilen, dauer- haften Regeln für immer dahin ist.« [Ilya Prigogine 1985] 4.1 Die naturphilosophischen Wurzeln der C14-Methode Die Idee des Aktualismus wurde ursprünglich mittels eines Beweises untermau- ert, der durch die Widerlegung einer Schlußfolgerung aus der gegenteiligen An- nahme geführt wurde: Die Bewohner der Erde könnten unter veränderlichen Bedingungen kaum überleben und keinesfalls sich entwickeln. Da aber die Erde auf vielfältigste Weise belebt sei, dürfe davon ausgegangen werden, daß die Erde ein Ort friedlichen Lebens und stetiger Entwicklung sei. Charles Darwin fand darin ein zentrales Argument für seine Theorie der Evolution, nach der die Ent- wicklung der Arten umso weniger unwahrscheinlich sei, in je kleineren Schritten und umso ungestörter diese sich vollziehen könne. (Für eine Erörterung des Be- griffs »Aktualismus« vergleiche Huggett [1990, 45]) Hinter dem »Fundamentalprinzip«, mit dessen Formulierung die Ära der C14-Datierung eingeläutet wurde, steckte die geballte Kraft dieses Wider- spruchsbeweises, nach dem eine gegenteilige Annahme mit einer Bedrohung für die Lebewesen auf der Erde in Verbindung gebracht wurde und deswegen über- haupt nicht in Frage kam. Das Tempo ihrer Verbreitung und das fast völlige Aus- bleiben von Kritik in dem ersten Jahrzehnt ihrer Existenz ist ohne Berücksichti- gung dieser Ausgangssituation nicht wirklich zu verstehen., 4. Autopsie – Todesursachen einer Methode 141 4.1 Die C14-Me- 4. Autopsie – Todesursachen einer Methode thode wurde imZeichen der Natur- geschichte des 19. Jahrhundert gebo- 4.1 Die C14-Methode ist ein Kind des 19. Jahrhunderts ren, welches dieStetigkeit von Ent- wicklung und die Von der ersten Minute an bestimmte das Wunschdenken der Naturwissen- Stabilität der ent-sprechenden Randbedingungen schaftler und Historiker die Datierung archäologischer Proben mit der C14- verkündet. Des- halb ist die C14- Methode. Ansätze zur kritischen Hinterfragung der C14-Methode, die sich Methode auch nur solange lebensfä- zum Beispiel aus widersprüchlichen Datierungen ergaben, erstickten regelmä- hig, wie dieses Bild in der Gesell- ßig im Keim, da ihre zentralen Voraussetzungen von der Debatte niemals er- schaft Anerken-nung findet. reicht wurden. Diese Voraussetzungen legen Zeugnis ab von einem Vorurteil wahrhaft historischen Ausmaßes: Seit je und zugleich überall auf der Erde sollen sich die Naturkräfte so ausgewirkt haben, wie wir es hier in diesem Au- genblick zu erkennen vermögen. Diesem Konzept des »Aktualismus« zufolge genügt die Kenntnis der heu- te beobachtbaren Naturkräfte, um den Ablauf sämtlicher Epochen der Erdge- schichte nachvollziehen und erklären zu können. Die damit verbundene Idee, daß sich angesichts einer zweifellos friedfertigen Natur allerorten seit langem schon zeitlich konstante Zustände eingestellt haben müssen, hat die Naturge- schichte der letzten 100 Jahre maßgeblich bestimmt. So fundamental falsch, wie sich diese Prämisse mittlerweile erwiesen hat, so abwegig ist auch der Gedanke, mit der C14-Methode zu verläßlichen Ab- solutdaten kommen zu können. Die Naturgeschichte hat sich in den letzten 20 Jahren von diesem Vorurteil über die Dynamik der Naturkräfte zu lösen be- gonnen, das lange Zeit zuvor in aller Härte durchexerziert worden war. Sie hat es jedoch versäumt, ihr Naturbild nach unmittelbaren Folgen aus dieser Geisteshaltung zu durchforsten und diese gegebenenfalls einer vorbehaltlosen Kritik zu unterwerfen (siehe auch Textbox 4.1 ). Das Vorurteil von der immerwährenden Konstanz der Randbedingungen lockte erst die Erfinder der C14-Methode und dann auch ihre Anwender auf trügerischen Grund. Sie ist ohne jede Chance, sich durch Querverbindungen auf festerem Grund abzustützen. Das schwächt sie entscheidend im Vergleich zu anderen naturwissenschaftlich-chronologischen »Bruderdisziplinen«, ins- 4.1 besondere im Vergleich zur Dendrochronologie. Diese hat in Ansehung der Schwäche eigener Verfahren die C14-Methode zwar verwendet, kann sich je- doch unter Korrektur der Fehler, die daraus erwachsen sind, auf die eigenen Grundlagen zurückbesinnen und damit fortexistieren. Wir haben in der Vergangenheit öfters die Empfehlung gehört, uns mehr auf die aktuellen Ergebnisse der C14-Methode zu konzentrieren, anstatt uns immer wieder mit Dingen und Aussagen aus den letzten 50 Jahren zu be-, 142 C14-Crash schäftigen, die zudem schon längst überholt sein könnten. Wir kennen auch die Empfehlung von Seiten einiger C14-Labore, Daten, deren Entstehung län- ger als 5 Jahre zurückliegt, besser nicht zu verwenden, da die Technik sich in der Zwischenzeit geändert habe. Wir halten es dagegen für eine Selbstver- ständlichkeit, daß eine Wissenschaft, die chronologischen Aufschluß über die zurückliegenden 50.000 Jahre geben will, zugleich Rechenschaft über die 50 Jahre ihrer Existenz gibt (und ihre Vergangenheit, die länger als 5 Jahre zu- rückliegt, nicht laufend einfach abschneidet). Es erscheinen derzeit immer mehr Bücher über aktuelle Ergebnisse der Naturgeschichte, in denen vor allem eine Sicht rasanten, teilweise katastro- phischen Wandels in der Natur vermittelt wird. Kaum einer der Autoren ver- säumt es, im Sinne einer Selbstreflektion der Wissenschaft die Gründe zu analysieren, wie es etwa zu der »anti-katastrophistischen Verirrung« der zu- rückliegenden fast eineinhalb Jahrhunderte seit Darwin und Lyell gekommen sein könnte. (Natürlich gehörte es während der letzten rund 150 Jahren eben- falls zum guten Ton, die »katastrophistischen Verirrungen« der Vorläufer von Darwin und Lyell aufzuzählen und gehörig zu geißeln.) Nichts anderes unter- nehmen wir hier zum Thema C14-Methode, wobei wir allerdings weitgehend darauf verzichtet haben, verbleibende Perspektiven für die C14-Methode zu skizzieren. 4.2 Der Sündenfall der Geschichtswissenschaft Würde die Geschichtswissenschaft allgemein übliche Qualitätsansprüche auch an die Zuarbeit der C14-Methode stellen, dann entpuppten sich die Da- tierungsschwierigkeiten, die in 50 Jahren Praxis zu einer bedenklichen Nor- malität geronnen sind, als unannehmbare Widersprüche. Es wird seit Jahr- zehnten nur darum gerungen, die Voraussetzungen der Anwendbarkeit der C14-Methode den bekannten Tatsachen so anzupassen, daß ihr globaler Gül- tigkeitsanspruch nicht gänzlich verloren geht. Dieses Ziel ist jedoch uner- reichbar. Die Geschichtswissenschaft würde demnach unmittelbar zu chronologi- scher Eigenständigkeit zurückkehren, wenn sie von der C14-Methode nur konsequent das einforderte, was diese selber einmal offiziell als Grundlage ihrer universellen Anwendbarkeit formuliert hat. Diese Eigenständigkeit war in Ansehung des Allheilmittels C14 voreilig aufgegeben worden und schien – auch während jahrzehntelanger Bedrückung durch Ergebnisse, die ihren eige- nen diametral entgegenstanden – nicht zurückeroberbar zu sein., 4. Autopsie – Todesursachen einer Methode 143 In historischen Abhandlungen werden C14-Daten diskutiert, um sich kei- 4.2 Die Dendro-chronologen ha- ne Unterlassungssünde nachsagen lassen zu müssen. Auf Gebieten, in denen ben sich auf dieC14-Methode ein- die eigenen Methoden zu substantiellen Ergebnissen führen, werden immer gelassen, weil ih-nen das der einzig wieder inkonsistente C14-Daten »gesundinterpretiert«, ohne sie dann für den noch verbliebeneWeg erschien, mit Aufbau oder die Stärkung einer Argumentation nutzen zu können. Viele Ge- einer Baumring-chronologie in den Bereich »unge- schichtswissenschaftler sehen sich wahrlich nicht in der Rolle eines Nutznie- schriebener Ge- schichte« vorzu- ßers der C14-Methode, sondern in der ihres widerwillig-duldenden Pflegers. stoßen. Die größte chronologische Wunde hat sich die Geschichtswissenschaft freilich eigenhändig geschlagen, und zwar durch die Ausstellung eines Persil- scheins namens »Kalibrierkurve«. Die Geschichtswissenschaft trägt in diesem Fall selber die Verantwortung, denn es war die Dendrochronologie als eine historische Teildisziplin, die 1969 zur Rettung der C14-Methode in letzter Minute eine Baumringsequenz präsentiert hatte, die eine »Korrigierbarkeit« von C14-Daten sicherstellen sollte. Insbesondere den Archäologen und Histo- rikern waren diese aufgrund allfälliger Diskrepanzen zu allgemein anerkann- ten Daten zunehmend suspekt geworden. Es ist bis auf den heutigen Tag unerkannt geblieben oder einfach übergan- gen worden, daß die Konstruktion dieser Kalibrierkurve fundamental auf al- len zweifelhaften C14-Prämissen beruhte, die es seinerzeit eigentlich drin- gendst zu überprüfen gegolten hätte. Es ist eine Illusion, von einer »unabhän- gig gewonnenen Baumringchronologie« zu sprechen. Diese Baumring- sequenz, die damals rund 7.000 Jahre umfaßte, wäre allein mit den Methoden der Dendrochronologie niemals zustande gekommen und so erlagen ihre Ak- teure der Versuchung, sich mit der C14-Methode ans Ziel bringen zu lassen. Mit der Dendrochronologie hatte die C14-Methode eine Bundesgenossin gewonnen, die sich die längste Zeit schützend vor sie stellen sollte, da ein Fallenlassen von C14 andererseits ein für allemal die Chance zunichte ge- macht hätte, auch für Europa eine vollständige Baumringsequenz für das Postglazial abliefern zu können. Die Dendrochronologie stand zumindestens in Deutschland unter hohem Erfolgsdruck, diese in sie gesetzte Erwartung – nicht zuletzt wegen der Abhängigkeit von öffentlicher finanzieller Förderung – zu erfüllen. Die Wunde, die sich die Dendrochronologie mit der fundamentalen Ab- stützung auf C14 selbst – und damit zugleich auch der gesamten Geschichts- wissenschaft – zugefügt hatte, sollte im Laufe der nächsten 15 Jahre weit- gehend unbemerkt von der wissenschaftlichen Öffentlichkeit immer stärker klaffen, stand doch die C14-Methode auch allen europäischen Baumringchro- nologien vom Anfang bis zum Ende ihrer Entstehung als einzige Geburtshel- ferin zur Seite (Bild 4.2 ). Das unverzichtbare Vorplazieren »schwimmender«, 144 C14-Crash 4.2 Geständnisse in Edinburgh Das Bild zeigt das Cover des 1983 von B.S. Ottaway herausgegebenen Tagungs- bandes »Archäologie, Dendrochronologie und die Kalibrierkurve für Radiokar- bon« [Ottaway 1983]. Mit diesem Cover sollte die zeitlose Verbundenheit zwi- schen der C14-Methode und der Dendrochronologie symbolisiert werden. Zu- sätzlich – und so sicherlich nicht gewollt – gibt das Bild Aufschluß über die me- thodische Schwäche der Dendrochronologie bei der Abstützung auf die C14- Methode. Der aufgeschnittene Baumstamm läßt das Prinzip der Aufeinanderfolge von Jah- resringen erkennen. Ein Dendrochronologe müßte allerdings darauf hinweisen, daß die Ringbreiten so gleichförmig (»complacent«) sind, daß dieser Stamm für den Aufbau oder zur Erweiterung einer größeren zusammenhängenden Sequenz gar nicht in Frage käme, weil unter diesen Bedingungen sich keine unterschiedli- che Signifikanz der in Frage kommenden Deckungslagen einstellen würde. Aber ganz wertlos scheint der Stamm nun doch nicht zu sein, denn er wird als Bestandteil einer Art »Sonnenuhr« dargestellt. In diesem Fall kommt das Licht aber nicht von der Sonne, sondern von der Radioaktivität in ihm enthalte- ner C14-Atome. Diese Radioaktivität wirft eine Art »radiometrischen Schatten« in den aufgeschnittenen Stamm, der mit einem »Ziffernblatt« verbunden ist, das sich als die übli- che Form der Kalibrierkurve entpuppt: ! Senkrechte Teilung für das direkt gemessene C14-Alter eines jeden einzelnen Baumringes, ! waagerechte Teilung für das jeweilige Kalen- deralter der vermessenen Baumringe und die ! Winkelhalbierende als Vergleichs- oder Nor- malmaß örtlich und zeitlich konstanter C14-Konzentration in der Atmosphäre. Ganz folgt der radiometrische Schatten nun nicht dem Normalmaß, doch sein Verlauf ist die- sem ausreichend ähnlich, um die Punktwolke über den Stamm hinaus nach oben rechts als Parallele zur Winkelhalbierenden zu extrapolie- ren. Dort (oben rechts) im Zifferblatt wartet an der »richtigen« Stelle in einem entsprechenden zeitlichen Abstand bereits die nächste Punktwol- ke eines anderen Stammes (der womöglich ge- nauso nicht-signifikant ist wie der hier sicht- bare), um den radiometrischen Schatten weiter in die Vergangenheit fortzusetzen. Mittels dieses Vergleichs radiometrischer Eigenschaften er- scheint dieser nahezu exakt vordatiert. Jetzt muß die Datierung nur noch irgendwann dendrochronologisch verifiziert werden ..., 4. Autopsie – Todesursachen einer Methode 145 Ringsequenzen sowie das Auffüllen der vielen »Lücken«, die dabei zwangs- läufig entstanden, wurde fast ausschließlich durch das Synchronisieren ihrer C14-Werte mit denen der amerikanischen Sequenz ermöglicht, die im wesent- lichen zwischen 1963 und 1965 erstellt worden war. Auch der Theaterdonner der sogenannten »Zweiten Radiokarbonrevo- lution« in den frühen Siebzigern war lediglich ein Echo dieses Verbrüde- rungsaktes zwischen C14 und Dendrochronologie. Mit ihm war die europä- ische Bronze- und Jungsteinzeit mit der fragwürdigen Hilfe »naturwissen- schaftlich abgesicherter« C14-Daten vor die entsprechenden Epochen Vor- derasiens verbracht worden. Bis dahin waren sich Historiker immer einig ge- wesen, daß die entscheidenden Impulse für die Entwicklung der europäischen Kultur aus dem asiatischen bzw. vorderasiatischen Kulturraum gekommen waren. Die ob dieser Umkehrung von Ursache und Wirkung größtenteils ent- setzten Vor- und Frühgeschichtler hätten gelassen bleiben können, wenn sie den unzulässigen Methodenwechsel der Dendrochronologie erkannt und diese darauf hin schleunigst zur Rechenschaft gezogen bzw. zurückgepfiffen hätten. 4.3 Der Zirkelschluß zwischen Dendrochronologie und C14-Methode Die Lage der C14-Nation war nach der Entdeckung entscheidender Fehler in ihren Prämissen ab 1958 immer verzweifelter geworden. Zur Rettung ihrer Disziplin mußten die C14-Wissenschaftler nun zeigen, daß Abweichungen zwischen gemessenem C14-Alter und dem wahren Absolutalter nicht aus- uferten und daß diese zugleich »korrigierbar« waren. Das gelang ihnen mit der Hilfe amerikanischer Dendrochronologen, die sich mit der Chronologie der kalifornischen Borstenkiefer (Bristlecone Pine) beschäftigten. Bevor das aber geschehen konnte, mußte denselben Dendro- chronologen mit C14-Daten erst einmal zur Synchronisierung der zugrunde- liegenden Baumringsequenzen verholfen werden. Erst dadurch konnten die weiter zurückliegenden Zeiträume erobert werden, die im Rahmen rein dendrochronologischer Verfahren niemals erreicht worden wären. So konnte man aber schwimmende Baumringsequenzen nach Maßgabe ihrer C14-Daten 4.2 vorplazieren und die Anordnung unter Vergleich der Ringwuchswerte dann nach relativ geringfügigen Korrekturen erfolgreich verifizieren. Dabei half insbesondere eine jeweils angemessene Kompensation von vermuteten Fehl- ringen, um die dendrochronologische Signifikanz der radiometrischen Vor- plazierung zu stärken. Die sanft zurechtgerückten C14-Werte galten damit als kalibriert und wa- ren nunmehr unantastbar. Zu keiner Zeit kam den Wissenschaftlern die Idee,, 146 C14-Crash daß sich die C14-Verhältnisse in der Atmosphäre über die Jahrtausende geän- dert haben könnten, obwohl seinerzeit eindeutige Hinweise vorlagen, daß die Atmosphäre sich nicht im C14-Gleichgewicht befunden, sondern vielmehr ei- ne permanente Anreicherung mit C14 durchgemacht hatte. Damit wären C14- Alter nicht tendenziell 10% zu niedrig gewesen, wie am Ende allgemein er- kannt wurde, sondern 50% zu hoch. Die C14-Methode konnte sich 1970 durch diesen furiosen Zirkelschluß retten, da beide Seiten – die Dendrochronologie auf der einen und die C14- Methode auf der anderen – gleichermaßen Nutznießer waren und wenig Inter- esse an weitergehenden Fragen hatten. Diese blieben – von einer Ausnahme abgesehen (Kapitel 3.5) – auch in den nächsten 15 Jahren aus, während der deutsche und irische Dendrochronologen ihrerseits die Bristlecone-Pine- Chronologie als Vorbild für die Formierung ihrer Eichenchronologien ver- wendeten. Diese Neuauflage des ersten Zirkelschlusses bescherte der Ge- schichtswissenschaft die Zementierung von langen C14-Chronologien. Viel- leicht gereicht es ihr zum Trost, daß vor allem eine historisch orientierte Un- tersuchung der C14-Methode diesen Zirkelschluß aufdecken konnte. 4.4 Der Sündenfall der Naturwissenschaft Es wäre niemals soweit gekommen, wenn erkannt worden wäre, auf welche Weise 1949 W.F. Libby das Vertrauen in die C14-Methode zu begründen versucht hatte. Hätte seinerzeit die Geschichtswissenschaft, die als Nutznieße- rin dieser Methode im Fokus der Aufmerksamkeit stand, ihre eigenen Maß- stäbe bei der Beurteilung der von Libby präsentierten Ergebnisse angelegt, dann hätte sich C14 sogleich als Totgeburt erwiesen. Was Libby als Beweis einer Gleichförmigkeit der C14-Verhältnisse in Ort und Zeit, die für die Ein- setzbarkeit der Methode zweifellos als unverzichtbar angesehen werden muß- te, präsentiert hatte, war gar kein Beweis, sondern lediglich eine Art von Wil- lenserklärung. Libby erklärte damit nämlich nur, daß er die fast hundertpro- zentige Widerlegung seiner Hypothese als Nichtwiderlegung auffassen wolle, aus dem einfachen Grunde, weil »fast 100%« eben nicht »ganz 100%« sind. Die C14-Methode ist der Feuerprobe einer Ablehnung bis zum fast siche- ren Beweis ihrer Richtigkeit niemals ausgesetzt gewesen. Im Gegenteil: Von Anfang an galten Maßstäbe wie für eine seit langem bewährte Theorie, deren Verfechter möglichen Einwänden in der Regel mit guten Argumenten und auch mit Erfolg – denn darin liegt das Wesen einer »bewährten Theorie« – entgegentreten können. In solch einem Fall dürfen die Befürworter der be- währten Theorie mit gutem Recht höchste Sicherheit für den Fall verlangen,, 4. Autopsie – Todesursachen einer Methode 147 daß sie diese bewährte Theorie tatsächlich zugunsten einer anderen Theorie 4.3 Der erste Zir-kelschluß zwi- aufgeben sollten. Man muß nicht K.R. Poppers Regeln zum richtigen Um- schen C14-Metho-de und Dendro- gang mit einer wissenschaftlichen Theorie im Kopf haben, um erkennen zu chronologie wurdezu einer Zeit voll- können, daß bei der Verifizierung der C14-Methode regelrecht geschummelt zogen, als nochkeinerlei Zweifel wurde. Die Idee der C14-Methode war einfach zu schön, als daß sie falsch an der grundlegen-den Stabilität der natürlichen Rand- sein konnte! bedingungen be- standen. Dieser Auch die Historiker haben sich der Illusion hingegeben, daß Libby seine Vorgang wurde nie aufgedeckt und so Theorie bewiesen hatte. Ihre ablehnende Haltung wäre allerdings program- verläßt sich bis auf heute alle Welt auf miert gewesen, wenn er den Fakten entsprechend zugegeben hätte, daß er le- die einst erzieltenErgebnisse, die diglich vom Standpunkt des Verfechters einer bereits seit langem bewährten damit gleichsamWeltkultur gewor- Theorie ins Feld führen konnte, daß er eine Widerlegung zu rund 95% als den sind. nicht ausreichend betrachten könne und deswegen an seiner eleganten Theo- rie festhalten wolle. Hier liegt wieder ein Gutteil der Verantwortung bei der Geschichtswissen- schaft, denn Libby rief an dieser Stelle den »von Grund auf bewährten« Ak- tualismus als Kronzeugen der Verteidigung in den Zeugenstand und wußte damit seinerzeit die Sentiments der Historiker grundsätzlich auf seiner Seite. Es wird die Historiker mit Sicherheit nicht unberührt lassen, sondern vielmehr ihre Ressentiments verstärken, daß seit dem Moment der Zusammenarbeit von C14-Methode und Dendrochronologie ironischerweise eindeutige Hin- weise auf Naturprozesse vorliegen, die das Prinzip des Aktualismus zutiefst konterkarieren und damit das Gebäude der C14-Methode zum Einsturz brin- gen müssen. 4.5 Das moderne Gesicht der C14-Methode Die jährlichen Abdrücke einstiger C14-Konzentrationen, die in aufeinander- folgenden Baumringen gemessen werden, machen dem Märchen vom Gleich- gewicht zwischen Produktion und Zerfall des C14, das für den Fortbestand der Methode unverzichtbar wäre, den Garaus. Auf ein C14-Atom, das irgend- wo auf der Erde zerfällt, kommt nicht ein in der Atmosphäre produziertes C14-Atom. Tatsächlich können um ein bis zwei Größenordnungen (Faktor 10 bis 100) mehr C14-Atome in der Atmosphäre produziert werden und ebenso- viele durch Diffusion in ungesättigte nichtatmosphärische Reservoire auch wieder verloren gehen. Das eine einzige radioaktiv zerfallende C14-Atom, das man durch Messungen detektieren kann, spielt dabei so gut wie keine Rolle (eine einfache Modellbetrachtung ist mit dem Kommentar zu Bild 4.3 gegeben)., 148 C14-Crash 4.3 Die Tücken der Halbwertszeit Diese Sache mit der Halbwertszeit ist gar nicht so einfach. Müßten wir die Arti- kelüberschrift [TK-Aktuell 1/96] tatsächlich wörtlich nehmen, dann stünde die Menschheit binnen weniger Jahrzehnte vor Regalen, in denen ausschließlich Bü- cher mit überholtem Wissen stehen würden. Dem Autor ist nämlich nicht aufge- fallen, daß er die »Zerfallsrate« des Wissens höher als seine »Produktionsrate« angesetzt hat. Eine Konkurrenz von exponentiellem Zuwachs und exponentiel- lem Zerfall des Wissens mündet entweder in konstanter Ignoranz (Zerfall > Zu- wachs) oder in einen entsprechend flacher einsetzenden exponentiellen Wis- senszuwachs (Zuwachs > Zerfall). Nur wenn beide Halbwertszeiten gleich groß wären, bliebe das Niveau des Wissens erhalten. Der Fall »C14« liegt einfacher. Die Produktion kann zwar schwanken, aber auf Dauer nicht unberenzt zuneh- men. Das verhindert schon die begrenzte Zahl von N14-Atomen, aus denen die C14-Atome erzeugt werden., 4. Autopsie – Todesursachen einer Methode 149 4.4 Bei der Verifi- zierung der C14- In einer Phase konstanter Produktion wird die »C14-Bibliothek« solange an- Methode durch oder abschwellen, bis der Zerfall, der stets proportional zu der aktuell vorhan- Libby 1949 wurdeso getan, als läge denen Menge ist, die Produktion gerade aufhebt – aber nur, solange auf anderem eine altbewährte Theorie vor, die Wege nichts dazukommt oder verschwindet! Mit dem Modell »Buchbestand in nur verworfen zu einer Leihbibliothek« möchten wir die C14-Realität einmal auf anderem Wege werden braucht,wenn ein Irrtum beschreiben. In der folgenden Tabelle werden alle denkbaren Ursachen für die dabei nahezu aus-geschlossen ist. »Bestandsveränderung« in den beiden betrachteten »Bibliotheken« aufgelistet, in der linken Spalte die für das Modell »Bücherei«, in der rechten Spalte die ver- gleichbaren Vorgänge für die C14-Realität: Bibliothek Atmosphäre Buchbestand C14-Gehalt Bücherwurmfraß radioaktiver Zerfall des C14 Schriftstellerei C14-Produktion Diebstahl, Zensur C14-Diffusion " in Ozeane etc. Anschaffung, Schenkung C14-Diffusion ! aus Ozeanen etc. Es ist naheliegend, daß die Abteilung »Schriftstellerei« so gut wie arbeitslos wäre, wenn sie immer nur Bücher verfassen müßte, um den Platz derjenigen Bücher zu besetzen, die dem Bücherwurmfraß zum Opfer gefallen sind. Es wäre auch rei- ner Zufall und nicht auf Dauer zu erwarten, wenn Kreativität, Anschaffungsetat und Schenkungen einerseits sowie Bücherwurmfraß, Diebstahl und Zensur ande- rerseits sich in ihren Wirkungen gerade so kompensieren würden, daß der Buchbestand der Bibliothek konstant bliebe. Die Bestandsänderung in einer Bü- cherei folgt anderen Regeln. Ihr Bestand kann also sowohl erheblich zu-, als auch erheblich abnehmen. Es ist aus allen publizierten Kalibrierkurven für C14 einwandfrei ersichtlich, daß innerhalb der C14-Bibliothek, die meßbar vom »Wurmfraß« befallen ist, Vorgänge von Produktion und Diffusion ablaufen, die – jeweils über kurze Zeit- räume betrachtet – auf keinen Fall die Tendenz haben, diesen geradezu mickri- gen Effekt zu kompensieren. Aber jeweils über längere Zeit betrachtet sollen sich diesen Kurven zufolge »Kreativität« (Produktion), »Anschaffung, Schenkung« (Zufluß) und »Diebstahl, Zensur« (Abfluß) gemeinsam merkwürdigerweise so auswirken, daß sie den »Fraß« (radioaktiver Zerfall) weitestgehend kompensie- ren. Es war ein Irrtum mit Folgen, aus der aktuellen »Freßrate der Bücherwür- 4.3 mer« (Rate des radioaktiven Zerfalls) in der atmosphärischen »C14-Bibliothek« direkt auf die »Kreativität« der C14-Beschaffungsabteilung zurückzuschließen, nur um davon ausgehen zu können, daß der »Buchbestand« über einen Zeitraum von Tausenden von Jahren konstant oder jedenfalls nahezu konstant gewesen sei. Die These von der Konstanz des atmosphärischen Bestandes an C14 war verlockend, weil dann und nur dann ein gemessenes C14-Datum ohne weitere Kenntnisse in das Absolutalter umgerechnet werden konnte. Sie ist jedoch grundlegend falsch., 150 C14-Crash Der Gedanke einer Identität zwischen produzierter und weltweit zerfallen- der Menge, der zur Etablierung der C14-Methode notwendig gewesen war, hat mit den tatsächlichen Gegebenheiten nichts zu tun: Produktion von C14 in der Atmosphäre und Abwanderung des C14 aus ihr heraus bzw. in sie hinein sind drei voneinander völlig unabhängige Prozesse und regulieren die atmo- sphärische C14-Konzentration auf bislang unverstandene Weise. Der radioak- tive Zerfall ist daneben ein unbedeutendes Regulativ. Die Betrachtung des C14-Alters als Annäherung des tatsächlichen Alters stellt einen fundamenta- len Irrtum dar. Ausgerechnet die Dendrochronologie verfügt über die entscheidenden Hinweise, daß eine unverfälschte Chronologie des atmosphärischen C14- Haushaltes sehr weit von einem Gleichgewicht entfernt befindlich ist, und daß jede Rekonstruktion, die sich auf ein solches (annäherndes) Gleichgewicht stützen will, in die Irre gehen muß. So gesehen verfügte die C14-Methode sehr frühzeitig über Indizien, die den gerade vollzogenen Wechsel zu neuen Paradigmen aus der Chaostheorie und dem naturgeschichtlichen Katastrophis- mus nahegelegt und gestützt hätten. Es gibt insgesamt unmißverständliche Hinweise darauf, daß die radiome- trische Vergangenheit ganz anders war, als sie heute in Form der bekannten Kalibrierkurven angezeigt wird. Die Konsequenzen für bislang – trotz aller Bedenken – für wahr gehaltene C14-Chronologien sind unabsehbar. 4.6 C14 und Dendrochronologie – eine Beziehung in Bildern Auf den folgenden Seiten wird der entscheidende Zirkelschluß in dem Bezie- hungsgeflecht zwischen C14, Dendrochronologie und Geschichtswissenschaft mit graphischen Mitteln herausgearbeitet. Dazu beginnen wir mit einer Dar- stellung der Leistungen, die die C14-Methode anderen Wissenschaftsdiszipli- nen gegenüber erbringt und die diese von ihnen empfängt (Bild 4.4 ). Es be- steht tatsächlich ein enger gegenseitiger Austausch von Hilfestellungen. Eine Aufstellung der offiziell benannten Probleme der C14-Methode (Bild 4.5 ) wird von uns im darauffolgenden Bild durch Offenlegung weiterer Schwach- stellen entscheidend erweitert (Bild 4.6 ). Eine konsequente Interpretation al- ler Probleme muß auch hier zur Feststellung kommen, daß die Voraussetzun- gen für eine global gültige Kalibrierung überhaupt nicht gegeben sind. Daß es eine global gültige Kalibrierung nicht geben kann, bedeutet nicht nur, daß C14-Daten von Proben aus unterschiedlichen Regionen grundsätz- lich nicht synchronisiert werden können und dürfen, sondern auch, daß es kei- nen voraussagbaren Trend in dem zeitlichen Verlauf der atmosphärischen, 4. Autopsie – Todesursachen einer Methode 151 C14-Konzentration gibt. An dieser Stelle hat sich die Dendrochronologie be- 4.5 Der C14-Wis-senschaft lagen reits sehr früh schwerwiegende Probleme eingehandelt, indem für die Erstel- schon frühzeitigIndizien für dyna- lung der Bristlecone-Pine-Chronologie von einer Quasi-Konstanz der atmo- mische Prozessein Atmosphäre und sphärischen C14-Konzentration ausgegangen wurde. Ozeane vor, die zustarken Verschie- Wenn für die Erstellung der europäischen Eichenchronologien nun Vorda- bungen der C14-Konzentration in der Atmosphäre tierungen durch C14-Daten und tentative Absolutdatierungen durch einen führen müssen. Hätte sie diese Vergleich der C14-Muster mit denen aus Amerika in Anspruch genommen eingehend analy- siert, statt sie bei- wurden (Bild 4.7 ), dann kann davon gesprochen werden, daß alle wesentli- seite zu schieben bzw. zu ignorieren, chen Baumringchronologien von den fundamentalen Schwächen der C14-Me- wäre ihr eine Vor-reiterrolle bei dem thode infiziert worden sind. Wie dringend die Dendrochronologie einerseits Prozeß des Wan-dels unseres Na- auf Datierungshilfe angewiesen ist, und welche Probleme daraus andererseits turbildes zugekom-men, der sich seit erwachsen, verdeutlicht das Bild 4.8 . In dem Bild 4.9 werden die zuvor ge- rund 20 Jahren ab-zuzeichnen be- trennt aufgeführten Hilfestellungen zwischen C14, Dendrochronologie und ginnt. Geschichtswissenschaft zusammengefaßt und lassen den Zirkelschluß bei der Verwendung von C14 erkennen: ! Die Geschichtswissenschaft legitimierte – in der entscheidenden Anfangs- phase der C14-Methode – die konsequente Ummünzung des Aktualismus in ein Bild quasi-konstanter C14-Verhältnisse in der Atmosphäre. ! Die auf dieser Voraussetzung errichtete Bristlecone-Pine-Chronologie lie- ferte die radiometrische Blaupause für alle Europäischen Eichenchronolo- gien. ! Die Europäischen Eichenchronologien liefern nunmehr den fälschlicher- weise als »unabhängig« bezeichneten Maßstab zur Kalibrierung von C14- Daten für die Geschichtswissenschaft., 152 C14-Crash 4.4 C14-Datierung – Geben und Nehmen Auf folgende Hilfestellungen war die C14-Methode von Anfang an bzw. alsbald nach Entdeckung der Ungültigkeit des Fundamentalprinzips angewiesen: ! »Altägyptische Absolutdaten zur Initialverifizierung des Fundamen- talprinzips«: In seiner berühmten »Curve of Knowns« von 1949 (Bild 6.8 ) führte W.F. Libby historisch datierte Proben aus 5.000 Jahren auf, deren C14- Daten seine Annahme von der Invarianz der atmosphärischen C14-Konzen- tration bestätigen sollten., 4. Autopsie – Todesursachen einer Methode 153 ! »Aktualismus als notwendige Voraussetzung für die Legitimation des Fundamentalprinzips«: Der Aktualismus galt als so blendend bestätigt, daß weder der fast sichere Irrtum bei der Aufstellung des Simultani- tätsprinzips – gleichzeitig lebende Organismen sollen gleiche C14-Konzentra- tion aufweisen – noch die starke Streuung bei den einzelnen archäologischen Proben ihn von einer Erfolgsmeldung abhalten konnten.»Kalibrierung mit Hil- fe der Bristlecone-Pine-Chronologie«: Wer es wollte, benutzte die seit 1965 veröffentlichten Kalibrierkurven mit der Konkordanz zwischen Baumringalter und C14-Alter; wer nicht, der verwies auf die Meßfehler der beteiligten La- bors oder auf die Probleme bei der Übertragung auf Europa. Sowie die euro- päischen Chronologien fertig waren, wurde die Bristlecone-Pine-Chronologie sang- und klanglos aus dem Verkehr gezogen. ! »Kalibrierung mit Hilfe der europäischen Eichenchronologien«: Die europäischen Eichenchronologien gelten heute als Kalibrierstandard. Daß sie ihre Urgestalt über C14-Mustervergleich (»wiggle-matching«) mit der Bristle- cone-Pine-Chronologie erhalten haben, ist entweder unbekannt, oder wird in seiner Relevanz bestritten. Wenn akzeptiert wird, daß die Kalibrierung eines C14-Datums als Leistung der- jenigen Chronologen anzusehen ist, die den Maßstab für die Umrechnung erstellt haben, dann sind nur noch folgende Leistungen der C14-Methode zu nennen: ! »Quasi-Absolutdaten an die Bristlecone-Pine-Chronologie«: Zur Zeit der Erstellung der Bristlecone-Pine-Chronologie gab es nur das Modell der Quasikonstanz der atmosphärischen C14-Konzentration. Auf dieser Basis wurden die C14-vermessenen Baumringsequenzen angeordnet und unter Pla- zierung hypothetischer Fehlringe nach und nach dendrochronologisch syn- chron gemacht. So konnten bereits Kalibrierkurven ausgegeben werden, als die dendrochronologische Verifizierung noch gar nicht abgeschlossen war: Man wußte ohnehin, wo die Sequenz hingehörte. ! »Tentative Relativdaten an die europäischen Eichenchronologien«: Die Geschichte der europäischen Eichenchronologien ist eine Geschichte permanenter C14-Datierung. Die Daten wurden zur Plazierung der Sequen- zen sowohl untereinander als auch gegenüber der Bristlecone-Pine-Chrono- logie benutzt, um so noch vor der dendrochronologischen Synchronisierung ein sogenanntes »tentatives« Absolutdatum zu erhalten. Ohne diese Fixierung wäre die Zahl der zu überprüfenden Synchronismen zu groß gewesen und hätte demzufolge die Gefahr, falsche Synchronismen als wahre zu identifizie- 4.4 ren, überhand genommen. ! »Tentative Relativdaten an die Geschichte«: Diese konnten zur Auf- stellung relativer Chronologien benutzt werden, da das als gültig angenomme- ne Simultanitätsprinzip die globale Synchronisierung erlaubte. Gleichwohl ist die C14-Datierung besonders dort beliebt, wo man wegen mangelnder über- regionaler Bezüge in der Chronologie regional und deswegen ohne externe Prüfmöglichkeit bleiben muß., 154 C14-Crash, 4. Autopsie – Todesursachen einer Methode 155 4.5 Die anerkannten Probleme der C14-Methode Die folgenden drei, offiziell erkannten Probleme der C14-Methode hatten im Laufe der sechziger Jahre zur Revision der bis dahin gültigen Grundlagen der C14-Methode geführt: ! »Suess-Effekt«: Dieser bezeichnet die Entdeckung, daß in den vergangenen 2 bis 3 Jahrhunderten die C14-Konzentration der Atmosphäre ständig gesun- ken ist. Die Ursache wird in dem Verbrennen fossiler Rohstoffe gesehen, die natürlicherweise kein C14 mehr enthalten sollten. ! »de-Vries-Effekt«: Darunter versteht man generell die Abweichungen der C14-Konzentration von einem (fiktiven) Normalmaß. Dieser Effekt wird miß- verständlich auch gerne als »Schwankung« bezeichnet. Das Vorurteil, daß der Konzentrationswert im wesentlichen um stets denselben Wert schwanken müsse, hat zu irreführenden dendrochronologischen Konstruktionen und da- mit letzten Endes zur Etablierung falscher Kalibrierkurven geführt. ! »Altägyptische C14-Daten sind zu jung«: Eine systematische Drift zwi- schen den gemessenen C14-Altern und den historischen Daten für alt- ägyptische Funde hatte ab 1960 – zumal unter dem Eindruck der Funde von de Vries, Suess und anderen – zu einer kritischeren Auseinandersetzung mit der Leistungsfähigkeit der C14-Methode geführt, in die Libby selbst 1963 mit einem entsprechenden Artikel in SCIENCE eingriff, indem er Zweifel an der Zu- verlässigkeit sowohl dendrochronologischer als auch historischer Datierun- gen äußerte. Die Anerkennung der drei zuvor genannten Effekte hatte Anfang der sechziger Jahre zur Revision des »Fundamentalprinzips« (zeitlich konstante C14-Konzen- tration in der Erdatmosphäre) geführt. Die Einschränkung auf ein »Simultani- tätsprinzip« gestand die Existenz von Schwankungen zu, setzte aber ihre globale Gleichförmigkeit voraus. Die nachfolgenden beiden Probleme stellen auch dieses Prinzip in Frage, wo- durch der C14-Methode jede Grundlage genommen wäre. (In Bild 4.6 werden weitere Probleme benannt, die konvergent auf eine Aussage zielen: Das Simulta- nitätsprinzip als Grundlage der C14-Methode ist falsch.) ! »one date is no date«: Anerkanntermaßen sind C14-Daten gleichaltriger Proben trotz vorausgegangener akribischer Korrekturmaßnahmen nicht kon- sistent. Die Abweichungen können mehrere Jahrhunderte bis zu Jahrtausen- den betragen. Dem versucht man, durch Bündelung von C14-Daten mehre- 4.5 rer Proben zu begegnen, daher das bereits geflügelte Wort von dem einen Datum, das (alleine) keines ist. Zu der naheliegendsten Schlußfolgerung, daß nicht nur unterschiedliche Verunreinigungen sondern auch lokal unterschied- liche C14-Konzentrationen vorlagen, ist man bisher nicht vorgedrungen. ! »Laborergebnisse weichen voneinander ab«: Inwieweit das unter dem vorherigen Punkt angesprochene Phänomen auch auf Laborfehler zurückzu- führen ist, die sich im Rahmen systematischer Vergleichsuntersuchungen als sehr prägnant erwiesen haben, und/oder auf erratische Schwankungen in den Proben, darüber herrscht keine Klarheit., 156 C14-Crash, 4. Autopsie – Todesursachen einer Methode 157 4.6 Die tatsächlichen Probleme der C14-Methode Alle Probleme der C14-Methode werden hier in ihrer Auswirkung auf das Simul- tanitäts- (SP) bzw. Fundamentalprinzip (FP) beschrieben. Dabei sind folgende Ein- schränkungen zu berücksichtigen: ! Ein gültiges Fundamentalprinzip würde die umfassende Anwendbarkeit der C14-Methode ohne Kalibrierung begründen. ! Ein gültiges Simultanitätsprinzip würde die umfassende Anwendbarkeit der C14-Methode unter Verwendung einer einzigen global gültigen Kalibrierung begründen. ! Ohne gültiges Simultanitätsprinzip wäre nur noch die lokale Anwendbarkeit der C14-Methode unter Verwendung einer lokal gültigen Kalibrierung mög- lich, was als nicht mehr praktikabel angesehen werden müßte. Die von Libby 1949 als Basis der C14-Methode eingeführten beiden Prinzipien sind folgendermaßen zu verstehen: ! Das Fundamentalprinzip (FP) besagt, daß die atmosphärische C14-Konzentra- tion global und über historische Zeiträume hinweg konstant gewesen sei. ! Das Simultanitätsprinzip (SP) besagt, daß die atmosphärische C14-Konzentra- tion über historische Zeiträume hinweg an allen Orten der Erde jeweils gleich gewesen sei, was die global gleichförmige zeitliche Veränderung mit ein- schließt. Während also das Fundamentalprinzip sowohl lokale als auch zeitliche Konstanz beinhaltet, beschränkt sich das Simultanitätsprinzip auf die Forderung allzeit loka- ler Gleichförmigkeit, was demnach auch Konzentrationsveränderungen zuläßt, solange diese an allen Orten der Erde gleich auftreten. Das Simultanitätsprinzip ist Voraussetzung für die globale Kalibrierung mit nur einem einzigen Maßstab. Wenn es ungültig ist, müssen jeweils lokale Kalibrierungen erstellt werden. Zu- gleich ist der radiometrische Vergleich archäologisch als gleichalt angetroffener Proben fragwürdig, da sie nicht notwendig an einem Ort entstanden sein müssen. Alle Effekte, die hier als dem Simultanitätsprinzip widersprechend ge- kennzeichnet sind, gelten entweder als korrigierbar (»one date is no date« und »Laborfehler«) oder werden nicht weiter beachtet. Dabei wird übersehen, daß es die offensichtliche Unkorrigierbarkeit erratischer Schwankungen war, die zur Ausgabe der Devise geführt hat, daß nur größere Mengen an Proben für ein be- stimmtes historisches Ereignis zu einer »zuverlässigen« Datierung führen können. Weder die divergierenden C14-Daten des neuseeländischen Kauri- 4.6 Baums noch beispielsweise die 1977 von irischen Dendrochronologen ins Feld geführten eigenen Messungen, die als Antithese zu den »wiggle« in der Bristleco- ne-Pine-Chronologie verstanden werden sollten, zeigten dauerhaft Wirkung, Letztere wurden sogar wieder zurückgezogen, um sich Datierungshilfe durch »wiggle-matching« mit eben jener Bristlecone-Pine-Chronologie am Ende nicht versagen zu müssen. Da auch das Simultanitätsprinzip nicht aufrechterhalten werden kann, ist eine systematische Korrigierbarkeit von C14-Daten nicht gege- ben. Deshalb muß die C14-Methode endgültig aufgegeben werden., 158 C14-Crash, 4. Autopsie – Todesursachen einer Methode 159 4.7 Dendrochronologie – Geben und Nehmen Von folgenden Hilfestellungen war oder ist die Dendrochronologie angewiesen: ! »Tentative Relativdaten«: Für alle Baumringchronologien, die für die spä- tere Kalibrierung von C14-Daten erstellt wurden, sind C14-Daten zwecks Vorsortierung und -plazierung herangezogen worden. Dabei haben sich die Dendrochronologen von dem Gedanken leiten lassen, daß ein C14-Alter na- hezu das wahre Absolutalter darstellt. ! »Tentative Absolutdaten durch ‘wiggle-matching’«: Die Unsicherheit, die bei Verwendung separater C14-Daten verblieb, konnte überwunden wer- den, wenn darüberhinaus Muster ausreichend vieler C14-Daten mit entspre- chenden Mustern aus der amerikanischen Bristlecone-Pine-Chronologie syn- chronisierbar waren. Dadurch ließen sich schwimmende Sequenzen »fixieren«, bis am Ende ausreichend viele Hölzer zum Anschluß an den davor liegenden eigenen Master gefunden waren. ! »Explizite Absolutdaten«: Sofern das Holz aus historisch datierten Zu- sammenhängen stammte, war ein Absolutdatum vorgegeben, das auf Dauer niemals abgewiesen wurde. ! »Methodenwechsel«: Ende der sechziger Jahre machte die Dendrochrono- logie den Schritt von der »visuellen« in die »statistische« Ära: Die Entschei- dung, ob eine Synchronität vorliegt oder nicht, wurde an statistische Parame- ter delegiert. Auch weil die Bedeutung der Gleichläufigkeitswerte im Falle überregionaler Synchronisierung erheblich sinkt, mußte ein weiterer Metho- denwechsel vorgenommen worden. Hier hatte man Hoffnung auf die Aus- wertbarkeit von Indizien überregional wirksamer Klimaeinflüsse (Weiserjahre etc.) in den Baumringwuchswerten. Und folgende Leistungen erbringt die Dendrochronologie anderen Wissenschaf- ten gegenüber: ! »Absolutchronologie durch C14-Kalibrierung«: Dazu existieren auch Empfehlungen, welche regionalen Baumringchronologien für welchen Zeit- raum zur Kalibrierung Verwendung finden sollten. ! »Absolutdatierung durch direkten Vergleich zu mitgefundenen Hölzern«: Wegen der regionalen Begrenzung der Anwendbarkeit einzelner Baumringchronologien können mitgefundene hölzerne Artefakte nicht auto- matisch synchronisiert werden. Darin liegt zugleich ein versteckter Wider- spruch zu der Tatsache, daß das Komplettieren der europäischen Eichen- 4.7 chronologien letztlich nur auf überregionalen Umwegen erreicht worden ist. ! »Synchronisierung von Zeugnissen drastischer Naturereignisse«: Sofern sich Naturereignisse über mehrere Jahre hinweg drastisch und gege- benenfalls überregional auf das Klima auswirken, können unter Umständen Spuren davon in Überresten von seinerzeit wachsenden Bäumen wiederge- funden werden (z.B. Vulkanausbrüche). Auf diese Weise können an sich schwimmende Chronologien zueinander synchronisiert oder die Stimmigkeit unterschiedlicher Absolutchronologien überprüft werden., 160 C14-Crash, 4. Autopsie – Todesursachen einer Methode 161 4.8 Die Probleme der Dendrochronologie Die im Folgenden aufgeführten Probleme lassen in der Gesamtdarstellung unter anderem die Abhängigkeit der Dendrochronologie von Vordatierungen – sei es durch die Historie, sei es durch C14 – erkennen: ! »Datierungsversuche werden abgelehnt«: Was passiert, wenn die Dendrochronologie ein Datum für ein Objekt präsentiert, das von der histo- rischen Datierung abweicht, konnte E. Hollstein 1968 erleben, als seine um ca. 100 Jahre gegenüber der offiziellen Geschichte abweichende Datierung der Baumsärge von Oberflacht vehement zurückgewiesen wurde. ! »Historisch datierte Hölzer fixieren Lücken«: Aus geschichtlich »unab- weisbaren« schwimmenden Vorplazierungen erwächst die Aufgabe, die ent- standene Lücke zu der an die Jetztzeit angebundenen Chronologie zu schlie- ßen. Es sind solange Hölzer zu suchen, bis die Lücke von beiden Seiten her geschlossen ist ... ! »Synchronisierung wird immer schwieriger ...«: Diesen Effekt be- schreiben explizit die Irischen Dendrochronologen, die mit Hilfe der C14-Me- thode ihre schwimmenden Sequenzen vorplazieren und nun die Brücken zwi- schen ihnen finden müssen. Wenn das vorhandene Holz dafür gut ist, muß es am Ende immer leichter gehen. Tatsächlich gestaltete sich die Komplettierung aber immer schwieriger, was auf die Künstlichkeit mancher Synchronität hin- weist. ! »Kirnsulzbachfehler«: Bei dem europaweiten Abgleich der jeweils über Amerika »gewiggle-matchten« süddeutschen und irischen Eichenchronologien wiesen die Iren den Deutschen eine fehlerhafte 71 Jahre umfassende Ver- schiebung nach. ! »Wiggle-matching zweifelhaft«: Im Laufe der siebziger Jahre trieb B. Becker die süddeutsche Eichenchronologie mit Hilfe des »wiggle-matching« auf die Zielgerade. Die Iren verweigerten sich anfänglich dieser Methode und verbanden damit harsche Kritik an dem Vorgehen von H.E. Suess bei der Er- stellung der Bristlecone-Pine-Chronologie. Indem sie explizit das Simultani- tätsprinzp in Frage stellten, zielten sie eigentlich mitten in das methodische Herz ihres deutschen Kollegen (siehe dzu den Kommentar bei Baillie [1995, Vorwort]). Zugleich stellten sie – ohne es aber zu merken – ihre Vorgehens- weise bei der Erstellung einer relativen C14-Chronologie für die eigenen Baumringsequenzen in Frage, die erst mit Hilfe des »wiggle-matching« zu ei- ner absoluten Baumringchronologie verdichtet werden konnte. 4.8 ! »Zu viele ‘signifikante’ Synchronitäten: Ohne die langjährige Erfahrung eines Dendrochronologen – so lesen wir immer wieder in der Fachliteratur – könne es keine zuverlässige Auswahl aus den statistisch ermittelten Kandida- ten für eine richtige Deckungslage geben. Auf die statistischen Verfahren zur Bewertung der Wahrscheinlichkeit eines Irrtums bei der Übernahme einer Deckungslage ist also kein unbedingter Verlaß, insofern die richtige Dek- kungslage durchaus eine mit niedrigerer Irrtumswahrscheinlichkeit sein könne., 162 C14-Crash 4.9 Der Zirkelschluß zwischen C14 und Dendrochronologie Die europäischen Eichenchronologien fertigzustellen konnte nur gelingen, weil die europäischen Dendrochronologen die radiometrischen Muster ihrer schwim- menden Baumringsequenzen mit denen der Tausende von Jahren umfassenden Bristlecone-Pine-Chronologie abglichen (= »wiggle-matching«)., 4. Autopsie – Todesursachen einer Methode 163 Die Fertigstellung der Bristlecone-Pine-Chronologie konnte ihrerseits nur gelin- gen, weil die amerikanischen Dendrochronologen deren schwimmende Baum- ringsequenzen per C14-Messungen unmittelbar in eine Absolutchronologie ver- wandelt hatten. Sie betrachteten das C14-Alter in erster Näherung als Abso- lutalter und korrigierten das im Einzelnen nur soweit, wie es die C14-Muster in den verwendeten Baumringsequenzen verlangten. Das »wiggle-matching« wurde erfunden, um die Bristlecone-Pine-Chronologie zu erstellen. Die Überprüfung dendrochronologischer Charakteristika wurde als Letztes vollzogen. Der Erfolg der amerikanischen Dendrochronologen fußte ausschließlich auf der unkritisiert gebliebenen Ausschlachtung des aktualistischen Prinzips für die Vorplazierung der noch schwimmenden Sequenzen. Diesem Prinzip zufolge seien die ökologischen Randbedingungen seit Menschengedenken und schon lange Zeit davor konstant gewesen, was folglich auf lokaler wie auch globaler Ebene zu sta- tionären Verhältnissen in den Austauschvorgängen geführt habe. Zugleich war dieses Prinzip der einzige Weg, ausreichend sichere chronologische Vorgaben für die vorgeschichtliche Ära ableiten zu können, die in Amerika deutlich später endete als in Europa. Die zeitgleich entstandene neuseeländische Kauri-Chrono- logie offenbarte dagegen einen Trend, der stark von dem der amerikanischen Bristlecone-Pine-Chronologie abwich – und deshalb in Amerika für falsch gehal- ten bzw. ignoriert wurde. Die Geschichtswissenschaft muß sich selber einen Gutteil der Versäumnisse anlasten. Sie hätte mit Blick auf die ihr bekannte katastrophische Naturgeschich- te vor dem unvorsichtigen Umgang mit dem Prinzip des Aktualismus warnen müssen. Die zwanzigjährige Ära des »wiggle-matching« (ca. 1965 - 1985) zur Kom- plettierung der europäischen Eichenchronologien ist auch eine Ära der harschen Kritik an den inkonsistenten Meßergebnissen der daran beteiligten Meßlabors. Weiter als bis zu dieser Kritik mochten sich die Hüter wissenschaftlicher Akribie aber leider nicht vorwagen. Mit etwas weniger vornehmer Zurückhaltung hätten jene Kritiker ihre Kollegen auffordern müssen, nicht nur die Messungen ernst- haft in Frage zu stellen, sondern zugleich auch die Folgerungen, die sie mit deren Hilfe für die Chronologie der europäischen Eichensequenzen und damit letztlich für einen allseits erwarteten, weltweit gültigen objektiven Zeitmaßstab gezogen hatten. Wir nehmen an, daß die Kritik über die Infragestellung einzelner Meßergeb- nisse nicht hinausging, weil eines niemand wollte: Das Simultanitätsprinzip in Fra- ge stellen. Anderenfalls wäre es das Ende der C14-Methode gewesen. Die Kriti- 4.9 ker erkannten nicht, daß auch bei größten Meßanstrengungen Differenzen im C14-Alter gleichaltriger Baumringe blieben und folglich als Zentralangriff auf das Simultanitätsprinzip hätten interpretiert werden müssen. So blieb den »wiggle- matchern« bis heute das Schlupfloch der Selbstbeschwichtigung, man selber habe aber gut gemessen. Man könnte auch sagen, daß dieser Zirkelschluß über den Atlantik hinweg nur möglich war, weil in dem Meßmaterial so viele Fehler steck- ten, daß auch den dendrochronologischen Methoden ein letzter Freiraum blieb, innerhalb dieses Zeitraumes eine befriedigende Plazierung zu finden., 164 C14-Crash 5. Tagebuch einer Enthüllung Unsere Argumente sind das Ergebnis zahlreicher Überlegungen und Diskus- sionen und noch zahlreicherer Vermutungen, die jedoch keineswegs alle überlebt haben. Die zugehörige Literatur haben wir im Laufe der Zeit jeweils nach unserem Stand der Diskussion gezielt recherchiert oder auch in unseren Archiven neu »entdeckt«. Es gab immer wieder Momente, in denen es uns wie »Schuppen von den Augen« fiel und durchaus mehr als eine Phase, in de- nen wir schwer ins Grübeln gerieten, weil uns der Kontrast zwischen unseren Vermutungen und den zur Verfügung stehenden »facts« allzu ausgeprägt er- schien. Der Weg, auf dem sich unsere wesentlichen Argumente und letztlich un- sere Einschätzung über die Substanz von C14 und Dendrochronologie heraus- gebildet haben, macht Windungen und Umwege. Der wesentliche Grund da- für liegt in unserer eigenen Gefangenschaft in »Wahrheiten«, die wir erst nach und nach als eigentlich wertlose, jedoch zugleich für unverzichtbar gehaltene Krücken der Königin unter den naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden entziffern konnten. Die chronologisch orientierte Wiedergabe der Irrungen und Wirrungen einerseits und der unseren Durchbruch ermöglichenden An- nahmen andererseits kann dazu beitragen, die Motive für unsere fundamentale Kritik besser zu verstehen und ihre Substanz direkter zu prüfen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß hier manche Schlußfolgerung noch ungeschminkt im Gewand ursprünglicher Spekulation auftritt. 5.1 Chronologierevisionen und Radiokarbonrevolutionen Seit unserer ersten, Anfang der achtziger Jahre einsetzenden Konfrontation mit Immanuel Velikovskys grundlegender, in mehreren Bänden niedergeleg- ten Revision der Chronologie der Altertumsgeschichte [Velikovsky 1978a, 1978b, 1979, 1980] stand für uns fest, daß jeder, der Velikovskys Theorie Kredit gab, über kurz oder lang eine Auseinandersetzung mit den naturwissenschaftlichen Methoden der Absolutdatierung, insbesondere mit der C14-Methode, zu füh- ren hatte. Velikovskys Ansatz wurzelte in einem katastrophistischen Weltbild und war insbesondere gegenüber der überkommenen vorderasiatischen Chro- nologie absolut respektlos. Er verschob ägyptische Dynastien um Jahrhunder- te, legte aber ebenso Hand an den Gradualismus von Darwin und Lyell, in- dem er deren Millionen von Jahren benötigende Evolutionismen in schlagar- tig stattfindende katastrophische Szenarien ummünzte., 5. Tagebuch einer Enthüllung 165 Wer Velikovsky Kredit gab, legte sich also zwangsläufig mit den Hütern 5.1 Daß Naturge-schichte heutzuta- naturgeschichtlicher Zeitvorstellungen an. Überflüssig zu erwähnen, daß die ge immer offenerim Gewand des C14-Methode hier in der ersten Reihe stand, um den vorgegebenen Zeitrah- Katastrophismusdaherkommt, be- men mit Verve zu verteidigen. Die Geschichte der Bekämpfung dieses außer- deutet noch langenicht, daß der zu- gewöhnlichen Wissenschaftlers einerseits und die Geschichte der Inaugurati- tiefst aktualistischeKern der sie be- treffenden Datie- on der C14-Methode in der 50er Jahren andererseits sind zwei Seiten einer rungsmethoden er- kannt und deren einzigen Medaille: Velikovsky war zu seiner Zeit chancenlos, weil seine Ge- Ergebnisse kritisch hinterfragt worden schichtsrekonstruktion gegen die unhinterfragte Leitschnur der Naturge- wären. schichte verstieß: den Aktualismus. Libby und seine Anhänger schwammen auf der Erfolgswelle, weil sie sich dieses Dogma zunutze machen konnten, denn ein ernsthafter Kritiker der Grundlagen der C14-Methode »outete« sich automatisch als Katastrophist und war damit seinerzeit in der Gemeinde der Wissenschaftler nur ganz schlecht gelitten. Heutzutage ist der Katastrophismus modern, was aber nicht bedeutet, daß bereits alle Folgen eines vormals dogmatischen Antikatastrophismus erkannt und bewertet worden sind. Die C14-Wissenschaft gehört genuin zum Kernbe- stand aktualistischer Naturgeschichte. Sie hat sich im Laufe ihrer mehr als fünfzigjährigen Geschichte zu einem methodischen Monstrum entwickelt, das Kritik, die sich auf Details kapriziert, äußerst geschickt abzuwehren weiß. Wir legen den Finger nur en passant in die zahllosen kleineren Wunden, die sich zu lecken die C14-Wissenschaft im Laufe der Zeit gezwungen worden ist. Wir fokussieren vielmehr auf die unter dem vormaligen Regime dogma- tisch aktualistischer Naturgeschichte abgeschirmt gebliebenen »Selbstver- ständlichkeiten«, die tatsächlich – zumal im Licht des sich abzeichnenden Pa- radigmenwechsels vom Aktualismus zum Katastrophismus – den Tatbestand eines verschleppten Bankrotts erfüllen. In den 70er Jahren erfuhren die Thesen Velikovskys erneute und diesmal nicht ausschließlich mit Ablehnung verbundene Beachtung. Der Grund dafür wurde auch in den Ergebnissen der U.S.-amerikanischen Apollo-Missionen zum Mond gesehen, die etliche von Velikovskys Folgerungen über die Eigen- schaften der Himmelskörper bestätigt hatten. Parallel dazu spielte sich die so- genannte »Zweite Radiokarbonrevolution« ab, die die Absolutdaten für wich- tige neolithische Epochen Mitteleuropas erheblich in die Vergangenheit schieben wollte, was weltweit zu energischstem Widerstand fast der gesamten Vor- und Frühgeschichtler führte. (Wir möchten anmerken, daß nur die – zah- lenmäßig ursprünglich weit unterlegenen – Befürworter dieser Neudatierun- gen den Begriff Revolution für angemessen erachteten, der Rest vermochte darin seinerzeit allenfalls eine Verirrung zu erkennen.), 166 C14-Crash 5.1 Velikovsky und die C14-Methode 1973 erschien eine Ausgabe der Zeitschrift Pensée exklusiv zum Thema »Radio- karbon«. Auch W.F. Libby steuerte einen Artikel bei, der sich ziemlich differen- ziert mit der seinerzeit aktuellen Kritik an der von ihm begründeten Methode auseinandersetzte. Libby war bereit, die offiziell anerkannte (astronomisch be- gründete) altägyptische Chronologie in Frage zu stellen, weil C14-Daten für die frühen Dynastien zu jung ausfielen. Velikovsky griff die C14-Methode auf, weil C14-Daten für die späten Dynastien in auffallender und zugleich seine Theorie stützender Weise zu jung ausfielen. Wir vermuten, daß Libby persönlich davon ausging, daß eine Widerlegung des sog. Fundamentalprinzips (allzeit gleiche C14- Konzentration in der Atmosphäre) den Anfang vom Ende seiner 1949 als äu- ßerst elegant eingeführten Methode bedeutet hätte., 5. Tagebuch einer Enthüllung 167 In dieser Phase wäre eine kritische Durchleuchtung der Grundlagen der C14-Methode angebracht gewesen, zumal damals die Vermessung der kali- fornischen Bristlecone-Pine-Baumringchronologie endgültig gezeigt hatte, daß die noch von Libby formulierten Grundannahmen der C14-Wissenschaft unzutreffend waren. So gesehen waren jene »Radiokarbonrevolutionäre«, die sich im übrigen nur auf diese neuen dendrochronologischen Ergebnisse stütz- ten, die wahren Hüter des alten, vom Aktualismus geprägten Weltbildes. Velikovsky und seine Mitarbeiter sowie auch das Gros der Früh- und Vor- geschichtler unterschieden in ihrem Verhältnis zur C14-Methode gleicherma- ßen zwei Möglichkeiten: Entweder die C14-Methode konnte die Chronolo- gierevision bzw. die herrschende Chronologie stützen – dann war sie will- kommen –, oder sie stützte die jeweils andere Seite – dann war sie zu be- kämpfen, wobei die »Konservativen« des Faches eher in den C14-Revolutio- nären als in Velikovsky den Feind erkannten. Die Debatte um die von Veli- kovsky betriebene Verjüngung der Historie im Lichte der C14-Wissenschaft wurde mit einer Ausgabe von Pensée im Sommer 1973 eröffnet, zu der ne- ben »mainstream«-Wissenschaftlern wie A.W. Burgstrahler oder auch E.W. MacKie selbst W.F. Libby mit einem Derivat eines Vortragstextes von 1970 beigetragen hatte (vergleiche Bild 5.1 ). Da sich Velikovskys neuer Chronologieansatz im wesentlichen mit Ägyp- ten beschäftigte, wurde stark auf einzelne Datierungsprobleme abgehoben. Die Stoßrichtung in der erwähnten Debatte blieb unentschieden zwischen »stützen« und »stürzen«. Für beide Haltungen gab es Verfechter. Hauptkritik von Velikovsky selber war die unseriöse Handhabung der zur Verfügung ste- henden Proben, deren unliebsame Daten unveröffentlicht blieben. Es gab auch eine Kritik an der Bristlecone-Pine-Baumringchronologie durch H.C. Sorensen, der ihren »wissenschaftlichen Vater« C.W. Ferguson dazu inter- viewt hatte und Schwachpunkte hervorhob, deren Kenntnis uns später weiter- helfen sollte. Unser Eindruck war und ist, daß sich die Schulen in der offiziell gelehrten Altertumswissenschaft beim Thema C14 aufspalteten und einander von da an mehr oder weniger ignorierten. Die einen behielten das Handwerkszeug der sorgfältigen und zugleich mühseligen, synchronistischen Ummünzung relati- ver in absolute Chronologie bei, die anderen wechselten einfach das Pferd 5.1 und datierten fürderhin vorwiegend lokal ohne methodische überregionale Synchronisierung mit Hilfe der C14-Methode (die dabei auch ihre größten Schwächen aufweist, vergleiche die entsprechenden Abschnitte in Kapitel 3.1)., 168 C14-Crash 5.2 C14 in der öffentlichen Diskussion Wir bringen hier zwei Beispiele für das gedankenlose Ins-Feld-Führen sowohl der C14-Methode als auch der Dendrochronologie (jeweils Leserbriefe aus Die Zeit vom 26. Januar 1996 als Reaktion auf den Beitrag des ZEIT-Magazins »Der Zeitraffer« über die These des erfundenen Mittelalters von H. Illig). H. Illig diskutiert eine Chronologierevision, die eine Fehldatierung von 300 Jahren in der jüngeren Vergangenheit (ca. 600 - 900 AD) bedeutet. Dies fände ge- wissermaßen vor den Augen der Dendrochronologen statt, die doch diesen Zeitraum fest im chronologischen Griff wähnen, während die C14-Wissenschaft sich hier tatsächlich eher bedeckt halten würde, weil der schon offiziös und seri- ös zu veranschlagende Datierungsfehler regelmäßig über den Rahmen von drei- hundert Jahren hinauszugehen pflegt. Hier bewegen wir uns bereits im Nebel der zahllosen kleineren Problematiken der C14-Methode, die dem gebildeten Pu- blikum gar nicht bewußt sind und von den Hütern der Methode auch nicht gern angesprochen werden. Der Laie schwingt ein schartiges Schwert, während der Fachmann, der eigentlich eine deutliche Warnung äußern müßte, sich in der Re- gel die Hand vor den Mund hält., 5. Tagebuch einer Enthüllung 169 Mit den noch weit radikaleren chronologischen Ansätzen für Meso- potamien und Ägypten durch G. Heinsohn [1988] sowie G. Heinsohn und H. Illig [11990] und für das Neo-, Meso- und Paläolithikum durch H. Illig [1988] und G. Heinsohn [11991], erwies sich die Klärung der Wertigkeit der C14-Me- thode erneut als dringlich zu erledigende Aufgabe. Seit die Debatte um ein zu langes Mittelalter immer höhere Wellen zu schlagen begann [Illig 1994; 1996; 1999], wurde uns die Tatsache, daß eine bloße Erwähnung von C14 und Dendrochronologie entsprechende Ablehnungsreflexe des normal Gebildeten auslöst (siehe Bild 5.2 ) und damit zum Totschlagsargument wird, erneut be- wußt und das Problem als nunmehr unaufschiebbar auf die Tagesordnung ge- setzt. 5.2 Vorarbeiten Mit der Schlußfolgerung, daß eine Chronologie der Prähistorie mit erheblich weniger Zeit auskommen muß, als ihr bislang unterstellt wird, hatte sich H. Il- lig bereits 1988 auf Kollisionskurs mit C14 und Dendrochronologie begeben. Neben der häufigen Widersprüchlichkeit der Datierungsergebnisse war ihm aufgefallen, daß überall dort, wo bereits vor der Ära der naturwissenschaftli- chen Datierungsmethoden Absolutchronologien etabliert waren, diese bei Da- tierungsfragen keinen Fußbreit nachgaben, während in anderen Bereichen mit weniger fundierten Chronologien sich von Beginn an ein Trend zur »Vergrei- sung« der Funde abzeichnete [Illig 1988, 24-29]. Bereits 1991 hatten wir Vorarbeiten zu diesem Buch in Angriff genom- men, indem wir versuchten, durch das in der Literatur dokumentierte Formel- werk eine Modulation der C14-Produktion durch Schwankungen in der Stärke des Erdmagnetfeldes modellmäßig zu erfassen. Wir erkannten, daß ganz un- terschiedliche »Geschichten« des Erdmagnetfeldes gleichermaßen zu der heu- te gemessenen C14-Konzentration führen können, wobei die Beurteilung ak- tueller Messungen von C14-Restaktivitäten an Artefakten dann natürlich auf je unterschiedlichen Umrechnungen, d.h. Kalibrierungen basieren müßten – wobei doch nur eine als die gültige erachtet werden kann. Wir waren erstaunt über die Mannigfaltigkeit der von verschiedenen Autoren rekonstruierten Ma- gnetfeldverläufe und der sich daraus ergebenden Bandbreite möglicher Kali- 5.2 brierungen. Wir vermißten den sensiblen Umgang mit den Magnetfeld- modellen angesichts der direkten Abhängigkeit, die für die C14-Kalibrierung gegeben ist und deren Gestalt schließlich jahrzehntgenau rekonstruiert wor- den war., 170 C14-Crash 5.3 C14-Datierung in jüngster Vergangenheit Dieses Diagramm [Suess 1970a] diente uns als Einstieg in die Diskussion, warum die vorliegenden Kalibrierkurven für die fernere Vergangenheit eigentlich so ge- naue Angaben machen können, wenn doch ausgerechnet für den Zeitraum, in dem ausreichend viele der untersuchten Objekte in der Regel aufs Jahr genau datiert werden können, ein dermaßenes Konvolut an divergierenden Meßwerten vorliegt? Gerade ein Aktualist müßte die Extrapolation vergangener Verhältnisse aus den gegenwärtig herrschenden an dieser Stelle verweigern: Die Unschärfe des Trends ist viel zu groß. Erfahrungsgemäß streuen die Meßwerte aus einem Labor nicht so stark. Die Streuung zwischen den Laboren (!, ", #, $) ist – wie hier allgemein zu sehen – größer, als die angegebenen Fehler vermuten lassen, und hat auch immer wieder interne Kritiker auf den Plan gerufen. Wir hakten nicht bei der Diskussion von Fehlerbreiten ein, sondern bei der Frage, ob diese Streubreite ausreichen könnte, die via C14-Daten vordatierten Baumringsequenzen so »freizügig« zu plazieren, daß eine zuvor imaginierte Form für die Kalibrierkurve abgedeckt wer- den kann., 5. Tagebuch einer Enthüllung 171 1994 veröffentlichte I. Heske einen Artikel in ZEITENSPRÜNGE [Heske 1994] 5.2 Warum warenfür die jüngsten über die Probleme der C14-Methode am Beispiel einer archäologischen Kam- und chronologischzugleich eindeutig pagne in Feudvar, dessen klare Analyse etliche unserer hier präsentierten Er- bezeugten Jahr-hunderte starke gebnisse vorwegnahm. 1995 erschien dann als Reaktion auf vielfache Entge- C14-Fluktuationenverzeichnet, für genhaltungen zu dem chronologischen Neuansatz für das Mittelalter ein aus- die chronologischdunklere Vergan- genheit dagegen führlicher Artikel über die Probleme der Dendrochronologie in ZEITENSPRÜNGE aber nicht? [Niemitz 1995], dem bereits 1991 an selber Stelle erste Überlegungen zur Datie- rung mittels Baumringchronologien durch H. Illig [1991] vorausgegangen wa- ren. Mit schöner Regelmäßigkeit war immer wieder das Argument aufge- taucht, daß schließlich die bestehende Chronologie durch die Dendrochrono- logie blendend verifiziert worden sei. Die Brücke zur C14-Methode ergab sich auch hier unmittelbar aus der Tatsache, daß die Dendrochronologie an die erste Stelle als Hilfswissenschaft der Chronologie gerückt war, weil die C14-Methode ohne deren Kalibrierhilfe wertlos geworden war. Den Stand unserer Arbeit zu C14 und Dendrochronologie faßten wir in ei- nem längeren Artikel zusammen, der im August 1996 in ZEITENSPRÜNGE er- schien. Er gab eine Ansicht über die Ursachen für die in Baumringsequenzen dokumentierten Schwankungen der C14-Konzentration wieder, die wir in der Folgezeit erheblich differenziert haben. 5.3 Unsere Starthypothese Eine unserer ersten Verwunderungen – wir begannen unsere Diskussionen zu diesem Thema Mai 1995 während einer Autofahrt von München nach Berlin – bezog sich auf die Tatsache, daß Aktivitätsmessungen an Baumringen der letzten 500 Jahre zeigten, daß eine radiometrische Zeitbestimmung in diesem Zeitraum sinnvoll gar nicht möglich ist (vergleiche dazu Bild 5.3 ). Während jede dendrochronologische Kalibrierkurve für C14 zunächst vom übergeord- neten Trend her einen vernünftigen Eindruck macht, ergibt ein Zoom auf die zurückliegenden jüngsten Jahrhunderte ein derart erratisches Schwanken der Aktivität, daß ihre Zuordnung auf die historische Zeitachse ohne Vorwissen unmöglich wird. Uns erschien es schon als ausgesprochen merkwürdig, daß gerade für den 5.3 Zeitraum, der historisch am besten bezeugt ist, Datierungen mit der C14-Me- thode unmöglich sind. Sollte die grundlegend bessere Situation für die Zeit darauf zurückzuführen sein, so fragten wir uns, daß dort die Synchronisierun- gen der Baumringe so vorgenommen worden waren, daß sich die Kalibrier- kurven glätteten – und sei es auch nur, weil weniger Material zur Verfügung, 172 C14-Crash 5.4 Wie entstehen »wiggle«? (I) In dieser Phase unserer Untersuchung der C14-Methode waren wir noch gar nicht auf die Idee gekommen, daß ein Generalfehler der C14-Methode in dem bedingungslosen Anvisieren der Winkelhalbierenden bestehen könnte. So ver- suchten wir also, die ausgewiesene geschwungene Form der Kalibrierkurven ei- nerseits und den sich aus der Mittelalterthese ergebenden Verdacht auf Ver- dopplung von Baumringsequenzen andererseits mit der von uns noch nicht hin- terfragten Tendenz der Winkelhalbierenden zu vereinbaren. Durch die Aufteilung und Hintereinanderlegung einer aus vielen Hölzern be- stehenden Baumringsequenz (deren C14-Werte stationären Verhältnissen ge- mäß ausgebildet sein sollten) flachte sich die resultierende mittlere Kurve aber so sehr ab, daß im Anschluß daran wieder ein besonders steiler Bereich (in dem Bild schematisch als Senkrechte gezeichnet) anzufügen war, um wieder auf die Winkelhalbierende zurückzukommen. Sowohl diesen steilen Verlauf als auch die gegenläufige Verbindung der verdoppelten Sequenz (in dem Bild jeweils mit Fra- gezeichen versehen) hielten wir zu der Zeit für undenkbar. Wie soll die Kali- brierkurve das Vorzeichen umkehren können (ein älterer Ring sollte schließlich immer auch ein höheres C14-Alter aufweisen) und aufgrund welchen Effektes soll sich ein so steiler Verlauf herausstellen? Wenn man das Ganze dann – wie in der oberen kleinen Grafik ausgeführt – durch eine Kurve mit jenem »cosmic schwung« ausgleichen würde, den bereits H.E. Suess [1970a, 310] bei der Vorstellung der ersten längeren Kalibrierkurve anläßlich des 12. Nobel-Symposiums für sich in Anspruch genommen hatte, dann machte das zwar einen besseren Eindruck, aber die Fragen nach möglichen Ursa- chen für die Umkehrung der Steigung wie auch für ihre Erhöhung gegenüber der Winkelhalbierenden waren damit nicht beantwortet. Erst später erkannten wir den Zusammenhang zwischen einem Ungleichgewicht von C14-Produktion und C14-Zerfall mit der Steigung der Kali- brierkurve. Wenn die Produktion hö- her liegt als der Zerfall, dann liegt die Steigung der Ka- librierkurve ober- halb der Winkelhal- bierenden, anderen- falls liegt sie darun- ter. Solange man aber nur Produktion und Zerfall betrach- tet, kann es keine Umkehrung der Steigung geben (da- zu weiter Bild 5.9 )., 5. Tagebuch einer Enthüllung 173 stand? In jedem Fall erschien es uns angebracht, diese »wilde« Tendenz der C14-Aktivität grundsätzlich auch für die weiter zurückliegende Vergangen- heit zu unterstellen. Wir waren damit aufgefordert, die zweifellos ästheti- schen Kalibrierkurven erst einmal grundsätzlich anzuzweifeln. Aber wo sollte der methodische Fehler liegen? H.-U. Niemitz hatte einen um 1980 herum stattgefundenen Methoden- wechsel innerhalb der Dendrochronologie, nämlich von der visuellen zur sta- tistischen Signifikanz, als ihren »Sündenfall« bezeichnet, denn von diesem Zeitpunkt an war die Vorgehensweise von Außenstehenden nicht mehr zu be- urteilen und der Willkür (und der Willfährigkeit) eine Tür geöffnet. Kritiken an den »secret procedures« und »magic dates« auch von anderen Wissen- schaftlern unterstrichen dieses Urteil [Niemitz 1995]. Wir waren uns im Klaren darüber, daß der in Frage stehende »Sündenfall« der C14-Wissenschaftler nun keineswegs darin bestand, die Notwendigkeit einer Kalibrierung an sich eingestehen zu müssen. Angesichts des erratischen Streuens der C14-Werte für die jüngsten zurückliegenden Jahrhunderte konn- te dieser Sündenfall, so vermuteten wir eingangs, eigentlich nur darin beste- hen, daß gleichaltrige Baumringe unterschiedliche C14-Werte aufweisen wür- den, man dies aber nicht zur Kenntnis nehmen wollte, weil dadurch jede Kali- brierung unmöglich geworden und damit das Ende der C14-Wissenschaft be- siegelt gewesen wäre. Diese Ungenauigkeit würde vielmehr – so unser weiter- gehender Verdacht – dazu ausgenutzt, um ein Vorurteil über die Gestalt der Kalibrierkurve bedienen zu können: Stationäre Verhältnisse hätten in den ver- gangenen Jahrtausenden geherrscht, weshalb die Kalibrierkurve im wesentli- chen der Form der Winkelhabierenden nachempfunden worden sei. Diese These erschien uns anfänglich aber als zu »eckig« und viel zu radikal, um sie mit Nachdruck weiter zu verfolgen. Wir vergaßen diese Argumentation sogar wieder und stießen später, als wir auf »Umwegen« zu eben dieser Schlußfol- gerung gekommen waren, verwundert auf unsere diesbetreffenden Notizen, auch um festzustellen, daß wir – ebenso wie alle anderen – dem überragenden Image der C14-Methode und der Dendrochronologie aufgesessen waren. Trotz aller unbewußten Loyalität verfügten wir dennoch über einen gedankli- chen Ansatz, der zu folgenreichen Fragen Anlaß geben sollte. 5.4 5.4 »Dark ages«, Verdoppelungen und die Auswirkungen auf die Kalibrierkurve Ausgangspunkt für unsere Suche nach einem möglichen methodischen Sün- denfall der C14-Methode war eine Behauptung, die der These vom künstlich verlängerten Mittelalter inhärent ist, nämlich daß alle relevanten Baumring-, 174 C14-Crash 5.5 »Wiggle« können durch Verdopplungen entstehen Mit den C14-Werten vor Augen, die an einem neuseeländischen Kauri-Baum ge- messen worden waren (Bild 2.4 ), und der Tatsache gewärtig, daß noch weitere Bäume signifikant steilere Kalibriergeraden aufwiesen (vgl. Kapitel 2.3), identifi- zierten wir zeitweise als wahren Grund eines »wiggle« die erzwungene Plazie- rung derartiger schwimmender Baumringsequenzen auf der für stationäre Ver- hältnisse stehenden Winkelhalbierenden. Die Bereiche »C« mit umgekehrter Steigung wären damit dem gewaltsamen Auseinanderreißen der steiler verlaufenden Kurve geschuldet und hätten sich auch durchaus unter dem Deckmantel ohnehin bekannter Meßwertstreuungen in die erkünstelte flachere Kurve einschleichen können. Erst als uns klar wurde, daß auch eine Diffusion – nämlich von C14-armem Kohlendioxid aus den Ozea- nen in die Atmosphäre – diese Umkehrung der Kurve erzwingen kann, waren wir bereit, auch andere Erklärungen zu akzeptieren. Die C14-Methode kam da- durch aber nur vom Regen in die Traufe, denn die augenscheinliche Dynamik von Produktion und Diffusion machte jeden Gedanken an eine Stationarität der Verhältnisse zunichte., 5. Tagebuch einer Enthüllung 175 chronologien (zeitlich gesehen) hinter dem fraglichen, künstlich eingeführten Zeitraum eine dreihundertjährige Wiederholung aufweisen müssen: Hölzer, die über einen Zeitraum von rund 300 Jahren synchron laufen, wären quasi halbiert und – diesen Zeitraum verdoppelnd bzw. den künstlichen Zeitraum wohl oder übel füllend – hintereinander gelegt worden [Illig 1991]. Das bedeu- tete, daß dann die Kreuzdatierung genau an der Nahtstelle, wo die richtigen 300 Jahre mit den verdoppelten aneinanderstoßen, falsch sein muß. Was wären die Methoden der Dendrochronologie wert, wenn ein solcher Fehler – ohne Murren und ohne Aufmerken – praktiziert worden war? Tat- sächlich sind zwei Zeitpunkte im Bereich des fraglichen Zeitraumes ausge- sprochen dünn belegt – so dünn, daß nach den anerkannten Regeln der Dendrochronologie hier von einem gesicherten Anschluß nicht gesprochen werden kann [Niemitz 1995, 298f.]. Hilfe an dieser Stelle kam nur durch Einbin- dung von Hölzern, für die »historisch gesicherte« Daten beansprucht werden konnten. Das läuft im Sinne der chronologischen Kritik natürlich auf einen Zirkelschluß hinaus. Nirgendwo schien die Möglichkeit einer Fehlsynchroni- sierung und damit auch einer Verdopplung, d.h. Hintereinanderlegens eigent- lich zeitgleicher Sequenzen so evident wie für die Nahtstellen des in Abrede gestellten Zeitraumes von 600-900 AD (siehe Bild 2.12 ). Uns fiel natürlich auf, daß eine Kalibrierkurve durch solcherart Verdoppe- lungen tendenziell verflacht wird (vergleiche Bild 5.4 ). Aber erst viel später stellten wir die Frage, ob die Kalibrierkurve nicht in Wirklichkeit viel steiler ausfallen müßte und ob sie nicht durch womöglich wiederholtes Auseinander- reißen und Verdoppeln lediglich künstlich auf stationärem Kurs, also auf der Winkelhalbierenden gehalten wurde, auf diese Weise die immergleichen Ver- hältnisse in der Natur suggerierend (vergleiche Bild 5.5 )? Dann wäre die künstliche Mittelalterverlängerung ein Glücksfall für die C14-Wissenschaft, die mit einer viel steileren Kalibrierkurve in diesem gefährlichen, weil histo- risch noch relativ gut belegten Zeitraum erhebliche Probleme hätte, wieder auf den Pfad der aktualistischen Tugend – sprich: auf die Winkelhalbierende – zurückzukommen. Es sei angemerkt, daß wir grundsätzlich stets sehr intensiv nach Indizien für künstliches Ältermachen (z.B. durch Verflachen der Kalibrierkurve) Aus- schau hielten, denn alle Chronologierevisionen waren grundsätzlich mit Zeit- 5.5 verkürzungen (bzw. -eliminationen) verbunden. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir die Brisanz der C14-Muster, die sowohl steilere als auch im Vorzeichen umgekehrt orientierte Kurvenabschnitte enthielten, aber noch nicht erkannt. So operierten wir mit der Verdoppelung von Stücken der Winkelhalbierenden selber, die diese natürlich nur noch weiter verflachen konnten. Teilstücke mit, 176 C14-Crash negativem Vorzeichen lösten noch keinen Alarm aus (siehe Diskussion in dem Bild 5.4 ). 5.5 Die Rolle der Vordatierung in der Dendrochronologie Die Komplettierung der europäischen Baumringsequenzen durch Zusammen- fügen ihrer bis dahin gewonnenen schwimmenden Teilkalender ging, wie wir der Literatur entnahmen, mit ganz erheblichen methodischen Schwierigkeiten einher (vergleiche dazu Niemitz [1995]). Nur der Teil einer Sequenz, der kom- plett an die Jetztzeit angeschlossen war, konnte als Kalibriermaßstab für C14 genommen werden und deswegen mußte diese Mastersequenz ja auch so schnell wie möglich in die Vergangenheit ausgebaut werden. Während die Er- stellung relativ kurzer Baumringsequenzen aus lokal gemeinsam aufgefunde- nen Proben noch recht gut vonstatten ging, war das Geschäft der weitergehen- den Synchronisierung dieser Sequenzen bis hin zur Verschränkung mit dem an die Jetztzeit angeschlossenen Master äußerst mühselig. (Wir verstanden erst später, daß über die Komplettierbarkeit einer Baumringchronologie vor allem die Möglichkeit zur Vordatierung der zuzuordnenden Teilsequenzen entschied.) Die an die Jetztzeit angeschlossene Chronologie wuchs in der historisch gut bezeugten Zeit quasi mit jeder gefundenen Baumprobe, solange diese mit anderen unabhängig datierbaren Funden vergesellschaftet war und als brauch- bar im dendrochronologischen Sinne ausfiel. Eine Probe ohne Vordatierung synchronisieren zu wollen, bedeutete eine Sisyphusarbeit und wurde folge- richtig so weit es eben ging vermieden. Wir haben uns anläßlich der Diskussi- on dendrochronologischer Synchronisierungen immer gefragt, wie groß ei- gentlich das Verhältnis ist zwischen »schlechten«, d.h. von ihren abweichen- den Eigenschaften her unsynchronisierbaren und entsprechend »guten« Baumringsequenzen, wobei natürlich nur letztere dann zu den »schwimmen- den« Teilkalendern zusammengefügt wurden. Je mehr Baumringsequenzen am Ende als unbrauchbar übrig bleiben, desto dringlicher stellt sich die Frage, wie groß eigentlich die Wahrscheinlichkeit ist, daß die verwendeten Baum- ringsequenzen rein zufällig gepaßt haben? Es war von Anfang an klar und in der Literatur auch immer wieder er- wähnt, daß die C14-Methode die alles entscheidende Rolle bei der Vorsortie- rung und Vorplazierung der »floating chronologies« in der gesamten Zeit vom Beginn des Postglazial bis mindestens zur Römerzeit spielte. Da C14 und Dendrochronologie Arm in Arm gingen und gehen, mußte ein Angriff auf C14 auch von der Dendrochronologie als Kampfansage verstanden werden., 5. Tagebuch einer Enthüllung 177 Wir machten die Erfahrung, daß die Dendrochronologie nach Komplettierung 5.3 Unsere ent-scheidenden Fra- der Baumringchronologien, d.h. nach dem Schließen aller Lücken zwischen gen lauteten: 1.Aufgrund welcher den schwimmenden Teilchronologien durchaus bereit war, die C14-Methode Ursachen solltesich das Vorzei- wieder fallen zu lassen. Jegliche methodische Schwierigkeiten, die der C14- chen der Steigungder Kalibrierkurve Methode nachzuweisen sei, färbe nicht auf die Dendrochronologie ab, da die- umdrehen können– wieso kann ein tatsächlich jünge- se am Ende ausschließlich mit immanenten Methoden gearbeitet habe. Die rer Ring ein höhe- res C14-Alter auf- Dendrochronologien seien nicht »C14-kontaminiert«. weisen? – und 2. aufgrund welchen Diese Argumentation seitens der Dendrochronologen überzeugte uns am Effektes soll sich in der Kalibrierkur- Ende nicht. Es waren schließlich etliche Fehler bei der Synchronisierung be- ve ein steilererVerlauf als der der kannt geworden, die korrigiert werden mußten. Die bekanntgegebenen Syn- Winkelhalbierendeergeben? 3. Wel- chronlagen können von Außenstehenden nicht überprüft werden, da das zu- che quantitativenVeränderungen im grundeliegende Material nicht veröffentlicht wird. Dendrochronologen waren Vergleich zu denstationären Ver- sich untereinander teilweise in den verwendeten Methoden nicht einig. Und hältnissen müssensich dazu erge- die Methoden, wie die regional gewonnenen Chronologien dann am Ende eu- ben? ropaweit abgeglichen wurden, hatte nichts mehr mit den Methoden zu tun, die 5.4 Warum be-dient sich die für den Umgang mit einzelnen Baumproben aus demselben Wuchsgebiet an- Dendrochronologieüberhaupt einer erkannt waren, weshalb mindestens hier zusätzliche Hilfe in Anspruch ge- Hilfswissenschaftwie der C14-Me- thode, wenn diese nommen worden sein mußte. am Ende doch nichts zum Ergeb- Das war uns am Beginn unserer Untersuchung alles nicht bekannt. Des- nis beigetragen haben soll? halb beschränkten wir uns auf eine einfache Frage, die mit unserem Anfangs- befund zusammenhing: Wenn die C14-Aktivität für Baumringe, die aufs Jahr genau passen mußten, schon immer so geschwankt hatte wie in den letzten 500 Jahren, wie sollte eine radiometrische Vordatierung dann praktisch funk- tionieren? Wir erkannten an dieser Stelle, daß aus der Not eine Tugend ge- macht worden war, indem die Schwankungen nunmehr anerkannt, zugleich aber als an allen Orten der Erde simultan auftretend angenommen worden wa- ren (Simultanitätsprinzip) und damit letztlich sogar als zusätzliches Mittel der Synchronisierung herangezogen werden konnten. 5.6 Der »Längeneinwand« und seine Schwäche Natürlich überprüften wir parallel zur Einkreisung des entscheidenden Hebels an der C14-Methode mögliche Argumente gegen unseren Ansatz. Wir formu- lierten als Antithese zur Annahme erheblich höherer Streuungen als einge- standen den auf uns selbst gerichteten »Längeneinwand«: Wenn auch nur eine Messung an einer jahrtausendalten zusammenhängenden Baumringsequenz existierte, die den unserer Meinung nach falschen Trend der bekannten Kali- brierkurven wiedergab, dann konnten wir »einpacken«., 178 C14-Crash 5.6 »Notlügen und andere Statistiken« Die Statistik bietet die Unterscheidung zwischen Nullhypothese, die man mög- lichst selten irrtümlich ablehnen will, und Alternativhypothese, die man erst übernehmen will, wenn ein Irrtum bei der Ablehnung der Nullhypothese nahezu ausgeschlossen ist. Erst wenn die Wahrscheinlichkeit, sich bei dem Verwerfen der Nullhypothese zu irren, unausweichlich niedrig geworden ist – üblicherweise kleiner 5 bis 1% –, dann wird man die Nullhypothese verwerfen. Folgendes Beispiel aus dem »Handbuch der Statistik« verdeutlichte uns, daß man mit der Wahl der Nullhypothese das Ergebnis der Interpretation des Test- ergebnisses bestimmen kann: Auf einer vorhandenen Produktionsmaschine wer- den Teile mit einer bestimmten Ausschußquote gefertigt. Es ist zu testen, ob mit einer neuen Maschine Teile mit weniger Ausschuß gefertigt werden können. Die Bewertung des Ergebnisses aus einem Probelauf mit der fraglichen neuen Ma- schine hängt nun davon ab, was als Nullhypothese bevorzugt wird: a) Möchte man sich lieber sicher sein, die alte Maschine nur aus gerechtfertigten Gründen zu verschrotten, oder b) möchte man eher vermeiden, sich die Chance auf eine neue Maschine da- durch zunichte zu machen, daß man eine im Probelauf zufällig erhöhte Aus- schußquote irrtümlich als Indiz für eine schlechtere Eignung nimmt? Falls a) als Nullhypothese gewählt wird, dann dürfen (dem Beispiel entsprechend) höchstens 2 Fehlteile bei einem Probelauf der neuen Maschine gefertigt werden, falls hingegen für b) als Nullhypothese entschieden wurde, dann dürfen dabei bis zu 10 Fehlteile entstehen, ohne daß der Kauf der neuen Maschine in Frage ge- stellt wird. Es dürfte an dieser Stelle ausreichen, wenn wir für Libby’s statisti- schen Umgang mit den neuzeitlichen Proben herausstellen, daß er »Gleichzeitig- keit« (und nicht etwa Ungleichzeitigkeit) als Nullhypothese ansetzte. Das Ergeb- nis aus einem üblichen Test zur Ermittlung der zugehörigen Irrtumswahrschein- lichkeit (F-Test) läßt sich wie folgt zusammenfassen: Libby zog es vor, lieber bis zu 97% der Proben irrtümlich als gleichzeitig, als auch nur 3% irrtümlich als un- gleichzeitig einzuordnen. Als »Advocatus diaboli« in eigener Sache, als den Libby sich mit dieser Veröffentlichung durchaus verstand, hätte er selbstverständlich »Ungleichzeitigkeit« als Nullhypothese wählen müssen, wobei nach dem damali- gen Stand der Technik eine Irrtumswahrscheinlichkeit von 50% sicherlich akzep- tiert worden wäre. Mit der festgestellten Irrtumswahrscheinlichkeit von mehr als 95% für die Nullhypothese der Ungleichzeitigkeit, die angesichts der Bedeutung der neuen Datierungsmethode für die Geschichte die einzig Angemessene gewe- sen wäre, hätte er die Akten über den Fall C14 schließen müssen. Zweifellos liegt der oft unversöhnlichen Haltung von Vertretern unterschied- licher wissenschaftlicher Theorien ein ganz ähnlicher Konflikt zugrunde. Wäh- rend der Vertreter einer bereits seit langem etablierten Theorie nur ihre hun- dertprozentige Widerlegung als ausreichende Basis erscheint, eine Alternative zu ihr in Erwägung zu ziehen, ist der Vertreter einer davon abweichenden Theorie dazu weder in der Lage, noch sieht er sich überhaupt angehalten, eine Hürde von deutlich mehr als 50% überschreiten zu müssen., 5. Tagebuch einer Enthüllung 179 Tatsächlich war das viel zu kurz gedacht, denn es müssen mindestens 5.5 Libby war mitseiner C14-Metho- zwei, zumal örtlich weit auseinanderliegende Sequenzen existieren, um jenes de einsamer Vor-reiter bei dem Ver- für die Dendrochronologie so wichtige Simultanitätsprinzip zu bestätigen, such, archäologi-sche Funde ohne und natürlich muß auch jede weitere Sequenz ebenfalls dazu passen. So gese- historisches Vor-wissen datieren zu hen zeigte die ganz wesentlich von dem Standard abweichende C14-Kurve wollen. Nur wegendieser Monopol- stellung nahm des neuseeländischen Kauri-Baumes unmittelbar, daß das Prinzip als solches man ihm seine »Beweise« ab. nicht stimmt (siehe Kapitel 5.13). Keineswegs darf diese selber aber als gülti- Hätte er in Konkur- renz zu anderen ge Kalibrierkurve gewertet werden. vergleichbaren Methoden gestan- den, wäre sein An- liegen zurückge- wiesen worden. 5.7 Libby's Schummelei Wenige Wochen nach Beginn unserer intensiven Auseinandersetzung – wir waren sozusagen noch im Stadium des »Hausaufgabenmachens« – mußten wir zur Kenntnis nehmen, daß es gerade die größten Selbstverständlichkeiten sind, die sich am Ende als falsch herausstellen und die sich deswegen so hart- näckig halten können, weil über die ganze Zeit niemand es für möglich hält, daß nun gerade da etwas faul sein könne. Wir stolperten zwar permanent über Indizien für große Streuungen der C14-Aktivität, hatten aber mit der daraus zu ziehenden, naheliegendsten Schlußfolgerung Probleme, weil eines doch ganz sicher zu sein schien: Gleichaltrige Proben weisen auch den gleichen C14-Gehalt auf, weil sich das produzierte C14 so schnell vermischt. Diese Gebetsmühle stellten wir auch deswegen nicht in Frage, weil Libby, der Mentor der C14-Methode, das nun als erstes überprüft und auch verifiziert hatte. Die Ergebnisse waren 1949 in einem der renommiertesten Wissenschaftsjournale erschienen, in SCIENCE. Für uns gab es keinen Grund, gerade das in Frage zu stellen. Wir konnten davon ausgehen, daß seinerzeit eine Überprüfung mit negativem Resultat zwar Be- dauern ausgelöst hätte, aber doch zum Abbruch des noch völlig unbekannten Verfahrens geführt hätte. Weit gefehlt! Eigentlich nur als »Pflichtübung« vorgesehen, analysierten wir Libby's »Weltweite Untersuchung moderner C14-Proben« von 1949, für die er eine wahrlich beruhigende Streubreite von ±50 Jahren angab. Die routinemäßige graphische Aufbereitung seiner zugrundeliegenden Meßwerte ergab aber ein völlig anderes Bild, nämlich eine unsystematische Streuung von ±500 Jahren. 5.6 Nur durch einen statistischen Trick konnte er diesen Fehler letztlich um 90% reduzieren (zur Einstimmung in das Thema »Statistik« vgl. Textbox 5.6 , für entsprechende Details Kapitel 7). Auch vierzig Jahre nach dieser Pioniertat ist die statistische Schönrech- nung derart hoher Streuungen gang und gäbe, und wir sind mittlerweile sehr, 180 C14-Crash vorsichtig bei der Interpretation bloßer Jahresangaben inklusive Fehlerbreite geworden (ob nun kalibriert oder nicht), weil wir lernen »durften«, wie man aus einer Menge an sich zweifelhafter Meßwerte just den Mittelwert konstru- ieren kann, den man eigentlich erwartet. Die Unterstellung, vor der man si- cher am stärksten zurückschreckt, nämlich die der Daten-Manipulation, ist of- fenbar doch gerechtfertigt, wobei wir annehmen, daß hier ein »Aber das ist doch üblich so!« als Erwiderung zu erwarten ist und alle auf Libby verweisen können, weil dieser schließlich damit angefangen hat. Erst viel später machten wir uns klar, daß das, was wir heute »Schumme- lei« nennen müssen, damals keine gewesen ist, sondern eher die konsequente Ausbeutung12 eines für wahr gehaltenen Arbeitsprinzips der Natur, des Aktua- lismus. Dieser besagt, daß wesentliche Randbedingungen für die irdischen Lebewesen sich nicht ändern, weil diese sonst nicht überlebt hätten und – über weit längere Zeiträume betrachtet – sich auch nie hätten entwickeln kön- nen. Auf der Basis dieses Prinzips vollzog man keine statistische Schönfärbe- rei, sondern brachte vielmehr das zweifellos nicht einwandfreie Meßmaterial so in Ordnung, daß wieder Einklang mit gewissen Selbstverständlichkeiten herrschte. Es ist diese spezielle Ökonomie Libby's, die uns letztlich zu dem Schluß veranlaßt, daß die C14-Methode in der an Bedeutung gewinnenden katastrophischen Natursicht keinen Bestand haben wird. Und es sind die vie- len anderen Fakten, die uns zu der Aussage führen, daß diese Methode auch für einen überzeugten Aktualisten von entscheidend geringerem Wert ist, als ihr heute sowohl in Fachkreisen als auch in der Öffentlichkeit zugebilligt wird. Mit der Entdeckung von Libby's Schummelei fielen einige unserer Hem- mungen ab. Wir hatten immer geahnt, daß bei den Anwendern der Methode stets ein gerüttelt Maß an Blindheit gegenüber eigenen dummen Fehlern im Verein mit entwaffnender Selbstsicherheit, am Werke gewesen sein mußte. Hier hatten wir nun ein hartes Indiz dafür, daß sich die C14-Gemeinde tat- 12 Uns fiel ein ähnlicher Fall auf, wonach dem berühmten Naturforscher E.H. Haeckel (1834-1919) vorgeworfen wird [F.A.Z. 20.08.97], er habe seinerzeit die Beweise für das »Biogenetische Grundgesetz« erfunden bzw. gefälscht. Tatsächlich hatte Haeckel in der Berliner Volkszeitung vom 29.12.1908 freimütig bekannt, »daß ein kleiner Teil meiner zahlreichen Embryonenbilder wirklich gefälscht ist – alle jene nämlich, bei denen das vorliegende Beobachtungsmaterial so unvollständig und so ungenügend ist, daß man bei der Herstellung einer zusammenhängenden Entwicklungskette gezwungen ist, die Lücken durch Hypothesen aufzufüllen.« Haeckel konnte in dieser Tat gar nichts Verwerfliches erkennen, weil er sich absolut sicher war, daß das Leben einer schrittweisen Höherentwicklung folgte und er folglich nichts dazu erfunden, sondern die Natur lediglich gemäß ihren »wahren« Arbeitsprinzipien ergänzt hatte., 5. Tagebuch einer Enthüllung 181 sächlich ein »dickes Ding« geleistet und zugleich kein Mensch bis heute öf- 5.6 Die C14-Me-thode entstammte fentlich die entscheidenden dummen Fragen gestellt hatte. Es wurde am An- »einer Sehnsucht,der Realität zu fang offenbar Hazard gespielt, ohne die Folgen (weltweite Beachtung und entfliehen. (Ihre)Geburt wurzelt in Verwendung sowie eine Fundamentierung aller Absolutchronologien der den Mühen derWelt und insbe- Menschheitsgeschichte) richtig zu gewärtigen. Später fanden wir einen Rede- sondere in denender Wissenschaft- ler während des 2. beitrag Libby's von 1965, der die Entwicklung der C14-Methode auf eine Weltkrieges. Es ging um ein Ver- Sehnsucht, der Realität entfliehen zu können, zurückführte, die gerade in den langen, etwas Nutzloses, etwas Wissenschaftlern gewurzelt habe, die sich zuvor während des 2. Weltkriegs in Unpraktisches zu entdecken, etwas, Projekten mit kriegsentscheidender Bedeutung engagiert hatten. Es sei ihr das wohl interes-sant, letztlich aber Verlangen gewesen, etwas Nutzloses, etwas Unpraktisches zu entdecken, et- unbedeutend seinsollte« [Libby was, das wohl interessant, letztlich aber unbedeutend, sprich: keine Mega- 1965]. Waffe mehr sein sollte. 5.7 Der erste 1966veröffentlichte »wiggle-match« beruhte gar nicht auf C14-Schwan- 5.8 Vordatierung durch C14-Mustervergleich kungsmustern,sondern lediglich auf einigen C14- Den ersten Hinweis auf den Vergleich charakteristischer (also nicht-errati- Daten ausgewähl-ter Hölzer, die zu- scher) C14-Muster fanden wir in einem Artikel von B. Becker aus einem Ta- sammengesetzt ei-ne Steigung er- zeugten, die so gungsband, der den vierzigsten Jahrestag der Veröffentlichung von Libby's auch durch die amerikanischen entscheidenden Artikeln in SCIENCE feierte. Becker verwies in dem Zusam- Vergleichsproben gelegt werden menhang auf einen mittlerweile mehr als dreißig Jahre alten Artikel über die konnte. Unveröf- fentlicht blieben Absolutdatierung einer »schwimmenden« Baumringchronologie, die seiner- dagegen all die »wiggle-matches«, zeit drei neolithische Ausgrabungsstätten in der Schweiz umfaßte (vergleiche mit denen zuvordie Baumringse- Bild 2.5 ). Diese Teilchronologie konnte an die damals existierenden europäi- quenzen der Brist-lecone-Pine zuein- schen Eichenchronologien nicht angeschlossen werden, weil diese nicht weit ander plaziert wor-den waren. genug in die Vergangenheit zurückreichte. Wie konnte es dann trotzdem zu der Absolutdatierung kommen? Ein charakteristisches Muster der C14-Aktivitätsschwankungen innerhalb dieser Schweizer »schwimmenden Chronologie« war (anstatt sie als Indiz für die Fragwürdigkeit der Methode an sich zu nehmen) mit einem entsprechen- den Muster aus einer kompletten Chronologie abgeglichen worden, die zuvor C.W. Ferguson aus Sequenzen der amerikanischen Bristlecone-Pine errichtet hatte. Diese komplette Chronologie wurde allerdings erst drei Jahre später, nämlich 1969, in Auszügen veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt wunderte uns diese »Verzögerung« noch nicht, erst als uns klar geworden war, daß die Bristlecone-Pine-Chronologie nur mit Hilfe der Vorgabe quasi-konstanter C14-Konzentration in der Atmosphäre entstanden war, fiel uns auch diese methodisch unzulässige zeitliche Inversion auf. Die »Muster« waren in unseren Augen wenig aufschlußreich, ja geradezu nichtssagend. Deshalb vermuteten wir, daß dieses Verfahren des Musterver-, 182 C14-Crash, 5. Tagebuch einer Enthüllung 183 5.7 Falsche Synchronismen? Das obere Bild demonstriert den Versuch zur Absolutdatierung zweier schwimmender Baumringsequenzen aus Auvernier am Neuenburger See (Schweiz) durch »wiggle-matching« gegen die Bristlecone-Pine-Baumringchrono- logie (durchgezogene Linie) [Suess/Strahm 1970, 94]. Die gestrichelte Linie – »drawn by hand« – soll den unterstellten Verlauf der europäischen Meßwerte synchron zu der amerikanischen Kalibrierkurve demonstrieren, wobei H.E. Suess und C. Strahm eine systematische Altersdifferenz konzedieren müssen. Dieser in einer Zeitschrift für Altertumsgeschichte (Antiquity) veröffentlichte Datierungsversuch ist sehr skeptisch aufgenommen worden. J. Collis argwöhnte, daß die der verwendeten Methode zugrundeliegende Annahme weltweit gleicher C14-Fluktuationen falsch sein müsse und klagte eine von der Bristlecone-Pine- Chronologie unabhängige Baumringchronologie ein, um diesen fundamentalen Verdacht aus der Welt zu schaffen [MacKie et al. 1971, 201]. Unser Eindruck war, daß einigen Historikern ob dieses ziemlich dreisten Vorgehens gewisserma- ßen die Hutschnur geplatzt war und sie hier – auch angesichts eingestandener Unzulänglichkeiten – einen der wenigen günstigen Moment sahen, eine klare Zu- rückweisung der C14-Methode formulieren zu können. Wir stellten an dieser Stelle eine radikale Hypothese auf, deren Stoßrichtung im unteren Bild zu erkennen ist. Wir hatten bei einer ersten Lektüre dieses Arti- kels bereits am Rande notiert, daß die »Meßpunkte vorzugsweise (bzw. nahezu ausschließlich) am aufsteigenden Ast« plaziert waren. Ohne die Details der Se- quenz zu kennen, stellten wir fest, daß die drei Meßwerthaufen wesentlich sau- berer jeweils separat durch Geraden mit einer überhöhten (hier für alle drei gleich angesetzten) Steigung zu approximieren waren. In der Approximation von Suess und Strahm fallen drei Werte völlig aus der Kurve heraus, was deren Vor- gehensweise ohnehin sehr problematisch macht. Dieser Ansatz bedeutete, daß die dendrochronologische Synchronisierung nicht korrekt war, und daß zugleich eine prinzipielle C14-Überproduktion von ca. 75% geherrscht hätte. Der Datierungsversuch für die Proben aus Auvernier konnte als Fallbeispiel für »Wiggeln durch Auseinanderreißen« (Bilder 5.4 , 5.5 und 2.16 ) interpretiert werden. Er machte deutlich, wie dringend die Historiker im allgemeinen und die Dendrochronologen im speziellen auf Hilfe bei der Absolutdatierung angewiesen waren. Auch wenn das Vorgehen in diesem Fall auf heftige Kritik stieß, so gab es während der nächsten zehn Jahre eine Kontinuität in der Ausschlachtung solcher »Synchronismen« für den Aufbau der europäischen Eichenchronologien, die oh- ne »tentative« Absolutdaten aus Amerika bis heute noch keinen Erfolg hätten vermelden können. 5.7, 184 C14-Crash gleichs in diesem ausgesprochen indifferenten Fall nur als Nachspiel oder Ne- benschauplatz einer zuvor an weit geeigneteren Objekten entwickelten Me- thodik zu interpretieren war. Doch an welchem Objekt sollte sich diese be- reits »bewiesen« haben? Gab es dafür entsprechende Veröffentlichungen? Zwei Dinge notierten wir an dieser Stelle: 1) Wenn diese Methode des C14-Mustervergleichs als Ersatz für dendro- chronologische Methoden bei der Errichtung einer Masterchronologie herangezogen worden war und die C14-Aktivität sich auch nur annähernd so erratisch benähme, wie wir vermuten mußten, dann wäre eine solche Baumringchronologie im nachhinein keinen Pfifferling wert. 2) Wir verstanden nicht, wieso die europäischen Baumringchronologien, de- ren entscheidender Ausbau lange Zeit eingestandenermaßen stagniert hat- te, später dann auf einmal doch komplett und ohne Lücken dastehen soll- ten, wie es von Becker in dem erwähnten Artikel angegeben wurde. Wa- ren sie etwa auch mit Hilfe dieser Mustervergleichsstrategie und womög- lich in Abhängigkeit zur amerikanischen Bristlecone-Pine-Chronologie anstatt nach der »reinen Lehre« der Dendrochronologie auf die Welt ge- kommen? 5.9 Kaum zu glauben: Alles ist über C14-Mustervergleich vordatiert Mit der zweiten Fragestellung hatten wir unserem damaligen Verständnis nach die Situation eines klassischen »Experimentum crucis« erreicht. Die »of- fizielle« Geschichte sprach immer von einer C14-Kalibrierung an methodisch unabhängig gewonnenen Baumringchronologien. Wenn sich jetzt herausstel- len sollte, daß die Dendrochronologie ihrerseits auf die C14-Methode ange- wiesen gewesen ist, um ihre Sequenzen ausreichend sicher vordatieren zu können, dann hatte die Dendrochronologie in unseren Augen ihren Status als unabhängige Wissenschaft verloren. Wenn Dendrochronologen glaubten, daß C14-Muster global vergleichbar waren, dann benutzten sie dieses Hilfsmittel natürlich auch – zumal in der prekären Situation schleppenden Fortschritts im Ausbau der Chronologien –, womit die Baumringchronologien allerdings »radiokarbonverseucht« waren (Beispiel in Bild 5.7 ). Jeder Hinweis, daß die C14-Muster imaginär waren, unterminierte dann nicht nur die Grundlagen der C14-Methode, sondern zielte zugleich direkt auf die Brauchbarkeit der Baumringchronologien, für deren Synchronlagen es keine Fehlertoleranz geben kann, sondern grundsätzlich nur ein »richtig« oder »falsch«., 5. Tagebuch einer Enthüllung 185 Es sei angemerkt, daß wir anfänglich nur auf Hinweise der theoretischen 5.8 Es fand jahre-langes »wiggle- Brauchbarkeit der C14-Muster für die Synchronisierung schwimmender matching« statt,ohne daß auch nur Baumringsequenzen stießen, ehe wir das erste »Geständnis« eines Dendro- ein außenstehen-der Wissenschaft- chronologen, sich bei der Einordnung auf C14-Mustervergleich zu stützen, ler in der Lage ge-wesen wäre, die schwarz auf weiß zu Gesicht bekamen. Am Ende war klar, daß alle europä- Bristlecone-Pine-Chronologie, die dem zugrundelag, ischen Eichenchronologien auf diese Weise C14-»verseucht« sind. Wir nah- überprüfen zu kön- nen. men zur Kenntnis, daß die Vorplazierungen über C14 später teilweise auf we- 5.9 Wie konnte nige Jahre genau von der dendrochronologischen Nachbehandlung bestätigt sich eine Kalibrier- kurve angesichts wurden. Im Zusammenhang mit der generellen Fragwürdigkeit der Datierbar- allgegenwärtiger Produktions- und keit durch C14 erscheint uns das aber als Indiz für die Indifferenz der Den- Diffusionsschwan-kungen, die das drochronologie, die mehrmals Fehler zugeben mußte, nachdem die kritische fiktive stationäre»Normalmaß« um Stelle zuvor aber als »überzeugend« akzeptiert worden war. ein Vielfachesübertrafen, über einen Zeitraum von 12.000 Jahren permanent durch 5.10 »fact-matching« in Sachen »wiggle-matching« annähernd identi-sche atmosphäri- sche Zustände In dem Moment, wo wir merkten, daß alle europäischen Eichenchronologien »hindurchschlän-geln«? wegen eines intensiven transatlantischen Datenverkehrs »radiokarbonver- seucht« waren, versuchten wir, die Abfolge in dem Vorgang des internationa- len »wiggle-matching« mittels »fact-matching« besser zu verstehen. Dazu mußten die wesentlichen Stationen der Konstruktion der Baumringchronolo- gien in Kalifornien, Irland und Süd- sowie Westdeutschland auf einem Zeitstrahl angeordnet werden, um zu prüfen, welche Ereignisse auf welchem Kontinent welchen Ereignissen an den jeweils anderen Orten vorausgegangen war. So entstand gewissermaßen eine Chronologie wissenschaftlicher »wiggle«. In diesem Zusammenhang erfuhren wir einmal mehr, wie elementar wichtig eine exakte, unter Umständen sogar monategenaue Chronologie ist, wenn es um die richtige Identifizierung von Ursache und Wirkung geht. Uns fiel sofort auf, daß jahrelanges »wiggle-matching« stattfand, ohne daß auch nur ein außenstehender Wissenschaftler in der Lage gewesen wäre, die Bristlecone-Pine-Chronologie, die dem Ganzen zugrundelag, prüfen zu kön- nen. Ebenso sprang ins Auge, wie lang der Zeitraum währte, in dem das Wohl und Wehe aller Kalibrierungen von eben dieser einen einzigen Chronologie abhing: von 1960 – dem Datum, an dem die Nicht-Konstanz der C14-Startak- tivität in der Vergangenheit anerkannt und das Fundamentalprinzip fallenge- lassen wurde – bis mindestens 1984. Ganze zehn Jahre – von 1960 bis 1969 – mußte auf die endgültige Fertigstellung dieser Chronologie gewartet werden, und in dieser Zeit des Abwartens konnten sich die Zweifel der Historiker ge- hörig anstauen. Nur aus dieser prekären Situation heraus ist die hastige und, 186 C14-Crash 5.8 Was ist mit dem Simultanitätsprinzip? Das Bild gibt Auszüge aus Kalibrierkurven für das Ende des ersten nachchristli- chen Jahrtausends wieder: 1) aus Daten von Stuiver und Becker [1986]; 2) aus Daten von Popov et al. [1993]; 3) aus Daten von Stuiver und Pearson [1986]. Popov et al. sahen mögliche Erklärungen für die Abweichung von im Mittel 100 Jahren in unterschiedlichen Klimata oder in unterschiedlichen Handhabun- gen der Berücksichtigung der Isotopenfraktionierung. Es ist zu bemerken, daß der Altersunterschied äquivalent zu einem Prozent der Meßwerte ist. Aber wenn Deutsche und Iren gleiche Werte haben, warum dann nicht auch die Rus- sen (siehe auch Zaitseva/Popov [1994])?, 5. Tagebuch einer Enthüllung 187 ohne Nachfragen vollzogene Akzeptanz der Bristlecone-Pine-Chronologie zu verstehen. 5.11 C14-Ideologie und Chaos-Theorie Eine weitere Frage entwickelte sich aus der Analyse des erratischen Verhal- tens der C14-Konzentration: Wenn aus dem Aktivitätsverhalten der letzten 500 Jahre eine Tendenz kaum abzulesen war – die C14-Produktion konnte zeitweise ebensogut Null sein wie auch ein Mehrfaches dessen betragen, was für gewöhnlich als »gültiger« stationärer Wert angesehen wird –, wie konnte dann die Kalibrierkurve aus den Tiefen einer Vergangenheit vor 12.000 Jah- ren auf eine Weise in die Gegenwart münden, daß die summarische Diskre- panz zwischen Produktion und Zerfall des C14 in der Größenordnung von le- diglich 10% blieb? Oder umgekehrt: Wie konnte man es wagen, die augen- blicklichen Verhältnisse nur mit marginalen Änderungen quasi 12.000 Jahre in die Vergangenheit fortzuschreiben, wo doch die umgebenden Jahrhunderte – die mit den sichersten Absolutdaten – so breite Aktivitätsstreuungen auf- wiesen (siehe auch Bild 5.8 )? Die Organisation der Natur, soweit sie mathematisch beschrieben werden kann, ist von nicht-linearen Zusammenhängen geprägt: Kleine Ursachen kön- nen große Wirkungen haben. Im Rahmen moderner Systemtheorie wäre die Ausgangssituation eher dazu geeignet, nach entsprechenden Sprüngen in der Systemorganisation zu suchen, d.h. nach den Zeitpunkten, an denen sich die Randbedingungen für die Naturabläufe und damit auch für die Dynamik der C14-Konzentration der Atmosphäre neu einstellen. Unter solchen Vorgaben würden ganz andere Korrelationen gesucht und sicher auch andere Ergebnisse gefunden werden, als es die fast unbegrenzte zeitliche Fortschreibung eines nahezu unveränderlichen Zustandes erbringen kann. Die in den bekannten Kalibrierkurven implizit gegebene Extrapolation von wenigen Jahren Forschung auf zehntausend Jahre Menschheitsgeschichte erschien uns wirklich bedenklich. War dieses suggestive Design unbewußtes Vorbild bei der Konstruktion der ersten Kalibrierkurve gewesen, an der sich die anderen Kalibrierkurven ausgerichtet hatten? Wir konnten diese Frage sehr schnell bejahen, wie gleich zu sehen sein wird. 5.8 5.12 »Wiggle kann es gar nicht geben!« Im Laufe der systematischen Untersuchung des Themas »zufällige Schwan- kungen der C14-Aktivität« stellten wir der Vollständigkeit halber und keines-, 188 C14-Crash 5.9 Wie entstehen »wiggle«? (II) Das hier in einer unserer ersten Skizzen als »VERBOTEN« bezeichnete Teil- stück der Kalibrierkurve kann nur dadurch entstehen, daß die C14 Konzentrati- on in der Atmosphäre schneller abfällt, als es der radioaktive Zerfall bei Nullpro- duktion von C14 zuläßt. Nullproduktion bedeutet für die Kalibrierkurve einen waagerechten Verlauf (hier Kurvenabschnitt c). Als wir die Größenordnung der Diffusionsraten, die indirekt aus den Kalibrierkurven zu folgern war, berechnet hatten und auf ein Vielfaches der radioaktiven Zerfallsrate kamen, gab es anfäng- lich nur das Urteil: »Wiggle kann es gar nicht geben!« Später wurde uns klar, daß eine solche Diffusion etwa an der Systemgrenze Atmosphäre/Ozean stattfinden kann – allerdings mit Sicherheit nicht global gleichförmig., 5. Tagebuch einer Enthüllung 189 wegs aufgrund eines konkreten Verdachts die Frage, welcher Zusammenhang zwischen dem wellenförmigen Verlauf der Kalibrierkurven (dem radiochro- nologischen »Fingerabdruck«) und den als Ursache dafür allseits zitierten »kurzfristigen Schwankungen der C14-Produktion« grundsätzlich bestehen muß. Wie stark schwankte diese Produktion nun eigentlich, wo sie im Lang- zeittrend doch so gut wie konstant bleiben sollte? Daß die C14-Aktivität kurzfristig – typisch um 100 C14-Jahre innerhalb von 100 Jahren, aber teils noch wesentlich kurzfristiger – schwankte, das war ja nun ausgiebig vorgemessen worden. Aber was bedeutete das für die C14- Produktionsrate, d.h. wie mußte sich die Produktionsrate verändern, damit diese für die Synchronisierung so bedeutenden und für die Dendrochronolo- gie mittlerweile unverzichtbaren »wiggle« – wie die Musterschwankungen ge- nannt wurden – entstehen konnten? Diese Frage erwies sich nun als der entscheidende Augenöffner, denn ei- nes wurde uns klar: »Wiggle« entstanden nicht durch Schwanken der C14- Produktionsrate allein, und mochte diese noch so wild sein, dafür bedurfte es zusätzlich mindestens auch einer phasenverschobenen quantitativen Ausga- sung etc. von normalem Kohlenstoff C12 in die Atmosphäre. Über die ganze Bandbreite der möglichen Ursachen, die über die eben beschriebenen Zusam- menhänge hinausgehen, bekamen wir erst im Laufe der folgenden Zeit Klar- heit. Zusammenfassend konnte zu diesem Zeitpunkt festgestellt werden, daß die Produktionsraten von C14 und die Diffusionsraten von C12 gleicherma- ßen um einige 100% gegenüber dem – fiktiven – Normalwert schwanken müssen, um die Gestalt der Kalibrierkurve, wie sie heutzutage bekannt ist, hervorbringen zu können. Weil uns das Impfen mit C12 zur Senkung der C14-Konzentration anfäng- lich irreal erschien, schlossen wir zunächst rigoros auf die Nichtexistenz der »wiggle« (entsprechende Skizze Bild 5.9 ) und kamen so natürlich ganz auto- matisch zu einem vernichtenden Urteil über alle Baumringsequenzen, die über »wiggle-matching« datiert worden waren. Diese Einschätzung spiegelte sich auch noch in unserem C14-Artikel in ZEITENSPRÜNGE von 1996. Das Ausmaß der Exzeßproduktionen und -diffusionen mußte im Lichte der konventionellen C14-Theorie als absurd bezeichnet werden, denn unter solchen Umständen wäre die Annahme einer Quasistationarität völlig irreal. 5.9 Doch allem Anschein nach war dieser Zusammenhang niemals von irgendei- nem der Beteiligten – weder von C14-Wissenschaftlern noch von Dendro- chronologen – publizistisch bearbeitet worden. Alle Autoren zu diesem The- ma hatten in »wiggle« lediglich einen Abdruck der Schwankung der C14-Pro- duktionsrate gesehen und nicht erkannt, wie brisant das Beharren auf ihrer, 190 C14-Crash Realexistenz für die fundamentalen Annahmen der C14-Methode eigentlich ist, weil die Betrachtung einer Diffusion entsprechenden Ausmaßes notwen- dig geworden war, die auch beim besten Willen nicht mehr als global gleich- förmig auftretend vorauszusetzen gewesen wäre. Die noch am einfachsten zu erklärenden Teilstücke der fraglichen C14- Muster, die die gesamte bekannte Kalibrierkurve überdecken, sind die mit ei- nem steileren Anstieg als die Winkelhalbierende, die für stationäre Verhält- nisse steht. Steilere Teilstücke folgen theoretisch direkt aus einer Erhöhung der Produktion von C14. Das »Alter ego« innerhalb jedes »wiggle«, der Teil- bereich mit umgedrehtem Vorzeichen der Steigung, kann dagegen nur durch Impfung des Atmosphärensystems mit C12 entstehen, weil selbst eine auf Null gesetzte Produktion keine Umkehrung des Vorzeichens schafft. Das wä- re aber mit Temperaturschwankungen verbunden, die gewöhnlich nur im Zu- sammenhang mit Eiszeitepochen gesehen werden. Jedenfalls bedingte es den permanenten Austausch (kompensiert durch ei- ne erheblich höhere Produktion als bisher angenommen) zwischen C14-rei- chem atmosphärischem CO2 und C14-armem ozeanischem CO2. Alle paar hundert Jahre eine dicke Eiszeit? Das erschien uns absurd. Für diesen Stand der Diskussion blieb in unseren Augen nur eine realistische Lösungsmöglich- keit übrig, und die ging auf Kosten der Glaubwürdigkeit sowohl der C14- Wissenschaftler als auch der Dendrochronologen: 1) Die Streuung der Meßwerte – teils aus tatsächlichen Meßfehlern, teils aus der globalen Streuung der C14-Aktivität an sich gleichaltriger Proben – war so groß, daß ein retrograder Verlauf der durch die Meßwerte zu le- genden Kalibrierkurve innerhalb des breiten »Meßwertkorridors« möglich wurde. (Vortäuschung global gleichförmiger Schwankung, Negierung er- heblicher Meßwertschwankungen) 2) Die Baumringchronologien waren so erstellt worden, daß die C14-Werte in der Nähe der Winkelhalbierenden blieben, obwohl der tatsächliche Trend einen steileren Anstieg ausweisen muß, wie es die entsprechenden Teilstücke der »wiggle« anzeigten (Bild 5.5 ). Während Möglichkeit 1) durch eine systematische Zusammenfassung und Be- wertung aller Fehlerquellen untersucht wurde (siehe das Kapitel 8), führte Möglichkeit 2) unmittelbar zu der Aufgabe, in der Literatur nach möglichst langen Ringsequenzen (alt gewordener) Bäume zu suchen, die an sich einen steileren Trend aufweisen., 5. Tagebuch einer Enthüllung 191 5.13 Der »Skandal von Uppsala« Es ist kaum Zufall zu nennen, daß wir sofort ein Beispiel für einen solchen Baum fanden, einen fast tausendjährigen Kauri-Baum aus Neuseeland, dessen Befund H.S. Jansen ursprünglich 1962 und dann erneut 1969 veröffentlicht hatte (immerhin anläßlich des legendären Nobel-Symposiums in Uppsala), ohne daß auch nur ein Wissenschaftler die Sprengkraft seines Befundes ernst genommen hätte. Eine Kalibrierkurve auf der Basis dieser Ergebnisse würde beispielsweise das Alter einer konventionell auf 1200 BC C14-datierten Probe rund 1000 Jah- re jünger ansetzen. Befunde mit demselben Trend ergaben sich auch für einen japanischen Baum (Yaku Sugi). Später wurde uns klar, daß »en passant« ge- machte Bemerkungen über eine mehr oder weniger starke Neigung mancher Baumarten zur Ausbildung von Fehlringen mit C14-Daten zu tun hatten, die nur unter dieser Annahme einigermaßen mit der Stationaritätsannahme zu vereinbaren waren. Natürlich waren wir nicht zufrieden, lediglich zwei Beispiele gefunden zu haben. Uns erschien es symptomatisch, daß wir die entsprechenden Veröf- fentlichungen zwar teilweise von Anfang an archiviert, deren Aussage jedoch gar nicht richtig verstanden oder nicht einmal zur Kenntnis genommen hatten. Erst als wir unsere Fragen klar formuliert hatten, fielen uns die Antworten un- mittelbar ins Auge. Das erklärt uns auch zum Teil den »terra incognita«-Sta- tus der C14-Muster. Es gab ein Motiv, diese Muster nicht in Frage zu stellen und deshalb auch nicht nach quantitativen Verhältnissen zu fragen. 5.14 Die letzte Bastion Bis hierher war unser Verdacht, daß C14-Muster dem Cross-dating von Baumringchronologien zwar dienlich, doch letztlich ohne reale Grundlage sind, nur durch Untersuchungen über die mangelnde Vergleichbarkeit von Labordaten genährt worden. Diese verböten es nach Ansicht der entsprechen- den Kritiker, in »wiggle« etwas anderes als ein Rauschen in den Meßappara- turen zu sehen. Doch mit unseren Schlußfolgerungen über die Irrealität dieser Muster und dem sich daraus zwingend ableitenden Hinweis auf die – sagen wir: unbewußte – Manipulation der zugrundeliegenden Baumringchronologi- en bekam das »wiggle-matching« der europäischen Eichenchronologien mit der amerikanischen Bristlecone-Pine-Chronologie eine noch größere Brisanz. Tatsächlich konnte nun sehr schnell sowohl für die irische als auch für die kontinentale Eichenchronologie festgestellt werden, daß Lücken, die mit den, 192 C14-Crash gängigen dendrochronologischen Methoden nicht zu schließen waren, am En- de durch einen Vergleich der C14-Schwankungen mit denen in der amerikani- schen Bristlecone-Pine-Chronologie überbrückt worden sind. Nicht mehr überraschen konnte uns in diesem Zusammenhang, daß für die mittlerweile erstellten »Hochpräzisionskalibrierkurven« die Hölzer der ursprünglich so fundamental wichtigen Bristlecone Pines nicht mehr verwendet wurden. Die Dendrochronologie als Hauptpfeiler der C14-Methode hatte damit die Seile zu ihrer »methodischen Jugendsünde« gekappt. An diesem Punkt angelangt, gab es unserer Auffassung nach nur noch eine Bastion, die den Zusammen- bruch des ganzen Gebäudes verhinderte: die kalifornische Bristlecone-Pine- Chronologie. Solange diese als nach der reinen dendrochronologischen Lehre errichtet anzusehen war, mußte die daraus abgeleitete Kalibrierkurve – im Rahmen des systematischen Fehlers natürlich – als gültig erachtet werden, wie fragwürdig auch immer die Methodik des »wiggle-matching« sein moch- te. Wenn eine europäische Kalibrierkurve anders als eine kalifornische ausse- hen muß, dann ist jede dendrochronologische Konstruktion, die diese fälschlicherweise nachzuahmen versucht, korrupt zu nennen. Wir machten die Erfahrung, daß die Bristlecone-Pine-Chronologie als »Heilige Kuh« behandelt wurde, was im Hinblick auf das Überleben der C14- Methode nun nicht weiter überraschend war. Tatsächlich gab es keine einzige »konventionelle« Veröffentlichung, die die Stationen des Vorgehens bei ihrer Erstellung abfragte und die die faktisch nur in Rudimenten veröffentlichten Daten zur Signifikanz der Synchronismen bewertet hätte. Selbst ein Kritiker der Dendrochronologie wie B. Newgrosh mag keine Hand an die amerikani- schen Baumringchronologien anlegen, vielmehr seien diese »ohne Zweifel si- cher« [1991/92, 64]. Die methodische Sicherheit käme hier auch aus der Ver- wendung von Spezies, deren Vertreter Tausende von Jahren alt werden. Es sei erwähnt, daß ihr geistiger Vater Ferguson selber eine Bestätigung seiner Chronologie durch eine weitere Bristlecone-Pine-Chronologie von 1973 be- stritt, die in der wissenschaftlichen Welt aber als »das« (und letztlich auch als einziges) Signum ihrer Zuverlässigkeit gehandelt wurde. Wer die Hindernisse und die Stagnation bei der Erstellung der europäi- schen Eichenchronologien nachvollzogen hat, kann sich über die Rasanz bei der Erstellung der Bristlecone-Pine-Baumringchronologie nur wundern. An- gesichts der trotz aller Recherchen nebulös bleibenden Faktenlage beschlos- sen wir, es mit einer Arbeitshypothese zu versuchen, mit der wir die wissen- schaftliche Öffentlichkeit konfrontieren wollten: der These nämlich, daß das Verfahren der Synchronisierung durch Mustervergleich – das »wiggle-mat- ching« – für die Erstellung der Bristlecone-Pine-Chronologie erfunden wor-, 5. Tagebuch einer Enthüllung 193 den ist und ihr damit überhaupt erst zur Entstehung verholfen wurde und daß 5.10 Das »wiggle-matchen« wurde deshalb die Synchronisierung der schwimmenden schweizerischen neolithi- eigens für die Er-stellung der Brist- schen Baumringsequenzen – die für gewöhnlich als Geburtsstunde des »wigg- lecone-Pine-Chro-nologie erfunden. le-matching« gilt – nur ein Nachspiel dieser Übung darstellte. 5.11 Wer mit den Würde uns auf der Basis neuer und uns bis dahin unbekannter bzw. unzu- jahrzehntelang na-hezu unverändert anhaltenden Pro- gänglicher Information widersprochen, dann hätten wir das zur Kenntnis zu blemen der euro- päischen Dendro- nehmen und gegebenenfalls Konsequenzen für unsere Argumentation zu zie- chronologen ver- traut ist, kann sich hen. Sollten dagegen die Dendrochronologen abwinken und versichern, daß über die Rasanz nur wundern, mit diese Auseinandersetzung unnötig sei, da die Vorgehensweise von Ferguson der die Bristleco- ne-Pine-Chronolo- schon immer als suspekt gegolten habe, dann hätten wir ein weiteres Mal ge- gie – bei zudemnoch wesentlich lernt, warum Heilige Kühe gepflegt werden und warum man so gerne auf sie schlechterer Fund-lage – fertiggestellt hereinfällt. Mittlerweile liegen uns aber so viele Indizien wider die Stichhal- wurde. tigkeit der Bristlecone-Pine-Chronologie vor, daß wir an dieser Stelle keinen gewichtigen Einwand mehr erwarten (vergleiche die Liste der Argumente in Kapitel 2.3). Wenn unsere These richtig ist, dann ist die heute akzeptierte Konstruktion der europäischen Eichenchronologie hinfällig. Bis heute kennen wir keinen Wissenschaftler, der sich für die Bristlecone-Pine-Chronologie in die Bresche werfen mag und uns Argumente nennen kann, wieso sie tatsächlich ohne schwerwiegende Fehler sein soll. So wird auch verständlich, wieso diese Chronologie, die auf einer Spezies beruht, die dendrochronologisch betrachtet viel schlechter zu handhaben ist als zum Beispiel die mitteleuropäische Eiche, so schnell fertig werden konnte. Da zu dieser Zeit die Unveränderlichkeit der Randbedingungen für die Evolution der Erde wie ein Dogma behandelt wurde, leitete sich damit ein stationäres Verhältnis von Produktion und Zerfall von C14 und damit die Ur- form der Kalibrierkurve als Winkelhalbierende ohne weiteres ab. Daß die Ka- librierkurve für die ferne Vergangenheit wie ein umgekehrter schiefer Turm von Pisa in die Horizontale abbiegen will, ist möglicherweise dem Konstruk- tionskalkül geschuldet und spiegelte damit keine tatsächliche Tendenz der C14-Aktivität in der Vergangenheit wieder. Es stützte unsere These über die methodische Fragwürdigkeit der Bristle- cone-Pine-Chronologie ganz erheblich, daß etwa P. Dunwiddie, ein Kollege Ferguson's am Tree-Ring Labor in Tucson, 1979 einen Artikel über die Mög- lichkeiten und die Schwierigkeiten bei der Erstellung neuseeländischer Baum- ringchronologien veröffentlichte, ohne die noch zu Fergusons Zeiten übli- chen »C14-Riten« zu vollziehen. Weder kommt die Bristlecone-Pine-Chrono- logie zum »wiggle-matchen« noch sonst irgendein C14-Datum bei der Erstel- lung bzw. Überprüfung der von Dunwiddie erstellten Tentativchronologien, 194 C14-Crash zur Anwendung. Das schien angesichts der Diskrepanzen zwischen neusee- ländischer und kalifornischer Kalibrierung auch nicht weiter verwunderlich. Während der Bristlecone-Pine-Chronologie öffentlich und weltweit so lange noch die Stange gehalten wurde, bis die europäischen Eichenchronologien im Hafen waren, schienen sich die Insider bereits von ihr abgewendet zu haben. 5.15 Die »Ozeanischen Transportbänder« Kurz vor der Chronologie-Jahrestagung in Hamburg (Mai 1996) erhielten wir eine Werbebroschüre für SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT mit dem Abdruck eines Artikels über die »ozeanischen Transportbänder«, wie die globalen Strö- mungsmuster in den Weltmeeren genannt werden. Da auch in der Oktober- Ausgabe der Zeitschrift WECHSELWIRKUNG ein Artikel zu demselben Thema veröffentlicht wurde, gingen wir davon aus, daß dem Vorgang gerade aus me- teorologischer Sicht eine aktuelle Bedeutung zugemessen wird. Tatsächlich entpuppte sich dieses Thema im Zusammenhang mit C14-Datierungen für das Spätglazial als wissenschaftlicher »Renner«. Wichtig für unser Thema ist der C14-Gradient, der zwischen der Atmo- sphäre und dem Oberflächen- bzw. Tiefenwasser herrscht. Je länger der letzte Austausch mit der Atmosphäre her ist, desto ärmer ist die betreffende Schicht an C14. Kommt eine solche an C14 verarmte Schicht an die Oberfläche, dann sorgt der bidirektionale Austausch von Kohlendioxid zwischen Ozeanoberflä- che und Atmosphäre, daß die Atmosphäre im Endeffekt an C14 verarmt, wäh- rend der Ozean sich an der Oberfläche entsprechend mit C14 anreichert. Die- ser Vorgang erschien uns als der bis dahin einzig aussichtsreiche Vorgang, wie die Atmosphäre ihren C14-Gehalt so stark absenken kann, daß dieser so- gar unter den zuvor gestorbener Organismen fällt, um auf diese Weise dem C14-Wissenschaftler den retrograden Verlauf der Kalibrierkurve zu besche- ren. Die Tatsache, daß Anreicherung und Verarmung zeitlich lokal um ein Mehrfaches stärker als der radioaktive Zerfall ausfallen, ist uns der stärkste Hinweis, daß der übergeordnete zeitliche Trend der atmosphärischen C14- Konzentration auf keinen Fall in einer Extrapolation des gegenwärtigen Zu- standes gesucht werden darf. So türmen sich natürlich die Probleme für die Dendrochronologie, die entweder anfänglich ihr Material an diesem angebli- chen Verhalten ausgerichtet hat und später dann mit der nicht minder kriti- schen Annahme, daß an allen Orten der Erde dieselben C14-Schwankungen stattfinden sollten, die betreffenden Muster einfach synchronisiert hat. Falls es sich erhärtet, daß die ozeanischen Transportbänder massiv den C14-Haus-, 5. Tagebuch einer Enthüllung 195 halt der Atmosphäre beeinflussen, dann können völlig neue Fragen hinsicht- 5.12 Während sichdie Naturwissen- lich der Datierung von Klimaumschwüngen und den damit verbundenen kul- schaftler zuneh-mend auf dynami- turellen Umbrüchen gestellt werden. sche Modelle deskomplexen und So betonen T.F. Stocker und D.G. Wright die sensible Abhängigkeit der veränderlichen Sy-stems von Ozea- C14-Uhr von einer Änderung des Isotopeninhalts der Ozeane, indem sie fest- nen und Atmo-sphäre konzentrie- ren, verlangen stellen, daß es einer Änderung im C14-Inventar der Ozeane von lediglich we- C14-Wissenschaft- ler nach wie vor nigen Promille bedarf, um die Geschwindigkeit der C14-Uhr um 100% zu än- Randbedingungen mit einem Ausmaß dern (siehe dazu Kapitel 2.6, 9.6 und Bild 9.11 ). Angesichts solcher Relatio- an Stabilität, das meßtechnisch gar nen muß C14-Wissenschaftlern und Dendrochronologen, die eine Kalibrie- nicht nachweisbarist. rung verwalten, welche eine Konstanz der Kohlenstoffisotopenverhältnissen im ppm-Bereich (ppm = parts per million) voraussetzt, eigentlich Angst und Bange werden. 5.16 Korrespondenz Wie abgehoben das Verständnis maßgeblicher Dendrochronologen hinsicht- lich der Tragfähigkeit der C14-Methode ist, wurde uns auch durch einen Brief deutlich, der uns aus Irland erreichte. Dem Autor, Dendrochronologe von Be- ruf und Passion, war seit längerem aufgrund eines übersandten Artikels der Zusammenhang zwischen unserer Kritik der C14-Methode und der sogenann- ten »Mittelalterthese« bekannt. Anläßlich eines Besuches in Deutschland hat- te er erfahren, daß an dieser Front immer noch keine Ruhe eingekehrt war, sondern daß im Gegenteil ein Buch zu dem Thema »C14-Kritik« erscheinen soll und daß ein starkes publizistisches Interesse an der Mittelalterthese herrscht. Es wurde in dem erwähnten Brief folgender Einwand gegen die These von dem künstlich verlängerten Mittelalter formuliert, der hier insoweit von Inter- esse ist, als ein Mißverständnis über die Beziehung der unterschiedlichen Chronologien – Historische Chronologie, Radiochronologie, Dendrochrono- logie – deutlich wird: Unter Zugrundelegung besagter Mittelalterthese würden diejenigen Ringsequenzen fehlen, die auf die fragliche historische Zeit (900- 600 AD) datiert werden müssen bzw. datiert wurden. Somit entstünde eine Lücke in der Abfolge der radiometrischen Daten, bzw. ein Sprung in der Ka- librierkurve (vergleiche dazu Bild 5.10 ), was dem radiometrischen und den- drochronologischen Befund nicht entspreche – weswegen die These eben auch unsinnig sei. Tatsächlich unsinnig wäre es, gemessene C14-Alter (im Rahmen der aus- gewiesenen Genauigkeit) zu leugnen: Es ist absolut realistisch, für jedes theo- retisch mögliche C14-Alter auch einen Baumring zu finden, der dieses C14-, 196 C14-Crash 5.10 Lücken und Scheinlücken Das Diagramm wurde uns von einem irischen Dendrochronologen mit der Frage vorgelegt: »Woher sollen die Hölzer mit den Jahrringen entsprechend 600-900 AD kommen, wenn C14-Daten zwischen 1100-1400 BP gar nicht existieren?« Es liegt ein Mißverständnis vor, wenn unterstellt wird, daß eine Kürzung der historischen Chronologie auch eine Baumringchronologie entsprechend verkür- zen müßte. Eine Änderung der historischen Chronologie wirft nur die Frage auf, ob dadurch Widersprüche zu anderen, unabhängig davon laufenden Chronologi- en entstehen. Die Dendrochronologie, die sich vor und nach dem fraglichen Zeitraum an der historischen Chronologie orientiert hat, muß sich natürlich die Frage nach einer Verdopplung gefallen lassen. Unter strenger Gültigkeit des Si- multanitätsprinzips wäre durch diese Verdopplung ein gewaltiger »C14-wiggle« in der entsprechenden Kalibrierkurve entstanden, der nunmehr »geheilt« wer- den könnte. Da aber auch die C14-Daten gleichaltriger Hölzer streuen, muß ei- ne dendrochronologische Verdopplung nicht notwendig einen solchen radiome- trischen Niederschlag gefunden haben. Das Herausschneiden von 300 Jahren aus der Baumringchronologie ist Unsinn und signalisiert lediglich die völlige Abhän- gigkeit der Dendrochronologie von der historischen Chronologie., 5. Tagebuch einer Enthüllung 197 Alter durch die in ihm meßbare Restaktivität repräsentiert. Auf diesem Wege wird man auf Dauer immer eine Art lückenloser C14-Chronologie (was auch immer sie bedeuten möge) erstellen können, indem Baumringsequenzen nach dem von ihnen repräsentierten C14-Aktivitätsintervall geordnet werden (und zwar ohne sonstigen, insbesondere ohne dendrochronologischen Bezug). Ihre Abfolge zueinander wird dagegen in einer Baumringchronologie, die aus- schließlich nach dendrochronologischen Gesichtspunkten erstellt wurde, mit der radiometrisch begründeten Abfolge nicht unbedingt übereinstimmen. Und die dendrochronologisch als signifikant erkannte Abfolge muß mit der richti- gen historischen Chronologie auch nicht übereinstimmen. Jede Chronologie muß grundsätzlich als eine Welt für sich betrachtet werden. Da diese Chronologien (hypothetisch) nach je eigenen Maßstäben erstellt wurden, berührt es einen Radiochronologen prinzipiell überhaupt nicht, wenn der Dendrochronologe eine Umstellung – gleich welcher Art – in seiner zuvor gefundenen Abfolge der Baumringsequenzen vornimmt. Genauso tangiert es den Dendrochronologen nur peripher (hier sitzt der Spruch einmal richtig), wenn der Historiker 300 Jahre aus seinem Kalender nimmt. Haben sich die drei Chronologen allerdings irgendwann einmal auf ein interdisziplinäres Synchronismus-Konzept geeinigt, dann kann keiner mehr etwas ändern, ohne den anderen direkt zu treffen. Wenn mit einer Korrektur der zuvor gemein- sam gefundene chronologische Konsens in Frage gestellt wird, dann ist zu- gleich die methodische Zuverlässigkeit aller anderen Wissenschaften berührt und eine Kritik erlaubt und auch wünschenswert. Wenn hingegen de facto ein Supremat der sich zur Korrektur entscheidenden Disziplin vorliegt, dann müssen die anderen Disziplinen wohl oder übel folgen. Faktisch hat die Historische Chronologie für die nachchristliche Ära das Supremat gegenüber Dendrochronologie und C14 ausgeübt. Dendrochronolo- gische Synchronismen blieben – in jedem Baumringlabor der Welt – ohne Chance, wenn sie mit »historischen Datierungen« im Konflikt standen. Für die grobe chronologische Plazierung historisch undatierbarer Sequenzen hat dagegen C14 ein Supremat gegenüber der Dendrochronologie ausgeübt, dem diese sich in Ermangelung anderer Unterstützung gerne unterwarf. Und für die Erstellung von absoluten C14-Chronologien führt die Dendrochronologie ein sowieso unumstrittenes Supremat gegenüber C14. 5.10 So gesehen muß die Dendrochronologie für den Fall, daß die historische Chronologie geändert wird, mit offenen Karten spielen und die Korrektur mit- machen, denn sie hat bereits zuvor mitgemacht und bestimmte Eckdaten über- nommen, ohne immanente Kriterien ausreizen zu wollen oder zu können. Nicht die Geschichte wurde auf dem Rücken der Dendrochronologie errich-, 198 C14-Crash tet, sondern umgekehrt und zwar – soweit die Geschichtsschreibung reichte und soweit es praktisch möglich war – aufs Jahr genau angepaßt. Wer die hi- storische Chronologie mit der Dendrochronologie verteidigen will, verkennt völlig die tatsächlichen Abhängigkeiten. Die absolute C14-Chronologie ist selber sowieso komplett von der Dendrochronologie abhängig und wäre zum schweigenden Mitmachen verurteilt. Hat die Dendrochronologie nicht ohne- hin der C14-Chronologie unzählige chronologische Verdoppelungen in Ge- stalt von »wiggle« beschert? Wenn die Irische Eichenchronologie ohne externe Gewichtung durch hi- storische oder radiometrische Hilfsdatierungen entstanden wäre (was nicht der Fall ist) und ein hölzernes Artefakt derart an ihr synchronisiert werden kann, daß ein entsprechendes Datum aus der historisch gewonnenen Chrono- logie repliziert wird, dann wäre das eine wechselseitige Stütze, die das Ver- trauen in beide Chronologien untermauern könnte! Je mehr derartige »Repli- kationen« vorliegen, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit, irgendwann noch auf einen echten Asynchronismus zu stoßen. Wenn aber Gewichtungen vorhanden waren (wie geschehen) oder von mehreren hölzernen Artefakten, die aus demselben archäologischen Zusam- menhang stammen, etliche nicht synchronisiert werden können (was immer wieder der Fall ist), dann ist der Wert eines gefundenen Synchronismus ent- sprechend geringer und die Wahrscheinlichkeit, auf einen Asynchronismus zu stoßen, entsprechend hoch. Wer solche Asynchronismen für degoutant bzw. unmöglich hält, hat den Einfluß des Supremats der Historischen Chronologie für die letzten Jahrtausende auf alle anderen Chronologien nicht verstanden. Unser Korrespondent versuchte, durch horizontale Verschiebung der vor 600 AD plazierten Ringe der Großen Baumringsequenz um besagte 300 Jahre eine vermeintliche Lücke zu heilen bzw. die Unsinnigkeit von der Annahme einer »Lücke« zu zeigen. Wenn jedoch zuvor dort keine Synchronismen vor- handen waren – und die hätten den dendrochronologischen Regeln zufolge geprüft werden müssen –, dann werden sie auch jetzt nicht zu finden sein. War also vorher alles in Ordnung gewesen, dann kann diese Baumringchro- nologie unverändert jede Revolution in der historischen Chronologie überste- hen. Wenn dagegen auch vor der Lücke Synchronismen zur Historie hergestellt worden waren, indem markante Daten – im Vertrauen auf die Stimmigkeit der historischen Chronologie gewissermaßen »evidenzmethodisch« – in die For- mierung der Baumringchronologie geflossen sind, dann stürzen gegebenen- falls beide bzw. müssen beide Chronologien an einer bestimmten Stelle neu zusammengefügt werden. Wenn dadurch nun die C14-Chronologie einen, 5. Tagebuch einer Enthüllung 199 Bruch bekommen würde, dann stellen wir die Frage, ob nicht unter den bis dato unverwendeten Baumproben solche sind, die sich nunmehr sowohl ra- diometrisch als auch dendrochronologisch signifikant einpassen würden? 5.17 Der momentane Stand (1997) Ursprünglich waren wir unzufrieden, für die Ungültigkeit der Bristlecone-Pi- ne-Chronologie, aus der sich alle anderen Chronologien abgeleitet haben, le- diglich einen Indizienbeweis führen zu können, indem wir den Widerspruch zwischen der erstaunlichen Schnelligkeit ihrer Komplettierung einerseits und den mangelhaften methodischen Voraussetzungen andererseits herausstellten. Aber angesichts der Summe der Merkwürdigkeiten, die wir auch im Kapitel 2.3 zusammengefaßt haben, änderte sich unsere Einschätzung nachhaltig. Mit dem Kapitel 2 wollten wir zeigen, daß allein die Ausleuchtung der Chronologie der Ereignisse um die Entwicklung der Kalibrierung für C14 zeigt, daß es vor allem Vorurteile und weniger die Fakten waren, die die Ent- wicklung der Methode bestimmt haben. Das Pikante daran war natürlich, eine Hilfswissenschaft der Chronologie mit chronologischen Betrachtungen ad ab- surdum führen zu können. Diese chronologischen Betrachtungen zeigen, daß mit der Bristlecone-Pine-»Chronologie« bereits mehrere Jahre vor Veröffent- lichung ihrer dendrochronologischen Daten kalibriert wurde und demnach die dendrochronologische »Synchronisierung« nur in einer Nacharbeit bzw. Nachbesserung bestanden haben konnte. Die C14-Methode hat sich die ihr genehme Kalibrierung letztlich selber erstellt. Jede andere Form der Kalibrierung als die eines Spiegels stationärer Verhältnisse hätte verschärfte Fragen nach den Ursachen für das Ungleichge- wicht aufgeworfen und über kurz oder lang das Simultanitätsprinzip abge- schafft. Damit wäre das »Projekt Kalibrierung« gestorben gewesen, denn für mehr als eine global gültige Kalibrierung hätten die Anstrengungen kaum ge- reicht. Und ohne das Simultanitätsprinzip hätte diese weder entstehen (wegen der Möglichkeit, mit C14 tentative Synchronisierungen zwischen dendrochro- nologisch nicht ausreichend signifikanten Hölzern herzustellen) noch ange- wendet werden können. Wir erwarten bei der Untersuchung der Warvenchronologien und der ark- tischen Eiskernbohrungen ähnliche Probleme wie bei dieser Erstchronologie. Wenn sie ohne Rückgriff auf die Kalibrierkurve der Bristlecone-Pine-Chro- nologie zu denselben (oder ausreichend ähnlichen) Ergebnissen hinsichtlich der C14-Aktivität in der Vergangenheit kommen, dann ist das schlecht für un- sere Argumentation. Wenn hier jedoch ohne kritische Fragen (und möglicher-, 200 C14-Crash weise auf den ersten Blick gar nicht erkennbar) die vorhandenen Kalibrier- kurven benutzt werden, um die mit Sicherheit ebenfalls schwimmenden Teilchronologien zu verknüpfen, dann haben Querverweise und -abstützun- gen etwa zwischen Dendro- und Warvenchronologie keinerlei Wert. Mit In- teresse haben wir gelesen, daß z.B. eine Diskrepanz von mehr als 1.000 Jah- ren zwischen der dendrochronologischen und einer warvenchronologischen C14-Kalibrierung für die Zeit vor 2.400 Jahren festgestellt wurde (siehe dazu Kapitel 2.7). Wir sind äußerst neugierig, was für Zeit am Ende für eine me- thodisch einwandfrei rekonstruierte Chronologie des Postglazial – wenn das für die Einzelmethoden überhaupt möglich ist – übrig bleiben wird. Unsere fast zweijährige intensive Beschäftigung mit der C14-Methode und der Dendrochronologie erscheint uns im Nachhinein auch als ein Akt per- manenter Desillusionierung, was wissenschaftliche Selbstverständlichkeiten angeht. Wir fassen an dieser Stelle die wichtigsten Erkenntnisse zusammen, die uns jedesmal mit der Frage konfrontierten, welche Gewißheiten die Wis- senschaftler dennoch bei ihren »Wahrheiten« bleiben ließen: ! Undatierbarkeit der jüngeren Vergangenheit mit C14. ! Libby’s leichtfertige »Beweise« für Simultanitäts- und Fundamentalprin- zip. ! Teilweise horrende Datierungsabweichungen auch bei Proben aus exquisit erschlossenen archäologischen Fundstellen. ! Fahrlässige Auslegung der Spielregeln für den statistischen Umgang mit streuenden Meßwerten. ! Verdrängung der markant abweichenden Kalibrierung mit dem neuseelän- dischen Kauri-Baum. ! Quantitatives Ausmaß der Diffusion, um die »wiggle« zu erklären. ! Negierung der Bedeutung der Ozeane als nachhaltige Störgröße für die at- mosphärische C14-Konzentration; C14-Uhr reagiert hochsensibel auf kleinste Änderungen in der Isotopenzusammensetzung in den Ozeanen. ! Verwendung der Bristlecone-Pine-Chronologie als Kalibriermaßstab, be- vor die dendrochronologischen Ergebnisse der Synchronisierung fertigge- stellt worden waren. ! Kompletter »wiggle-match« der wesentlichen Europäischen Eichenchro- nologien gegen die Bristlecone-Pine-Chronologie. ! Ausmaß an »Fehlringen« einer Baumart wird auch aus dem C14-Gradien- ten abgeleitet. ! Laborfehler sind teilweise so hoch, daß auch ein mit der C14-Methode sympathisierender Archäologe »Auszeit« verlangen muß., 5. Tagebuch einer Enthüllung 201 ! Summe aller Korrekturfehler ist erschreckend hoch; noch erschreckender ist, daß diese für gewöhnlich nicht konsequent berücksichtigt werden. ! Die wenigsten C14-Daten werden so veröffentlicht, daß sie systematisch zu chronologischen Betrachtungen herangezogen werden können. Die C14-Chronologie der Weltgeschichte blieb ungeschrieben. Die Welt der Wissenschaft ist extrem arbeitsteilig. Man verläßt sich auf Er- gebnisse zahlreicher anderer Bereiche, ohne diese überprüfen zu können oder überprüfen zu wollen. Damit helfen vor allem die gutwillig geglaubten »Ge- wißheiten« der jeweils anderen, Fragwürdigkeiten innerhalb des eigenen Ar- beitsbereiches auszusitzen, statt ihnen konsequent nachzugehen. Im Fall »C14 und Dendrochronologie« wurden wechselseitig die wesentlichen Gewißheiten im Zirkelschlußverfahren geboten. Im Ergebnis müssen beide Methoden gleichzeitig Konkurs anmelden. 5.18 Nachtrag zur Neuauflage (2000) Unsere Vermutung, daß die Erstellung postglazialer Warvenchronologien ebenfalls mit grundlegenden methodischen Probleme verbunden gewesen sein könnte, hat sich bestätigt. Die berühmte spätglaziale Warvenchronologie G. De Geers aus dem frühen 20. Jahrhundert erfuhr im Laufe der Zeit zuneh- mend Kritik. Weitgehend unbekannt geblieben ist dagegen, daß derjenige Teil aus ihr, der die nachfolgende »Warmzeit« abdecken sollte, von Anfang an »schwimmend« war. Durchaus skandalös erschien uns auch, daß die empi- rischen Daten des warmzeitlichen Abschnitts über Jahrzehnte gar nicht zur Verfügung standen und erst 1985, also nachdem die europäischen Eichen- chronologien feststanden, erneut ausgewertet, überarbeitet und publiziert wor- den sind. Für alle sonstigen holozänen Schichtfolgen kann festgestellt werden, daß ihre jahrweise, geschweige denn jahrgenaue Entstehung in kei- nem Fall in befriedigendem Maße nachgewiesen werden konnte. Ohne die seit langem eingeschliffene »Gewißheit«, es mit einem Holozän von rund zehntausend Jahren Länge zu tun zu haben, würden viele, wenn nicht gar alle Ansätze zur Chronologiefindung bereits im Ansatz steckenbleiben (zusam- menfassend Blöss/Niemitz [1998a-c]). Wie aussichtslos ein Versuch zur Synchronisierung von Holzringdicken- mustern bleiben muss, wenn Vordatierungen nicht zur Verfügung stehen, ha- ben jüngst irische Dendrochronologen erneut demonstriert. Für einen bronze- zeitlichen Pfahlkreis, der im Jahr 1998 bei Holme-next-the-Sea (Norfolk) ent- deckt worden war, musste die Entscheidung, welche der drei möglichen Syn-, 202 C14-Crash chronlagen in Beziehung zur Masterchronologie die richtige sei, mit Hilfe von C14-Datierungen gefällt werden [Groves et al. 1999, 479]. Da umgekehrt die- selbe Zwangslage natürlich auch für die wechselseitige Synchronisierung aller Bestandteile der etablierten europäischen Eichenchronologien gilt, wird ein weiteres Mal ihre zirkelschlußartige Erstellung deutlich: ! Ausreichende Sicherheit bei der Auswahl der richtigen dendrochronologi- schen Synchronlage gibt es nur über C14-Vordatierungen. ! Brauchbare C14-Vordatierungen gibt es nur auf der Basis eines Modells für den zeitlichen Verlauf des Verhältnisses von C14 zu C12 in der irdi- schen Atmosphäre. ! Ein ausreichend ergiebiges Modell für den zeitlichen Verlauf des Verhält- nisses von C14 zu C12 in der irdischen Atmosphäre gibt es nur über die Annahme seines quasi-konstanten Verlaufs. ! Im Ergebnis werden C14-Daten an einem Maßstab kalibriert, dessen Kon- struktion auf C14-Daten beruht, für die unhaltbare Annahmen über ihre chronologische Bedeutung getroffen worden sind. In Anbetracht der enormen Abhängigkeit, den der zeitliche Verlauf des Ver- hältnisses von C14 zu C12 in der irdischen Atmosphäre von der Dynamik in den großen Kohlenstoffreservoiren der Erde, insbesondere den Ozeanen, auf- weist, muß das ursprüngliche Konstanzmodell und mit ihm zugleich die Qua- lität aller Baumringchronologien, die auf entsprechenden C14-Vordatierun- gen beruhen, als falsch bezeichnet werden. So gibt es Indizien, daß die C14- Uhr zu schnell läuft und demnach 10.000 C14-Jahre für erheblich weniger Kalenderjahre gut sind. G. Heinsohns und H. Illigs Forschungen zur Chronologie der Früh- und Vorgeschichte hatten auch ein kritisches Licht auf die Substanz des sogenann- ten Mesolithikums geworfen. Damit wird der Zeitraum zwischen dem Ende der jüngsten Eiszeit und dem Neolithikum bezeichnet. Das Neolithikum liegt stratigraphisch unter den Funden der Bronzezeit und besitzt damit eine unmit- telbare chronologische Anbindung an die geschichtliche Zeit. Die Fundarmut des Mesolithikums – das nach herkömmlicher Chronologie immerhin für die Hälfte der Warmzeit gut sein müsste – wäre nicht mehr verwunderlich, wenn das Datum für das Ende der Eiszeit entsprechend näher an das Neolithikum heranrücken würde. Die Dauer des gesamten Holozäns verkürzte sich dann um mindestens 4.000 Jahre. Die Geologie hat seit je grundlegende methodische Probleme, quartäre und tertiäre Funde im Sinne eines 60 Millionen Jahre währenden Zeitalters der Säugetiere zu interpretieren. Die Annahme eines derartigen Zeitraumes, 5. Tagebuch einer Enthüllung 203 erwuchs aus der Vorstellung, den Gang der Entwicklung der neuzeitlichen Flora und Fauna nur im Rahmen eines derartig langen Zeitraumes erklären zu können. Der Neokatastrophismus der modernen Geologie und die dynami- schen Evolutionsmodelle der modernen Biologie haben dieser Annahme schon längst den Boden entzogen, ohne aber das ursprüngliche chronologi- sche Modell ebenfalls in Frage zu stellen. In einem Folgeband hat deshalb ei- ner von uns [Blöss 2000] die hier begonnene Kritik quartärer Datierungsmetho- den auf das Tertiär erweitert. Auch für das »Zeitalter neuen Lebens«, welches die Perioden Tertiär und Quartär umfasst, kann festgestellt werden, daß sein Chronologiegerüst mit veralteten und teils völlig überholten Annahmen kon- struiert wurde. Damit ist sein Zusammenbruch zu erwarten. Da alle Szenarien der Entstehung des Menschengeschlechtes in der Vorstellung Millionen von Jahren währender Entwicklung steinzeitlicher Kulturen wurzeln, stünde auch eine grundlegende Revision unserer Vorstellungen über die Vergangenheit und Entwicklung unserer Gattung ins Haus., 204 C14-Crash 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 6.1 Die C14-Methode – Findelkind der Medizintechnik Ohne die bis dahin beispiellose Konzentration von Mensch, Technik und Geld im »Manhattan Project« zur Entwicklung der Atombombe (Dezember 1941 bis zum Ende des 2. Weltkrieges) hätte es 1949 mit Sicherheit keine »Age Determinations by Radiocarbon Content« (Altersbestimmung anhand des Gehaltes an Radiokarbon) gegeben. Wesentlich war, daß es in den U.S.A. nach dem Ende des Krieges im August 1945 einen landesweit auf Hochtouren arbeitenden hochtechnisierten Laborbetrieb gab und daß nunmehr eine große Zahl forschender Naturwissenschaftler neue, vorzugsweise zivil ausgerichtete Forschungsgebiete suchten. Es mußten natürlich zusätzliche Umstände eintreten, um jene wissen- schaftliche Entdeckung zu ermöglichen, die die Chronologie der Mensch- heitsgeschichte so nachhaltig beeinflussen sollte. Eine der Mütter an der Wie- ge der Radiokarbon- oder C14-Methode war zweifellos die Medizin bzw. die Medizintechnik. Nicht zum erstenmal war diese Humanwissenschaft zur ent- scheidenden Förderin der Naturwissenschaft geworden. Auch die Technik der Röntgenstrahlung diente ursprünglich medizinischen Zwecken, entwickelte sich dann aber zu einem der wichtigsten Untersuchungsinstrumente der Atom- und Kernphysik, ja ließ diese im Grunde überhaupt erst entstehen. In der Frühphase der Kernphysik war die Medizin weltweit einer der größten Sponsoren für die Teilchenphysik. So wurden etliche der vielen Fäden unserer Geschichte in den dreißiger Jahren am neugegründeten Strahlungslabor in Berkeley unter der Federfüh- rung von E.O. Lawrence geknüpft. In dieser Zeit konzentrierte sich die Arbeit des Labors fast ausschließlich auf die Erzeugung von Isotopen für die medizi- nische und biologische Forschung. Lawrence war der Ansicht, daß auf diese Weise der Betrieb und vor allem die Weiterentwicklung des neuartigen Zy- klotrons finanziell am ehesten sichergestellt werden konnte. Mit diesem Zy- klotron stand eine Teilchen- bzw. Energiequelle zur Verfügung, die weitaus effektiver zur Umwandlung natürlich vorkommender Atome eingesetzt wer- den konnte, als herkömmlicherweise unter Verwendung mehr oder weniger stark konzentrierter Quellen mit natürlicher Radioaktivität. In Berkeley wurde das C14-Isotop 1939 – also erst 10 Jahre vor der Eta- blierung der C14-Methode – endgültig nachgewiesen und damit für die medi- zinische Technik erschlossen. Es kommt tatsächlich so selten in der Natur vor und müßte so aufwendig angereichert werden, daß die Medizin auf seine, 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 205 künstliche Produktion angewiesen ist. Die ökonomisch ausgerichtete Isoto- 6.1 Die C14-Me-thode ist ein Er- pentechnologie hat sich also niemals bemüht, das in der Natur vorkommende gebnis der Konver-sion des U.S.- C14 als radioaktiven Markierungsstoff bzw. »Tracer«13 zu gewinnen, da die- amerikanischenWissenschafts- ses in viel zu geringer Konzentration vorliegt, und hat auch niemals Meßtech- und Laborbetrie-bes, der während niken entwickeln müssen, um es in dieser Konzentration quantitativ nachzu- des 2. Weltkriegeszu Hochleistung aufgelaufen war weisen. Dennoch ist das langlebige C14 das wichtigste Einzelwerkzeug, das und danach zu Teilen in nicht-mi- die Tracer-Technologie jemals bereitgestellt hat, denn Kohlenstoff nimmt in litärische Aktivitä- ten umgeleitet der Chemie der biologischen Systeme die zentrale Stellung ein [Kamen 1963, wurde. 584]. Erst nach der kommerziellen Entwicklung der Kernreaktoren zur Strom- erzeugung wurde die Bereitstellung dieses Tracers für nahezu jeden Bereich der biologischen Forschung möglich gemacht [Kamen 1963, 590]. Die grundsätzlichen Probleme jener Altersbestimmungsmethode, die auf der quantitativen Bestimmung des C14-Gehaltes einer organischen Probe be- ruht, spiegeln sich kristallklar in den Lösungsstrategien der Medizintechnik wieder, die bei der Verwendung von radioaktiven Isotopen zur Analyse des Stoffwechsels eines Organismus in Ansatz gebracht werden. Wir werden des- halb in dem folgenden Kapitel vor allem schauen, wie die Medizintechnik all die Schwierigkeiten vermeidet (und auch vermeiden kann!), die andererseits die Grundlagen der C14-Methode ausmachen. 6.2 Die Ökonomie der Radiomedizin und die Sachzwänge der C14-Methode Die ökonomische Verwendung von Radioisotopen in der Medizin wirft Licht auf drei wichtige Aspekte der C14-Methode, die gewöhnlich gar nicht weiter auffallen, die aber in diesem Zusammenhang anzeigen, wie ungünstig die Randbedingungen für die C14-Methode eigentlich sind: 1) Die Genauigkeit der Absolutdatierung steht für die jüngere Vergangenheit in einem ungünstigen Verhältnis zur Länge der Halbwertszeit von C14. 2) Die Genauigkeit der Absolutdatierung ist doppelt kritisch wegen ihrer Ab- hängigkeit von zwei Aktivitätsbestimmungen. 3) Eine Absolutdatierung kann nur durch eine Rekonstruktion der irdischen »Kontaminationsgeschichte« des C14 begründet werden und ist damit auf externe Hilfe angewiesen. 13 Verabreichte »Tracer« werden im Stoffwechsel eines Körpers wie normale Substanzen verarbeitet, machen den Vorgang des Stoffwechsels zugleich aufgrund bestimmter Eigenschaften – meistens wegen ihrer Radioaktivität – sichtbar bzw. meßbar. Bevorzugte Tracer sind deshalb radioaktive Isotope mit möglichst kurzer Halbwertszeit., 206 C14-Crash 6.1 Wichtige Radionuklide in der Medizin Von den mehr als 1.000 Radionukliden haben nur wenig mehr als 3 Dutzend Bedeutung für die Medizin erlangt. Für diagnostische Zwecke (in vivo) sollte die Gammastrahlen- energie im Bereich 0.1 - 0.5 MeV liegen. Für in-vitro-Messungen fin- den auch Betastrahler Verwendung, die aller- dings eine so beachtli- che Selbstabsorption verursachen können, daß sie nicht von au- ßen meßbar sind. Aus diesem Grund operiert die C14-Me- thode mit einer Bei- mengung von »Szintilla- toren« zu dem aufbe- reiteten Kohlenstoff der Probe, die die Beta- strahlen der C14-Ato- me absorbieren und da- für Licht in einer Wel- lenlänge aussenden, das eine größere Reichwei- te und deshalb bessere Ausbeute bei der Zer- fallsregistrierung er- möglicht. Die Wahl eines Ra- dionuklids wird beein- flußt von dessen Strah- lenemission und Halb- wertszeit, die zusam- men wesentlich die Strahlenbelastung be- stimmen., 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 207 Daß die Rekonstruktion der Kontaminationsgeschichte in die Irre gegangen ist, haben wir in Kapitel 2.3 gezeigt. Das lag daran, daß sich die Dendrochro- nologie als besagte externe Hilfe ihrerseits auf C14 abgestützt und dabei fun- damentale methodische Schwächen der C14-Methode außer acht gelassen hat. Die medizinische Radiologie ist bemüht, optimale Randbedingungen für die Genauigkeit ihrer Untersuchungsergebnisse unter Berücksichtigung der Gesundheit des Patienten einzustellen. Dazu stehen diverse Tracer-Isotope zur Verfügung, die aufgrund bestimmter Eigenschaften (Ungiftigkeit, kurze Halbwertszeit, Strahlungsart) jeweils mehr oder weniger günstig erscheinen können (Bild 6.1 ). Im Gegensatz dazu hat die Natur alles, aber auch wirklich alles getan, um den Archäometern das Leben im Umgang mit dem Isotop C14 schwer zu machen. Die im Folgenden eingehender diskutierten Punkte a) bis e) fassen zusammen, wie unterschiedlich die Voraussetzungen sind (verglei- che auch die Tabelle 6.3 ): a) Die Radiologie erstellt eine oder auch mehrere Momentaufnahmen einer örtlich deutlich unterscheidbaren Verteilung radioaktiver Isotope in einem Organismus. Die C14-Methode setzt dagegen die örtliche Gleichvertei- lung des C14-Isotops in allen für die Archäologie relevanten Kohlenstoff- depots voraus. Allfällige zeitliche Schwankungen der C14-Konzentration sollen in allen Kohlenstoffdepots stets gleichförmig auftreten. b) Die Kontamination eines zu untersuchenden Organismus soll zum Zeit- punkt der Untersuchung hinsichtlich der Strahlungsart des zu verwenden- den Tracers Null sein. Dies wird grundsätzlich dadurch unterstützt, daß die Halbwertszeit der zum Einsatz kommenden Tracers möglichst klein ist oder daß diese nach der Verabreichung möglichst schnell wieder ausge- schwemmt werden. Die Kontamination der irdischen Kohlenstoffreservoi- re mit C14 soll in der Vergangenheit von Null verschieden und auf dem ganzen Globus jederzeit gleich gewesen sein. Dies wird darauf zurückge- führt, daß angesichts der langen Halbwertszeit des C14 von knapp 6.000 Jahren grundsätzlich Zeit genug ist, gewisse Gradienten in der C14-Kon- zentration am Ende doch ausgleichen zu können. (Anmerkung: Die nach- folgend unter c) diskutierte Reaktion (»Sprungantwort«) auf eine punktu- elle Verunreinigung bezieht sich auf einen Zeitraum von wenigen Jahren. Die lange Halbwertszeit des C14 kann mithin nur mittel- und langfristig sich aneinander angleichende Werte erklären, nicht aber den vom Simul- tanitätsprinzip verlangten augenblicklichen, aufs Promille genauen atmo- 6.1 sphärischen Ausgleich über den ganzen Globus hinweg.), 208 C14-Crash 6.2 Kohlenstoff – einige Zahlenverhältnisse 1. Irdischer Kohlenstoff Nr. Reservoir Menge Einheit Verhältnis*) 1.1 Erde 6.0 ∙ 1024 1 1.2 Erdatmosphäre gesamt 5.3 ∙ 1018 0.9 ∙ 10-6 1.3 Gesamtkohlenstoff der Erde 42 ∙ 1015 7 ∙ 10-9 kg 1.4 Kohlendioxid in Erdatmosphäre 2.7 ∙ 1015 0.5 ∙ 10-9 1.5 Kohlenstoff in Erdatmosphäre 0.7 ∙ 1015 0.1 ∙ 10-9 1.6 globales C14-Vorkommen 62 ∙ 103 10 ∙ 10-21 2. Produktion und Zerfall von C14 Nr. Veränderung Menge Einheit Verhältnis*) 2.1 jährlicher Zerfall an C14 7.5 1.3 ∙10-24/y kg/y 2.2 jährliche Produktion an C14 ? ? 3. Natürliche und künstliche C14-Aktivität (β-Strahlung) Nr. Reservoir Menge Einheit Verhältnis**) 3.1 organische Proben aus hist. Zeit 1-20 0.7 - 1.4 3.2 NBS-Standard 13.6 counts per 1 3.3 Grenzwert für menschliches Fett 0.3 ∙ 106 min ∙ gCarbon 22 ∙ 103 3.4 Grenzwert für kommunales Abwasser 0.2 ∙ 109 15 ∙ 106 *) bezogen auf die Erdmasse **) bezogen auf den NBS-Standard c) Die Reaktion (»Sprungantwort«) eines isotopenfreien Organismus auf eine schlagartige punktuelle Kontamination besteht in einer vom Zustand des Organismus abhängigen räumlich differenzierten Ausbreitung des Isotops im Organismus. Dabei spielt insbesondere der Stoffwechsel zwischen ein- zelnen Organen eine große Rolle. Die Sprungantwort des irdischen Koh- lenstoffvorkommens auf eine schlagartige punktuelle Kontamination soll, 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 209 in einer kurzfristigen Gleichverteilung der kontaminierten Menge in alle betreffenden Reservoire, zumindestens aber der Atmosphäre bestehen. d) Die Kontamination »Null« des radiologisch zu untersuchenden Organis- mus beinhaltet automatisch eine Aussage über eine räumlich homogen vorliegende Verteilung, in diesem Fall mit dem Wert Null. Die für das Funktionieren der Methode notwendige Kontamination der Atmosphäre mit C14 impliziert dagegen grundsätzlich die Möglichkeit einer räumlich inhomogenen Verteilung des C14. Für die Annahme der räumlich homo- genen Verteilung als Spezialfall gibt es keine Begründung, zumal be- stimmte zentrale »Organe« der Erde (wie die Ozeane) lokal je unter- schiedlichen Dynamiken hinsichtlich der Konzentration, Konvektion und Diffusion des Kohlendioxid als wesentlichem Träger des C14 bzw. des C12 unterliegen. e) Die Meßwerte der Radiologie werden bezogen auf den Wert Null, der zu- vor in dem Organismus geherrscht haben muß, und bezogen auf die Ini- tialdosis interpretiert, wobei diese beiden Niveaus grundsätzlich hochge- nau festliegen bzw. bestimmt werden können. Alle Messungen können nacheinander vorgenommen werden und ergeben somit eine eindeutige chronologische Konstruktion. Ein Meßwert der C14-Methode kann nur im Zusammenhang mit einem Wert, der in gleicher Höhe zu einem bestimm- ten zurückliegenden Zeitpunkt vorlag, interpretiert werden (»Kalibrie- rung«). Alle Meßwerte werden grundsätzlich zur selben Zeit aufgenom- men und müssen darauf hin im Rahmen einer chronologischen Rekon- struktion interpretiert werden. Die C14-Methode ist auf chronologische Hilfe angewiesen. Indem wir die allgemeine Radiologie und die C14-Methode zu den oben ge- nannten drei Bereichen – Halbwertszeit, Meßbarkeit, zurückliegende »Konta- mination« – noch einmal genauer in Vergleich setzen, bekommen wir einen weiteren Einblick in die Komplexität der C14-Methode und in ihre immanen- ten, durch nichts aus der Welt zu schaffenden Probleme (eine kurze Diskussi- on anderer radiometrischer Datierungsmethoden ist im einführenden Kapitel 1.10 zu finden). 6.2.1 Das Kreuz mit der langen Halbwertszeit Der Zeitraum, auf den sich mögliche Datierungen einer isotopenbehafteten 6.2 Probe im Rahmen der Radiochronologie erstrecken können, hängt direkt von der Größe der Halbwertszeit des fraglichen Radioisotops ab. Doch mit der, 210 C14-Crash 6.3 Ungleiche Geschwister Radiologie & C14-Methode Stichwort Dem radiologisch zu be- Das betrachtete System handelnden Patienten wird »Erde« Kontaminati- in der Regel im unkontami- war zu allen Zeiten in unbe- on nierten Zustand kannter Weise mit C14 konta- miniert, wobei dieses C14 Konzentration eine möglichst große Menge überall nur in allergeringsten des fraglichen Isotops mit Spuren vorkommt und Halbwertszeit möglichst kurzer Halbwerts- eine lange Halbwertszeit hat zeit und (siehe dazu Bild 6.1 ), lokale Konta- in exakt gemessener Menge um von der fraglichen organi- mination eingeimpft, um schen Probe in Abhängigkeit von seinem Aufbau einerseits (Stichwort Isotopenfraktionie- rung) und der lokal herrschen- den atmosphärischen und aquatischen Kontamination an- dererseits (Stichwort Reser- voireffekte) in an sich unbe- kannter Höhe inkorporiert zu werden, Zeitverlauf möglichst schnell – binnen we- und daraufhin eine mehr oder niger Stunden oder auch Tage weniger lange Zeit (Jahrhun- – quantitativen Aufschluß über derte bis Jahrtausende) unter den Weg und die Effektivität unbekannten Umständen zu la- der Verarbeitung des entspre- gern, chenden Elementes durch den Organismus zu erhalten, Verfälschung ohne daß Gefahr einer unbe- so daß nicht exakt rekonstru- kannten weiteren Kontamina- iert werden kann, wie stark tion besteht. Kontamination oder Dekonta- mination während dieser La- gerzeit gewesen sind. Strahlungsart Dabei bedient man sich mög- Zu allem Überfluß ist C14 auch lichst Gamma-Strahlern, da de- noch ein reiner Beta-Strahler, ren meßtechnische Erfassung was einen ganzen Ratten- am unkompliziertesten und schwanz an meßtechnischen vor allem sichersten vonstat- Problemen nach sich zieht. ten geht., 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 211 Halbwertszeit steigt bei gleichbleibendem Meßaufwand der absolute Fehler der Datierung14. Der Fehler in der Aktivitätsmessung muß mit entsprechender Erhöhung des Meßaufwandes heruntergeschraubt werden, um den Fehler des Absolutdatums zu begrenzen. Das Problem, daß daraus für die C14-Methode erwächst, kann sehr gut an der Auswirkung der Isotopenfraktionierung aufgezeigt werden. Die Radiolo- gie macht sich für ihre Untersuchungen zunutze, daß der Stoffwechsel radio- aktive wie nichtradioaktive Isotope eines chemischen Elementes im we- sentlichen gleich behandelt, obwohl in der Regel das leichtere von ihnen mehr oder weniger stark bevorzugt wird (Isotopieeffekt). Solange der Unter- schied in den Anreicherungskoeffizienten nur ein paar Prozent beträgt, bleibt das radiologische Untersuchungsergebnis auch ohne genauere Kenntnis der unterschiedlichen Aufnahme der Isotope durch den fraglichen Teil des Orga- nismus ohne Einschränkungen interpretierbar. Die Isotope unterscheiden sich in ihrer Masse um einige wenige Neutro- nen (-3 bis +4). Je schwerer also das fragliche Element grundsätzlich ist, ins- besondere wenn es in ein größeres Molekül eingebaut ist [vgl. Born/Starke 1985, 19], desto ununterscheidbarer werden die Isotope schlußendlich für den Orga- nismus, der die Isotope nur aufgrund ihrer unterschiedlichen Masse auseinan- derhalten kann. Beispielsweise beträgt der Unterschied der Massen bei Jod J131 bzw. J127 ca. 3%, so daß der entsprechende Fehler bei der Umrechnung der gemessenen Radioaktivität in die Stoffwechselrate deutlich unterhalb der für eine normale Untersuchung ausreichenden Meßgenauigkeit bleibt. Die C14-Methode muß sich hingegen mit einem relativ leichten chemi- schen Element abgeben, denn der Kohlenstoff kommt bereits an sechster Stel- le des nach wachsender Masse geordneten Periodensystems, das 83 stabile chemische Elemente aufweist. C14 hat gegenüber C12 eine um rund 17% hö- here Masse, was in den einzelnen Organismen, die Kohlenstoff verarbeiten, zu Unterschieden in der C14-Konzentration von bis zu 10% führt (vergleiche dazu Bild 8.3 ). Das würde einem Radiologen wohl immer noch kein größeres Kopfzerbrechen bereiten, der C14-Wissenschaftler hingegen ist bereits zur Anwendung von Korrekturmaßnahmen gezwungen. Diesen 10% an mögli- chem Unterschied entspricht bei einer Halbwertszeit von 5730 Jahren eine absolute Datierungsungenauigkeit von immerhin rund 800 Jahren. Betrüge die Halbwertszeit hingegen nur 10% des tatsächlichen Wertes, dann schrumpfte auch die absolute Datierungsungenauigkeit aus dem Effekt der 6.3 14 Der Formel in der Textbox 7.7 zufolge ist die zeitliche Unsicherheit bzw. der absolute Datierungsfehler proportional zum relativen Meßfehler sowie proportional zur Halbwertszeit., 212 C14-Crash Isotopenfraktionierung auf 90 Jahre herunter, was unter Umständen akzepta- bel sein könnte. Die lange Halbwertszeit des C14 ist an sich zu begrüßen, weil damit nicht nur der für Datierungen in Frage kommende Zeitraum wächst, sondern auch Mischungseffekte in den großen Kohlenstoffreservoiren unterstützt werden. Aus jedem Prozent Meßungenauigkeit oder sonstigem Fehler, der auf die C14-Konzentration zu beziehen ist, resultiert eine Datierungsunsicherheit von knapp hundert Jahren (siehe Textbox 7.7 ). Als grundsätzlich tragbarer Fehler gilt normalerweise eine Abweichung, die eine Zehnerpotenz unter dem tat- sächlichen Effekt bleibt. Die Marge liegt also bei 10%. Diese 10% wirken im Hinblick auf die C14-Methode aber nicht auf die eigentlich interessierende Altersdifferenz, sondern grundsätzlich auf die erheblich längere Halbwerts- zeit bzw. die »mittlere Lebenszeit« von ca. 8.300 Jahren des Radiokarbons C14 (nach der sog. mittleren Lebenszeit ist die Aktivität einer Probe auf 1/e = 0.368 abgesunken). Das ist für den sogenannten geschichtlichen bzw. frühgeschichtlichen Be- reich der Historie, der nur einen Bruchteil der 8.300 Jahre ausmacht, ein gro- ßes Handicap. Deswegen muß in diesem Fall auch grundsätzlich promillege- nau gemessen werden. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß son- stige Korrekturen und Unsicherheiten ihrerseits im Prozentbereich liegen (da- zu allgemein Kapitel 8) und dadurch das Ergebnis ohnehin entwerten. 6.2.2 »Doppel-Fehler« für die C14-Methode Um einen lebenden Körper möglichst wenig mit zusätzlicher Radioaktivität zu belasten, werden in der Radiologie vornehmlich kurzlebige Radioisotope verwendet, d.h. Isotope mit entsprechend kurzer Halbwertszeit (vergleiche Bild 6.1 ). Die Isotope sollen schließlich nach Abschluß der Untersuchung so bald als möglich zerfallen sein, zumal wenn diese nicht gleich wieder ausge- schieden werden. Je schneller zudem die inkorporierten Isotope zerfallen, de- sto größer kann die verabreichte Dosis sein [Schaub 1990, 32], und desto leichter und sicherer ist dann auch der quantitative Nachweis ihres kurzfristigen Ver- bleibes. Ein weiterer Effekt besteht darin, daß Patienten, die sich zuvor be- reits einmal einer gleichen Untersuchung unterzogen haben, in der Regel un- kontaminiert zu einer Folgeuntersuchung kommen. Es ist in der Regel gar nicht vorgesehen, daß der Radiologe am Patienten eine Nullmessung für das Isotop seiner Wahl durchführt, um auf diese Weise sicherzustellen, daß die im nachhinein gemessene Radioaktivität ausschließlich von den jetzt verab- reichten Radioisotopen hervorgerufen wird., 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 213 Das Radiokarbon C14 hat dagegen eine so lange Halbwertszeit, daß eine 6.2 Die langeHalbwertszeit von einmal aufgenommene Menge während der ganzen Verweilzeit im Körper C14 führt dazu,daß jedes Fehler- quasi ohne Einbuße mit der Initialdosis weiterstrahlt. Andererseits ist die prozent aus derAktivitätsmessung Strahlung von C14, wenn es in natürlicher Beimengungshöhe vorliegt, so ge- eine Datierungsun-sicherheit von 83 ring, daß sie von der sogenannten Hintergrundstrahlung um ein Vielfaches Jahren ergibt.Wenn unter Abwä- gung aller Fehler- übertroffen wird und grundsätzlich nur mit technischen »Tricks« nachgewie- quellen ein sum- marischer Fehler sen werden kann. Im Hinblick auf die Umrechnung der gemessenen Aktivität von 10% zuge- standen wird, ist in ein Datum ist die für sich schon betrübliche Tatsache, daß die Dosis aus man bereits bei ei- nem knappen C14 äußerst gering und nur mit großem Aufwand aus der natürlichen Hinter- Jahrtausend alsmöglicher Fehler- grundstrahlung herausgefiltert werden kann, nur die eine Seite der Medaille. bandbreite ange-langt. Die zweite, die Kehrseite der Medaille, wird allzugerne übersehen, denn zu- 6.3 Da zur Alters- sätzlich zu der an sich schon diffizilen Messung der momentanen Aktivität bestimmung jedesan einer Probe ge- muß noch eine zweite, ebenfalls fehlerbehaftete Aussage über die Aktivität wonnene C14-Da-tum mit dem einer zum Zeitpunkt des Todes gemacht werden. absolutdatiertenProbe abgeglichen Das errechnete Alter der Probe, daran sei an dieser Stelle erinnert, leitet werden muß, ad-dieren sich die sich nicht aus einem einzigen Aktivitätswert ab, sondern aus dem Unterschied Fehler zweier Akti-vitätsmessungen. zwischen 1) der Aktivität, mit der die Probe ihren Stoffwechsel beendet hat, und 2) der Aktivität gleicher Höhe, die an einer entsprechend alten Probe gemes- sen und nach deren bekanntem Alter dann auf ihre gemeinsame Startakti- vität zurückgerechnet wird (von dem Mehrdeutigkeitsproblem wollen wir an dieser Stelle absehen). Beide Werte müssen als Restaktivität gemessen worden sein und sind entspre- chend fehlerbehaftet. Nur wenn die Startaktivität seit je tatsächlich exakt gleich gewesen wäre, dann könnte ein ähnlich präziser Wert für die heute herrschende C14-Aktivität wie für eine radiologische Initialdosis erzielt wer- den. Ein von der C14-Methode erzieltes Ergebnis in Form eines Absolutda- tums leitet sich grundsätzlich aus der Differenz zweier fehlerbehafteter Abso- lutwerte ab und nicht – wie bei der Radiologie – a priori aus einem einzigen Absolutwert, denn die medizinisch verabreichte Initialdosis ist grundsätzlich wesentlich genauer fixiert als die nachgeschaltete Messung am Körper des Patienten. Und während eine Unsicherheit im Prozentbereich an der Aussage- fähigkeit einer Diagnose wenig rütteln wird und selbst lediglich qualitative Aussagen von Wert sein können, ist wegen der langen Halbwertszeit von C14 ein Fehler bei der Messung der C14-Aktivität im Prozentbereich grundsätz- lich unakzeptabel (siehe Kapitel 6.2.1). Sowohl die Kenntnis der verbliebe- nen Aktivität des C14 als auch die Kenntnis seiner Startaktivität muß im Pro-, 214 C14-Crash millebereich liegen, wenn die Unsicherheit – ohne Diskussion anderer Fehler- quellen – in der Größenordnung unterhalb eines Jahrhunderts liegen soll. Ein Radiologe wird in der Regel das Tracern bei einem Patienten, der mit dem zu verwendenden Isotop kontaminiert ist, ablehnen, weil er eine Diffe- renz von zwei mit ununterdrückbaren Fehlern behafteten Messungen nur we- sentlich schlechter interpretieren könnte, als eine einzige fehlerbehaftete Mes- sung. Gerade wenn die Differenz klein ist, bzw. sogar in die Größenordnung der Meßfehler selber kommt, wird das Ergebnis aus der Differenzmessung nicht-signifikant15. Das erklärt andererseits auch, wieso C14-Datierungen der jüngeren Ver- gangenheit eigentlich wertlos sind. Da der Fehler für eine Einzelmessung mit ±300-600 Jahren (vgl. Tabelle 8.14 ) anzusetzen ist und der zur Kalibrierung dienende Meßwert wegen des unzutreffenden Simultanitätsprinzips, aber auch wegen des zu erwartenden Metafehlers kaum geringer anzusetzen ist, kann im Grunde für einen zurückliegenden Zeitraum von rund 500-1.000 Jahren über- haupt keine Signifikanz erwartet werden. Diese bleibt für den anschließenden Zeitraum »weniger Vielfacher« von 500-1.000 Jahren immer noch völlig un- befriedigend. Das sollte man bei der Hinzuziehung der C14-Methode bei Chronologieproblemen insbesondere der Ära »nach Christi Geburt« in Rech- nung ziehen. Die C14-Methode kann diesem Dilemma grundsätzlich nicht ausweichen, denn sie gründet ihre Altersangaben nun einmal auf die Diffe- renz zwei fehlerbehafteter Messungen. Um den C14-Hindernislauf auf den Höhepunkt zu treiben, darf der Hin- weis nicht fehlen, daß die (ohnehin gerne übersehene) Unsicherheit über die Höhe des Wertes der Startaktivität nicht nur aus der reinen Messung stammt, sondern auch aus dem Umstand, daß das zugeordnete Datum rekonstruiert werden muß. Auch diese Rekonstruktion ist naturgemäß mit einem Fehler be- haftet. Wir gehen sogar davon aus, daß dieser Fehler aufgrund unzutreffender spekulativer Annahmen über die Historie der atmosphärischen Zusammenset- zung unkontrolliert hoch ist. 15 Diese Situation lag 1949 vor, als Libby Messungen von C14-Aktivitäten zu interpretieren hatte, deren Höhe in der Größenordnung der Hintergrundstrahlung lag. Da Libby und seine Mitarbeiter den Einfluß der Hintergrundstrahlung keineswegs im Griff hatten, eröffnete sich ihnen andererseits ein erheblicher Spielraum bei der Interpretation der ermessenen Absolutalter., 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 215 6.2.3 Die Kontaminationsgeschichte für C14 muß bekannt sein Die Medizintechnik kann für eine begrenzte Zeit nach der Impfung eines Pati- enten mit Radioisotopen örtlich den Verlauf der Strahlung nachweisen und diese dann grundsätzlich unabhängig von der radiologischen Vorgeschichte des Patienten interpretieren. Wenn ein Radiologe Radioaktivität mißt, dann hat er damit – von der Hintergrundstrahlung abgesehen – den Effekt, auf den es ankommt. Würden dagegen zu medizinischen Zwecken Radioisotope mit langer Halbwertszeit in entsprechenden Mengen erzeugt und in Verkehr ge- bracht werden, so würden auf Dauer die Patienten bereits kontaminiert zur Untersuchung antreten und müßten erstmal eine fehlerbehaftete Nullmessung über sich ergehen lassen. Das ist ein Umstand, den die Radiologie aus vieler- lei Gründen meidet. Die C14-Methode ist hingegen darauf angewiesen, daß die untersuchten Objekte kontaminiert waren und daß die Kontaminationsgeschichte der irdi- schen Atmosphäre soweit bekannt ist, daß aus der verbliebenen Kontaminati- on der Probe auf den Zeitpunkt der Entkopplung zwischen beiden Kontami- nationsgeschichten, die durch das Stoffwechselende der Probe ausgelöst wur- de, zurückgeschlossen werden kann. Die Kontaminationsgeschichte der Probe kann im Idealfall errechnet werden, die der Atmosphäre muß rekonstruiert werden. Angesichts eines Patienten, der möglicherweise doch mit dem fraglichen Radioisotop kontaminiert ist, würde ein Radiologe nicht lange theoretisieren, sondern vermutlich eine Nullmessung machen. Damit erhielte er schnellen und sicheren Aufschluß über die verbliebenen Auswirkungen einer zurücklie- genden Kontamination und könnte entscheiden, ob eine weitere Untersuchung zu diesem Zeitpunkt angezeigt ist oder nicht. Auf keinen Fall würde er aus dem (unter Umständen exakt bekannten) Zeitpunkt der letzten radiologischen Untersuchung auf die verbliebene Radioaktivität schließen, denn das würde ja ein Untersuchungsergebnis vorwegnehmen. Schließlich soll mit den Tracern die in Frage stehende Effektivität einer bestimmten Stoffwechselbahn erst noch eruiert werden. Ein hoher Anteil an radioaktivem Jod in einem bestimm- ten Organ kann mithin sowohl eine kurz zurückliegende Kontamination in Verbindung mit relativ uneffektiver Assimilation, als auch eine länger zurück- liegende Kontamination in Verbindung mit relativ effektiver Assimilation be- deuten. Der Witz besteht ja darin, daß a) das zu Untersuchungszwecken verabreichte Jod eine von dem natürlichen Isotopenmischungsverhältnis abweichende Zusammensetzung hat und, 216 C14-Crash 6.4 Nur die fiktive Vergangenheit der Probe ist kalkulierbar An einer archäologischen Probe wird die »Restkontamination« mit C14 gemes- sen. Diese kann während ihrer Lagerzeit erheblich durch Austausch mit angren- zenden Kohlenstoffreservoiren verändert worden sein. Unter der Annahme, daß dies nicht geschehen sei, bzw. daß etwaige Einflüsse »korrigiert« werden konn- ten, ist nunmehr ihre radiometrische Vergangenheit exakt rückrechenbar. Die radiometrische Vergangenheit der Atmosphäre ist dagegen nur anhand lauter C14-vermessener Proben bekannten Alters rekonstruierbar. Das Alter der Pro- be kann dann aus Übereinstimmungen von kalkulierter und rekonstruierter Ver- gangenheit ermittelt werden. Es basiert somit auf sehr vielen Unwägbarkeiten und erstaunlich wenigen Gewißheiten., 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 217 b) der Organismus das angebotene Jod auf zunächst unbekannte Weise in je 6.4 Zwar kann dieKontaminationsge- unterschiedlichen Mengen aufnimmt. schichte der Probetheoretisch exakt zurückgerechnet Deshalb gilt auch umgekehrt: Aus dem Maß der aktuellen Radioaktivität werden, nicht je-doch die der At- könnte nur bedingt auf den Zeitpunkt der erfolgten Kontamination geschlos- mosphäre, die füreine Kalibrierung aber bekannt sein sen werden, da der Vorgang der Verarbeitung der Tracer grundsätzlich unge- muß. Nicht nur Meßfehler, son- klärt ist. Solange nur mit kurzlebigen Radioisotopen operiert wird, spielt die- dern auch mögli- che Fehler bei die- se Unsicherheit aber keine Rolle, da innerhalb weniger Tage »neu aufgesetzt« ser Rekonstruktion sind am Ende zu werden kann. Aus guten Gründen macht die Radiologie einen Bogen um die berücksichtigen. Rekonstruktion zeitlicher Abläufe, sondern begnügt sich bei der Untersu- chung ausschließlich um die Abbildung von Momentanzuständen. Die C14-Methode ist dagegen zwar in der Lage, den zeitlichen Verlauf der Höhe der Kontamination in der fraglichen Probe exakt rekonstruieren zu können – sofern keine zusätzliche Kontamination bzw. Dekontamination während der entsprechenden Lagerzeit aufgetreten ist. Der Anspruch jedoch, denselben Verlauf auch für die Atmosphäre vorhersagen zu können, mußte scheitern, da die Atmosphäre einen Stoffwechsel aufweist, der zu unvorher- sagbaren zeitlichen Änderungen der Kontamination führt (Bild 6.4 ). Mithin muß der Verlauf der atmosphärischen Kontamination komplett rekonstruiert werden. Wir haben gezeigt, daß die Erarbeitung dieser Chronologie auf unzu- treffenden Vorhersagen über das Verhalten der Natur gegründet wurde und deswegen zu falschen Ergebnissen geführt hat. Die Radiologie würde es ablehnen, die Kontaminationsgeschichte des Pa- tienten mit ins Kalkül zu ziehen, weil diese von dem Stoffwechselverhalten des Patienten abhängt, derentwegen die radiologische Untersuchung ja gerade veranstaltet wird. Die Übernahme von Kontaminationen wird vermieden, da sie den Fehler bis zur Nicht-Signifikanz des Ergebnisses erhöhen können. Die C14-Methode kennt – im Rahmen gewisser Fehler – zwar das Stoffwechsel- verhalten der Proben, insoweit es sich auf die Isotopenfraktionierung zu Leb- zeiten einerseits und den exponentiellen Verlauf der Aktivitätsabnahme wäh- rend der Lagerzeit bis zur Probengewinnung andererseits bezieht. Kontamina- tionen während dieser Lagerzeit können dagegen allenfalls abgeschätzt wer- den. Um zu einem Datum zu kommen, muß zusätzlich die komplette Kontami- nationsgeschichte der Atmosphäre als Referenz für die gemessene Restaktivi- tät der Probe vorliegen. Da die atmosphärische Kontamination mit C14 ört- lich verschiedenen Einflüssen unterliegt (Diffusion an Systemgrenze Oze- 6.4 an/Atmosphäre), kann im übrigen auch nur von einer örtlichen Referenz aus- gegangen werden., 218 C14-Crash 6.5 Frühe Phasen der Entwicklung der C14-Methode Dieses Bild zeigt eine Zusammenstellung der wichtigsten Ereignisse und der mit ihnen verbundenen Wissenschaftler, die Einfluß auf die Entwicklung der C14-Me- thode gehabt haben [nach Taylor 1987, 148]., 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 219 Auf den Punkt gebracht kann man sagen, daß die C14-Methode an dem gescheitert ist, von dem sich die Radiologie ihrerseits aus guten Gründen fern hält: an der zeitlichen Rekonstruktion einer Kontamination, über deren Vor- kenntnis man sich offensichtlich Täuschungen hingegeben hatte. Man ging von Quasikonstanz aus, ohne sich Rechenschaft über die Zulässigkeit einer solchen Aussage zu machen, denn die Atmosphäre war und ist Teil eines dy- namischen, wandelbaren Ökosystems und von daher alles andere als stationär. 6.3 An der Wiege der C14-Methode Wir hatten am Anfang dieses Kapitels die Rolle der Medizin bzw. der Medi- zintechnik für die Kernphysik im allgemeinen und für die C14-Methode im Besonderen hervorgehoben. Die Bedeutung von Kohlenstoff für den Stoff- wechsel nahezu jeder Lebensform führte zu einer eingehenden Beschäftigung mit den Isotopen des Kohlenstoffs. Einer der außergewöhnlichsten Begleit- umstände in der Entwicklungsgeschichte der C14-Methode habe darin bestan- den, so J.G. Ogden, daß man C14 im Labor herzustellen begann, ohne von seiner Existenz in der Natur zu wissen [Ogden 1977, 167]. 1934 wurde das erste Mal die Möglichkeit erwogen, daß radioaktiver Kohlenstoff mit zwei zusätzlichen Neutronen entstehen könnte. (Für eine Zu- sammenstellung wichtiger Ereignisse im Rahmen der atomphysikalischen Vorarbeiten für die C14-Methode vergleiche das Bild 6.5 ) F.N.D. Kurie war der erste, der mit Stickstoff N14 als möglicher Ausgangssubstanz für die Um- wandlung in C14 experimentierte. Bei dem Beschuß von Stickstoff mit schnellen Neutronen waren gelegentlich Kollisionsprodukte in der Nebelkam- mer zu beobachten gewesen – lange dünne Spuren –, die am ehesten als Pro- tonen gedeutet werden konnten. Danach wäre ein Elektron im Kern verblie- ben und hätte sich mit einem Proton zu einem Neutron vereinigt bzw. hätte ein Neutron den Platz eines Protons eingenommen. Dieser Gedanke war ungewöhnlich, da bis dahin als Produkte im Zusam- menhang mit Kernreaktionen nur α-Teilchen (zweifach positiv geladene Heli- umkerne) geläufig waren. Die Vermutung von Kurie wurde wenig später von W. Chadwick und M. Goldhaber bestätigt, die zeigten, daß das beim Beschuß von Stickstoff N14 mit langsamen Neutronen ausgestoßene Partikel kein α- Teilchen sein konnte (was eine Änderung der Anzahl der Teilchen im Kern bedeutet hätte) und daß demzufolge bei dieser Umwandlung von Stickstoff 6.5 N14 das Kohlenstoffisotop C14 (mit genauso vielen Teilchen im Kern wie Stickstoff) als wahrscheinlichster Kandidat für das Folgeprodukt anzusehen war. Noch 1936 schlug der Versuch von C. Ruben fehl, C14 durch den Be-, 220 C14-Crash schuß von Stickstoffnitrat mit Hilfe des gerade fertiggestellten 27-Inch-Zy- klotrons nachzuweisen [Taylor 1987, 149]. Ein anderes Experiment von McMil- len mit Ammoniumnitrat wurde abgebrochen, nachdem ein Unfall den Pro- benbehälter zerstört hatte [Kamen 1963, 586]. Jede weitere Arbeit über radioakti- ven Kohlenstoff ruhte danach bis 1939. Man ging von einer sehr kurzen Halbwertszeit des radioaktiven Isotops C14 aus – einige Stunden bis Tage – und vermutete, daß vor allem die Kolli- sion von C13 (etwa 1% Anteil am Gesamtkohlenstoff) mit Deuteronen (Kern des »schweren« Wasserstoffs, bestehend aus je einem Proton und einem Neu- tron) eine C14-Ausbeute erbringen würde. Wenn es überhaupt einen natürli- chen Prozeß der Erzeugung von C14 geben sollte, dann müßte die Halbwerts- zeit ohnehin sehr kurz sein. Eine Anreicherung schien jedenfalls nicht stattzu- finden, da das C14 in der Natur einfach nicht nachzuweisen war. Die Medizin suchte ohnehin vor allem nach Isotopen mit relativ kurzen Halbwertszeiten, und künstlich hergestellte Isotope waren eher für kurze als für lange Halb- wertszeiten bekannt [Kamen 1963, 586]. Das gilt auch für die ausschließlich künstlich produzierten Isotope C10, C11 und C15. Das führte in den Anfän- gen der Erprobung des kurzlebigen C11 – das Isotop hat eine Halbwertszeit von lediglich 20 Minuten – zu teils sehr obskuren Überlegungen, wie der Tra- cer im dichten Autoverkehr schnell genug von der Produktionsstätte zum Ein- satzort gelangen könnte. Die Überlegungen reichten vom Einsatz einer Poli- zeieskorte bis zur Verwendung von Brieftauben [Kamen 1964, 588]. 1939 wurde, ausgelöst durch eine Debatte über die praktische Bedeutung radioaktiver Isotope in der biomedizinischen Forschung, erneut gezielt nach radioaktiven Isotopen für die biologisch bedeutsamen Elemente – also Was- serstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Kohlenstoff – gefahndet. M. Kamen und C. Ruben wurden auf den radioaktiven Kohlenstoff angesetzt. Sie setzten ei- ne Graphitprobe einer Deuteronenstrahlung aus und wiesen mit Hilfe eines von W.F. Libby bereits 1933 entwickelten »Screen-Wall«-Zählers in der zu CaCO3 umgewandelten Kohlenstoffprobe neuerzeugten radioaktiven Kohlen- stoff C14 nach. Nur um sicherzugehen, daß dagegen der Neutronenbeschuß von Stickstoff keinen quantitativen Beitrag zur Erzeugung von C14 erbringen könne, wurde ein entsprechendes Ausschließungsexperiment mit einer gesättigten Ammoni- umnitrat-Lösung gemacht. Zur Überraschung aller Beteiligten brachte bereits eine kleine Menge des bestrahlten Stickstoffs den Zähler an den Anschlag. Binnen kurzem – nämlich bis Februar 1940 – konnten die beiden Forscher zeigen, daß die Bestrahlung von Stickstoff mit thermischen (d.h. langsamen) Neutronen bei weitem die größte Ausbeute an radioaktivem Kohlenstoff C14, 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 221 erbringt und zusätzlich auch, daß die Halbwertszeit des Isotops deutlich grö- ßer als 1.000 Jahre – im Bereich zwischen 1.000 und 100.000 Jahren liegend – sein muß [Kamen 1985, 122-146]. Wenige Monate zuvor hatte S.A. Korff den zweiten wesentlichen Beitrag geliefert, um die chronometrische Gretchenfrage aufwerfen zu können: »Kann das Alter von organischen Überresten durch Vermessung ihres C14-Gehaltes bestimmt werden?« Denn Korff war angetreten, das Vorkommen von Neutro- nen in der kosmischen Strahlung, die die Erde trifft, nachzuweisen. Dazu ent- wickelte er ein Spezialzählrohr und griff sogar auf Vorarbeiten von Libby zu- rück, der mit Boron-Trifluorid als Zählgas experimentiert hatte. Korff schickte sein speziell für Neutronen entwickeltes Zählrohr mit ei- nem Ballon in die höheren Atmosphärenschichten, und fand einen Anstieg der Neutronendichte bis hin zu einer Höhe von 16 Kilometern und eine rapide Abnahme oberhalb dieser Höhe. Wenn also Neutronen mit der kosmischen Strahlung eintrafen, dann mußten sie in den oberen Atmosphärenschichten sukzessive immer weiter abgebremst werden, bis diese von seinem Zählrohr, das selektiv auf Partikel bestimmter Energie ansprach, detektiert werden konnten. Er notierte, daß dieser Abbremsungsprozeß auch dazu führen müsse, daß in bestimmten Schichten Stickstoffatome nun von Neutronen zu C14 um- gewandelt würden [Korff/Danforth 1939]. Während die Zyklotrontechnik die Möglichkeit der künstlichen Erzeu- gung von Isotopen versprach, ergab sich hier in der Literatur der erste Hin- weis auf natürlich vorkommendes C14. Libby hatte im Nachhinein immer be- tont, daß die Lektüre dieses Artikels einer der entscheidenden Auslöser für die Entwicklung der Datierungsmethode mit Hilfe des C14 gewesen sei: »Mit der Lektüre von Korff’s Veröffentlichung wußte ich es: Das war die C14-Me- thode« (Libby in einem Interview 1979; nach Taylor [1987, 151]). Nun sollte der Kriegseintritt der USA und die Entscheidung für die Ent- wicklung und den Bau der Atombombe die amerikanischen Chemo- und Atomphysiker für die nächsten 5 Jahre von allen praktischen Arbeiten in die- ser Richtung abziehen und nur noch Raum für Spekulationen und intellektuel- le Gärungsprozesse lassen. Die Basis der C14-Methode war einfach genug, wie Libby in einer Reminiszenz 1970 nonchalant betont hatte: Es mußte auf- grund der Einwirkung der kosmischen Strahlung auf die Erdatmosphäre eine gewisse C14-Ausbeute pro Quadratzentimeter Erdoberfläche geben. Da dies, so Libby, seit Zehntausenden von Jahren gleichbleibend vor sich gegangen sei, müsse auch umgekehrt ein gleich starker Zerfall von C14 pro Quadratzen- timeter Erdoberfläche stattfinden., 222 C14-Crash Libby nannte die Zahl von zwei neu entstandenen C14-Atomen pro Se- kunde und Quadratzentimeter, die seinerzeit offenbar aus den bekannten Randbedingungen mit Hilfe kernphysikalischer Modelle berechnet worden war. Da andererseits das Vorkommen des Kohlenstoffs im Mittel mit 8 Gramm je Quadratzentimeter Erdoberfläche abgeschätzt werden konnte, war zu erwarten, daß in 8 Gramm reinen Kohlenstoffs je Sekunde 2 Zerfallsereig- nisse registriert werden sollten. »Von dieser Konzentration an Radiokarbon konnten wir also ausgehen und es war nunmehr unsere Aufgabe, sie nachzu- weisen« [Libby 1970a, 2]. Erst wenn dieser Nachweis gelungen war, konnte be- gonnen werden, über die Interpretation noch geringerer Konzentrationen in historischen organischen Proben nachzudenken. Mehrere Dinge waren zu tun, wenn diese »verrückte, jenseits jeder Glaub- würdigkeit angesiedelte Idee« [Taylor 1987, 152] überhaupt weiterverfolgt wer- den sollte. Das Wichtigste war zweifellos, die tatsächliche Radioaktivität von Kohlenstoff in Lebewesen zu messen, oder nach dem damals äußerst unvoll- kommenen Stand der Technik treffender: tatsächlich messen zu können. Wenn das erstmal möglich war, dann bestand die vordringlichste Untersu- chung im Vergleich der Radioaktivität möglichst vieler unterschiedlicher mo- derner organischer Proben. Zu berücksichtigen waren Unterschiede in der geographischen Herkunft, aber auch Unterschiede im Stoffwechsel. Erst wenn sich die Kohlenstoffradioaktivitäten moderner, gleichaltriger Proben aus un- terschiedlichen Gegenden der Erde als gleich erwiesen, dann konnte auch die Radioaktivität historischer Proben sinnvoll interpretiert werden. Die übereinstimmende Kohlenstoffradioaktivität bei modernen Proben würde beweisen, daß sich das in den oberen Atmosphärenschichten produ- zierte C14 zumindest heutzutage gleichförmig über die Erde in alle Kohlen- stoffreservoire verteilt. Als nächsten Schritt mußte dann gezeigt werden, daß archäologische Proben generell diejenige Restaktivität aufweisen, die sich aus der radioaktiv bedingten Abnahme moderner Kohlenstoffradioaktivität in der Zeit ergeben würde, die ihnen von der Altertumswissenschaft als Absolutalter zugemessen wurde. Erst dann konnte von einer örtlich und zeitlich homoge- nen Kohlenstoffradioaktivität gesprochen werden und aus der Messung der Kohlenstoffradioaktivität einer beliebigen Probe ihr Absolutalter bestimmt werden. Bevor man sich überhaupt Proben aus den Magazin- und Ausstellungsräu- men der Altertumswissenschaft widmen konnte, mußte natürlich die Halb- wertszeit des C14 genau genug bekannt sein. Erst dann konnte ein »C14-Alter« errechnet und mit dem bekannten historischen Alter verglichen werden. Libby hatte 1946 in einem Artikel in der Physical Review betont, daß, 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 223 erst eine Halbwertszeit länger als 1.000 Jahre für eine ausreichend homogene 6.5 Die C14-Me-thode ist als »ver- Durchmischung der irdischen Kohlenstoffreservoire – in den Tiefen des Oze- rückte Idee« gebo-ren und verwirk- ans wie in der untersten Schicht des für das Biotop bedeutsamen Humus – licht worden, ohnedaß ursprünglich sorgen könnte. Waren die Probleme »Bestimmung der Halbwertszeit« und eine reale Chancegesehen wurde, »Bestimmung der Streuung der modernen C14-Konzentration« erst einmal sie einmal prak-tisch anwenden zu können. gelöst, dann konnte man sich endlich Artefakten zuwenden, für die bereits ein exaktes Absolutdatum vorlag. Und die alles entscheidende Frage lautete dann: entsprach das aus der Radioaktivität des Kohlenstoffs der alten Probe unter der Annahme allzeit konstanter C14-Konzentration errechnete Alter dem bekannten historischen Alter? 6.4 Chicagoer Lehrjahre Seit 1946 war bekannt, daß die Halbwertszeit des radioaktiven Kohlenstoff- isotops C14 bei etwa 5.000 Jahren liegen muß. Auf der Basis dieses Wertes ergibt sich für jedes Prozent an Meßfehler ein Datierungsfehler von rund 80 Jahren (vergleiche Textbox 7.7 ). Daß Libby ob solcher Zahlenverhältnisse und angesichts der allgemein völlig unzureichenden Meßtechnik nicht den Mut verlor, ist vorderhand kaum nachzuvollziehen. 1965 machte Libby eine Bemerkung zu den Motiven, sich dieser Sisy- phusarbeit dennoch hinzugeben und den Trick herauszuarbeiten, wie eine Stecknadel im Heuhaufen stets mit Sicherheit gefunden werden könne. Die C14-Methode, so Libby, wäre einer Sehnsucht entsprungen, der Realität zu entfliehen, was mit den Mühen der Wissenschaftler um die Entstehung der Atombombe zu tun gehabt hätte. »Es ging um das Verlangen, etwas Nutzloses, etwas Unpraktisches zu entdecken, etwas, das wohl interessant, letztlich aber unbedeutend sein sollte«. Bei allem Stolz angesichts der er- reichten Ergebnisse solle man sich daran erinnern, daß sie tatsächlich ohne Gedanken an ihre Praktikabilität oder ihre Nützlichkeit entwickelt worden sei [Libby 1965, 745]. Es gab keinerlei Instrumente, die für den Nachweis der extrem niedrigen Aktivitätsrate von natürlich inkorporiertem modernem Kohlenstoff – rund 15 Zerfälle pro Gramm Kohlenstoff in einer Minute – konzipiert worden waren. Zählrohre mit der dafür angemessenen Oberfläche von rund 3.000 cm² zur Aufnahme eines entsprechend aufbereiteten Kohlenstoff-Films wären nur mit einer Hintergrundstrahlung von über 4.000 Zählereignissen pro Minute zu be- treiben gewesen, wobei gleichzeitig nur etwas mehr als 40 Zerfallsereignisse aus dem Kohlenstoff-Film selber zu erwarten gewesen wären. Das war ein ab- surdes Verhältnis, ohne die geringste Chance zu lassen, die Radioaktivität des, 224 C14-Crash 6.6 Das Prinzip der »Anti-Koinzidenz« Libby fand eine genial einfache und zugleich äußerst wirksame Lösung, die Aus- wirkung der kosmischen und terrestrischen Hintergrundstrahlung zu unterdrük- ken. Auf die innere Oberfläche des großen Zylinder ist ein dünner Film aus mög- lichst reinem Kohlenstoff aufgebracht, der aus der zu untersuchenden Probe ex- trahiert worden ist. Die von einem radioaktiv zerfallenden C14-Atom ausgesand- te Betastrahlung (ein Elektron) wird innerhalb des Zylinders detektiert (B - B’), während die Wirkung anderer Partikel, die durch das große Zählrohr treten, auch von den ringförmig um den großen Zylinder angeordneten kleinen Zählroh- ren registriert (A - A’) und folglich unterdrückt werden können (vergleiche auch Bild 6.7 ). Verunreinigungen des Gases im großen Zählrohr oder des Kohlenstoff-Films durch Kontamination im Labor (bzw. bereits während seiner Lagerzeit) bleiben von dieser Maßnahme allerdings unberührt und müssen sorgfältig vermieden bzw. – so weit es überhaupt geht – rückgängig gemacht werden. C14 ist nur in Spuren dem C12 (~99%) bzw. C13 (~1%) beigemengt – sein Anteil am Gesamt- kohlenstoff beträgt lediglich 1.5 • 10-10 % – und produziert eine Zerfallsrate, die gegenüber Isotopen mit einer Halbwertszeit, die in Tagen (und nicht in Jahrtau- senden) gemessen wird, zusätzlich um den Faktor 1 Million niedriger ausfällt (Textbox 6.2 ). Die Unterdrückung der Hintergrundstrahlung gelang anfänglich nur bis zur Größenordnung des zu messenden Signals selber. Die Summe der Fehlerquellen war so groß, daß Libby und seine Mitarbeiter das für die Eleganz der Methode so wichtige Fundamentalprinzip – zeitlich und global gleichförmige C14-Konzentration – aus den erzielten Meßergebnisse herausfiltern zu können glaubten., 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 225 Kohlenstoffs auch nur qualitativ nachzuweisen [Libby 1970a, 4]. Wir erwähnen in diesem Zusammenhang eine Faustregel der Radiologie, wonach für ver- trauenswürdige Messungen am Patienten die Hintergrundstrahlung sich unter- halb von 10% des Niveaus der eigentlich interessierenden Strahlung bewe- gen muß [zum Winkel 1975, 56]. Der erste Schritt zum wenigstens qualitativen Nachweis der Radioaktivität modernen organischen Kohlenstoffs war für Libby und seinen Kollegen An- derson schon schwer genug. Und zum wiederholten Male sollte die Medizin- technik Geburtshilfe leisten. Libby hatte einen alten Freund aus Kriegstagen während des »Manhattan Projects«, den Arzt A.V. Grosse, der in der Nähe von Philadelphia in einem Isotopen-Labor für die Krebsforschung arbeitete. Dort wurde mit dem Isotop C13 als Tracer gearbeitet. Für die Gewinnung dieses Isotops verfügte man über eine höchst kostspielige Anreicherungsanla- ge. Libby schaffte es, diese Verbindung für sein Projekt zu nutzen, um seine Idee, daß auf der Anreicherungsstrecke nicht nur dieses C13, sondern in glei- cher Weise auch das eventuell vorhandene C14 mit angereichert werden könnte, zu überprüfen. Anfang 1947 kam die Untersuchung in Gange. Die Anreicherungsanlage war für Methan CH4 ausgelegt und so besorgte Dr. Grosse höchstpersönlich das entsprechende Gas aus der städtischen Kläranla- ge, in der Annahme, daß hier die größtmögliche Konzentration von C14 an- zutreffen sei. Im Gegensatz dazu müßte Methan aus Erdgas frei von C14 sein, da die Zwischenlagerzeit seit seiner Entstehung bis heute als ein Vielfaches der Halbwertszeit angenommen werden konnte. Dieses Gas erhielt man von der Sun Oil Company, dessen Präsident ein Freund von Dr. Grosse war. Die Dinge nahmen ihren Lauf: »Dr. Grosse unternahm die stufenweise Anreicherung des Methan aus der Abwasserkläranlage, was durch die Anrei- cherung des C13 kontrolliert werden konnte, während Dr. Anderson und ich das behandelte Methan nach jedem Anreicherungsdurchgang mit unserem Proportionalzähler untersuchten, wobei wir das Ganze hinter der dicksten Ab- schirmung vornahmen, die wir darstellen konnten, um die Einwirkung diver- ser radioaktiver Quellen innerhalb des Labors, sowie die der kosmischen Strahlung, die die Erdoberfläche in Chicago erreichte, möglichst gering zu halten. Eigenartigerweise funktionierte die Geschichte und wir entdeckten tat- sächlich die Auswirkung der erwarteten C14-Anreicherung als kleine Erhö- hung der Zählrate gegenüber der Zählrate, die sich aus der Vermessung des 6.6 unangereicherten Kläranlagen-Methans sowie des Methans, das aus dem Pe- troleum gewonnen worden war, ergeben hatte« [Libby 1970a, 3]., 226 C14-Crash 6.7 Libbys »Screen-Wall« Zähler Das Bild zeigt eine schematische Darstellung des anfänglich von Libby und seinen Mitarbeitern eingesetzten Zählerarrangements. Diese Anordnung ermöglichte das abwechselnde Zählen der von der Probe stammenden Signale und der Hin- tergrundstrahlung, indem das Rohr mit dem Kohlenstoff-Film in den Zählbereich hinein (in das mittlere Drittel) bzw. aus ihm herausgeschoben werden konnte (in das rechte Drittel). Die Überwachung der Hintergrundstrahlung war so wichtig, weil sie anfänglich auch durch noch so subtile Hilfsmittel nicht deutlich unter das Niveau der zu messenden Strahlung zu drücken war. Der Wirkungsgrad des auf festem Kohlenstoff basierenden Zählers betrug nur ~5%. Gaszähler mit höheren Drücken und größeren Volumina sollten bald möglich werden und den von Libby eingesetzten Typ ablösen, zumal so der Ein- fluß des Fallouts aus den kommenden Atombombenversuchen während der Prä- parierung besser vermieden werden konnte. Der von Libby benötigte feste reine Kohlenstoff wurde durch Reduktion des zu CO2 verbrannten Probenkohlen- stoffs gewonnen und zu einer Paste verarbeitet, die dann auf die Innenseite des beweglichen Zylinders aufgebracht wurde., 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 227 Insbesondere fand man einen zum Grad der Anreicherung proportionalen Anstieg der Radioaktivität des rezenten Gases, während eine Anreicherung des »fossilen« Erdgases zu keinem signifikanten Anstieg der Radioaktivität führte [Taylor 1987, 153]. So lag ein substantieller qualitativer Nachweis vor, daß in lebenden Organismen, nicht aber in Überresten alter Organismen, Spu- ren radioaktiven Kohlenstoffs vorhanden sind. Nun verblieb die Hürde der quantitativen Bestimmung dieses Unterschiedes sowie – als letztes Ziel – die möglicher Differenzierungen zwischen »modern« und »alt«. Für Libby war klar, daß auf Dauer eine Zusammenarbeit mit Dr. Grosse oder auch einer anderen Institution für Isotopenanreicherung nicht in Frage kam; das Verfahren war einfach viel zu teuer. Das Ganze hatte, wie Libby la- konisch anmerkte, einen Geldbetrag verschlungen, mit dem man mehrere ar- chäologische Museen für einen Monat hätte betreiben können [Libby 1970a, 4]. Anstatt also die Konzentration des radioaktiven Kohlenstoffs auf so kostspie- lige Weise zu vervielfachen, mußte – auf Biegen und Brechen – die Empfind- lichkeit des Zählerensembles gegenüber der natürlichen Hintergrundstrahlung entscheidend abgesenkt werden. Anderenfalls war das Projekt verloren. Während die sorgfältige Ausstattung des Labors mit nicht-kontaminiertem Material und die Verwendung aufwendiger Schirme für das Zählerensemble die Hintergrundstrahlung zur allgemeinen Verzweiflung nur auf 600 Zerfälle pro Minute herunterbrachte – man dachte schließlich sogar an eine Verlage- rung des Labors in ein Bergwerk –, gelang der entscheidende Durchbruch endlich mit einer »Anti-Koinzidenz«-Überwachung des zentralen Zählrohrs (vergleiche Bilder 6.6 und 6.7 ): Weil der größte Teil der eintreffenden kos- mischen Strahlung lediglich die Atmosphäre ionisiert und Materie bis zu ei- ner gewissen Dicke durchdringen kann, können grundsätzlich alle das C14- Zählrohr durchfliegenden, an sich unerwünschten aber nicht abweisbaren Teilchen durch ein Arrangement konzentrisch angeordneter Zusatzzählrohre detektiert werden. Das geschieht folgendermaßen: Jedes Partikel, das das Hauptzählrohr durchstreift und somit einen »falschen Zerfall« anzeigt, muß zusätzlich durch genau zwei äußere Hilfszählrohre treten. Diese Dreifachzähler können dann aus der Bilanz wieder herausgenommen werden bzw. die Auswerteelektronik des zentralen Zählrohrs zum Zeitpunkt des eintretenden Ereignisses entschei- dend blockieren. Die β-Teilchen aus dem radioaktiven Zerfall des Kohlen- stoffs treten hingegen theoretisch höchstens durch 2 Zählrohre, sind in Praxis 6.7 aber viel zu schwach, um das Hauptzählrohr überhaupt zu verlassen. Mit diesem neuen Arrangement blieb ein Residuum der Hintergrundstrah- lung, das als beherrschbar angesehen wurde. Während man ohne diesen, 228 C14-Crash »Trick« immerhin bei einer Hintergrundstrahlung von 150 Zerfällen pro Mi- nute (counts per minute bzw. cpm) angelangt war [Arnold 1992, 6], sprach Libby 1970 von 13 cpm, die damals dank der neuen Auswertetechnik verblieben ge- wesen seien [Libby 1970a, 5]. In einem anderen Aufsatz berichtete er [1967, 10-11] dagegen von einer Hintergrundstrahlung unter optimierter Abschirmung von 100 cpm, die durch das Anti-Koinzidenz-Arrangement auf 5-6 cpm gesenkt werden konnte. In einer Veröffentlichung in SCIENCE [Libby et al. 1949, 227] be- zifferte Libby diesen Sprung mit 140 cpm, nämlich von 150 auf 10 cpm, wäh- rend in einer anderen Veröffentlichung aus demselben Jahr [Arnold/Libby 1949b, 678] die verbliebene Hintergrundstrahlung mit 7.5 cpm angegeben wurde. Für 1951 wurden dann 4 cpm an verbliebener Hintergrundstrahlung vermeldet [Anderson et al. 1951]. Wir kommen nicht umhin, diese unterschiedlichen Angaben als Hinweis zu nehmen, wie vertrackt das Problem »Hintergrundstrahlung« seinerzeit trotz aller Bemühung blieb, und wie oft die Methode verändert und verfeinert wur- de, um überhaupt zu einigermaßen passablen Ergebnissen zu kommen. Das Bereinigen des Meßwertes von der Hintergrundstrahlung ist von entscheiden- der Bedeutung, solange diese in der Größenordnung des erwarteten Signals selber ist. Die uneinheitlich angegebene Hintergrundstrahlung birgt mithin die Gefahr von ganz erheblichen Datierungsdifferenzen. Das sollte nicht verges- sen werden, wenn im Folgenden auf die Stichhaltigkeit von Libbys Beweis des sogenannten »Fundamentalprinzips« eingegangen wird, nach dem die C14-Konzentration in der altertumswissenschaftlich bedeutsamen Vergangen- heit stets konstant gewesen sei. Allein wenn man bedenkt, daß der Wirkungsgrad des Libby-Zählrohrs nur bei 5% lag [Taylor 1987, 157], dann verursacht eine um einen Prozent abwei- chende Neubestimmung des Wertes der Hintergrundstrahlung (was eine äu- ßerst schmeichelhafte Annahme darstellt) eine Datierungsverschiebung von über 1.600 Jahren. Es gab also von Anfang an genügend Anlaß, den auf dem seinerzeitigen Stand der Technik getroffenen Aussagen Libbys über die an- gebliche Gültigkeit von Fundamental- und Simultanitätsprinzip mit großer Vorsicht gegenüberzutreten. Wie jeder weiß, huldigt man den Ergebnissen aber bis heute nahezu kritiklos. Während des ganzen Jahres 1948 wurden nach und nach Teilprobleme be- wältigt: die Unterbindung der Verunreinigung des Zählgases mit radioakti- vem Radon, die Entwicklung einer Methode zur wiederholten Messung der Hintergrundstrahlung während der (prinzipiell mehrtägig durchgeführten) Ak- tivitätsmessung, die penible Aufbereitung einer Kohlenstoffpaste aus der, 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 229 fraglichen Probe zur Aufbringung in ein während der Messung beweglich ge- 6.6 Die anfängli-che Streuung der haltenes Rohr. C14-Datierungenwar so groß, daß Das alles diente zur Vorbereitung der dann unter Hochdruck (und vermut- genügend »rich-tige« Daten vorla- lich auch Hochspannung) vollzogenen Aktivitätsmessung an zahlreichen gen oder durchstatistische Tricks Holzproben lebender bzw. gerade gefällter Bäume aus unterschiedlichsten erzeugt werdenkonnten, um den Glauben an die Gegenden der Erde. Die Streuung in der C14-Aktivität bei den so zusammen- Grundidee der C14-Methode fe- getragenen Holzproben war die Unsicherheit, die durch technische Optimie- stigen zu können. Widersprüchliche rung etc. nicht kompensierbar war, und demzufolge für die »natürliche« Unsi- Datierungen wur- den nie ernsthaft cherheit der C14-Altersbestimmung stehen würde. Der Ausgang dieses »Ex- als Hinweis auf fal-sche Vorstellungen perimentum crucis« würde über das Schicksal des von Libby und seinen Kol- von der C14-Me-thode genommen, legen so mühsam in Gang gesetzten und vorangebrachten Projektes entschei- sondern immer alsbedauerliche Aus- den, das mittlerweile von einigen Archäologen aufmerksam mitverfolgt nahmen beurteilt. wurde. 6.7 Libbys »Be-weis«, daß gleich- altrige – in diesem Fall moderne – Proben ein glei- 6.5 Das »Experimentum crucis« ches C14-Alteraufweisen, beruhte auf einer unzuläs- Die entscheidenden Untersuchungen wurden von E.C. Anderson im Rahmen sigen statistischenAuswertung sei- ner Meßergebnis- seiner Doktorarbeit durchgeführt und die Ergebnisse 1949 in SCIENCE unter se und war des- halb falsch. dem Titel »Age Determination by Radiocarbon Content: World-Wide Assay of Natural Radiocarbon (Altersbestimmung aus dem Gehalt an Radiokarbon: Weltweite Untersuchung des natürlich vorkommenden Radiokarbons)« veröf- fentlicht. Die drei Jahre später in Libbys Monographie »Radiocarbon Dating« [1952] abgedruckte Tabelle wies rund 20% höhere Werte für die gefundenen Radioaktivitätswerte auf, was mit einer Rekalibrierung des Zählerarrange- ments erklärt wurde [Libby 1952, 16]. Welcher Befund hatte sich bei der Unter- suchung der Kohlenstoffradioaktivität weltweit gesammelter Holzproben er- geben? Ließ dieser die Annahme der Gleichverteilung zu, oder mußte von geographischen Schwankungen ausgegangen werden, die die Interpretation historischer Proben natürlich ungleich schwieriger gestalten würde? Der 1949 präsentierte Befund stellte eine weltweit homogene Verteilung des radioaktiven Kohlenstoffs »innerhalb des Meßfehlers« fest und gab die mittlere Kohlenstoffradioaktivität mit 12.5 ± 0.2 cpm an16. Eine Überarbei- tung des Befundes ergab 1952 einen Wert von 15.3 ± 0.1 cpm. Diese Werte waren pure Augenwischerei, da ein Standardtest der Statistik auch damals er- geben hätte, daß die Proben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine gleich große Radioaktivität besitzen (vergleiche Bilder 7.6 und 7.9 ). 16 cpm (counts per minute) sind hier auf einen Gramm reinen Kohlenstoff bezogen (richtig also: counts per minute and gram Carbon)., 230 C14-Crash Libby und seine Mitarbeiter hatten mit ihrer Untersuchung das Gegenteil von dem bewiesen, was sie dem wissenschaftlichen Publikum als Ergebnis präsen- tierten. Tatsächlich lag eine statistisch signifikante Ungleichheit der Radioak- tivitätswerte vor, während sie die Gleichheit der Werte im Rahmen des Meß- fehlers propagierten. Während sich die gefundenen Meßwerte nahezu gleich- förmig über einen Bereich verteilen, der umgerechnet einem Zeitraum von knapp 1.000 Jahren entspricht, repräsentiert die als Endergebnis angegebene Gaußverteilung eine Kompression auf ungefähre ± 50 Jahre Schwankungs- breite und suggerierte damit eine Solidität der Annahme von der Gleichvertei- lung des C14 in modernen Organismen, die statistisch gesehen mitnichten ge- geben ist. Hätten sich Libby und seine Mitarbeiter seinerzeit auf die Grundregeln der Statistik besonnen, hätten sie ihren Versuch zur Etablierung der These von der Gleichverteilung, abgeleitet aus der »weltweiten Untersuchung des Radiokarbons«, als gescheitert bezeichnen müssen. Die gemessene Konzen- tration schwankte so stark, daß von einer C14-Methode – jedenfalls zu dem damaligen Zeitpunkt – keine nutzbaren Beiträge quantitativer Art hätten er- wartet werden dürfen. Das Buch, in dem die Geschichte der beharrlich voran- schreitenden Streiter für eine leuchtende Fackel im Dunkel der absoluten Chronologie bis hierhin geschrieben worden war, hätte an dieser Stelle zuge- schlagen werden müssen. Ein weiterer Pferdefuß zeichnete sich deutlich aus den Meßergebnissen ab. In den beiden Tabellen von 1949 und 1952 werden Messungen an Mu- schelschalen aufgeführt, deren Aktivität ganz offensichtlich systematisch hö- her liegt als die der Hölzer. Der entsprechende Altersunterschied liegt umge- rechnet immerhin zwischen 600 und 1.000 Jahren. Die Delikatesse dieses Er- gebnisses besteht in der Tatsache, daß die Muscheln und nicht etwa die ar- chäologisch viel bedeutsameren Hölzer als Spiegel der globalen C14-Kon- zentration gelten müssen. Das bedeutet schlicht, daß lebende Organismen auf je spezifische Weise das ihnen in den großen Kohlenstoffreservoiren gegen- überstehende »natürliche« Isotopenverhältnis während des Stoffwechselpro- zesses zugunsten des natürlichen Kohlenstoffisotops C12 verschieben. Dis- kussionen mit unabsehbaren Folgen hätten darüber entfacht werden müssen, welche Organismen wie stark diesen Fraktionierungsprozeß vollziehen, und ob dieser bei den relevanten Spezies auch über die Jahrtausende konstant ge- blieben sei. Zwei fundamentale methodische Probleme waren also aufgetaucht, von denen jedes mit Datierungsunsicherheiten von rund 1.000 C14-Jahren ver- bunden waren. Libbys globale Streuung der Meßwerte um rund 1.000 C14-, 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 231 Jahre hat ihr modernes Äquivalent in der Binsenweisheit des »one date is no date« (vergleiche Kapitel 7.6), wonach die C14-Alter von archäologisch für gleichalt befundenen Proben um Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende diver- gieren können. Die von Art zu Art unterschiedlich starke Assimilation des C14-Isotops wird als Isotopenfraktionierung beschrieben und für korrigierbar gehalten, ohne daß jemals eine Änderung dieses Effektes mit der Zeit ernst- haft diskutiert worden wäre. Vielleicht wurde das alles so wenig kritisch betrachtet, weil Libby und seine Mitarbeiter in einem weiteren Artikel nunmehr archäologische Evidenz für die Stimmigkeit des Verfahrens präsentierten, die nun allen Erwartungen gerecht werden konnte. Wir werden diesen Artikel im nächsten Kapitel ge- nauer untersuchen und können vorwegnehmen, daß die Größenordnung der Schwankungen von rund 1.000 Jahren in den Messungen auch für die dort vorgestellten Proben wiedergefunden werden kann. Viele naturwissenschaftliche Effekte sind trotz anfänglicher krasser Miß- erfolge am Ende doch noch gefunden worden, weil transzendente Argumente oder Empfindungen (»Symmetrie«, »Einfachheit«, »Ästhetik«) Forschern aus- reichend Gewißheit gaben, um die Durststrecke zeitweiser Falsifizierung ihrer Hypothesen durchzustehen. Eine solche Einstellung wäre im Falle der C14- Methode im nachhinein gerechtfertigt gewesen (und sogar ein wenig zu be- wundern), wenn die anfangs gegebenen Schwierigkeiten mit der Zeit beseitigt worden wären. Doch das Gegenteil ist hier der Fall. Diese Schwierigkeiten ziehen sich durch die nächsten Jahrzehnte durch und zwingen die Forscher zu fundamen- talen Methodenanpassungen und -brüchen, nur um die tendenziell ausufern- den systematischen Schwierigkeiten im Rahmen zu halten. Für uns ist deshalb ein Argument wie: »Das war nur am Anfang so, später konnten die meisten Probleme doch gelöst werden« nicht stichhaltig. Libby war von Beginn an mit genau denselben Schwierigkeiten konfrontiert, die auch heute die Debatte der Fehler bestimmen. Es gibt eine Interdependenz zwischen anfänglicher Blind- heit und der mit der Zeit entwickelten verfeinerten Methodik, die den Blick auf die fundamentalen Schwächen gekonnt verdecken half. Weil am Beginn die große Schwäche des Ansatzes systematisch ignoriert bzw. »schön« gerechnet wurde, waren alle danach ausgearbeiteten Methoden mit derselben Augenwischerei verbunden. Die eigentlichen Probleme – insbe- sondere die Ungültigkeit des Simultanitätsprinzips – wurden zu keiner Zeit zur Kenntnis genommen und deshalb auch nicht bearbeitet. Jetzt kommen wir aber zu der Behandlung archäologischen Materials bekannten Alters durch, 232 C14-Crash Libby, der damit eine zweite Phase der Überprüfung seines methodischen An- satzes eröffnete. 6.6 Die »Curve of Knowns« 1949 Libby war im Oktober 1945 einem Ruf an das »Department of Chemistry and Institute for Nuclear Studies« der University of Chicago gefolgt und hatte dort mit 36 Jahren als jüngster ordentlicher Professor einen Lehrstuhl in Che- mie übernommen. Er tat das auch, um weiter mit H.C. Urey zusammenarbei- ten zu können. Nur Urey sollte in den kommenden Jahren von der verrückten Idee Libbys Kenntnis haben, »den Beweis anzutreten, daß eine Datierung mit C14 die Geschichte der Zivilisation enthüllen könnte« [Taylor 1987, 152]. Libby übte komplette Zurückhaltung, wenn es um die C14-Datierung ging: »Er war der Meinung, daß die öffentliche Diskussion einer solch verrückten Idee ihn als Phantasten abstempeln und ihn weder Mittel noch Studenten zur Unter- stützung seiner Forschungen finden lassen würde« [Libby 1980, 1018f.]. Doch bereits zeitgleich zu dem ersten ernsthaften Experiment (der im vorangegan- genen Kapitel beschriebenen Aktivitätsmessung an modernem und an fossi- lem Methan) brachte die Post Libby bereits eine erste Herausforderung ins Haus, ein Paket mit altägyptischen Artefakten, geschickt von Kurator der Ägyptischen Abteilung des Metropolitan Museums von New York. J.R. Arnold, einer der Mitarbeiter Libbys, berichtete, wie es dazu gekom- men war: »In gewisser Weise hatte mich auch meine Herkunft und Erziehung auf die C14-Methode vorbereitet. Mein Vater war Anwalt von Beruf und zu- gleich ein ernsthaft tätiger Amateur-Archäologe, der auch als amerikanischer Sekretär der englischen Gesellschaft für Ägyptische Ausgrabungen (Egypt Exploration Society) tätig gewesen war. Das trug dazu bei, daß ich die Be- deutung von Datierungen sehr schnell begriff und an dieser Stelle setzte auch mein Beitrag im Anfangsstadium der ganzen Geschichte an. Ich besuchte Weihnachten 1946 mein Elternhaus und steckte meinen Vater offenbar er- folgreich mit meiner Aufregung an. Als ich im Januar 1947 dann nach Chica- go zurückgekehrt war, hatte Libby bereits ein Paket von einem Freund meines Vaters, Ambrose Lansing, erhalten, mit zehn Proben aus verschiedenen Epo- chen der ägyptischen Geschichte, alle historisch wohldatiert. Lansing bot dies als Möglichkeit an, die neue Methode zu überprüfen – allerdings ein wenig zu früh. Ich war peinlich berührt, als mir Libby dieses Paket und den dazugehö- rigen Brief zeigte und entschuldigte mich für meine Voreiligkeit. Ich erklärte mich sogleich bereit, Lansing über den wahren Stand der Dinge aufzuklären und das Paket zurückzuschicken. Bezeichnenderweise erwiderte Libby nichts, 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 233 darauf. Er nahm Paket und Brief wieder an sich und plazierte sie in dem Re- gal über seinem Schreibtisch. Plötzlich wurde mir klar, daß er es tatsächlich ernst meinte. Dieser Moment bedeutete für mich die Geburt des Datierungs- projektes« [Arnold 1992, 4f.]. Ende 1947, Arnold war bereits nach Harvard zu anderen Forschungsarbei- ten abgereist, erklärte sich endlich der Viking Fond für Anthropologische Forschung bereit, die weiteren Entwicklungsarbeiten an der Methode mitzufi- nanzieren. Mit diesem Geld konnte Arnold zurückgeholt werden. Während Arnold sich auf die weitere Verfeinerung der Probenaufarbeitung konzentrier- te, widmete Anderson sich der Frage, ob der radioaktive Kohlenstoff tatsäch- lich weltweit homogen verbreitet war (siehe vorangegangenes Kapitel). Im Laufe des Jahres 1948 war es dann soweit: Die ersten Proben bekannten Al- ters konnten untersucht werden. Im Januar 1948 hielt Libby den ersten öffentlichen Vortrag über die Da- tierungsmethode vor ausgewählten Wissenschaftlern, großenteils Anthropo- logen und Archäologen. Die Veranstaltung war vom Viking Fond ausgerich- tet worden. Das Hauptmotiv für die Durchführung dieser Veranstaltung war Libbys Bedarf an Proben bekannten Alters. Libby mußte allerdings die Erfah- rung machen, daß sich die angesprochenen Altertumswissenschaftler vorneh- me Zurückhaltung auferlegten, vielleicht, weil sie zu hören bekamen, daß gro- ße Mengen an kohlenstoffhaltiger Substanz benötigt wurden und daß die Pro- ben im Zuge der notwendigen Aufbereitung vollkommen zerstört werden müssten; kein angenehmer Gedanke, wenn es um kunsthandwerkliche Arte- fakte oder andere unwiederbringliche Gegenstände geht: »Diese Museums- Kettenhunde rückten doch nichts heraus, um es von einer Horde von Physiko- Chemikern einfach verbrennen zu lassen, nein wirklich nicht« (Interview mit Libby 1979; nach Taylor [1987, 155]). Die meisten Zuhörer schienen sich nicht im Klaren darüber zu sein, »ob dies nun ein ernstzunehmender Vorschlag war oder aber die Schnapsidee eines versponnenen Physikers, der über die An- strengungen seiner Arbeit verrückt geworden ist« [Marlowe 1980, 1011]. Ein weiterer Augenöffner wurde für ihn bereit gehalten: »Es war ein Schock für Dr. Anderson und mich, von unseren historisch beschlagenen Be- treuern erfahren zu müssen, daß die geschriebene Geschichte nur 5.000 Jahre zurückreichte. Ursprünglich waren wir davon ausgegangen, daß wir für die ganzen in Frage kommenden 30.000 Jahre historisch datierte Proben erhalten könnten, deren C14-Daten nur noch aufgetragen zu werden brauchten, damit unser Job erledigt war. ... Wir mußten unvermittelt zur Kenntnis nehmen, daß solche Daten d.h. solche alten Datierungen gar nicht exakt bekannt waren; tat- sächlich waren erst ab der ersten Dynastie Ägyptens zuverlässige Daten be-, 234 C14-Crash 6.8 Die »Curve of Knowns« Das Bild zeigt Libbys in SCIENCE veröffentlichte »Curve of Knowns« aus dem Jahr 1949. In späteren Versionen kamen zahlreiche C14-Alter für Proben bekannten Alters hinzu. An dem Fehlen von Proben aus dem »Neuen Reich«, das soviel Holzfunde hinterlassen hat, änderte sich allerdings nichts. Nie wieder wurden aus so vielen Proben unterschiedlicher Herkunft und Qualität und unter so (anerkanntermaßen) schlechten Bedingungen für die Mes- sungen so konsistente Ergebnisse erzielt. Die durchweg ausgezeichnete Über- einstimmung der gemessenen C14-Alter mit den zugeordneten Absolutaltern als furiose Bestätigung der Fundamentalannahme steht im diametralen Gegensatz zu dem normalerweise hohen Anteil von »Fehldatierungen«. Libby und seine Mitar- beiter waren ganz offensichtlich der Versuchung erlegen, aus ihrem Konvolut an Messungen diejenigen zu verwenden, deren C14-Alter – zufällig – in Überein- stimmung mit den von Historikern vorgegebenen Absolutaltern lagen. Der Glau- be an die Gleichförmigkeit der Natur erlaubte es, von einer angemessenen Aus- wahl statt von einem Betrug zu sprechen., 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 235 kannt« [Libby 1961b, 102]. Libby wollte mit seiner neuen Methode Licht in ein 6.8 Libby war vonder Möglichkeit chronologisches Dunkel der Geschichte tragen, dessen Ausmaß ihm in keiner bzw. Realität ex-akter Chronologie Weise bewußt war. Im Grunde hätte er bereits damals erkennen können, daß ursprünglich soüberzeugt, daß er er ein Meßverfahren entwarf, das nach seinem eigenen Wissensstand allen- davon ausging,Absolutdaten für falls marginalen Nutzen stiften konnte. 30.000 Jahre zurÜberprüfung des C14-Fundamen- Mit dieser neuen Situation konfrontiert wuchs nun der Lieferung von Lan- talprinzips von der Geschichte erhal- sing eine unvermutet große Bedeutung zu, denn offenbar konnte nur die al- ten zu können, um sich mit ihrer Hilfe tägyptische Geschichte historisch gesicherte Daten liefern, um nunmehr die dann ein für alle- mal von der Ge- Methode in dem für jahrgenau richtig gehaltenen geschichtlichen Zusammen- schichte abkop-peln zu können. hang zu verifizieren. Nachdem das Team die Methode der Probenaufberei- tung und der Zerfallsmessung bis zu einem Grad perfektioniert hatte, daß nunmehr von gesicherten Effekten gesprochen werden konnte, wurde die Ki- ste von Lansing Mitte des Jahres 1948 endlich wieder geöffnet und ein Stück Holz im Zusammenhang mit der Stufenpyramide von Djoser bei Sakkara für die Messung vorbereitet und verarbeitet. Da Anderson mit unverminderter Intensität seine Dissertation betrieb, kam nun Arnold die erregende, oder wie er selber sagte: »erschreckende« Verantwortung für diesen Job zu. »An einem heißen Samstagnachmittag jenes Sommers hatte ich endlich genügend Zählereignisse unseres nach wie vor temperamentvollen Systems zusammen, um ein vorläufiges Ergebnis berech- nen zu können. Ich werde niemals den Eindruck vergessen, den die Tatsache auf mich machte, daß sich eine Zählrate ergab, die in etwa zwischen dem Er- gebnis für Ernie’s (Anderson) moderne Holzproben und der Nullrate lag. Für einige Stunden voller Frohlocken war ich die einzige Person auf der Welt, die wußte, daß die C14-Methode funktionierte. Es sind das die Momente, für die zu leben es sich lohnt« [Arnold 1992, 6]. Sowohl Andersons Untersuchung des C14-Gehaltes moderner Organis- men als auch diese ersten Messungen an alten Proben – im Zusammenhang mit den Gräbern Snofrus und Djosers – wurden im März 1949 in SCIENCE ver- öffentlicht. Die erwarteten und die gemessenen Aktivitäten (Zerfälle pro Mi- nute und Gramm Kohlenstoff) bezüglich der historischen Proben wurden ein- ander in durchaus vertrauenserweckender Übereinstimmung gegenüberge- stellt: 7.15 ± 0.15 als erwartetem Wert gegenüber 7.04 ± 0.2 als gemessenem Wert. Die Autoren schlossen ihren Artikel mit einer Ankündigung: »Angesichts dieser Ergebnisse fühlen wir uns ermutigt, weitere Tests auch an jüngeren 6.8 Proben bekannten Alters durchzuführen. Diese Arbeiten wurden bereits be- gonnen« [Libby et al. 1949, 228]. Wir merken an, daß in dem SCIENCE-Artikel le- diglich die Proben mit der Nummer 1 und der Nummer 12 behandelt wurden., 236 C14-Crash Die Ergebnisse aus den Messungen an den Proben 2-11 sowie diejenigen mit noch höheren Nummern wurden dagegen nicht veröffentlicht. Neun Monate später, im Dezember desselben Jahres, wurden die angekün- digten Ergebnisse in einem weiteren Artikel ebenfalls in SCIENCE [Arnold/Libby 1949, 678] veröffentlicht. Dieser war betitelt mit »Age Determinations by Ra- diocarbon Content: Checks with Samples of Known Age (Alterbestimmung aus dem Gehalt an Radiokarbon: Überprüfungen anhand von Proben bekann- ten Alters)« und enthielt das erstemal die berühmte »Curve of Knowns« (ver- gleiche Bild 6.8 ), in der die gemessene Aktivität von Hölzern aus insgesamt sieben archäologischen Komplexen in Verbindung mit der theoretischen Akti- vitätskurve aufgezeichnet worden war. Die gute Übereinstimmung zwischen den Aktivitätswerten, die für die Proben bekannten Alters gefunden worden waren, mit derjenigen Kurve, auf der alle Meßwerte liegen würden, wenn die C14-Konzentration in der Atmo- sphäre seit je genauso wie heute ausgefallen wäre, sollte die Stimmigkeit des sogenannten Fundamentalprinzips bestätigen. Dieses verlangt die örtliche und zeitliche Homogenität der C14-Konzentration in der Atmosphäre und war da- mit die entscheidende Voraussetzung, um aus einem Aktivitätswert direkt und ohne Umwege (wie er etwa durch eine »Kalibrierung« gegeben wäre) das wahrscheinliche Absolutalter der Probe auszurechnen. Wir werfen im näch- sten Kapitel einen genaueren Blick auf die dort präsentierten Objekte und vergleichen die Ergebnisse auch mit denen, die gut 1 Jahr später in der ersten in SCIENCE routinemäßig veröffentlichten Datensammlung von 1951 [Arnold und Libby 1951, 120] angegeben wurden. 6.7 Die »Curve of Knowns« debugged Die im Folgenden angegebenen Aktivitätswerte bezeichnen stets Zer- fallsereignisse pro Minute und Gramm Kohlenstoff (hier als »cpm« ohne Be- zug auf die Masseneinheit abgekürzt). Der angeführte resultierende Fehler ei- ner mittleren Aktivität, berechnet aus einer Anzahl N verschiedener Werte, ergibt sich jeweils aus der Divison des mittleren Fehlers durch die Wurzel der Anzahl der Meßwerte √N. Beispiel: Der resultierende Fehler aus 4 Werten für die jüngste Probe »Tree Ring« ergibt so ± 0.33/√4 = ± 0.15. Diese Vorgehensweise ist nur dann gerechtfertigt, wenn tatsächlich stets Teile ein und derselben Probe gemessen wurden und die Verteilung der Meß- werte sonstige systematische Abweichungen bei den Messungen bzw. den Proben ausschließt, die sich als Abweichung der Verteilung von der Normal- verteilung darstellen würden. Differieren beispielsweise die Resultate zweier, 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 237 Messungen um das Doppelte des Standardfehlers, so besteht nur noch eine 6.9 Libby hat inden Anfangsjahren Chance von rund 15%, daß die Proben tatsächlich die gleiche Aktivität haben der C14-Methodenur ein Bruchteil (vergleiche Bild 3.2 und die entsprechende Fußnote zu Beginn des Kapitels (etwa 10%) seinermit fortlaufenden 7.6). Entsprechende statistische Tests für eine größere Anzahl von Meßwer- Nummern verse-henen Messungen ten sollten eine Chance auf Gleichzeitigkeit von mehr als 50% ergeben. Das veröffentlicht. Esist davon auszuge- hen, daß sich un- ist für die von Libby betrachteten Proben grundsätzlich nicht der Fall, was auf ter den unveröf- fentlichten Mes- unbeherrschte systematische Fehler bzw. Schwankungen in den Meßverfahren sungen nicht weni- ger widersprüchli- und -apparaturen oder auf die Verwendung unterschiedlicher Proben hin- che Datierungen befanden, als auch weist. heute gang undgebe ist. Natürlich können für die Phase, in der die Methode noch in den Kinder- schuhen steckte, keine genaueren Ergebnisse als heutzutage erwartet werden. Mithin kann davon ausgegangen werden, daß Libby und seine Mitarbeiter bei ihren verschiedenen Meßdurchläufen nicht minder große »Metafehler« ge- macht haben, als die modernen Labors mit jeweils fixierten Prozessen. Das führt dann zwangsläufig zu nicht-normalverteilten Meßwertensembles auch für ein und dieselbe Probe, zugleich auch zu einem Hang, im Datennebel den wahren Wert dennoch erkennen zu können. Wir fassen die Ergebnisse Libbys von 1949 wie folgt zusammen: 1) Das historisch jüngste Objekt bestand aus dem Segment einer Douglas- Fichte aus dem Red Rock Valley mit knapp hundert Jahresringen. Diese waren auf die Zeit zwischen 530 AD und 623 AD datiert, entsprechend ei- nem zu erwartenden mittleren C14-Alter von 1.372 ± 50 Jahren. Das ge- messene C14-Alter wurde mit 1.100 ± 150 Jahren angegeben, d.h. die bei- den Werte »überlappen« mit ihren Streuungen so wenig, daß der C14-Ge- halt sehr wahrscheinlich nicht das vorausgesetzte historische Alter wider- spiegelt. Die Analyse der Einzelmessungen ergibt folgendes Bild: Die 5 Meßwerte für die Aktivität streuten zwischen 10.15 und 11.52, entspre- chend einem maximalen Altersunterschied von ca. 1.000 Jahren. Libby schrieb von einer »Ausgrabung«, nicht »Fällung« des Baumes bzw. eines Teiles von ihm, so daß daraus zu schließen ist, daß sein Alter in irgendei- ner Weise dendrochronologisch bestimmt worden sein mußte. Eine schriftliche Quelle dafür wurde nicht angegeben. Ein Hinweis auf die Messung an anderen Exemplaren aus dieser Baumringchronologie wird nicht gegeben. 2) Auch die beiden nächsten Proben wurden ohne schriftliche Quellenanga- ben präsentiert. Sie sollten aus der Ptolemäischen (332-330 BC) bzw. der Syrisch-Hethitischen Periode (725-625 BC) stammen. Gemessenes und er- wartetes Alter wiesen akzeptable bis gute Übereinstimmung auf. Bei bei-, 238 C14-Crash den Proben bezog sich Libby jeweils auf namentlich genannte wissen- schaftliche Gewährspersonen. 3) Für die vierte Probe wurde ein Literaturhinweis gegeben, eine im Tree- Ring Bulletin von A.E. Douglass veröffentlichte Beschreibung eines mo- numentalen Baumstumpfes (der sog. »Centennial Stump«) mit Fällungs- jahr 1874, dem diese Probe entnommen worden war [Douglass 1946, 5ff.]. Es finden sich in der besagten Veröffentlichung keine Hinweise auf die Qua- lität der entnommenen Probe(n) für die Datierung, deren Behandlung oder auf die Methode der Baumringzählung. Gemessenes (3.005 ± 165) und er- wartetes Alter (2.928 ± 50) stimmten gut überein. Da der »Centennial Stump« aus einem Stück bestand und das Fällungsjahr genau bekannt war, muß sich die Unsicherheit von ±165 Jahre im wesentlichen auf die Menge hypothetischer Fehl- oder Doppelringe beziehen. 4) Die fünfte Probe wurde als ein Stück Holz von dem sogenannten Begräb- nisboot des ägyptischen Pharaos Sesostris III. angegeben, das seinerzeit im Naturkundemuseum in Chicago gezeigt worden war. Auch hier ist die Übereinstimmung von gemessenem (3700 ± 400) und erwartetem Alter (3792 ± 50) überzeugend, allerdings liegen die beiden herangezogenen Meßwerte selber um 500 Jahre auseinander. 5) Die sechste Probe stammt aus dem Grab Snofrus aus Meydum und ... 6) ... die siebte Probe aus dem Begräbnisareal des Pharaos Djoser. Libby be- handelt beide als quasi-gleichzeitig, was durch den Stand der Geschichts- forschung gerechtfertigt erschien. Während die tatsächliche Streubreite der Meßwerte beinahe 2.000 Jahre umfaßte, differierten gemitteltes und erwartetes Alter lediglich um 150 Jahre. In der ersten in SCIENCE veröffentlichten »offiziellen« Datensammlung von 1951 sind einige Revisionen und auch zusätzliches Datenmaterial angegeben. Allerdings werden jetzt keine Aktivitäten mehr angegeben, sondern nur noch umgerechnete C14-Jahre. Während die angegebene laufende Nummer der aufgezählten gemessenen Daten bei über 500 angekommen war, sind hier we- niger als 50 veröffentlicht worden. Der Grund für diese niedrige Ausbeute ist vor allem dem großen Anteil zurückgewiesener Datierungen zu suchen. 1) Zu der Douglas-Fichte wurden keine neuen Informationen gegeben. 2) Zu den Proben aus der Ptolemäischen und der Syrisch-Hethitischen Peri- ode sind ebenfalls keine neuen Informationen vorhanden. 3) Für die vierte Probe »Redwood« wird nunmehr die Anzahl der Ringe bis zum Kern mit 2.905 angegeben (ohne Kommentar der Methode zur Re- konstruktion von Doppelringen oder einem anderen Fällungsjahr). Es ist, 6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode 239 eine neue Messung hinzugekommen (2.404 gegenüber bisher 2.817 bzw. 6.10 Nach demStand des Wis- 3.045 C14-Jahren), die das bis dato doch recht homogene Ergebnis grund- sens, der bereitswenige Jahre nach sätzlich in Frage stellt. Die tatsächliche Streuung der gemessenen C14-Al- Etablierung derC14-Methode Gül- ter liegt jetzt bei mehr als 600 Jahren, der resultierende Fehler für den tigkeit besitzensollte, waren Lib- Mittelwert wird dagegen mit ± 130 C14-Jahren angegeben. bys Ergebnisselängst überholt, ja, hätten als ge- 4) Die fünfte Probe (ein Stück Holz aus dem Begräbnisboot des ägyptischen schönt verdächtigt werden müssen. Pharaos Sesostris III.) unterzogen T. Säve-Söderbergh und I.U. Olsson zwanzig Jahre später einer neuen Bewertung hinsichtlich ihrer archäologi- schen Bedeutung. Tatsächlich wurden fünf Boote außerhalb der Grenze der Begräbnispyramide gefunden, ein Platz, »der nun sicherlich nicht das ist, was (für derartige Kultgegenstände) zu erwarten gewesen wäre«. Wei- tere Boote stammten aus noch weiter entfernten Fundplätzen, obendrein sei nicht (mehr) zu klären gewesen, von welchem Boot die Probe eigent- lich genommen worden sei. Alle Boote machten im Hinblick auf das frag- liche historische Ereignis einen unangemessen primitiven Eindruck. Tat- sächlich gibt es weder schriftliche Überlieferungen noch sonstige Hinwei- se, die diese Schiffe in Beziehung zu dem Begräbnis von Sesostris III set- zen. Die Autoren mahnen Vorsicht bei der Verwendung der entsprechen- den C14-Daten an. Das Datum wurde bei Libby [Anderson/Libby 1951] von 3.700 auf 3.621 leicht revidiert, während der Fehler von ursprünglich ± 400 [1949] auf ± 180 C14-Jahre reduziert wird. 5) Die Situation hinsichtlich des Fundortes für die sechste Probe aus dem Grab Snofrus aus Meydum sahen T. Säve-Söderbergh und I.U. Olsson ebenfalls als kritisch an. Es sei lediglich eine neue Messung an einer ver- gesellschafteten Probe gemacht worden, wobei die ursprüngliche Messung der Probe C-12 durch das Chicagoer Labor aus meßtechnischen Gründen von einer historischen Bewertung nunmehr ausgeschlossen wird [1970, 46; ebenso bei Ehrich 1992, 5]. Die einzig verbleibende Messung sei an Zedern- holz vorgenommen worden, das aber sehr gut älter sein könne als die Konstruktion, in der es verwendet wurde. Das C14-Alter gibt Libby 1951 mit 4.802 ± 210 an. Dem unterlegt ist eine tatsächliche Streuung der Wer- te in einem Bereich von knapp 1.400 C14-Jahren. 6) Auch die siebte Probe aus dem Begräbnisareal des Pharaos Djoser rückte in der darauffolgenden Zeit in einen unsichereren Kontext. Während Lib- by 1949 noch ein C14-Alter der Probe von rund 4.750 Jahren gemessen (und eine Gleichzeitigkeit mit der sechsten Probe unterstellt) hatte – und damit den Sollwert recht gut getroffen hatte –, schrumpfte dieses Alter nunmehr durch Hinzunahme dreier weiterer Messungen an derselben Pro- be auf 3.979 Jahre (Mittelwert) zusammen. Dieser Wert hätte Libby bei, 240 C14-Crash dem Versuch, das Fundamentalprinzip zu verifizieren, erhebliches Kopf- zerbrechen gemacht. Eine zweite Probe aus demselben Komplex ergab später zwar ein nämliches C14-Alter von ca. 4.100 Jahren, wurde aller- dings um 500 Jahre nach Djosers Regierungszeit eingeordnet. Aus späteren Versionen der »Curve of Knowns« [Libby 1952, und folgende Aufla- gen] wissen wir, wie sicher sich Libby in der Gültigkeit des Fundamentalprin- zips war, denn die präsentierten Meßwerte liegen bei ihm ohne irgendeine Tendenz der Abweichung auf der theoretischen Aktivitätskurve. Angesichts der großen Streuung der einbezogenen Meßwerte untereinander, sowie der zweifellos großen Anzahl unveröffentlichter Daten (die die Anzahl der veröf- fentlichten um ein Vielfaches übersteigt), erkennen wir eine Tendenz zur Sor- tierung und Berechnung, die kaum von Gesundbeten zu unterscheiden ist. Un- serer Ansicht nach führte eine unvollkommene und vermutlich auch immer wieder vertrauensunwürdige Meßtechnik zu der Filterung einer Teilmenge an Meßwerten, die Libbys Vorurteil über die atmosphärische Kohlenstoffradio- aktivität zu bestätigen vermochten: daß die C14-Konzentration in altertums- geschichtlich bedeutsamer Zeit grundsätzlich jeweils global genau den Wert aufwies, den Libby und seine Mitarbeiter 1949 gemessen hatten. Nach dem Stand des Wissens, der bereits wenige Jahre danach Gültigkeit besitzen sollte, waren Libbys Ergebnisse längst überholt, ja, hätten als ge- schönt verdächtigt werden müssen. Weder konnte die moderne C14-Konzen- tration in der Atmosphäre als Maßstab für die Vergangenheit herangezogen werden, noch stimmten erwartetes Alter und gemessenes C14-Alter insbeson- dere für die altägyptische Geschichte auf befriedigende Weise überein. Doch niemand mochte den Verdacht aussprechen, daß Libby und seine Mitarbeiter ihre Meßwerttabellen nicht nach Lage der Dinge, sondern nach ihrer vorge- faßten Meinung über die Stationarität irdischer Randbedingungen interpretiert haben mußten. Eine Chance war verpaßt, die Brauchbarkeit dieser im Fokus des wissen- schaftlichen Interesses stehenden Datierungsmethode realistisch einzuschät- zen. 50 Jahre kontinuierlicher Praxis der C14-Methode demonstrieren zu- gleich den ungebrochenen Willen, der Geschichte Ordnung nach einfachen und eleganten Prinzipien zu bringen., 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? 241 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? 7.1 Fehler helfen beim Überleben Nicht auszudenken wäre es, wenn sich C14-Daten ohne die allseits bekannte statistische Unsicherheit bestimmen ließen. Dann lieferte ein C14-Labor Al- terswerte ab, ohne daß noch ein »früher« oder ein »später« diskutiert werden müßte, so wie es tatsächlich ja immer wieder geschieht. Das C14-Labor wäre damit in derselben Lage wie beispielsweise ein Büro für Grundstücksvermessungen. Hier gibt es keine Debatten über die Meßbar- keit des Meters im Allgemeinen oder über die Qualität geodätischer Messun- gen im Besonderen. Mit der Messung von C14-Daten verhält es sich dagegen völlig anders. Diese werden regulär immer mit einem Fehler angegeben, der dem Anwender signalisieren soll, daß der tatsächliche Wert innerhalb des an- gegebenen Intervalls nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu finden sein wird. Die Ungewißheit über den wahren Wert ist in der Praxis unter Be- rücksichtigung aller gegebenen Unsicherheiten immer wieder so groß, daß In- terpretationen unterschiedlichster Art folgen können. Der mögliche Wert muß in seiner Bedeutung diskutiert werden, und es steht bis zu einem gewissen Grad im Belieben des Betrachters, welche Schlüsse er präsentieren möchte. Wenn allerdings C14-Daten fehlerfrei meß- bar wären, dann würden die immanenten Widersprüche sofort zu Tage treten, woraufhin sich die wissenschaftliche Welt schon längst von dieser Altersbe- stimmungsmethode getrennt hätte. Zu häufig kommt es auch im statistischen Sinne zu unwahrscheinlich weit auseinanderliegenden Altersangaben für Pro- ben, die dem sonstigen Wissen nach gleichaltrig sind. Wenn zwei Geometer die gegenüberliegenden Kantenlängen eines be- kanntermaßen rechtwinklig angelegten Grundstücks vermessen haben und zu Ergebnissen kommen, die unter Berücksichtigung des möglichen Fehlers nicht übereinstimmen, dann werden beide – oder auch ein Dritter – erneut und solange ins Feld geschickt, bis konsistente Daten vorliegen. Das kann so- weit gehen, daß die Meßgeräte überprüft oder die Kompetenz der Ausführen- den in Frage gestellt wird. C14-Daten haftet dagegen von vorneherein ein Geruch prinzipieller Unsi- cherheit an. Bei ihrer Interpretation gibt man sich deshalb offensichtlich er- heblich toleranter. So werden Proben als zeitgleich ausgewiesen, deren C14- Daten dafür bei regulärer Interpretation nur noch eine Wahrscheinlichkeit von wenigen Prozent ergeben (Bild 3.2 ). Es scheint das Motto zu gelten, daß le- diglich das Unmögliche nicht für wahr genommen wird. So wird zwar gerne, 242 C14-Crash daran erinnert, daß C14-Daten Wahrscheinlichkeiten und nicht Gewißheiten repräsentieren [Schiffer 1987, 308], doch das muß schließlich nicht heißen, daß Unwahrscheinlichkeiten akzeptiert werden müssen, die an das Unmögliche grenzen. Der Usus, C14-Daten nur dann zu verwerfen, wenn sie nahezu hun- dertprozentig sicher korrupt sind, ist als Abusus anzusprechen, als Mißbrauch des in der statistischen Methode vorhandenen Interpretationsspielraums. Der Fehler oder besser die Unsicherheit, die sich in der Messung radioak- tiver Zerfallsereignisse natürlicherweise offenbart (Bild 7.4 ), breitet einen Schleier der Nachsichtigkeit aus, so daß inkonsistente C14-Daten von Proben, für die unabhängig davon ein expliziter zeitlicher Bezug im archäologischen Kontext erarbeitet werden konnte, Historikern dennoch angedient werden können. Das dabei zur Anwendung kommende statistische »Verfahren« wird in diesem Kapitel näher beleuchtet. Der technische Fortschritt hat die Schwierigkeiten, die in den Anfangs- gründen der Methode schier unüberwindlich schienen, schon längst gegen die sonstigen Unsicherheiten der Methode relativiert. Man wußte anfangs um die Probleme bei der Extrahierung des Kohlenstoffs und natürlich auch hinsicht- lich der präzisen Messung des Signals, das gegenüber der Hintergrundstrah- lung verschwindend klein ausfiel. Mit deren zunehmender Beherrschung tra- ten aber andere Fehlerquellen in den Vordergrund. Hier ist beispielsweise die Probenlagerung und -aufbereitung zu nennen. Der summarisch abzuleitende Fehler kann in der Regel nicht sicher korrigiert werden. Während aber der Zufallscharakter des radioaktiven Zerfalls durch eine Verlängerung der Meß- zeit grundsätzlich kompensierbar ist, versagen alle anderen Anstrengungen angesichts disparater Meßergebnisse für Proben bekannten Alters. 7.2 Vom »C14-Alter« zum »historischen Alter« einer Probe Ein »historisches Alter« wird in Kalenderjahren angegeben. Der Nullpunkt der Zählung sowie die Zählrichtung ergeben sich aus zugesetzten Kürzeln wie BP, BC oder AD. So setzt der Zusatz BP (= »before present«) für C14-Daten als Nullpunkt das Jahr 1950 und legt als Zählrichtung die Vergangenheit fest. Der Zusatz BC (= »before christ«) bezeichnet dieselbe Zählrichtung bei einem von heute (zur Zeit des Drucks der 1. Auflage) um 1997 Jahre in die Vergan- genheit verschobenen Nullpunkt. Der Zusatz AD (= »anno domini«) hat wie- derum denselben Nullpunkt wie BC, legt die Zählrichtung aber in die Zukunft. Mit derartigen Angaben ist also die Zeitdifferenz zu heute in dem üblichen Maß von Kalenderjahren und gegebenenfalls Tagen etc. gegeben., 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? 243 Das »C14-Alter« einer Probe repräsentiert hingegen lediglich die Zeit- 7.1 Wenn im Be-wußtsein der Hi- spanne, die verstreichen müßte, bis die C14-Aktivität einer allgemein zugäng- storiker nicht ein-gegraben wäre, lichen Standardprobe17 auf die aktuell gemessene C14-Aktivität der unter- daß C14-Datennaturgemäß »feh- suchten Probe abgefallen wäre. Das »C14-Alter« stimmte dann und nur dann lerbehaftet« seien,dann hätte sich an mit dem »historischen Alter« überein, wenn die radioaktive Zerfallskurve der den widersprüchli-chen Datierungen schon längst eine fraglichen Probe exakt mit dieser Standardaktivität gestartet wäre und zudem Debatte auf Leben oder Tod für die keinerlei Kohlenstoffaustausch während der Zeit der Lagerung stattgefunden C14-Methode ent- wickelt. hätte. Grundsätzlich kann die radioaktive Zerfallskurve der fraglichen Probe aber in jedem Punkt der rückrechenbaren Vergangenheit gestartet sein. Zu- dem ist immer mit einer »Kontamination« zu rechnen. Deswegen klaffen »C14-Alter« und »historisches Alter« auch mehr oder weniger stark auseinan- der. Doch nach landläufiger Meinung soll besagte Standardaktivität dem ei- gentlichen zeitlichen Start- oder Ankerpunkt schon sehr nahe kommen, weil die Abweichung der atmosphärischen C14-Konzentration von diesem Wert seit je klein gewesen sei. Somit hätten alle heute zugänglichen kohlenstoffhal- tigen Proben ihre »C14-Uhr« bei Beendigung ihres Stoffwechsels mit unge- fähr diesem Wert gestartet. Weil die C14-Konzentration der Atmosphäre »geschwankt« hat, muß das gemessene C14-Alter noch um den Betrag korrigiert werden, der der seiner- zeit herrschenden Abweichung dieser Konzentration entsprach. Wegen der langen Halbwertszeit von C14 ergibt 1 Prozent Abweichung in der ursprüng- lichen C14-Konzentration nämlich bereits 83 Jahre Abweichung des C14-Al- ters zum eigentlichen historischen Alter (siehe Textbox 7.7 ). Der Schritt vom C14-Alter zum historischen Alter geschieht durch eine entsprechende »Kali- brierung«. Dabei werden Übereinstimmungen zwischen der rezenten C14-Ra- dioaktivität bzw. -Restaktivität der Probe einerseits und entsprechenden Wer- ten aus einer Kurve von C14-Restaktivitäten historisch absolutdatierter Pro- ben andererseits festgestellt (vgl. Kapitel 9.3, Bilder 7.1 und 9.1 ). Für ein si- cheres historisches Datum für die radioaktiv vermessene Probe müssen not- wendigerweise 1) die beiden Proben, die als zeitgleich in Frage kommen sollen, den Stoff- wechsel tatsächlich mit derselben Aktivität beendet haben, und 2) eine lückenlose Chronologie der atmosphärischen Radioaktivität in Ge- stalt absolutdatierter und hinsichtlich ihrer C14-Restaktivität vermessener 17 Dieser Standard besteht aus einer präparierten Oxalsäure, die vom U.S.-amerikanischen NATIONAL BUREAU OF STANDARDS (NBS) ausgegeben wird [Cavallo 1980]., 244 C14-Crash, 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? 245 7.1 Der Unterschied zwischen definitionsgemäßer Kalibrierung und sogenannter Altersbestimmung Das allgemein angewendete Verfahren zur Kalibrierung von C14-Daten beruht auf einigen Umwegen, die jedoch dazu dienen, das ursprüngliche Vorurteil, mit der gemessenen C14-Aktivität einer Probe annähernd auch ihr Alter zu kennen. Wir vergleichen korrekte Kalibrierung mit üblicher »Altersbestimmung«: ! Definitonsgemäße Kalibrierung: Hierfür wird lediglich die Probenaktivität (hier im Beispiel ca. 32%) mit einer ausreichend dicht gemessenen und absolut da- tierten Reihe von Restaktivitäten abgeglichen und daraus ohne Umwege das Absolutalter von ca. 7.000 Jahren BP bestimmt (die beiden dicken Pfeile). Die C14-Methode kann definitionsgemäß nur zeitliche Synchronisierungen herbei- führen. ! Sogenannte Altersbestimmung: Dabei muß zuerst eine Standard-Startaktivität (hier im Beispiel ist es 100%) vereinbart werden, um das sogenannte C14-Al- ter der Probe (ca. 9500 Jahre BP) errechnen zu können. Dieser Vorgang wird mißverständlich »Altersbestimmung« genannt, denn C14-Alter und Absolutal- ter weichen tatsächlich erratisch voneinander ab. Zusätzlich muß nun für alle gemessenen Werte der Restaktivitätenreihe der zeitliche Unterschied A zu der Aktivität gleichen Wertes aus der Standardkurve bestimmt werden. Die- se jeweiligen Unterschiede (oder »Korrekturen«) A werden im oberen Gra- phen als Abweichung A’ von der Winkelhalbierenden zur Bildung der Kali- brierkurve eingesetzt. So bekommt man am Ende über mehrere Umwege aus dem Schnittpunkt zwischen dem C14-Alter, das aus der Probenaktivität er- rechnet wurde, und der errechneten Kalibrierkurve dasselbe Absolutalter wie beim direkten Vergleich von Probenaktivität und der Kurve der Restakti- vitäten. Der zusätzliche und zugleich irreführende Aufwand bei der konventionellen Vor- gehensweise erklärt sich aus dem Mißverständnis, mit der Standardaktivität den im wesentlichen gleichbleibenden C14-Aktivitätswert für die Atmosphäre zu spiegeln. Nur in diesem Fall wäre mit dem C14-Alter annähernd auch das Abso- lutalter bestimmt. Zusätzlich irreführend für die Fehlerdiskussion ist die quasi-li- neare Gestaltung des Zusammenhangs zwischen C14-Alter und Absolutalter, während aus dem Verlauf der Kurve der Restaktivitäten unmittelbar deutlich wird, daß für Bereiche niedriger Restaktivitäten bei gleichbleibender Dynamik wegen des flacheren Verlaufs höhere Abgleichfehler resultieren müssen. Nr. Vorgänge bei der Kalibrierung konv. direkt 1 Messung Probenaktivität " 2 Messung der Restaktivitäten absolut datierter Proben " 3 Vereinbarung einer Standardaktivität " 4 Umrechnung Probenaktivität in C14-Alter " entfällt 5 Umrechnung der Restaktivitäten in Kalibrierreihe " 6 Graphische Auswertung " 7.1, 246 C14-Crash Proben vorliegen, die es erlaubt, alle in Frage kommenden Zeiträume zu prüfen. Wir haben die Ungültigkeit der auch als »Simultanitätsprinzip« beschriebenen Voraussetzung (1) schon im 2. Kapitel angeschnitten und werden sie im 9. Kapitel noch einmal ausführlich analysieren und begründen. Aufgrund global uneinheitlicher Diffusionseffekte besitzt eine Chronologie18 der atmosphäri- schen C14-Radioaktivität nur lokalen und nicht etwa globalen Charakter. So ist es beispielsweise nicht erlaubt, eine amerikanische Probe mit einer euro- päischen Chronologie zu kalibrieren. Es sei betont, daß die Voraussetzung (2) – Verfügbarkeit einer lückenlo- sen Chronologie der atmosphärischen C14-Radioaktivität – nur unter Zu- grundelegung der Voraussetzung (1) geschaffen werden konnte (Stichwort »wiggle-matching«, zum Verfahren vergleiche auch Bild 2.5 ). Mithin ist eine Kalibrierung und damit die Gewinnung eines historischen Alters aus einem C14-Datum solange unpraktikabel, wie keine lokale, zusammenhängende C14-Chronologie der Atmosphäre zum Vergleich vorliegt. Das eigentlich Pa- radoxe der C14-Methode, die als lichte Fackel wider das Dunkel der histori- schen Chronologie eingeführt worden war, besteht also darin, daß ihre An- wendbarkeit von der Existenz lauter lückenloser historischer Absolutchrono- logien abhängt (vergleiche Kapitel 3.1). Diese liegen zwar in Form mehrerer Baumringchronologien vor, die jeweils bis zu 12.000 Kalenderjahre umfassen, doch sind diese dadurch desavouiert, daß an ihrer Wiege die mit unzutreffenden Annahmen operierende C14-Methode gewacht und all ihre Entwicklungsschritte gelenkt und gestützt hat. 7.3 Die Bandbreite der Fehler und Korrekturen Während wir uns auf die Chronologie der atmosphärischen C14-Radioaktivi- tät, die unserer Einschätzung nach grundsätzlich falsch rekonstruiert worden ist, im Kapitel 9 konzentrieren werden, widmen wir uns in diesem Kapitel der Messung der zu datierenden Probe selber. Eine Analyse der Fehlerquellen, die über die reine Messung hinausgehen und zugleich in keinem Zusammen- hang mit der Kalibrierung stehen, findet sich in Kapitel 8. Um die gemessene 18 Tatsächlich beinhaltete bereits das sogenannte »Fundamentalprinzip« Libbys eine solche Chronologie. Seine Annahme, daß die C14-Konzentration der Atmosphäre seit je und zugleich überall auf der Erde konstant gewesen sei, bedeutete nichts anderes als die lückenlose Kenntnis des zeitlichen und örtlichen Verlaufs dieser C14-Konzentration und war damit eine klare chronologische Aussage., 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? 247 Restaktivität der Probe am Ende in ihr historisches Alter übersetzen zu kön- 7.2 Wie konnte ei-ne sogenannte nen, werden unkorrigierbare zufällige Fehler und – in gewissen Grenzen kor- »naturwissen-schaftliche Datie- rigierbare – systematische Fehler in Rechnung gestellt. Diese können wie rungsmethode«die Vorreiterrolle folgt unterschieden werden: bei der Absolutda-tierung bekommen, ob- wohl sie nur auf 1) zufällige Fehler der Radioaktivitätsmessung der Basis einer hi- storischen Absolut- 2) meßspezifische Korrekturen chronologie funk- tionierte, die erst 3) probenspezifische Korrekturen mit 20 Jahren Ver- spätung zur Zufrie- 4) Restfehler denheit einiger Be- teiligter vorlag? Im Rahmen der Theorie von der Quasi-Konstanz der atmosphärischen C14- Aktivität wird die anschließende 5) Kalibrierung ebenfalls gerne als »Korrektur« bezeichnet. Insbesondere soll diese unabhän- gig von dem Fundort durchgeführt werden können. Die C14-Kalibrierung ist jedoch keine Korrektur im Sinne der Kompensation kleinerer Abweichungen infolge global einheitlich variierender physikalischer Randbedingungen. Sie muß auf einer lokalen Rekonstruktion der C14-Konzentration der Atmosphä- re beruhen, die eine einmalige Geschichte repräsentiert und nicht aus anderen Geschichten extrapoliert werden kann. Die Berücksichtigung der zufälligen Fehler bei der Messung (1) und von systematischen meßspezifischen Korrekturen (2) werden in der Regel routine- mäßig von dem involvierten Meßlabor gemacht. Die probenspezifischen sy- stematischen Korrekturen (3) müssen hingegen von dem verantwortlichen Ar- chäologen veranlaßt und bewertet werden. Mit einem Restfehler (4) ist schon aufgrund der erfahrungsgemäß teils erheblichen Abweichungen der Untersu- chungen identischer bzw. ausdrücklich gleichaltriger Proben zu rechnen. Alle vorgenommenen Korrekturen können Größenordnungen über dem Meßfehler liegen und tragen, da sie naturgemäß selber fehlerbehaftet sind, zusätzlich zu dem Fehler bei, der auch nach allen Korrekturen verbleiben wird. Die obige Liste unterschiedlicher Fehlerquellen wird für gewöhnlich folgendermaßen detailliert: 1.1 Angabe der Meßunsicherheit, die wegen des zufälligen Charakters der Radioaktivität gegeben ist, und deren Höhe mit der Dauer der Messung abnimmt (vergleiche Bild 7.2 ). 2.1 Bewertung unveränderlicher Quellen für systematische Meßfehler aus Hintergrundstrahlung, laborinternen Verunreinigungen bei der Probenauf- bereitung etc.., 248 C14-Crash 7.2 Aufwand und Präzision Aufgrund des zufälligen Charakters des radioaktiven Zerfalls muß zur Erreichung einer einprozentigen Genauigkeit der Messung von Zerfallsereignissen bei Ver- wendung eines Gramms reinen und jetztzeitigen Kohlenstoffs ein halber Tag ge- messen (= gezählt) werden. Der zufällige absolute Fehler F einer Messung von radioaktiven Zerfallsereignissen hängt nur von der Anzahl N der registrierten Er- eignisse ab und ergibt sich als relativer Fehler f im Verhältnis zu dieser Anzahl mit 1/! N. Für einen Fehler unter 1% müssen also mehr als 10.000 Zerfallsereig- nisse registriert werden. Die Grafik wurde unter der Annahme einer Zerfallsrate von 13.5 Zerfällen je Minute und Gramm reinem Kohlenstoff erstellt. Das ent- spricht einer jungen Probe. Bei nur halber Aktivität muß natürlich die doppelte Meßzeit veranschlagt werden, um auf dieselbe Meßgenauigkeit zu kommen. Bei entsprechend langen Messungen wären Diskussio- nen über problematische C14-Daten ein für allemal beendet – wenn nicht zusätz- liche Fehlerquellen vorhan- den wären, die wesentlich höhere Unsicherheiten als die aus dem radioaktiven Zerfall bei zu kurzer Meßzeit ins Spiel bringen. Der techni- sche Standard hat den Fehler aus der Messung selber schon längst beherrschbar gemacht. Das wird nur zu gerne übersehen, um eine Art Entschuldigung für den Restfehler aufrechterhalten zu können. Seit der Ent- wicklung der Beschleunigermassenspektrometrie (»Accelerator Mass Spectro- metrie«, Abk.: AMS), die in ausgewählten Labors durchgeführt werden kann, wird allerdings die Zuverlässigkeit der Zählung der Zerfallsereignisse (»Low Level Counting«, Abk.: LLC) angezweifelt. Der Grund wird in fehlenden Kon- trollmessungen aufgrund der Begrenztheit des Materials gesehen. Bei der AMS genügen Proben im Milligrammbereich, während die konventionelle Aktivitäts- messung 1.000 mal mehr Material (also im Grammbereich) benötigt. Die Tabelle gibt einen Vergleich der beiden Meßmethoden [nach Wölfli 1992, 31]. Eigenschaften LLC AMS Kohlenstoffbedarf > 0.5 Gramm > 0.5 Milligramm Meßzeit mehrere Tage < 30 Minuten Präzision 2 - 5 ‰ 2 - 5 ‰ Zuverlässigkeit ??? hoch Altersbereich < 40.000 Jahre < 50.000 Jahre, 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? 249 2.2 Ermittlung und Kompensation einer Verschiebung der C14-Konzentration in der Probe gegenüber der C14-Konzentration, die seinerzeit in der At- mosphäre geherrscht hat, durch den Vorgang der Isotopenfraktionierung im lebenden Organismus19 (Ermittlung durch zusätzliche Messungen be- stimmter anderer Isotopenverhältnisse). 3.1 Beurteilung des Einflusses der Vorbehandlung während und nach der Pro- bengewinnung (»pretreatment«). 3.2 Abschätzung des möglichen Grades der Kontaminierung (»contaminati- on«), d.h. dem tatsächlichen Grad der Isolation des fraglichen Kohlen- stoffträgers vom Kohlenstoffaustausch – jenseits des Metabolismus zu Lebzeiten – während der gesamten Lagerzeit. 3.3 Abschätzung der Auswirkung von Tiefseewasser, von altem und »hartem« Wasser, von geographischer Nähe zu vulkanischer Aktivität, der geogra- phischen Breite im allgemeinen (Nord/Südgefälle) (»reservoir effects«) auf den Stoffwechsel lebender Proben. 4.1 Angabe und Versuch einer Quantifizierung sonstiger diffuser Fehlerquel- len, die naturgemäß nicht korrigiert werden können. Der vom Labor angegebene Wert enthält in der Regel alle Korrekturen bis auf die unter 3. genannten. Es wird dabei nicht selten beklagt, daß das Proze- dere von den Laboren nicht eindeutig gehandhabt bzw. beschrieben wird. Für den Laborprozeß gibt es zusätzliche Metafehler, solche also, die auch eine gewissenhafte Fehlerbetrachtung seitens des Labors nicht zu berücksichtigen vermag und die erst durch Vergleich mit den Messungen an identischen bzw. sicher gleichaltrigen Proben durch andere Labors zu Tage kommen. Wir ver- weisen zu diesem Thema auf das Kapitel 8.6. Der veröffentlichende Wissenschaftler diskutiert in Kenntnis der archäo- logischen Situation für gewöhnlich die probenspezifischen Korrekturen und nimmt auch die Kalibrierung vor. Je dringlicher die Art des Kohlenstoffträ- gers einerseits und die des Fundortes andererseits eine Korrektur verlangen, desto stärker wird das erwartete Alter in diese Diskussion einfließen. Daß die Labors im allgemeinen nicht vorab kalibrieren, ist verständlich, weil es hier- für keine allgemein akzeptierte bzw. vorgeschriebene Vorgehensweise gibt. Alle aufgeführten Korrekturverfahren haben also das Ziel, das so bereinigte C14-Alter mittels einer Konkordanz zwischen C14- und Kalenderjahren in ein historisches Alter übersetzen zu können. Die genannten Korrekturverfah- 19 Mit »Isotopenfraktionierung« wird die von Art zu Art unterschiedliche Bevorzugung der leichteren Isotope gegenüber den schwereren Isotopen eines bestimmten Elementes bezeichnet. 7.2, 250 C14-Crash ren revidieren nicht etwa einige nebensächliche Effekte vor der endgültigen Transformation in ein historisches Alter, sondern häufen in der Regel etliche Jahrhunderte zusätzlicher Datierungsunsicherheit an und werfen dadurch nicht selten schon immanent die Frage nach der Substanz der C14-Methode auf. Die Umrechnung eines wie auch immer gewonnenen C14-Alters in ein hi- storisches Alter steht gerade wegen der immer wieder bedrohlich kumulieren- den Korrekturprobleme im Fokus unserer Kritik. Wir wollen in diesem Kapi- tel zeigen, daß eine Betrachtung des Fehlers, der aus dem zufälligen Charak- ter des radioaktiven Zerfalls rührt, nicht ausreicht, um oftmals divergierende Datierungen an Proben aus demselben archäologischen Zusammenhang hin- reichend zu erklären. Die Daten sind erratischen Charakters, mit teils uner- klärlichen Schwankungsbreiten von Jahrhunderten. Sie werfen ein düsteres Licht auf die jahrzehntgenau daherkommenden Kalibrierkurven. Wie soll eine Kalibrierung global einen derart genauen Maßstab abliefern, wenn schon lo- kal auch durch feinsinnigste Korrekturmaßnahmen nicht in den Griff zu be- kommende Makroschwankungen vorkommen? 7.4 Was bedeutet der ±-Fehler bei den Altersangaben? Vom Labor veröffentlichte C14-Alter werden mit einem ±-Fehler angegeben, z.B. 4.000 ± 40 Jahre BP (siehe auch Bild 3.3 ). Das Alter von 4.000 Jahren BP wird einer Konvention zufolge nicht vom jeweils aktuellen Jahr aus gerechnet, sondern vom Jahr 1950 AD aus. Die Abweichung von ± 40 Jahren bezieht sich dabei grundsätzlich nur auf die Unsicherheit aus dem wesentli- chen Meßprozeß, d.h. der Zählung von (radioaktiven) C14-Zerfällen bzw. der direkten Zählung von C14-Atomen im Massenspektrometer. Solange keine Umrechnung des C14-Alters in ein Absolutalter erfolgt, braucht der Fehler aus der Bestimmung der Halbwertszeit nicht miteinzufließen (dieser wird mit ± 40 Jahren angegeben [Taylor 1987, 9]). Mögliche laborbedingte Abweichun- gen, die zum Zählfehler hinzukommen, werden in der Regel als systematische Fehler klassifiziert und durch eine Korrektur der Altersangabe berücksichtigt. Der angenommene Fehler der Korrektur selber spiegelt sich in einer Aufrun- dung oder sonstwie moderaten Erhöhung des zufälligen Fehlers wieder. Es ist üblich, den zufälligen Fehler des C14-Alters so anzugeben, daß von einer knapp 70%igen Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden kann, daß das »wahre« C14-Alter, das wegen des zufälligen Charakters des radioaktiven Zerfalls mit einer zeitlich begrenzten Messung nicht enttarnt werden kann, in dem angegebenen Intervall liegt (vergleiche Bild 7.4 ). Dabei spielt es eine, 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? 251 entscheidende Rolle, ob dieser Wert aus der Messung einer einzigen Probe 7.3 Der Fehler ei-nes C14-Datums stammt, oder ob er aus der Auswertung von mehreren Werten vergesellschaf- resultiert zumkleinsten Teil aus teter und u.U. als gleichzeitig angesetzter Proben gewonnen wurde. Die stati- dem Zufallscha-rakter der Radio- stische Behandlung der Ergebnisse aus solchen Mehrfachmessungen führt in aktivität, zumgrößten Teil dage- der Praxis zu einer bedeutenden Verringerung des angegebenen Fehlers und gen aus fehlerbe-hafteten Korrektu- ren, mit denen kann deshalb über den erheblich höheren Fehler einer Einzelmessung hinweg- man zahlreiche, angeblich syste- täuschen. Und das, obwohl die C14-Daten zwischen den Proben wiederum so matisierbare Ein- flüsse auf die Pro- stark voneinander abweichen können, daß im mathematischen Sinne für die ben herausrech- nen möchte. tatsächliche Gleichzeitigkeit jeweils nur noch eine geringe Wahrscheinlich- keit verbleibt. Alle Quellen für eine systematische Differenz zwischen diesem C14-Alter, das einen mehr oder weniger sicher ermittelten Laborwert darstellt, und dem historischen Alter müssen unabhängig von dieser Betrachtung zusätzlich be- rücksichtigt werden und können ein Mehrfaches dieser zufälligen Abwei- chung betragen (vgl. insgesamt Kapitel 8). Die vor jeder systematischen Kor- rektur getroffene Aussage über ein C14-Alter (Zeitangabe ± Abweichung) darf – auch nach einer vorzeitig hier durchgeführten Kalibrierung – nicht da- zu verleiten, das historische Alter in dem resultierenden Zeitintervall zu ver- muten. Mit der Abweichung wird ausschließlich dem stochastischen Charak- ter des radioaktiven Zerfalls und den diesbezüglich beschränkten Meßmitteln sowie einigen laborinternen Unsicherheiten Rechnung getragen. Wenn von Hochpräzisionsmessungen die Rede ist, dann bezieht sich »Präzision« aus- schließlich auf die Handhabe der laborinternen Vorgänge und nicht auf die bessere Handhabe sonstiger die Probe direkt betreffenden Einflüsse. Im Fol- genden gehen wir detaillierter auf die Interpretation von »Abweichungen« bzw. »Meßfehlern« ein. 7.5 Wie genau kann eine Radioaktivitätsmessung überhaupt sein? Auch im Idealfall – nämlich ohne weitere systematische Fehler – ist eine zeit- lich begrenzte Messung mit einem »Fehler« in dem angegebenen Wert für die gemessene Radioaktivität (Summe der registrierten Zerfallsereignisse geteilt durch die entsprechende Meßzeit) verbunden. Anderenfalls müßte die aufge- wendete Zeit für die Messung der Zerfallsereignisse unendlich lang angesetzt werden, damit die so errechnete Zerfallsrate auch den »wahren« Wert wieder- gibt (wobei natürlich mit jedem Zerfallsereignis die Aktivität selber bereits sinkt). Da der radioaktive Zerfall des einzelnen Kohlenstoffatoms C14 zufäl- lig vonstatten geht, werden in begrenzten Beobachtungszeiträumen bei Mehr-, 252 C14-Crash 7.3 Nagelbrett zur Veranschaulichung einer Normalverteilung Unter der Annahme, daß die Anzahl der zufällig wirksamen Fehlerfaktoren sehr groß ist (»Nägel«), sind deren Auswirkungen (»gleichwahrscheinliche Ab- weichungen nach rechts bzw. links«) bei vielen Wiederholungsmessungen nor- malverteilt [Bortz 1993, 77]. Eine Normalverteilung ergibt sich also immer dann, wenn die Ereignisse vielen Einflüssen ohne erkennbare Systematik ausgesetzt sind., 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? 253 fachmessungen grundsätzlich unterschiedlich viele Zerfallsereignisse auftre- ten. Die Zerfallsrate des C14 ist tatsächlich so gering, daß erst nach etlichen Tagen bis Wochen permanenter Messung (je nach Höhe der C14-Aktivität der Probe) diese Unsicherheit aus dem Zufallscharakter des radioaktiven Zer- falls in den Promillebereich heruntergedrückt werden kann (vgl. die Zahlen sowie die Abgrenzung zur AMS-Messung in Bild 7.2 ). Zur Erinnerung: Jedes Fehlerprozent macht rund 83 C14-Jahre Datierungsunsicherheit aus (hierzu Textbox 7.7 ). Im Kapitel 6.2 wird auf die diesbezüglich extrem unterschiedli- chen Bedingungen zwischen kommerzieller Radiomedizin und der C14-Da- tierungsmethode eingegangen. Teilt man also eine Kohlenstoffprobe in mehrere gleiche Teile auf und vermißt diese gleichzeitig durch entsprechend viele Apparaturen (oder nach- einander in derselben Apparatur), dann kommen am Ende der Messungen na- turgemäß unterschiedliche Meßwerte für die Zerfallsrate heraus. Und je kür- zer der Zeitraum für die Messung war, desto größer wird auch die Streuung zwischen den Werten sein. Nichtsdestotrotz sollten sich die so erhaltenen Meßwerte stets auf charakteristische Weise um einen Mittelwert verteilen (siehe Bild 7.8 ). Diese Verteilung wird Normalverteilung genannt. Erst aus einer größeren Zahl von Messungen kristallisiert sich also der wahre Wert heraus, der aus einer einzigen dieser (gleich langen) Messungen nur entspre- chend ungenau angegeben werden kann (dazu auch Bild 7.3 ). Um aber umgekehrt Daten aus mehreren C14-Messungen zum Zwecke der Erhöhung der Genauigkeit zu einem Mittelwert »schnüren« zu dürfen, müssen diese selbstverständlich dieselbe C14-Konzentration aufweisen bzw. alle, je länger die Meßzeit veranschlagt wird, immer ähnlichere Aktivitäts- werte produzieren. Meßwerte aus präzisen Einzelmessungen, die in Relation zu den angegebenen Fehlern zu weit (wir kommen noch auf die Bedeutung von »zu weit« zu sprechen) auseinander liegen, dürfen nicht als gleichzeitig und damit zur Kalkulation eines »Metamittelwertes« herangezogen werden. Damit ist eine der meistgenutzten und zugleich fragwürdigsten Vorgehens- weisen der C14-Wissenschaft skizziert, um zu schein-signifikanten Datierun- gen zu gelangen. Die Theorie des radioaktiven Zerfalls, die elementar auf der Unabhängig- keit des einzelnen Zerfallsereignisses fußt, sagt eine Normalverteilung mehr- fach durchgeführter zeitlich begrenzter Messungen an identischen Proben voraus. Bei einer solchen Normalverteilung liegen 68% aller Meßwerte inner- halb der sogenannten Standardabweichung (engl.: standard deviation), die als mittlere Abweichung vom statistischen Mittel als dem wahren Wert definiert 7.3, 254 C14-Crash 7.4 Die Interpretation der Standardabweichung Es wird nach der Berücksichtigung aller Korrekturen die Wahrscheinlichkeit quantifiziert, daß das wahre Alter der Probe in Maßen der Standardabweichung σ von dem gemessenen Alter abweicht. Das Maß für die Wahrscheinlichkeit, das wahre Alter in einem bestimmten Intervall zu finden, ist durch den entsprechen- den Flächenausschnitt im Verhältnis zur Gesamtfläche gegeben. Die Wahrschein- lichkeiten, daß der wahre Wert sich im Intervall ±1σ, ±2σ bzw. ±3σ um den ge- messenen Wert herum befindet, ist oben im Bild angegeben. Die Jahresskalie- rung entspricht dem angegebenen Alter von 4000 ± 50 Jahren. Die angegebene Wahrscheinlichkeitsverteilung entspricht der Gauss'schen bzw. Normalvertei- lung [nach Aitken 1990, 80]., 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? 255 und entsprechend ausgerechnet wird (vergleiche Bild 7.4 ). Es liegen bereits 95% aller gemessenen Mittelwerte innerhalb der zweifachen Standardabwei- chung und 99.7% innerhalb der dreifachen Standardabweichung. Für das Fol- gende ist wichtig: a) Die gemessenen Werte der Radioaktivität von identischen bzw. – im Sin- ne der Theorie der C14-Methode – zeitgleichen Proben weisen eine Nor- malverteilung um einen mittleren Wert auf, der als wahrer Wert für die Radioaktivität angenommen werden darf. b) Umgekehrt gilt genauso: Radioaktivitäten, die sich nicht um einen – fikti- ven – Wert normalverteilen, stammen nicht bzw. teilweise nicht von iden- tischen/zeitgleichen Proben (bzw. die von ihnen erhaltenen Werte sind im Einzelnen systematisch verfälscht). Für die Abschätzung der Wahrschein- lichkeit, inwieweit die Proben tatsächlich identisch sind, können entspre- chende Tests gemacht werden. c) Die ±-Abweichung für eine Einzelmessung wird so interpretiert, daß der erst aus einer Vielfachmessung sich herauskristallisierende mittlere bzw. wahre Wert mit 68% Wahrscheinlichkeit in diesem Bereich liegen wird. d) Werden qualitativ vergleichbare Einzelmessungen an Proben zusammen- getragen, die für zeitgleich gehalten werden, so müssen diese grundsätz- lich normalverteilt sein. Je schwächer diese Normalverteilung ausfällt, de- sto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, daß die Proben tatsächlich zeit- gleich sind. Mehrere Radioaktivitätsmessungen zeitgleicher Proben ergeben immer ein genaueres Ergebnis als nur eine einzige. So ist es allemal erstrebenswert, nach Möglichkeiten zu suchen, mehrere Messungen auch unterschiedlicher Proben zusammenzufassen, so daß der Fehler des ermittelten Datums deutlich ge- senkt werden kann. Doch die Voraussetzung der Gleichaltrigkeit im radiome- trischen Sinne muß unbedingt gegeben sein, sonst ist es Augenwischerei. Daß der Tatbestand der Augenwischerei erfüllt ist, werden wir im Folgenden zei- gen. 7.6 »One date is no date« Die oft zitierte Formel »one date is no date« (sinngemäß: »eine einzelne Da- tierung ist gar keine Datierung«) sei, so M.J. Aitken, sowohl wegen weit zu- rückliegender als auch wegen bestimmter aktueller Einflüsse auf die Proben – Kontaminierung, eingeschlossene Materialien, mißverstandene Merkmale, Fehler im Labor etc. – evident [Aitken 1990, 95]. Aitken schreibt deshalb: »Eine 7.4, 256 C14-Crash zweite Bestimmung für dieselbe archäologisch bestimmte Schicht erhöht die Nützlichkeit eines einzelnen Datums um ein Vielfaches: Solange sich die 1σ- Spannen (jeweils 68% Wahrscheinlichkeit für Beinhalten des wahren Wertes) noch überlappen [d.h. der Abstand der Werte maximal 2σ beträgt], ist die Vertrauenswürdigkeit beider Daten enorm gesteigert, wenn hingegen auch die 2σ-Spannen nicht überlappen, dann kann in keines von ihnen Vertrauen ge- setzt werden.« Aitken stellt damit fest, daß die C14-Daten zweier historisch gleichaltriger Proben ohne Einbuße der Glaubwürdigkeit so stark voneinander abweichen dürfen, daß für ihre radiometrische Gleichzeitigkeit nur noch eine Wahr- scheinlichkeit von 15% übrig bleibt20. Und erst wenn diese Wahrscheinlich- keit auf einige wenige Prozent abgesunken ist, könne den Proben gar kein Vertrauen mehr entgegengebracht werden (vergleiche dazu Bild 3.2 ). Damit werden äußerst fragwürdige Regeln benannt, wie mit offenbar »normalen« Abweichungen umgegangen werden soll, die über das Maß ohnehin zu erwar- tender Streuungen einzelner Aktivitätsmessungen deutlich hinausgehen. Diese Toleranz wäre nur legitim, wenn das Gros aller derart betrachteten Paare mit ausreichend ähnlichen radiometrischen Daten verbunden wäre. Nur dann ließe sich ein Vertrauen in die Methode so weit begründen, um auch für die seltenen Fälle divergierender radiometrischer Daten historische Gleichzei- tigkeit annehmen zu dürfen. (Tatsächlich sagt ja die Statistik auch voraus, daß immer ein paar Ausreißer vorhanden sein sollten.) Aitken stellt seine Regeln jedoch nicht für die Ausnahme, sondern für den Normalfall auf. Erneut ist ein Zirkelschluß festzustellen: Schon immer war ein einzelnes Datum wertlos, weil nämlich ein weiteres Datum in der Regel (und nicht in der Ausnahme) zu einem quantitativ anderen Ergebnis führte. Dabei geht es wohlgemerkt um Datierungsdifferenzen jenseits zufälliger Schwankungen zwischen einzelnen Aktivitätsmessungen. Mithin war niemals die Vorausset- zung gegeben, zwei divergente Daten als vertrauenswürdig im Rahmen der Gesetzmäßigkeit großer Zahlen zu akzeptieren. Das »one date is no date« ent- zieht der C14-Methode endgültig ihre entscheidende Basis, nämlich das Si- 20 In der Radiomedizin gilt derselbe (2σ-)Abstand der Mittelwerte, der für Aitken immer noch Vertrauen in Gleichzeitigkeit begründet, als Grenzwert, um von signifikanten Unterschie- den zu sprechen [zum Winkel 1975, 55]. Gingen die Mediziner sicherheitsphilosophisch wie die C14-Wissenschaftler vor, so würden sie Aktivitätswerte bereits als unterschiedlich interpretieren, die noch zu 95% [bzw. 85%] Wahrscheinlichkeit für Gleichheit ausweisen. C14-Wissenschaftler signalisieren nach den Spielregeln wissenschaftlicher Statistik, daß beim Umgang mit ihren Daten jegliche Gefährdung für Mensch und Material ausgeschlos- sen sein müsse, weil ein hohes Maß an falschen Schlüssen zu tolerieren sei. Wissenschaft- ler, die sich auf C14-Daten stützen wollen, haben da sicherlich etwas höhere Ansprüche., 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? 257 multanitätsprinzip, nach dem für gleichaltrige Proben auch das gleiche C14- 7.4 Wenn die an-erkannten Regeln Alter nachweisbar sein muß. Wer nach 50 Jahren Praxis nicht zu Korrektur- für die Auswertungvon C14-Daten de- verfahren vorgedrungen ist, die die vorhandenen Divergenzen sicher bereini- ren Inkonsistenzals Normalfall und gen können, der hat endgültig kein Motiv mehr, an der Glaubwürdigkeit di- nicht als Ausnah-me zugrundele- vergenter Daten festzuhalten. gen, dann ist dieVertrauensbasis für die C14-Metho- Aitken beschrieb eingangs die Goldenen Regeln für die Beurteilung der de zu schmal ge- worden, um fun- historischen Gleichzeitigkeit zweier Proben trotz radiochronologischer Diver- dierte chronologi- sche Schlüsse ab- genz. Ähnliche »Regeln« existieren auch für die Auswertung einer größeren leiten zu können. Anzahl historisch an sich gleichaltriger Proben. In einem solchen Ensemble sollten trotz Gleichzeitigkeit tatsächlich immer auch Paare mit divergieren- den Meßwerten zu finden sein. Deshalb führt die Betrachtung einzelner Paare hier nicht weiter, sondern es muß die Ähnlichkeit der tatsächlichen Verteilung der Meßwerte zu der Normalverteilung überprüft werden. Bei der Auswertung von C14-Daten für ein Ensemble, das mehr als zwei Proben umfaßt, wird die »Gleichzeitigkeit« nun folgendermaßen geprüft: Die Annahme der Gleichzeitigkeit soll dann legitimiert sein, wenn rund b (ent- sprechend den 68% der 1σ-Spanne) der Meßwerte, die das Probenensemble repräsentieren, den Mittelwert, der aus allen in Frage kommenden Meßwerten errechnet wurde, mit ihrer jeweiligen 1σ-Spanne erfassen, wobei die 68% bei einem kleinen Ensemble (vergleiche Bild 7.5 ) natürlich recht hemdsärmelig zu handhaben sind. Diese Forderung ist zwar notwendig, aber keineswegs hinreichend, um von einer Normalverteilung ausgehen zu können, das heißt, diese Bedingung wird auch von Verteilungen erfüllt, die hochwahrscheinlich nicht von radiometrisch gleichaltrigen Proben erzeugt wurden. Aitken [1990, 97] bringt hierzu auch zwei instruktive Beispiele: a) Hier erfassen 4 von 7 Meßwerten, also nur 57% statt 68%, den aus allen 7 Meßwerten gebildeten Mittelwert mit ihrer 1σ-Spanne, was mit der oben wiedergegebenen Definition von »Gleichzeitigkeit« zwar nicht gut ver- träglich ist, von Aitken jedoch als »coeval« (dt. gleichaltrig) akzeptiert wird, b) Hier erreichen eingangs nur 2 der 8 Werte mit ihrer 1σ-Spanne den aus al- len 8 Meßwerten gebildeten Mittelwert. Unter Weglassen der 2 gröbsten Ausreißer erfassen nunmehr 4 aus 6 Werten (also 67%) mit ihrer 1σ-Span- ne den aus den verbliebenen 6 Meßwerten ermittelten Mittelwert. Wir merken dazu kritisch an: Ein F-Test erbringt für beide von Aitken be- nannten Fälle eine Wahrscheinlichkeit deutlich kleiner als 50% dafür, daß die Ensembles aus gleichaltrigen Proben bestehen könnten. Aitken muß also, um mit diesen Ensembles weiterarbeiten zu können, eigentlich so argumentieren,, 258 C14-Crash 7.5 Umgang mit Ensembles aus divergenten C14-Daten M.J. Aitken schreibt zu diesen zwei Beispielen für den Umgang mit divergenten C14-Datierungen aus einem definierten archäologischen Kontext: »Das Schwan- ken der individuellen C14-Daten in (a) ist mit der Annahme ‘coeval’ konsistent, wobei das gewichtete Mittel bei 4.290 ± 30 Jahren liegt. Die Proben aus Beispiel (b) können nicht als zusammengehörige Gruppe akzeptiert werden und eine Verwendung des gewichteten Mittels aus allen 8 ist nicht gerechtfertigt. Nach Ausschluß der beiden Ausreißer bilden die verbliebenen 6 Werte hingegen eine akzeptable Gruppe mit einem gewichteten Mittelwert 4.370 ± 20 Jahren.« Die Frage der Konsistenz wird im Text ausführlich diskutiert. Es sei an dieser Stelle zusätzlich angemerkt, daß im Fall (a) das »älteste« Datum in einer Einzelbe- trachtung auch nach den herkömmlichen, sehr großzügig mit Abweichungen um- gehenden Regeln mit 4 der 6 anderen Werte nicht als gleichzeitig angesehen werden dürfte. Bei so wenigen verwendeten Werten kann das nicht negiert werden., 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? 259 daß in der Mehrzahl vergleichbarer anderer Fälle aber doch eine deutlich hö- here Wahrscheinlichkeit für Gleichzeitigkeit resultiert und er es in diesem Fall folglich mit einem statistischen Ausreißer zu tun hat. Tatsächlich ist aber die Situation sehr häufig genauso fragwürdig und sogar noch fragwürdiger wie in den hier diskutierten beiden Fällen. Die prekäre Situation lag tatsäch- lich von Beginn an vor, als Libby 1949 vergeblich versuchte, das Simultani- tätsprinzip anhand eines extrem »ungleichzeitigen« Ensembles [Libby et al. 1949] zu verifizieren (Bild 7.6 ). Wenn nun in Aitken’s Beispiel (a) die Einzelmessungen nur etwas besser gewesen wären, dann hätte auch nach Aitkens toleranter Auslegung besagter Regel eine Gleichzeitigkeit für alle 7 Meßwerte nicht mehr beansprucht wer- den können. Oder umgekehrt: Ein Heraufsetzen des Fehlers für die Einzel- messungen in Beispiel (b) würde doch alle 8 Meßwerte zur Heranziehung der Mittelwertbildung zulassen. Mit den Fehlerdiskussionen ist das offenbar so eine Sache, denn in gewis- sen Grenzen kann jeder Fehler herbei- oder auch wegdiskutiert werden. Meß- wertensembles ermöglichen eine opportune C14-Datierung, da sie mit einer »Doppelfinte« ihr Ziel erreicht: a) Die Zulassung auch noch kleinster Wahrscheinlichkeiten für die Koinzi- denz (entsprechend dem Ergebnis eines F-Tests zum Beispiel), und/oder b) die Herbeiführung größerer Fehler für die Einzelmessung gaukelt ein Ensemble vorgeblich gleichaltriger Proben vor, die nunmehr ge- meinsam einen erkünstelt sicheren Mittelwert repräsentieren. Aitken mahnt denn auch seine Leser: »Die Herausnahme der beiden Ausreißer [in Beispiel (b)] ist gleichbedeutend mit der Unterstellung, daß entweder keine Gleichzei- tigkeit vorliegt, oder daß gerade bei diesen beiden bestimmte Meßfehler (et- wa durch Kontamination) unterlaufen sind. Das Herausnehmen von Ausrei- ßern ist natürlich eine heikle Angelegenheit, die geeignet ist, Anschuldigun- gen zu provozieren, daß Daten manipuliert wurden, um vorgefasste Meinun- gen zu stützen. Deswegen ist es auch so wichtig, sich auf ordentliche Statistik zu stützen« [1990, 97]. Diese Mahnung entbehrt nicht einer gewissen Ironie, denn die vorher ausgebreiteten »Goldenen Regeln« der C14-Statistik sind sel- ber nicht das, was die Bezeichnung »soundly based statistics« verdienen wür- de. Doch der statistische Parcour ist noch nicht am Ende, denn die Hürde »Si- cherung des Mittelwertes« ist noch zu nehmen. Habe man sich auf dieser Ba- sis für einen Satz »gleichzeitiger« Meßwerte entschieden, dürfe für deren Mit- telwert denn auch eine bessere Repräsentanz des »wahren« Wertes angenom- 7.5, 260 C14-Crash 7.6 Libbys »Verifizierung« des Simultanitätsprinzips Das Bild zeigt das gemessene (oben) und das angegebene (unten) Histogramm mit den von Libby bis 1949 durchgeführten Aktivitätsmessungen an 18 zeitge- nössischen Hölzern. Diese Meßreihe sollte für lange Zeit die einzige Bestätigung sein, daß gleichaltrige Proben zugleich dieselbe C14-Konzentration aufweisen würden. Dieses sogenannte Simultanitätsprinzip trat gegenüber dem Fundamen- talprinzip, nach dem die C14-Konzentration nicht nur örtlich, sondern auch zeitlich kon- stant gewesen sei, anfänglich völlig in den Hin- tergrund. Erst als das Fundamentalprinzip durch Meßergebnisse von Suess und de Vries in Frage gestellt war, besann man sich wieder auf das Simultanprinzip, da es als unverzicht- bar für die Kalibrierung angesehen werden mußte. Das obere Histogramm führt die tat- sächlich gemessenen Werte auf. Das untere Histogramm gibt dagegen die eigentlich zu er- wartenden Werte wieder, wenn der Mittel- wert von 15.3 ± 0.1 (c/min • gc) aus Libby [1952, 14] zugrundegelegt wird. Die tatsäch- lich gemessenen Werte geben keinerlei Anlaß – weder vom bloßen Aussehen her, noch nach einem F-Test –, eine Normalverteilung der Meßwerte zugrundezulegen. Im Gegenteil, die Wahrscheinlichkeit, daß die Meßwerte von radiometrisch gleichaltrigen Proben stammen, beträgt nur noch wenige Prozent. Libby ging mit unerschütterlichem Vertrauen davon aus, daß die Randbedin- gungen für die Erde im allgemeinen und für die C14-Produktion im besonderen seit langer Zeit schon konstant gewesen und daß deswegen grundsätzlich nor- malverteilte C14-Alter an rezenten Proben zu messen seien. Seine Messungen gaben das zwar in keiner Weise wieder, doch sein Glaube war so stark, daß er meinte, nicht nur eine 97-prozentige (wie es de facto ein F-Test zeigt) sondern eine 100-prozentige Widerlegung dieser Annahme verlangen können zu dürfen, ehe er sich zu ihrer Aufgabe gezwungen gesehen hätte. Als knapp 10 Jahre spä- ter durch immer mehr Messungen deutlich wurde, daß sich die C14-Konzentra- tion in der Atmosphäre im Laufe der Zeit geändert haben mußte, hätte man er- neut die verlangte Gleichverteilung in Frage stellen müssen, denn diese zeitlichen Schwankungen waren natürlicherweise vor allem aus veränderlicher C14-Diffusi- on und nicht ausschließlich aus schwankender C14-Produktion abzuleiten. Da diese Diffusion aber lokal uneinheitlich auftreten muß, war das Simultanitätsprin- zip automatisch in Frage gestellt gewesen. Doch nichts geschah. So kann man se- hen, daß das Vertrauen in die C14-Methode zu keiner Zeit von ihr selbst aufge- baut worden ist, sondern daß sie es sich weitgehend aufgrund des blinden Ver- trauens in das aktualistische Naturprinzip erschlichen hat., 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? 261 men werden als durch jeden der n Einzelwerte. Das drückt sich durch die Re- duzierung des Fehlers des Mittelwertes gegenüber dem mittleren Fehler aus den Einzelwerten durch den Faktor 1/!n aus. Damit sackt z.B. der mittlere Fehler von rund 100 Jahren im Beispiel (a) sogleich auf schlanke 40 Jahre (~ 100/!7). Hier liegt natürlich ein weiterer gewaltiger Pferdefuß verborgen. Bei be- sagtem Beispiel (a) wird der gewichtete Mittelwert mit 4.290 Jahren und der Fehler »straightforward« mit rund ± 40 Jahren angegeben. Begegnet der un- befangene Leser einer solchen Wertangabe in der Literatur, wird er eingedenk der Normal-Verteilung für Meßwerte von Zufallsereignissen wie dem radio- aktiven Zerfall jetzt davon ausgehen, daß rund 5 von 7 Meßwerten in dem In- tervall von ± 40 Jahren um den Wert 4.290 zu finden sind. Das Diagramm von Aitken klärt uns aber auf, das gerade 2 der 7 Meßwerte in diesem Bereich zu finden sind und die fehlende Normalverteilung signalisiert, daß auch bei längeren Meßzeiten keine Verringerung des Meßwertintervalls zu erwarten ist. Tatsächlich ist also die statistische Situation »gesund« gerechnet worden, denn die Meßwerte repräsentieren keineswegs ein Ensemble regulär nach der Normalverteilung um einen wahren Wert streuender Messungen, sondern sie sind auf eine bestimmte Weise »schmutzig«. Die Angabe eines Mittelwertes und eines Fehlers sagt aus, wo ein einzi- ger Meßwert dann wahrscheinlich liegen wird, in der Regel mit 68% Wahr- scheinlichkeit innerhalb des angegebenen Fehlerbereiches um den Mittelwert herum. Die C14-Chronologen führen eine unzulässige Abschwächung der sta- tistischen Voraussetzung für Gleichzeitigkeit ein, wenn sie zugestehen, daß bis zu 2/3 aller Werte aus den Einzelmessungen um ihre jeweilige 1σ-Spanne – und die kann groß sein – von dem Mittelwert entfernt liegen dürfen. Die Einzelwerte erhalten »Ausgang«, obwohl ihr Bewegungsspielraum als Vertre- ter zufälliger Zerfallsereignisse eindeutig durch die Normalverteilung um den Mittelwert festgelegt bzw. eingeschränkt ist. 7.7 »Wie komme ich zu dem Mittelwert, den ich haben will?« Wir möchten an dieser Stelle das »Kochrezept« für die Gesundrechnung von erratisch (jedenfalls nicht »normal«) streuenden Gruppen von Meßwerten hin zu einem gewünschten Mittelwert angeben: ! Bilde ein Ensemble aus Messungen zu dem fraglichen Ereignis, die einen zeitlichen Bereich symmetrisch um den gewünschten Zeitpunkt herum aufzuspannen vermögen. 7.6, 262 C14-Crash 7.7 Meßunsicherheit und Datierungsgenauigkeit Für das Verständnis der immer wieder auftauchenden Faustregel, daß aus 1% Meßfehler eine Ungenauigkeit von 83 Jahren in der C14-Datierung folgt, muß das Gesetz des radioaktiven Zerfalls IX.1 analysiert werden. Diesem Gesetz zufolge nimmt die Aktivität A(t) einer isolierten Probe expo- nentiell mit der Zeit ab. Insbesondere besteht zwischen zwei Aktivitäten A(t) und A(t’), die zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten t und t’ an derselben Probe gemessen worden sind, folgender mathematischer Zusammenhang:A(t) = A(t') · e-λ(t-t')
Umgekehrt gilt für den fraglichen zeitlichen Unterschied: t - t' = -1/λ · ln[A(t)/A(t')] Der in der Formel zusätzlich auftauchende Term λ steht in Zusammenhang mit der Halbwertszeit T½, nach deren Ablauf die Aktivität der Probe jeweils auf die Hälfte abgesunken ist. Aus der Halbwertszeit für C14 von 5.730 ± 40 Jahren, nach der A(t) nur noch die Hälfte von A(t’) beträgt, ergibt sich für λ ein Wert von ungefähr 1/8.300: t - t’ = T½ = 5.730 y = -1/λ · ln(0.5) λ = -ln(0.5)/5.730 ~ 1/8.300 Die Messung der Aktivität A irgendeiner Probe wird immer einen Fehler dA ent- halten, so daß der relative Fehler |dA/A| sich ergibt als |dA/A| = d|lnA| = d|ln(A’ · e-λt)| |dA/A| = λ · dt So folgt für die absolute Datierungsunsicherheit dt in Jahren (y): dt = |dA/A|· 8.300 y Jedes % an relativem Fehler |dA/A| bei der Messung der Radioaktivität ergibt demnach 83 Jahre Unsicherheit in der absoluten Datierung. Mit dieser Faust- formel lassen sich auch umgekehrt kurzfristige Schwankungen der C14-Konzen- tration in dazu äquivalente C14-Jahre umrechnen. Insbesondere für die Interpre- tation der Kalibrierkurven können lokale Abweichungen der Kurve von der Winkelhalbierenden in C14-Jahren ausgedrückt werden und diese wiederum als prozentuale Änderung der C14-Konzentration während der entsprechenden Ka- lenderjahre., 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? 263 ! Sorge dafür, daß mindestens 50% dieser Messungen (das scheint die unte- 7.5 Die C14-Chro-nologien fußen re Akzeptanzschwelle für die eigentlich erforderlichen 68% zu sein) so vielfach auf Mittel-werten aus Probe- große Fehler aufweisen, daß die entsprechend ausladenden 1σ-Spannen nensembles. Dieentscheidende In- den (angepeilten) Mittelwert einschließen. formation über dieKonsistenz eines ! Vergewissere Dich, daß die Anzahl der einbezogenen Messungen so groß jeden dieser En-sembles ist in den angegebenen Mit- ist (z.B. 9), daß trotz zu groß geratener Einzelfehler (z.B. ± 300 Jahre im telwerten nicht mehr enthalten. Mittel) der entschlackte Fehler (hier 300/!9 = 100) akzeptabel bleibt. Die Größe der je- weiligen ±-Abwei- ! Bilde die Fehler so aus, daß der angepeilte Mittelwert auch im gewichte- chung ist kein Maß für die Vertrauens- ten Mittel erhalten bleibt. würdigkeit des er-reichten Ergebnis- ! Veröffentliche nur den Mittelwert und den dazugehörigen entschlackten ses, sondern einesfür die Menge der Fehler. hinzugezogenenC14-Daten und für die investierte Meßzeit. 7.8 Ein Würfelspiel erhellt die chronologische Unverfrorenheit Mit dem folgenden Beispiel eines Würfelspiels wollen wir die eben aufge- worfene Problematik von einer etwas alltäglicheren Seite beleuchten. Eine Entsprechung zu der Messung von radioaktiven Zerfallsereignissen ergibt sich mit der Addition der geworfenen Augen aus 100 Würfen. Die erwartete Summe daraus liegt bei 350, denn das statistische Mittel für einen Wurf liegt bei 3.5 (nämlich »Summe der möglichen Einzelergebnisse« geteilt durch »An- zahl der Ereignisse«, also {1+2+3+4+5+6}/6=3.5). Natürlich bekommt der Experimentator bei einem Durchgang nicht genau 350, sondern vielleicht 332 oder auch 361. Wenn er das oft genug macht (und der Würfel als »idealer« Würfel anzusprechen ist), wird er eine Verteilungskurve für die Summe aus den einzelnen Durchläufen bekommen, die »normalverteilt« ist. Das nämliche Spiel kann natürlich auch mit einem Würfel gemacht wer- den, der nicht wie üblich die Zahlen von 1 bis 6 aufweist, sondern davon ver- schiedene, so daß unter Beibehaltung der Spielregeln (100 Würfe mit laufen- der Summenbildung) im statistischen Mittel eine andere Endzahl gebildet werden muß. Wenn die Zahlen auf den 6 Seiten unbekannt sind – und damit natürlich auch der Erwartungswert für 100 Würfe –, dann kann ein Spiel- durchgang allein noch keinen endgültigen Aufschluß über deren wahren Wert (die Summe der Augen aller 6 Seiten) geben. Doch dieser Fehler wird umso kleiner, je öfter bereits mit dem von seiner Zahlenbelegung her unbekannten Würfel getrudelt wurde. Nach dem ersten Wurf ist natürlich noch fast alles offen, denn der macht nur über eine von 6 Seiten eine Aussage. Aber je öfter der Würfel gefallen ist, desto wahrscheinlicher ist ein relativ gleichmäßiges Fallen aller 6 Würfelsei- ten und desto genauer läßt sich der »wahre« Wert (die Gesamtpunktezahl aus 7.7, 264 C14-Crash 7.8 Reguläre Normalverteilung Die Graphik verdeutlicht die geringe Abweichung, die die Verteilung von C14- Daten von der theoretisch zu erwartenden Normalverteilung aufweisen kann wenn, diese in großer Zahl in einem Labor an derselben Probe gemessen wer- den. 7.9 Original und Aussage Die obere Grafik zeigt die Aktivitätswerte der 18 Hölzer, die von Libby zum Nachweis der global gleichförmigen C14-Verteilung ausgewertet worden waren. Es ist zusätzlich der mittlere Fehler der Einzelmessungen von ±0.43 eingezeich- net.. Unter der Annahme tatsächlich gleicher Aktivität errechnet Libby eine mittle- re Aktivität von 15.3 ± 0.1. In dem Bild 7.6 wurde ge- zeigt, daß die Annahme ei- ner Normalverteilung für diese 18 Werte ungerecht- fertigt ist. In der unteren Grafik wird jetzt eine Ver- teilung angegeben, die re- sultieren würde, wenn sich die Werte bei längerer Messung nicht tendenziell alle in Richtung 15.3 »ein- stellen« würden, sondern – was entsprechend der nichtvorhandenen Normal- verteilung zu erwarten wä- re – mehr oder weniger bei dem ursprünglichen Wert verharren würden., 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? 265 allen 6 Seiten) auch vorhersagen. Genauso verhält es sich auch mit dem ra- dioaktiven Zerfall. Je länger die Meßzeit wird, desto geringer wird die Unge- wißheit über die tatsächliche Anzahl der in der Probe befindlichen C14-Ato- me. Solange darauf geachtet wird, daß alle Spieldurchgänge mit ein und dem- selben Würfel gemacht werden, muß sich auf Dauer eine Normalverteilung der erzielten Summen einstellen. Je größer die Anzahl der zur Summenbil- dung führenden Würfe eines Spiels vereinbart wird, desto steiler wird diese Verteilung, oder, umgekehrt, je geringer selbige Anzahl ist, desto flacher wird diese Verteilung sein. Dabei spielt es grundsätzlich überhaupt keine Rolle, welche Unsicherheit man dem Ergebnis eines einzelnen Spiels – aus welchen Gründen auch immer – zugemessen hatte. Die aufgetragenen Summenwerte werden in jedem Fall zu der Normalverteilung führen. Wird das Spiel hingegen abwechselnd mit zwei unterschiedlichen Würfeln durchgeführt, die jeweils unterschiedliche Summen der Augen aus ihren 6 Seiten aufweisen, dann wird es keine einzelne, sondern zwei überlagerte Nor- malverteilungen geben, die sich bei ausreichend langer Durchführung des Spiels deutlich voneinander unterscheiden lassen. Es wären 2 Extrema in der erstellten Graphik zu erkennen (sog. bimodale Verteilung), womit die Anwe- senheit zweier unterschiedlicher Würfel gewissermaßen enttarnt wäre. Wird das Spiel allerdings mit lauter unterschiedlichen Würfeln nur jeweils einmal durchgeführt, dann wäre gar keine Normalverteilung der Einzelsum- men mehr zu dechiffrieren, obwohl diese als Einzelspiele jeweils eine Nor- malverteilung mit je eigenem Mittelwert aufweisen würden. In der Graphik erzeugten die aufgetragenen Summen alles mögliche, nur keine Normalvertei- lung um einen nunmehr fiktiven Mittelwert. Gerade so verhält es sich aber mit den genuin nicht gleichzeitigen C14-Altern. Während die Fehler aus dem Zufallscharakter des radioaktiven Zerfalls durch entsprechend lange Messun- gen klein gemacht werden könnten, müssen die entsprechenden Mittelwerte ohne Tendenz zu einer ordentlichen Normalverteilung bleiben. Radiometrisch ungleichaltrige C14-Proben entsprechen den eben be- schriebenen Würfeln mit unterschiedlichen Augenzahlen bzw. -summen. Sie können auch bei längsten Meßserien keine Normalverteilung erzeugen, weil sie naturgemäß zu je eigenen, u.U. sehr divergenten Werten führen müssen. Man kann allerdings Kosmetik betreiben, indem die Wurfserien (= Messun- gen) nur so lang gemacht werden, daß die Unsicherheit über den »wahren« Wert noch so groß ist, daß diese in der Größenordnung der Streuung der mit den unterschiedlichen Würfeln (= Proben) erzeugten Summen bleiben. Lang- 7.8 zeitwürfelpartien (= Präzisionsmessungen) erzeugten nur mit ideal geformten 7.9, 266 C14-Crash 7.10 Das »Cadbury Massaker« Die Grafik [aus Campbell et al. 1979, 31-38] zeigt die C14-Daten der Proben, die mit dem »Cadbury Massaker« assoziiert wurden. Für jede Probe sind zwei Werte angegeben. Der erste (linke) Wert gibt die Originalmessung wieder und der zweite (rechte) den nach Klein et al. [1982] kalibrierten Wert, jetzt aber mit einem 2σ-Fehlerbalken. Taylor weist zwar darauf hin, daß nunmehr 8 der 10 kalibrierten Werte das tentative historische Datum einschließen, doch die von ihm angestrebte Mittel- wertbildung über besagte 8 Werte kann nicht akzeptiert werden. Die Wahr- scheinlichkeit, daß die Meßwerte tatsächlich normalverteilt vorliegen, ist extrem gering, was sich auch in den niedrigen Wahrscheinlichkeiten widerspiegelt, daß die Meßwerte paarweise für eine zeitliche Übereinstimmung stehen könnten., 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? 267 und unveränderlich bleibenden Würfeln (= Teile einer einzigen Probe) konsi- stente Ergebnisse. In diesem Zusammenhang soll Libbys Interpretation der Radioaktivität weltweit zusammengetragener »jetztzeitiger« Kohlenstoffproben erneut kurz ausgeleuchtet werden (Bild 7.6 ). Deren Gleichwertigkeit inbezug auf die re- zente C14-Aktivität war als die entscheidende Voraussetzung für die prakti- sche Anwendbarkeit der C14-Methode nachzuweisen [Libby et al. 1949]. Die Aktivität einer einzelnen Probe – z.B. einer Ulme aus der Umgebung von Chicago – gibt er [Libby 1952, 14] mit 14.72 ± 0.54 Zerfallsereignissen pro Mi- nute und Gramm Kohlenstoff [cpm/gcarb] an. Wenn er also den zur Auswertung gelangenden Teil der Ulme in 18 glei- che Teile zerlegt und von jedem einzelnen Teil dessen C14-Radioaktivität mißt, dann müssen ca. 12 der ermittelten 18 Meßwerte im Intervall zwischen 14.18 und 15.26 cpm/gcarb liegen. Bei längerer Meßzeit wird der resultierende Fehler entsprechend kleiner. Er setzte voraus, daß eine unendlich lange Meß- zeit bei allen Proben denselben Wert ergeben würde und errechnet ihn aus den gegebenen Meßwerten innerhalb einer begrenzten Meßzeit zu 15.3 ± 0.1. In dem Bild 7.9 wird deutlich, welche Verschiebung des Präzisionsmeßwer- tes gegenüber dem tatsächlichen erreichten Meßwerte er jeweils voraussetzte, um dieses Ergebnis zu rechtfertigen. 7.9 Gängige Praxis Wir möchten am Ende dieses statistisch orientierten Kapitels unsere Kritik am routinemäßigen Umgang mit C14-Meßwerten am Beispiel der Behand- lung der C14-Daten des sogenannten »Cadbury Massaker« zusammenfassend verdeutlichen [vgl. Campbell et al. 1979, 31-38]. Hier lagen Überreste aus einem Feuer – Holzkohle und diverse Proben verbrannten Getreides – vor, die bei Ausgrabungen am Südwesttor des Schlosses von Cadbury entdeckt worden waren. Das Feuer wurde auf eine römische Vergeltungsaktion anläßlich der Boudiccan-Revolte zurückgeführt. Das Ereignis sollte zwischen 45 und 61 AD stattgefunden haben. Die Attraktivität der Untersuchung bestand in der Si- cherheit, Proben aus einem ganz begrenzten Zeitraum untersuchen zu können. Es wurden sieben Proben gesammelt, wovon drei groß genug waren, um von zwei Laboratorien – Glasgow University (GU) und Scottish Universities Research and Reactor Centre (SRR) – unabhängig voneinander vermessen werden zu können. Die Zusammenstellung der Meßwerte ist in Bild 7.10 zu finden. Die Autoren betonen, daß die Holzkohlenprobe SC/K 659(iv) von schlechter Qualität und somit die entsprechende Messung GU 648 ungeeignet 7.10, 268 C14-Crash 7.11 Gleichaltrig – ja oder nein? In dem Artikel »Radiocarbon: Ages in Error« demonstriert R.E. Lee [1981, 24] die Beliebigkeit der Auslegungsregeln für die Beurteilung der Gleichzeitigkeit zweier C14-Daten. Abhängig davon, welches »Vertrauensintervall« jeweils zu- grundegelegt wird, findet er im Rahmen des üblichen Kalibrierverfahrens ein Meßwertpaar abwechselnd als nicht-gleichaltrig und dann wieder als gleichaltrig vor. Der Interpretationsspielraum beschert jedem das Ergebnis, das er für seine historische Beweisführung benötigen würde. Wie in Bild 3.2 gezeigt wird, können in dem hier von Lee diskutierten Fall des Vergleichs zweier Proben auch im besten Fall nur wenige Prozent Wahr- scheinlichkeit für deren Gleichaltrigkeit angesetzt werden. Das Ansetzen einmal des 1σ-, das anderemal des 2σ-Intervalls (»68%-« bzw. »95%-Vertrauensinter- vall«) ist – egal ob für die unkalibrierten (linkes Paar) oder die kalibrierten Daten (rechtes Paar) – reine Willkür. Die Beschreibung des 2σ-Intervalls als »95%-Ver- trauensintervall« ist nachgerade irreführend, weil hier lediglich mehr als 95% Vertrauen darin gesetzt werden darf, sich bei dem Verwerfen der Gleichzeitig- keitshypothese nicht zu irren., 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? 269 gewesen und deswegen in ihr abschließendes Urteil auch nicht eingeflossen 7.6 Wenn es diestatistische Unsi- sei. Sie fassen die Meßergebnisse wie folgt zusammen: »Die C14-Messungen cherheit einesC14-Datums nicht an den kurzlebigen Proben weisen eine Streuung von mehr als 300 Jahren auf geben würde,dann wäre sie er- bei einem arithmetischen Mittel für das Alter von 1802 Jahren ( 148), was funden worden,AD um so einen Weg erheblich jünger als erwartet ist«. Merkwürdig sei, daß die Proben, die weni- zum gewünschtenMittelwert zu eröff- nen. ger genau dem Ereignis zuzuordnen waren, dem erwarteten Datum näher ka- men als die kurzlebigen Proben, deren Zuordnung zu dem Ereignis als am si- chersten angesehen werden könnten. Die Diskrepanz wachse noch, wenn die Daten nach den vorliegenden Tabellen (Suess, MASCA) kalibriert würden. Der Schluß auf einen systematischen Fehler bei der Anwendung der Daten aus der Bristlecone-Pine-Chronologie liege nahe. Die Autoren sehen aber auch die Gefahr der Kontamination mit modernem Kohlenstoff. Abschließend stellen sie fest, daß die C14-Methode für eine genauere Datierung ungeeignet sei, und höchstens zur Abschätzung des Alters mit einer Unsicherheit von mehreren Jahrhunderten zu gebrauchen sei [34]. Soweit die direkt mit der Probennahme und Auswertung befaßten Autoren. R.E. Taylor hatte dieses Beispiel in seiner Monographie über die C14-Methode [1987] ebenfalls aufgegriffen, um die Problematik der Rechnung mit künstlich »aufgeweiteten« Fehlerangaben zu demonstrieren (vgl. auch Ka- pitel 7.7). Er stellte den konventionellen Meßdaten die kalibrierten gegen- über, letztere aber auf Basis der 2σ-Fehlerbreite. Acht von zehn der kalibrier- ten Daten mit 2σ-Fehlerbreite überlappen jetzt das vermutete Alter der Pro- ben. (Das gilt übrigens ebenso für die unkalibrierten Daten, falls hier genauso die 2σ-Fehlerbreite angesetzt würde; im Bild 7.11 wird auf die hier gepflegte Beliebigkeit Bezug genommen). Und wenn die beiden Ausreißer (GU-648 und SRR-692, mit offensichtlichem Druckfehler bei zweiter Erwähnung von SR-648) »kombiniert« würden, dann »überlappt das über die Kalibrierung er- rechnete Altersintervall mit dem auf historischer Basis vermuteten Alter« [op.cit. 140]. Der eigentliche Kunstgriff – vor dem Taylor aber warnen möchte, das sei hier ausdrücklich erwähnt – kommt aber noch: »Wenn im Sinne der Statistik angenommen werden darf, daß jeder C14-Wert eine unabhängige Beobach- tung desselben Ereignisses darstellt, dann resultiert ein mittlerer Wert von 1890 ± 10 C14-Jahren für das Cadbury Massaker.« Es muß nicht betont wer- den, daß Taylor auf tatsächlich identische C14-Aktivitäten für alle Proben ab- zielt, etwas, was die Autoren des oben zitierten Artikels eingangs auch ange- nommen hatten, doch angesichts der großen Divergenzen zurecht nicht in An- satz bringen mochten. Wir haben diesen Wert mit seinen virtuellen »Fehler- grenzen« in das Bild 7.10 gestrichelt eingezeichnet. Er überlappt nunmehr 7.11, 270 C14-Crash das Sollalter und ist kaum unsicherer als die historisch gewonnene Bandbreite für das Alter. Taylor bezieht sich bei dem skizzierten Manöver auf die Veröf- fentlichung von A. Long und B. Rippeteau [1974, 207], die die hier schon öf- ters zitierte Formel Σ 14Ci / n ± σ / !n mit σ = σi für alle i auf den Fall der Messung identischer Proben beschränkt sehen wollen, womit natürlich auch das identische Alter impliziert wird. Wir dürfen davon ausge- hen, daß das im Zweifelsfall als Interpretationssache gehandhabt wird: Die- selben Meßdaten, die für Campbell et al. ein Anlaß zu grundsätzlicher Kritik an der C14-Methode gewesen sind, können also weniger von Zweifeln ge- plagten Wissenschaftlern als Ausgangspunkt für eine Demonstration ihrer be- wunderungswürdigen Leistungsfähigkeit dienen. Wir denken, daß dieses Bei- spiel die Stoßrichtung unserer Kritik unmittelbar veranschaulicht. Ist es zu provokativ, wenn wir behaupten, daß diese statistischen Unsicherheiten, wenn es sie nicht geben würde, erfunden werden müßten, um ein je genehmes Feh- lerintervall zu erzeugen, das bei steter Verkleinerung zugleich zu dem »richti- gen« Mittelwert führt? 7.10 Schlußbemerkung Es gibt eine interessante Bemerkung von J.G. Ogden III. über die Akzeptanz der in seinem C14-Labor erzielten Datierungen bei den jeweiligen Auftragge- bern – Archäologen, Geologen etc.. Diese liege für den betrachteten Bereich unter 50%. Damit befindet er sich in Übereinstimmung auch mit anderen Fachleuten (vergleiche Kapitel 2.1). Für diesen erschreckenden Split in »gut« und »schlecht« lieferte dieses Kapitel ein summarisches, wenn auch sicherlich nicht jede Einzelfallprüfung überstehendes Argument: Für gut befunden wer- den diejenigen Ergebnisse, mit denen sich auf illegal-statistischem Wege ein akzeptables Endergebnis hinrechnen läßt. Herausfallen müssen umgekehrt diejenigen, die dieses jeweilige Spiel nicht aufgehen lassen. An sich soll die Zusammenschau von C14-Daten organischer Proben, die ihren Stoffwechsel zeitgleich beendet haben, zu einer deutlich sichereren Kenntnis des fraglichen Zeitpunktes führen – solange die Einzelmessungen normalverteilt vorliegen. Mit der Betrachtung von normalverteilten Ensem- bles kann also die prinzipielle Unsicherheit von Einzeldaten verringert wer- den. Wenn dagegen die entsprechenden C14-Daten nicht normalverteilt sind, dann spricht das für weitere Quellen systematischer bzw. zufälliger Fehler,, 7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit? 271 die mit der in der Natur der Sache liegenden Unsicherheit einer zeitlich be- grenzten Messung der Radioaktivität nichts mehr zu tun haben. Auch bei statistischer Unsicherheit einer Einzelmessung kann entschieden werden, ob die zeitlich zusammengehörenden Proben »sauber« waren bzw. ob es gelungen ist, systematischen »Dreck« auf korrekte Weise zu entfernen. Er- fahrungsgemäß liegt aber der größte Teil der untersuchten Ensembles nicht normalverteilt vor. Dabei wird dann die Tatsache, daß eine statistische Streu- ung der Einzelmessungen wegen der Zufälligkeit des radioaktiven Zerfalls immer vorliegt, als Alibi herangezogen, um die an sich erratisch streuenden Werte auf der Basis unwissenschaftlicher Regeln in einen künstlichen zeitli- chen Zusammenhang zu stellen und darüberhinaus unzutreffende Sicherheiten über das so gewonnene, an sich aber bedeutungslose Datum vorzuspiegeln. Eine Normalverteilung der C14-Daten für zeitlich als vergesellschaftet zu betrachtender Proben ist in aller Regel nicht gegeben. Daraus muß gefolgert werden, daß die systematischen Korrekturen unzureichend sind und/oder daß jeweils weitere zufällige Fehler eingeflossen sind. Mithin begründet dieses Kapitel über Statistik auch die kritische Betrachtung der Korrekturversuche durch »Kalibrierung« in Kapitel 9. Statistische Scheinsignifikanz verdeckt die Tatsache, daß das für die Kalibrierung unverzichtbare Simultanitätsprinzip nicht gegeben ist. Bevor der Komplex »Kalibrierung« zur Sprache kommt, soll im Kapitel 8 die ohnehin zu erwartende generell hohe Ungenauigkeit ei- nes C14-Datums beschrieben werden., 272 C14-Crash 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 8.1 Die »Feinheit« der Methode In den Anfängen der C14-Methode war die Welt noch in Ordnung. Nur der Zählfehler bei der Messung der C14-Aktivität galt als ernstzunehmende Quel- le für eine mögliche Datierungsunsicherheit. Die Senkung dieses Zählfehlers wurde als technische Herausforderung und nicht als ernsthaftes Hindernis be- trachtet. Eine zeitliche und räumliche Invarianz der C14-Konzentration in der Atmosphäre war dagegen selbstverständlich. Bei der Probennahme und -auf- bereitung witterte man ebenfalls kein Ungemach. Kurz: Eine technisch opti- mierte Messung der C14-Aktivität sollte als Äquivalent zum exakten Abso- lutalter der Probe angesehen werden können. Es hat sich im Laufe der Zeit herausgestellt, daß die Dinge nicht so einfach zu haben sind. Die Konsequen- zen für die Tragfähigkeit der Methode wurde der wissenschaftlichen Öffent- lichkeit allerdings nicht in ihrer ganzen Tragweite offenbart. Heute ist Meßgenauigkeit nur noch eine Kostenfrage, nämlich wieviel Meßzeit und damit -aufwand man für die fragliche Probe zu zahlen bereit ist (vergleiche Bild 7.2 ). Darüberhinaus stellte sich aber die Notwendigkeit her- aus, zahlreiche Korrekturen an dem so erzielten Ergebnis vorzunehmen: eine Korrektur wegen des Effektes der Isotopenfraktionierung, eine Korrektur we- gen des Kontaktes mit hartem Wasser, eine Korrektur zur Kalibrierung, und etliche andere mehr. Die Methoden wurden immer feiner. Damit einherge- hend wuchsen aber auch die zu berücksichtigenden Fehlerquellen. Die Methoden wurden vor allem deswegen immer weiter verfeinert, weil die C14-Wissenschaftler im Dauerclinch mit Altertumswissenschaftlern ste- hen, die natürlich vorher schon über andere ausgefeilte Datierungsmethoden verfügten und ein Datum deutlich jenseits der bereits errichteten Datierungs- systeme nicht ohne weiteres hinzunehmen bereit sind. Die Feinheit der Me- thode ist also im Kreuzfeuer der Kritik entworfen worden. Wer weiß, was für eine merkwürdige C14-Chronologie ohne »Kontrolle« durch die Altertums- wissenschaft entstanden wäre. Wie groß der Einfluß dieser Kontrolle ist, kann aus dem für den Außen- stehenden unerwartet hohen Fehler am Ende der Auswertungsprozedur abge- lesen werden, denn jede als notwendig erachtete Korrektur der Messung der C14-Aktivität birgt naturgemäß selber eine Fehlerquelle. Während einerseits Korrekturen den Meßwert dem »wahren Wert« näher bringen sollen (und das resultierende Alter gleichermaßen herauf- und herunterschrauben können), addieren sich andererseits die Fehler aus den Korrekturen gleichmäßig auf. Je, 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 273 feiner die Analyse am Ende ist, desto mehr einzelne Unsicherheiten haben die 8.1 Die Feinheitder C14-Methode Betrachtungen in der Summe angehäuft. Mit anderen Worten: Das Bestreben spiegelt sich in ei-nem für den Laien nach mehr Präzision21 geht auf Kosten der Genauigkeit. undurchschauba-ren Maßnahmen- Wenn die C14-Methode auf die Feinheit ihrer Methoden verweist, dann katalog zur »Kor-rektur« von C14- muß man wissen, daß diese »Feinheiten« Nachbesserungen darstellen, die er- Daten wieder. Sei-ne Existenz ist auf den Druck zurück- fahrungsgemäß mehr oder weniger vage ausfallen und damit einen entspre- zuführen, Datie- rungsdiskrepanzen chend großen »Zuschlag« für den am Ende offenzulegenden Gesamtfehler erklären zu müs- sen. Daß damit erzeugen. aber zugleich eine enorme Anhäu- Wie schwer ein Datum durch Korrekturen in den Griff zu bekommen ist, fung von Korrek-turfehlern verbun- macht der in der C14-Wissenschaft oft verwendete Allgemeinplatz von der den ist, bleibt weit-gehend unberück- »Anomalie« deutlich. Anomalien können nur auf der Basis bewährter Normen sichtigt. festgestellt werden. Die »Normen« der C14-Methode sind niemals durch em- pirische Gegebenheiten begründet worden, sondern lediglich durch die Ele- ganz und die scheinbare Evidenz einiger Annahmen über das Verhalten der Natur. Die erzielten Ergebnisse werden also an einem durch Wunschdenken erzeugten Standard und nicht an der Realität gemessen. So kann es nicht Wunder nehmen, daß diese sich allzuoft als Anomalie bezeichnen lassen müs- sen. Bei der Quantifizierung von Anomalien oder »sonstigen Abweichungen« ist man in der Regel auch nicht kleinlich. Hier geht es schnell in den Bereich mehrerer Jahrtausende. Dennoch wird der generell zu erwartende Datierungs- fehler grundsätzlich als moderat angenommen. Dezente Mahnungen im Zusammenhang mit der Interpretation von Alters- angaben geben Aufschluß über die prekäre Situation bei der Handhabung des angegebenen Fehlers. So weist R.E. Taylor darauf hin, daß die Angabe des Gesamtfehlers in der Größenordnung von 100 Jahren in nichthistorischen ar- chäologischen Zusammenhängen bereits eine »sehr präzise Schätzung« be- deute. Für viele archäologische, paläoanthropologische oder allgemein geolo- gische Fundsituationen, insbesondere für das Pleistozän22, könnten signifikan- te Schlüsse aber auch aus wesentlich größeren zeitlichen Intervallen gezogen werden [Taylor 1987, 106]. Verantwortungsbewußte Archäometer fühlen sich bei C14-Daten, deren Unsicherheit nicht in etlichen Jahrhunderten angegeben wird, offensichtlich nicht mehr wohl in ihrer Haut [ISG 1982]. Damit ist an die- 21 »Präzision« wird in diesem Zusammenhang als Maß für die Abweichung vom »wahren« Wert verstanden. Der Begriff »Genauigkeit« bezieht sich dann auf die Sicherheit, die mit dieser Aussage verbunden ist. Wenn die Korrekturmaßnahmen unterbleiben würden, dann resultierten hochgenaue, jedoch äußerst unpräzise Angaben. 22 Name für die eiszeitliche Epoche, die dem gegenwärtigen, nacheiszeitlichen Holozän vorausging., 274 C14-Crash 8.1 Globale Kohlenstoffreservoire In dem schematischen Diagramm auf dieser Seite [nach Taylor 1987, 8] sind die geschätzten Kohlenstoffvorkommen in den relevanten irdischen Kohlenstoffre- servoiren dargestellt (ebenso in dem Kreisdiagramm rechts, nach Bowman [1990, 13]; teilweise abweichende Zahlen sind auf uneinheitliche Annahmen zu- rückzuführen). Zusätzlich sind die möglichen Diffusionsströme zwischen den Re- servoiren eingezeichnet. Dabei kommt dem Austausch zwischen der Atmosphä- re und dem Ober- bzw. Tiefenwasser der Ozeane besondere Bedeutung zu (dik- ke Pfeile). Die Dynamik, die an diesen Reservoirübergängen zu erwarten ist, steht in Konflikt zu dem Stationaritätsgedanken, der von einer jahrtausendewäh- renden Konstanz der C14-Konzentration in der Atmosphäre ausgeht. Der mit rund 83% überwiegende Anteil des Kohlenstoffs ist in den Meeren (vorwiegend als Kohlendioxid und Kalziumkarbonat) gebunden. Die als gewaltige Transport- bänder wirkenden Meeresströmungen (vergleiche dazu Bild 9.10 ) regieren zu- sammen mit der Produktion von C14 in der Stratosphäre das C14-Alter des Oberflächenwassers., 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 275 Diese Schicht zwischen der Atmosphäre und dem Tiefenwasser der Ozeane ist eine Art Puffer und bestimmt letztlich die C14-Konzentration der Atmosphäre wesentlich mit. Ist das Oberflächenwasser arm an C14, so ‘veraltet’ die Atmo- sphäre radiometrisch, ist es hingegen gesättigt und die Produktion von C14 steigt darüberhinaus, so ‘verjüngt’ die Atmosphäre hinsichtlich ihres C14-Alters. Damit ist lediglich das beschrieben, was in den Kalibrierkurven als Schwankungen mit einer Periode von bis zu etlichen Jahrzehnten ohnehin zu erkennen ist. Die Annahme, daß ausgerechnet jene C14-Konzentration, die in den Jahren der Entwicklung der C14-Methode herrschte, auf die vergangenen 12.000 Jahre übertragbar sein müsse, wurde in völliger Verkennung des dynamischen Zustan- des des ozeanisch/atmosphärischen Systems getroffen. Nur so konnte man glau- ben, in dem Augenblickswert der C14-Aktivität einen Ausdruck stationärer Ver- hältnisse erkennen zu dürfen. Das völlig uneinheitliche Bild der C14-Alter aus den letzten 500 Jahren (vergleiche Bild 5.3 ) wurde – teilweise sicherlich zu recht – auf den Effekt der industriellen Revolution geschoben. Völlig divergente Abbil- der der atmosphärischen C14-Konzentration von unterschiedlichen Regionen der Welt für die vergangenen 1.000 Jahre lösten keinen Alarm aus, sondern wurden auf Fehl- oder Doppelringe in den betreffenden Baumringchronologien geschoben (Kapitel 2.3 ff.). Die C14-Wissenschaft sollte durch die Tatsache beunruhigt sein, daß für alle Zeiträume, die historisch sicher datiert sind, exzessive C14-Schwankungen in Raum und Zeit dokumentiert sind, die Rekonstruktion der atmosphärischen 8.1 C14-Konzentration andererseits fundamental auf die räumliche Homogenität ab- hebt. Wer die Bedeutung der Diffusion von C14 erkennt, dem muß der Lang- zeittrend der bekannten Kalibrierkurven mehr als fragwürdig erscheinen., 276 C14-Crash ser Stelle das Ergebnis dieses Kapitels – C14-Daten müssen als unpräzise an- gesehen werden – bereits vorweg genommen worden. Bezeichnend ist auch das Unbehagen Taylors, wenn genauere Datierun- gen in nichthistorischen Zusammenhängen gefragt sind. Anomalien können nämlich oftmals nur mit dem Zusatzwissen aus sonstigen historischen Datie- rungen erkannt werden. Entweder sind sie dann korrigierbar (und damit liegt keine unabhängige C14-Datierung mehr vor) oder das Datum muß aussortiert werden. Tatsächlich bauen nur ganz wenige historische Schulen ihre Absolut- chronologien auf C14-Daten auf. Zu groß sind immer wieder die Diskrepan- zen zu anders begründeten Absolutchronologien. Ein immenses Grab erratischer Datierungsversuche verbirgt sich hinter der hohen Anzahl tatsächlich zurückgewiesener Daten. J.G. Ogden III., der es als Direktor des C14-Labors der Dalhousie University in Kanada wohl wis- sen muß, warnte vor dem Schock, den die Tatsache bereiten könnte, daß we- niger als die Hälfte der das nordöstliche Nordamerika betreffenden C14-Da- ten von denen, die die Datierung beauftragt hatten, angenommen werden [Og- den 1977, 173]. Andere Autoren beziffern die allgemeine Abweisungsrate ähn- lich hoch: 33% [Lewis 1985, 217] bis 50% [Hassan 1989, 57]. In dem Zusammen- hang bemerkte R.E. Lee, daß weniger diese Zurückweisungsrate verwunder- lich sei, als vielmehr die Tatsache, daß die verbleibenden Daten dennoch ak- zeptiert würden23 [1981, 9]. Wir merken an dieser Stelle im Hinblick auf das vorangegangene Kapitel 7 an, daß das vor allem diejenigen Datierungen sein werden, die sich über einen besonders effektiven statistischen Fehlervertu- schungsparcour treiben ließen. Die Bezeichnung »Unregelmäßigkeit« oder »Anomalie« trifft auch auf die Tatsache zu, daß in der Regel mehrere eigentlich als kontemporär anzusehen- de Meßwerte weitaus stärker streuen, als die nachgeschaltete Fehlerangabe für deren Mittelwert anzeigt. Wir haben im vorherigen Kapitel gezeigt, wie aus einem Ensemble stark streuender Werte ein künstlicher Mittelwert mit ei- nem abgemagerten Fehler gemacht werden kann. Das funktioniert allerdings nur unter Zuhilfenahme von statistischen Methoden, die ausdrücklich zeitglei- chen Proben vorbehalten sind und nicht dazu benützt werden dürfen, Zeit- gleichheit vorzutäuschen. 23 Die Mittelalterforschung sieht sich für die Zeit vor 1000 AD einem nicht geringeren Problem gegenüber. Es werden immer mehr Urkunden gerade des frühen Mittelalters als Fälschungen erkannt, ohne daß eine Angabe möglich ist, ob der ‘Pegel’ bei 20 oder 40% oder noch höher liegt., 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 277 Es sind übergeordnet vier Phasen der Existenz der Probe zu unterschei- 8.2 Verantwor-tungsbewußte Ar- den, in denen die im Labor zu messende C14-Konzentration aus den unter- chäometer sehenC14-Daten mit ei- schiedlichsten Gründen variiert bzw. eingestellt wird: ner Unsicherheitvon generell meh- reren Jahrhunder- 1) Die Lebenszeit der Probe, ten behaftet. DerNimbus präziser Datierbarkeit mit 2) ihre Lagerzeit (zwischen einigen 100 bis zu mehreren 10.000 Jahre), C14 beruht auf Wunschdenken. 3) die Phase der Enthüllung, der Aufbereitung und des Transports zum La- bor sowie 4) die Verarbeitung im Labor einschließlich des reinen Zählfehlers. Viele Proben kommen danach als »Cocktail« für spätere Kontrollmessungen auf gewisse Zeit in ein Lager. Diskutiert wird in diesem Kapitel zusätzlich ei- ne 5) Metafehlerquelle, die erst durch Vergleich von Messungen anderer Labors an derselben Probe aufgedeckt werden können. Allein die Menge der in den verschiedenen Pha- sen jeweils zu bilanzierenden Korrekturansätze, von denen jeder naturgemäß mit einem mehr oder weniger großen Fehlerbeitrag aufwartet, führt in der Summe zu einer erheblichen Aufweitung des grundsätzlich unkompensierba- ren zufälligen Fehlers aus der Messung des radioaktiven Zerfalls. Wir werden am Ende dieses Kapitels die Quantifizierung der Summe dieser Fehler disku- tieren (vergleiche dazu Tabelle 8.14 am Ende des Kapitels). Es ist zu vermuten, daß Libby und seine Kollegen das Projekt »Absolut- datierung mit C14« fallen gelassen hätten, wenn ihnen ein Einblick in die sich später auftürmenden Schwierigkeiten möglich gewesen wäre. Doch die Er- kenntnis darüber erwuchs nicht schlagartig, und so blieb die Aufweitung des summarischen zufälligen Fehlers unbemerkt, weil die C14-Methode ohnehin einen (über eine Ausweitung der Meßzeit allerdings beherrschbaren) zufälli- gen Fehler ausweisen muß (vergleiche dazu Kapitel 7.1). Wir werden in die- sem Kapitel die eben aufgeführten 5 Phasen beleuchten, in denen sich die C14-Konzentration abweichend von der »Norm« einstellen kann. Die eigent- liche Messung der C14-Aktivität haben wir im vorhergehenden Kapitel 7 ana- lysiert und haben dort schon die allgemein übliche statistische Schönrechnung inkompatibler Daten kritisiert. Hier zeigen wir jetzt, wodurch der Zwang zu den mathematischen Taschenspielertricks eigentlich entsteht. Zur besseren Übersicht werden in den folgenden 5 Teilkapiteln zusätzli- che Unterteilungen vorgenommen, in denen die jeweiligen Effekte größten- teils nach den herkömmlichen Unterscheidungskriterien aufgeführt und disku- tiert werden. Außerdem wird jeweils eine kurze Zusammenfassung gegeben., 278 C14-Crash 8.2 Produktion, Zerfall und Diffusion von C14 Die natürliche Produktion von C14 findet in der oberen Atmosphäre statt, schwerpunktmäßig über den Polen, und ist damit ein räumlich begrenzter Vor- gang. Der radioaktive Zerfall des C14 vollzieht sich dagegen in allen Kohlen- stoffreservoiren der Erde und betrifft jährlich jeweils den 1/8.300sten Teil der örtlich vorhandenen Menge. Alle anderen Vorgänge beschreiben Wanderungsbe- wegungen des C14, ohne daß sich dadurch seine absolute Menge auf der Erde verändert. Die Messung des Absolutvorkommens an C14 ist unmöglich. Zu seiner Be- stimmung ist man deshalb auf Hilfsannahmen angewiesen. Diese betreffen die Ex- trapolation lokaler C14-Aktivitätsmessungen auf alle relevanten Kohlenstoff- reservoire einerseits und deren Größe andererseits (vgl. die Tabelle in Bild 8.1 ). Ebensowenig ist die jährliche Absolutproduktion an C14 meßbar und deshalb auch nur auf Umwegen zu ermitteln. Die in der Literatur genannten Zahlen zwi- schen 5 und 10 Kilogramm produziertem C14 pro Jahr gründen auf der Annah- me, daß sich Produktion und Zerfall von C14 im Gleichgewicht befinden. Die Gesamtmenge an zerfallenem C14 wird deshalb aus einer als einigermaßen ho- mogen vorliegenden spezifischen Aktivität und einer Schätzung über den irdi- schen Gesamtkohlenstoffvorrat abgeleitet. Die kurzfristigen Schwankungen der C14- Werte in Baumringfolgen führen die Stationari- tätsannahme ad absur- dum. Die Produktion muß erheblich höher liegen als aus ihr für gewöhnlich ab- geleitet wird. Der atmo- sphärischen C14-Produk- tion sind Diffusionseffekte überlagert, die für eine dynamische Absenkung der C14-Konzentration in der Atmosphäre sorgen. Dieser Effekt ist global uneinheitlich und schwankt lokal in seiner Stärke und sorgt für entsprechende Konzentrationsschwankungen. Niemand kann heutzutage ad hoc sagen, welcher übergeordneten Tendenz die C14-Konzentration in der Atmosphäre in vergan- genen Jahrtausenden folgte. Daß diese sich im Mittel lediglich um 1% je Jahrtau- send ändert – wie in den allgemein verwendeten Kalibrierkurven ausgewiesen –, ist die Unwahrscheinlichste aller Denkmöglichkeiten. Es sei daran erinnert, daß sich aber der zentrale Leitgedanke für die Konstruktion der Kalibrierkurven ur- sprünglich auf das Modell der Stationarität abstützte, das seinerzeit als unum- stößlich galt. Im Kapitel 2 ist die Geschichte der Kalibrierung nachgezeichnet und dieser Zirkelschluß offengelegt., 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 279 8.2 Jede Probe hat schließlich auch einmal gelebt ... Wir fragen zuerst nach lokalen Abweichungen der C14-Konzentration von ei- nem angeblich global homogenen Wert, der sich in einem dynamischen Zu- sammenspiel von Produktion, Diffusion und Zerfall überall auf gleiche Weise herausbilden soll. Diese Abweichungen machen sich beispielsweise durch ei- ne Inversion des C14-Alters bemerkbar. Dabei erscheinen Proben aus tiefer- liegenden Schichten radiometrisch wieder jünger bzw. sind die direkt dar- überliegenden Proben viel »zu alt« geraten. Abweichungen machen sich auch bemerkbar durch übermäßige Streuungen des C14-Alters bei stratigraphisch vergesellschafteten Proben. Die Frage ist, ob diese Abweichungen jeweils ei- ne Systematik erkennen lassen und somit eventuell korrigierbar sind, oder ob sie als unerklärliche und deshalb unkorrigierbare Anomalien hingenommen werden müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß sich die absolute Menge an C14 in allen irdischen Kohlenstoffreservoiren zwar nur aus Produktion und Zerfall des C14 bestimmt, daß aber die für die spätere Altersbestimmung entscheidende lokale C14-Konzentration vor allem von der lokalen Zu- bzw. Abfuhr von C12 bzw. C14 abhängig ist (vergleiche dazu insgesamt das Kapitel 9). Zu- sätzlich zu Schwankungen aufgrund der Diffusion von C12 bzw. C14 kom- men systematische Abweichungen infolge isotopenselektiven Stoffwechsels hinzu. Normalerweise wird die Restaktivität der fraglichen Probe mit der Auf- zeichnung einer absolutdatierten und möglichst dicht belegten Restaktivitä- tenreihe abgeglichen, um so auf das Absolutdatum der Probe zu kommen (zur Kalibrierung allgemein vergleiche die Bilder 7.1 und 9.1 sowie Kapitel 9.1 ff.). Je stärker die Streuung als gleichaltrig zu betrachtender Proben ausfällt, desto größer ist auch der zu betrachtende Fehler. Berücksichtigt werden nor- malerweise die folgenden beiden Effekte: a) ein von Spezies zu Spezies unterschiedliches Inkorporationsverhalten ge- genüber C14 (»Isotopenfraktionierung«) und b) vereinzelte und lokal auftretende, mehr oder weniger systematische Ab- weichungen von dem als global durchmischt gedachten Kohlenstoffdepot – dies aufgrund mangelnder Durchmischung mit diesem globalen Depot bzw. wegen der Zumischung störender Depots (konventioneller »Reser- voireffekt«). 8.2 Wir rechnen hier zusätzlich die sich auch in »wiggle« konventioneller Kali- brierkurven äußernden kurzfristigen Schwankungen der C14-Konzentration –, 280 C14-Crash im Gegensatz zur konventionellen Vorgehensweise – mit hinzu, welche sich äußern als: c) generell an allen Orten der Erde auftretende, in ihrer Systematik bislang unverstandene Schwankungen gegenüber einem global sich ständig neu mischenden Kohlenstoffdepot (siehe Bild b) in 1.6 ). Die Notwendigkeit der Berücksichtigung von Punkt c werden wir vor allem im Kapitel 9 begründen. Wir wollen hier die Argumente nur insoweit aufzäh- len, als sie den üblichen Begriff »Reservoireffekt« direkt betreffen. Unter Re- servoir versteht man ein abgegrenztes Volumen, dessen materieller Inhalt nur unter geregelten Umstände in die Umgebung übergeht. bzw. zusätzlich etwas von der Umgebung aufnimmt. Die C14-Wissenschaft verwendet gerade die- sen Begriff, um den irregulären Charakter von »Verunreinigungen« lebender Organismen mit »abgestandenem« Kohlenstoff herauszustellen. Im Endeffekt wird aber lediglich der Vorgang der Diffusion von C12 über Systemgrenzen hinweg bezeichnet. Der »Reservoireffekt« muß also als ein »anomaler Diffu- sionseffekt« verstanden werden. Es ist evident, daß Schwankungen der Rest- bzw. damit auch der ur- sprünglichen Startaktivität, wie sie in den Kalibrierkurven ausgewiesen sind, nur durch Diffusionseffekte erklärt werden können, die zur Veränderung der C14-Konzentration der Atmosphäre um den Faktor 2 bis 20 (und mehr) stär- ker als der radioaktive Zerfall beitragen. Nichts spricht dafür, daß dies global gleichförmig stattfindet, obwohl diese Schwankungen in den Kalibrierkurven definitiv nur auftauchen dürfen, wenn sie globalen Charakters sind. Ein Blick auf die in Bild 8.1 dargestellte Bilanz der globalen Verteilung des Kohlenstoffs unterstreicht die Problematik des Ansatzes gleichmäßiger Mischung von radioaktivem Kohlenstoff C14 und normalem Kohlenstoff C12 (Bild 8.2 für eine schematische Darstellung des C14-Zyklus). Sedimente und sogenanntes Tiefenwasser als Reservoir grundsätzlich C14-verarmten Koh- lenstoffs machen fast 90% des globalen Kohlenstoffvorrats aus, und das mit der Atmosphäre – wo das C14 entsteht – im Austausch stehende Oberflächen- wasser der Ozeane schlägt – wie die Atmosphäre selbst auch – nur mit 2% Anteil zu Buche! An diesen Systemübergängen muß mit lokal unterschiedli- chen Schwankungen größeren Ausmaßes gerechnet werden. Im Rahmen dieses Kapitels müssen alle »anomalen Diffusionseffekte« diskutiert werden und dazu gehören dann auch die »wiggle« der konventio- nellen Kalibrierkurven. Damit ist ein Konflikt auf den Punkt gebracht, denn es ist ausschließlich der als global homogen angenommene Charakter der »wiggle«, der die Erstellung der Kalibrierkurven ermöglicht (und das Überle-, 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 281 ben der C14-Methode gesichert) hat. Niemals würden diese in einer konven- 8.3 Die C14-Wis-senschaft betrach- tionellen Fehlerdiskussion auftauchen dürfen, obwohl sie über Jahrzehnte von tet »Reservoir-Ef-fekte« nur als ver- zahlreichen Wissenschaftlern als unglaubwürdig angeprangert und ihre Be- einzelt auftretendeKontaminationen. rücksichtigung bei der Fehlerangabe eingeklagt worden ist. Tatsächlich be-steht die Erde aus- Wir werden deshalb den »Reservoireffekt« unterscheiden in örtlich rekon- schließlich aus lo-kalen Kohlenstoff- reservoire, die ein- struierbare, evtl. sogar korrigierbare Diffusionsvorgänge und in global auftre- ander permanent wechselseitig tende, im einzelnen ohne Vergleich zu anderen absolutdatierten Proben aus »kontaminieren« und »dekontami- derselben Region nicht-korrigierbare Diffusionsvorgänge. Uns ist klar, daß nieren« und so zu divergenten C14- sich an diesem Vorgehen unsere Interpretation von der konventionellen Inter- Altern führen müs-sen. pretation als unvereinbar scheidet. Der von uns betrachtete Punkt 8.2.3 »unre- konstruierbare Diffusionen« kommt in der konventionellen Betrachtung nicht vor. 8.2.1 Isotopenfraktionierung Systeme, die Kohlenstoff mit der Umgebung austauschen (gleichviel, ob bio- logische Organismen wie Bäume oder anorganische Gebilde wie Muschelge- häuse oder Stalagmiten bzw. Stalaktiten), tun sich unterschiedlich schwer bei der Assimilation der schwereren Kohlenstoffisotope C13 und C14. Die einen – vorwiegend die anorganischen Systeme – nehmen die Isotope in just dem Verhältnis auf, in dem sie auch in den »toten« Reservoiren – Wasser und Luft vor allem – vorliegen, andere – und das sind die kohlenstoffverarbeitenden Organismen – bevorzugen in unterschiedlichem Maße die jeweils leichtere Variante, d.h. C12 gegenüber C13 und C13 wiederum gegenüber C14. Letzte- re spiegeln dann im Moment des Absterbens ein systematisch überhöhtes C14-Alter vor. Der absolute Unterschied macht immerhin bis zu 800 Jahre zwischen anorganischen Muschelgehäusen und organischem Fett an sich glei- chen Alters aus (vergleiche Bild 8.3 ). Die Tatsache, daß das Verhältnis der Kohlenstoffisotope untereinander, das ja der Altersbestimmung zugrundeliegt, auch von der Art und Weise ab- hängt, wie Organismen Kohlenstoff assimilieren, ist als Verletzung einer Fun- damentalannahme der C14-Methode zu interpretieren. Diese besagt, daß das Verhältnis von C14 zu C12 in einem Organismus ausschließlich durch radio- aktiven Zerfall verändert wird [Taylor 1987, 40]. Die damit notwendig gewordene Korrektur erfolgt über die meßtechnische Bestimmung der C13-Konzentration und »aufgrund theoretischer Überlegun- gen und bestimmter Analogien aus experimentellen Daten für andere Isoto- penpaare« [Taylor 1987, 121]. Demzufolge reichere sich das C14 bei anomalem Stoffwechsel doppelt so stark an bzw. dünne sich doppelt so stark aus wie das, 282 C14-Crash 8.3 Die Auswirkung der Isotopenfraktionierung Diese Seite gibt Aufschluß über die Unsicherheit, die bei der Korrektur des durch Isotopenfraktionierung »verfälschten« C14-Alters hinzunehmen ist. Die mittlere Schwankung der zu erwartenden Abweichung der C13-Konzentration von dem PDB-Standard beträgt im Mittel ca. 5 ‰. Das ergibt nach der Theorie die doppelte, also rund einprozentige Unsicherheit bei der Umrechnung der C13-Abweichung auf die C14-Abweichung. Mithin muß dem summarischen Feh- ler allein wegen der Tatsache der Isotopenfraktionierung mindestens ± 40 Jahre zugeschlagen werden., 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 283 Dem Bild auf dieser Seite [nach Taylor 1987, 122] kann entnommen werden, daß die Bandbreite der C14-Alter kontemporärer Proben bis zu 800 Jahre be- tragen kann. Dabei ist der PDB-Standard zwar an der Isotopenmischung orien- tiert, die an der Oberfläche der Ozeane herrscht, setzt aber die Nullkorrektur für jahrringbildende Bäume fest, die nach dem sogenannten Calvin-Zyklus (s.u.) stoffwechseln und bereits zu 25 ‰ von der ozeanischen C13-Konzentration ab- weichen. M. Calvin erhielt 1961 – also ein Jahr nach W.F. Libby – den Nobel- preis für Chemie und zwar für die Beschreibung der Umwandlung von Kohlendi- oxid und Wasser in Sauerstoff und Kohlenwasserstoffe via Photosynthese. Er be- nutzte dazu insbesondere das C14 als radioaktiven Tracer! (Zum Tracerverfah- ren vergleiche Kapitel 6.2) Die Umrechnung der Verschiebung der C13-Konzentration in die der C14- Konzentration beruht auf einem Analogieschluß: Wenn das gegenüber dem C12- Atom um rund 8.3 % schwerere C13-Atom von dem Organismus um »x« Pro- mille seltener (oder häufiger) eingebaut wird, dann sei damit zu rechnen, daß das um rund 16.7 % schwerere C14-Atom um »2 mal x« Promille seltener (oder häufiger) eingebaut wird. Es ist ungeklärt, ob sich das Fraktionierungsverhalten 8.3 eines organischen Typus mit der Zeit verändert hat oder etwa von den Umwelt- bedingungen abhängig ist, was aber als wahrscheinlich angenommen werden kann. Der Teufel steckt im Detail und der Details gibt es viele., 284 C14-Crash 8.4 Unsystematische Effekte im Zusammenhang mit der Isotopenfraktionierung Die Tabelle führt die Werte aus der Umrechnung des sogenannten »unnormali- sierten« in das konventionelle C14-Alter auf, indem der Effekt der Isotopenfrak- tionierung auf der Basis der gemessenen C13-Konzentrationsverschiebung be- rücksichtigt wird [Tabelle Taylor 1987, 130]. Die Abweichung des C13/C12-Ver- hältnisses, das an der Probe gemessen wurde, gegenüber dem Normalwert wird als Maß für eine proportionale, zugleich doppelt so hohe Verschiebung der C14- Konzentration genommen. Die Tabelle weist im übrigen den Fehler, der durch diese Prozedur entsteht, nicht aus (vgl. die Diskussion des Fehlerbeitrages im Falle der Isotopenfraktionie- rung in Bild 8.3 ). Das ist durchaus symptomatisch für die Handhabung sogenann- ter Korrekturen, die stets einen Beitrag zum Gesamtfehler leisten und diesen in der Summe am Ende in buchstäblich ungeahnte Höhen treiben können. Hier wird die eine Korrektur – die der Isotopenfraktionierung – benutzt, um die Höhe einer anderen nötigen Korrektur – die des Reservoireffektes – zu be- stimmen. Letztlich wird aber nur der unsystematische Trend des Reservoireffek- tes bei Muscheln bestätigt, der oftmals dazu führt, Muscheln als Datierungsobjekt generell abzulehnen. Die Daten lassen es grundsätzlich offen, ob sich das Fraktio- nierungsverhalten der Organismen oder der Einfluß C14-armen Wassers geän- dert hat. Unnorma- Konven- Scheinbarer Labor- Material lisiertes δ 13C tionelles Reservoir- Nummer 14C Alter [‰ wrt PDB] 14C Alter effekt [Jahre BP] [Jahre BP] [Jahre] UCR-957 Holzkohle 2610 ± 150 - 23.6 2630 ± 150 ./. UCR-958 Muschel 2560 ± 150 - 3.5 2900 ± 150 - 270 UCR-960 Holzkohle 3060 ± 160 - 25.3 3060 ± 160 ./. UCR-961 Muschel 3110 ± 150 - 2.9 3460 ± 150 - 400 UCR-1552 Holzkohle 3340 ± 115 - 24.9 3340 ± 115 ./. UCR-1553 Muschel 2790 ± 130 - 1.0 3170 ± 130 + 170 UCR-711B Holzkohle 1320 ± 100 - 23.7 1340 ± 100 ./. UCR-711A Muschel 1730 ± 120 + 0.6 2140 ± 120 - 800, 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 285 C13. So wird also der ursprünglich gemessene C14-Gehalt mit entsprechen- 8.4 Die zur Kali-brierung verwen- den Auswirkungen auf das C14-Alter korrigiert. Dabei ist das mit 1% Anteil deten Hölzer er-scheinen radiome- am Kohlenstoff vorkommende C13 quantitativ erheblich leichter zu bestim- trisch gesehenaufgrund des Ef- men als das nur in Spuren vorkommende C14. fektes der Isoto-penfraktionierung Schon Libby hatte diesen Effekt in seinem 1952 in erster Auflage erschie- um Jahrhunderteälter als ihre Um- gebung. Als Kali- nenen Buch »Radiocarbon Dating« diskutiert, wobei er im wesentlichen fest- briermaßstab hän- gen sie damit in stellte, daß C14 in anorganischem Kohlenstoff (etwa Muscheln) etwa 6 Pro- der Luft, denn nie- mand weiß, ob zent häufiger vorkommt als in organischem Kohlenstoff (etwa Holz) gleichen sich Maß und Art, wie Bäume zwi- Alters [Libby 1952, 8]. Nicht auszudenken wäre es gewesen, wenn Libby für den schen den Kohlen-stoffisotopen un- Aufbau seiner »Curve of Knowns« (siehe dazu die Kapitel 6.4-6) anorganisch terscheiden, imLaufe der Zeit ver- assimilierten Kohlenstoff herangezogen hätte, denn dann hätte er (heutige) ändert haben. Äpfel – organisch assimilierten Kohlenstoff als Basis für die Ermittlung der heutigen Startaktivität – und (altertümliche) Birnen – anorganisch assimilier- ter Kohlenstoff mit einer bis zu 800 Jahre Abweichung repräsentierenden Startaktivität – verglichen (und entsprechende Diskrepanzen wegerklären müssen). Auf der anderen Seite traute er sich allerdings schon zu, derart weit aus- einanderliegende C14-Aktivitäten als gleichzeitig anzunehmen. Für eine Se- quoia gigantea faßte er für seine erste in SCIENCE veröffentlichte Datenliste drei derart weit auseinanderliegende C14-Alter – nämlich 3.045, 2.817 und 2.404 – zu einem Durchschnittswert von 2.710 ± 150 C14-Jahren zusammen. Bei derselben Gelegenheit entschied er sich auch dafür, die Daten für ein (oder auch mehrere) dem Pharao Snofru zugeordnete Hölzer mit Daten zwi- schen 4.186 ± 500 und 5.548 ± 500 C14-Jahre als gleichzeitig zu behandeln. Der klassische Baum gilt – im Widerspruch zu den tatsächlichen Verhält- nissen – hinsichtlich des Fraktionierungsverhaltens als das »Normal«, und da- mit erscheinen Muscheln als 400 Jahre »zu jung«. Doch eigentlich sind es die Organismen, die aufgrund der »Antipathie« gegenüber den beiden schwere- ren Kohlenstoffisotopen bis zu 800 Jahre zu alt erscheinen, weil sie eben nicht die in den großen Kohlenstoffreservoiren herrschenden Isotopenverhält- nisse widerspiegeln. Zu allen Voraussetzungen der C14-Methode kommt also noch die hinzu, daß die Fraktionierungsrate bezogen auf die Kohlenstoffisoto- pe C13 und C14 in den organischen Kohlenstoffdepots – also in den Lebewe- sen – über die fraglichen Zeiträume konstant geblieben sein muß. Das ist eine Hypothese von deutlich anderem Charakter als die der Konstanz der Halb- wertszeit, die auf atomarer und damit anorganischer Ebene greift und bislang 8.4 jeder Kritik standgehalten hat (vergleiche aber R.D. Long [1973, 131]). Die Konstanz der Fraktionierungsrate in den untersuchten Lebewesen aus verschiedenen Epochen ist a priori nicht selbstverständlich. In Bild 8.4 wird, 286 C14-Crash eine Zusammenstellung der C14-Daten von Muscheln und Holzkohle gege- ben, von denen jeweils angenommen wurde, daß sie zur selben Zeit gelebt ha- ben (stratigraphische Vergesellschaftung). Nach Korrektur des Fraktionie- rungseffektes blieben immer noch Datierungsdifferenzen übrig, die um einen Betrag von bis zu 1.000 Jahren auseinander lagen. Es ist müßig, entscheiden zu wollen, ob das auf das Konto unterschiedlichen Einflusses von C14-armem Wasser geht (Reservoireffekt, vgl. nächsten Abschnitt 8.2.2) oder ob die Fraktionierung selber unterschiedlich ausfällt und demzufolge die Korrektur der C14-Fraktionierung über den bloßen Abgleich via Messung von C13 nur fehlerhaft erstellt werden kann. Zu ähnlich erratischen Ergebnissen kamen Untersuchungen der Anomali- en in den C14-Bestimmungen der Schneckengehäuse von lebenden Land- schnecken aus halbtrockenen (»semi-ariden«) Biotopen. Selbst nach Berück- sichtigung der Fraktionierung blieben Datierungsdifferenzen von rund 1.000 Jahren bestehen, die zusätzlich mit Einzelfehlern von bis zu über 1.000 Jah- ren behaftet waren [Goodfriend 1987]. Durch die Isotopenfraktionierung haben also insbesondere Bäume eine um 400 C14-Jahre reduzierte Startaktivität, d.h. der jüngste Ring eines gerade gefällten Baumes erscheint radiometrisch gegenüber dem Wasser einer gut durchmischten Meeresoberfläche (mit allen Einschränkungen) um rund 400 Jahre älter24. Ein zeitlich und vor allem klimatisch invariantes Fraktionie- rungsverhalten der Bäume ist eine entscheidende Voraussetzung für die Er- stellbarkeit einer global gültigen Kalibrierkurve (vgl. den Hinweis auf die Temperaturabhängigkeit der Fraktionierung z.B. bei H.Y. Göksu et al. [1991, 23]). Die Prozedur der Fraktionierungskorrektur findet eine recht schwammige Formulierung bei Taylor [1987, 40]: »Es gibt einen Konsens, wie unter Berück- sichtigung bestimmter Standards und Regeln die unterschiedlichen δ13C-Wer- te in eine gebräuchliche Skala umgerechnet werden sollen«, oder auch bei Aitken [1990, 94]: »Die Korrektur hat zur Voraussetzung, daß der Fraktionie- rungseffekt von C14 doppelt so hoch ist wie der von C13«. Sie geht letztlich auf die Arbeiten von H. Craig [1953; 1954] zurück und scheint in den darauffol- genden Jahrzehnten wenig theoretische Aufmerksamkeit erfahren zu haben. 24 Im Zusammenhang mit der Korrektur der Isotopenfraktionierung wird – genauso wie zeitweise im Hinblick auf die sogenannte Kalibrierung [Klein et al. 1982] – von sogenannten »Konsens-Daten« gesprochen [Burleigh et al. 1984]. Daraus entnehmen wir, daß sich die Wissenschaftler momentan unüberwindbarer Widersprüche in den Methoden bewußt sind, diese aber zugunsten dringend benötigter Ergebnisse nicht weiter thematisieren wollen., 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 287 Die Abschätzung des Fehlers aus einer nicht richtig korrigierten Fraktio- nierung ist schwierig. Aus der natürlichen Schwankungsbreite des Fraktionie- rungsverhaltens eines organischen Typus ergibt sich allein ein Fehler von rund ± 40 Jahren. Ein Fehler im theoretischen Modell für die Korrektur be- rührte die Altersbestimmung etwa von Holz solange nicht, wie auch die Kali- brierkurve auf Holz beruht – immer vorausgesetzt, daß das Fraktionierungs- verhalten von Holz sich über die Zeit bzw. in Abhängigkeit von zeitveränder- lichen Parametern wie der Temperatur usw. nicht verändert hat. Eine signifi- kante Fehlerquelle besteht gegebenenfalls in der Nichtzurückverfolgbarkeit der Laborprozedur, d.h. ob die Fraktionierung überhaupt berücksichtigt wur- de oder nicht [dazu auch Taylor 1987, 128]. 8.2.2 Reservoireffekte I (örtlich rekonstruierbare und in Grenzen korrigierbare Diffusionsvorgänge) Der Begriff »Reservoireffekt« bezeichnet für gewöhnlich die Auswirkung punktueller Zumischung von Kohlenstoff mit einem abweichenden C14-Ge- halt in den Stoffwechsel von Organismen, die einer C14-Datierung unterzo- gen werden könnten. Als Depots mit »unzeitgemäßer« Kohlenstoffisotopen- mischung sind u.a. bekannt: ! Vulkane ! Gewässer, die »altes« Karbonat gelöst haben ! Tiefseewasser ! die gesamte südliche Hemisphäre Es sollte beachtet werden, daß sämtliche hier aufgezählten Depots eine Redu- zierung der C14-Konzentration in Organismen bewirken, die mit diesem im Austausch stehen. Ein Depot mit überhöhtem C14-Gehalt ist unbekannt. (Be- merkung: Im Rahmen unserer Untersuchung können wir zurückliegende Pha- sen deutlich höherer C14-Konzentration nicht ausschließen, durch die es zu einer »Verjüngung« von Organismen kommen könnte.) Das Ausmaß der Altersverfälschung ist unterschiedlich. Am geringsten und am homogensten fällt noch der Altersunterschied zwischen der südlichen und der nördlichen Halbkugel aus, er soll ca. 30 Jahre betragen, um die die südliche Halbkugel radiometrisch »älter« erscheine. Die zugehörige Unsi- cherheit ist nur schwer abzuschätzen. Den ersten Hinweis auf den Einfluß undurchmischter, deswegen »alter« Depots bekam man durch die Datierung lebender Proben aus einem See, der ein Bett aus altem Kalziumkarbonat aufwies. Die Fehldatierung umfaßte in, 288 C14-Crash 8.5 C14-Alter von Muscheln im Küstenbereich Der Einfluß C14-armen Wassers auf heutige Muscheln aus unterschiedlichen Kü- stenregionen ist nicht konstant. Er hängt von dem Zumischen des ozeanischen Tiefenwassers einerseits und von Süßwasserzuflüssen aus dem Binnenland ande- rerseits ab. Da weder bei der Zumischung ozeanischen Tiefenwassers noch bei den ins Meer mündenden Flüssen mit stationären Verhältnissen gerechnet wer- den kann, ist die hier gegebene Momentaufnahme nicht in die Vergangenheit übertragbar. Das erklärt zum Teil auch die Unbeliebtheit von Muscheln zur C14- Datierung, da der Einfluß schlechterdings nicht systematisiert werden kann. Wasser mischt langsamer als die Atmosphäre. So können hier, an der unmittel- baren Schnittstelle zur Atmosphäre, Unterschiede in der C14-Konzentration von 10% und mehr über längere Zeit aufrechterhalten werden. Der Einfluß auf die Atmosphäre selber spiegelt sich in den »wiggle« wieder. Der naturgemäß lokale Charakter ergibt sich aus der Kopplung an lokale Än- derungen der Konzentration des C14 entsprechender ozeanischer Regionen. Dieser Zusammenhang wurde im Zuge des weltweiten Abgleichs von C14-Wer- ten, die zur Erstellung der heute gebräuchlichen Kalibrierkurven als notwendig erachtet worden waren, völlig negiert und hat zur Vorgabe falscher Synchronis- men in den einzelnen Baumringfolgen geführt. In Ermangelung anderer Datie- rungshilfen wurden die Vorgaben durch C14 schließlich nach jahrelanger Arbeit »verifiziert«., 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 289 diesem Fall bis zu 1.600 Jahre [Deevey et al. 1954]. Das mögliche Ausmaß der Streuung des C14-Alters von definitiv gleichaltrigen Organismen – hier Mu- scheln –, die mit einem »unzeitgemäßen« Kohlenstoffreservoir in Wechsel- wirkung stehen, ist aus dem Bild 8.5 zu ersehen (die globale Tendenz ist in Bild 8.6 zu ersehen). Die Tendenz zur Alterserhöhung rührt von dem Einfluß alten Tiefenwassers her, das durch entsprechende Winde hochgerollt wird. Auch der Zufluß harten Wassers kann das Alter von lebenden Muscheln um bis zu 1.000 Jahre verfälschen. Altes Kohlendioxid CO2 in vulkanischen Ausgasungen führt zu großen Überalterungseffekten. Eine Untersuchung mehrerer Orte auf Hawaii bezif- ferte diesen mit 15 – 20.000 Jahren [Chatters et al. 1969]. Entsprechende Unter- suchungen in der deutschen Eifel, auf der griechischen Insel Santorin und in der Nähe des Monte Amiata in Italien ergaben Altersverschiebungen von 1.400 bis 4.000 Jahren. Der Einfluß vulkanischer Aktivität auf den weltwei- ten C14-Gehalt der Atmosphäre wird dagegen als gering eingeschätzt [Taylor 1987, 132]. Dennoch kann dieser in Gegenden, die für starke vulkanische Aktivität in der Vergangenheit bekannt sind – Island z.B. – für die Absenkung der Kon- zentration des modernen C14 um mehrere Prozent verantwortlich sein [Olsson 1979b; 1983], was nach der schon so oft bemühten Faustformel – 1% entspricht rund 83 Jahre (vergleiche Textbox 7.7 ) – zu mehreren Jahrhunderten Datie- rungsunsicherheit führen kann. (Im Zusammenhang mit der Diskussion mögli- cher Ursachen für retrograde C14-Daten müßte von einer Oszillation dieses Ausstoßes ausgegangen werden, um eine überhöhte C14-Produktion peri- odisch zu kompensieren und damit die charakteristischen »wiggle« zu erzeu- gen.) 8.2.3 Reservoireffekte II (örtliche und ohne Vergleich mit einer am selben Ort gewonnenen Kalibrierung nicht rekonstruierbare und deswegen unkorrigierbare Diffusionsvorgänge) Die Überschrift dieses Teils beinhaltet zugleich eine Abgrenzung gegenüber dem konventionellen Verständnis von »Reservoireffekten« im Zusammen- hang mit der C14-Methode. Diese betrachtet allenfalls global gleichförmige und damit eben normale Diffusionsvorgänge und erkennt deren Spiegelbild als »wiggle« in den Kalibrierkurven (vergleiche Bild 2.5 ). Daß Diffusion in 8.5 jedem Fall im Spiel sein muß, wird durch die ausgewiesene Größenordnung der C14-Schwankungen impliziert., 290 C14-Crash 8.6 Reservoir-Alter von Muscheln (global) Bei der Altersbestimmung von Muscheln müssen in Abhängigkeit vom Fundort besondere Korrekturen vorgenommen werden. Dadurch soll der »Reservoir-Ef- fekt« durch Zumischung von C14-armen Wassers kompensiert werden. Die hier implizit gegebene Genauigkeit von 5 Jahren ist angesichts der tatsächlichen Streuung (vergleiche Bild 8.5 ) reine Augenwischerei. Die nötigen Korrekturen können aufgrund unterschiedlicher aquatischer Bedingungen bereits in begrenz- ten Bereichen stark schwanken. Es macht überhaupt keinen Sinn, mit einem Mit- telwert für größere Regionen zu operieren (z.B. einem Wert für den südlichen Pazifik). Solch ein Verfahren würde nur wieder zu den ohnehin bekannten star- ken Streuungen der C14-Alter kontemporärer Proben führen., 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 291 Es wirken u.a. Exzeßproduktionen, die ein Vielfaches dessen erzeugen, was durch den radioaktiven Zerfall allein wieder »weggeschafft« werden kann. Für den Nachweis einer (angeblichen) Quasistationarität der C14-Kon- zentration in der Atmosphäre muß die entsprechend hohe und zugleich homo- gene Abwanderung von C14 aus der Atmosphäre angenommen werden. Da die Ozeane im allgemeinen Fall Layer mit unterschiedlichem C14-Gehalt an die Oberfläche bringen, ist ein global gleichförmiger Charakter der Diffusion, die der Exzeßproduktion »entgegenwirken« muß, auf keinen Fall gegeben. Die »wiggle« können in einem ersten (groben) Ansatz mit einer periodi- schen Modulation der lokalen Kalibrierung von ± 100 bis 200 Jahren bei ei- ner Periode von rund 200 Jahren charakterisiert werden (vergleiche zur Grö- ßenordnung Bild 8.7 ). Daraus ergäbe sich ein nicht-systematisierbarer Fehler von ± 100 C14-Jahren im Minimum. Das Simultanitätsprinzip der konventio- nellen C14-Methode hat diesen generellen Fehler auch nur in die Mehrdeutig- keit eines gefundenen C14-Alters ummünzen können, die es dem Anwender überläßt, mit historischem Zusatzwissen das »richtige« und angeblich »siche- re« Datum auszuwählen. 8.2.4 Zusammenfassung Mit den Stichworten »Isotopenfraktionierung« und »Reservoireffekte« (im Sinne rekonstruierbarer Diffusionsvorgänge) werden gewöhnlich Korrektu- ren, aber nicht eigentlich Fehler verbunden. Diese sogenannten Korrekturen machen einen Umfang von Jahrhunderten und in speziellen Fällen auch von Jahrtausenden aus. Wir haben gesehen, daß auch nach einer möglichen syste- matischen Korrektur der C14-Daten zufällig zu nennende Schwankungen üb- rig blieben. Allein das ist schon ein gewichtiger Hinweis, daß etwa die Kennt- nis vom Diffusionsverhalten der drei wichtigsten Kohlenstoffisotope speziell im Rahmen des Stoffwechsels unvollkommen geblieben ist. Hinter den Kom- plexen »Isotopenfraktionierung« und »Reservoireffekte« verbergen sich unbe- herrschte Einflüsse, die letztlich zu einem Fehler in der Datierung führen müssen, der auch quantifiziert werden will. So gesehen sind wir mit dem zu- sätzlich aufgeführten dritten Komplex nichtrekonstruierbarer Diffusionsvor- gänge in jedem Fall auf der richtigen Spur. 8.3 Die Probe erlagert sich eine zusätzliche Geschichte 8.6 Wir haben jetzt zu diskutieren, wieweit nach den sowohl systematischen wie auch zufälligen Abweichungen des zu Lebzeiten inkorporierten C14-Gehaltes, 292 C14-Crash 8.7 Bemessung der Reservoireffekte (II) Das obere Bild [Stuiver 1982] soll die ungefähre Größenordnung der C14-Varia- tionen wiedergegeben, wie sie in den Kalibrierkurven dokumentiert sind. Diese können grob mit 100-200 Jahren bei einer Periode von 200 Jahren veranschlagt werden. Das untere Bild ist einer Publikation von R.M. Clark [1975, 256] ent- nommen, der zeigte, daß aufgrund der starken Streuung der Meßwerte über- haupt keine »wiggle« angesetzt werden dürfen und vielmehr mit einer stetigen Ausgleichskurve gearbeitet werden müsse., 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 293 gegenüber einer als absolutes Maß betrachteten (gleichwohl fiktiven) Kali- brierquelle nun auch die bloße Lagerung nach dem Absterben zu einer derar- tigen Verschiebung der späteren C14-Datierung führen kann. Erneut werden wir die Frage stellen müssen, was an etwaigen Verschiebungen »korrigierbar« bleibt und was als weiterer Fehler hingenommen werden muß. 8.3.1 Kontamination Der gebildete Laie kennt »Kontamination« als die mit Abstand effektivste Ur- sache für einen Datierungsfehler. Die Probe ist mit Stoffen behaftet bzw. durchdrungen, die einen deutlich anderen C14-Gehalt als die interessierende Probe ursprünglich selber aufweisen. Kontamination grenzt sich gegen den Reservoireffekt dadurch ab, daß eine Beimischung von Fremdstoffen grund- sätzlich als reversibel angenommen und folglich durch physikalisches Abtren- nen von sichtbaren Substanzen sowie durch Waschen bzw. Auswaschen mit diversen Säuren, Basen und anderen Lösungsmitteln teils organischer, teils anorganischer Natur bekämpft wird. Da heutzutage jede Probe routinemäßig einer entsprechenden Prozedur unterworfen wird, ist automatisch auch jedes- mal ein Fehler aus der Korrektur mitinbegriffen, der natürlich zum Gesamt- fehler beiträgt. Kontamination wird ebenfalls als »anomaler Vorgang« betrachtet. Dabei begründet der Umstand, daß alle Proben chemisch gewaschen werden, tat- sächlich das Gegenteil als Norm: Normalerweise ist nämlich jede Probe in mehr oder weniger hohem Umfang kontaminiert. Auch hier hat das Wunschdenken der Begründer der Methode zur Begriffsverwirrung geführt. Die Bedeutung einer möglichen Kontamination hängt jedoch sehr stark von dem tatsächlichen C14-Gehalt der Probe ab und davon, ob die Kontamination mit »fossilem« oder mit »modernem« Kohlenstoff geschieht. Für die Konta- mination mit fossilem Kohlenstoff (definitiv ohne C14) gilt eine Faustformel ähnlich der, die die Auswirkung eines Zählfehlers in Jahre ummünzt: Jedes anteilige Prozent fossilen Kohlenstoffes macht die Probe – unabhängig von ihrem tatsächlichen C14-Gehalt – um 83 Jahre älter. Der umgekehrte Effekt, die Verjüngung durch Kontamination mit moder- nem (bzw. rezentem) Kohlenstoff, verläuft dagegen nichtlinear. Während sich bei Proben mit hohem C14-Gehalt ein geringer Effekt ergibt, nimmt dieser »Verjüngungseffekt« mit abnehmendem C14-Gehalt der Probe überproportio- 8.7 nal zu. Bei einem C14-Gehalt, der einem C14-Alter von 5.730 Jahren (das ist gerade die Halbwertszeit von C14) entspricht, sind Verjüngungs- und Alte- rungseffekt jeweils gerade gleich groß, darüberhinaus steigt der Verjüngungs-, 294 C14-Crash 8.8 Die Auswirkung einer Kontamination Man muß zwischen einer Kontamination mit »fossilem« und mit »modernem« Kohlenstoff unterscheiden. Fossiler Kohlenstoff – ohne C14-Anteil – »altert« ei- ne Probe und tritt in Verbindung mit vulkanischen Gasen, mit Kohlenwasserstof- fen wie Erdöl etc. und mit karbonathaltigem Tiefenwasser auf. Moderner Koh- lenstoff »verjüngt« eine Probe und liegt in allen Reservoiren vor, die mit der At- mosphäre im Austausch stehen. Je länger das Stoffwechselende der Probe be- reits zurückliegt und je geringer demnach der C14-Anteil des Kohlenstoffs ist, desto stärker wirkt sich eine Beimischung modernen Kohlenstoffs aus. Die Aus- wirkung fossilen Kohlenstoffs ist dagegen unabhängig von der Lagerzeit der Pro- be. Das Bild zeigt die radioaktive Zerfallskurve einer 40.000 C14-Jahre alten Pro- be zusammen mit zwei weiteren Zerfallskurven, die die Probe einmal 1.000 Jahre älter und einmal 1.000 Jahre jünger erscheinen lassen und hier jeweils auf Konta- mination zurückzuführen sein sollen. Während zu jeder Zeit rund 12% Volu- mensanteil fossilen Kohlenstoffs ausreichen, um die tausendjährige Alterung zu bewirken, nimmt die für die Verjüngung benötigte Menge modernen Kohlen- stoffs mit der Lagerzeit dramatisch ab., 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 295 effekt rasant an (vergleiche Bild 8.8 ). R.E. Taylor [1987, 120] gibt ein Beispiel 8.5 Niemand weiß,ob eine Probe kon- [Delibrias et al. 1974, 20], in dem die Differenz zwischen gemessenem C14-Alter taminiert ist odernicht, weshalb rou- (5.000 Jahre) und erwartetem C14-Alter (3.600 Jahre) einer Probe ausschließ- tinemäßig jedeProbe chemisch lich auf Kontamination zurückgeführt worden war. Eine entsprechend alte aufbereitet wer-den muß. Diese Probe müßte allerdings mit mehr als 20% fossilem Kohlenstoff kontaminiert Prozedur führt au-tomatisch zu einer weiteren Unschär- worden sein, um so auf ein fiktives Alter von 5.000 Jahren gebracht zu wer- fe in der Altersbe- stimmung. den. Ein effektiver Weg, eine mögliche Kontamination nachzuweisen, besteht im Ausmessen mehrerer Bereiche der fraglichen Probe, sofern die Größe und die Art der Probe dies erlaubt. In diesem Sinne sind z.B. Knochen besonders »kontaminiert«. Die Probenvorbehandlung werde, so R.E. Taylor, von der Mehrheit der C14-Labore für gewöhnlich sehr effektiv durchgeführt, doch es sei oftmals unmöglich, alle nichtzugehörigen organischen Bestandteile von bzw. aus der Probe zu entfernen. Die trotz Vorbehandlung verbliebene Kontamination rei- che jedoch gerade bei Proben aus dem Postglazial in den allermeisten Fällen nicht aus, das Probenalter deutlich stärker als die statistische Varianz aus der eigentlichen Messung entsprechend zu verändern [Taylor 1987, 120]. Als vor- sichtiger Archäometer sollte man demzufolge zur Berücksichtigung einer ver- bliebenen Kontamination den Fehler aus der reinen Aktivitätsmessung wenig- stens verdoppeln, denn, wie M.A. Geyh [1991, 137] es formuliert: »Wenn ... ei- ne Probe einmal kontaminiert war, muß immer damit gerechnet werden, daß gewisse Fehler auftreten«. Offenbar verbleiben grundsätzlich Kontaminationen im Prozentbereich, die nicht ausgewaschen werden können. Es dürfte in der Regel ausgeschlos- sen sein, die tatsächliche Höhe und den Zeitpunkt der ursprünglichen Konta- mination sowie das Maß der erreichten Dekontamination exakt anzugeben. Die von Taylor angegebene Faustformel, den Zählfehler zur Berücksichti- gung verbliebener Kontaminationen zu verdoppeln, ist eine eher hilflose Ge- ste, denn während der Zählfehler mit der Verlängerung der Meßzeit automa- tisch sinkt, bleibt der Fehler aus der Kontamination davon unberührt. Die Summe aller verbliebenen Unsicherheiten gerät so hoch, daß es miß- verständlich wird, einzelne Beiträge von ungefähr her zu quantifizieren und als Korrektur auszugeben. Nicht-Wissen über die zahlreichen Einflußgrößen macht das erzielte C14-Datum wertlos. Das Ignorieren dieses Umstandes er- möglicht es willigen Chronologen, mit selektiven Konzessionen an den einen oder anderen Fehler das Datum in die Richtung zu trimmen, in die man es ha- 8.8 ben will., 296 C14-Crash 8.3.2 Wanderung des C14 entsprechend einem C14-Gradienten in der Probe Das Phänomen der Wanderung von C14 aufgrund eines Konzentrations- ungleichgewichtes sollte für die meisten organischen Proben keine Bedeutung haben. Anders sieht es allerdings bei Holz aus, das Jahrringe ausbildet, wel- che später als unter Umständen jahrhundertelange Abfolge jährlicher »Finger- abdrücke« der C14-Aktivität des atmosphärischen Kohlendioxids untersucht werden sollen. Aus dem zu untersuchenden Holz muß auf chemischem Wege die Zellulo- se freigewaschen und nur diese untersucht werden, da das organische Zwi- schenmaterial – Harze und andere Kohlenwasserstoffe – regulär durch das Zelluloseskelett diffundiert und demnach einen ganz anderen und unsyste- matischeren Aktivitätsgradienten über den Radius aufweist. C14-Unter- suchungen von Hölzern werden wegen des komplexen Sachverhaltes und der Vielzahl möglicher Fehler bei der Behandlung und Messung von Spezialisten durchgeführt. Damit Holz überhaupt als Kalibriermaßstab in Frage kommt, müssen zwei Bedingungen notwendig erfüllt sein: ! Jeder Jahrring darf ausschließlich während des begrenzten Zeitraumes von einem Jahr atmosphärisches Kohlendioxid via Photosynthese in den spä- ter extrahierbaren Bereich – nämlich die Zellulose – einarbeiten, und ! dieser Bereich darf weder zu weiteren Lebzeiten des Baumes noch wäh- rend dessen anschließender Lagerzeit kohlenstoffhaltige Materie u.a. mit den umgebenden Ringen austauschen. In Anbetracht der fundamentalen Bedeutung dieser Voraussetzungen für die Verwendbarkeit von Holz als Kalibriermaßstab muß der erstaunlich wider- sprüchliche Stand des Diskussion über mögliche Wanderungsbewegungen des später zu datierenden Materials doch verwundern (vergleiche auch Ab- schnitt 8.6). R. Berger veröffentlichte 1970 eine Studie, wonach die Wande- rungsbewegung von C14 zum Erliegen komme, sowie sich die betreffenden Jahrringe zu Kernholz umgewandelt hätten [Berger 1970c; 1973]. B. Becker wies allerdings darauf hin, daß bei der sogenannten Verkernung des Holzes nach- träglich aus den noch lebenden Zuwachsschichten organische Verbindungen in das bereits tote Stamminnere eingelagert werden könne [1970, 22]. Entspre- chend stellten A. Long et al. fest, daß Kohlenstoff über 100 Jahrringe hinweg vom Splintholz- in den Kernholzbereich diffundieren könne [Long et al. 1979]. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam I.U. Olsson mit der Feststellung, daß aus, 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 297 Kernwaffenversuchen stammendes Exzeß-C14 auch in chemischen Auszügen 8.6 Die systemati-sche Korrektur ei- des Hartholzbereiches25 jüngerer Bäume zu finden seien [Olsson 1980]. ner bestimmtenVerfälschung des Den kritischen Beobachter muß beunruhigen, daß die Präparierung von C14-Alters setztentweder die Holz als Ausgangsmaterial der Baumringchronologien, ohne die die C14-Me- Kenntnis des wah-ren C14-Alters thode schon vor Jahrzehnten am Ende gewesen wäre, erneut ein Fall aus- oder des tatsächli-chen Ausmaßes der Verfälschung schließlich für Spezialisten sein soll. Ebenfalls nur einigen Spezialisten war voraus. Letzteres ist schon wegen es zusätzlich vorbehalten gewesen, diejenigen Bäume für unbrauchbar zu er- der Vielzahl der Verfälschungen klären, deren meßbarer C14-Gradient längs ihrer Jahrringe für eine keines- nicht gegeben. Oftmals wird erst wegs gleichbleibende, sondern vielmehr systematisch wachsende C14-Kon- die Vorgabe einer»realistischen Ziel- zentration in der Atmosphäre sprach. Anstatt die Bäume mit flacheren, für stellung« für dasDatum den Datie- Stationarität der C14-Konzentration stehenden Gradienten kritisch auf Diffu- rungsprozeß zu ei-nem Abschluß füh- sion zu überprüfen, wurde jenen Baumarten eine mehr oder weniger hohe ren können. Tat-sächlich entwertet Neigung zur Ausbildung von Fehlringen unterstellt (vergleiche Bild 2.4 ). Da- das Nicht-Wissenüber die zahlrei- mit war das Credo des Aktualismus ein weiteres Mal gerettet worden. chen Einflußgrö-ßen ein erzieltes C14-Datum weit- gehend. 8.3.3 In-situ Produktion von C14 Die Aufführung dieses Abschnittes ist der Historie geschuldet, denn Indizien für eine C14-Produktion innerhalb lagernder »Proben« sind schwach. Erste systematische Kreuz-Datierungen zwischen schwimmenden Baumringsequen- zen aus Europa und der Bristlecone-Pine-Chronologie aus Amerika er- brachten unter anderem systematische Differenzen in den C14-Altern (siehe das Bild 5.7 ). Die C14-Muster mochten zwar ähnlich sein, doch die derart quer über den Atlantik via »wiggle-matching« synchronisierten Ringe waren radiometrisch gesehen unterschiedlich alt. H.E. Suess [Suess/Strahm 1970, 95] be- zifferte diesen Unterschied für Hölzer aus neolithischen Siedlungen bei Au- vernier (Schweiz) mit 50 Jahren und stellte die Möglichkeit zur Debatte, daß die relativ hoch stehenden Bristlecone Pines einem höheren Strom an kosmi- schen Neutronen ausgesetzt seien, der ständig zur Produktion von C14 inner- halb der Bäume führe. Angesichts des bekannten Trends in der Kalibrierkur- ve, bei dem die in der Chronologie nachgeordneten Ringe immer stärker zu jung gemessen werden (d.h. »zu viel« C14 enthalten), schien das ein Gedanke zu sein, der einer näheren Untersuchung wert war. Es wurden Versuche unter- nommen, den ins Auge gefaßten Vorgang zu simulieren, indem Holz einem starken Neutronenfluß ausgesetzt wurde. Aber man konnte keine Erhöhung des C14-Gehaltes nachweisen [Libby/Lukens 1973]. 25 Der Splintholzbereich umfaßt im Mittel bei jungen bis alten Bäumen 10 bis 20 Jahrringe und ist gegenüber dem Hart- bzw. Kernholzbereich noch nicht in sich verfestigt., 298 C14-Crash Wir möchten darauf hinweisen, daß grundsätzlich niemand zwischen Dif- fusion und Produktion innerhalb eines Volumens unterscheiden kann, solange er nicht die Konzentrationsänderungen in der Umgebung oder aber den Teil- chenstrom über die Volumenoberfläche mitbilanziert. Die Tatsache, daß das Thema »In-situ-Produktion« immer wieder aufgegriffen wird, mag als Hin- weis auf den Erklärungsbedarf von Konzentrationsschwankungen dienen. Ab- schließend sei noch bemerkt, daß In-situ-Produktion sich als kumulativer Pro- zeß auf die Isotopenverteilung auswirke und deshalb auch bei kleinsten Pro- duktionsraten über entsprechend lange Zeit zu einer kumulativen Wirkung kommen könne. Ohne Bewertung der bereits durchgeführten Untersuchungen stellen wir fest, daß rein theoretisch die steiler abfallenden Bereiche der »wiggle« auch durch In-situ-Produktion statt durch Diffusion aus globaler »Überproduktion« entstehen können. Für den entsprechenden Vorgang der In-situ-Vernichtung (Kernumwandlung) von C14 als Erklärung der retrogra- den C14-Daten haben wir allerdings zu keiner Zeit Hinweise gefunden. 8.3.4 Zusammenfassung Die hier betrachtete Phase der Lagerzeit, in der sich der C14-Gehalt einer Probe einstellt, ist von allen hier betrachteten 5 Phasen theoretisch am besten zu definieren: Während dieser Phase soll die einzige Änderung ihrer C14- Konzentration durch den radioaktiven Zerfall verursacht werden. Umgekehrt gilt auch, daß dies die einzige Phase ist, in der der radioaktive Zerfall über- haupt eine grundsätzliche Rolle spielt. Alle anderen Phasen sind entweder so kurz, daß dieser nicht berücksichtigt zu werden braucht, oder er ist – wie zu Lebzeiten – nur ein Effekt neben anderen. Selbst im »Normalfall« ist von einem Fehler aus einer verbleibenden un- korrigierbaren Kontamination mit Kohlenstoff anderer Isotopenzusammenset- zung auszugehen, der mindestens in der Größenordnung eines durchschnitt- lichen Zählfehlers selber anzusetzen ist. Je kürzer dabei eine mögliche Konta- mination mit rezentem, also jetzt-zeitlichem Kohlenstoff zurückliegt, desto drastischer wirken sich die Altersverfälschungen aus. 8.4 Die Probe wird ausgewählt, aufbereitet und verschickt Die schlußendliche Genauigkeit einer C14-Datierung wird davon abhängig gemacht, wie zuverlässig die geophysikalischen Angaben für die fragliche Probe sind und wie genau demnach die systematischen Korrekturen an dem gemessenen C14-Alter vorgenommen werden können. Deshalb verdient die, 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 299 Auswahl einer Probe besondere Beachtung. Dabei sehen sich Archäologen 8.7 Die Aussage,daß ein hölzerner oftmals gar nicht in der Lage, genügend Material von einer Fundstelle zusam- Jahrring aus-schließlich die at- menzustellen mosphärischen[Ottaway 1986, 732]. Isotopenverhältnis- Als kritisch gelten vor allem die Komplexe »Fraktionierung zu Lebzei- se abbilde, diewährend seines ten«, »Reservoireffekte« sowie »Kontamination« während der Lagerung, die Entstehens ge-herrscht haben, beruht auf Speku- eine teils systematische, teils aber auch unkorrigierbare »Verunreinigung« des lation. Der Sach- verhalt ist auch Isotopengemisches bewirken. Es gibt einige Grundregeln für die Auswahl der deswegen nicht aufgeklärt, weil Probenart, insbesondere für die Vermeidung von Proben aus bestimmten Dendrochronolo- gen – statt diese Fundsituationen und für die Art ihrer Kennzeichnung und Präparierung vor Aussage systema-tisch zu überprü- Ort und für die Zeit der Verschickung. Ihre Befolgung soll wesentlich dazu fen – sich auf ihreGültigkeit stützen beitragen, anomale Untersuchungsergebnisse zu vermeiden. mußten, um diedringend benötig- te Datierungshilfe durch die C14-Me- thode nicht in Fra- 8.4.1 Probenauswahl ge zu stellen. Der Ausgräber muß wissen, welches Material als geeignet für die Prozedur der C14-Datierung angesehen wird und welches nicht. Nach wie vor gelten Holz sowie Holzkohle als die aussichtsreichsten Kandidaten für eine zuver- lässige Altersbestimmung. Aber auch hier sind Einschränkungen zu machen. Gerade die Messung von Holzkohle kann überalterte Ergebnisse bringen, wenn diese aus Bestandteilen in mm-Größe zusammengesetzt war. Altersun- terschiede bis zu 1.000 Jahren haben sich aus Messungen mit unterschiedlich großen Holzkohlepartikeln ergeben [Blong/Gillespie 1978]. Noch dramatischer werden diese Fehldatierungen, wenn die entsprechend kleinen Partikel aus feuchten Schichten entnommen werden, dann können sie über 20.000 Jahre betragen [Evin et al. 1983, 77]. Natürlich muß stets auch die Frage gestellt werden, ob die fraglichen Proben tatsächlich alle aus derselben Zeit stammen können und ob dieser Zeitpunkt mit der Gebrauchszeit ausrei- chend genau übereinstimmt. Genau das kann gerade bei dem so wichtigen Holz ein Problem sein. Des- sen Fälldatum ist in der Regel unbekannt und kann weit nach dem Zeitraum liegen, der der Herausbildung der von der Holzprobe repräsentierten Jahrrin- ge entspricht. Wesentliche Eigenschaft des Holzes von Bäumen ist es, in ei- nem jährlichen Rhythmus akkumulativ zu wachsen (anders als etwa bei Pal- men, die nicht in Ringen wachsen). Auf diese Weise repräsentieren hölzerne Artefakte viele Jahrzehnte und weisen zusätzlich einen Versatz ihrer C14-Ak- kumulationszeit gegenüber dem Zeitpunkt ihres Einsatzes auf, der bei langle- bigen oder mehrfach eingesetzten Hölzern etliche Jahrhunderte betragen kann. Die Unsicherheit aus diesem Drift (der »presample-growth-error« [Ralph, 300 C14-Crash 8.9 C14-Daten im Zusammenhang mit einem gut erschlossenen Fundort (I) C14-Datierungen von Holzkohle (! und ") und Getreide (#) eines Fundortes in der Nähe von Oldenburg (Niedersachsen) werden mit den archäologischen Zeitansätzen verglichen [Willkomm 1980, 289]. Der erwartete theoretische Zu- sammenhang ist durch die beiden Geraden (konventionelles bzw. kalibriertes Al- ter) gegeben, der durchschnittliche C14-Fehler durch den Balken rechts unten. Das Problem der allgemeinen Streuung der C14-Daten konnte in diesem Fall nicht durch ein mögliches Mißverständnis in der Identifizierung des Stratums er- klärt werden., 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 301 1971]) ist in der Regel nur abzuschätzen und macht Hölzer zu eher problemati- schen Kandidaten für genaue Datierungen bzw. ihre Interpretation. Diese Art von Unsicherheit tritt bei der Zuordnung kurzlebiger Proben na- türlich nicht auf. Der Nachteil ist hier allerdings, daß kurzlebige Proben viel stärker mit saisonalen Schwankungen behaftet sind als ein Holz, das von der Art seiner Akkumulation her zum Ausgleich kurzfristiger Schwankungen bei- trägt. Zu der Unsicherheit bei der Datierung kurzlebiger Proben unterschied- lichster Herkunft trägt auch bei, daß der Prozeß der Isotopenfraktionierung aufgrund der Vielfältigkeit der Probenarten naturgemäß nicht gut untersucht sein kann und folglich mit höherer Unsicherheit behaftet ist als der für die »Standardproben«. Die Problematik von Muscheln als Datierungsobjekt wurde schon an an- derer Stelle erörtert (Kapitel 8.2.1 und 8.2.2). Der größte Teil ihres Kohlen- stoffes ist als anorganische Substanz gebunden, die die Isotopenverhältnisse des Meereswassers widerspiegeln, in dem die Muschel gelebt hat. Im Ver- gleich zu gleichaltrigen und mit ihr vergesellschafteten Organismen, deren Stoffwechsel Isotopenfraktionierung miteinbezieht, resultieren Altersunter- schiede von bis zu 800 Jahren [Johnson 1955, 150; Kulp et al. 1952, 409]. Dabei sind es die Bereiche mit organisch gebundenem Kohlenstoffs, die dann als »zu alt« zu bezeichnen sind, da sie im Gegensatz zu den Muschelgehäusen tendenziell weniger C14 inkorporieren, als ihnen von der Umgebung angeboten wird. Natürlich wird diese Tendenz umgekehrt, wenn die Muscheln in einem Reservoir angesiedelt waren, das durch »altes« Tiefseewasser kontaminiert wurde. Ursprünglich galt die Faustregel, daß sich Reservoireffekt und (gegen- über den als Norm geltenden Bäumen) »fehlende« Isotopenfraktionierung kompensieren, doch das konnte bei genauerer Analyse nicht aufrechterhalten werden. Auch der Kontakt mit Kalkstein kann zu erheblichen Datierungsunsicher- heiten führen. Muscheln aus einem kalksteinhaltigen Stratum, das auf ein Al- ter von 2.000 Jahren geschätzt werden konnte, wurden zwischen ca. 5.000 und 14.000 Jahren datiert [Deevey et al. 1959, 156]. Wenn während der Lagerzeit die Oberfläche der Muschel angelöst wird und infolge erneuter Verfestigung andere kohlenstoffhaltige Verbindungen eingelagert werden (»Rekristallisati- on«), dann resultieren in der Regel ebenfalls starke Datierungsverschiebun- gen, die kaum zu systematisieren sind [Grant-Taylor 1972; Vita-Finzi 1980, 766f.; Goslar/Pazdur 1985; nach Taylor 1987, 50]. 8.9 Ähnliche Probleme wie mit Muscheln gibt es für die anorganischen Antei- le tierischer und menschlicher Knochen. Es zeigte sich schon sehr früh, daß oftmals völlig anomale Isotopenverhältnisse vorlagen, die auf den Austausch, 302 C14-Crash mit dem Grundwasser an der Fundstelle zurückgeführt wurden [Taylor 1987, 54f.]. Abweichungen von über 10.000 C14-Jahren sind keine Seltenheit [Irving/Harrington 1973; Nelson et al. 1986]. Die zufälligen Abweichungen zwischen den einzelnen organischen Bestandteilen scheinen zwar geringer auszufallen, doch können diese immer noch etliche Jahrhunderte und in einigen Fällen so- gar mehrere Jahrtausende betragen [Taylor 1987, 61]. Jeder Objekttypus erfährt grundsätzlich seine eigene, sich im Laufe der Zeit herausbildende und verfestigende Korrekturprozedur im Hinblick auf die Fundstätte, die Art der Lagerung und die Probenentnahme. R.E. Taylor spricht im Zusammenhang mit der Untersuchung von anderen Probenarten – also keine Hölzer, Muscheln oder Knochen – auch nur noch von »C14-Schät- zungen«. Im Zusammenhang mit Humus sowie Tuffgestein und anderen mi- neralischen Ablagerungen wie z.B. Chilesalpeter spricht er von »extrem schwankender« Radioaktivität und stellt die Nützlichkeit für archäologische Untersuchungen grundsätzlich in Frage [Taylor 1987, 62]. Ähnliches gilt auch z.B. für organische Überreste in oder an Keramiken. Insbesondere die Datie- rung von Überresten in Mörsern hat zu Diskrepanzen zwischen 2.000 und 4.000 Jahren geführt [Stuiver/Smith 1965; Baxter/Walton 1970]. 8.4.2 Identifizierung des Stratums, aus dem die Probe stammt Nach R.E. Taylor's Ansicht [1987, 108] rührt die Mehrzahl der wirklich ernst- haften Datierungsanomalien (»seriously anomalous 14C values«) aus Mißver- ständnissen oder Irrtümern bei der Identifizierung und Beschreibung der Pro- benumgebung bzw. -herkunft (dazu auch die Bilder 8.9 und 8.10 ). Datiert werde, so die berechtigte Warnung, die Probe und nicht die Schicht, mit der sie in Verbindung stand bzw. womöglich irrtümlich in Verbindung gebracht wurde. Wir befassen uns hier allerdings nur mit den Anomalien der Datierung selber, weil wir die Unsicherheit des normalen Falls beziffern wollen. Nicht nachzuvollziehen ist dabei die Bedeutung bzw. das Ausmaß »ernstlich an- omaler« Werte gegenüber »normal anomalen Werten«, die dann offenbar oh- ne weiteren Kommentar hingenommen werden. In bestimmten Fällen wird die Inversion des C14-Alters mit zunehmender Tiefe festgestellt, ohne aber die Integrität der Grabung in Frage stellen zu können [etwa Ashmore/Hill 1983; Heske 1994, 95]. Die Verwunderung über dieses Phänomen könnte angesichts der Tatsache, daß Dendrochronologen und C14- Wissenschaftler dieses Verhalten innerhalb der Kalibrierkurven für durchaus normal und charakteristisch halten, zur Ruhe kommen., 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 303 So stünde eigentlich auch für die Archäologen ein probates Mittel zur Verfügung, ihre C14-datierten Schichten zeitlich präzise an den Kalibrierkur- ven zu orientieren – wenn nicht aufgrund häufiger Diskrepanzen zwischen den relativen C14-Datierungen einerseits und archäologischen Datierungen andererseits die C14-Daten ohnehin mit spitzen Fingern angefaßt werden müßten. Zu häufig haben Archäologen Anlaß, die Integrität von C14-Daten in Frage zu stellen, als daß sie »normal anomale C14 Werte« vorbehaltlos als Anlaß zur Kritik eigener Vorgehensweise nehmen müßten. 8.4.3 Probenaufbereitung Eine zu datierende Probe muß von allen anhaftenden Dingen (insbesondere natürlich solchen, die Kohlenstoff enthalten) befreit werden, die im Verdacht stehen, nicht dasselbe historische Alter aufzuweisen. Da nur der Ausgräber die »Probe von Interesse« spezifizieren kann, muß er für diesen Trennungs- prozeß sorgen. Es ist üblich, die Probe zuerst visuell genauestens zu untersu- chen und Anhaftungen wie Wurzelreste oder Mikroorganismen zu entfernen. Danach wird die Probe konserviert oder in einem weitergehenden Schritt um- fassend »gewaschen«, d.h. die Probe durch Säuren, Basen oder sonstige Lö- sungsmittel von aufgenommenen Verunreinigungen befreit. Zum Beispiel werden Hölzer bzw. Holzderivate wie Holzkohle durch Säure (HCL) und Lauge (NaOH) von Huminsäure, Chitin, Pilzen, Bitumen und sonstigen zu alten bzw. zu jungen organischen wie anorganischen Koh- lenstoffen gereinigt. Getrennte Messungen von extrahierter Huminsäure und dem fraglichen Holz aus dem Pleistozän erbrachten Datierungsdifferenzen von weit mehr als 10.000 Jahren [Olson/Broecker 1961]. Es ist eine Anmerkung wert, daß die für die Kalibrierung der C14-Daten unverzichtbaren Hölzer – insbesondere, wenn sie nicht gefällt sondern ausge- graben werden – von »hartem« (also karbonathaltigem) Wasser geradezu ge- tränkt sind. Die »Entmischung« von Holz und Karbonat ist eine Wissenschaft für sich. Dies muß sich grundsätzlich durch einen entsprechend hoch ange- setzten Korrekturfehler bemerkbar machen. In dem Zusammenhang sollte er- wähnt werden, daß natürlich alle organischen Lösungsmittel die Gefahr einer zusätzlichen indirekten Kontaminierung in sich bergen, die zu Fehldatierun- gen von mehreren 10.000 Jahren führen können [Venkatesan et al. 1982]., 304 C14-Crash 8.10 C14-Daten im Zusammenhang mit einem gut erschlossenen Fundort (II) Die große Bandbreite von C14-Daten, die einem einzelnen Stratum zugeordnet werden, ist immer wieder erklärungsbedürftig. So spricht H. Willkomm von »an- thropogenen Bioturbulenzen« innerhalb der Schichten eines mittelalterlichen Dorfes bei Starigard. Es wären also Menschen gewesen, die jeweils »ältere« und »jüngere« Holzkohle und Getreide zusammengewürfelt hätten [Willkomm 1983, 646]. Dieser Ansatz ist insofern irreführend, als damit suggeriert wird, daß jedes C14-Datum für sich ein »gutes« Datum sei. Der allgemein akzeptierte Leitsatz »one date is no date« ist ausschließlich aufgrund der hier demonstrierten Um- stände aufgestellt worden. Die Verhältnisse sind grundsätzlich so zu akzeptieren, wie sie hier dargelegt sind: Die einem archäologischen Datum zugehörigen C14- Daten streuen um Jahrhunderte., 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 305 8.4.4 Zusammenfassung In Anbetracht zwangsläufiger Akkumulation unkorrigierbarer Fehler gilt für die Probenauswahl die Devise, sich auf die Proben zu konzentrieren, die bei der C14-Aufnahme zu Lebzeiten und der Isolierung während der Lagerzeit die geringsten systematischen Abweichungen erwarten lassen. So nimmt es nicht wunder, daß vorzugsweise Holz und Holzkohle untersucht werden, für die es über Jahrzehnte hinweg verfeinerte Standardverfahren der Aufberei- tung gibt. Das mag für Vergleiche von Daten für Hölzer untereinander akzep- tabel sein, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Vergleich über die Typengrenze hinaus umso unsicherer wird, je ausgefeilter die jeweiligen Aufbereitungsprozeduren sind. Die »Feinheit der Methode« spiegelt sich ge- rade wegen der aufgewendeten Akribie in einer unbeherrschten Drift der letztlich resultierenden C14-Alter an sich gleichaltriger Proben unterschiedli- chen Typs. Das ist bei der schlußendlichen Fehlerbetrachtung in jedem Fall zu berücksichtigen. 8.5 Die Probe kommt ins Labor Unter »Laborfehler« werden auch solche Unsicherheiten summiert, die gar keine Fehler im eigentlichen Sinne sind. Dazu gehören unvermeidliche zufäl- lige Streuungen (Streuung der Aktivität der Probe und entsprechende Streu- ung des Einflusses der Hintergrundstrahlung) sowie Korrekturansätze, die am besten von dem Labor vorgenommen werden, weil nur hier das dafür benötig- te Equipment vorhanden ist (so etwa die Korrektur der Isotopenfraktionierung durch Messung anderer Isotopenverhältnisse als C14/C12). Nur die vom La- bor durchgeführte Probenaufbereitung und -behandlung einschließlich des Meßvorganges kann unter Subsumtion alles menschlichen und technischen Ungemaches bei der Gesamtprozedur als »echte Fehlerquelle« bezeichnet werden. Die Berücksichtigung der »Laborfehler« umfaßt also in der Regel diejeni- gen Fehler, die in Verbindung mit folgenden Vorgängen bzw. Sachverhalten stehen (zur Quantifizierung vergleiche die Tabelle 8.14 am Ende des Kapi- tels): 1) Schwankungsbreite für den Aktivitätswert aufgrund der begrenzten Meß- zeit 8.10 2) Bestimmung der Halbwertszeit des C14, 306 C14-Crash 8.11 Langzeitmessungen eines Labors ... Aufgeführt werden im oberen Bild die C14-Daten aus 6 Monaten kontinuierli- cher Messungen an einer Probe [Barker 1970, 42]. In den Daten ist teilweise ein systematischer Trend zu erkennen, der der reinen Normalverteilung wider- spricht. Dennoch könnte die Qualität der Messung als gut bezeichnet werden. Der systematische Trend unterstreicht allerdings den Einfluß unerkannter Rand- bedingungen, der ebenfalls aus dem weltweiten Vergleich ähnlicher Messungen zwischen den C14-Labors geschlossen werden mußte (vergleiche Kapitel 8.6). ... und unterschiedlicher Labore Das Bild zur Linken zeigt Datierungsab- weichungen unter- schiedlicher Labors im Zusammenhang mit dem jeweiligen EEM (external er- ror multiplier), der idealerweise höch- stens den Wert eins annehmen soll- te und somit ein Maß für die Unter- schätzung des je- weils angegebenen Fehlers ist [Scott et al. 1990]., 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 307 3) Korrekturansatz zur Kompensation der Hintergrundstrahlung (dem eben- falls wieder ein zufälliger Anteil eignet ...) 4) Korrekturansatz zur Berücksichtigung laborintern angesetzter Probenauf- bereitungsmethoden 5) Korrekturansatz für die Isotopenfraktionierung Die Fehlerbeiträge 3. bis 5. rühren aus der fehlerbehafteten systematischen Korrektur der gemessenen Restaktivität, während die Fehlerbeiträge 1. und 2. aus Vorgängen genuin zufälligen Charakters stammen. Z.B. kann der Korrek- turansatz aus 5. für einen Knochen eine systematische Korrektur des C14-Al- ters um -150 Jahre einerseits und eine Erhöhung des Fehlers um ±40 Jahre andererseits bedeuten. J.G. Ogden III, der seinerzeitige Direktor des C14-Labors der Dalhousie University (Halifax, Canada), bemerkte kritisch, daß die meisten Labors den Fehler von ± 40 C14-Jahren aus der Bestimmung der Halbwertszeit des C14 gar nicht aufführen [Ogden 1977, 173]. Einer Fehlerangabe von 5030 ± 30 – et- wa aus der »Radiocarbon Data List« in Ehrich [1992, 3] – wäre demnach irre- führend. Es sei angemerkt, daß der Fehler aus der Bestimmung der Halb- wertszeit nur solange Bedeutung hat, wie dem C14-Alter selber eine chrono- logische Bedeutung zugemessen wird. Eine Kalibrierung kompensierte diesen Fehler sofort, sofern für die Umrechnung der absolutdatierten Maßstabs- proben dieselbe Halbwertszeit zugrundegelegt wurde. Angesichts der ohnehin schon langen Liste von Fehlern und Korrekturen (vgl. dazu Tabelle 8.14 am Ende des Kapitels) mag man auf die Idee kommen, daß es auf die Berücksichtigung des Fehlers aus der Bestimmung der C14-Halbwertszeit26 auch nicht mehr ankomme. Wenn andererseits jeder Korrekturansatz und jeder unkorrigierbare Fehler »nur« ± 40 Jahre (die mei- sten liegen nämlich weit höher) zum Gesamtfehler beitragen würde, dann lie- gen wir ohne eingehendere Betrachtung des Einzelfalls schon bei rund ± 400 Jahren Fehler, ohne schon einen Finger beim Messen krumm gemacht zu ha- ben – und zugleich ohne jede Chance, durch eine noch so akribische Messung diesen Fehler wettmachen zu können. Auch ein Korrekturansatz von »Null« ist grundsätzlich immer mit einem Fehler behaftet, der zur Summe der Fehler beiträgt. Das Problem besteht in der großen Menge nötiger und zugleich feh- 26 Definitionsgemäß (siehe unser Vorwort) ist die C14-Methode zur Altersbestimmung gar nicht auf die Kenntnis der Halbwertszeit angewiesen, da das Alter nicht berechnet, sondern 8.11 nur aus der Synchronisierung der Probenaktivität mit entsprechenden Werten einer ausreichend dicht belegten Reihe absolutdatierter Vergleichsproben ermittelt werden kann. Einzige Voraussetzung dafür ist die Konstanz der Halbwertszeit., 308 C14-Crash lerbehafteter Korrekturansätze, und eine Lösung keineswegs in der Feststel- lung, daß eine einzelne Korrektur jeweils gering anzusetzen ist. 8.6 Und dann ist da noch ein richtiger Laborfehler ... Zusätzlich gibt es auch Fehler, die erst durch Vergleich von Messungen meh- rerer Labors an einer Probe bzw. an quasi-identischen Proben entdeckt wer- den, die also durch die routinemäßige Fehlerbetrachtung eines Labors regel- mäßig hindurchrutschen und sogar hindurchrutschen müssen. Um diese Art von Fehler soll es in diesem Kapitel 8.6 gehen. Die Debatte über unentdeckte Laborfehler wurde immer wieder geführt, und vielleicht kann diese deshalb nicht zur Ruhe kommen, weil die Labors ih- re Hochpräzisionsmessungen an Objekten ausüben, die auch bei nachgewie- sener Gleichaltrigkeit erratische Schwankungen untereinander aufweisen müssen. Auf diese Weise können bei Kreuzdatierungen natürlich keine glei- chen Werte entstehen. Wenn keine systematischen Laborfehler vorliegen wür- den, dann müßte Isotopendiffusion quantitativen Ausmaßes zugrundeliegen, die von Probe zu Probe bzw. sogar von Probenteil zu Probenteil unterschied- lich ausfällt und so bewirkt, daß auch durch noch so präzise Messungen keine Übereinstimmung zwischen den Labors erzielbar wird. Dann müßten diejeni- gen (wenigen) Meßdurchläufe, die zu geringen Abweichungen zwischen den beteiligten Labors geführt haben, durch das Teilen »guter« d.h. tatsächlich homogener Proben zustande gekommen sein. Eine Möglichkeit zur Selbstkontrolle eines Labors besteht in der Mehr- fachmessung von ein und derselben Probe. Dadurch wird allerdings ein kon- stanter systematischer Fehler nicht entdeckt. Ist die Fehlerbetrachtung korrekt, dann müssen als notwendige Bedingung auf Dauer rund 2/3 der Meß- werte mit ihrem 1σ-Fehlerbalken den kumulativ errechneten Mittelwert um- schließen, und zwar genau genommen mit einer Normalverteilung, was in der Regel nicht mit in Betracht gezogen wird. H. Barker veröffentlichte 1970 eine Kurve, in der die wöchentlich im C14-Labor des British Museum neu ermit- telte Aktivität einer bestimmten Probe über 6 Monate aufgetragen ist. Das 2/3-Kriterium ist hier auf jeden Fall gut erfüllt (vergleiche Bild 8.11 ). Es soll- te klar sein, daß dieses 2/3-Kriterium nur eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Bedingung für die Normalverteilung darstellt. Komplexer wird es, wenn Messungen derselben Proben von verschiede- nen Labors zueinander in Bezug gesetzt werden. R. Stuckenrath verglich die Messung identischer Baumringsequenzen durch drei Laboratorien (La Jolla, Pennsylvania und Arizona) und kam zu dem Schluß, daß der Grad der Über-, 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 309 einstimmung für die jüngere Vergangenheit nicht völlig indiskutabel, bei hö- herem Alter aber kaum mehr zu vertreten sei. Zusätzlich rief er in Erinnerung, daß damit lediglich die Messungen dreier amerikanischer Laboratorien erfaßt seien und daß gegebenenfalls mit noch höheren Abweichungen zu rechnen sei, wenn all die anderen gleichermaßen renommierten Labors mitberücksich- tigt würden [1977, 187]. (»Yale, British Museum, Groningen, Kopenhagen, Heidelberg, Neuseeland, Uppsala, UCLA [Los Angeles], das Smithsonian, und all die anderen Labors, denen einige Erfahrung auf dem Gebiet nachge- sagt werden kann.«) Sein Vergleich findet sich in Bild 8.12 . Stuckenrath hatte gerade die 3 Laboratorien ausgewählt, denen R.M. Clark in mehreren einge- henden Untersuchung [Clark 1975; 1979; 1980] ebenfalls erhebliche Abweichun- gen untereinander bescheinigen mußte. Clark zog es jedoch vor, diese nicht direkt zu kritisieren bzw. anzugreifen, sondern dafür lieber die restlichen La- bors als »sorgfältiger arbeitend« herauszustellen [Clark 1979, 53]. Die Tatsache, daß es seinerzeit ausschließlich die drei genannten weniger »sorgfältig arbeitenden« Laboratorien (La Jolla, Pennsylvania und Arizona) waren, die die Baumringe älter als dreitausend Jahre vermessen hatten [Clark 1979, 52], gibt weiteren Aufschluß über die Umstände, unter denen »wiggle« zur Synchronisierung schwimmender Baumringsequenzen verwendet wurden. Diese »wiggle« waren grundsätzlich erwünscht, weil in ihnen ein elegantes Hilfsmittel zur Kreuzdatierung schwimmender Baumringsequenzen gesehen wurde. Ihre Realität mußte mit Blick auf die Qualität der Messungen jedoch grundsätzlich in Frage gestellt werden. Es besteht also der Verdacht, daß ins- besondere in die Bristlecone-Pine-Chronologie irreale »wiggle« hineingemes- sen und daß auf diese Weise Dendrochronologen weltweit auf falsche Fährten gesetzt worden sind: Die amerikanischen Dendrochronologen nahmen glei- che C14-Werte unterschiedlicher Baumringsequenzen der Bristlecone Pine als Ausgangspunkte für die Suche nach Synchronismen in ihren Wuchswert- folgen – und stellten diese nötigenfalls unter Implementierung einer größeren Zahl von »Fehlringen« her. Die europäischen Dendrochronologen taten ein übriges, indem sie durch den Vergleich der C14-Muster ihrer schwimmenden Baumringsequenzen mit denen in der Bristlecone-Pine-Chronologie zu tenta- tiven Absolutdaten kamen, die nun nach und nach durch geeignete Neufunde auf wenige Jahre genau »zugemauert« wurden. Die C14-Gemeinde stellte diese Probleme nach außen gerne in einem eher freundlichen Licht dar. Schließlich ging es um die Akzeptanz bei der Alter- tumswissenschaft. So fand E. Neustupný in der Zeitschrift ANTIQUITY im Rückblick auf das vom 11. bis zum 15. August 1969 in Uppsala abgehaltene 12. Nobel Symposium »Radiocarbon Variations and Absolute Chronology, 310 C14-Crash 8.12 Meßwertstreuungen Das Bild zeigt die Abweichungen der von drei Labors gemessenen C14-Alter un- tereinander sowie – vom Trend her – auch die dendrochronologisch ausgewie- senen Abweichungen gegenüber dem historischen Alter. Das Bild 8.11 gibt dar- überhinaus Aufschluß über systematische Abweichungen einzelner Labors, die sich an der »International Collaborative Study« [Scott et al. 1990] beteiligt hat- ten. R. Stuckenrath warnte seinerzeit vor der Umrechnung von C14-Altern in Kalenderjahre, da die Unsicherheit der Werte viel zu groß sei und ihre Verwen- dung mithin nur mit der Alchemie des 13. Jahrhunderts verglichen werden könn- te [1977, 188]. Die Warnung vor der Verwendung der Bristlecone-Pine-Chro- nologie als Kalibriermaßstab fokussiert lediglich auf die Oberfläche des Problems. Obwohl die Streuung der Meßwerte unan- nehmbar hoch ausfällt, kann der ausgewiesene Trend (C14-Alter um ca. 10% zu jung) in der Zu- sammenschau aller Wer- te schließlich immer noch überzeugen. Das Kartenhaus der Kalibrie- rung muß in dem Mo- ment in sich zusammen- fallen, wo deutlich wird, daß dieser ausgewiesene Trend aus einer Baum- ringsequenz abgeleitet wurde, die nicht nach der reinen Lehre der Dendrochronologie, sondern im Sinne der aktualistischen Idee konstanter Randbedingungen – mäßige Abweichungen des C14-Alters vom wahren Alter sind erlaubt – erstellt worden ist. Die unannehmbar hohe Streuung der Werte kann sich auch eingestellt haben, weil tatsächlich ungleichzeitige Sequenzen oder Teile dieser Sequenzen zwangsläufig unterschiedliche Trends in den C14-Werten aufweisen müssen. Für die Europäischen Eichenchronologien sieht die Situation nicht besser aus, weil ein Großteil der tentativen Absolutdaten für ihre schwimmenden Teilchro- nologien aus dem Vergleich mit ebendieser Bristlecone-Pine-Chronologie ge- wonnen worden sind. Dadurch galten auch die Absolutlängen der Lücken als be- kannt und damit war vorentschieden, wieviel Baumringe an dieser Stelle noch anzubringen waren. Die schlechte Qualität der Messungen an Baumringen einer- seits, aber auch die ungeklärte Situation über naturbedingte Streuungen in an sich gleichaltrigen Baumringen andererseits hat zu Freiheitsgraden geführt, die für die Erstellung der ersten Kalibrierkurve nach einem aktualistischen Vorurteil ausgenutzt worden sind., 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 311 (Radiokarbonschwankungen und Absolutchronologie)« ausgesprochen mode- rate Worte für die ausgewiesenen Diskrepanzen: »Während der allgemeine Trend bei allen drei Laboratorien übereinstimmt, kommt es bei Details zu Ab- weichungen. Es ist für den Archäologen sicherlich angenehm zu wissen, daß die Differenzen 200 Jahre nicht übersteigen und daß die Daten der verschie- denen Labors in vielen Fällen im Rahmen des statistischen Fehlers überein- stimmen« [Neustupný 1970b, 41]. Wenigstens die Dendrochronologen hätte diese Nachricht bedrücken müs- sen, da Differenzen von bis zu 200 Jahren automatisch an die Substanz der le- bensnotwendigen »wiggle« gehen. Und Übereinstimmungen »im Rahmen des statistischen Fehlers« sind fast immer beunruhigend gering, da der von den C14-Wissenschaftlern angelegte Maßstab viel zu nachsichtig ist. Wir haben im Kapitel 7 gezeigt, wie normalerweise erst eine Gewißheit nahe 100% dafür, daß die Proben nicht kontemporär sind, endlich Zweifel an ihrer Gleichzeitigkeit aufwirft. Wenn Archäologen und Historiker von der unglaub- lichen Nachsichtigkeit wüßten, mit der diffuses und erratisches Datenmaterial intern behandelt wird, hätten sie schon längst den Stab über ihrer einst hoff- nungsvollsten Datierungshilfswissenschaft gebrochen. In den für die eigenen Reihen bestimmten Veröffentlichungen wurde das Thema »Meßungenauigkeit« dagegen sehr deutlich – und ohne irgendwelche Rücksichtnahmen auf die Befindlichkeit der Archäologen – zur Sprache ge- bracht: »Eines konnte aus dem Datenmaterial, das auf dem Symposium vor- gelegt worden war, eindeutig abgelesen werden: Man war mit erheblichen Meßfehlern aller drei Laboratorien, die die Bristlecone Pines vermessen hat- ten, konfrontiert, da sich die Übereinstimmung replikater Messungen als ge- nerell schlecht herausstellte« [Pilcher 1983, 10]. (Wir wissen nicht, ob die sog. Replikate aus einem Holz erstellt worden waren, oder aus als gleichaltrig gel- tenden Hölzern.) Diese 1983 anläßlich einer Tagung in Edinburgh getroffene Feststellung gibt auch Auskunft über das lange Zeit gültige Motiv der irischen Dendrochronologen, ihre Eichenchronologie möglichst autonom aufzubauen. Man wollte der wissenschaftlichen Welt eine zweite Baumringchronologie neben der Bristlecone-Pine-Chronologie anbieten, über deren Tragfähigkeit sich die Wissenschaftler der Welt letztlich nicht einig werden konnten. Erst als die Arbeit endgültig zu stagnieren drohte, sah man sich genötigt, den eige- nen schwimmenden Baumringchronologien über einen C14-Mustervergleich mit der einst so heftig kritisierten amerikanischen Bristlecone-Pine-Chronolo- 8.12 gie dann doch tentative Absolutdaten zu verschaffen. R. Pardi und L. Marcus [1977] untersuchten 630 Einzelmessungen von C14-Analysen identischer oder als gleichaltrig geltender, sog. replikater Pro-, 312 C14-Crash Nr. Anomalität 1 Anomale Diffusionen (Reservoireffekte II) 2 Isotopenfraktionierung 3 ReservoireffekteI4Kontamination 5 Probenauswahl und -aufbereitung im Feld 6 Probenaufbereitung im Labor 7 Aktivitätsmessung 8 Hintergrundstrahlung 9 Halbwertszeit 10 Metafehler, 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 313 8.13 Steigerung der Präzision unter gleichzeitiger Minderung der Genauigkeit Berücksichtigt werden in diesem Beispiel alle in Tabelle 8.14 aufgeführten Kor- rekturen als Zufallswerte zwischen 0 und 100%. Zugleich wird jeweils der antei- lig (ausgezogener Balken) bzw. der maximal zu erwartende Fehler (gestrichelter Balken) angegeben. Das Beispiel hat schematischen Charakter. Es soll vor allem die Diskrepanz zwischen dem üblicherweise aufgeführten Fehler eines C14-Datums (in der Re- gel unter ±100 Jahren) mit dem sich tatsächlich systematisch ergebenden Fehler (±300-600 Jahren) herausstellen. Diese prinzipielle Diskrepanz beruht auf zwei Gründen: ! Vernachlässigung von Fehlerquellen: Es ist unüblich, Korrekturfehler über die Korrektur hinaus zu berücksichtigen und dann zu summieren. Vielmehr wird der übertragene Sinn einer Korrektur, nämlich der einer »Verbesserung«, herangezogen, dem die Vergrößerung des Fehlers gewissermaßen entgegen- steht. Hinzu kommt, daß die Berücksichtigung von Korrekturfehlern die Be- herrschung der Korrektur voraussetzt, was für viele der hier aufgezählten Ar- ten gar nicht zutrifft. So gesehen ist der Ansatz für den jeweiligen Fehler von 10% der betreffenden Korrektur viel zu niedrig. ! Angabe eines Ensembledatums: Wenn die C14-Daten eines Ensembles von ins- gesamt N für gleichaltrig befundener Proben gemittelt wird, verringert sich der entsprechende Fehler des Mittelwertes um den Faktor 1/ÅN. Erfahrungs- gemäß ist die statistische Wahrscheinlichkeit, daß die Proben radiometrisch tatsächlich gleichaltrig sind, stets sehr niedrig, häufig sogar nahe Null (verglei- che Kapitel 3 und 7). Das bedeutet, daß die Korrekturen nicht beherrscht werden bzw. daß die Korrekturfehler nicht ausreichend in Ansatz gebracht wurden und der endliche mittlere Fehler viel zu niedrig angegeben wird. Wir haben den Eindruck, daß auf die systematische Bilanz der Korrekturfehler auch deswegen verzichtet wird, weil es die Datierungsmethode damit als zu um- ständlich, zu komplex und eben auch zu unsicher herausstellen würde. Das Spek- trum an Fehlerquellen verführt am Ende eher dazu, die darin liegenden Freiheits- grade zur tendenziösen Interpretation in Richtung Präzision zu nutzen, statt eine seriöse Summation der summarischen Unsicherheit zu betreiben und damit die Datierungsmethode einer permanenten Kritik auszusetzen. Eine realistische Sicht der Leistungsfähigkeit der C14-Methode würde ihr womöglich neue und angemessenere Aufgabenfelder zuweisen können, wo es etwa mehr um synchro- nistische Klammern statt um Absolutdatierung auf Biegen und Brechen gehen könnte (vergleiche die Zusammenfassung in Kapitel 1). Die erhebliche Bandbrei- te der Unsicherheit in dem wahren Alter kann auch als Interpretationsspielraum genutzt werden, um vorgegebene Zeitstellungen zu reproduzieren. Aus der ei- gentlich angezeigten Aussage – aufgrund der hohen Fehlerbandbreite des C14- 8.13 Datums könne das erwartete Datum nicht ausgeschlossen werden – wird dann eine Bestätigung des Datums unter Angabe eines entsprechend niedrigen Fehlers., 314 C14-Crash ben und kamen zu dem Schluß, daß die angegebenen Fehlergrenzen die Ge- nauigkeit der Messungen nicht richtig wiedergeben. Störfälle im Labor sowie- so die Unterschätzung von Zählfehlern führten zur Angabe signifikant zu klei- ner Fehler. R.M. Clark widmete 1975 replikaten Messungen ebenfalls eine eingehende Analyse und kam zu derselben Einschätzung: »Die tatsächlichen Abweichungen zwischen Daten replikater Messungen ... waren signifikant größer, als die angegebenen Standardabweichungen vermuten ließen« [Clark 1975, 52]. Clark betonte, daß die Abweichungen unter den Labors zufällig wa- ren, also keinen Trend aufwiesen wie etwa, daß Labor A immer um 100 Jahre jünger mißt als Labor B. Auf diese Arbeit und andere Beiträge von Clark kommen wir im Kapitel 9 zurück, wenn es um die Interpretation schneller Schwankungen der C14-Aktivität zum Zwecke eines Mustervergleiches zur Anpassung schwimmender Baumringchronologien geht. J. Klein et al. faßten 1982 den seinerzeit herrschenden mißlichen Stand der Labortechnik anläßlich der Veröffentlichung einer »Konsens«-Kalibrier- kurve zusammen: »Zahlreiche Kalibrierungen sind während der vergangenen 13 Jahre [seit dem 12. Nobel-Symposium 1969 in Uppsala] veröffentlicht worden. ... Obwohl von allen [Labors] vergleichbare Langzeittrends in der at- mosphärischen Konzentration des Radiokarbon angegeben werden, kommt es doch zu einer signifikant unterschiedlichen Behandlung der kurzfristigen Schwankungen. Die Vielzahl unterschiedlicher Kalibrierungen und die je- weils einander widersprechenden Resultate, die entstehen, wenn der einen oder der anderen Kalibrierung der Vorzug gegeben wird, hat zu Mißtrauen bei einem Teil der Archäologen gegenüber der Kalibrierung im besonderen, aber auch der Radiokarbonmethode im allgemeinen geführt« [Klein et al. 1982, 103 f.]. Die von Klein et al. veröffentlichte Kalibrierkurve war von einem in Tucson (Arizona) abgehaltenen Workshop (»On the Calibration of the Radio- carbon Dating Time Scale«) initiiert worden. Eine genaue Untersuchung auf systematische Abweichungen zwischen den Datierungen von bis zu sieben unterschiedlichen Laboratorien, die zu dieser Konsens-Kalibrierkurve beige- tragen hatten, erbrachte nach wie vor erhebliche Differenzen [ebd., 104]. Das angesprochene Mißtrauen der Archäologen beruhigte sich trotz aller Anstren- gungen nicht. So fragte die Archäologin B.S. Ottaway noch 1986, warum die Labors – trotz unübersehbarer Hinweise auf die Notwendigkeit systemati- scher Qualitätskontrollen – keine sichtbaren Anstrengungen in diese Richtung unternähmen? Eines der Laboratorien, das über Diskrepanzen zu den Konsens-Daten zu klagen hatte, war ausgerechnet das C14-Labor des British Museum. Alle zwi- schen 1980 und 1984 bearbeiteten 470 Proben waren um durchschnittlich 200, 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 315 bis 300 Jahre zu jung datiert worden. Da in den wenigsten Fällen eine Neuda- tierung möglich war, behalf man sich mit der Angabe von Korrekturvorschlä- gen. Wie unsystematisch sich der »Fehler« ausgewirkt hatte, zeigte sich an ei- ner Spanne von lediglich 10 bis immerhin 530 Differenzjahren in den Umda- tierungsvorschlägen. Angesichts solcher Unsicherheiten drängt sich die Frage auf, wie denn dann ein systematischer Fehler – der sich nur aufgrund eines Trends und nicht einer zufälligen Schwankung offenbart – überhaupt gefun- den werden kann? Beim British Museum sprach man im Zusammenhang mit diesem peinlichen Vorfall von einer heilsamen Lektion, die zu einer längst überfälligen Erneuerung des Zählsystems und zur Etablierung von Selbstprü- fungsroutinen geführt habe [Bowman et al. 1990, 63]. Stuiver und Pearson veröffentlichten 1992 eine Tabelle mit sorgfältig ver- anstalteten Kontrollmessungen zwischen sieben verschiedenen Laboratorien [1992, 22]. Die mittlere Abweichung zwischen den Datierungen der untersuch- ten Objekte betrug 19 bis 47 Jahre, wobei klar sein muß, daß hier ein Paket an Hochpräzisionsmessungen verglichen wurde, das erst nach etlichen Anläu- fen geschnürt werden konnte. 1985 hatte man auf der 12. Internationalen Ra- diokarbon-Konferenz in Trondheim (Norwegen) die erste umfassende Unter- suchung systematischer Abweichungen zwischen den Meßergebnissen einzel- ner Labors beschlossen, deren erste Ergebnisse 1989 präsentiert wurden [Scott et al. 1989]. Es mußten in fünf Meßdurchläufen an identischen Proben Abwei- chungen der Labors untereinander von teils mehr als 500 und teils mehr als 1.000 Jahren berichtet werden [Pazdur et al. 1990, 289]. Weniger als die Hälfte al- ler am Test beteiligten Labors erfüllte einfachste Kriterien, nach denen die Widerspruchsfreiheit der vorgelegten Daten beurteilt werden konnte [Aitchison et al. 1990, 278]. Das waren derart alarmierende Abweichungen, daß Imageschädigungen zur Kenntnis genommen werden mußten: »Es wird noch einige Jahre dauern, bis die C14-Gemeinde ihr angeschlagenes Image wieder aufpoliert hat. Wich- tig ist hier, daß wir einen Prozeß der Selbstheilung in Gang gesetzt haben« [Long 1990, iii]. Bereits im Kapitel 2 haben wir nach einem Selbstheilungspro- zeß auch für die über C14 erstellten und als Kalibriermaßstab für gültig er- achteten Baumringchronologien gefragt. Es ist ausgesprochen schwierig, die normalerweise offenbar unberücksich- tigt bleibenden eigentlichen Laborfehler zu quantifizieren, doch es dürfte an- gesichts der offenbarten Abweichungen nicht übertrieben sein, mit einem un- erkannten Fehler von durchschnittlich mindestens ± 50 Jahren zu rechnen. Die untersuchten Fehler liegen zum Teil noch erheblich höher., 316 C14-Crash Summation aller Fehler aus Korrekturen - ohne »Kalibrierung« max. Korrektur 1) max. Korr.Fehler Beispiel (Zufallsgenerator fi) Nr. Anomalitäten bzw. zufällige Fehler ± C14-Jahre ± C14-Jahre fi ∙ Korrektur fi ∙ Fehler 1 Anomale Diffusionen (Reservoireffekte II) - 100 - 41 2 Isotopenfraktionierung 600 60 330 33 3 Reservoireffekte I 1.000 100 313 31 4 Kontamination 1.000 100 -521 52 5 Probenauswahl und -aufbereitung im Feld 500 50 -198 20 6 Probenaufbereitung im Labor 300 30 212 21 7 Aktivitätsmessung - 80 - 78 8 Hintergrundstrahlung 200 20 -104 10 9 Halbwertszeit 2) - 40 - 25 10 Metafehler - 50 - 21 Summe maximaler Korrekturfehler (Normalfall) 630 32 332 1) normal mögliche Größenordnung 2) ohne Berücksichtigung bei Kalibrierung, 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 317 8.14 Die Summe aller Korrekturfehler In dieser Tabelle werden alle im Kapitel 8 besprochenen Korrekturen, bei denen naturgemäß jeweils wieder Korrekturfehler auftreten müssen, sowie die von vorneherein zufällig auftretenden Fehler aufgeführt. Die Quantifizierung sowohl der Korrekturen als auch der genuin zufälligen Fehler ist bis zu einem gewissen Grade willkürlich. Deswegen sind wir moderat bei der Vergabe der einzelnen Maximalwerte vorgegangen. Auch der Ansatz von 10% Fehler für jede Korrektur ist eher konservativ. Der sich infolge zahlreicher Korrekturen aufsummierende Fehler betrifft lediglich die Kenntnis der vorliegenden C14-Konzentration. Je größer dieser Fehler ist, desto unsicherer wird am Ende auch die Altersbestim- mung anhand eines Abgleichs dieser Konzentration bzw. Restaktivität mit einer Folge von Restaktivitäten absolutdatierter Proben. Die Tabelle beziffert den im Normalfall zu erwartenden maximalen Fehler mit ± 630 Jahren. Daraus kann für den mittleren Fehler abgeleitet werden, daß dieser im Normalfall – selbst bei präzisester Radioaktivitätsmessung – bei über ± 300 Jahren liegen wird (vergleiche dazu das Beispiel im Bild 8.13 ). Darunterlie- gende Fehlerangaben bedürfen einer stichhaltigen Begründung, warum die Fehler aus den Korrekturen in der Summe so niedrig ausfallen konnten. Es ist fast über- flüssig zu betonen, daß der Streit um die 300-Jahreslücke für das Mittelalter nicht mit C14 entschieden werden kann. Bei der Beschleunigermassenspektrometrie (AMS) liegen hinsichtlich der Punkte 7, 8 und 10 (Hintergrundstrahlung, Aktivi- tätsmessung und Metafehler) sicherlich günstigere Umstände vor, die bei be- stimmten Meßreihen zu widerspruchsfreieren Ergebnissen führen werden (ver- gleiche den Text zu Bild 7.2 ). Das berührt aber nicht die Schlußfolgerungen be- züglich der Bedingungen während der Lebens- und Lagerzeit. Die paradox klingende, jedoch logische Folgerung ist, daß mit der systemati- schen Berücksichtigung aller Korrekturfehler die Wahrscheinlichkeit möglicher Gleichzeitigkeit solcher Proben wieder wächst, die ohne diese Akribie bei der Fehlerbehandlung aus statistischen Gründen als ungleichzeitig zu behandeln wä- ren. Mit anderen Worten: Die Zuerkennung höherer Ungenauigkeit kann be- stimmte, zuvor als fehlerhaft oder korrupt bezeichnete Datensätze rehabili- tieren. Ob das nach dem Geschmack der C14-Wissenschaftler ist, möchten wir allerdings bezweifeln, denn am Ende käme auf jeden Fall ein Aktivitätswert bzw. ein Datum mit deutlich höherer Ungenauigkeit heraus. Grundsätzlich verdoppel- te sich dieser Fehler noch einmal, wenn für die Vergleichswerte absolutdatierter Proben (Kalibrierung) ähnliche systematische Probleme zu berücksichtigen sind (vergleiche dazu das folgende Kapitel 9). Die hier gewonnenen Erkenntnisse können und müssen sogar auf andere ra- diometrische Datierungsmethoden übertragen werden, bei denen vergleichbare Probleme vorliegen. Wichtigster Kandidat ist die für die Datierung des Känozoi- kums bedeutsame Kalium-Argonmethode, weil dort ein ähnlicher Korrekturbe- darf besteht. Wegen der hohen Halbwertszeit des Kalium würde man bei Datie- 8.14 rungsunsicherheiten eines Mehrfachen von 20 Millionen Jahren landen (vgl. Blöss [2000, 139ff.]) – und das ist die Größenordnung der Gesamtlänge des Känozoi- kums von ca. 60 Millionen Jahren., 318 C14-Crash 8.7 Zusammenfassung Das ganze Kapitel 8 handelte von systematischen Korrekturen einerseits und von unkompensierbaren Fehlern jenseits des mit dem radioaktiven Zerfall verbundenen Meßfehlers andererseits. Begründete Korrekturen am ursprüng- lichen Meßergebnis steigern dessen Präzision, mit diesen Korrekturen einher- gehende Fehler steigern hingegen seine Ungenauigkeit (vergleiche die erste Fußnote dieses Kapitels). Jede Korrektur beruht auf einer mehr oder weniger stimmigen Annahme und weist von daher auch einen Fehler auf, der am Ende mitbilanziert werden muß. Es ist »Stand der Technik«, daß auch die Berück- sichtigung aller denkbaren Korrekturmöglichkeiten teilweise erhebliche Schwankungen zwischen Proben übrig läßt, obwohl diese nach Abschluß aller Prozeduren identische bzw. statistisch signifikant identische C14-Alter auf- weisen müßten. Wir sind mit der Abschätzung des Gesamtfehlers aus allen Korrekturen auf eine Größenordnung von ± 600 Jahren gestoßen (Tabelle 8.14 ). Dieselbe Größenordnung ergab sich bereits, das sei beiläufig erwähnt, bei der statisti- schen Analyse der Daten, auf die Libby die ersten Untersuchungen der noch neuen C14-Methode gestützt hatte. 600 C14-Jahre als summarischer Fehler ist nicht einmal außergewöhnlich viel, wenn berücksichtigt wird, daß hier zehn völlig unterschiedliche Fehlerquellen eingeflossen sind. Im Mittel sind das ± 60 Jahre verbleibende Unsicherheit je Fehlerquelle, was jeweils weni- ger als 1% Restunsicherheit bezogen auf die gemessene Aktivität ausmachte. Die Trennschärfe der C14-Methode muß für chronologische Differenzierun- gen, die in der Größenordnung weniger Jahrhunderte liegen sollen, als unge- nügend bezeichnet werden. Im vorangegangenen Kapitel 7 wurden Ursache und Interpretationsspiel- raum der Meßfehler aus der statistischen Schwankung des radioaktiven Zer- falls näher beleuchtet. Die C14-Methode ist angesichts von Daten, die in aller Regel mit Fehlern aufwartet, die noch weit über dieses Maß hinausgehen, un- verhoffte Nutznießerin dieser prinzipiellen Unsicherheit geworden: Fehler aus den Korrekturen werden nicht sauber vom eigentlichen sog. Meßfehler ge- trennt und dienen damit als eine Art Feigenblatt. Im folgenden Kapitel 9 dreht sich alles um die Kalibrierung. Die Diskus- sion dieser »Korrektur« wurde aus mehreren Gründen abgetrennt. Der we- sentliche Grund lautet: Kalibrierung ist im strengen Sinne keine Korrektur, sondern eine Umrechnung bzw. ein Abgleich. Die Unterstellung, daß der Un- terschied zwischen dem ermessenen bzw. errechneten C14-Alter und dem hi- storischen Alter nur Prozentpunkte ausmache und man deswegen eben von ei-, 8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler! 319 ner Korrektur im Sinne der Verbesserung eines ohnehin schon »guten« Wer- 8.8 Unter demDeckmantel drasti- tes sprechen darf, ist ungerechtfertigt. In diesem Sinne können etliche hier be- scher Datierungs-unsicherheiten sprochenen »Korrekturen« ebenfalls kaum als Verbesserungen gelten, son- konnte jahrzehnte-lang an einer C14- dern sind mindestens als Berichtigungen anzusprechen. Daß die Summe aller Chronologie fürBaumringsequen-Berichtigungen nur noch zu einer Verwässerung der Datierung führt, kommt zen gearbeitetwerden, die an der
Gleichförmigkeit in dem Titel dieses Kapitels 8 prägnant zum Ausdruck. Weiterhin ist die Kali- der natürlichen Randbedingung brierung (bei konstanter meßtechnischer Bemühung) mit dem Problem expo- orientiert war. Die heute gebräuchli- nentiell wachsenden Fehlers bei Abnahme der Restaktivität konfrontiert, was chen Kalibrierkur- ven sind von die- angesichts des hier aufgeworfenen grundsätzlich höheren Fehlers der zu kali- ser Vorgehens-weise geprägt und brierenden Messung selber sehr schnell zu inakzeptablen Absolutdatierungen stellen keineglaubwürdige führt. Chronologie deratmosphärischen Isotopenzusam- mensetzung dar., 320 C14-Crash 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 9.1 »Kalibrierkurven«: Mißverständnisse durch Umwege Der Nimbus der C14-Methode beruht auf der Illusion, daß sich die Altersan- gabe für eine organische Probe direkt aus ihrer im Labor gemessenen Radio- aktivität ableiten läßt. Doch die C14-Methode kann solche Zeitangaben nicht aus einem Wert gewinnen, sie benötigt dazu derer zwei: 1) Restaktivität: Der erste Wert A(t) ergibt sich aus der Messung der aktuel- len C14-Konzentration27. 2) Startaktivität: Der zweite Wert A(t’) ergibt sich aus der Kenntnis der ur- sprünglichen C14-Konzentration, des Anteils von C14 am Gesamtkohlen- stoff also, der im Moment des Stoffwechselendes bzw. des Todes des be- trachteten Organismus vorlag. Die sogenannte Startaktivität gilt zugleich als Abbild der seinerzeit herrschenden Radioaktivität des atmosphärischen C14. Nur unter Kenntnis beider Werte erlaubt die Formel IX.1 (in Kapitel 9.5) auch die Berechnung der Zeit, die zwischen heute (t) und dem Todeszeitpunkt (t’) des Organismus verstrichen ist. Da die Startaktivität aber grundsätzlich unbekannt ist, kann die C14-Methode die Bestimmung des Alters einer orga- nischen Probe nicht durch Berechnungen erwirken, sondern nur durch den Vergleich ihres C14-Datums mit denen bereits absolutdatierter anderer Pro- ben. Sie muß fragen, welche Proben bekannten Alters dieselbe C14-Aktivität aufweisen wie die zu datierende Probe. Altersbestimmung ist also keine Frage der Umrechnung gemessener C14-Aktivitäten, sondern die einer Synchroni- sierung anhand von Übereinstimmungen in der C14-Aktivität verschiedener Proben, von denen eine bereits ein Datum besitzen muß. Ohne Kenntnis der C14-Aktivität der Probe zum Zeitpunkt ihres Todes reicht die Information über die aktuelle Restaktivität der organischen Probe nur dazu aus, den zeitlichen Verlauf der Radioaktivität in der Probe zu rekon- struieren: Man weiß, welche Radioaktivität jeweils zu welchem Zeitpunkt in der »Vergangenheit« in der Probe geherrscht, nicht aber, wann ihr Stoffwech- sel tatsächlich aufgehört hat. Die gewünschte Angabe über den Todeszeit- punkt bzw. den Zeitpunkt des Stoffwechselendes ergibt sich erst aus der Übereinstimmung dieses zurückgerechneten Verlaufs innerhalb des betrachte- 27 Es sei an dieser Stelle erneut betont, daß der Begriff »C14-Konzentration« von uns im Sinne des Anteils des C14-Isotops am Gesamtkohlenstoff, also des C14/C12-Verhältnisses gebraucht wird (vgl. auch die Bemerkung im Kapitel 1.1 auf Seite 19)., 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 321 Beschreibung für Bild 9.1 auf den folgenden beiden Seiten, 322 C14-Crash 9.1 Vom C14-Meßwert ... Am Ende jeder Prozedur im C14-Labor steht die alles entscheidende Frage: Wie wird ein C14-Meßwert in ein Absolutdatum umgewandelt? Die Grundlage dieses Vorganges bildet eine ausreichende Anzahl gemessener Restaktivitäten A(t) von Proben, deren Absolutdatum jeweils bekannt sein muß. In dem oberen Bild wer- den diese für zwei verschiedene Fälle abgebildet: a) zeitlich konstante C14-Konzentration in der Atmosphäre (A(t) = konstant), d.h. die gemessenen Restaktivitäten sinken exponentiell mit dem Alter. b) zeitlich variable C14-Konzentration in der Atmosphäre (A(t) = variabel), d.h. die gemessenen Restaktivitäten sinken tendenziell mit dem Alter und weisen zusätzliche Schwankungen auf Der zeitliche Verlauf der C14-Konzentration in der Atmosphäre ergibt sich un- mittelbar aus einer Umrechnung (unabhängig von C14) datierter C14-Restaktivi- täten in die ursprünglichen Startaktivitäten. Für die Datierung einer archäologi- schen Probe ist diese Umrechnung dagegen unnötig, denn das geschieht durch unmittelbaren Vergleich der Restaktivitäten. Auf keinen Fall ist in der Realität mit einer zeitlich konstanten C14-Konzen- tration in der Atmosphäre zu rechnen, weshalb der Fall (a) keine praktische Be- deutung hat. Für die Standardsituation einer zeitlich variablen C14-Konzentrati- on (b) wurde hier für die Restaktivitäten der Trend eines kontinuierlichen An- stiegs der atmosphärischen C14-Konzentration um 50% in rund 10.000 Jahren als Beispiel konstruiert. Dieser zeitliche Verlauf hat unter anderem zur Folge, daß die zugehörige Kalibrierkurve (unteres Bild) steiler abfällt als die Winkelhal- bierende, die für (irreale) stationäre Verhältnisse steht. Einem C14-Alter von 8.000 Jahren entspricht dann ein wahres Alter von rund 5.000 Jahren. Die Kon- struktion aller gebräuchlichen Kalibrierkurven für C14 beruht letztlich auf der Annahme einer quasistationären C14-Konzentration in der Atmosphäre. Die erste dendrochronologische Kalibrierkurve – die Bristlecone-Pine-Chro- nologie – wurde nicht dendrochronologisch erstellt, sondern durch stückweise Überlagerung der gemessenen C14-Muster, wobei die Restaktivitätssequenzen immer in der Nähe der idealen Exponentialkurve, die für zeitlich konstante C14- Konzentration in der Atmosphäre steht (Kapitel 2.3, auch Bild 9.2 ), liegen muß- ten. Ohne eine derartige »Vordatierung« wäre die Verdichtung und Verifizierung der dendrochronologischen Synchronlagen unmöglich gewesen. Alle späteren Kalibrierkurven entstanden dadurch, daß die zeitliche Lage ihrer noch separat stehenden C14-Muster mit denen in der zuvor konstruierten »Urkurve« syn- chronisiert wurden. Im Folgenden wird für zwei verschiedene Fälle jeweils der Weg direkter Kali- brierung und der Weg indirekter Altersbestimmung über die Umrechnung des sog. »C14-Alters« beschrieben. Für die direkte Kalibrierung müssen nur die Restaktivität der fraglichen Probe und mit den Restaktivitäten der bereits abso- lutdatierten Vergleichsproben miteinander verglichen werden. Die Umrechnung des errechneten C14-Alters ist dagegen sehr kompliziert – und mißverständlich., 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 323 ... zum Absolutdatum Folgende zwei Fälle werden unterschieden: ! Normalfall (hier wird C14-Überproduktion unterstellt): Das Alter einer orga- nischen Probe soll nunmehr durch die Messung seiner C14-Aktivität ermittelt werden. Dazu wird der Schnittpunkt (2) zwischen seiner gemessenen Restak- tivität (1) und einer Folge von Restaktivitäten absolutdatierter Proben be- stimmt. Gibt es nur einen Schnittpunkt, so liegt das Alter fest (Vergleichbar- keit der Restaktivitäten vorausgesetzt). Liegen mehrere Schnittpunkte vor, so muß zwischen entsprechend vielen möglichen Altern auf anderem Wege ent- schieden werden. Damit ist der Vorgang der Kalibrierung an sich abgeschlos- sen. (In dem vorliegenden schematischen Beispiel muß zwischen 11 mögli- chen Absolutaltern aus einem Intervall von rund 1.500 Jahren unterschieden werden. Die mittleren Schwankungen liegen bei rund ±10% vom Absolut- wert. ) Für alle weiteren, bei Kalibrierungen üblichen wenn auch überflüssigen Schritte wurde der »jüngste« Schnittpunkt (2) ausgewählt. Die seinerzeit (»-3000«) herrschende C14-Konzentration in der Atmosphäre (3) kann durch Formel IX.1 errechnet werden. Sie liegt in diesem Fall rund 30% unter der heute gemessenen atmosphärischen C14-Konzentration. Wird hingegen der Schnittpunkt (4a) der rückgerechneten Aktivitätskurve der Probe mit der Geraden gesucht, die für zeitlich konstante C14-Konzentration steht, so re- sultiert das um 3.000 Jahre höheres (hypothetisches) »C14-Alter«. Das zum Schnittpunkt (4a) gehörende Alter ist dann das C14-Alter der Probe. Eben weil die atmosphärischen Verhältnisse für C14 sich zeitlich ändern, entspricht das C14-Alter nicht dem Absolutalter und weicht von diesem gegebenenfalls stark ab. Das C14-Alter taucht als Punkt (4b) in der unteren Graphik wieder auf. Zusammen mit dem bereits ermittelten Absolutalter wird der Schnittpunkt (5) als Element einer Kalibrierkurve, wie sie üblicherweise verwendet wird, erzeugt. ! Grenzfall (C14-Konzentration ist zeitlich konstant): Für diesen Fall degenerie- ren die komplexen Zusammenhänge zwischen Restaktivität, C14-Alter und Absolutalter zu einer einfachen mathematischen Beziehung: Da in diesem Fall die Startaktivität der Probe (3’) feststeht (dieselbe Aktivität wie eine rezente Probe), kann das Absolutalter der Probe aus der gemessenen Restaktivität und dieser Startaktivität durch die Formel IX.1 ohne weitere Umwege er- rechnet werden. Natürlich ergäbe sich dasselbe Alter (2’), wenn man sich die (völlig überflüssige) Mühe machte, eine Restaktivitätenreihe absolutdatierter Proben zu erstellen. Deren Verteilung würde im übrigen einer Exponential- 9.1 kurve gleichen. Die Erstellung einer Kalibrierkurve wäre in diesem Falle völlig sinnlos, weil jedes C14-Alter mit dem Absolutalter identisch und eine Um- rechnung folglich überflüssig wäre., 324 C14-Crash ten Organismus einerseits und dem in der Atmosphäre andererseits. Zwei zeit- liche Verläufe müssen also bekannt sein, um eine Zeitangabe oder Datierung aus dem Abgleich zwischen ihnen möglich zu machen: ! der zeitliche Verlauf der C14-Konzentration, der aus der gemessenen Restaktivität der Probe auf der Basis des Gesetzes für den radioaktiven Zerfall zurückgerechnet werden kann, und ! der zeitliche Verlauf der C14-Konzentration, wie er für die Atmosphäre z.B. mit Hilfe von Jahringchronologien rekonstruiert werden kann. Der zeitliche Verlauf der C14-Aktivität der Atmosphäre kann nur aus einer entsprechend großen Anzahl von Proben bekannten Alters durch Messung von deren Restaktivität erschlossen werden. Anstatt diese Restaktivitäten über die jeweils bekannten Absolutalter in deren äquivalente Startaktivitäten um- zurechnen, um zu schauen, an welchen Zeitpunkten die rückgerechnete Zer- fallskurve der Probe mit diesen übereinstimmt, genügte es am Ende völlig, die Restaktivität der Probe unbekannten Alters mit den Restaktivitäten der da- tierten Vergleichsproben abzustimmen (Bild 7.1 und 9.1 ). Die C14-Wissenschaftler machen es sich dagegen erheblich schwerer: Sie rechnen zuerst auf der Basis einer definierten Standardaktivität die Restakti- vität der Probe in ein fiktives C14-Alter um. Deshalb müssen sie auch die Restaktivitäten der benötigten Folge absolutdatierter Proben in gleicher Wei- se in eine Folge fiktiver C14-Alter konvertieren, um wiederum aus Synchro- nitäten im C14-Alter zu der gewünschten Aussage über das Absolutalter zu kommen. Warum wird dieser mit erheblichem und zugleich doch überflüssi- gem Mehraufwand verbundene Umweg genommen? Das umständliche Umrechnen von Restaktivitäten in C14-Alter wurzelt in der ursprünglich gehegten Meinung, daß die C14-Konzentration in der Atmo- sphäre zeitlich konstant gewesen sein muß. Deshalb identifizierte man die ak- tuell gemessene C14-Konzentration der Atmosphäre mit der ursprünglichen Startaktivität jeder untersuchten archäologischen Probe und konnte so mit Hilfe der Formel IX.1 ohne Umwege und verlockend elegant die dazwischen- liegende Zeit ausrechnen. Ganz schnell bürgerte sich der Brauch ein, nicht die gemessene Restaktivität in den Vordergrund zu stellen, sondern die daraus er- rechnete Altersangabe. Als 1960 endgültig erkannt wurde, daß sich die C14-Konzentration in der Atmosphäre mit der Zeit ändert, konnte die aktuelle atmosphärische C14- Konzentration nicht mehr als Startaktivität für die zu untersuchenden Proben genommen werden. Man hätte von der Umrechnung der Restaktivität in ein C14-Alter eigentlich wieder Abstand nehmen müssen. Stattdessen hätte man, 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 325 das wahre Alter aus der Korrelation der Restaktivität der Probe mit einer ent- 9.1 Der Gebrauchvon Kalibrierkur- sprechend dicht belegten Reihe von Restaktivitäten bereits absolutdatierter ven, die Absolutal-ter und anderer Proben bestimmen müssen und damit die C14-Methode neu definie- »C14-Alter« undnicht Absolutalter ren müssen: Altersbestimmung durch Vergleich mehrerer Meßwerte, nicht und C14-Aktivitä-ten gegenüberstel- mehr durch Umrechnung eines Meßwertes. Dennoch wurde die Gewohnheit len, ist mit unnöti-gem Arbeitsauf- wand verbunden beibehalten, auf der Basis der aktuellen atmosphärischen C14-Aktivität eine und zugleich miß- verständlich hin- vorläufige Altersangabe für die Probe anzugeben, um die Illusion aufrechtzu- sichtlich der Ge- nauigkeit der Kali- erhalten, daß die C14-Methode aus sich heraus Altersbestimmungen vorneh- brierung alter Pro- ben. Ihre allgemei- men kann. Folglich bezogen sich Kalibriertafeln auch nicht auf die gemesse- ne Verbreitung istnur zu verstehen, nen Restaktivitäten bereits absolutdatierter Proben, sondern ebenso auf ihre wenn die ur-sprüngliche Funkti- fiktiven C14-Alter. on der Winkelhal-bierenden (C14-Al- Kein Wissenschaftler hat jemals öffentlich die Konsequenzen aus der ter = Absolutalter)als Konstrukti- Überlegung dargelegt, ob sich die C14-Konzentration der Atmosphäre in ge- onsprinzip fürschwimmende schichtlichen Zeiträumen nicht mehr als nur ein paar Promille geändert haben Baumringsequen-zen in Rechnung könnte. Vielmehr wurde immer davon ausgegangen, daß entsprechend dieser gestellt wird. geringen Verschiebung das errechnete C14-Alter vom wahren Alter der Probe nur wenig abweichen würde. Folgerichtig sprach man auch bloß von einer Korrektur28 dieser Altersangabe. Nur so konnte es auch passieren, daß die er- ste Kalibriertafel für C14-Alter mit Hilfe der Annahme stets kleiner Schwan- kungen zustande kam und auch die modernsten Nachfolger diese noch wider- spiegeln (vergleiche dazu insgesamt Kapitel 2). Nachdem im achten Kapitel bereits von verschiedensten »Korrekturen« einschließlich der sich anhäufenden Korrekturfehler die Rede war, soll in die- sem Kapitel die komplexeste und zugleich am häufigsten mißverstandene »Korrektur«, die Kalibrierung, analysiert werden. Ein wesentliches Mißver- ständnis haben wir bereits angesprochen: Ein aussagefähiges C14-Alter ist nicht berechenbar, sondern kann lediglich (und das auch nur unter bestimm- ten Voraussetzungen) aus einer Korrelation des Probenmeßwertes mit einer entsprechenden Meßwertreihe bestimmt werden, die hinsichtlich des Abso- lutalters kalibriert ist. Ein weiteres Mißverständnis liegt mit der sogenannten Stationaritätsan- nahme vor: In allen globalen Kohlenstoffreservoiren habe sich bereits vor langer Zeit (größenordnungsmäßig spätestens vor 50.000 Jahren) die C14- Konzentration infolge quasi-konstanter C14-Produktion so eingestellt, daß der radioaktiv bedingte Verlust an C14 ständig durch die C14-Produktion in 28 Der Begriff der »Korrektur« ist ursprünglich ein Fachwort der Druckersprache und bezeichnet eine Verbesserung oder Berichtigung innerhalb der Folge der Lettern im Druckstock. Damit verbunden ist das Wissen, was anstelle des vereinzelten Fehlers oder Ausrutschers tatsächlich zu stehen hat., 326 C14-Crash 9.2 Die Tücken der C14-Vordatierung Dendrochronologen sind auf C14-Datierungen angewiesen. Für die erste länge- re Baumringchronologie – der Bristlecone-Pine-Chronologie – wurden C14-Se- quenzen, die zugleich mit den Ringsequenzen vorlagen, bedingungslos an der Idealkurve, die für konstante C14-Konzentration in der Atmosphäre steht, aus- gerichtet bzw. vordatiert und durch Einfügen von 5-10% geeigneter Fehlringe hinsichtlich der Baumringwuchswerte angepaßt. Das Bild zeigt schematisch, wie Sequenzen auf diese Weise auseinanderrei- ßen und die so entstandenen Lücken letztlich durch Verdoppelungen entspre- chend langer Sequenzen geschlossen werden müssen (vergleiche Bild 2.16 )., 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 327 der Atmosphäre ausgeglichen werde. Insbesondere wären über historische Zeiträume nur geringfügige Veränderungen der C14-Konzentration aufgetre- ten. Mithin sei die spezifische Aktivität in den globalen Kohlenstoffreservoi- ren auch annähernd gleich und spiegele damit indirekt die Produktionsrate für C14. Tatsächlich bleiben nur wenige Prozent des produzierten C14 in der At- mosphäre. Der überwiegende Rest wandert infolge eines entsprechenden Konzentrationsungleichgewichtes in die ozeanischen Großreservoire ab (zur Aufteilung des C14 auf die einzelnen Reservoire siehe Bild 8.1 ). Die aktuelle spezifische Aktivität der Organismen, die an der Erdoberfläche leben, wird also von der Absorptionsrate der ozeanischen Oberflächen mindestens so stark regiert wie von der C14-Produktion: Je mehr die Ozeane von dem pro- duzierten C14 aufnehmen können, desto geringer ist die C14-Konzentration in der Atmosphäre und umgekehrt. Die Mikrostruktur der Kalibriertafeln kann auch nur mit schwankendem Absorptionsverhalten der Ozeane erklärt werden, nicht aber – wie es üblich ist – mit schwankenden Produktionsraten. Diese Effekte spielen sich zudem völlig entkoppelt von dem radioaktiven Zerfall ab. Wird dieses Mißverständnis erst einmal erkannt, dann bleibt für die An- nahme langfristig annähernd gleichbleibender C14-Konzentration ad hoc kei- nerlei Berechtigung mehr. Auch unter diesem Gesichtspunkt müssen die im Gebrauch befindlichen Kalibriertafeln ausgemustert werden, denn ihre Gene- se wurzelt in dem aktualistischen Selbstverständnis, nach dem wesentliche Randbedingungen seit ausreichender Zeit konstant gewesen seien (Indizien dagegen auch in Bild 9.17 ). Es sollte deutlich geworden sein, daß der Todeszeitpunkt bzw. der Zeit- punkt des Stoffwechselendes eines Organismus, der als archäologische Probe vorliegt, grundsätzlich nicht errechnet werden kann. Für die Bestimmung die- ses Zeitpunktes müssen zeitliche Momente ausgewertet werden, in denen At- mosphäre und betrachteter Organismus dieselbe C14-Konzentration gehabt haben. Dabei ist die lange Halbwertszeit von C14 zwar grundsätzlich günstig für die Beschreibung eines Postglazials von rund 12.000 Jahren Länge, er- weist sich jedoch im Zusammenhang mit größeren Schwankungen der C14- Konzentration als ungünstig oder sogar unpraktikabel. Die Korrelation eines 9.2 Probenmeßwertes mit der Kalibrierkurve führt dann zu Mehrdeutigkeiten, d.h. für die Probe kommen unter Umständen zwei oder sogar mehr Absolut- daten in Frage., 328 C14-Crash 9.3 C14-Präzisionsmessungen an Baumringen (I) Da die Debatte um die Realität der »wiggle« in der Kalibrierkurve der Bristleco- ne-Pine-Chronologie nicht zum Erliegen kam, entschlossen sich schottische Wis- senschaftler Ende der siebziger Jahre zu einem Test an einem irischen Eichen- holz, das mehr als 250 Jahresringe umfaßte [Campbell et al. 1978]. Sie wollten überprüfen, ob die gemessenen C14-Alter für die aufeinanderfolgenden Jahrringe des Eichenholzes das umstrittene Ausmaß der Schwankung der C14-Konzentra- tion in der Atmosphäre bestätigen konnten., 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 329 Die Autoren kamen zu dem Schluß, daß die erhaltene Abfolge der Meßwerte nur auf systematische atmosphärische Schwankungen der C14-Konzentration zurückgeführt werden könne, und nicht etwa auf experimentelle oder sonstige zufällige Fehler. Sie merken an, daß über die betrachtete Periode von 250 Jahren ein genereller Abfall der C14-Konzentration stattgefunden haben müsse (spiegelt sich im Trend wachsender C14-Alter bei jünger werdenden Baumringen). Die hohe Qualität der ausgeführten Messungen spreche für die Realität kurzfristiger Schwankungen der C14-Konzentration in der Atmosphäre. Die Autoren der Studie sprechen sich zwar für die Realität starker Schwankungen der C14-Kon- zentration in der Atmosphäre aus, äußern sich jedoch nicht über mögliche Ursa- chen dieser Schwankungen und geben demzufolge auch keine Hinweise quantita- tiver Natur. Das wollen wir an dieser Stelle nachholen. Es wird sich zeigen, daß die von Campbell et al. aufgedeckten quantitativen Verhältnisse wichtige Hinwei- se enthalten, daß die Grundannahmen der C14-Methode – insbesondere das Si- multanitätsprinzip – nicht in der nötigen Strenge gelten können. Während Gerade A stationäre C14-Verhältnisse repräsentiert – die Daten ändern sich auf beiden Achsen im Verhältnis 1:1, hier jeweils 250 Jahre –, steht Gerade B für erheblich erhöhte Produktion von C14 über einen Zeitraum von hier 50 Jahren. Die Gerade C zeigt einen noch wesentlich höheren Trend. Die Überproduktion bezüglich B sorgt binnen 113 Jahren für eine Aktivitätssteige- rung, die 434 C14-Jahre an zusätzlichem Altersunterschied ausmacht. Das ist gleichbedeutend mit einer Aktivitätssteigerung von 5.2 % in besagten 113 Jahren (vgl. Textbox 7.7 für die Faustformel: 1% Aktivitätsänderung = 83 C14-Jahre). Konventionell – bei einer hypothetischen Jahresproduktion von 7.5 kg und einem dynamisch stabilen C14-Inventar von ca. 62.500 kg – bedeutete das im Fall B eine Erhöhung des C14-Inventars um 3.255 kg in 113 Jahren bzw. von rund 28.8 kg/y. Mithin läge für diesen Zeitraum eine rund 4-fache Überproduktion vor. Für die Gerade C errechnet sich sogar eine 40-fach höhere Überprodukti- on. Dieses Beispiel zeigt, wie stark kurzfristige Schwankungen sein können und wie unrealistisch zugleich die Annahme ist, daß dieses »wilde« Schwanken über die Jahrtausende kaum 10% »Nettoschwankung« übrig gelassen habe (Daten aus Campbell et al. [1978, 35], zur Berechnungsmethode siehe Bild 9.4 ). Auch die Geraden D' und E', die allerdings für eine Zunahme des C14-Alters in den jünger werdenden Baumringen stehen, können Aufschluß über die Größenordnung der der Produktion entgegenwirkenden Prozesse geben, die sich um eine Größen- ordnung stärker als der radioaktive Zerfall auswirken. Für D' gilt, daß die Abnah- me des C14-Gehaltes 11-mal stärker ausfallen muß, als durch den radioaktiven Zerfall gegeben ist. Und für E' muß diese Abnahme des C14-Gehaltes sogar 24- mal stärker ausfallen, als es der radioaktive Zerfall allein vermag. Die einzig sinnvolle Erklärung für diese Schwankungen muß zusätzlich zu er- 9.3 heblichen Produktionsschwankungen drastische Diffusionsphänomene zugrunde- legen, die kurzfristig und lokal zu starken Erhöhungen bzw. zu starken Absen- kungen der C14-Konzentration in der Atmosphäre führen können. Es ist unmög- lich, daß sich diese global gleichförmig auswirken. Das Simultanitätsprinzip als Ba- sis für jede relative C14-Chronologie und für die Kalibrierung ist ungültig., 330 C14-Crash 9.2 Die Kehrseite der langen Halbwertszeit Die radiometrische Zukunft einer organischen Probe ist vom Moment ihres Todes an festgelegt – sofern sie komplett gegen Kohlenstoffaustausch abge- schottet ist. Umgekehrt kann ihre radiometrische Vergangenheit zum Zeit- punkt der Ausgrabung bzw. nach der Messung des aktuellen Wertes ihrer Restaktivität vollständig kalkuliert werden – sogar beliebig weit über den tat- sächlich ja unbekannten Todeszeitpunkt hinaus. Im Gegensatz dazu unterliegt der sich zeitlich parallel entwickelnde C14-Anteil der Atmosphäre Einflüssen, deren Gesetzmäßigkeit weitgehend unbekannt ist. Da die Kenntnis dieser Ge- schichte für die Konvertierung einer C14-Aktivität in ein Absolutalter aber unerläßlich ist, wurde sie schon sehr früh aus dendrochronologisch datierten Proben rekonstruiert, die Jahr für Jahr die jeweils herrschenden atmosphäri- schen Verhältnisse konserviert haben sollen. Zur Rekonstruktion dieser jahrgenauen Aufzeichnungen wurde wiederum in umfassender Weise auf C14-Daten zurückgegriffen. Dieser Vorgehenswei- se lag ein bestimmtes Vorurteil zugrunde: Die C14-Konzentration ändert sich im wesentlichen nur in abgestorbenen Organismen, und zwar durch den radio- aktiven Zerfall, ansonsten herrscht überall und seit langer Zeit schon ein dy- namisches Gleichgewicht zwischen Produktion und Zerfall. Jahrzehntelange Feinarbeit an der jahrgenauen Rekonstruktion des atmosphärischen C14-Ge- haltes vermochte für die letzten 12.000 Jahre lediglich eine zehnprozentige Absenkung der C14-Konzentration in der Atmosphäre zu enthüllen. Diese einheitlich in allen veröffentlichten Kalibrierkurven dokumentierte Änderung liegt ziemlich genau eine Größenordnung unterhalb der gesetzmä- ßigen Änderungsrate durch den radioaktiven Zerfall innerhalb des abgestor- benen Organismus (nämlich 50% in knapp 6.000 Jahren). Damit wäre dann die entscheidende Voraussetzung für die Verwendung der atmosphärischen C14-Geschichte zur Konvertierung von C14-Daten in Absolutalter gegeben: Die Änderung der C14-Konzentration in abgestorbenen Organismen durch den radioaktiven Zerfall muß deutlich stärker ausfallen als die parallel dazu verlaufende Konzentrationsänderung innerhalb der Atmosphäre. Nur so führt der spätere zeitliche Vergleich der beiden Konzentrationsverläufe zu ausrei- chender Eingrenzung des Zeitpunktes, an dem der Organismus gestorben ist. Für die Verwendbarkeit von C14-Daten zur zeitlichen Vorsortierung schwimmender Baumringsequenzen gilt im übrigen dasselbe. Wären die Ver- hältnisse umgekehrt, nämlich atmosphärische Konzentrationsänderungen stär- ker als die, die durch den radioaktiven Zerfall gegeben sind, so wären Mehr- deutigkeiten programmiert und die C14-Methode als chronologische Hilfs-, 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 331 wissenschaft insbesondere für die Dendrochronologie unbrauchbar. Einen er- 9.2 Ein C14-Da-tum ergibt grund- sten Eindruck, wie stark sich tatsächlich die C14-Konzentration in der Atmo- sätzlich kein histo-risches Datum, sphäre ändert und wie unsinnig es ist, dies allein auf Produktionsschwankun- sondern bildet le-diglich den Aus- gen zurückzuführen, vermitteln die Bilder . gangspunkt zur 9.3-4 Rückrechnung ei- Wie sieht nun die Realität aus? Die vorliegenden Meßergebnisse offenba- ner radiometri-schen Vergangen- heit der Probe. Zu ren unmißverständlich, daß nicht die Konzentrationsabschwächung innerhalb welchem Zeitpunkt diese tatsächlich der abgestorbenen Organismen der Haupteffekt ist, sondern Konzentrati- eingesetzt haben könnte, ist nur un- onsänderungen in der Atmosphäre. Ungeachtet dieser Schlußfolgerung, die ter lückenloser Kenntnis der radio- sich unmißverständlich aus allen vorliegenden Messungen ergibt, wurde der metrischen Ver-gangenheit der At- langfristige Trend für die Atmosphäre unter der Prämisse der Quasikonstanz mosphäre rekon-struierbar. rekonstruiert und spiegelt diese auch entsprechend wieder. Hätte man dagegen die vorgefundenen kurzfristigen Konzentrations- schwankungen auch nur ein einziges Mal auf die hierfür tatsächlich benötig- ten Schwankungen der C14-Produktion zurückgeführt, wäre die Idee von je- ner Quasikonstanz sofort aus der Welt gewesen, denn die Produktion muß pe- riodisch immer wieder um Größenordnungen (etliche 100%) anwachsen und ebensooft negativ werden (tatsächlich ein Diffusionseffekt, s.u.). Ein Schelm, wer von dieser Dynamik erwartet, daß sie über Tausende von Jahren ausge- rechnet den dieser Tage gemessenen Aktivitätswert einfriert. Der ausgewiesene langfristige Trend der bekannten Kalibrierkurven ist ar- tifiziell – Folge des ursprünglich für selbstverständlich erachteten Prinzips konstanter Randbedingungen für die Naturgeschichte. So arbeitet man heut- zutage mit Kalibrierkurven, die über ihre gesamte Länge mehrdeutige Zuord- nungen zwischen gemessenen C14-Altern und korrelierten Absolutaltern aus- weisen, ohne aber der naheliegenden Vermutung Rechnung zu tragen, daß die zugrundeliegende Dynamik dann auch langfristig eine erhebliche Abwei- chung von stationären Verhältnissen erwarten lassen muß. Im Kapitel 2.3 wurde die »Chronik einer Kumpanei« rekonstruiert, die die systematische Negierung von Meßwerten offenlegt, die ein erhebliches Un- gleichgewicht des atmosphärischen C14 belegen. Die Geschichte des atmo- sphärischen C14 ist offenbar fehlerhaft rekonstruiert worden und die zurück- liegenden Absolutdatierungen mit Hilfe der C14-Methode müssen deshalb grundsätzlich falsch sein. 9.3 Der radiometrische Tunnel Während seiner ganzen Lebensspanne stellt jeder Organismus, dessen Stoff- wechsel direkt oder auch indirekt die Atmosphäre miteinbezieht, ein mehr oder weniger getreues Abbild der aktuellen atmosphärischen C14-Konzentra-, 332 C14-Crash 9.4 C14-Präzisionsmessungen an Baumringen (II) Die aufgetragenen Meßwerte entsprechen denen aus Bild 9.3 . Hier wird die Steigung der Verbindungslinien zwischen den einzelnen Meßwerten in eine »Ex- zeß-« bzw. »Überproduktion« umgerechnet. Wenn die Verbindungslinie zwi- schen zwei Meßwerten die Steigung 1 hat, d.h. wenn der Unterschied im C14- Alter gleich dem Unterschied des Absolutalters ist, dann haben beide Proben bei derselben C14-Aktivität ihren Stoffwechsel beendet (alle in dem Bild verlaufen- den Geraden sind zueinander parallel und haben die Steigung 1). Liegen die Meß- werte hingegen nicht auf derselben Geraden mit der Steigung 1, so hatten sie auch nicht dieselbe Startaktivität. Es geht also darum, den Unterschied in der Startaktivität zu bestimmen, um daraus im Hinblick auf die Zeit, die zwischen den Meßwerten liegt, die für diese Änderung der Startaktivität benötigte Erhöhung oder Erniedrigung der angeblich stationären Produktionsrate von ca. 7.5 kg C14 pro Jahr zu berechnen: ! Die vertikale Parallelverschiebung zwischen den beiden Geraden mit der Stei- gung 1 bedeutet das Exzeßalter dT (Beispiel: 415 C14-Jahre) ! Dieses Exzeßalter dT wird in den Unterschied der Startaktivität umgerechnet (Beispiel: 415/8300 = 5%) und die Absolutaltersdifferenz dt bestimmt (Bei- spiel: 15 Kalenderjahre) ! Dem Unterschied in der Startaktivität entspricht eine bestimmte Differenz im C14-Absolutvorkommen (Beispiel: 5% von 62.500 kg gleich 3125 kg) ! Dieser Unterschied im C14-Absolutvorkommen muß in der Zeit dt erzeugt werden, d.h. mit einer während der fraglichen Zeit gleichbleibenden Ände- rungsrate des Vorkommens (Beispiel: 3125kg/15y = 208 kg/y) ! Diese mittlere Ände- rung kann in Bezug zu der stationären Pro- duktionsrate von 7.5 kg/y gesetzt und als Exzeßproduktion defi- niert werden (Beispiel: 208/7.5 = 2800%) ! Die Formel für diese Exzeßproduktion lau- tet zusammengefaßt: dT/dt Wenn die Exzeßproduk- tion deutlich geringer als die stationäre Produkti- onsrate bleiben soll, dann darf die Abweichung der Steigung der Kalibrierkurve von der Winkelhalbierenden nur wenige Grad betragen. Quasi-Stationarität ver- langt die Abbildung der Winkelhalbierenden mit geringfügigen, überlagerten Schwingungen. Tatsächlich trägt nicht nur eine Exzeßproduktion, sondern eine Vielfalt von Ursachen zu der realen Gestalt der Kalibrierkurve bei., 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 333 tion dar. Innerhalb der nicht-recyclebaren Bereiche eines Organismus kommt 9.3 Die Kalibrie-rung des C14-Da- es nach dem Stoffwechselende zu einem monotonen Prozeß, wonach die C14- tums einer Probeist nur sinnvoll, Konzentration im wesentlichen nur noch durch radioaktiven Zerfall geändert wenn ihre C14-Konzentration sich d.h. gemindert wird. infolge des radio-aktiven Zerfalls Die restlichen Bereiche des Organismus werden hingegen von der Umge- ausreichend raschvon der C14-Kon- zentration der um- bung »recycelt« und nehmen damit erneut direkten Anteil an der durch diver- gebenden Atmo- sphäre abgehoben se Mechanismen hervorgerufenen Zu- oder Abnahme der C14-Konzentration. hat. Die Konzen- trationsänderun- Im Rahmen der C14-Methode muß also gen in der Atmo- sphäre sind aber nicht nur deutlich 1) der Verlauf der atmosphärischen C14-Konzentration während der histo- stärker als die in-folge des radioak- risch relevanten Vergangenheit und tiven Zerfalls, son-dern offenbaren 2) der Verlauf der C14-Konzentration innerhalb des von jeglichem Aus- auch noch glei-chermaßen zuneh- tausch isolierten Bereiches eines zuvor gestorbenen Organismus mende wie abneh-mende Tenden- zen. bekannt sein. Der untersuchte Rest eines Organismus repräsentiert unter Um- ständen nicht nur die einstige C14-Konzentration der Atmosphäre, sondern auch die Geschichte einer nicht vollkommenen Isolation während der Lage- rung und möglicher Verfälschungen während der anschließenden Prozedur der Probengewinnung, -aufbereitung und -vermessung. Erst mit Hilfe unter- schiedlicher routinemäßig angebrachter Korrekturen wird die Basis gelegt für die Rekonstruktion des Wertes der C14-Konzentration der Atmosphäre, der zu Lebzeiten des Organismus herrschte (siehe dazu das ganze Kapitel 8). Damit gleicht der Verlauf der C14-Konzentration in dem Bereich des Or- ganismus, der nach dem Stoffwechselende isoliert wird, einem radiometri- schen Tunnel, der sich von dem der Atmosphäre abspaltet und dessen Mün- dung später in Form einer Messung bestimmt wird (vergleiche Bild 9.6 )29. Der Ausgräber fragt sich natürlich, an welchem Punkt der Vergangenheit die- se Abspaltung stattgefunden hat. Aber nur wenn ihm die komplette Historie des C14-Inventars der Erdatmosphäre bekannt ist (und zwar für den Ort, an dem seine Probe gelebt hatte) und er zugleich alle Abweichungen von dem exponentiellen Verlauf durch Kontamination etc. korrigieren kann, hat er ei- nen Schlüssel zur Absolutdatierung in der Hand. 29 Der radiometrische Tunnel steht für die rechnerische Rekonstruktion der C14-Konzentra- tion innerhalb der Probe auf der Grundlage eines einzigen Meßwertes. Um aber das Datum des Stoffwechselendes berechnen zu können, muß man wissen, wo der Beginn dieses Tunnels ist. Dieser erschließt sich nur aus gegenwärtig vermessenen Proben bekannten 9.4 Alters aus möglichst unterschiedlichen Zeiten. Dadurch wird es möglich, ohne Berechnung der Vergangenheit und nur durch einen Vergleich von Meßwerten zu dem gewünschten Datum zu kommen (vergleiche dazu die Bilder 7.1 und 9.1 ). Das Bild vom »radiometri- schen Tunnel« ist hilfreich, um das Mehrdeutigkeitsproblem des Abspaltungszeitpunktes einerseits und die »Verbiegungen« durch Kontamination etc. andererseits herauszustellen., 334 C14-Crash 9.5 Exzeßproduktion und -diffusion Das Bild schlüsselt quantitative Ursachen für die in Bild 9.3 dargelegten Konzen- trationsverhältnisse bzw. -änderungen für C14 in der Atmosphäre auf. Es wird dabei vorausgesetzt, daß die Diffusion des C14 von der Atmosphäre in die Ozea- ne grundsätzlich derart vom Konzentrationsgradienten abhängt, daß sich jede Konzentrationsänderung in der Atmosphäre entsprechend in den Konzentrati- onsverhältnissen für die Ozeane abbildet. Anderenfalls liegt die Exzeß- bzw. Überschußproduktion entsprechend niedriger. Die Abhängigkeit der Diffusions- rate von dem Konzentrationsgradienten ist wichtig, weil die Atmosphäre, in der das C14 produziert wird, weniger als 2% des globalen C14-Vorrats enthält, die Ozeane hingegen den Löwenanteil von über 90%. Selbst wenn die hier zu verzeichnenden extrem hohen Exzeßproduktions- werte teilweise auf unzureichende Diffusion des C14 in die Ozeane zurückzufüh- ren sind, bleibt der Widerspruch zwischen der ausgewiesenen lokalen Tendenz in der Kalibrierkurve und der Stationaritätsannahme evident. Letztere verlangt nämlich, daß sich die positiven und negativen Exzeßproduktionen im Mittel auf- heben, d.h. daß sich die positiven und negativen Beiträge kurzfristig stets zu Null addieren müssen. Dann wäre zu erwarten, daß die Exzeßproduktion im Rahmen einiger Prozent bleiben würde, jedenfalls nicht hunderte bzw. tausende Prozent betragen könnte. Sollte die Diffusion des C14 (bzw. des C14-angereicherten CO2) von der Atmosphäre in die Ozeane tatsächlich derart eingeschränkt sein, daß Konzentrationsänderungen in der Atmosphäre sich nicht automatisch in den Ozeanen abbilden würden, so wäre man auf jeden Fall mit dem Problem kon- frontiert, daß die Ozeane ungesättigte Reservoire darstellen, deren Strömung- scharakteristiken die C14-Konzentration der Atmosphäre offensichtlich tempo- rär nachhaltig absenken können und schon von daher die Stationaritätsannahme in Frage stellen müssen, 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 335 Um das Absolutalter der fraglichen Probe bestimmen zu können, muß die 9.4 Es wurde im-mer beklagt, daß Historie der atmosphärischen C14-Konzentration Jahr für Jahr mit der kalku- die Existenz von»wiggle« die Da- lierten Historie der fraglichen Probe verglichen werden. Wenn es nur einen tierungsungenau-igkeit auf viele Zeitpunkt gibt, an dem beider Konzentrationen gleich sind, dann ist eine ein- Jahrhunderte auf-weitete. Es wurde deutige Datierung möglich. Allgemein betrachtet kann es natürlich mehrere dagegen nie hin-terfragt, warum umgekehrt bei der verschiedene Zeitpunkte geben, an denen die Konzentrationen jeweils gleich Konstruktion der »wiggle-behafte- gewesen sind. Im Falle dieser Mehrdeutigkeit müssen zusätzliche Kriterien ten« Kalibrierkur- ven eine jahrge- zur Auswahl eines der Daten herangezogen werden. naue Synchroni- sierung aufgrund Der C14-Wissenschaftler ist also einem Doppelproblem ausgesetzt. Zum von C14-Datensynchroner Jahr- einen muß er im Besitz der kompletten Historie des C14-Inventars der Erdat- ringe möglich seinsollte, obwohl die- mosphäre sein. Zum anderen kann ihm der zeitliche Verlauf der Konzentrati- se um hundertevon C14-Jahren on einen Streich spielen, indem er durch den Abgleich dieser Historie mit der streuen konnten? entsprechenden Historie seiner zu datierenden Probe zeitlich deutlich ausein- anderliegende Schnittpunkte erhält. Was nützt ihm die exakte Berechenbar- keit der Probenhistorie, wenn deren radiometrischer Tunnel an mehreren un- terschiedlichen Punkten in die Vergangenheit hineinragt? Obwohl nach einhelliger Meinung der C14-Wissenschaftler das Gefälle dieses Tunnels stark genug ist, um sich rasch von der nicht völlig konstanten C14-Konzentration der Atmosphäre zu trennen, müssen sie dennoch für den Zeitraum von einigen Jahrhunderten um das tatsächlichen Stoffwechselende herum ein Mehrdeutigkeitsproblem feststellen. Wie mit ihm umgegangen wird und welche Gefahren darin liegen können, soll im folgenden Abschnitt auseinandergesetzt werden. 9.4 Das Mehrdeutigkeitsproblem Die C14-Wissenschaft kennt dieses Mehrdeutigkeitsproblem in der Bestim- mung des Stoffwechselendes nur in Gestalt sogenannter »wiggle«. Darunter versteht man kurzperiodische, gleichwohl starke Schwankungen des C14-Ge- haltes in jahrgenauen Baumringfolgen. Diese spiegeln einen so starken zeitli- chen Abfall der C14-Konzentration in der Atmosphäre wieder, daß ein erneu- ter Anstieg nach typisch 100-200 Jahren einen gewissen Bereich zurücklie- gender »C14-Alter« dupliziert (vergleiche Bild 2.7 ). Wenn diese Schwankungen ausreichend groß sind und dicht genug aufein- 9.5 ander folgen, dann kann dieser Effekt sogar mehrfach hintereinander auftreten. Auf diese Weise steht für manche C14-Alter ein Strauß alternativer Todesdaten zur Verfügung, die einen Zeitraum von etlichen Jahrhunderten aufspannen können. Auch nach offizieller Lesart ist keine eindeutige Korrela- tion zwischen der C14-Geschichte der Atmosphäre und der rückgerechneten, 336 C14-Crash 9.6 Das Problem der Mehrdeutigkeit In beiden Diagrammen wird ein bestimmter zeitlicher Verlauf der C14-Konzen- tration in der Atmosphäre wiedergegeben. Im Diagramm 1 (links) ist die mittlere Schwankung der Konzentration unter 5 %, im Diagramm 2 (rechts) beträgt diese im Mittel ±25%, was von der Stärke her den in Bild 9.3 aufgeführten Schwan- kungen entspricht. Die Schwankungsbreite im Dia- gramm 1 ist niedrig genug, um – Kenntnis der Chronologie der C14- Konzentration vorausgesetzt – den Zeitpunkt des Stoffwechselendes (hier zum Zeitpunkt »11.460«) der untersuchten Probe grundsätzlich identifizierbar zu machen. Im Dia- gramm 2 hingegen ist die Schwan- kungsbreite so hoch, daß eine Re- trokalkulation sinnlos ist, weil über einen langen Zeitraum der Lagerung (und sogar noch weit davor!) vielzu- viele mögliche Zeitpunkte des Stoffwechselendes existieren. Die Methode kann unter diesen Umständen nicht verwendet werden. Das im Diagramm 2 gegebene Mehrdeutigkeitsproblem kann nicht akut wer- den, solange man sich auf Meßergebnisse bezüglich solcher Baumarten konzen- triert, die sich eng an die Ausgleichskurve anpassen lassen, die für stationäre Verhältnisse steht. Das gilt gleichermaßen für die Interpretation von »Fehlrin- gen«, die sich nicht unbedingt auf forstbotanische Indizien stützt, sondern auf die Stärke der Abweichung gefundener C14-Konzentrationsverläufe von besagter Idealkurve (dazu auch Kapitel 2.7)., 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 337 C14-Geschichte der Probe möglich, weil in der Vergangenheit zu unter- schiedlichen Zeitpunkten immer wieder C14-Aktivitäten herrschten, die sich heute jeweils in derselben Restaktivität widerspiegeln. Während diese Uneindeutigkeit ein echtes Handicap für die Praktikabilität der C14-Methode darstellt, werden die damit verbundenen charakteristisch gewundenen C14-Muster benutzt, um Synchronismen zwischen Baumringfol- gen zu finden, für die nach herkömmlichen dendrochronologischen Maßstä- ben keine ausreichenden Vergleichskriterien existieren. Das hat seinen Grund immer wieder in mangelnder Korrelation der jeweiligen Mikroklimata, die zu unähnlichen Wuchsbreiten der Jahresringe gleichzeitig wachsender Bäume aus entsprechend weit auseinanderliegenden Regionen führen müssen. Seit dem Bekanntwerden dieser Muster etwa um 1960 galt folgerichtig die Identität einzelner C14-Aktivitäten in unterschiedlichen Proben nicht mehr als Ausweis gleichen absoluten Alters. Hingegen wird die Übereinstimmung gleicher C14-Muster in unterschiedlichen Proben als Beweis für eine zeitglei- che Entstehung verwendet (= Simultanitätsprinzip). Die entscheidende Frage lautet nun: Wieviele Jahre muß ein solches Muster mindestens umfassen, da- mit eine tatsächliche Ungleichzeitigkeit ausgeschlossen ist, denn diese Muster könnten ja nun ebenfalls unterschiedlichen Zeiten entstammen? Die Literatur gibt auf diese Frage keine Antwort, ja, stellt diese Frage nicht einmal. Niemand hatte bis etwa 1960 ernsthaft daran gezweifelt, daß sich der C14-Gehalt der Erdatmosphäre zumindest für die vor- und frühgeschichtliche Zeit des Postglazial auf einem vollkommen gleichmäßigen Niveau befunden haben muß. Dank dieser gerne geglaubten »Selbstverständlichkeit« konnte ein Mehrdeutigkeitsproblem also gar nicht erst auftauchen. Selbst als dann klar wurde, daß der C14-Gehalt der Atmosphäre schwankt (Bild 9.12-13 ), war man ausnahmslos davon überzeugt, daß sich der übergeordnete Trend nach wie vor in diesem konstanten Niveau widerspiegelt, so daß lediglich mit kurz- fristigen Verzerrungen eines langfristig jedenfalls gleichbleibenden Wertes zu rechnen wäre (vergleiche Bild 9.7 ). Erst mit der ersten lückenlosen, rund 7.000 Jahre umfassenden Baumringchronologie von C.W. Ferguson wurde ei- ne zusätzliche Tendenz offenbart, die einen Abfall der C14-Produktion und damit auch der C14-Aktivität in der Atmosphäre um rund 10% über diesen jahrtausendelangen Zeitraum aufwies. 9.6 Damit war der übergeordnete Trend der Kurve aber immer noch so gleichförmig, daß einzelne C14-Werte nach wie vor wenigstens für eine rela- tive Chronologie verwendet werden konnten. Niemand wäre auf die Idee ge- kommen, die chronologische Abfolge zweier Proben, die beispielsweise um 500 oder, radikaler noch, um 1.000 C14-Jahre auseinanderliegen, umzukeh-, 338 C14-Crash 9.7 Frühe Kalibriervisionen (II) Das Bild links [aus Suess 1970b, 161] zeigt den Stand der Kalibrierung von 1970 für das jüngste Jahrtausend. Bereits zu diesem Zeitpunkt war deutlich, daß gera- de die jüngsten und zweifelsfrei (nämlich historisch) vordatierten Proben ein fa- tales Schwankungsverhalten aufwiesen, das zudem auf Produktionsdichten (mit ± Vorzeichen) für C14 hinwiesen, die bereits damals als groß gegen die Verände- rungen aus dem radioaktiven Zerfall anzusprechen gewesen wären. Wie sehr H.E. Suess der Idee verfallen war, daß allzeit konstante Verhältnis- se – nämlich die von heute – herrschen müßten, wird auch durch die gewaltsa- me Anbindung der Kalibrierkurve an die Winkelhalbierende bzw. an den Koordi- natenursprung deutlich (vgl. dagegen das kleine Bild rechts [Grey et al. 1970, 171]). So werden momentane Gegebenheiten kompromißlos in die Vergangen- heit fortgeschrieben. Nimmt man dagegen gerade die für die jüngste Vergangen- heit aufgefundenen Konzentrationsschwankungen ernst (siehe Bild 5.3 ), so ist ei- ne Fortschreibung des übergeordneten Trends in die Vergangenheit – theore- tisch gesehen – aus einer einzigen aktuellen Momentaufnahme unvertretbar. Wir müssen davon ausgehen, daß wesentliche C14-Vordatierungen für die Dendro- chronologie von dieser fixen Idee infiziert gewesen sind. Die unzutreffende In- terpretation dieser C14-Daten hat in den entscheidenden Phasen der Erstellung dieser Chronologien, die später selber wieder für die Kalibrierung verwendet wurden, zu grundlegend falschen Synchronismen geführt., 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 339 ren und so wurde auch die zeitliche Synchronität ähnlicher Muster, die je- weils erheblich kürzere Zeiträume überdecken, niemals in Frage gestellt. Bislang ist noch nicht die Überlegung angestellt worden, ob sich die Kon- zentration von C14 in der Atmosphäre nachhaltig und dauerhaft stärker än- dern kann, als größenordnungsmäßig durch die Halbwertszeit von C14 vorge- geben wird. Das darf als fahrlässige Behandlung der vorliegenden Tatsachen bewertet werden: Einerseits vollzieht sich infolge der langen Halbwertszeit von C14 die Abnahme der C14-Konzentration innerhalb isolierter Proben nur »schleichend«. Andererseits ist die sensible Abhängigkeit der Atmosphären- zusammensetzung und damit auch die des Verlaufs der C14-Konzentration vom Großklima in den »wiggle« dokumentiert. Es gibt also allen Grund, eine entsprechende Dynamik nicht nur des kurzfristigen sondern auch des mittel- und langfristigen Verlaufs der atmosphärischen C14-Konzentration zu erwar- ten. Innerhalb des Zeitraumes, in dem die Änderungsrate der C14-Konzen- tration in der Atmosphäre einmal positiv und darauf hin wieder negativ ist – und zwar negativer als durch den radioaktiven Zerfall allein –, kommt es zwangsläufig zu einer Verdoppelung heutzutage gemessener C14-Restakti- vitäten. Eine Verdoppelung könnte es nicht geben, wenn jene Änderungsrate Null wäre, d.h. wenn sich die C14-Produktion auf der einen Seite und radio- aktiver Zerfall sowie die Abwanderung in die umgebenden Reservoire auf der anderen Seite dauerhaft die Waage halten würden. Da aber die drei genannten Ursachen für eine Änderung der C14-Konzen- tration in der Atmosphäre – Produktion, Zerfall, Diffusion – voneinander un- abhängig bzw. voneinander entkoppelt ablaufen, ist eine gegenseitige Kom- pensation nicht zu erwarten. Dabei fällt bekanntermaßen die Konzentrati- onsänderung durch radioaktiven Zerfall so extrem niedrig aus, daß auch an sich gering erscheinende Effekte hinsichtlich der Produktion und der Diffusi- on zu einer signifikanten Änderung der C14-Konzentration in der Atmosphä- re führen werden. Die chronologische Vorsortierung C14-datierter Proben im Sinne einer re- lativen Chronologie führt zwangsläufig in die Irre, wenn ein ausreichend mo- notones Verhalten der C14-Aktivität in der Atmosphäre tatsächlich gar nicht gegeben ist. Demnach ist eine relative Chronologie überhaupt nur für solche 9.7 Proben sinnvoll zu erstellen, deren einzeln vorliegende C14-Alter deutlich weiter auseinanderliegen, als durch die Periode nachgewiesener »wiggle« für diesen Zeitraum gegeben ist. Die einzige zusammenhängende Geschichte über die C14-Vergangenheit der Atmosphäre liegt mit verschiedenen Baum- ringchronologien vor. Die Tatsache, daß ihre Konstruktion fundamental auf, 340 C14-Crash dem mittel- und langfristig monotonen Verhalten der C14-Aktivität basiert, birgt Explosivstoff für alle daran vor- bzw. hilfskalibrierten C14-Chronologi- en, solange die Möglichkeit größerer Schwankungen nicht ausgeschlossen werden konnte (Bilder 9.3-5 und 9.13 ). 9.5 Die Formeln – im einfachsten Fall Wir haben beschrieben, daß für eine C14-Datierung die Restaktivität der un- tersuchten Probe mit den Restaktivitäten einer Folge absolutdatierter Proben abgeglichen werden muß, um so den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem die Probe ihre atmosphärische Kopplung via Stoffwechsel beendete und einen unabhängigen, divergenten Konzentrationsverlauf infolge des radioaktiven Zerfalls startete. Dieser Vergleichsmaßstab, bestehend aus einer Folge absolutdatierter Proben, soll zugleich die Geschichte der atmosphärischen C14-Konzentration repräsentieren, denn jede dieser Proben offenbart mit der gemessenen Restak- tivität unter bestimmten Voraussetzungen die Information über die zum Zeit- punkt ihres Stoffwechselendes herrschende C14-Konzentration in der Atmo- sphäre: Restaktivität und Startaktivität sind solange zueinander äquivalent, wie zwischen den beiden Zeitpunkten – dem des Stoffwechselendes und dem der Messung – die aktuelle Aktivität jeweils nur durch den radioaktiven Zer- fall verändert wurde. Daß diese Äquivalenz eine Illusion ist, spiegelt sich auch darin wieder, daß die zur Messung kommenden Proben z.B. stets che- misch gewaschen werden müssen, um etwaige Kontaminationen insbesondere während der Lagerzeit rückgängig machen zu können. Die Formel für die zeitliche Änderung der Menge oder Dichte A(t) eines radioaktiven Vorkommens, das definitiv keinen Teilchenaustausch mit seiner Umgebung vollzieht, lautet: A(t) = A(t') • e-λ(t-t') IX.1 Damit kann diese bei Kenntnis der Menge A zu irgendeinem Zeitpunkt t' zu jedem beliebigen anderen Zeitpunkt t errechnet werden. Diese Formel ist aus dem Ansatz, daß die Menge an zerfallenden Elementen proportional zu der vorhandenen Gesamtmenge ist, durch eine Integration entstanden. Der ent- sprechende Ansatz lautet: dA ~ -A(t) IX.2 oder gleichbedeutend:, 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 341 dA/dt = -λ • A(t) 9.5 Eine relative IX.3 C14-Chronologie ist nur statthaft, solange die zu- Die Formel A(t) = A(t') • e-λ(t-t') resultiert aus der direkt beobachteten Formel grundeliegenden radiometrischen dA ~ -A(t), und erlaubt unter Kenntnis der seinerzeit vorliegenden Menge Altersdifferenzen größer sind als die A(t') einerseits und der momentan vorliegenden Menge A(t) andererseits die Zeitspanne, dieaus den lokal Umrechnung auf die verstrichene Zeit (t - t'): nachweisbarenSchwankungen plus den ohnehin t - t' = -1/λ • ln[A(t)/A(t')] IX.4 vorliegenden Feh-lern erwächst. Mit- hin müssen die zu ordnenden Proben Die wesentliche Voraussetzung für die Gültigkeit dieser Formel besteht darin, zeitlich gesehen jeweils um viele daß das Vorkommen in seiner Zusammensetzung ausschließlich durch den ra- Jahrhunderte aus- einanderliegen, dioaktiven Zerfall geändert wird. Solange das gegeben ist, liegen Vergangen- um zu einer signi- fikanten Aussage heit und Zukunft der Probe (jedenfalls in radiometrischer Hinsicht) fest und über »älter« bzw. »jünger« zu kom- können unter Kenntnis zweier entsprechender Meßwerte vollständig erschlos- men. Versuchswei-se Synchronisie- sen, d.h. errechnet werden. rungen von Pro-ben, deren C14- Für die Beschreibung der tatsächlichen Umstände – für eine einzelne ab- Daten annäherndgleich sind, führt gestorbene Probe oder für die Atmosphäre als Ganzes – kann diese einfache zu schwerwiegen-den Mißverständ- Formel nicht greifen. Dann muß eine komplette Bilanzgleichung erstellt wer- nissen. den, die alle über den radioaktiven Zerfall hinausgehenden Einflußmöglich- keiten zu berücksichtigen hat. 9.6 Der allgemeine Fall Die eben diskutierte Formel bildet den Spezialfall einer Bilanzgleichung, die alle Ursachen für die zeitliche Änderung einer mengenmäßig bilanzierbaren Meßgröße innerhalb eines bestimmten Volumens berücksichtigt. Diese Bi- lanzgleichung (vergleiche Anhang 9.11) müssen wir automatisch ansetzen, sowie wir nicht mehr ausschließlich den Bereich einer organischen Probe be- trachten, der tatsächlich von jedem weiteren Stoffwechsel isoliert ist. Selbst- verständlich gilt das auch, wenn etwa die Erdatmosphäre als Ganzes zu be- trachten ist. Sie ist nicht isoliert, sondern steht im Austausch mit der Biosphä- re und den Ozeanen. Es werden vier verschiedene Vorgänge unterschieden, die die Zusammen- setzung eines Systems hinsichtlich der zu bilanzierenden Größe beeinflussen können:, 342 C14-Crash 9.8 Ursachen für lokale Änderungen der C14-Konzentration Aufzählung möglicher Ursachen zeitlicher Änderungen dA/dt der Konzentration A von C14 in verschiedenen Systemen führen: Proben, Ozeane, Atmosphäre ± dA/dt ... Probe Ozeane Atmosphäre durch Zufluß ... direkter Um- ... Atmosphäre, + Biosphäre, Sedi- ... Ozeanen, aus ... gebung (Konta-mination) menten, Lava Biosphäre, Vul- etc. kanen ... Atmosphäre, - durch Abfluß ... die direkte Umgebung (De- Biosphäre, Sedi- ... Ozeane, Bio-in ... kontamination) menten, Lava sphäreetc. + durch Produktion ... »in situ« - ... aus N14 - durch Vernich- ... radioaktiven Zerfallstung infolge ... (proportional zur lokalen Konzentration) Der hellgrau unterlegte Bereich in der Spalte »Probe« soll signalisieren, daß hier im Nor- malfall kein Beitrag zur Änderung von A(t) erwartet wird, 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 343 Nr. Einfluß auf die Konzentrationdurch Bemerkung 1. Zuflüsse jeweils über die Volumensbe- 2. Abflüsse grenzungen hinweg 3. Produktion jeweils innerhalb der Volu- 4. Vernichtung mensbegrenzungen Es sei angemerkt, daß im Zusammenhang mit einer isolierten Probe nur der Punkt 4 »Vernichtung« von Bedeutung ist, obwohl zeitweise auch Punkt 3, nämlich eine »in situ«-Produktion von C14, diskutiert, aber letztlich verwor- fen worden ist (vergleiche Kapitel 8.3.3). Tatsächlich ist aber immer mit Zu- und Abflüssen von Kohlenstoff anderer Zusammensetzung zu rechnen, die die im vorangegangenen Abschnitt diskutierte Äquivalenz von Restaktivität und Startaktivität in Frage stellt. Die Tabelle 9.8 identifiziert für verschiedene Systeme die möglichen Bei- träge zur internen Änderung der C14-Konzentration A(t). Die Grautönung der auf die isolierte Probe bezogenen ersten drei Bereiche signalisiert, daß hier im Normalfall kein Beitrag zur Änderung von A(t) erwartet wird und daß folglich nur die Vernichtung durch radioaktiven Zerfall zu berücksichtigen ist. Die oben näher erläuterte Formel IX.3 dA/dt = -λ • A(t) ist tatsächlich nur als ein Spezialfall der allgemeinen Form einer Bilanzglei- chung, die alle 4 Terme berücksichtigt, zu verstehen. Bei den Systemen »Oze- an« bzw. »Atmosphäre« ist die Wechselbeziehung der Zu- und Abflüsse zu erkennen. Wenn diese in der vor- und frühgeschichtlichen Zeit nicht konstant waren, dann gibt es keine realistische Aussicht, daß trotz größerer Änderun- gen über die letzten 12.000 Jahre dennoch ein Quasi-Gleichgewicht mit dem radioaktiven Zerfall eingehalten wurde. Das wesentliche Merkmal der beiden Vorgänge 1 und 2 besteht darin, daß Zu- bzw. Abflüsse (für das betrachtete Volumen gerechnet) immer Ab- bzw. Zuflüsse auf die Umgebung bezogen bedeuten, mit anderen Worten: die derart bilanzierten Mengen bleiben »in der 9.8 Welt«, sie ändern tatsächlich nur ihren Ort (und nicht etwa eine Eigenschaft), indem sie unverändert über die betrachteten Systemgrenzen wandern. Des- halb spricht man auch von Flußtermen. Die beiden Vorgänge 3 und 4 – Produktion und Vernichtung – beschrei- ben dagegen Vorgänge, durch die die Menge des betrachteten Elements »in, 344 C14-Crash 9.9 C14-Verarmung der Atmosphäre Das Bild zeigt den Verlauf der C14-Konzentration, wenn zum Zeitpunkt »5730« die Produktion an C14 und auch alle sonstigen zur C14-Konzentrationsänderung in der Atmsophäre beitragenden Effekte bis auf den radioaktiven Zerfall kom- plett ausgeschaltet werden. Die Konzentration des C14 nimmt nunmehr expo- nentiell in allen Bereichen ab, die der Graphik zufolge von »0« bis »5730« in ei- nem dynamischen Gleichgewicht von Produktion und Zerfall standen. In der Zeit von »5730« bis »11460« weist die Atmosphäre also dieselbe C14-Konzentration auf, wie alle in diesem Zeitraum gestorbenen Organismen. Die obere der beiden abfallenden Kurven spiegelt die Abnahme der Konzen- tration ausschließlich aus dem radioaktiven Zerfall wider und gilt in diesem Fall sowohl für die Atmosphäre als auch für jeden in dieser Zeit gestorbenen Orga- nismus. In einer zugeordneten Kalibrierkurve würde die Kurve jetzt waagerecht verlaufen. Die untere Kurve weist hingegen auf einen zusätzlichen Effekt hin, der zu einer verstärkten Verarmung der Atmosphäre an C14 führt. In einer zuge- ordneten Kalibrierkurve wechselte die Steigung nunmehr das Vorzeichen. Alle in dieser Zeit später abgestorbenen Organismen weisen eine niedrigere Startaktivi- tät als die jeweils zuvor gestorbenen Organismen auf und zeigen somit eine hö- heres C14-Alter als diese., 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 345 der Welt« effektiv zu- oder abnimmt. Es geht also um Anteile der betrachte- ten Menge, die innerhalb des Volumens auftauchen und nicht zugleich ande- ren Systemen entzogen werden, oder die aus dem Volumen verschwinden, ohne in irgendeinem anderen System der Welt wieder aufzutauchen. In gewis- ser Weise kann man sagen, daß sich innerhalb des Volumens eine Eigenschaft ändert. Wie sind diese vier Terme zu interpretieren, wenn wir als Volumen die Erdatmosphäre und als mengenmäßig zu bilanzierende Meßgröße die Anzahl der C14-Atome betrachten? Eine Produktion von C14 geschieht innerhalb der Atmosphäre, indem sich N14-Atome durch Einwirkung kosmischer Strahlung in C14-Atome verwandeln. Die umgehende Oxidation in radioaktives Koh- lendioxid (was natürlich einer »Vernichtung« von C14 im bilanztechnischen Sinne entspricht) wollen wir nur insoweit betrachten, als C14 nunmehr sehr effektiv über die Systemgrenzen – nämlich via Diffusion in die Ozeane und via Stoffwechsel auch in alle Organismen – wandern kann, wodurch die Fluß- terme überhaupt erst zustande kommen können. Während an der Systemgrenze zwischen Atmosphäre und Ozean die Dif- fusionsrate für C14 in beide Richtungen grundsätzlich gleichwahrscheinlich ist, bedingt die Art des jeweiligen organischen Stoffwechsels eine gewisse Bindung des vom Organismus aufgenommenen C14. Es hat eine mehr oder weniger hohe mittlere Aufenthaltsdauer innerhalb des Organismus, die sich für bestimmte Bereiche (Knochen, Holzbereiche) nach dem Stoffwechselende noch einmal schlagartig erhöhen kann. Dieser Effekt ist natürlich die Grund- lage für die C14-Datierung. Eine Vernichtung von C14 geschieht in allen Fäl- len ausschließlich durch den radioaktiven Zerfall. Unter welchen Bedingungen kann nun der Zustand der Atmosphäre hin- sichtlich der Konzentration von C14 stationär werden, wobei wir Ausgleichs- vorgänge aus Konzentrationsschwankungen von C14 innerhalb der Atmo- sphäre außer acht lassen wollen? Da die vier Terme, die zur zeitlichen Ände- rung der Konzentration von C14 beitragen, bis auf den Vernichtungsterm (denn der ist stets proportional zur Menge der aktuellen Konzentration), von- einander unabhängig sind, muß jeder einzelne entweder null sein oder sich mit einem anderen gesetzmäßig (also nicht zufällig) aufheben. Wir müssen aber grundsätzlich davon ausgehen, daß sowohl die Flußterme (insbesondere 9.9 für den Übergang »Atmosphäre " Ozean«) als auch die Produktionsrate sel- ber auf voneinander unabhängigen und zudem zeitlich variablen Ursachen be- ruhen und daß es grundsätzlich kein Gleichgewicht gibt, das auf der gleich- zeitigen, über Tausende von Jahren währenden Konstanz der Ursachen für die ursächlich entkoppelten Terme beruht., 346 C14-Crash 9.10 Ozeanische Makroströmungen – »Conveyor Belt« »Wie ein Förderband verteilt ein großräumiges Strömungssystem kaltes, salzrei- ches Tiefenwasser, das vor Grönland absinkt, über die Weltmeere (...). Zum Ausgleich strömt warmes Oberflächenwasser im Atlantik nordwärts. Die von ihm transportierte Wärme hat große Auswirkungen auf das Klima in den angren- zenden Regionen (...)« [Broecker 1996; Graphik aus Broecker 1992]. Da Pazifik und Nordatlantik völlig unterschiedliche Strömungsverhältnisse aufweisen [vgl. Maier-Reimer 1996, 25], ist davon auszugehen, daß auch die Wechselwirkung mit der Atmosphäre hinsichtlich des C14-Gehaltes sehr unter- schiedlich ausfällt. Angesichts der Stärke der Produktions- bzw. Flußschwankun- gen, die für die Erzeugung der empirisch bekannten »wiggle« aufgebracht wer- den müssen, sind global gesehen C14-Schwankungsmuster völlig unterschiedli- cher Art zu erwarten. Ein Vergleich dieser Muster ist dann nicht mehr möglich. Das transatlantische »wiggle-matching« für die Europäischen Eichenchronologien hat in die Irre geführt., 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 347 Diese Annahme wird beispielsweise durch das großräumige Strömungs- verhalten innerhalb der Ozeane nahegelegt, das zeitlichen Änderungen unter- liegt und damit – durchaus örtlich begrenzt – einmal jüngeres, das andere Mal wiederum älteres Wasser an die Oberfläche bringen kann und damit immer wieder Ungleichgewichte gegenüber der aktuellen Atmosphärenzusammen- setzung hinsichtlich C14 hervorruft. Die damit verbundenen Ausgleichs- prozesse schreiben eine Geschichte der atmosphärischen C14-Konzentration, die die ausgewiesene mittel- und langfristige Stationarität in den bekannten Kalibrierkurven konterkariert. Ist das an die Oberfläche kommende Wasser arm an C14 (weil der letzte atmosphärische Austausch relativ lange zurückliegt und der einstmalige Be- stand durch radioaktiven Zerfall im Laufe der Zeit entsprechend dezimiert wurde), so verarmt die Atmosphäre mehr oder weniger schnell an C14 – je- denfalls schneller als durch radioaktiven Zerfall allein –, indem mehr C14 in den Ozean diffundiert als umgekehrt. Ist das an die Oberfläche kommende Wasser hingegen stark mit C14 angereichert, so tritt der umgekehrte Effekt auf. Das Bild 9.10 veranschaulicht das globale Strömungsbild in den Ozea- nen. Es ist unmittelbar klar, daß die atmosphärische Zusammensetzung auf diese Weise sehr stark an Änderungen globaler Strömungsmuster gekoppelt ist – und daß der »Fahrplan« für diese Änderungen in den Strömungsmustern auch nicht in herkömmlicher Weise über C14 datiert werden darf (vergleiche Peng [1989]). Unterschiedliche Modelle für den Zustand der Ozeanströmungen sind auch im Hinblick auf die Änderung der C14-Konzentration der Atmosphäre gerechnet worden [Meier-Reimer/Mikolajewicz 1989; Stocker et al. 1992; Wright/Stocker 1993; Lehman et al. 1993]. T.F. Stocker und D.G. Wright betonen die sensible Abhängigkeit der C14-Uhr von einer Änderung des Isotopeninhalts der Ozea- ne: »Um die Geschwindigkeit der Radiokarbonuhr um 100% zu ändern, be- darf es einer Änderung im C14-Inventar der Ozeane lediglich um wenige zehntel Promille« [1996, 776]. In Bild 9.11 wird der quantitative Zusammen- hang noch einmal aufgeschlüsselt. Die beiden Autoren betonen allerdings, daß trotz drastischer Änderungen im Zirkulationsverhalten nur »sehr maßvol- le« Änderungen im Isotopengehalt der Ozeane errechnet würden. Wir stellen allerdings fest, daß die Modelle stets erst über einen Zeitraum in der Größen- 9.10 ordnung von 12.000 Jahren in einen stationären Zustand relaxiert werden müssen, um überhaupt zu interpretationsfähigen Ergebnissen zu kommen. Die gegenseitige Zügelung der Zu- und Abflüsse in einer Weise, daß am Ende ein annähernd stationäres Gleichgewicht durch den nur als i-Tüpfelchen zu bezeichnenden radioaktiven Zerfall zustande kommt, ist nicht zu erwarten., 348 C14-Crash 9.11 Zeitdilatationen Die obere Kalibriergerade, die unter permanenter Anreicherung von C14 ent- steht und entsprechend steiler als die für stationäre Verhältnisse stehende Gera- de ist, hätte zwar dramatische Auswirkungen auf etwaige C14-Datierungen – C14-Alter müßten nunmehr halbiert werden, um das richtige Absolutdatum wie- derzugeben –, käme jedoch unter ausgesprochen moderaten Vorgängen in der Natur zustande. Innerhalb der betrachteten 1.000 Kalenderjahre hätte es eine Anreicherung der Atmosphäre mit C14 um lediglich 12% geben müssen. Stocker und Wright zufolge [1996, 776] genügte eine entsprechende Änderung um 2‰ (i.W.: zwei Promille) innerhalb des ozeanischen Inventars, um diesen Effekt der Beschleunigung der C14-Uhr um 100% hervorzurufen. Die angebliche Gangge- nauigkeit der C14-Uhr um ganze 10% über 12.000 Kalenderjahre ist bezogen auf das ozeanische Inventar ohnehin nicht zu verifizieren, da ein Nachweis im ppm- Bereich (millionstel) meßtechnisch und chro- nologisch außer Diskussion steht. Für das unterstellte Ungleichgewicht, das zu besagter Anreicherung im C14-Inventar der Atmosphäre in der Größenordnung von 1% pro Jahrhundert führt, können unterschiedliche Gründe verantwortlich sein. Die Ursache kann zum Beispiel in einer schlagartigen »C14-Un- tersättigung« der Atmosphäre bei ansonsten gleichbleibender C14-Produktion liegen und durch folgende Vorgänge verursacht worden sein: 1) Verringerung des C14-Gehaltes der Ozeane durch Einspeisung »fossilen Wassers« kos- mischen Ursprungs [Blöss 1991, 76 & 89], 2) Hochschwemmen fossilen Tiefenwassers durch Impakt eines großen Himmelskörpers in einen der Ozeane [Blöss 2000], 3) Erhöhung der Löslichkeit der Ozeane be- züglich Kohlendioxid CO2 durch Tempera- turänderung. Die Punkte 1) und 2) (oben) bilden den Rahmen für ein »Sintflutereignis«. Eine andere mögliche Ursache für die permanente Anreicherung im C14-Inventar der Atmosphäre liegt in einer Erhöhung der C14-Produktion, die auf externe oder interne Veränderungen zurückgeführt werden kann. 1) Eine Steigerung der C14-Produktion kann zum Beispiel durch Abschwächung des irdischen Magnetfeldes oder durch Erhöhung der Stickstoffdichte in der fraglichen Atmosphärenregion ausgelöst werden. 2) Sie kann auch durch Verstärkung der kosmischen Strahlung zum Beispiel in- folge von Änderungen in der Sonnenaktivität ausgelöst werden., 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 349 Vielmehr muß mit einem mittel- und langfristigen zeitlichen Verhalten der 9.6 Gegenüber derAuswirkung von C14-Konzentration in der Atmosphäre gerechnet werden, das sich im Ver- Produktion undDiffusion auf die gleich zur Änderungsrate allein durch den radioaktiven Zerfall als nachgerade Konzentration desC14 in der Atmo- erratisch herausstellen könnte. sphäre ist ihreMinderung durch radioaktiven Zer- fall ein unbedeu- tender Beitrag. Die Annahme, daß 9.7 Libbys Grundannahmen sich Produktion und Diffusion ge- rade so einstellen, Libbys Bilanz für C14 berücksichtigte im Zusammenhang mit der Datierungs- daß am Ende im- mer der Zerfall frage nur zwei Posten: Die Produktion von C14 in der oberen Atmosphäre kompensiert wird,ist die unwahr- und sein allgegenwärtiger Zerfall in all den Kohlenstoffdepots der Erde, die scheinlichste allerdenkbaren Alter- in irgendeiner Weise mit der Atmosphäre im Austausch stehen bzw. einmal nativen. gestanden haben – insbesondere natürlich sein Zerfall in lebendigen wie toten Organismen. Seine Bilanzgleichung kannte demnach nur Terme aus Produkti- on und Vernichtung innerhalb des gesamten Systems, nicht aber die aus Zu- und Abflüssen über die einzelnen Systemgrenzen. Sein Argument für diese Vereinfachung lautete: »Egal, welchen Teil eines Kohlenstoffdepots ich be- trachte, stets ist der Nettofluß in dieses Teilsystem hinein gerade so groß wie die Zerfallsmenge innerhalb des Systems, weil die Durchmischung immer und überall gegeben ist.« Diese Durchmischung sollte insbesondere für die Atmosphäre gültig sein, in der das C14 in rund 15 km Höhe und schwerpunktmäßig in den Polarregio- nen produziert wird. Die Atmosphäre bildet allerdings mit rund 1.6 % nur den kleinsten Teil des gesamten Kohlenstoffreservoirs der Erde. Den Löwenanteil daran halten die Ozeane. Da alle Reservoire – von tieferen Ozeanschichten abgesehen – nachweislich eine ähnliche Aktivität von C14 aufweisen, kann man 1) von der relativen Konzentration des C14 von rund 1.5 • 10-10 %, sowie 2) von dem auf 42 • 1015 kg geschätzten Gesamtkohlenstoffvorrat auf weltweit vorhandene rund 62 Tonnen C14 schließen. Von diesen 62 Ton- nen zerfiele demnach jährlich der 1/8266ste Teil radioaktiv, also ca. 7.5 kg. Im Rahmen von Libbys Modell muß dann die jährliche Produktionsrate in der oberen Atmosphäre (im Mittel) ebenfalls 7.5 kg betragen, damit in jedes Teil- 9.11 reservoir gerade soviel C14 einfließen kann, wie auch zerfällt. Es sei betont, daß diese Produktionsrate seit 50 Jahren in der Literatur geführt wird, ohne daß sie jemals genau bestimmt werden konnte30. 30 Diese Produktionsrate ist der »gesunde Spinat« der C14-Wissenschaft ..., 350 C14-Crash 9.12 Wider das Fundamentalprinzip und ... Diese Graphik [Willis et al. 1960] über C14-Aktivitätsschwankungen in der At- mosphäre brachte 1960 Unruhe in die bis dahin noch selbstsichere C14-Ge- meinde. Diese war zuvor anläßlich ähnlicher von de Vries veröffentlichter In- formationen [de Vries 1958] noch gelassen geblieben. Es dauerte bis 1970, ehe maßgebende Wissenschaftler die Bristlecone-Pine-Chronologie als gültigen zeitli- chen Maßstab für die C14-Konzentration der Atmosphäre bestätigten, wodurch wieder Ruhe und Zuversicht einkehrte. 9.13 ... das Simultanitätsprinzip Es mußte erst ein Historiker kommen, um der C14-Gemeinde »die Leichen in ihrem Keller« zu zeigen. In dem Jahr, in dem der Weltöffentlichkeit endlich ein universell gültiger Kalibriermaßstab für die C14-Methode präsentierte wurde, diskutierte W. Shawcross in der Historikerzeitschrift WORLD ARCHAEOLOGY eine ganz andere Baumringchronologie, die an sich Schlimmstes für die Praktikabilität der C14-Methode ahnen ließ [Shawcross 1969]. Diese Baumringchronologie stammte aus Neuseeland und hatte den Vorteil, sich auf einen einzigen sehr alt gewordenen Kauri-Baum zu beziehen. Die ausgezählten und C14-vermessenen Baumringe aus Neuseeland erzeugten über ca. 1.000 Jahre einen viel steileren Anstieg der Kalibrierkurve, als von der Bristlecone-Pine-Chronologie selbst aus- gewiesen wurde (vergleiche Bilder 2.8 / BCP und 2.4 / Kauri) ..., 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 351 ... Nur mit noch einmal 50% Fehlringen wäre diese neuseeländische Kurve mit der aus Amerika zur Deckung zu bringen gewesen [Jansen 1970, 272]. Doch Bo- taniker wiesen im Gegenteil darauf hin, daß der Kauri-Baum zur Ausbildung von Doppelringen und nicht von Fehlringen neige, wodurch die Diskrepanz tendenzi- ell sogar noch verschärft wurde [Shawcross 1969, 192]. Jansen hatte – vermut- lich im Bewußtsein der Brisanz seiner Resultate – die Qualität seines Labors mit Baumproben verifiziert, die zuvor von drei verschiedenen europäischen Labors vermessen worden waren. Tatsächlich hatten die Meßwerte aus Neuseeland bereits seit 1962 vorgele- gen und waren dem Fachpublikum anläßlich des 12. Nobel Symposiums im schwedischen Uppsala nur erneut in unveränderter Form vorgehalten worden. Eigentlich wäre C.W. Ferguson, der ungefähr 1963 in die entscheidende Phase seines Projektes zur Erstellung einer kompletten Baumringchronologie getreten war, gezwungen gewesen, sich für seine kalifornischen Borstenkiefern die Ten- denz dieser Kurve anstatt die der Stationarität zum Vorbild zu nehmen. Schließlich war man sich darüber einig, daß die C14-Werte – wenn sie schon nicht konstant waren – auf der ganzen Welt einheitlich schwanken sollten. Ge- nau genommen macht der Begriff der Schwankung im Zusammenhang mit der Neuseeländischen Kalibrierung überhaupt keinen Sinn, denn hier gab es einen klaren Trend ohne Neigung zur Rückkehr in einen sogenannten stationären Zu- stand. Im Hinblick auf die vielfältig dokumentierten Exzeßproduktionen, die für die Erklärung der »wiggle« herangezogen werden müssen, wäre der stationäre Trend der Bristlecone-Pine-Kalibrierkurve reiner Zufall, der nichtstationäre Trend der Kauri-Kalibrierung hingegen ein grundsätzlich auch zu erwartender Nichtgleichgewichtszustand. 9.12 9.13, 352 C14-Crash Die Produktionsrate von rund 7.5 kg/y ist äquivalent zu der Annahme ei- nes »an jedem Ort auf der Erde identischen lokalen Gleichgewichtes zwi- schen Produktion und Zerfall«. Von diesen 7.5 kg verbliebe natürlich nur ein geringer Teil in der Atmosphäre – nämlich ca. 0.12 kg –, der überwiegende Rest verschwände dann jeweils in den Ozeanen und in der Biosphäre. Bei separater Betrachtung der Atmosphäre taucht also auch unter Libbys restriktivem Modell ein »Flußterm« auf: Über 98% des in der oberen Atmo- sphäre produzierten C14 wandert schließlich über die Systemgrenzen in die Ozeane bzw. in die Biosphäre ab. Der Fluß in die Ozeane erfolgt nicht auf Stoffwechselbasis, sondern hängt auf lineare Weise (wegen der äußerst nied- rigen Konzentrationen) von den Konzentrationsgradienten ab, d.h. jede Erhö- hung der C14-Konzentration in der Atmosphäre wird zu einer entsprechenden Erhöhung der Diffusion von C14 aus der Atmosphäre in die Ozeane führen – und umgekehrt. Aufgrund dieser linearen Kopplung bildet sich die Schwan- kung der Produktionsrate gleichermaßen in der Atmosphäre wie auch im Oberflächenwasser der Ozeane ab. Libbys Ur-Modell für die C14-Methode ging von einer konstanten Pro- duktion des C14 aus, und nur darauf führte er auch die relativ homogenen Verhältnisse in allen ihm seinerzeit meßtechnisch zugänglichen Reservoiren der Erde zurück: Unter gleichbleibenden Produktionsverhältnissen müßte am Ende alles homogen durchmischt sein. Doch diese Annahme von der konstan- ten Produktion schien unhaltbar, als Messungen an langen Baumringsequen- zen Abweichungen von der dann zu erwartenden Kurve aufzeigten (verglei- che Bild 9.12 ). Es ist bezeichnend, daß eine Modulation des Diffusionsver- haltens von C14 in die Ozeane, die schließlich dasselbe Phänomen hervorru- fen würde, nicht diskutiert worden war. Daß aber ohne Diffusion die nachge- wiesene Art der Schwankungen (in Form der Mehrdeutigkeit der heute ge- messenen Restaktivitäten bzw. C14-Alter) gar nicht erklärt werden konnte, wurde einfach übersehen. Die C14-Gemeinde schwächte Libbys Fundamentalannahme in Richtung auf ein Simultanitätsprinzip ab. Danach würden als Reaktion auf Produktions- schwankungen in allen (archäologisch interessanten) Kohlenstoffdepots die C14-Aktivitäten an allen Orten der Erde stets synchron schwanken. Speziell müßten also alle gleichzeitig wachsenden jahrringbildenden Bäume auf der ganzen Welt allfällige Schwankungen des C14-Gehaltes der Atmosphäre glei- chermaßen dokumentieren (dagegen allerdings Bild 9.13 ). Hätte man hier die Modulation des Diffusionsverhaltens von C14 als Ursache für die ausgewie- senen Schwankungen erwogen und untersucht, wäre niemals ein Simultani-, 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 353 tätsprinzip erdacht worden, weil ein global gleichförmiges Diffusionsverhal- 9.7 Eine quantitati-ve Analyse der ten natürlich nicht zu erwarten ist. »wiggle« hätte lo-kale C14-Diffusio- Daß dieses auch nicht unterstellt werden darf, zeigen immer wieder die er- nen enormen Aus-maßes aufgedeckt ratisch auseinanderliegenden C14-Daten archäologisch als gleichaltrig zu be- und damit unmit-telbar das Ende trachtender Proben (vergleiche zur grundsätzlichen Schwäche des Simultani- der C14-Methodeeingeläutet. Statt- dessen wurden tätsprinzips zusammenfassend das Bild 4.6 ). Solange also die Fachliteratur »Produktions- schwankungen« zur Interpretation der »wiggle« ausschließlich von Schwankungen der Pro- als Erklärung her- angezogen, um duktionsrate für C14 infolge etwa der Veränderung des Erdmagnetfeldes oder sich auf den Effekt schneller globaler der Sonneneinstrahlung spricht, kann trotz aller Probleme mit dem Simultani- Mischung in derAtmosphäre zur tätsprinzip kein unmittelbarer Zweifel an ihm aufkommen. Das Simultani- Legitimation des»wiggle-matching« tätsprinzip konnte nur erdacht werden, weil die Erde noch nicht als zusam- berufen zu kön-nen. Aus der Tat- menhängendes Ökosystem gedacht wurde. sache, daß diesesachlich falsche Begründung nie- mals in Frage ge- stellt wurde, darf 9.8 Der grundlegende Mangel von Libbys Modell auf die schlechtewissenschaftliche Basis der C14-Me- Mit dem Befund lokal schwankender C14-Konzentrationen auf dem Schreib- thode geschlossenwerden. tisch und der Idee im Kopf, daß diese global gleichförmig stattfinden, hätte insbesondere erklärt werden müssen, wie lebende Organismen weltweit auf gleiche Weise ein C14-Alter entwickeln können, das höher als das C14-Alter zuvor gestorbener Organismen lag, denn genau das stand in den gemessenen C14-Schwankungen bzw. »wiggle« geschrieben. Dieser Effekt kommt nur zu- stande, wenn der C14-Gehalt der Atmosphäre stärker sinkt als der C14-Ge- halt in gerade gestorbenen Organismen durch den radioaktiven Zerfall (vgl. dazu die schematische Darstellung in Bild 9.9 ). Da für die Annahme eines negativen Produktionsterms keinerlei Anlaß be- steht und selektive Diffusion von C14 in die Ozeane (also einer Diffusion, der die entsprechenden C12-Verbindungen nicht unterliegen) auszuschließen ist, kann der fragliche Effekt nur durch Einspeisung von C12 in die Atmosphäre auftreten. Damit kommt ein Flußterm ins Spiel, der tatsächlich weder zeitlich noch örtlich als konstant angenommen darf und dessen Vernachlässigung die Suche nach einem (angeblichen) Gleichgewichtszustand in die Irre leiten muß. Weder Libbys noch irgend ein anderes Modell kann auf ein selektives Verschwinden des C14 vom Ort seiner Produktion in der oberen Atmosphäre direkt in den Ozean oder in irgend ein anderes Reservoir bauen. Solange sich das entstandene C14 relativ rasch mit Sauerstoff zu Kohlendioxid verbindet, mischt es sich zwangsläufig mit dem »normalen« Kohlendioxid, das ein C12- Atom enthält. Das bedeutet unmittelbar, das jedes Mehr an C14 – etwa durch eine gestiegene Produktion – sich global in einer erhöhten Aktivität der, 354 C14-Crash gleichzeitig lebenden Organismen widerspiegeln muß. Das Stichwort an die- ser Stelle lautet »irreversible Vermischung«: Die Mischung des produzierten C14 mit C12 – in Gestalt des Kohlendioxid – ist unwiederbringlich und des- halb kann C14 unter keinen Umständen separat über die Systemgrenzen in die Ozeane verschwinden. Es gibt an dieser Stelle mit Sicherheit auch keine ent- sprechenden Isotopieeffekte. Während die Produktion (durch kosmische Be- strahlung des Luftstickstoff N14) und Vernichtung (durch radioaktiven Zer- fall) unabhängig von C12 (aber durchaus abhängig von der Stickstoffkonzen- tration N14) abläuft, sind also die Zu- und Abflüsse stets zusammen, d.h. in Mischung mit C12 zu betrachten. Libbys Modell ohne Flußterme kennt demnach kein Sinken des atmosphä- rischen C14-Gehaltes unter das Niveau, das in irgendeinem zuvor gestorbe- nen Organismus – in dem die sprichwörtliche C14-Uhr tickt – herrscht. Die Produktion kann beliebig abfallen (oder sogar auf Null gehen), dennoch muß innerhalb des Libbyschen Modell ein Organismus immer ein niedrigeres (oder höchstens gleiches) C14-Alter haben wie jeder andere vor ihm gestor- bene Organismus. Solange keine zusätzlichen Flußterme berücksichtigt wer- den, hebt jede noch so geringe Produktion an C14 die aktuelle Aktivität des atmosphärischen Reservoirs über die bereits am Sinken befindliche Aktivität der vom Stoffwechsel ausgeschlossenen Reservoire. Der einzige Weg, wie ein Organismus ein höheres C14-Alter aufweisen kann als ein tatsächlich vor ihm gestorbener Organismus, besteht in der zwi- schenzeitlichen Anreicherung der Atmosphäre mit Kohlendioxid, das entspre- chend verarmt an C14 ist. Nur so kann das dendrochronologisch aufgedeckte kurzfristige Schwanken der C14-Konzentration in der Atmosphäre erklärt werden, das insbesondere einen periodisch wiederkehrenden retrograden (ge- genläufigen) Verlauf des C14-Alters aufweist. Deshalb muß das Libbysche Modell von Produktion und Zerfall des C14 durch Zu- und Abflüsse von at- mosphärischen Bestandteilen mit unterschiedlichem C14-Gehalt erweitert werden. Es ist bezeichnend, daß diese Zusammenhänge niemals in Verbindung mit den Grundlagen der C14-Methode gesehen werden. Insbesondere die europäi- schen Dendrochronologen müßten diese Zusammenhänge aber brennend in- teressieren, da sie ihre Eichenchronologien nach den C14-Mustern der ameri- kanischen Bristlecone-Pine-Chronologie synchronisiert haben und dabei na- türlich elementar auf die Gültigkeit des Simultanitätsprinzips angewiesen wa- ren. Sind diese sich überhaupt der Brisanz bewußt, die für die Grundlagen der C14-Methode in den von ihnen selbst offengelegten C14-Mustern liegt? Aus dem tatsächlichen Ausmaß der Schwankungen des atmosphärischen C14 muß, 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 355 geschlossen werden, daß die jeweilige atmosphärische Konzentration von C14 nicht von dem Zusammenspiel von C14-Produktion und C14-Zerfall be- stimmt wird, sondern hauptsächlich von dem Zusammenwirken von C14-Pro- duktion und ozeanischer C12-Eingasung (für das Ausmaß der Produktions- schwankungen vergleiche beispielsweise Bilder 9.3-5 und ebenfalls 9.14 ). Unser vorweggenommenes Fazit lautet: Der C14-Zerfall bildet gegenüber der C12-Eingasung tatsächlich nur eine eher geringe Korrektur (1% Zerfall des C14-Bestandes innerhalb von 83 Jahren) an dem von anderen Ursachen regu- lierten C14-Anteil in der Atmosphäre. Eine dendrochronologisch rekonstruierte Kalibrierkurve repräsentiert die C14-Historie der Atmosphäre. Die veröffentlichten Kurven weisen nun über ihre Länge von mehr als 12.000 Jahren einen Verlauf aus, der ein annähern- des Gleichgewicht von Produktion und Zerfall widerspiegelt, obwohl dieses Zusammenspiel gar nicht ausschlaggebend sein kann. Auf jeweils kurze Zeit- abschnitte fokussiert ergibt sich denn auch ein völlig anderes Bild: Phasen hoher Produktionsrate (Faktor 2 bis 20 über »normal«) werden von Phasen starker Eingasung fossilen Kohlendioxids überlagert, in denen das C14-Alter einen retrograden Verlauf nimmt. Dabei kann für die Zunahme der C14-Kon- zentration in der Atmosphäre statt einer Erhöhung der Produktionsrate teil- weise auch eine Abschwächung der Diffusion des C14 von der Atmosphäre in die Ozeane verantwortlich sein. Es wäre nun purer Zufall, wenn die übergeordnete Tendenz aus dem Zu- sammenspiel dieser Mechanismen mit der ungleich »zarteren« Dynamik von Produktion und Zerfall übereinstimmen würde. Wir müssen deshalb vermu- ten, daß die dendrochronologische Konstruktion der Kalibrierkurven von dem Libbyschen Modell infiziert ist und tatsächlich zu ganz anderen Ergebnissen führen müßte. 9.9 Der Widerspruch zwischen globaler und lokaler Struktur der Kalibrierkurven Zwischen der lokalen Struktur der Kalibrierkurven auf der einen Seite und ih- rer globalen Struktur auf der anderen Seite besteht eine Diskrepanz: ! Die lokale Struktur der ausgewiesenen dendrochronologisch gewonnenen Kalibrierkurven ist als Ausdruck ursächlich entkoppelter, stark veränderli- cher C14-Produktion und C12-Diffusion sowie des gegebenen, allerdings vergleichsweise schwachen und deshalb unbedeutenden radioaktiven Zer- falls zu interpretieren., 356 C14-Crash 9.14 Exzeßproduktionen Wir geben an dieser Stelle zwei weitere Beispiele für drastische Änderungen der C14-Konzentration in der Atmosphäre. Vorausgesetzt, daß der Konzentrations- anstieg jeweils direkt von einer Produktionssteigerung abhängt, signalisiert die Graphik auf dieser Seite [Vogel et al. 1969, 1144] einen ebenfalls drastischen An- stieg der Produktion um das 6-fache (von Jahrring 150 auf Jahrring 180 im obe- ren Plot), bezogen auf das (fiktive) stationäre Niveau von 7.5 kg C14 pro Jahr. Für die Graphik auf der rechten Seite [Mook et al. 1972, F34] ist ein Anstieg um mindestens das 12-fache dieses Niveaus zu verzeichnen. Die Autoren dieser Studie weisen zwar ausdrücklich auf die aus der Graphik zu ersehenden Zahlen hin – »Anstieg der C14-Aktivität um rund 2.5% in 15 ± 6 Jahren« [Mook et al. 1972, F27], stoßen aber nicht zur quantitativen Betrachtung der Konsequenzen für die Ursachen dieses Phänomens vor. Ähnliches berichtet mit 3% Änderung in rund 10 Jahren auch W. Dyck [1965, 440]., 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 357 Ein weiteres Beispiel ist in den Bildern 9.3-5 zu finden, wo auch die rechnerische Umsetzung erläutert wird. Dort wird der Zusammenhang zwischen dem von der Stationarität abweichenden Kurvenverlauf einerseits und der Exzeßproduktion für C14 andererseits erklärt. 9.14, 358 C14-Crash ! Ihre übergeordnete Struktur erscheint dagegen als Ergebnis eines seit 12.000 Jahren währenden annähernden Gleichgewichtes zwischen C14- Produktion und C12-Diffusion einerseits und radioaktivem Zerfall von C14 andererseits. Die Kalibrierkurven setzen damit voraus, daß jede die stationären Verhältnis- se übersteigende Produktion von C14 durch eine entsprechende C12-Diffusi- on derart kompensiert wurde, daß ein verbleibender marginaler Überhang des atmosphärischen C14 nun durch den radioaktiven Zerfall beseitigt werden konnte. Der Widerspruch besteht darin, daß sich der derart hergestellte Zu- sammenhang aus keinem vernünftigen Naturprinzip ableiten läßt. Es gibt grundsätzlich nur zwei Erklärungsansätze für die von den Kali- brierkurven ausgewiesene Konstellation: Entweder wird das Kräftepaar von Produktion und Diffusion durch einen bislang unbekannten Mechanismus so geregelt, daß die Produktion ständig weitgehend von der Diffusion kompen- siert wird (und nur der verbliebene kleine Rest dem radioaktiven Zerfall zur Neutralisierung überlassen bleibt). Oder aber die Konstruktion der Kalibrier- kurve ist grundsätzlich falsch. Für den ersten Erklärungsansatz ist eine vernünftige Verankerung in be- kannten dynamischen Modellen nicht zu bekommen und braucht von daher nicht weiter verfolgt zu werden. Der zweite Erklärungsansatz impliziert, daß die Idealkurve (die »Winkelhalbierende«), die dem Libbyschen Modell des Quasigleichgewichts zwischen Produktion und Zerfall entspricht, als Vorbild für die Konstruktion der Baumringsequenzen hergehalten haben muß, obwohl tatsächlich eine ganz andere Kurve hätte folgen müssen. Mithin hat die Dendrochronologie in einer entscheidenden Phase das methodische Hand- werkszeug vollständig von der C14-Wissenschaft bezogen und konnte (oder wollte auch) einen in dieser Folge gemachten eklatanten Fehler mit eigenen Mitteln nicht entdecken bzw. nicht wieder rückgängig machen. Diese Vermutung findet sich für alle Europäischen Eichenchronologien von Bedeutung bestätigt. Grundsätzlich wurde das konstruktive Regime für die Vordatierung einzelner Baumringsequenzen an die C14-Methode abgege- ben. Dabei bediente man sich des Libbyschen C14-Modells, in dem lokale Ungleichgewichte nicht vorkommen und somit für überregional gefundene Baumringsequenzen eine relative Chronologie – die Abfolge von früher und später – erstellt werden durfte. Die Hilfestellung durch C14 erfolgte dabei auf drei Ebenen. Sie diente ! der Zuordnung einzelner Baumringsequenzen untereinander, ohne bereits an einem Absolutdatum interessiert zu sein,, 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 359 ! der »tentativen Absolutdatierung« zusammengefaßter »schwimmender« Master gegenüber kompletten Mastern von beliebigen Orten der Erde durch radiometrischen Mustervergleich (»wiggle-matching«), um Lücken zu lokalisieren und zu quantifizieren, ! dem Auffinden von Material, um besagte Lücken zu schließen. Zu einem das Postglazial umfassenden Kalender kommt die Dendrochronolo- gie durch jahrgenaue Synchronisierung unterschiedlich alter, jedoch mit zeit- licher Überlappung gewachsener Bäume. Dieser Kalender enthält Jahr für Jahr den mittleren charakteristischen Wuchswert für den entstandenen Baum- ring. Dabei ist der Dendrochronologe unbedingt auf die klimatische Zusam- mengehörigkeit der Wuchsorte der betrachteten Baumringsequenzen ange- wiesen. Nur so ist die ähnliche Ausbildung der einzelnen Ringdicken als Re- aktion auf ein einheitliches Mikroklima und damit die wichtigste Vorausset- zung für ihre Synchronisierbarkeit gewährleistet. De facto waren die mit dem Projekt »Postglaziale Baumringchronologie« befaßten europäischen Dendrochronologen ganz schnell mit einem Stadium konfrontiert, in dem sie dann für lange Zeit lediglich über »schwimmende« Baumringsequenzen aus unterschiedlichen Wuchs- und damit unterschiedli- chen Klimagebieten verfügten, die sie nicht ohne weiteres zu einer übergeord- neten durchgehenden Sequenz zusammenfügen konnten. Daß mit dieser Si- tuation ein permanenter Zwang zum Methodenwechsel verbunden war, moch- ten die Dendrochronologen nicht gern zugeben und sprachen offiziell lieber von »Fundproblemen«, die auf Dauer gelöst werden könnten. In der Regel entstanden also nur lokale Synchronismen und man hoffte, daß nach Beibrin- gung weiteren Materials wenigstens Brücken zwischen den regional unter- schiedlichen Sequenzen geschlagen werden konnten. Auch ohne das Lückenproblem gab es grundsätzlich zu wenig sichere im- manente Anhaltspunkte, nach denen beurteilt werden konnte, welche schwim- mende Sequenz die ältere und welche die jüngere war oder wie groß über- haupt der Altersunterschied jeweils sein mochte. Man war damit immer wie- der auf externe Hilfe angewiesen, um die Lage der schwimmenden Sequenzen zueinander soweit eingrenzen zu können, daß die ganz normale »Maschine- rie« der Dendrochronologie auf die zu prüfenden Synchronismen angesetzt werden konnte. Das »Dilemma des Dendrochronologen« [Baillie 1990, 18] war dabei allgegenwärtig, weil immer wieder entschieden werden mußte, ob ein gefundenes Holz zu einem der bereits aufgebauten Master paßte, oder ob es etwa als das erste Fundstück für eine der (noch) vorhandenen Lücken zu be- trachten war. Je sicherer man sich allerdings durch eine mit externen Mitteln, 360 C14-Crash 9.15 Tentative Absolutdatierung schwimmender Baumringsequenz Vergleich des C14-Trends innerhalb der Chronologie »Donau 3/10 - Main 3« [zusammenfassend Becker/Frenzel 1977] mit Daten der Bristlecone-Pine-Chro- nologie, die von H.E. Suess [1970a] u.a. auf dem 12. Nobel-Symposium von 1969 in Uppsala vorgestellt worden war. Vergleiche hierzu auch Bild 2.13 , das die radikale Plazierung schwimmender Sequenzen aus der Süddeutschen Eichenchronologie mit Hilfe des »wiggle-mat- ching« dokumentiert, dazu vorausgegangene Versuche von Ferguson et al. 1966 in Bild 2.5 und von Suess 1970 in Bild 5.7 . Noch 1977 galt dieses Verfahren bei den Irischen Kollegen allerdings als widerlegt und damit verpönt (siehe nächstes Bild 9.16 ). Doch kurz darauf wurde von ihnen dieser Widerstand aufgegeben. Wir vermuten, weil die Konstruktion der Irischen Eichenchronologie seit langem stagniert hatte und nur so noch ein Fortkommen zu erreichen war., 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 361 gewonnene Vordatierung sein durfte, desto geringer fiel das Risiko aus, das 9.8 Mit der Abstüt-zung auf die C14- Dilemma falsch aufzulösen. Die Verwendung von C14-Datierungen ist nur Methode geriet dieDendrochronolo- auf den Respekt vor diesem Dilemma zurückzuführen. Übersehen wurde da- gie, die wegendringend benötig- bei aber, daß die entscheidende Voraussetzung für die Vertrauenswürdigkeit ter Vordatierungenin Not war, vom eines C14-Datums bzw. eines C14-Musters, die Gültigkeit des Simultani- Regen in die Trau-fe. Während bei der Beurteilung al- tätsprinzips, nicht gegeben war. ler potentiell mög- lichen Synchroni- Es wurden in Europa nicht nur die schwimmenden Eichenchronologien täten mit eigenen Mitteln unbestreit- auf der Basis der Zuordnung einzelner C14-Daten errichtet, sondern diese au- bar keine ausrei- chende statistische ßerdem über einen Vergleich der ihnen innewohnenden C14-Muster mit sol- Signifikanz zu er-zeugen war, wurde chen aus einer kalifornischen Baumringchronologie vordatiert und durch zu- nun übersehen,daß bei sehr vie- sätzlich gefundenes dendrochronologisches Material dann fast jahrgenau an len C14-Daten dieeinzig signifikante den absoluten Master angeschlossen (vergleiche hierzu Bild 2.13 ). Damit Aussage in ihrerZurückweisung be- wurde nun auch in Europa (vergleiche Bild 9.15 ) bis 1984 der übergeordnete standen hätte. Trend einer »libbysierten« Kalibrierkurve reproduziert, die in den Jahren von 1963 bis 1966 in Amerika erstellt worden war und seitdem als »Bristlecone- Pine-Chronologie« bekannt geworden ist. (Zum anfänglichen Verhältnis der irischen Dendrochronologen zum »wiggle-matching« vergleiche Bild 9.16 ) Mit Blick auf unsere Kritik am Libbyschen Modell kann hier festgestellt werden: Es wurden die C14-Daten von Bäumen aus einem atlantisch/baltisch kontrollierten Wuchsgebiet einerseits mit solchen aus einem pazifisch kon- trollierten Wuchsgebiet andererseits verglichen. Wenn die aktuelle C14-Akti- vität vor allem durch Produktion und Ausgasung bestimmt wird, dann ist ein solcher bedingungsloser Vergleich unstatthaft, da die den Wuchsgebieten be- nachbarten Meeresströmungen, die die Ausgasung letztlich bestimmen, grundsätzlich unterschiedlicher Natur sind. Und weil diese fragwürdigen Vordatierungen später mit dendrochronolo- gischen Mitteln fast jahrgenau »verifiziert« wurden, müssen wir davon ausge- hen, daß die Konstrukteure in Europa der Suggestivität des Prototypen aus Amerika erlegen sind und systematische Fehler eingebaut haben. Es besteht mithin der dringende Verdacht, daß die heute gebräuchlichen Kalibrierkurven aus Europa einen systematischen Fehler beinhalten, der insbesondere den übergeordneten Trend betrifft und damit für archäologische Proben falsche Altersangaben vorschlägt. Bereits in den Kapiteln 2.3-5 wurde von uns die »Mutter« aller Kalibrie- 9.15 rungen, die Bristlecone-Pine-Chronologie von C.W. Ferguson, kritisch ge- würdigt. In dem Zusammenhang haben wir haben darauf hingewiesen, daß bereits 1962 unmißverständliche Hinweise darauf vorlagen, daß die Annahme einer global simultanen Änderung der C14-Aktivität der Atmosphäre falsch sein mußte. Solange man allerdings ausschließlich auf die Schwankung der, 362 C14-Crash 9.16 Irischer Ausfallschritt 1977 veröffentlichten die Konstrukteure der Irischen Eichenchronologie einen Artikel in NATURE, der sich eindeutig gegen das »wiggle-matching« wandte, das u.a. von B. Becker (vergleiche Bilder 9.15 und 2.13 ) zur Formierung seiner Süd- deutschen Eichenchronologie benutzt wurde. In dem Diagramm wird ein Ausschnitt aus der glatten irischen Kalibrierkurve (a) mit der von Suess (b) verglichen. (1σ/2σ sind ungestrichelt/gestrichelt). Kurve (c) rekrutiert sich aus einer Kalibrierung an historisch absolutdatierten ägypti- schen Artefakten. Wenige Jahre später wurde dieser Widerstand aufgrund un- überwindbarer Schwierigkeiten bei dem autonomen Aufbau der Chronologie aufgegeben. Die bis dahin vorhandenen Teilstücke der Irischen Eichenchronolo- gie wurden mit den C14-Schwankungen in der Bristlecone-Pine-Chronologie ab- geglichen und über die so gewonnenen »tentativen« Absolutdaten endgültig mit- einander verzahnt: »In der Praxis wurden die Details der Belfaster Kalibrierung gegen die bereits existierende amerikanische Bristlecone Pine Kalibrierung per Wiggle-matching abgeglichen« [Baillie 1983, 16]., 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 363 C14-Produktion fixiert war, um die in den Baumringsequenzen gemessenen 9.9 Die Dendro-chronologen be- C14-Schwankungen qualitativ zu erklären, konnten diese Hinweise mit dem nutzten markantgeschwungene Argument schnellen Ausgleichs etwaiger Ungleichgewichte in der Atmosphä- C14-Muster in ih-ren schwimmen- re vom Tisch gewischt werden. den Baumringse-quenzen zur erd- So schreiben Ferguson et al. 1966 kurz und lapidar: »Lokale C14- umspannendenjahrgenauen Syn- chronisierung, oh- Schwankungen können keine Bedeutung haben, weil sich die irdische Atmo- ne sich der tat- sächlichen Datie- sphäre innerhalb von 2 Jahren durchmischt« [Ferguson et al. 1966, 1173]. Auf der rungsdifferenzen infolge lokal unter- anderen Seite wurden die gemessenen C14-Aktivitäten völlig unbekümmert in schiedlicher Diffu- sionsvorgänge be- kurzzeitig scharf geschwungene, wenngleich langfristig stationäre Verhältnis- wußt zu sein. se wiedergebende Kurven übertragen, ohne sich die dramatischen Konse- quenzen hinsichtlich der damit eigentlich charakterisierten Diffusionsvorgän- ge bewußt zu machen. 9.10 Die Konsequenzen Die C14-Konzentration in der Atmosphäre wird von der Produktion und der Diffusion bestimmt. Es gibt keinerlei substantielle Hinweise, daß die daraus sich ergebende Dynamik einen Gleichgewichtszustand aufrechterhalten haben könnte. Starke Konzentrationsänderungen innerhalb von Jahrhunderten (Zu- und Abnahme) machen in der Regel ein Mehrfaches der Änderung durch den radioaktiven Zerfall aus, der mithin ein unbedeutendes Regulativ darstellt. Der Verweis auf die Kalibrierkurven, die schließlich ein annäherndes Gleich- gewicht ausweisen würden, ist ohne Bedeutung, weil deren Konstruktion fun- damental auf der Annahme eben dieser Stationarität beruht. In diesem Zusammenhang weisen wir auch auf die in Bild 9.17 aufgeführ- ten Indizien hin für eine deutliche Minderung der C14-Produktion vor rund 12.000 C14-Jahren. M.A. Plummer et al. [1997] weisen anhand von Messun- gen der Cl36-Konzentration in fossilem Rattenurin nach, daß den jüngsten 12.000 C14-Jahren ein erheblicher Zeitraum vorausging, in dem die C14-Pro- duktion etwa doppelt so hoch gewesen ist. Das Postglazial wäre demnach mit einem erheblich stärkeren Ungleichgewicht zwischen Produktion und Zerfall gestartet, als aus den Baumringchronologien abzulesen ist. Es gibt viele ein- ander widersprechende Befunde zur Chronologie der Vorgeschichte. Wir fra- gen uns, wann das erstemal ein Wissenschaftler, dessen Arbeitsgebiet norma- 9.16 lerweise von Chronologiefragen unberührt bleibt, aufgrund seiner For- schungsergebnisse gegen das verwobene chronologische Geflecht aus Baum- ringen, Eiskernen und Warven in vollem Bewußtsein der Konsequenzen für unser Geschichtsbild opponiert, 364 C14-Crash 9.17 Wie hoch war die C14-Produktionsrate in der Vergangenheit wirklich? M.A. Plummer et al. präsentierten in SCIENCE [1997] ein Archiv kosmogeneri- scher Isotope ganz besonderer Art, nämlich fossilen Rattenurin. Ihre Aufmerk- samkeit galt dabei insbesondere den beiden Isotopen Chlor Cl36 und Kohlen- stoff C14. Eine C14-Chronologie des Konzentrationsverlaufs für das Cl36-Isotop an der Erdoberfläche ermöglichte ihnen direkte Rückschlüsse auf die Produkti- onsrate von C14. Aus den Daten läßt sich ableiten, daß es für die Zeit vor ~12.000 C14-Jahren zu Fehldatierungen kommen muß: C14-datierte Proben werden mit wachsendem C14-Alter zunehmend auf ein zu hohes Absolutalter kalibriert. Implizit ist damit die ganze Konstruktion der Kalibrierkurven in Frage gestellt. Cl36 wird ebenso wie C14 durch Einwirkung kosmischer Strahlung er- zeugt. Im Gegensatz zu C14 unterliegt es aber keinem radioaktiven Zerfall. ..., 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 365 ... Deshalb kann aus der gemessenen Cl36-Konzentration (unter der Annahme, daß sich Cl36 im Gegensatz zu C14 nicht anreichert) auf die Produktionsrate – die gleichermaßen für C14 und Cl36 gelten soll – geschlossen werden. Deshalb sind die beiden senkrechten Achsen – Anteil des Cl36-Isotops (links) und Pro- duktionsrate für das C14-Isotop (rechts) – linear gekoppelt. Die Höhe der Pro- duktion von bestimmten Isotopen infolge der Einwirkung kosmischer Strahlung kann für die jüngsten 12.000 Jahre aus den Baumringchronologien und für einen gewissen Zeitraum davor z.B. aus warvenchronologischen Studien abgeleitet werden. Während Plummer et al. diese mit einer leicht gekrümmten Kurve in- clusive überlagerter Schwankungen wiedergeben, setzen wir der Übersichtlich- keit wegen eine Gerade (A) ein. Dabei bleiben die massierten Meßdaten bei rund 12.000 C14-Jahren gleichermaßen außer Reichweite der jeweiligen Approximati- onskurven. Die Autoren stellen nun fest, daß ihre Meßwerte so interpretiert werden müssen, daß vor rund 12.000 C14-Jahren die Produktionsrate um ca. 50% höher gewesen sein muß als die, die sich aus den Kalibrierkurven ergibt. Wir fügen an, daß die unmittelbare Konsequenz für eine Kalibrierung in diesem Zeitraum in zu hohen Absolutdaten besteht. Die hier angestellten Überlegungen müssen darüber hinaus zur Zurückweisung dieser Kalibrierkurven führen. Wenn die C14-Produktionsrate über rund 20.000 C14-Jahre um den Faktor 2 (entsprechend Horizontale C) höher als die jüngsten 10.000 C14-Jahre gewe- sen ist (entsprechend Horizontale B), dann sind drei Dinge unmittelbar abzulei- ten: ! Selbst bei konstanter Produktion von C14 während des Zeitraums vom Ende der Eiszeit bis auf heute (B) kann wegen der Vergangenheit (C) auf keinen Fall von stationären Verhältnissen ausgegangen werden. ! Es wäre purer Zufall und deshalb eine unzulässige Hypothese, die Produkti- onsrate für C14 zum Ende der Eiszeit ausgerechnet auf den Wert springen zu lassen, der zur permanenten Kompensation der aus der Atmosphäre in die Ozeane diffundierenden C14-Menge führen würde. ! Die absolute Höhe der Produktionsrate für die einzelnen kosmogenerischen Isotope ist völlig im Dunkeln. Sie kann unter diesen Umständen insbesondere für C14 auf keinen Fall mehr aus der Zerfallsmenge erschlossen werden. Des- halb ist ohne weiteres Wissen völlig offen, ob die 10.000 C14-Jahre für das Post-Glazial nun 5.000 oder 20.000 Kalenderjahre ausmachen. Bisher haben alle Indizien – insbesondere aus den C14-Gradienten in verschiede- nen Hölzern, die für die Erstellung der Kalibrierkurven allerdings keine Verwen- dung fanden – darauf verwiesen, daß die C14-Produktion bereits in unserer un- mittelbaren Vergangenheit höher als der (fiktive) stationäre Wert lag. Mithin müßten die Meßwerte von Plummer et al. als eine Änderung der Produktionsra- 9.17 te interpretiert werden, die lediglich zur Abschwächung der Ursache für das Un- gleichgewicht geführt hat, in der sich die C14-Konzentration der Atmosphäre befindet. Die Baumringchronologien als Chronik der C14-Konzentration der At- mosphäre wären aufgrund ihres auch visuell offenkundigen Bezuges zur Stationa- ritätsannahme aufs Schärfste attackiert!, 366 C14-Crash Die kalifornische Bristlecone-Pine-Chronologie repräsentierte keine Kali- brierkurve, sondern ein Vorurteil über die Randbedingungen in der Natur (da- zu die Bilder 2.8 und 9.7 ). Dieses hat sich auch auf die wesentlichen euro- päischen Eichenchronologien übertragen, soweit diese nicht ohnehin durch fälschliche Unterstellung der Gültigkeit des Simultanitätsprinzips bereits im Ansatz in eine falsche Richtung getrieben worden sind. Eine solche Kalibrie- rung stellt mithin keine Korrektur oder »Verbesserung« dar, sondern die Vor- spiegelung völlig verzerrter chronologischer Maßstäbe. Kalibrierte Daten sind unbrauchbar, soweit sie sich auf Kurven beziehen, die mit Hilfe von C14-Daten erstellt worden sind. Unkalibrierte Daten sind nur lokal und ver- mutlich nur bei ausreichend hohem Abstand der zu vergleichenden C14-Da- ten in eine relative Chronologie zu bringen. Der langfristige C14-Trend der Atmosphäre ist noch nicht einmal in Ansätzen entschlüsselt worden. Im Hinblick auf die drei Kapitel des abschließenden Teils des Buches kann man zusammenfassend sagen, daß ! die statistische Behandlung mehrerer C14-Daten von Proben aus demsel- ben archäologischen Zusammenhang in der Regel zur Vorspiegelung nicht vorhandener Präzision führt (Kapitel 7), ! die korrekte Berücksichtigung aller an einer Probe vorzunehmenden meß-, labor- und auswertungstechnischen Maßnahmen einen summarischen Feh- ler anhäufen läßt, der bereits das (unkalibrierte) C14-Datum in die Indiffe- renz treibt (Kapitel 8), und ! die nachweisbare Dynamik von Produktion und Diffusion atmosphäri- schen C14 keinerlei Anlaß gibt, von langfristig stationären Verhältnissen hinsichtlich C14 auszugehen. Deshalb sind die fundamental auf der An- nahme quasistationärer Verhältnisse beruhenden Kalibrierkurven falsch. 9.11 Anhang: Bilanzgleichung Die Formel IX.2 bringt die Proportionalität zwischen einer vorhandenen Men- ge einer radioaktiven Substanz und der pro Zeiteinheit zerfallenden Menge zum Ausdruck: dA ~ -A(t) IX.2 Die entsprechende Differentialgleichung in der Zeit dA/dt = -λ • A(t) IX.3, 9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht! 367 ist als Spezialfall einer allgemein angelegten Bilanzgleichung anzusehen, in 9.10 Die C14-Me-thode wird bis heu- der nicht nur die Vernichtung, sondern auch die Produktion und die Diffusion te von dem Ge-danken geleitet, berücksichtigt wird: daß sich das Sy-stem »Erde« über- all in einem einge- !y schwungenen Zu- ! + y !" v = ! IX.5 stand befindet undt daß sich zugleich überall GewinnDer Geschwindigkeitsterm steht für die Zu- bzw. Abnahme der zu bilanzie- und Verlust in et-wa die Waage hal-
renden Menge y des Stoffes durch Unterschiede in der Menge, die während ten. Der größteTeil der Indizien eines betrachteten Zeitintervalls über die Volumensbegrenzung sowohl zu- weist dagegen dar-auf hin, daß nicht strömen als auch abströmen. Der Term π steht für die Zu- bzw. Abnahme des nur lokal, sondernauch global Un- bilanzierten Stoffes durch Produktion und Vernichtung innerhalb der Volu- gleichgewichte be-stehen, die über mensbegrenzung. historische Zeit-räume betrachtetNur für die archäologische Probe und nur unter idealen Bedingungen (kei- ein völlig neuesLicht auf C14-
Chronologien wer- ne Kontamination etc.) gilt der Spezialfall IX.3 . Ansonsten muß für jedes fen. Eine Kalibrie- rung konventionel-Kohlenstoffreservoir der Erde die allgemeine Form der Bilanzgleichung, wie ler Art stellt mithin
keine »Verbesse- sie mit IX.5 gegeben ist, zur Anwendung gebracht werden. Wenn man be- rung« dar, sondern die Vorspiegelung rücksichtigt, daß die Auswirkung von Produktion und Diffusion viel stärker völlig verzerrter chronologischer ist als die des radioaktiven Zerfalls, dann ist die Stationaritätsannahme, die Maßstäbe. die Diffusion unberücksichtigt läßt und die Produktionsmenge mit der Zer- fallsmenge identifiziert und die zugleich der Konstruktion aller jemals ent- standenen Kalibrierkurven zugrundeliegt, als irreführend zu bezeichnen., 368 C14-Crash Literatur level radiocarbon«; in: REVIEW OF SCI- ENTIFIC INSTRUMENTS 22 225-30 Anderson, E.C., und W.F. Libby (1951): A »Worldwide distribution of natural ra- Adovasio, J.M., J. Donahue und R. Stuk- diocarbon«; in: PHYSICAL REVIEW 81 kenrath (1990): »The meadowcraft 64-69 rockshelter radiocarbon chronology Antevs, E. 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111, 112, 202 Anderson, E.C., 229 Burgstrahler, A.W., 167 Anomalie, 273, 276 Anti-Koinzidenz-Prinzip, 227 C Apollo-Missionen, 165 C14 Archäologie, 51, 144 Anteil an den vorkommenden C-Isoto- Verantwortung im Zusammenhang pen, 45 mit der C14-Datierung, 55 Beitrag zur natürlichen Strahlenbela- Arnold, J.R., 232, 233 stung, 46 Ashmore, P.J., 81 in-situ Produktion, 297 Atombombe, 221, 226 mögliche Produktionsrate, 45 Autokorrelation, 129 C14-Chronologie Auvernier (Fundort), 67, 183, 297 Scheitern einer globalen, 121 unkalkulierbare Ausformung der ~ B ohne Kontrolle durch die Alter- Baillie, M.G.L., 195, 196 tumswissenschaft, 272 Barker, H., 308 C14-Daten Becker, B., 74, 75, 80, 91, 137, 186, Abweisungsrate, 47, 270 A-C 296, 362 als »tentative« Absolutdaten, 67 Berger, R., 296 Befund starker Streuung, 70 Berkeley, 204 Faustregel zur Bestimmung ihrer Beschleunigermassenspektrometrie Gleichzeitigkeit, 116, 118 (AMS), 19, 47, 317 Inkonsistenz, 50, 119 Bilanzgleichung, 341, 366 Mißverständnis über die Ursache von Bowman, S., 45, 101 Diskrepanzen in den, 52 Bristlecone-Pine-Chronologie, 14, 18, Problem der Inversion, 51, 302 41, 59, 60, 65, 67, 69, 73, 76, 80, 81, rigorose Verwendung von ~ zur Vor- 96, 101, 112, 122, 125, 127, 131, datierung, 64 136, 153, 162, 184, 269, 297, 309, Sicherheitsregeln beim Umgang mit, 350, 354 133, 400 C14-Crash statistische Unsicherheit, 241 ohne Kontrolle durch Vermessung Summe aller Korrekturfehler, 317 von Mutter- und Tochterisotope, Unzufriedenheit der Historiker mit 43 den, 47 Probleme der ~ demonstriert am Bei- werden erst verworfen, wenn sie na- spiel einer archäologischen Kam- hezu hundertprozentig korrupt pagne, 171 sind, 242, 268 Simultanitätsprinzip als wichtigste C14-Datierung Grundlage, 81 in jüngster Vergangenheit, 170 ursprüngliche Voraussetzungen, 20 Präzisionsmessungen an vage Nachbesserungen werden als Baumringen, 328 Feinheit der Methode verkauft, Unsicherheit, 44 273 C14-Diffusion in Holz, 296 verkappte Bankrotterklärung, 51 C14-Methode, 76 zur Überwindung der Schwächen der Abhängigkeit von der Dendrochrono- empirisch-stilistischen Verknüp- logie, 27 fungsmethode, 112 allgemeine Grundlagen der, 20 C14-Produktion, 82 als gottgesandtes Geschenk, 50 exzessives Verhalten, 85, 105, 187, als Kind des vorletzten Jahrhunderts, 189, 291, 334, 356 141 im Ungleichgewicht mit dem C14- als letzte Auffangposition vor der Ka- Zerfall, 172, 187, 278, 339 pitulation der Historiker, 10 Modulation der ~ durch Schwankung als unverzichtbar nur für das Ver- der Stärke des Erdmagnetfeldes, ständnis der ungeschriebenen Ge- 169, 278 schichte, 101 Schwankungen, 39, 81, 83, 174 Definition, 12, 13 Überhang der ~ um rund 50%, 63, Der Satz »one date is no date« als 72, 183 Sprengstoff für die, 53 Ursachen für starke Änderungen, 348 Erklärung durch Vergleich von Verlauf der C14-Konzentration in der »Idealwanderer« und »Kalibrier- Atmosphäre bei zeitweisem Stop läufer«, 56 der, 344 gespaltene Gefühle der Historiker ge- Cadbury Massaker, 266, 267 genüber der, 47 Calvin, M., 283 gespanntes Verhältnis zwischen Hi- Calvin-Zyklus, 283 storikern und Naturwissenschaft- Centennial Stump, 238 lern, 108 Chadwick, W., 219 heute angenommene notwendige Vor- Childers (Fundort), 49 aussetzungen, 21 Chilesalpeter, 302 Idee zur Entwicklung, 20 Chronologentagung (Gräfelfing 1995), Mißtrauensvotum durch die hohe Ab- 171 weisungsrate, 47 Chronologentagung (Hamburg 1996), mögliche zukünftige Einsatzmöglich- 194 keit, 105, 180 Chronologie, 80 naturphilosophische Wurzeln der, Chronologierevision, 10, 59 140 Clark, R.M., 71, 100, 292, 309, 314 Neudefinition als Methode zur zeitli- Collis, J., 66, 67, 183 chen Synchronisierung, 27 »Cosmic Schwung«, 105, 172, Personen- und Sachregister 401 Curve of Knowns, 152, 232, 236, 240 Doppelringe, 65, 238, 275 Douglas-Fichte, 129, 237, 238 D Douglass, A.E., 238 Damon, P.E., 71, 100 Dunwiddie, P.W., 59, 193 Daniels, G., 50 Dyck, W., 356 »Dark Age of Greece«, 9, 110 Darwin, C., 140, 164 E Datierungsmethoden, radiometrische, 41 Edwards, I.E.S., 51 Unsicherheit, 44 EEM (external error multiplier), 306 Datierungsunsicherheit, numerische Zu- Eichenchronologie, Göttinger, 131 sammenhänge, 262 Eichenchronologie, Irische, 66, 89, 90, De Geer, G., 201 126, 198, 360, 362 de Vries, H., 350 als Schlag ins Gesicht amerikani- Dendrochronologie, 57, 159 scher und deutscher Dendrochro- »secret procedures« und »magic da- nologen, 74, 161 tes« in der, 173 Eichenchronologie, Mitteleuropäische, als letzte Auffangposition vor der Ka- 95 pitulation der Historiker, 10 Eichenchronologie, Süddeutsche, 74, 76, Anspruch auf jahrgenaue Chronolo- 96, 131, 161, 362 gie, 101 Eichenchronologien, Europäische, 59, Definition, 10, 13 64, 67, 70, 71, 80, 101, 112, 121, Dilemma der, 31, 33, 129, 135, 359 130, 153, 162, 181, 183, 310, 346 gemeinsames Gebäude mit der C14- C14-Verseuchung durch »wiggle- Methode, 80 matchen«, 185 gleichsam atemberaubend in ihrer transatlantische Hilfe bei der Erstel- Eleganz und Einfachheit, 105 lung, 69, 70, 80, 122 Heirat mit der C14-Methode unter Eifel, 289 vorgehaltener Pistole, 126 Eiskernbohrungen, 199, 363 Hilflosigkeit ohne Vordatierung, 11, Eiszeit, 11, 13, 104, 110, 190, 202 13, 33, 176 Entwicklung der C14-Methode Methodenwechsel, 77, 159, 173 als Findelkind der Medizintechnik, methodische Schwächen, 128, 144 204 methodischer Sündenfall, 77, 135, aus der Sehnsucht, der Realität ent- 173, 192 fliehen zu können, 181, 223 Pakt mit der C14-Methode, 67, 99 Entdeckung des C14-Isotops, 204 C-E Probleme der ~ mit einer Mittelalter- Entwicklung des Anti-Koinzidenz- lücke, 95 Prinzips, 227 Tücken der C14-Vordatierung, 326 Illusion über das Ausmaß bereits vor- ungetrübte Vertrauensseligkeit hin- handener Absolutdaten, 233 sichtlich der Grundvoraussetzung N14 als Ausgangsstoff für die Entste- der Stationarität der C14-Verhält- hung von C14 identifiziert, 220 nisse, 93 Nachweis des Fundamentalprinzips, Zusammenfassung der Probleme, 74 235 de-Vries-Effekt, 24, 155 Nachweis des Simultanitätsprinzips, Diffusionseffekte, 39, 41, 82, 83, 86, 229 105, 174, 189, 279, 280, 291 Nachweis einer langen Halbwertszeit Djoser, 238, 240 von C14, 223, 402 C14-Crash Nachweis langsamer Neutronen in Harlan, T.P., 64 der kosmsichen Strahlung, 221 Heinsohn, G., 9, 110, 169, 202 Nachweis von C14 in jungen Proben, Heske, I., 51, 171 225 Hill, P.H., 81 Erdmagnetfeld, 81 Hintergrundstrahlung, 21, 23, 213, 225, Evolutionstheorien, 43, 140 227 Hochpräzisionskalibrierung, 52, 75, 103, F 121, 192 Fehldatierung, 97 Hollstein, E., 11, 33, 93, 95, 161 Fehlerfortpflanzung, 123 Holme-next-the-Sea (Fundort), 201 Fehlringe, 63, 91, 153, 200, 238, 275, Holozän, 202 297, 309, 351 Holzkohle, 267, 286, 299, 300, 303, 304 Ferguson, C.W., 18, 60, 65, 69, 71, 80, Hoops, J., 112 137, 167, 181, 192, 337, 351, 360, Hrouda, B., 113 361 Huber, B., 69, 80, 126 Feudvar (Fundort), 51, 171 F-Test, 118, 178, 255, 257, 260 I Fundamentalprinzip, 13, 22, 23, 27, 72, Illig, H., 9, 110, 168, 169, 171, 202 140, 152, 157 Irrtumswahrscheinlichkeit, 120, 128, als Äquivalent einer jahrgenauen und 161, 178 lückenlosen Chronologie, 25, 109, Isotopenfraktionierung, 24, 230, 249, 246 279, 281, 282, 291, 301, 305 Weiterbenutzung einer abgeschwäch- unsystematische Effekte, 284 ten Form, 243J
G Jansen, H.S., 63, 65, 191 Geochronologie, 43 Geschichte K ägyptische, 9, 52, 60, 152, 164 Kalibrierkurven für C14-Daten, 36, 80, chinesische, 51 81 europäische, 97 abgeleiteter Trend, 85 europäische Vor- und übergeordneter Trend, 171 Frühgeschichte, 59, 165, 202 waagerechter Verlauf bei Nullpro- griechisch/römische, 9 duktion, 188 Sündenfall der Geschichtswissen- Winkelhalbierende als Ur-Kalibrier- schaft, 142 kurve, 67, 83, 84, 87, 88, 103, Geyh, M.A., 295 173, 193 Gleichläufigkeitstest, 91, 92 Kalibrierung, 25, 27 Göksu, H.Y., 286 als angeblich rein technisches Pro- Goldhaber, M., 219 blem, 55 Gradualismus, 164 als Retter-Komplex für die C14-Me- Grosse, A.V., 225 thode, 103 das Problem der Mehrdeutigkeit, 336 H korrekte Vorgehensweise bei der, Haeckel, E.H., 180 121, 322 Halbwertszeit, 27, 148, 207, 250, 305, mit Hilfe von Warvenchronologien, 317 98, Personen- und Sachregister 403 Regeln für den Dendrochronologen, Leonhard Haag (Fundort), 49 131 Libby, W.F., 20, 25, 38, 45, 113, 146, Regeln für den Historiker, 123 152, 165, 166, 167, 178, 179, 214, Sinnlosigkeit der ~ ohne gültiges Si- 220, 221, 226, 230, 238, 277, 285, multanitätsprinzip, 53 349 Unterschied der ~ zum Prozedere der Analyse der seiner Theorie zugrunde- sogenannten Altersbestimmung, liegenden Annahmen, 349 245 Schummelei zur Verifizierung des Si- Vorgehensweise bei der, 55 multanitätsprinzips, 179, 200, 230, Kalium-Argon-Datierung, 44, 317 259, 260 Kalkstein, 301 Long, A., 120, 296 Kamen, M., 220 Long, R.D., 115, 285 Känozoikum, 317 Lyell, C., 140, 164 Katastrophen, 9, 164 Katastrophismus, 10, 142, 165, 202 M Kauri-Baum, 63, 65, 73, 76, 87, 91, 136, MacKie, E.W., 167 179, 350 Manhattan Project, 204 Kernholz, 296 Marcus, L., 311 Kernphysik, 219 Massenspektrometer, 250 Kirnsulzbachfehler, 75, 97, 161 Master, lokaler, 31, 73, 89, 91, 129, 136 Kitchen, K.A., 114 Master, regionaler, 31, 33, 184 Klein, J., 314 McCormack, F.G., 70 Knochen, 51, 55, 295, 302, 345 Megalithkulturen, 111 Kohlendioxid, 354 Menschheitsgeschichte, 187 Kohlenstoff (Zahlenverhältnisse), 208 Mesolithikum, 9, 110, 169, 202 Kohlenstoff, Eigenschaften des, 45 Meßlabore, 71, 133 Kohlenstoffreservoir, 37, 41, 274, 279 Allgemeine Probleme mit Fehlern, Gesamtgröße aller globalen, 45 155, 200 Kometen, 43 Empfehlung, nur die Meßdaten aus komparativ-typologische Methode, 112, den letzten 5 Jahren zu verwenden, 117 142 Kontamination, 21, 51, 52, 209, 243, International Collaborative Study, 293, 298 310 Faustformel für ihre quantitative Be- Streuung der Meßwerte, 170, 250 rücksichtigung, 295 Überwachung der Qualität, 71 E-M Korff, S.A., 20, 221 Metafehler, 249, 277 Kurie, F.N.D., 219 Meteoriten, 44 Middle Littleton (Fundort), 70 L Mittelalterlücke, 11, 14, 168, 173, 195 Laborfehler, 305 Mittelkurve, 30, 31, 130 LaMarche, V.C., 64 Mittelwertbildung, methodische Tücken, Lambert, G., 75 118, 261, 276 Lansing, A., 232, 235 Mommsen, H., 45 Lavier, C., 75 Monte Amiata, 289 Lavoisier, A.L., 45 Müller, A., 9 Lawrence, E.O., 204 Müller-Karpe, H., 108, 111 Lee, R.E., 268, 276, 404 C14-Crash Muscheln, 51, 230, 284, 286, 288, 290, Pensée (Journal), 166 302 Phantomzeiten, 9 Probleme mit ~ als Datierungsobjekt, Photosynthese, 283 301 Physik, 80 Mustererkennungsstrategie, 35 Pleistozän, 273, 303 Plummer, M.A., 363, 364 N Popov, S.G, 186 National Bureau of Standards (NBS), Popper, K.R., 147 243 Postglazial, 67, 93, 98, 121, 143, 176, National Science Foundation (NSF), 71, 200, 337, 359, 363 74 Prigogine, I., 140 Natur, die ~ macht keine Sprünge, 12, Probenvorbehandlung, 295 61, 106 Naturgeschichte, 141 Q Neolithikum, 73, 109, 110, 145, 169, Quartär, 203 Neuseeland, 63, 65, 66, 72, 76, 110, 136, R 350 Radiocarbon (Journal), 71, 75, 104, 121 Maoris, 110 calibration issue, 75 Neustupný, E., 309 Radiokarbonrevolution, Zweite, 59, 70, Newgrosh, B., 192 73, 109, 145, 165 Niemitz, H.-U., 9, 95 Radiomedizin, 205, 256 Nobel-Symposium, 12. ~ in Uppsala, Radon, 228 172, 191, 309, 314, 351, 360 Rattenurin, fossiler, 363 Normalverteilung, 252, 253, 254, 264, Replikation, 77 271, 308 Reservoireffekt, 24, 279, 281, 284, 286, Nullhypothese, 123, 137, 178 287, 291, 301 als anormaler Diffsusionseffekt, 280 O Rippeteau, B., 120 Oberflächenwasser, 37, 38, 39, 86, 274, Rohl, D., 102 280 Römerzeit, 11, 97, 176 Isotopenaustausch mit der Atmosphä- Ruben, C., 219, 220 re, 194 Ogden, J.G., 219, 270, 276, 307 S Oldenburg (Fundort), 300 Santorin, 289 Olsson, I.U., 114, 239, 297 Säve-Söderbergh, T., 114, 239 »One Date is no Date«, 53, 89, 155, 256, Schulman, E., 59 304 Screen-Wall-Zähler, 220, 226 Ottaway, B.S., 71, 144 Sequoia Sempervivens, 38, 91 Sesostris III, 238, 239 P Shawcross, W., 63, 350 Paläolithforschung, 108 Shott, M.J., 49 Paläolithikum, 169 Simultanitätsprinzip, 14, 21, 35, 53, 72, Paradigma, 10 74, 82, 89, 99, 122, 126, 136, 157, Pardi, R., 311 177, 186, 199, 337 PDB-Standard, 282, 283 als letzte Bastion zur Rettung der Pearson, G.W., 126, 315 C14-Methode, 29, Personen- und Sachregister 405 Definition, 32 Ungültigkeit des ~ aufgrund von Dif- V fusionseffekten, 34, 246 Velikovsky, I., 9, 110, 164 Sintflutereignis, 348 Viking Fond, 233 Snofru, 238, 239, 285 Völkerwanderungslücke, 95, 97 Sonnenaktivität, 81, 100, 129, 130 Vulkane, 287 Sonnenfleckenzyklus, 129 Sorensen, H.C., 167 W Spätglazial, 194 Warvenchronologie, 98, 101, 104, 200, Splintholz, 297 201, 363 Standardabweichung, 71, 250, 254 Weiserjahre, 31, 136 Standardsequenz, 93 wiggle, 35, 36, 39, 80, 84, 86, 280, 288, Starigard (Fundort), 304 289, 311, 328, 335, 353 Startaktivität, 22, 26, 280, 320, 324 als »radiochronologischer Fingerab- Stocker, T.F., 195, 347 druck«, 189, 279 Strahlenschutzverordnung, 46 als genuin lokale Phänomene, 83 Strahlung, kosmische, 81 als lokale Kleinkatastrophe, 105 Strahm, C., 183 als angeblich simultane C14-Schwan- Stratosphäre, 274 kungen, 81 Stuckenrath, R., 308, 310 als Spiegelbild angeblich global Stuiver, M., 186 gleichförmiger Diffusionsvorgän- Suess, H.E., 67, 69, 71, 74, 100, 161, ge, 289 172, 183, 297, 338, 360 aus einem erratischen Meßwertkor- Suess-Effekt, 24, 155 pus extrahiert, 100, 122, 128, 292 Definition, 83 T elegantes Hilfsmittel zur Kreuzdatie- Taylor, R.E., 91, 269, 273, 286, 295, 302 rung schwimmender Baumringse- Teleconnection, 130 quenzen, 309 Tertiär, 203 ihre Entstehung aus der Verdopplung Thayngen (Fundort), 69, 70, 193 von Baumringsequenzen, 174, 183 Tiefenwasser, ozeanisches, 37, 38, 194, mögliche Ursachen, 79, 81, 102, 172, 275, 348 188 C14-Inventar, 85 wiggle-matching, 29, 33, 37, 72, 76, 83, Zirkulation, 86 89, 96, 101, 125 Tracer-Isotope, 207 als »state of the art« der Dendrochro- M-W Transportbänder, ozeanische, 194, 274, nologie, 67, 138 346 als gänzlich unseriöse Methode, 70, Tree-Ring Labor (Tucson), 193 362 Troposphäre, 70 als Grundlage der süddeutschen Ei- Turpin and Sand Ridge (Fundort), 49 chenchronologie, 74 Erfindung des Verfahrens zur Erstel- U lung der Bristlecone-Pine-Chro- Uniformitarismus, 57 nologie, 193 Uppsala, 63, 65 Grundlage für die Erstellung der eu- Der Skandal von ~, 63, 73, 191, 351 ropäischen Eichenchronologien, Urey, H.C., 232 59, 191, 200, 297, 406 C14-Crash Unzulässigkeit der überregionalen Anwendung, 137 Willkomm, H., 304 Wright, D.G., 195, 347Y
Yaku-Sugi-Baum, 191 Yamaguchi, D.K., 129Z
Zbinden, H., 104 ZEIT-Magazin, 168 Zhimin, A., 51 Zirkelschluß Begründung des Simultanitätsprin- zips unter der Voraussetzung sei- ner Gültigkeit, 256 innerhalb der Dendrochronologie, 11 zwischen C14-Methode und Dendro- chronologie, 12, 76, 77, 87, 145, 151, 163, 202, 278 Zyklotron, 204, IT&W • Verlagsprogramm 407 IT&W • Verlagsprogramm Der Verlag bringt Bücher aus den Bereichen Technik und Wissenschaft als Druck, auf CD-ROM und für eBooks. Unsere Titel informieren über wissen- schaftliche und technische Inhalte aus ungewohnten und vernachlässigten Blickwinkeln. Die lieferbaren Titel sind zur Zeit: Eno Pertigen (22000): »Der Teufel in der Physik. Eine Kulturgeschichte des Perpetuum mobile« ISBN 3-934378-50-1 • Broschur 14.8 x 21.0 cm • 232 Seiten • 32 Abbildungen • Personen- und Sachregister • DM 39,80 / 290,- ÖS / 38,- SFr Christian Blöss (2000): »Ceno-Crash. Neue Überlegungen zum Ursprung und zum Alter des Menschengeschlechtes« ISBN 3-934378-51-X • Broschur 14.8 x 21.0 cm • 232 Seiten • 56 Abbildungen • Personen- und Sachregister • DM 39,80 / 290,- ÖS / 38,- SFr C. Blöss / H.-U. Niemitz (22000): »C14-Crash. Das Ende der Illusion, mit Radiokarbonmethode und Dendrochro- nologie datieren zu können« ISBN 3-934378-52-8 • Broschur 14.8 x 21.0 cm • 408 Seiten • 102 Abbildungen • Personen- und Sachregister • DM 49,80 / 360,- ÖS / 48,- SFr Nächster geplanter Titel: Bernhard Schaeffer (Hgb., 3. Quartal 2000): »Der 2. Hauptsatz auf dem Prüfstand. Theoretische und experimentelle Untersuchun- gen«. Alle Titel sind auch als PDF-Dateien (MS-Windows) auf CD-ROM zum Preis von DM 24,80 inkl. Versand direkt beim Verlag erhältlich. Wir versen- den gegen Rechnung. Bitte beachten Sie die Darstellung des aktuellen Pro- gramms auf der Website des Verlages: http://www.itetw.de, 408 Mantis-VerlagMantis Verlag
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