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otl aicher die welt als entwurf ernst & sohn otl aicher die welt als entwurf otl aicher die welt als entwurf mit einer einführung von wolfgang jean stock ernst & sohn © 1991 ernst & sohn verlag für architektur und technische wissenschaften, berlin ISBN 3-433-02185-6 alle rechte vorbehalten, besonders die der übersetzung in fremde sprachen, kein teil des buches darf ohne schriftliche genehmigung des verlages in irgendeiner form reproduziert werden. satz: druckhaus maack gmbh & co. kg, lüdenscheid druck: mercedes-druck gmbh, berlin bindearbeiten: lüderitz & bauer gmbh, berlin inhalt 8 einführung...
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otl aicher die welt als entwurf ernst & sohn, otl aicher die welt als entwurf, otl aicher die welt als entwurf mit einer einführung von wolfgang jean stock ernst & sohn, © 1991 ernst & sohn verlag für architektur und technische wissenschaften, berlin ISBN 3-433-02185-6 alle rechte vorbehalten, besonders die der übersetzung in fremde sprachen, kein teil des buches darf ohne schriftliche genehmigung des verlages in irgendeiner form reproduziert werden. satz: druckhaus maack gmbh & co. kg, lüdenscheid druck: mercedes-druck gmbh, berlin bindearbeiten: lüderitz & bauer gmbh, berlin, inhalt 8 einführung 15 krise der moderne 27 verzieht auf symbole 35 ästhetische existenz 40 die dritte moderne 63 charles eames 67 hans gugelot 79 flugapparate von paul mc cready 87 bauhaus und ulm 96 architektur als abbild des staates 116 der nicht mehr brauchbare gebrauchsgegenstand 127 die unterschrift 136 intelligentes bauen 142 meinen arbeitsplatz gibt es noch nicht 148 schwierigkeiten für architekten und designer 155 erscheinungsbild 173 der freiraum des grafikers 181 eine neue schrift 185 die welt als entwurf 198 nachwort 200 nachweise,
Einführung
von Wolfgang Jean Stock Als Hannah Arendt 1950 die junge Bundesrepublik besuchte, notierte sie: „Beobachtet man die Deutschen, wie sie geschäftig durch die Ruinen ihrer tausendjähri- gen Geschichte stolpern, dann begreift man, daß die Geschäftigkeit zu ihrer Hauptwaffe bei der Abwehr der Wirklichkeit geworden ist.“ Zwei Jahre nach der Währungsreform und fünf Jahre nach Kriegsende waren der Schock der Niederlage und das Entsetzen über die im deutschen Namen verübten Verbrechen weitgehend verdrängt. Angesichts der vielen Alltagsnöte hatte sich die Mehrzahl der Westdeutschen in die Normalität des Überlebens eingeübt. Die Verant- wortung für Ursachen und Folgen des Nazi-Regimes wurde in dieser Zwangsrealität von Besatzung und Man- gelverwaltung ausgeklammert. Emsig begann man, die Trümmerfelder zu räumen, die inneren Trümmer aber blieben liegen. Die Nürnberger Prozesse wirkten schließ- lich als eine Art Generalabsolution von außen. Zum aktivierenden Schlagwort der Zeit wurde der „Wie- deraufbau“. Wie verräterisch dieses zunehmend restau- rativ ausgelegte Wort war, darauf wies Walter Dirks schon 1948 in den Frankfurter Heften hin. Wer statt der Wieder- herstellung des Alten einen sozialen und kulturellen Neu- aufbau forderte, stand somit unversehens am Rand der sich früh formierenden Wirtschaftswunder-Gesellschaft. Kein Wunder, daß dabei viele kulturelle Initiativen, vor allem nonkonforme Zeitschriften und Verlage, aufgeben mußten. Jene kleine Gruppe dagegen, die um 1950 in Ulm an der Donau die Gründung einer neuartigen Hochschule vor- bereitete, konnte sich durchsetzen. Inge Scholl und Otl Aicher hatten bei ihrer Arbeit an der Ulmer Volkshoch- schule erfahren, wie groß das Bedürfnis nach einer kul- turellen Neuorientierung war. Zusammen mit einigen Freunden entwarfen sie das Programm einer Schule für Gestaltung mit gesellschaftspolitischer Ausrichtung. In ihrer pädagogischen Konzeption verband sich antifaschi- stische Haltung mit demokratischer Hoffnung. Graphik sollte zur sozialen Kommunikation werden, Produkt- gestaltung die Humanisierung des Alltags befördern., Nach vielen Schwierigkeiten, besonders bei der Finan- zierung, begann die Hochschule für Gestaltung (HfG) im Sommer 1953 mit dem Unterricht. Zwei Jahre später zog man auf den Ulmer Kuhberg in das eigene, von Max Bill entworfene Gebäude. Von dieser Höhe über dem Donau- tal wollte die HfG in der Nachfolge des Bauhauses wirken, freilich mit einem wesentlichen Unterschied. Während das Bauhaus die Ausbildung in den freien Künsten als Voraussetzung für die Gestaltung einer guten Industrie- form betrachtete, propagierte die HfG das unmittelbare, sachliche Eingehen auf die gestellte Aufgabe. Deshalb gab es in Ulm weder Künstlerateliers für Maler und Bild- hauer noch Werkstätten für Kunsthandwerk. In seinem Text „bauhaus und ulm“ der den biographi- schen Schlüssel darstellt für die hier versammelten Auf- sätze und Vorträge, hebt Otl Aicher diesen Unterschied hervor: „damals in ulm mußten wir zurück zu den sachen, zu den dingen, zu den produkten, zur straße, zum alltag, zu den menschen, wir mußten umkehren, es ging nicht etwa um eine ausweitung der kunst in die alltäglichkeit, in die anwendung. es ging um eine gegenkunst, um zivi- lisationsarbeit, um zivilisationskultur.“ Daraus spricht auch das Pathos des 1922 geborenen Kriegsheimkehrers, für den die „bewältigung des wirk- lichen“ auf der Tagesordnung stand und nicht die Be- schäftigung mit zweckfreier Ästhetik. So herrschte in der HfG die Ansicht vor, Kunst sei ein Ausdruck von Flucht vor dem Leben. Vor allem aber wollte man den Bereich der Produktgestaltung von künstlerischen Ansprüchen freihalten, um Formalismen vorzubeugen. Wieder wurde die deutsche Provinz zu einem Vorort von Moderne und Fortschritt. Wie beim Bauhaus in Weimar und Dessau bot der Boden einer mittelgroßen Stadt nicht nur die Möglichkeit zu konzentrierter Arbeit. Die Enge des Milieus mitsamt den lokalen Vorbehalten und Animo- sitäten zwang die HfG ganz besonders zur Begründung und Rechtfertigung ihrer Praxis. In dieser Spannung fühlte man sich auf dem Kuhberg unabhängig – und man war es auch. Die Geschwister-Scholl-Stiftung als freie Trägerin garantierte eine relativ große Staatsferne, die eigenen Einnahmen, die häufig die Hälfte des Jahres- etats der Hochschule ausmachten, stärkten das Selbst- bewußtsein. Als Institution war die HfG ein Zwerg, ihre Ausstrahlung aber reichte weltweit. Was lockte Studenten aus 49 Natio- nen nach Ulm? Sicher das avancierte Lehrprogramm, bei, dem die sozialen Dimensionen von Gestaltung im Mittel- punkt standen, ebenso die pädagogischen Ziele, darunter die Erziehung zur Argumentation und eine fachübergrei- fende statt fachspezifische Ausbildung. Wesentlich für den Erfolg der HfG war freilich, daß sich der Aufbruchs- geist der Gründer auf Dozenten und Studenten übertrug. Nicht frei von messianischen Zügen, engagierte man sich gemeinsam für den Aufbau einer neuen industriellen Kul- tur: von der Produktgestaltung und der visuellen Kommu- nikation über Informationssysteme bis zum seriellen Bauen. Technik und Wissenschaft sollten dazu dienen, diese vorausschauende Gestaltung der Alltagskultur ins Werk zu setzen. Im konservativen Kulturklima der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft war die HfG eine kreative Insel. Sie behauptete sich bis 1968 als experimentelle Einrich- tung in Zeiten, in denen mit dem Slogan „Keine Experi- mente“ Wahlen gewonnen wurden. Sie lehrte soziale und kulturelle Verantwortung mit Blick auf die Zukunft, während gerade in den Universitäten der bürgerlich- museale Bildungskanon reaktiviert wurde. Gegen den „Muff von tausend Jahren“ und die plüschige Gemüt- lichkeit der wirtschaftlich arrivierten Republik suchte man in Ulm praktische Wege für Aufklärung, Kritik und Wahrhaftigkeit. Mitten im westdeutschen „Neon-Bieder- meier“ entstanden so die Umrisse einer sachlichen, demokratischen, weltoffenen Dingkultur. Die HfG selbst als auch die dort entwickelten Geräte, Erscheinungsbilder, Drucksachen und Bausysteme wur- den im nach wie vor mißtrauischen Ausland als Zeug- nisse eines „anderen Deutschlands“ wahrgenommen. Die Schnörkellosigkeit, ja Nüchternheit der Gegenstände und Entwürfe dokumentierte einen Abschied vom „deut- schen Wesen“. Ähnlich wie der deutsche Pavillon von Egon Eiermann und Sep Ruf auf der Weltausstellung 1958 in Brüssel überzeugten die Ulmer Leistungen durch die Einheit von Technologie, Funktionalität und Ästhetik. Wenn einer als Lehrer und Vorbild die Entfaltung der HfG wesentlich prägen konnte, war es Otl Aicher. Er ver- körperte nicht nur die personelle Kontinuität seit der Vorbereitungsphase, sondern konnte sich auch in den beiden großen Konflikten durchsetzen: Sowohl bei der negativ entschiedenen Frage, ob Kunst in das Lehrange- bot aufgenommen werden solle, was 1957 zum Weggang von Max Bill führte, als auch Anfang der sechziger Jahre in der Auseinandersetzung zwischen „Theoretikern“ und „Praktikern“. Für Aicher war der Vorrang praktischer Arbeit selbstverständlich. Scharf wandte er sich 1963, gegen „die unkritische wissenschaftsgläubigkeit mit ihrem aufgeblähten trieb zur analyse und ihrer fortschreiten- den impotenz des machens“. Kein Meister ohne Lehrjahre: Auch und gerade für die Lehrer war die HfG eine hervorragende Schule. In den programmatisch angelegten Konflikten zwischen Theorie und Praxis begründete und präzisierte Otl Aicher seine Position eines Realismus, der für die frühen sechziger Jahre nicht untypisch war. Martin Walser etwa schrieb damals: „Da dieser Realismus ja keine Erfindung der Will- kür ist, sondern eine einfach fällige Art, etwas anzu- schauen und darzustellen, kann man sagen: er wird einen weiteren Schritt ermöglichen zur Überwindung ideen- hafter, idealistischer, ideologischer Betrachtungsweisen.“ Was Walser für die Literatur erhoffte, wurde Aicher zur Maxime seiner Arbeit für den richtigen Gebrauch der Dinge. Den Optimismus, in die Welt gestaltend eingreifen zu können, der die HfG im ganzen trug, hat sich Aicher be- wahrt. Zurück auf die Ulmer Erfahrungen geht aber auch seine Opposition gegen den Glauben an die Planbarkeit der Verhältnisse. Heute steht für Aicher fest, daß soziale und wirtschaftliche Großplanungen, die sich technischer Verfahren und wissenschaftlicher Erkenntnisse instru- mentell bedienen, untaugliche Mittel sind, die Welt zu humanisieren. Trotz aller Effizienz in Teilbereichen be- schleunigen sie sogar die Zerrüttung der gesellschaft- lichen Beziehungen und die Verwüstung der Erde bis zur Gefährdung der Grundlagen menschlicher Existenz. Im gleichen Maße, wie der Mensch die Welt zu einem Arte- fakt gemacht hat, ist seine Unfähigkeit gewachsen, die Entwicklung zu beherrschen. Weil die Produktion der Dinge abstrakten Gesetzen folgt, unterwerfen sie die Lebenswelt. Aicher plädiert deshalb für eine radikale Rückkehr zum Subjekt. Anstatt Regierungen, wirtschaftlichen Mächten oder geistigen Instanzen zu vertrauen, sollten die Menschen das Bedürfnis entwickeln, „nach eigenen ideen zu leben, eigene entwürfe zu machen, ihre durch eigene vorstellungen bestimmten arbeiten zu verrichten, nach eigenen konzepten zu verfahren“. Erst dann werden sie nicht mehr durch die Verhältnisse gemacht, sondern gestalten ihr Leben selbst. Ein derart reflektiertes Machen entwirft die Dinge nach dem Kriterium ihres Gebrauchs und nicht in der Erwartung eines abstrakten Tauschwerts. Die Richtigkeit des Entwurfs ergibt sich daraus, ob das, Resultat der nach allen Seiten untersuchten Aufgabe entspricht. Die Frage nach dem Wozu ersetzt die Frage nach dem Warum. Zwecke müssen auf ihren Sinn geprüft werden. Diese konkrete Utopie steht hinter Aichers über vier- zigjähriger Tätigkeit als Gestalter von Plakaten, Zeichen- systemen, Büchern, Ausstellungen, Erscheinungsbildern und einer eigenen Schrift. In der Auseinandersetzung mit Aufgaben aus Industrie, Dienstleistungsunternehmen und Medien hat er ein Entwurfsprinzip entwickelt, das sich von Design im populären Sinn grundsätzlich unterschei- det. Design ist für ihn gerade nicht Oberflächengestal- tung oder die Produktion visueller Reize. Demnach stellt die „Postmoderne“ mit ihren Anleihen bei Kunst und Mode einen Rückfall in Beliebigkeit und Verschwendung dar. Ihr Formalismus huldigt dem Kult des Überflüssigen und gipfelt nicht umsonst im „nicht mehr brauchbaren gebrauchsgegenstand“. Der Geltungsnutzen hat den Gebrauchsnutzen verdrängt: Styling statt Design. Design heißt, Denken und Machen aufeinander zu bezie- hen. Ästhetik ohne Ethik tendiert zur Täuschung. Es geht um das Produkt als Ganzes, nicht allein um seine äußere Form. Das Kriterium des Gebrauchs schließt auch die sozialen und ökologischen Wirkungen ein: „design bezieht sich auf den kulturellen zustand einer epoche, derzeit, der weit, die heutige weit ist definiert durch ihren ent- wurfszustand. die heutige zivilisation ist eine vom men- schen gemachte und also entworfen, die qualität der entwürfe ist die qualität der weit“. Solches Design braucht entsprechende Partner. Wes- halb nicht jeder Auftraggeber geeignet ist, dafür nennt Aicher in seinen Innenansichten des Machens auch insti- tutionelle Gründe. Originäres Design verlangt zum einen das volle Engagement aller Beteiligten. Zum anderen setzt es die Kultur des „ruhenden Tisches“ voraus, an dem Kaufleute, Ingenieure und Designer gemeinsam beraten. Weil kleine und mittlere Unternehmen überschaubar sind und ihre Strukturen weniger entfremdet, kann sich in ihnen originäres Design am besten entfalten. Aicher: „design ist der lebensvorgang eines unternehmens, wenn sich absichten in fakten und erscheinungen konkretisie- ren sollen, es ist das zentrum der unternehmenskultur, der innovativen und kreativen beschäftigung mit dem unternehmenszweck.“ Solche Orte gelungener Zusammenarbeit bezeichnet Otl Aicher als „Werkstätten“. Hier wird nicht geplant und, verwaltet, sondern entwickelt und entworfen. Im Prozeß von Überprüfung und Korrektur wird der Entwurf zum richtigen Ergebnis gesteuert. Dieses Prinzip der Steuerung in Alternativen erlaubt den beispielgebenden Beginn im Bestehenden. Es entstehen Modelle einer „Welt als Ent- wurf“. Otl Aichers Texte sind Erkundungen jener Welt. Sie gehören substantiell zu seiner Arbeit. In der Bewegung durch die Geschichte von Denken und Gestalten, Bauen und Konstruieren versichert er sich der Möglichkeiten, die Existenz menschlich einzurichten. Nach wie vor geht es ihm um die Frage, unter welchen Voraussetzungen Zivilisationskultur herstellbar ist. Diese Voraussetzungen müssen erstritten werden gegen scheinbare Sachzwänge und geistige Ersatzangebote. Otl Aicher streitet gern. So enthält dieser Band neben Berichten aus der Praxis und historischen Exkursen zu Design und Architektur auch polemische Einlassungen zu kulturpolitischen Themen. Mit produktivem Eigen- sinn streitet Aicher vor allem für die Erneuerung der Moderne, die sich weitgehend in ästhetischen Visionen erschöpft habe. Noch immer sei der „kultursonntag“ wichtiger als der Arbeitsalltag. Ohnehin lasse sich Ästhe- tik nicht auf Kunst reduzieren: „alles konkrete, alles wirkliche hat ästhetische relationen. die kunst als reine ästhetik läuft sogar gefahr, von den ästhetischen nöten der wirklichen weit abzulenken, in keinem fall darf es verschiedene ästhetische kategorien geben, eine reine und eine alltägliche, wir können ja auch nicht in der moral unterscheiden zwischen einer der religion und einer des alltags.“ Design als Lebensweise an Stelle von Design als Kos- metik: Otl Aicher vertraut auf die Schulung der Sinne. Sein Lebenswerk bürgt dafür, daß dieses Vertrauen modern bleibt., krise der moderne einsichten können einen schock auslösen, einen solchen schock habe ich erfahren bei einem besuch in moskau mitte der siebziger jahre, ich war geladen worden, um dort mit den verantwortlichen fragen der olympischen spiele zu erörtern, die 1980 in moskau stattfinden sollten. in diesem zusammenhang machte ich den vorschlag, die pionierbauten des russischen konstruktivismus zwi- schen 1920 und 1930 zu renovieren, weil die besucher aus dem westen ein großes interesse an dieser architek- tur hätten, diese architektur sei einer der entscheidenden impulse für die entwicklung der modernen architektur gewesen. ich erntete unverständnis und ablehnung. es war noch die zeit des „sozialistischen realismus“, als man in der malerei darauf achtete, mit einer vordergründigen natur- treue und einem fotografischen realismus sowie einer gläubigen symbolik und gestik volksnah zu bleiben, das heißt auch verständlich für den einfachen arbeiter, für das volk. zwar hatte nikita chruschtschow schon vorher den zuckerbäckerstil stalins kritisiert, weil er schwülstig, dekorativ und unökonomisch sei. stalin hatte um den stadtkern von moskau sieben turmartige hochhäuser in einem neoklassizistischen stil bauen lassen zum zeichen des sieges über den faschismus, die wie die berühmte moskauer u-bahn mit feudalem pomp ausgestattet und von schwülstigem pathos aufgedonnert waren, im volks- mund charakterisiert als zuckerbäckerstil, die turmbauten mündeten in eine spitze turmnadel mit einem roten stern obendrauf, der zuckerbäckerstil war zu spott und ironie mißraten und demonstrierte, wohin es führt, wenn der staat beginnt, sich um das kulturelle wohl und glück sei- ner bürger zu kümmern, was immer im gründe auf eine festigung seiner macht durch die verteilung von süßig- keiten hinausläuft. chruschtschow brach mit der stalinära und bediente sich gerne des spotts an der großmannssucht. aber man blieb weit davon entfernt, wie ich der direktorin der tret- jakow-galerie empfohlen hatte, einen gegenstandslosen maler wie malewitsch aus dem keller zu holen oder sich eines russischen architekten wie melnikow zu erinnern, der das heute noch anregende klubhaus rusakow gebaut hatte, man gab sich naturalistisch und realistisch und blieb weiterhin volksnah, nur mit einfacheren mitteln. ich besuchte melnikows wohnhaus, das einmal epoche gemacht hatte, melnikow war nicht nur verfemt, er war, eingeschüchtert und vergessen, und man sprach von ihm hinter vorgehaltener hand. ich hätte nicht einlaß gefun- den, wenn nicht ein freund von ihm mit mir vor der türe gestanden hätte. dieser freund war in der lage, mir all die bauten zu zei- gen, die ich im kopf hatte, als ich vorschlug, die konstruk- tivisten der welt zugänglich zu machen, aber das klubhaus sujew von golossow war in einem ebenso erbärmlichen zustand wie der narkomfin-wohnblock von ginsburg und milinis oder eben das klubhaus rusakow von melnikow. auch das gewerkschaftsgebäude, das le corbusier in mos- kau gebaut hatte, war in einem nicht ansehbaren zustand des gewollten verfalls, lediglich das prawda-gebäude von wesnin und das lenin-mausoleum von schtschussew hatten das glück, politisches wohlwollen zu genießen. moskau war neben berlin und new york die bedeu- tendste stadt gewesen, was die kulturellen anstöße des 20. jahrhunderts betrifft, eine menschenfreundliche technik zu entwickeln und wissenschaft und technik als bestandteil einer neuen schöpferischen kultur zu verstehen, moskau war ein bedeutender kessel neuer ideen und vorstellungen, dieses moskau sollte auf befehl vergessen werden, die stadt verwandelte sich in eine ansammlung klassizistischer kopien in weißem stuck. man fragt sich natürlich, wie stalin den kulturellen schwachsinn des zuckerbäckerstils per staatsdekret zur verbindlichen architekturdoktrin erklären und eine archi- tektur verbieten konnte, die sich bewußt der technik und der industriellen fertigung verschrieb, wie der sozialismus insgesamt technik und industrie humanisieren wollte, zunächst denkt man, stalin habe dies von hitler gelernt, der neoklassizismus speers war gigantisch und pompös, die gestik der draufgesetzten figuren eines thorak und breker pathetisch aufgeblasen und gestelzt, die bauten in nürnberg gaben eine ahnung, wie die deutschen städte nach dem krieg wieder aufgebaut werden sollten, falls man den krieg gewinnen würde: monumental, überladen und überproportional. aber dann muß man die erfahrung machen, die wie ein schock wirkte, daß es nicht stalin war, der hier seinen geschmack durchsetzte, sondern die sogenannten moder- nen architekten selbst, es gibt von ginsburg einen thea- terentwurf für nowosibirsk aus dem jahre 1931 in kon- struktivistischer sachlichkeit, aber fünf jahre später wird dieses theater von ginsburg in einem höchst akademi- schen klassizismus ausgeführt. was war geschehen? ginsburg selbst war zu der über- zeugung gekommen, daß die massen die neue architektur, des konstruktivismus nicht verstanden, ginsburg war nicht nur einer der erfolgreichsten architekten des kon- struktivismus, er war auch sein theoretiker. der mann, der le corbusier nach moskau geholt hatte, entwickelte eine kunsttheorie, nach der alle stile einfach beginnen, daß man sie in ihrer einfachheit aber nicht erträgt; sie werden dekorativ, bis sie schließlich in einer art barocker überfrachtung untergehen, das heißt, ginsburg dachte stilistisch, formal wie die ganze bürgerliche kunsttheorie. erging von der ästhetik aus. am ende dachte er gar nicht konstruktiv und funktional, die technik war nur ein neues formenrepertoire, verfügungsmaterial, eine neue zeichen- sprache, ein neuer zeitgeist, dessen man sich bediente. ich ging ins architekturmuseum in moskau, ließ mir die zeichnungen von ginsburg zeigen und mußte be- klommen feststellen: es war die moderne selbst, die den historistischen kitsch aus der versenkung holte, und ich entdeckte, daß ginsburg bereits 1923 die moderne formalistisch interpretierte, titel seiner bücher waren: der rhythmus in der architektur und stil und epoche. ich selbst wohnte in einem hotel, das schtschussew gegen 1934 bereits mit den ersten klassizistischen profi- len und gesimsen erbaut hatte, zunächst noch aus beton, ehe sie in naturstein ausgeführt werden mußten, es war zunächst noch ein nüchterner klassizismus, die profilie- rung der flächen durch pilastergesimse und fensterum- rahmungen erfolgte nach den regeln des suprematismus, wie er von malewitsch in seinen raummodellen entwickelt worden war. auch im westen gab es einzelne entwerfer, die zunächst pioniere einer neuen gestaltung waren, dann aber im dritten reich umfielen, der schöpfer der neuen typogra- phie, jan tschichold, vergaß sich selbst und himmelte schließlich den neuen klassizismus an, der sich alsbald als repräsentativ genug herausstellte, um den neuen dikta- toren die angemessene zurschaustellung der macht zu garantieren, auch mussolini hatte zunächst sympathie für den futurismus, ehe er sich in einer kopie der römischen antike besser aufgehoben fand als in einem bauwerk mit rationaler begründung. die westlichen beispiele kannte ich, aber daß so gut wie die ganze russische avantgarde es selbst war, die ihr experiment aufgab, um sich dem staatsmonumentalismus anzubiedern, war ein schock, gab mir aber sehr zu denken. inzwischen bin ich klüger geworden, ich sehe bei den sogenannten postmodernen architekten dieselbe flucht in den historisierenden stil, in die stil-ästhetik, in die formkomposition, in das symbol, in den ästhetischen, mythos. vergessen ist der ansatz dieses jahrhunderts, die technik mit dem menschen zu versöhnen, die technik zu humanisieren, indem man sich ihr öffnet, man flieht in die stile, in die metaphysische ästhetik, in die form, in das historische vorbild, in das zitat. palladio wird der meistzitierte baumeister, auch wenn man in stahl und glas baut. die harten jahre der russischen revolution, des bürger- kriegs, der kollektivierung und industrialisierung waren innenpolitisch offenbar so belastend, daß man dem volk die kunst offerierte, die es mag. das ist, wie man meint, die kunst der paläste, des prunks, des goldes, die kunst als selbstzweck, als dekoration für die dekoration. das ist dann zugleich die kunst des staates, mit der dieser seine existenz als macht und übermacht visualisiert. das volk braucht, glaubt man, anbetung. in ähnlicher weise werden auch wir heute mit lebens- genuß bedient, vorbei die nachkriegszeit, vorbei die 68er- revolte, vorbei die zeit der sozialbewegungen, wir richten uns ein in der schönheit selbst, auch wenn wir bald im müll ersticken und die welt dabei ist, kaputtzugehen, vorbei die utopien einer neuen gesellschaft, einer neuen erziehung, eines neuen miteinander, neuer geschlechter- beziehungen, vorbei die bewegung um ein leben ohne chemietod, um eine nahrung ohne zusatzstoffe, um eine natürliche natur. wir sprühen wieder unsere haare ein mit FCKW und in allen farben, wir tragen, was schön macht, und die obersten dienstleistungen der dienstleistungs- gesellschaft sind die der verschönerung, des stylings und designs. wir leben inzwischen in einer designgesellschaft des putzes. design und architektur sind in einer tiefen krise. sie laufen gefahr, zum handlanger von moden zu werden, sie sind nicht mehr aus dem argument und aus der begrün- dung abgeleitet wie wissenschaft und technik, sondern aus der laune, dem ästhetischen zufall, je nachdem, wel- che kunst man gerade anbeten und ausschlachten kann. das hat zu einem guten teil seine ursache darin, daß es keinen beruf gibt, der sich mit theorie und geschichte des designs beschäftigt, so wie der kunsthistoriker seinen festen platz in der heutigen kultur und wissenschaft hat. in unserem wissenschaftsbetrieb ist der industriearchäo- loge, der mann der technikgeschichte und der technik- theorie noch nicht angesiedelt, und also ist design und technikorientiertes bauen ohne jede intellektuelle be- gleitung und analytische darstellung. ein paar ausnah- men bestätigen nur den sachverhalt, zu goethes zelten hat man neben der naturschönheit die kunstschönheit, entdeckt und den kunsthistoriker zu ihrem verwalter be- stellt, eine designschönheit, eine schönheit der technik, hat man noch nicht ausgemacht und also noch nicht den theoretiker der technischen artefakte bestellt. es erweist sich als verhängnisvoll, daß design und archi- tektur in der theorie von den kunsthistorikern verwaltet werden, design ist alles andere als kunst. design und kunst verhalten sich wie wissen und glauben, es mag wissen- schaftler geben, die religiös sind, aber wissenschaft ist prinzipiell etwas anderes als religion. design muß wie wissenschaft und technik begründet werden, es lebt aus dem argument. kunst und metaphysik stehen außerhalb des arguments. hier wird gesetzt, nicht begründet, auch wenn thomas von aquin sagt, glauben und wissen können sich nicht widersprechen, bleibt der glaube trotzdem so subjektiv, daß alles geglaubt werden kann, was keinen widerspruch darstellt, im gründe gibt es so viele religionen wie es individuen gibt. design bezieht sich auf sachverhalte, es ist der sprache verwandt, auch die sprache ist so viel wert wie ihre fähig- keit, sachverhalte wiederzugeben, ihre leistung besteht darin, auch diejenigen sachverhalte wiedergeben zu kön- nen, die sie bislang nicht ausgesprochen hat. ihr grad- messer ist ihre treffsicherheit. versuche, mit der sprache inhaltsfrei zu hantieren wie in der abstrakten kunst, darf man als gescheitert ansehen. design besteht darin, produkte ihrem sachverhalt ent- sprechend auszubilden, und das heißt vor allem, sie neuen sachverhalten anzupassen, in einer sich ändernden welt müssen auch produkte sich ändern. aber was ist der maßstab von design, die neuen sach- verhalte oder die kunst? heute ist design abgesackt und degeneriert zur angewandten kunst. die postmoderne ist ein neuer glaube, sie ist kein design, sondern eine art religion oder, wie sie sich selbst definiert, dem mythos verpflichtet, welchem mythos? dem des 20. jahrhunderts, dem der archetypen, dem der vorge- schichtlichen sozialen strukturen? man darf wählen zwischen c. g. jung und claude lévi-strauss und muß nicht überrascht sein, wenn man bei alfred rosenberg und sei- ner art der weltgestaltung ankommt, von der architektur des postmodernismus zum neoklassizismus stalins und hitlers gibt es keine brücke der vernunft, keine brücke des arguments, wohl aber eine brücke des mythos. der rückfall mussolinis vom futurismus in die architektur des alten rom ist der weg des mythos und entspricht dem rückfall leon kriers in eine filmstadt aus antiken versatzstücken., über mythos kann man nicht streiten, aber über design kann man streiten, so wie man streiten kann über wissen- schaft, technik, über ökonomie und politik, über alles, was die heutige welt bestimmt und sie zusammenhält oder auseinandertreibt, design ist zu begründen. ich weiß, daß man das nicht wahrhaben will, magnago lampugnani sagt, der stuhl nähere sich heute dem kunst- werk. dafür müsse man einige unbequemlichkeiten in kauf nehmen. das wäre in anderen zeiten als barer unsinn, als stuß deklariert worden, in unserer pluralistischen gesellschaft scheint auch das denken pluralistisch zu werden, unkritisch, angepaßt, ausgewogen, an die stelle des kleinen einmaleins tritt das große sowohl-als-auch. ein stuhl, auf dem man schlecht sitzt, ist ein schlechter stuhl, er kann vielleicht zu einem kunstwerk werden, sobald man ihn an die wand hängt, wo er eigentlich nicht hingehört, zu einer psychischen requisite. gutes design wird er nie. man sieht, die einfachsten sachverhalte sind verscho- ben, verstellt, verdreht, verrückt, verhunzt. es scheint dem denken, auch dem denken in einfachen sachverhal- ten, nicht gut zu bekommen, wenn es sich in den mythos zurückzieht und die erscheinung als symbol versteht. es gibt heute kein homerisches lachen, keinen home- rischen spott mehr, sonst würde eine solche neue philo- sophie allein von der puste weggefegt werden, die das lachen über ein solches programm auslösen müßte. nein, wir bleiben ernsthaft dabei, auf einem unbequemen stuhl zu hocken, wenn er nur ein angehendes kunstwerk ist. ein stuhl, auf dem man nicht gut sitzt, ist ein schlech- ter stuhl, auch wenn er sich zum kunstwerk eignet, er ist schlechtes design. eine solche aussage hat heute seltenheitswert, wer andersherum argumentiert, eben daß stühle sich heute dem kunstwerk nähern und man infolgedessen einige unbequemlichkeiten in kauf nehmen müsse, wird neuer direktor des architekturmuseums in frankfurt (wie mag- nago lampugnani). der frühere direktor, der kunsthistoriker heinrich klotz, ist heute berufen, in karlsruhe ein neues zentrum für moderne medien, kunst und design zu machen, dies im auftrag von lothar späth, dem hellhörigsten minister- präsidenten, der seinem land eine „new future“ geben wollte. lothar späth hat die zeichen der zeit erkannt, während franz josef strauß seinem land einen neuen öko- nomischen input geben wollte mit atomenergie, atom- wissenschaft, atomtechnik, und eine neue industriezone von oberpfaffenhofen, ottobrunn, wackersdorf bis erlan-, gen, ist lothar späth auf einer etage höher angekommen, bei der informationsgesellschaft, bei silicon valley, beim computer und bei computer-art. beide landesherren haben dem liberalen staat mit seiner marktwirtschaft ein schnippchen geschlagen und haben wirtschaftspolitik, forschungspolitik und kulturpolitik als merkantilistisches planungs- und steuerungselement eingesetzt, zum wohl ihrer bürger. zwar beteuerte jeder, keine staatseingriffe zu dulden, und lothar späth sagte, nichts sei dümmer, als wenn ein politiker sich in die kul- tur einmischen wollte. weder franz josef strauß noch lothar späth machten kultur-, forschungs- oder wirtschaftspolitik als solche, aber sie verteilten die mittel, die subventionen, jede mark und jeden pfennig, den die öffentlichkeit für kul- tur, wirtschaft, wissenschaft und forschung ausgibt, ob das nicht planung und lenkung ist? die politik von franz josef strauß ist, ein jahr nach seinem tod, mit dem ende von wackersdorf, ein friedhof. so schnell rennt der merkantilismus gegen seine eigene wand, der nobelpreisträger mößbauer, das eingekaufte aushängeschild der neuen forschung in bayern, wollte das land ohnehin am liebsten wieder verlassen. lothar späth residierte weiter als ein fürst, er ließ der kultur, der wirtschaft, der forschung alle freiheit, wie er sagte. geld gab es aber für den, der diejenige kultur, die- jenige wirtschaft, diejenige wissenschaft betrieb, die der landesvater wollte. damit war lothar späth der sorgende vater all dessen, was sich im lande tut. er machte die kultur, er machte die wirtschaft, er machte die forschung, so wie jedes fürstenhaus das wohl seines landes bestimmte, es waren die herzöge von württemberg sowie die kurfürsten und markgrafen von baden, die die schlösser ludwigsburg, stuttgart, solitude, mannheim, karlsruhe bauten und den gewerbefleiß förderten, der aus den alemannischen lan- den blühende industriestaaten machte. das ist zwar alles historienschwindel, denn es waren die handwerker, die städte, die zünfte, die ein blühendes land hervorbrachten, ehe es der absolutismus zugrunde richtete. die fürsten haben steuern erhoben und die ein- künfte verbaut und verpraßt, so daß sie ihre landeskin- der gegen geld als kanonenfutter an fremde herrscher verkaufen mußten, trotzdem steht dieses modell, sagen wir das „blühende barock“, auch für die heutige kultur in diesem land pate. kultur in baden-württemberg ist staatskultur, zwei beispiele:, das eine ist ulm und die schließung der privaten hoch- schule für gestaltung durch den staat. das andere ist das neue kunst- und medienzentrum in karlsruhe, ebenfalls eine initiative des staates. lothar späth sagte es selbst, daß er es war, der die hochschule für gestaltung in ulm geschlossen hat, aller- dings im auftrag des damaligen ministerpräsidenten filbinger und seines kultusministers hahn. unglücklicherweise erhielt diese schule im nachhinein einen bedeutenden internationalen ruf. sie konnte nicht mehr durch gewolltes vergessen zugedeckt werden. lothar späth ging sogar so weit zu sagen, daß die schlie- ßung dieser schule eine seiner größten dummheiten ge- wesen sei. er ging noch weiter, er wollte eine nachfolge- institution gründen, so jedenfalls versteht sich das in karlsruhe entstehende zentrum für kunst und medien- technologie. der beauftragte für dieses zentrum, heinrich klotz, sagt: „als vorbild können das bauhaus dessau und die ehe- malige hochschule für gestaltung in ulm dienen, das bauhaus hat zum erstenmal die kunst vom handwerk auf die maschine orientiert, die ulmer hochschule hat in fortsetzung des bauhauses kunst und industrieprodukt verbunden, das ZKM bezieht, den neuen möglichkeiten des ausgehenden 20. jahrhunderts entsprechend, die künste auf die digitalen techniken.“ das ist, was ulm betrifft, schlichtweg falsch, das gegen- teil ist richtig, der ruf und die arbeitsresultate der hoch- schule für gestaltung resultieren nicht aus einer verbin- dung, sondern aus einer trennung von kunst und industrie. wir haben künstlerateliers abgelehnt, die künstler und die kunst waren schon aus einer mangelnden vorbildung heraus nicht in der lage, auf die industrielle zivilisation einfluß auszuüben. wir mußten eine neue auffassung eines neuen, technisch orientierten designs entwickeln, das aus der technik für die technik denken konnte und aus dem wissen um produktion, verfahrenstechnik, her- stellungsverfahren, ökonomische organisation kompe- tent genug war, einfluß zu gewinnen auf eine humanere gestaltung von industrieprodukten, eine bessere soziale verträglichkeit und die steigerung des gebrauchswerts. hierzu kann man landauf landab die kunst befragen, sie hat keine antwort dazu bereit. sie ist am jenseits, nicht am diesseits interessiert. heinrich klotz ist kunsthistoriker. es ist kein besonderer ausweis seiner wissenschaftlichen methode, das glatte gegenteil dessen zu behaupten, was wirklich war. es gab, kein künstlerisches vorbild für die gestaltung der radios und elektrogeräte der firma braun. es gab kein künstleri- sches vorbild für das visuelle erscheinungsbild der deut- schen lufthansa oder der olympischen spiele in münchen. im gegenteil, wenn jemand meinte, es gebe allgemeine künstlerische kriterien für das design, mußten wir uns von ihm trennen, wir dachten dinge aus der sache heraus, viele dozenten waren ursprünglich einmal künstlerisch tätig gewesen, ihre lebenserfahrung war aber genau um- gekehrt: kunst ist untauglich für zweckgerichtete ent- wurfsarbeit. sie stört sie nur. man kann infolgedessen bereits heute prognostizieren, daß die maler, die jetzt die neuen digitalen techniken verwenden sollen, sehr bald ihre computer stehenlassen werden, weil sie nicht wissen, wie mit ihnen umzugehen. ich habe selbst genügend praktische erfahrung mit com- putern, um zu wissen, wie schwierig es ist, sie zu bedienen, wenn man ihnen kreativität abverlangt. die schwaben, keine schlechten techniker und keine schlechten arbeiter, nennen sie „blechesel“. blechesel, weil man ihnen alles sagen muß, was sie zu tun haben, und weil sie nur auf den hören, der ihre sprache spricht. ein designer muß in den kategorien der technik und der wissenschaft zu hause sein, die lehrpläne der hoch- schule für gestaltung in ulm waren modelle für neue konzepte des verantwortlichen umgangs mit der technik und ihre moralische und kulturelle beherrschung. zu malen war hier entschieden zu wenig, und mit ästheti- schen empfindungen konnte man kein gespräch mit einem ingenieur oder einem ökonomen anfangen. sogar die ästhetischen dimensionen waren aus gebrauch und technik zu entwickeln. gut, diese schule existiert nicht mehr, sie wurde abge- würgt, geschlossen, so wie auch das bauhaus dreißig jahre zuvor geschlossen wurde. damals von einer dikta- tur, diesmal von einer demokratie. in keinem fall kann man sie aber, ohne eigenes unverständnis zu demon- strieren, in beschlag nehmen für ein zentrum für kunst und medientechnologie und eine darin integrierte design- schule, ulm wäre eine warnung. die moderne hat sich, vielleicht am deutlichsten ab- lesbar in den werken der ingenieure des letzten jahrhun- derts, aus einem unbefangenen umgang mit der technik als offenem system entwickelt. mit dem glaspalast von london, erbaut 1851 von joseph paxton, ist ihr konzept vollständig ausgebreitet, die kunst selbst war daran nicht beteiligt, sie hing damals der kopie historischer vorbilder nach, ein mehr peinlicher als kreativer vorgang., diese haltung der moderne manifestiert sich weiter im konstruktivismus, bei dem allerdings technik oft expressiv verwendbares material für kunst war. sie ist heute wieder sichtbar in bauten von rogers, foster und hopkins, die sich auf buckminster fuller, prouvé und wachsmann berufen. die moderne hat technik integriert, sie läßt sich definieren als kreative äußerung der technik selbst in der verant- wortung gegenüber einer menschlichen gesellschaft. ich komme auf den stuhl zurück, ein moderner stuhl in diesem sinn kann nur ein konstruktiv intelligenter stuhl sein, ein herstellungstechnisch sauber durchdachter stuhl, dem man die kriterien wissenschaftlicher ergono- mie ansieht. dieser stuhl ist allerdings nur zu entwerfen, wenn man den technischen verstand eines charles eames hat, der für seine arbeit den kopf ebenso anstrengte wie ein arzt für eine operation. visionen reichen hier nicht aus, sie richten sogar schaden an, und seien sie noch so künstlerisch. die krise der moderne liegt darin, daß man an die stelle des denkens und der kriterien des machens eine ästheti- sche vision setzt. eine solche vision sieht dann so aus, daß man einen stuhl hat aus einer mixtur von „zeitgemäßen“ materia- lien, von lochblech, buchenholz und plastik, bunt bemalt, eine spektakuläre erscheinung, aber ungeeignet, darauf zu sitzen. womit wir wieder beim motto der neuen welle wären, die freilich wie jede welle eine mode ist: die gegen- stände werden zur kunst, das leben wird zur kunst. das verhältnis von kunst und technik ist irreversibel, technik hat eine eigene technische schönheit, es gilt aber nicht umgekehrt, daß kunst eine technische dimen- sion hat. die materielle technische bedeutung eines van gogh ist gleich null gegenüber seinem kunstwert oder gar seinem kunstmarktwert, ganz abgesehen davon, daß heutige kunst schon aus protest billigmaterial, müll und schrott verwendet. wir haben es hier mit zwei weiten zu tun, einer, die an technik uninteressiert ist und sie untech- nisch verwendet, und einer, die funktionierende technik ästhetisch verarbeitet. ein computer, der für kunst ein- gesetzt wird, muß nichts leisten und erzeugt beliebige ästhetische gebilde, aber immer die, die man ihm eingibt. eine plastik, die etwas leistet, ist kein kunstwerk mehr, sondern eine maschine oder ein gerät, und ihre ästhetik ist bezogen auf ihren gebrauch. kunst aber will außerhalb der leistung stehen. kunst ist syntax ohne semantik. sie will nichts mitteilen, sonst wäre sie eine nachricht. sie steht dem symbol näher als der aussage, sie widmet sich der redundanz. und wer, bei dieser sachlage den versuch unternimmt, kunst auf die technik zu übertragen, der landet beim zuckerguß, sei er stalinistischer art oder von postmoderner qualität. kunst bewegt sich im bereich des symbols. ein kreis, ein quadrat wird von kandinsky symbolisch interpretiert, ebenso die farben rot, grün oder blau. außerhalb der welt der symbole wäre ein stück filz oder ein stück margarine filz und margarine. in der kunst will es etwas anderes sein, vielleicht das, was man zeitgeist zu nennen pflegt, also etwas höheres, das uns an hegels weltgeist denken läßt, nur sind wir mißtrauisch geworden gegenüber einer welt- vernunft. die wahrheit liegt in der sache, nicht darüber. die krise der moderne interpretiere ich so, daß der inge- niöse konstruktivismus des 19. jahrhunderts, dokumen- tiert durch namen wie paxton, eiffel oder maillart, von der kunst eingeholt und in beschlag genommen, verein- nahmt wurde. diese dominanz der kunst ist ein wider- spruch, es gäbe ihn nicht, wenn nicht obrigkeiten mit dieser art ästhetischer metaphysik politik machen könn- ten, kulturpolitik, die aber handfeste interessenpolitik ist, staatspolitik zur absicherung des status quo. die welt ist in einem eigenartigen zustand. wir ent- decken das waldsterben, tun alles mögliche dagegen, und es nimmt weiter zu. wir entdecken schadstoffe in unserer atmosphäre, wir tun alles mögliche dagegen, und die ver- seuchung nimmt weiter zu. wir entdecken das ozonloch, wir verbieten das fluorchlorkohlenwasserstoffgas, und das ozonloch wird größer und größer. wir produzieren jede menge müll und giftige abfallstoffe, wir tun alles mögliche dagegen, aber gifte und müll wachsen zu bergen an, die wir kaum noch beseitigen können. wir wollen den ausstoß von kohlendioxyd reduzieren, aber die welt- erwärmung nimmt zu. wir haben dioxinfässer verbrannt, und der umweltminister entdeckt resignierend: alles ist von dioxin verseucht. hier wäre design gefragt, denn wir sprechen von pro- dukten, die ausschließlich von menschen hergestellt werden. hier wäre design gefragt, das kritisch ist, dinge in frage stellen kann, das analytisch ist und wurzeln auf- decken kann. statt dessen wird design heute durchgän- gig vom staat gefördert als mittel, noch schönere ver- packungen zu machen, den konsum mit noch mehr produkten anzuheizen, die man gar nicht haben will, die oberflächen der oft oberflächlichen dinge noch bunter und attraktiver zu machen und das dasein zum absolvie- ren von ständig sich ändernden moden zu erniedrigen. der staat ist interessiert an einer zufriedenen, ruhig- gestellten gesellschaft und an jener zuckerbäckerkultur,, mit der die macht noch immer versucht hat, sich kriti- schen situationen zu entziehen. je bedenklicher der zu- stand der welt ist, um so schöner soll sie werden. noch nie wurden so viele museen gebaut wie heute, gotteshäuser einer jenseitigen ästhetik. mitstreiter findet der staat immer, es ist geld da. kein einzelner kann heute eine schule mehr gründen. alle designschulen, alle architekturschulen gehören dem staat, er bezahlt alle ihre lehrer, er genehmigt alle ihre lehrpläne. er bezahlt alle ihre einrichtungen. er hat das sagen auf elementarste weise, ohne daß er auch nur den zeigefinger zu erheben bräuchte. design degeneriert, so die amtliche definition, zur verkaufsförderung. es wird zum elixier des konsums in einer informationsgesellschaft. ein design-center schießt nach dem andern aus dem boden. wir erleben den ruin der kultur durch die vereinnah- mung durch den staat. der staat braucht hier nicht ein- mal einfluß zu nehmen. dadurch, daß er es ist, der die futterkrippe füllt, hat er selbst die wildesten tiere ge- zähmt. der bürger ist domestiziert, definitiv, der staat schenkt gönnenwein aus. der staat hat meine jugend kaputtgemacht, ich war zwölf jahre, als hitler an die macht kam. der staat hat die hochschule für gestaltung kaputtgemacht, zu deren be- gründern ich gehörte. das war in der demokratie, die sich als eine repräsentative versteht, eine führerdemokratie. der staat macht vor unseren augen eine kritische und analytische kultur kaputt und degeneriert die kreativität zur Herstellung schöner fassaden und schöner verpackun- gen. die show muß noch bunter werden, das prinzip des fortschritts heißt umsatzsteigerung durch noch schöne- ren konsum. der merkantilismus in diesem land ist kulturell so aktiv wie die erbauer der schlösser in ludwigsburg, auf der soli- tude oder in karlsruhe. eine barocke bauwut hat den staat erfaßt. er baut rundum die neuen kirchen der er- bauung, die museen. die moderne findet wieder zu span- genschuh und perücke, zu seide, reifrock und puder, zu einer neuen corporate identity, zu einer neuen kultur der oberfläche und oberflächlichkeit. wir haben brot, wir haben spiele. es geht uns so gut wie nie zuvor, mag die zeituhr noch so laut ticken. genuß ist der lebensinhalt. die zeiger und zifferblätter der zeituhr werden so pfiffig und schön, daß man sie nicht mehr lesen kann, weil man sie nicht mehr lesen soll. das ist es, was die moderne heute zu leisten hat. niemand soll mehr wissen, was die stunde schlägt., verzicht auf symbole es gibt zahlreiche bemühungen, in deutschen städten denkmäler für den deserteur in den weltkriegen aufzu- stellen. ich kann mich dafür nicht erwärmen, man denkt, weil ich ein anti-kriegsbuch geschrieben habe, das buch eines deserteurs, würde ich die sache unterstützen. ich weiß auch nicht so recht, warum ich selbst gegenüber denkmälern und gedenkstätten für die opfer des natio- nalsozialismus skeptisch bin. für auschwitz gibt es kein denkmal mehr. einem mitarbeiter eines museums im KZ neuengamme rate ich, an die stelle des symbols und des symbolischen gedenkens information zu setzen, aufklärung. jeder soll wissen, was die leute im KZ zu essen bekamen, was sie arbeiten mußten, wie sie zusammen lebten, wie sie be- handelt wurden, welche strafen es gab, welche gesetz- lichkeit, wie hoch die sterberate war. je nüchterner eine solche information ist, je weniger rituale des gedenkens einfließen, um so stärker würde sie sein. das faktum ist stärker als die interpretation. in allen deutschen städten gab es einst denkmäler des deutschen kaisers. sie sind verschwunden, es wüßte auch niemand mehr den unterschied zwischen einem kaiser wil- helm dem ersten und einem kaiser wilhelm dem zweiten. bismarck-denkmäler stehen noch, auch ein sozialdemo- kratischer bundeskanzler von heute oder der herausgeber eines deutschen nachrichtenmagazins kann ein verehrer von bismarck sein. gerade hier zeigt sich, wohin man kommt, wenn man information durch symbol ersetzt. über bismarck sollten die deutschen mehr wissen. sie sollten wissen, daß der wehretat preußens siebenmal so hoch war wie der frankreichs, daß bismarck bewußt seine methode, politik zu machen, als eine solche von blut und eisen verstand, sie sollten wissen, wie er demokraten lächerlich machte, sie sollten wissen, wie systematisch er auf länderraub ausging, wie er friedliche städte und länder überfiel. sie sollten wissen, daß er einer der her- ausragenden politiker der gewalt war, der macht des stärkeren, der politik des schreckens. der vielgerühmte realpolitiker ist bismarck erst geworden, als er alles hatte, was er wollte, und sich sagen mußte, daß er den bogen überspannen würde, wenn er weiterginge. bismarck versteckt sich hinter seiner gestalt. und so wagt sich der deutsche historiker nicht an die politik bismarcks als sache heran. vor ihr steht das symbol. das denkmal verstellt die wirklichkeit., das symbol ist im deutschen denken allerdings mehr als das wissen. die welt, die man nicht rational ergründen kann, erscheint im symbol. das unsagbare wird erschei- nung. in deutschland vermochte keine aufklärung die rolle, die stellung des symbols in der hierarchie des den- kenszu erschüttern. wir sind gläubig geblieben, auch in der politik. in frankreich ist die marianne als symbol der grande nation eine allegorie. aber eine allegorie ist kein symbol, sie ist ein bild, ein vergleich, eine umschreibung. und menschliche kommunikation basiert auf bildern. bilder sind oft genauer als wissenschaftliche definitionen. vieles entzieht sich der beschreibung, der rationalen erfassung. nicht alles, was ist, ist vernünftig, und nicht alles, was vernünftig ist, ist auch wirklich. die identifi- kation von vernunft und wirklichkeit ist prinzipiell un- statthaft, weil rationale definition eine kulturleistung ist, wie die gradeinteilung der erde eine leistung ist, die in der natur nicht vorkommt, wissen wird geschaffen. also bleibt vieles, was ist, außerhalb des wissens. die frage ist nur, bleibt es prinzipiell außerhalb des rational erfaßbaren und damit immer draußen, oder ist es ledig- lich noch unerschlossen. für den franzosen, so er in der tradition der aufklärung steht, ist es noch unerschlossen. für den deutschen gibt es ein wissen über der rationalität. es erscheint im sym- bol. es erscheint im glauben, und es erscheint in der kunst. religion und kunst sind irrational, sie sind symbol. auch der wille, der wille nietzsches, der wille in der geschichte, der wille in der politik ist irrational, er erscheint im sym- bol. er erscheint im bild des antichrist, des übermenschen, des herren von burgen und schlössern, im krieg und im triumphbogen, in der parade und im reichsparteitag. es gibt grunderfahrungen des wirklichen, es gibt grund- erfahrungen des eigenen ich, die keine verfügungsmasse des rationalen sind. man greift zum bild. die sprache hat hundert bilder zur befindlichkeit des herzens, vom stei- nernen herz bis zum hasenherz. das bild bleibt hier aber information wie die definition auch. bildliche aussage und wissenschaftliche aussage liegen auf einer ebene, bedingen sich. sie wollen genau sein, wenn auch auf unterschiedlichen wegen. etwas anderes ist es bei den deutschen mit dem sym- bol. das symbol eröffnet andere welten. es erschließt das wesen und öffnet das eigentliche, das symbol hat tiefe, die wirklichkeit ist nur da. jeder herrscher kann bei einem denkmal nur auf einem pferd sitzen, es gibt keinen, der auf einem esel säße., bismarck steht da als aufrechte gestalt, stützt sich auf ein schwert, das ihm bis zur brust reicht. er besetzt die gestalt des ritters und war doch der zerstörer des alten reiches, ein mann der feldzüge und überfälle, der die ein- stige führungsmacht österreich aus dem reichsverband hinauswarf, um die vormacht preußens, eine folgen- schwere vormacht, zu sichern. ein kult der symbole brach aus. in deutschland wurde der begriff metaphysik verlagert auf das große, tiefe jen- seits, zu dem es keinen weg der vernunft gab. metaphysik ist, was man nicht erfassen, nur deuten kann. metaphysik ist die ahnung zwischen liebe und tod, ist die ahnung vom grund der welt, böcklin, auch ein verehrer von bis- marck, schuf das metaphysischste gemälde, „die toten- insel“, unschwer zu erkennen als eine symbolisierte vagina. im zeitalter einer viktorianischen moral, wo man über solche dinge nicht sprechen kann, schießen gerade für diesen bereich die symbole aus dem boden. die deutsche metaphysik geht davon aus, daß die welt von einem geistigen prinzip getragen wird. hier befindet sie sich in der tradition der griechischen philosophie. dieses geistige prinzip, ob idee oder weltvernunft, ist aber durch die tatsachen verstellt, deshalb ist das tatsachen- wissen eher ein hindernis, den weltgrund zu verstehen. wir brauchen ein erkennen, das über die vernunft hinaus- weist, und dieses erkennen manifestiert sich im symbol. so ist der deutsche nicht damit zufrieden, in einem staat zu leben und diesen staat nach seinen bedürfnissen und vorstellungen einzurichten, er braucht ein vaterland, das den staat überragt und ihn trägt, er braucht ein vaterland, das so groß ist, daß er auch bereit ist, ihm sein leben zu opfern. erst dieses höhere wesen vaterland gibt seinem leben einen sinn, eine ausrichtung. im vaterland wird der auftrag der geschichte wirksam. für einen staat zu arbeiten, der das bestmögliche leben aller seiner bürger garantiert, ist dem deutschen zu wenig. geschichte selbst, so hegel und auch marx, ist die welt- revolution. inzwischen haben auch die franzosen auf ihre art das symbol entdeckt. dies in gestalt der symbolischen existenz und im symbolischen handeln, der strukturalismus ist die entdeckung des symbolischen in geschichte und gesell- schaft. wir tun nicht das, was wir wollen, sondern das, was wir sollen. eine verborgene struktur, ein kodex der sitten und vorgaben führt uns. die bedeutung des tatsächlichen hat eine überbedeutung. damit erhält, wie in der post- moderne, die überbedeutung die möglichkeit, an die stelle des tatsächlichen zu treten., an die stelle einer tür tritt das portal, selbst auf dem lande entstehen einfamilienhäuser mit portalen, die von säulen auf jeder seite und einem giebel eingefaßt sind. die säulen haben zwar keine dorischen, ionischen oder korinthischen kapitelle mehr, sie sind der formensprache des bauhauses entnommen, aber sie repräsentieren eine symbolische, eine repräsentative existenz. ob die säule etwas trägt, ist belanglos, sie ist ein symbol. die römer, die ursprünglich in backstein bauten, hatten die säule von den griechen übernommen. es lag ihnen daran, nicht nur als staatsherren oder kriegsherren zu erscheinen, sondern als herren gehobener bildung. die banken und börsen des letzten jahrhunderts hatten die säulen von den römern übernommen, man wollte nicht nur als kaufmann oder fabrikherr dastehen und bediente sich als ausweis von kultur und bildung der klassischen säule, sei sie nun den römern selbst oder ihrer neuauflage, der renaissance, abgeguckt. die heutige säule ist glatt wie ein rohr, ohne basis oder kannelur, aber sie ist nicht weniger ausweis des höheren. sie übersteigt funktion, zweck, rationale definition, be- gründung aus der vernunft, sie ist verweis auf historie und kultur. sie ist ein zitat. sie bleibt im dialog mit archi- tektur von einst, gleichzeitig ist sie ein schulterschluß mit dem konservativen bürgertum des letzten jahrhun- derts, die postmoderne ist moderne rechtfertigung des historismus, mit dem die konservative gesellschaft ihre geschäfte getarnt hat. auch wir haben heute geschäfte zu tarnen, das resul- tat des großen geschäfts erweist sich als vergiftung von natur und umwelt, der überkonsum erweist sich als produktion von müll und schund, die schöne mobilität erweist sich als verstopfung unserer städte und als fru- stration selbst im urlaub. die wohnlichkeit in den neuen möbeln ist die frucht eines künstlichen holzes, dessen produktion die abgase entstehen läßt, an denen die wälder sterben. der klassenkampf, der ruinöse wettbewerb, der man- chester-kapitalismus, die ausbeutung des schwachen fand im 19. jahrhundert unter den symbolen der huma- nistischen bildung statt, vor dem hintergrund einer neo- klassizistischen architektur. die folgen des überkonsums erfordern eine ähnliche bemühung um bildung, histori- sches bewußtsein, klassische ästhetik und zugleich welt- aufgeschlossenheit. die welt braucht das symbol. so floriert die kunst wie kaum je zuvor, wie an fürstenhöfen. es werden museen gebaut wie kaum je zuvor, und die werke der armen maler, des impressionismus und expressionismus wandern in tresore nicht etwa des staates, sondern der versicherungs- gesellschaften und konzerne, die ihren schnitt mit dem neuen wohlstand machen. kunst ist das nicht verstehbare. versteht man das, was ein bild zeigt, ist es keine kunst mehr. so wendet sich auch die kunst ab von jeder form des verstehbaren, sie wendet sich der eigentlichen domäne des irrationalen zu, der ästhetik an sich. religion war einmal der glaube an eine lehre, an eine verkündete wahrheit. heute ist religion der glaube an das religiöse an sich, an das religiöse in jedweder form, an die erscheinung der welt als symbol. kunst war einmal das können, etwas darzustellen, kunst heute ist die ästhetik des nicht dargestellten. die ästhetik der ästhetik selbst, aus dem bild des abgebildeten wird das symbol des nicht abzubildenden. von nichts sprach der kriegsherr so oft wie von frieden. nichts beschäftigt den konzernherrn, neben seinem ge- schäft, so sehr wie die kunst. der mensch als symbolische existenz ist die voraussetzung einer gesellschaft, die nicht mehr davon lebt, was sie braucht, sondern ver- braucht, was produziert wird, der konsum selbst muß symbolischen wert erhalten. der sozialstaat wollte einmal die armut abschaffen. entstanden ist die wohlstandsgesellschaft. im augenblick sind wir dabei, auch diese wieder zu verlassen. wir kehren die dinge um. wir mästen uns in überproduktion. das wachstum muß wachsen. vom bedarfskonsum treten wir über zum symbolkonsum. es scheint, diese rechnung ist aufgegangen. die anzeige eines der größten autohersteller zitiert goethe: kunst bleibt kunst. sie informiert nicht über das auto, seine lei- stung, was es kostet. diese zahlen könnten erschrecken. sie informiert schon gar nicht über das verhältnis von auto und umwelt. sie erhebt das auto zur kunst, zur höheren idee. wer auto fährt, lebt in den höhen des abendlands. es ist zu unterscheiden zwischen symbol und zeichen. die menschliche kultur ist eine solche der zeichen. selbst die materie wurde in zeichen umgesetzt, in gewicht und masse, in mark und pfennig. zeichen stehen für etwas, deuten auf eine sache oder einen sachverhalt. das sym- bol will mehr. es greift über die sache hinaus. es blickt dahinter. das zeichen kann nicht mehr bieten als ein äquivalent zu sache und sachverhalt zu sein. das symbol will diese begrenzung aufheben, es will hinter die Dinge sehen. es begnügt sich nicht mit wahrheit, mit wahrheit als ent-, sprechung von zeichen, von aussage und sachverhalt. zugegeben, keine wahrheit ist erschöpfend. hinter jeder antwort tut sich eine frage auf. aber können wir, statt dann weiterzufragen, auf antworten verzichten und uns mit schein und erscheinung zufriedengeben? ja nicht nur zufriedengeben, sondern gerade in ihm, im schein, die wirkliche wahrheit suchen? die welt kehrt sich um. sie ist am ende nur noch er- scheinungsbild. nur noch erscheinung von erscheinun- gen. die sache verflüchtigt sich ohnehin. sachen mußten früher hergestellt werden. heute kommen sie aus der fabrik, aus der automatisierten und roboterisierten fer- tigung. arbeit ist nicht mehr herstellung von sachen. damit geht die erfahrung des machens verloren, wissen wird theoretisches wissen. den platz der erfahrung nimmt nun die erscheinung ein. die dinge werden nicht mehr entworfen. der entwurf wird ihnen im nachhinein über- gestülpt, als design, als erscheinungsform, als symbol. die dinge haben keinen zweck mehr zu erfüllen, sie sind produktion, die wir zu konsumieren haben, also existieren sie aus ihrer aufgelegten bedeutung, sie haben symbol- wert. die aussicht, daß heute ein auto wieder zu einem fahr- zeug wird, ist allerdings gering. jede sachliche darstellung des autos, des autoverkehrs und seiner folgen würde einer verteufelung gleichkommen. und die kann sich niemand leisten, weder der hersteller noch der politiker, der in dimensionen der nationalökonomie denkt, und schon gar nicht der kunde, der im auto die neue freiheit vorgeführt bekommen hat. er glaubt an sie, auch wenn er im kilo- meterlangen stau steckt, der symbolische gebrauch der dinge setzt den glauben an symbole voraus, und wer an symbole glaubt, rettet die ökonomie der symbole. unsere zivilisation vertreibt uns aus jeder art arbeit, sei es die herstellung von dingen, das ernten von fruchten oder die erfüllung von dienstleistungen. nur die arbeit ist von wirklich ökonomischem nutzen, die von maschinen, automaten und robotern geleistet wird, die eigene mensch- liche arbeit ist ein störfaktor in der heutigen national- ökonomie. sie wird in die nähe der schwarzarbeit gebracht. der einzige tätigkeitsbereich, der dem menschen über- lassen bleibt, ist, entscheidungen zu fällen. entscheidun- gen am computer, entscheidungen in amtsstuben. damit verlieren wir die beziehung zu dingen und sachen, das verständnis von ursache und wirkung, von entwurf und folge, alle gründe und zwecke, alle kausali- täten und relationen verflüchtigen sich aus unserer welt. übrig bleibt der genuß., genuß gibt es in zweierlei formen, einmal als physiolo- gische befriedigung und zum anderen als mentale befrie- digung. der auslösefaktor der mentalen befriedigung, etwa so stark zu sein wie schwarzenegger oder so clever wie al capone oder so erfolgreich wie frank sinatra, ist das symbol. und zwar nicht das symbol als zeichen, son- dern als traum, als transzendenz. arno schmidt meinte, daß es in einer zukünftigen welt nur noch oberflächen gebe, nicht mehr ein wesen der dinge. inzwischen haben wir es bereits weiter gebracht, wir kaufen die dinge nicht mehr wegen ihres aussehens, wegen ihrer form, wir kaufen sie als symbol. sie repräsentieren nicht mehr sich selbst, sondern das, was man ihnen als transzendenz eingehaucht hat. ökonomie heute ist herstellung säkularisierter trans- zendenz, ist die produktion von träumen. wehe, es spricht noch jemand vom tatsächlichen, es spricht noch jemand von zwecken und funktionen, es spricht noch jemand von sinn und unsinn. er kann auf dem markt nicht mehr fuß fassen, es sei denn, er ist in der lage, seinen eigenen markt zu schaffen. nichts ist mehr sich selbst. alles verweist auf etwas anderes, muß sein wie jenes und dieses. ein stuhl ist nicht mehr ein stuhl. er muß aussehen wie eine plastik, wie ein kunstwerk. anders läßt sich kein wachstum des marktes mehr garantieren. anders kann nicht zusätzliche kaufkraft geschaffen werden, anders gibt es keine expansion der produktion mehr. anders gibt es kein wachsendes brutto- sozialprodukt. das symbol garantiert die verfügungs- gewalt über den markt, über den konsumenten. im sym- bol erscheint die transzendenz der herrschaft. das ist die eine welt. die andere ist, daß wir in der tat symbol für symbol zerstören. seit woodstock brennen alle kulissen. die bühnen bestehen aus gestänge und scheinwerfern. das licht als schein, als jenseitige stim- mung ist erloschen. die simulation von sonnenuntergang und götterdämmerung ist verglüht. licht ist das elektri- sche licht. es kommt aus scheinwerfern, die man sieht. an stelle der inszenierung des jenseits tritt technische hardware und ihre operationelle verwendung als spiel. ein strahler erzeugt einen lichtstrahl, ein farbfilter ein farbiges licht, ein dimmer schafft hell und dunkel und minimotoren erzeugen rotation. und das alles vor dem gesamten versammelten publikum. nichts ist versteckt. man wird an den marionettenspieler erinnert, der um so überzeugender ist, je mehr man seine schnüre und handhölzer sehen kann. man wird an bach erinnert, für den musik aus tönen bestand., was ist, darf man sehen. auch das ist eine botschaft des jahrhunderts, die zweite, wenn die erste war: nichts ist real, alles ist symbol. was ist, darf man sehen, ist ein grundsatz, der keine tabuisierung mehr zuläßt und ein- dringt ins allerheiligste der herrschaftsmechanismen, ins geheime magazin der machtausübung. ein scheinwerfer ist ein gebilde aus blechernen zylin- dern, aus kegeln, aus einem spiegel, einer lampe, aus schrauben, aus haltern und befestigungen. man darf es sehen. das licht, das er erzeugt, ist ein anderes licht als der schein. es ist ein technisches licht, das licht nicht der sonne, sondern der glühbime. seit es den strahler gibt, gibt es diesseitiges licht, licht ohne symbolwert. das licht, einst symbol metaphysischer dämmerung, wird hergestelltes technisches medium, die aura des symbols verglüht. das heutige licht ist hausgemacht. richard wagner, der meister des metaphysischen lichts, der me- taphysischen musik wird vom elektroingenieur weg- getragen., ästhetische existenz jeder kocht das, was er anbaut, sagt ein mexikanisches sprichwort. auf unsere verhältnisse in europa übersetzt, könnte es etwa heißen, jeder denkt das, was er macht. und was macht ein bankangestellter, ein wirtschaftswis- senschaftler, ein beamter des statistischen bundesamts, ein ersatzteilverwalter bei BMW oder ein genforscher bei la roche in basel? er bedient einen computer. was macht ein europäer heute? er macht nichts mehr, er entscheidet. er sitzt vor seinem bildschirm, und wenn der rechner nicht mehr weiter weiß und die eine oder andere möglichkeit anbietet, sagt der europäer: probie- ren wir es einmal mit dieser, dann mit der anderen lösung. irgend etwas wird gehen. wir schreinern uns keine eigenen möbel mehr, wir sin- gen keine eigenen lieder mehr, wir graben keinen eigenen garten mehr um, wir basteln keine eigenen spielzeuge mehr, wir kochen nicht mehr eigene suppen und speisen, wir schreiben keine eigenen briefe mehr, wir säubern nicht mehr selbst unsere eigenen räume, wir entledigen uns sogar der eigenen kommunikation. alles kommt aus dem kühlschrank, aus dem fernseher, aus dem selbstbedienungsladen. damit hat der mensch wohl die schwierigste aller schwierigen existenzen er- reicht. er braucht nicht mehr zu arbeiten, er braucht nicht mehr zu denken, er braucht nichts mehr zu machen, er ist frei. er muß nur noch programme einschalten. aber der mensch im menschen ist nicht unterzukriegen. nichts geht ihm über seine wirkliche freiheit. er ist er selbst durch seine selbstbestimmung. was aber will er bestimmen, wenn es nichts mehr zu bestimmen gibt? das, was nicht bestimmt ist. das ist die ästhetische er- scheinung. niemand kann mir verbieten, einen bart zu tragen wie wilhelm der zweite. niemand kann mir verbieten, einen frack anzuziehen wie stresemann, niemand kann mir ver- bieten, zum essen meinen hut aufzubehalten, niemand kann mir verbieten, bilder zu malen, auf denen alle men- schen auf dem kopfstehen. das reich der freiheit ist immer mehr reduziert auf das reich der ästhetik, und da ist alle freiheit erlaubt, in der ästhetik gibt es keine verböte, keine normen, keine regeln, das, was man als ästhetisches faktum setzt, ist existent, ist legitim, ist rechtens, ist zwangsläufig, ist korrekt, ist da. die wahre menschliche existenz heute ist also eine ästhetische existenz., so weit, so gut. nun aber fängt die frage an: welche ästhe- tik setze ich mir, welche wähle ich aus, in welche schlüpfe ich hinein? daß viele in die ästhetik von vorbildern, in die ästhetik der beach boys oder von udo lindenberg oder von mutter theresa oder von madonna oder von karl lagerfeld oder katharine hamnett hineinschlüpfen, wollen wir mal beiseite lassen, jeder mensch lebt von orientie- rungen und objektivierungen. man schätzt sich selbst ein, indem man andere einschätzt. die ästhetik, die man selbst wählt, ist nicht nur ein problem der eigenen person, der übereinstimmung der eigenen anlage und des eigenen talents mit einem objek- tiven gegenüber. die ästhetik heute ist der ausweis, zu welcher klasse man gehört. der kommunismus, der sozialismus, lesen wir jeden tag in der zeitung, ist untergegangen. wir leben in einer klas- senlosen gesellschaft. wohl wahr. grund genug, klassen wiederzuentdecken, klassen neu einzurichten. diesmal nicht ökonomische klassen, diesmal ästhetische klassen, repräsentationsklassen. ökonomische klassen hatten primitive unterschei- dungsmerkmale: den lohn, das salär, das gehalt, das monatseinkommen. dies allein unterschied kapitalisten von proletariern. das signum der neuen klassen ist sub- limer. es beruht in der wahl der ästhetik. ein beispiel: ein fußballtrainer ist in der regel etwas älter, weil erfahrener als seine kicker. beim training kickt er mit ihnen im selben trainingsanzug wie sie. er muß nicht schlechter spielen können als seine zöglinge, aber man billigt ihm zu, daß er wohl kaum mehr ein ganzes spiel durchstehen würde. auf der reservebank, während eines spiels, sitzt der trainer inmitten seiner ersatzspieler. nun beginnt das spiel der ästhetik. der eine trainer sitzt da in der kleidung wie seine spieler. der andere trainer sitzt nicht, sondern steht, und er hat kein sportblouson, sondern ein jackett, und er hat keine sportschuhe, sondern elegante straßen- schuhe, und er hat keinen offenen kragen, sondern kra- watte oder fliege. seine hosen haben bügelfalten, was sonst kein einziger sportanzug hat. sein hemd ist zuge- knöpft, das gegenteil dessen, was man im sport anstrebt. seine hose ist auf taille geschnitten, etwas, was der sport verpönt. der sport war eine revolution gegen die guten sitten. man spielte nicht in jackett und knickerbocker, sondern in unterhemd und unterhose. daraus ist diese lässige, farbige trikotwelt entstanden, die dem spielen entspricht und es auch praktisch erst möglich macht., ein teamchef darf da nicht mitmachen, er hätte die fal- sche ästhetik. er braucht krawatte und sakko. er braucht halbschuh und bügelfalte. warum? weil nur der autorität hat, der es sich leisten kann, das unnütze, das unpraktische, das unsportliche zu tragen, solange die anderen das nützliche, das praktische und sportliche anziehen. die ästhetik des feinen mannes war immer die ästhetik des unpraktischen, des zweckenthobenen, des unmoti- vierten, des funktionslosen. von der welt der zwecke und ordnungen hebt man sich nur ab durch unsinn, oder etwas bescheidener ausge- drückt, durch nicht-sinn, durch sinnlosigkeit. das ist der grund, warum heute der funktionalismus verbal totgesagt ist. das sinnvolle, das zweckvolle, das nützliche, das vernünftige hat nichts zu suchen in der klasse der erhabenen. in ihr gilt das gegenteil. der mana- ger, der direktor, der geschäftsführer und der vertreter weisen sich nur aus durch die demonstration der unver- nunft, sei es in der kleidung, in der wohnung, beim auto oder sogar im denken. warum im nassen rasen des fußballstadions mit stadt- schuhen herumstehen, die sich nur zum gang vom auto ins büro eignen? warum als einziger im stadion mit zu- geknöpftem hemd dastehen? der mann hat autorität. er steht über der sache. zwar sagt er, wenn ein spiel verloren geht: da waren die spieler schuld, und wenn die spieler ein spiel gewonnen haben, sagt er, sie hätten seine strategie befolgt. man weiß bis heute nicht so recht: wer spielt nun fußball, der trainer oder die spieler? vom auftritt her, von der ästhetischen existenz her ist es evident. man muß sich danebenbenehmen können. die kunst hat sich immer danebenbenommen. daraus wird heute gefolgert: wer sich danebenbenimmt, macht kunst, ist ein kunstwerk. nur das fällt auf, was anders ist. dies ist der wahre grund für die heutige liaison von kunst und geschäft. geschäfte machen kann nur, wer so anders ist wie die kunst. die kunst ist die domäne des ganz anderen, das nor- male ist keine kunst. auch das sinnvolle ist keine kunst. die kunst ist legitimiert durch den anspruch, es immer ganz anders zu machen. wer so malt, wie man immer gemalt hat, ist kein künstler, sondern ein epigone. eine zeitlang gab es den versuch, das schöpferische mit dem nützlichen zu verbinden, das kreative mit dem vernünftigen. man meinte, auch nützliches könnte gut gemacht sein und schön aussehen. so wie ein sportschuh, oder ein fahrrad. die zeiten scheinen vorbei zu sein, auch das design bemüht sich heute, kunst zu machen oder wenigstens kunst zu vermitteln. design heute ist, gebilde zu machen, die aussehen wie von dalí, mondrian oder kandinsky gemacht. auf einem heutigen stuhl kann man nicht mehr sitzen, er ist gar nicht zum sitzen da. er dient dem ästhetischen ambiente, mit dem man seine über- legenheit demonstriert. umgekehrt, wer überlegenheit demonstrieren will, wer nicht so sein will wie die anderen, muß sich in die kunst einlassen. kein manager kann es sich heute leisten, nichts von kunst zu verstehen. kein konzern kann es sich leisten, keine kunst zu fördern. wir wissen natürlich alle, daß die welt anders ist. wür- den flugzeuge nach ästhetischen kriterien der laune gebaut, sie würden alle vom himmel herunterfallen. würden motoren nach ästhetischen kriterien konstruiert, sie würden nie laufen, würden straßenverkehrsordnun- gen nach ästhetischen vorstellungen gemacht, es gäbe keinen verkehr mehr. die welt ist, weil es folgerichtigkeit gibt, gesetzmäßigkeit und vernunft. selbst mauern wür- den nicht stehenbleiben, würden sie nicht zweckmäßig hochgezogen, wolkenkratzer würden umfallen, wären sie nicht nach berechnungen und logik errichtet, und alle suppen würden anbrennen, ließen wir sie nur nach ästhe- tischen motiven kochen. vernunft und zweckmäßigkeit sind nichts anderes als einsichten, wie die welt funktio- niert, und dies in allem und als ganzem, die natur kennt keine ästhetik gegen die vernunft. das wissen wir alle. trotzdem gibt es beim menschen eine ästhetische existenz, eine existenzform, die gegen zwecke und vernunft ist. und sie hat es wohl schon immer gegeben. vor zweihundert jahren stand der mann im rasen nicht in krawatte und bügelfalte da, sondern in spangen- schuhen und perücke. der privilegierte, der herausgeho- bene im absolutistischen staat, der adlige, der könig, der kaiser, manifestierte sich in der große der künstlichen perücke. und derjenige war der höchste, den diese perücke zur untätigkeit verdammte, weil sie sonst vom kopf ge- fallen wäre. je ausgeprägter eine herrschaft ist, um so mehr ent- wickelt sie ästhetischen aufwand. das ist bei der kuppel von st. peter so wie beim spiegelsaal von versailles oder bei der u-bahn in moskau. je größer die despotie, um so schöner wird die welt. früher hieß es: wissen ist macht, ganz früher mochte es geheißen haben: können ist macht. heute heißt es: schönheit ist macht. nur wer schönheit anbietet, hat aus-, sicht auf marktbeherrschung. nur wer in eine ästheti- sche existenz schlüpft, hat führungsqualitäten. dies freilich nur so lange, wie man unter ästhetik etwas versteht, das über zwecke und rationale begründung er- haben ist., die dritte moderne zeitgeist ist ein begriff, der den zeitgeist besonders gut trifft. geist ist das höchste, der geist der zeit das tiefste. aber wenn schon allgemeinbegriffe meistens allgemein- plätze sind, so erweist sich der zeitgeist als besonders unscharf. jeder darf ihn so verstehen, wie er ihn for- muliert. zeitgeist ist eine entdeckung der bürgerlichen kunst- geschichte, die es als unfein empfand, von tatsachen zu sprechen, und sich dem geistigen zuwandte. die zeit wurde in epochen eingeteilt, für die jeweils ein zeitgeist zu suchen war. blickt man zurück in die vergangenheit, mag sich vielleicht so etwas wie eine geistige gemein- samkeit aller lebensformen einer epoche erkennen lassen, kommt man aber näher an die gegenwart und ihre tat- sächlichen verhältnisse heran, werden die geistigen perspektiven immer unklarer. zeitgeist gibt es nur aus großer distanz. aber selbst bei einem so klar definierten kulturabschnitt wie dem barock tut man sich schwer, wenn man genauer hinschaut, um das gemeinsame zu entdecken. die geistige perspektive der zeit, von der kunstgeschichte gezimmert, knickt ein. die dampfmaschine ist eine leistung des barock. wie das? ja, erfunden von james watt 1765, zur selben zeit, als dominikus zimmermann und balthasar neumann ihre berühmten barockkirchen bauten. im barock wurde die rechenmaschine erfunden, der mechanische webstuhl, aber auch werkzeuge der modernen technik wie die bohr- maschine und die kreissäge. man baute erste flugkör- per, ballons und hanggleiter. johann sebastian bach, der mathematiker unter den musikern, schuf alles andere als abbilder geschwungener fassaden oder pompöser pilaster, keine musik mystischer erbauung. was war der zeitgeist des barock? im einen fall war es der repräsentative auftritt des absolutistischen staates, eine bauwütige herrschaftsdemonstration. im anderen fall war es die kulturrevolution der gegenreformation. das baubesessene italien wies mit kuppeln und gewöl- ben, mit gesimsen und kapitellen, mit säulen und archi- traven, mit stuck und gips, mit rosa und himmelblau den protestantischen norden in seine mittelalterlichen schranken. was war barock? die himmelsmechanik newtons, das kosmische uhrwerk von kreisbewegungen, in das auch die erde einbezogen ist, oder der verzückte blick in den, himmel der kirchenheiligen mit verschränkten händen und wallenden gewändern? der staat brauchte schlösserfronten, architektur- auftritte wie heeresformationen. die kirche ließ in die gewölbe offene himmel malen, um so immer noch demü- tigere gläubige zu bekommen, welche vor der autorität, sowohl der kirche wie der herrschaft derer von gottes gnaden, niederknieten. inmitten dieser kulturknebelung entstand die indu- strielle revolution. papin erfand 1690 eine pumpe, die mit dampf betrieben wird, newcomen baute eine erste, noch langsam gehende dampfmaschine, dies schon 1711, ehe watt dann den schnelläufer konstruierte. 1760 wurde die drehbank erfunden, kurz vorher die hobelmaschine für lineare und für rotierende bewegung, nun angetrieben von einer kraftmaschine. unterseeboote wurden gebaut und raddampfer. und mit der entwicklung von nieten und schrauben wurden eisenteile elemente von großstrukturen. die ersten eiser- nen brücken entstanden, 1775–79 die über den severn bei coalbrookdale. die erste gußeiserne stütze erschien um 1780. man benutzte bald auch eisen für glashäuser in botanischen gärten. vergessen wir den begriff zeitgeist. er ist zum minde- sten in dieser periode, die noch am ehesten einen ge- meinsamen geist zu besitzen schien, nicht zu finden. oder geht etwa der „contrat social“ von rousseau mit der wieskirche zusammen, die beide zur selben zeit entstan- den? voltaire feierte die vernunft und die aufgeklärte monarchie, rousseau dagegen kritisierte den hochmut des verstandes, wollte zurück zur tugend der natürlich- keit und begründete das gemeinwesen des radikalen republikaners. nein, zeiten sind zu komplex, als daß sie sich für eine einheitliche theorie eignen würden. die zusammenschau erweist sich als rührteig. auch die kunstgeschichte wollte wissenschaft sein, und wissenschaftlichkeit erwies sich an einheitlichen theorien, an generalisierungen, mögen sie passen oder nicht. im barock wurde eine kolossale kultur aufgebaut, die welt zu einer neuen erscheinung gebracht, und gleich- zeitig wurde eine alte welt ausgehöhlt, niedergerissen, die moderne wurde angelegt. hier ist die rede von einer dritten moderne. dies sei weder als definition eines zeitgeistes noch als historische einteilung verstanden, wenn auch zeitliche zuordnungen gegeben sein mögen. es geht um die be- schreibung von einstellungen, von haltungen. die moder-, joseph paxton, kristallpalast london, 1851. isambard kingdom brunel, matthew digby wyatt und owen jones, pad- dington station, london, 1854. august von voit, glaspalast, mün- chen, 1854., ne ist zu komplex, als daß man sie sich ohne differenzie- rung aneignen könnte. selbst die darstellung dreier posi- tionen kann nur eine annäherung sein. als zeitgeist kann man sie jedenfalls nicht verstehen. die moderne trat erstmals nicht nur in einzelaspekten, sondern als gesamterscheinung in der mitte des neun- zehnten jahrhunderts mit dem kristallpalast in london, den ausstellungshallen für die erste weltausstellung in erscheinung, joseph paxton hatte bei glashäusern seine erfahrungen mit gußeisen gemacht und errichtete nun das erste gebäude in elementbauweise, nur in eisen und glas als material und gefertigt nach methoden der indu- striellen massenproduktion. das bauprinzip bestimmte die erscheinung. es gab keine vorgefaßte formvorstel- lung mehr wie bei den architekten des barock, das bau- prinzip war die architektur selbst. keine kunst, kein dekor wurden hinzugefügt. es gab schon vorher reine eisenkonstruktionen, reine ingenieurbauten, so die markthalle bei der madeleine in paris, 1824 erbaut, oder der hungerford-fischmarkt in london von 1835. bereits 1801 entstand die erste guß- eiserne fabrik, eine siebengeschossige spinnerei in salford. der entwurf stammt von matthew boulton und james watt. der erfinder der dampfmaschine beteiligte sich am bau von fabriken, in denen diese eingesetzt wurde, die dampfmaschine, erst 30 jahre alt, war leistungsfähig genug, eine spinnerei von sieben stockwerken über zahl- reiche transmissionen anzutreiben. watt setzte sein kon- struktives wissen auch dafür ein, für ein entsprechendes gebäude eine eisenkonstruktion zu finden. aber der kristallpalast glich einem fanal. seine grund- fläche war viermal größer als st. peter in rom. erbaut wurde er in sechs monaten. die einzelteile wurden alle als serienprodukte hergestellt, dabei waren die elemente eher kleinformatig und fügten sich wie ein netz zusam- men. die größte glasscheibe, die man damals herstellen konnte, war nur 1.20 m lang. die feine gliederung gab dem bau ein ätherisches aussehen. es gab keine kritik. die welt staunte. das andere fanal der ersten moderne war der eiffel- turm in paris, erbaut für die weltausstellung von 1889, bereits heftig umstritten und angegriffen von den hütern der kunst und den wahrern der kultur. gustave eiffel war ein bauingenieur, der bislang kühne eisenbahnviadukte in gitterkonstruktionen errichtet hatte. sie demonstrier- ten nur sich selbst, reines konstruktives kalkül., paxton hat später als architekt schreckliche neugotische villen gebaut, und auch eiffel war ein bürgerlich gespal- tener mensch, der auf der einen seite seinen beruf als ingenieur ausübte, gleichzeitig aber bestrebt war, an einer etablierten kulturwelt teilzunehmen. ihre werke verdanken ihre kulturelle bedeutung als konstruktive architektur einem mißverständnis. ein ingenieurbau, sei es eine fabrik, eine brücke, eine markthalle oder ein aus- stellungsbau, war ein zweckbau für profane veranstal- tungen und funktionen. also nichts kulturelles. kunst und kultur war im geistigen angesiedelt. erst durch diese ablenkung war die geburt einer neuen architektur mög- lich, eine architektur, die so ist, wie sie ist, in die nichts hineingelegt wurde. diese architektur durfte reine kon- struktion sein, reine methode. zwischen dem kristallpalast und dem eiffelturm gibt es eine fülle von eisenbauten, die als herausragende werke in die architekturgeschichte eingegangen sind. zur selben weltausstellung, zu der der eiffelturm errichtet wurde, gab es die galerie des machines mit einer spann- weite von 115 m, erbaut von ferdinand dutert und victor contamin. die maschinenhalle der weltausstellung von 1878, elf jahre zuvor, hatte noch eine spannweite von nur 35 m. allerdings bauten die engländer schon 1868 die eisenbahnstation st. pancras mit einer spannweite von 73 m. henri labrouste baute die bibliothèque sainte- geneviève in paris hauptsächlich aus glas und eisen, und gustave eiffel und louis-charles boileau errichteten ein warenhaus mit einem riesigen dach aus glas. all diese bauten sind inzwischen ausführlich gewürdigt worden und sind bestandteil unseres kulturbewußtseins. weniger gewürdigt wird die entwicklung der architek- tur im weiten bereich der eisenbahnbauten, der bahn- steige, stationen, der schuppen und brücken. kaum ge- würdigt wird die entwicklung der fabrikbauten, der werkstätten, der hallen bis zu den hüttenwerken. zieht man all dies in betracht, dann erweist es sich als kühn, die moderne architektur erst 1911 mit dem bau der fagus- werke von walter gropius in alfeld beginnen zu lassen. warum nicht dann mit den fabrikbauten von albert kahn oder ernest l. ransome? oder gar mit dem boat store von godfrey greene, das 1860 errichtet wurde und ein bau von egon eiermann aus dem jahre 1960 sein könnte? lassen wir eine zweite moderne mit dem jahr 1911 beginnen. ein jahr zuvor wurde das erste abstrakte bild gemalt, von kandinsky. man sagt, neues sei angebrochen. im selben jahr errichtete behrens seine maschinenhalle für die AEG in berlin., inzwischen ist es lehrmeinung, daß mit peter behrens und walter gropius die moderne architektur begann. aber es gab bereits zuvor eine moderne. peter behrens und walter gropius kommt zweifellos das verdienst zu, bauprinzipien des ingeniösen bauens, die bereits in der profanwelt der industrie gebräuchlich waren, in die bil- dungsarchitektur der kultur- und kunstwelt eingeführt zu haben. mehr noch, sie haben der zitatenarchitektur, die dort gepflegt wurde, den boden entzogen. für einige zeit. wenn behrens und mehr noch gropius in der archi- tekturgeschichte einen festen platz gefunden haben, dann nicht als die erfinder einer konstruktiv-funktio- nalen architektur, sondern als die architekten, die eine solche, bereits vorhandene in die kulturwelt des akade- mischen bauens eingeschleust, für den kultur- und kunst- betrieb hoffähig gemacht haben. diese erste moderne hatte bereits alle elemente der zweiten moderne herausgebildet, die kurz nach 1900 mit den fabrikbauten in detroit und highland park von albert kahn, der turbinenfabrik der AEG in berlin von peter behrens sowie den faguswerken in alfeld von walter gropius und adolf meyer begann. es fällt schwer, etwas grundsätzlich neues zu entdecken. das trifft auf den stahlbetonbau ebenso zu wie auf das bauen mit eisen und stahl. der stahlbeton wurde 1849 von dem gärtner joseph monier erfunden, der seine gärtnereieinfassungen und blumenkübel aus beton mit eisenstäben bewehrte und damit zugfest machte. er wurde am ende des jahrhunderts zu einem bauprinzip entwickelt wie zu beginn des jahr- hunderts der eisenskelettbau. pioniere waren der franzö- sische ingenieur françois hennebique, der amerikanische architekt ernest l. ransome, der schweizer brückenbauer robert maillart und der französische ingenieur eugène freyssinet. es entstand erstmals eine homogene bau- struktur, bei der stützen und balken, stützen und decken ineinander vergossen sind. später entstanden selbst- tragende schalen, die zu neuen gewölbeformen führten und sich mathematischen idealflächen anpassen können, aber auch der stahlbetonskelettbau war voll entwickelt, lange bevor le corbusier 1916 sein domino-modell konzi- pierte, betonplatten mit zurückgesetzten stützen, erwei- terbar nach jeder richtung, ohne tragende wände. 1908 schon baute tony garnier eine halle eines schlachthofs in stahlbeton, welche die galerie des machines von 1889 nach ausmaß und struktur zum vorbild hatte. die moderne war etabliert, auch die gestalt neuer tech- nischer produkte, von kesseln und motoren, von maschi-, nen und transmissionen befreite die architektur von jeglichem formalen vorbild. es entstanden fördertürme, gasbehälter, raffinerien, fähren und silos und machten den entwurfsvorgang unabhängig genug, formen nur aus material, aufgabe und konstruktion zu bestimmen. weshalb fängt dann die moderne erst 1910 an, oder in der architektur 1911? warum zählt louis sullivan nur für architekturhistoriker zur moderne, der 1899–1904 in chicago das warenhaus schlesinger and mayer errichtete, wie es erich mendelsohn in den dreißiger jahren nicht moderner hätte erbauen können? warum zählt albert kahns winchester gun factory in new haven von 1906 nicht zur modernen architektur, obwohl es ein früher mies hätte sein können? sie werden höchstens als vorläufer gewürdigt. in den fünfziger jah- ren, als ich mich für den kristallpalast zu interessieren begann, konnte ich auf ein einziges englisches buch über joseph paxton zurückgreifen. die regale waren dagegen besetzt mit büchern über gropius, le corbusier, mies van der rohe. die ingenieurbauten des 19. jahrhunderts, die bauten der ersten moderne, wurden nach technischen gesichts- punkten von technikern erbaut, die bauten der zweiten moderne dagegen von architekten. schon von der ausbil- dung her sind dies zwei verschiedene welten. der archi- tekt wächst in einer anstalt der künste auf, in einer aka- demie, in einer école des beaux-arts, in der nähe von skulptur und malerei. der ingenieur wächst auf im um- feld von maschinenbau, von materialprüfung, von statik und kinetik. hier ist die domäne von ursache und wirkung, von aufwand und wirkung, von ökonomie und intelligenz, dort bewegt man sich im bereich des ästhetischen, der im besonderen bestimmt wird durch das historische beispiel. die école des beaux-arts stand wie ein mann gegen den eiffelturm auf und verteidigte die proportionen und ordnungen des klassizismus und anderer historischer stile. aber die studentische jugend konnte der vergangenheit nichts abgewinnen. man suchte einen neuen stil. der jugendstil löste den historismus ab, zunächst in brüssel, der hauptstadt des am meisten industrialisierten landes in europa. dann in wien, in paris, in barcelona. die ziele waren vereinfachung, reduktion der mittel und organi- sche zuordnungen und verbindungen. der jugendstil entdeckte das quadrat, den kreis und das dreieck als ele- mentarste formen wieder und setzte sie nach den lianen- orgien als ornamente ein. im jahr 1899 erschien ein buch,, das nur dem quadrat gewidmet ist. die revolte gegen den historismus und die neugotik fraß sich selber auf und kam am ende bei der suche nach der reinen form bei der geometrie an. die nächste generation an den kunsthochschulen ent- deckte dann, daß quadrat, kreis und dreieck auch die ele- mentaren formen der konstruktion und des funktionie- rens in der maschinenwelt sind. die technik wurde zum vorbild der neuen ästhetik, stahl und glas das neue mate- rial, rotation und translation die neue bewegung. aber keiner der neuen architekten war techniker, sie alle verstanden technik als formrepertoire, als ästheti- sche vorgabe gemäß dem althergebrachten bürgerlichen kulturbetrieb, für den die form die erstbestimmende ur- sache ist. der künstler hat eine form vor augen und mate- rialisiert sie dann, der geist kommt zuerst, der techniker kommt von einer ganz anderen seite. er hat vorgaben, material, mittel, zweckbestimmung, ökonomische rah- menbedingungen. daraus ermittelt er eine form, sie ent- steht aus einem prozeß der optimierung. die zweite moderne war die eroberung der technik durch die kunst. der russische konstruktivist konnte keine maschine bauen. er war maler, er malte die maschinen- welt. er schuf türme und stahlgebilde, silos und kran- anlagen als produkte einer neuen ästhetischen sicht. eine revolution entfaltete sich, die moderne, die schon lange da war, entfaltete sich ein zweites mal, als ästhetisches ereignis, als stil, als formensprache. methodisch blieb man auf dem boden der école des beaux-arts, man sah die welt ästhetisch, als form. geän- dert hatte sich das motiv. der neue gegenstand der kunst ist die technische welt. und so kam es nicht von ungefähr, daß die zweite moderne in der architektur zur selben zeit begann, als das erste abstrakte bild gemalt wurde. kandinsky wie auch mondrian suchten in fast religiösen begriffen die befreiung des geistes von der materie. sie suchten die reine form, die reine farbe, die überwindung alles stofflichen. der primat der kunst als reiner geist, von dem alles ausgeht, war etabliert. es gab konflikte. architekten, die der arbeiterbewegung nahestanden und architektur mehr unter sozialen ge- sichtspunkten sahen, wie etwa mart stam, el lissitzky, hannes meyer, schoben ökonomische, konstruktive und funktionale aspekte in den vordergrund. sie lehnten sich an die arbeitsprinzipien der ingenieurbauten des 19. jahr- hunderts an und verwarfen die bestimmende rolle der ästhetik und die bestimmung durch formale konzepte. aber sie konnten sich nicht gegen die „maler“ durchsetzen,, theo van doesburg, „raumentwick- lung“, 1923. (haags gemeentemuseum) adolf loos, haus moller, wien, 1928 (photo: gerlach) piet mondrian, „komposition“, 1932. (frans-hals- museum, haarlem) le corbusier, maison la roche, paris, 1923. (fondation le corbu- sier, paris) jacob berend bakema und gruppe opbouw,siedlung alexanderpolder, rotterdam, projekt, 1953., die wie van doesburg, moholy-nagy, le corbusier oder malewitsch das wort derer führten, die aus der kunst hervorgegangen waren. bis auf den heutigen tag werden mart stam und hannes meyer verschwiegen. als opponenten gegen die „schön- heitsarchitektur“ starben sie ausgemustert, vergessen. die argumentationsebene auch der architektur wurde mehr und mehr die der malerei. man sprach nicht mehr von spannweite, last, kräfteverlauf, von knickmoment, durchbiegung. man sprach von transparenz des raumes, von asymmetrie, von zerlegung von oberflächen, von pla- stizität, durchdringung, reinheit der form, reinheit der farbe, genau so, als ginge es um ein kubistisches gemälde. der kubismus seinerseits hatte von einer dritten seite her die ästhetik der elementargeometrie begründet. er ver- stand alle gegenstände, die er malte, aufgebaut aus kör- pern mit geometrischen elementarformen, aus kegeln, würfeln, kuben, zylindern, pyramiden. in der malerei cézannes werden diese urkörper angedeutet. bei picasso, gris und braque treten sie deutlicher hervor und sind in der malerei le corbusiers so deutlich vorhanden, daß es zu einem haus, bestehend aus urkörpern, nur noch ein winziger schritt ist. am ende ist das haus ein dreidimen- sionaler kubistischer gegenstand. ästhetische werte wurden metaphysisch begründet, die horizontale sei kalt, sagte kandinsky, die vertikale warm. die linke bildhälfte strebe nach außen, die rechte nach innen. der rechte winkel neige zu rot, der 60° win- kel zu gelb. vertikale und horizontale linien, meinte mondrian, seien der ausdruck zweier entgegengesetzter kräfte. ihre wechselseitige wirkung mache das leben aus. das bild schaffe neue geistige wirklichkeit. linien, farben und formen erzeugten eine reine vitalität. in der verti- kalen und horizontalen träfen sich raumachse und zeit- achse. das bild sei ein autonomer ästhetischer kosmos. und malewitsch schuf in seinen bildern den unbe- grenzten raum. vordergrund und hintergrund sind auf- gehoben. die bildobjekte bewegen sich schwerelos. die zeit ist ohne grenze. die kunst erschließt raum und zeit. in dreidimensionalen modellen. sogenannten architek- tonas, wurden die reinen raumfigurationen ermittelt, nach denen dann architekten ihre bauten ausführen können. form ist jenseits der funktion. von all diesen transzendentalen aussagen läßt sich auch das gegenteil behaupten. warum kann eine hori- zontale nicht auch warm sein? und eine vertikale nicht auch kalt? aber das ist nicht entscheidend, von bedeu- tung ist, daß man sich eine metaphysische sprache ange-, wöhnt hat, um formen und farben, um ästhetische phä- nomene zu benennen und zu bezeichnen. das ästhetische hatte eine abgehobene, nicht mehr diskutierbare seins- weise. das haus diente nicht irgendwelchen zwecken, es war ästhetische erscheinung durch die gliederung von flächen, durch die durchdringung von räumen, durch die transparenz von volumen, die auflösung der perspektive und des blickpunkts zugunsten einer raum- und flächen- abfolge. nicht selten wurden die ästhetischen ansprüche so weit getrieben, daß der gebrauchswert darunter zu lei- den hatte. die zweite moderne in der architektur war an- gewandter kubismus, angewandter purismus und neo- plastizismus, angewandter suprematismus. wie jemand schläft, wie man arbeitet, wie man kocht, wo die kinder spielen, wie man belüftet und belichtet, wo man sich zu- rückziehen kann, das alles waren triviale dinge, und ein bett in einem raum von mies van der rohe ist als solches unbedeutend. es ist nichts als ein ästhetisches objekt. wie flächen zueinander stehen, wie sie von innen nach außen greifen, wie sie öffnungen und übergänge erzeu- gen, das war die aufgabe der architektur. simultaneität, gleichzeitigkeit von wand und öffnung, von innen und außen mußte erzeugt werden, transparenz der über- gänge, das ineinanderfließen der räume sowie das wech- selspiel von großen und kleinen wänden als autonome flächen, die ein spannungsfeld erzeugen. nun durfte der zeitgeist wieder zitiert werden, das kulturmuster der bürgerlich-ästhetischen moderne, der kunst-architekten und der kunst-designer ist idealistisch, die wirklichkeit wird nicht aus der sache und der sach- lage interpretiert, sondern nach übergeordneten prinzi- pien, nach ästhetischen transzendentalien. es steht außer zweifel, es gibt ästhetische phänomene. auch die ingenieure des 19. jahrhunderts haben ästhetik nicht geleugnet, sie aber nicht als übergeordnetes, be- stimmendes prinzip anerkannt. sie mußte in der sache selbst zutage treten. zwischen zwei gleichen einheiten, etwa zwei punkten, gibt es keine geregelte beziehung. ob sie eng beisammen oder weiter voneinander entfernt sind, ihr abstand bleibt ohne maßstab, ohne vergleich, kommt ein dritter punkt hinzu, ergeben sich zwischen den punkten drei abstände, und diese treten zueinander in eine relation. sie sind ent- weder gleich oder unterschiedlich. sie können in ihren proportionen beliebig oder geordnet sein, das heißt in bestimmten verhältnissen geordnet. das ist der anfang der ästhetik. sie geht darauf aus, relationen in bewußte, verhältnisse, also in zuordnungen zu bringen. das kön- nen zahlenverhältnisse sein, inhaltliche zuordnungen, psychische relationen. das ist unbestritten, die frage ist nur, welchen stellen- wert die ästhetik im entwurf hat. und da wird von sigfried giedion zum beispiel auch für das bauhaus postuliert, daß zuerst der künstler das sagen hatte. sigfried giedion war schüler von heinrich wölfflin ge- wesen, der den begriff zeitgeist in die kunstgeschichte übernommen hatte, nachdem er bei hegel noch dem weltgeist entsprochen hatte. wölfflin hat die ästheti- schen überbegriffe klassisch und archaisch, geschlossen und offen, einheit und vielfalt als merkmale der form eingeführt und kunst nicht mehr verstanden als hervor- bringung, sondern als aussage der zeit, giedion, der mit raum, zeit, architektur das kunstgeschichtliche stan- dardwerk der moderne, der zweiten moderne, geschaffen hat, führte die kategoriale sicht der dinge auch in die heutige gestaltung ein und interpretierte sie im sinne der konventionellen kunstgeschichte. diese läuft immer darauf hinaus, daß der künstler eine oberste instanz ist, daß die form ein oberstes prinzip ist. dies auch dann, wenn die neue technik eine fülle von formen geschaffen hat, die in die klassische betrachtungsweise nicht hin- einpassen wie der regenschirm, der rippenzylinder, die armatur, das fitting, die verschraubung, der ventilator, die glühbirne, das getriebe. läßt sich der fabrikschornstein interpretieren nach den kategorien der klassischen kunstgeschichte? ist er klassisch oder archaisch? ist er offen oder geschlossen? zeitgeist, ja der läßt sich immer ausmachen, dann ver- weist der schornstein auf den außerirdischen raum. er strebt in die höhe, sprengt raum und zeit. von rauch, ab- gasen, ruß, verunreinigter luft ist weniger die rede. dage- gen tritt wie bei kandinsky die senkrechte, die kalt ist, gegen das horizontale an, das warm sein soll, das ding hat, bevor es ding sein kann, weltgefühl auszustrahlen. wenn architektur und gestaltung in diesem sinne eine weltaussage sind, darf es nicht verwundern, daß ihr sta- tus als raum-zeit-gebilde auch noch ergänzt wird um den der geschichte. architektur steht im dialog mit der architekturgeschichte. sie ist sprachlos ohne das histo- rische zitat. das wußte schon adolf loos, der die antike säule reaktivierte. die postmoderne ist eine fortsetzung jener moderne, die ein weltgefühl vermittelte. der kubis- mus selbst hat immer schon die geschichte zitiert und die neue sprache angereichert mit den versatzstücken dertradition. es konnte nicht ausbleiben, daß der histo-, jacob g. tscherni- kow, architektur- studio, 1932. hannes meyer und hans wittwer, petersschule, basel, projekt, 1926. wladimir j. tatlin, denkmal der dritten internationale, pro- jekt, 1920. hannes meyer und hans wittwer, völkerbundpalast, genf, projekt, 1927., rismus auch die moderne wieder einholte. das neue design heute heißt bauhaus plus palladio. es gibt neuer- dings stühle, die eine empirerückenlehne aus mahagoni, zwei stuhlbeine aus birnbaum und zwei beine aus gebo- genem stahlrohr haben, die sitzfläche ist perforiertes blech. die neue welle hat das ganze formenrepertoire kan- dinskys ausgeraubt. die freiheit der kunst schlägt sich nieder in der freiheit des designs. und gut tut immer ein historisches zitat zu all den farbigen dreiecken, streifen, kreisen und kreissegmenten. das ist gewiß nicht die fortsetzung des historismus. das alte wird nicht einfach kopiert. inzwischen gibt es bücher wie seneca für die manager. es macht sich gut, in eine rede über ökonomie ein klassisches zitat einzubauen. warum also sollen hotels oder verwaltungsgebäude nicht portale bekommen, die aus einem pharaonengrab stam- men könnten oder aus einem bad von pompeji? wenn man design und architektur ästhetisch moti- viert, spricht nichts dagegen, auch die klassische ästhe- tik einzubeziehen. das macht den neuen zeitgeist aus, daß er grenzen sprengt, grenzen des raums und grenzen der zeit. die parallele zum eklektizismus der antike ist evident. hadrian hatte alles an kunst, was er auf seinen feldzügen zu gesicht bekam, im park seiner villa bei tivoli zusammen- getragen und so die kosmopolitische dimension seines weltreichs demonstriert. das resultat war oberflächlicher formalismus und langeweile. das essen bestand nur noch aus schaum. die dritte moderne hat noch kein fanal, sieht man einmal vom centre pompidou ab, das recht exzeptionell ist. sie ist nicht auf monumente angelegt, weil sie sachlich sein will. für mich gibt es trotzdem einen bau, der an ihrem an- fang steht, es ist nur ein wohnhaus, aber vom rang des katsura-palastes in kioto, es ist das wohnhaus von charles eames. im gegensatz zum schlafraum eines hauses von mies van der rohe dient das schlafzimmer in diesem haus nicht der ästhetischen repräsentation eines bettes, son- dern ist ein raum zum schlafen. es ist ein bewohnbares haus, zum gebrauchen gemacht. es wurde 1949 erbaut, ein stahlskelettbau mit standardelementen aus der indu- strie. das haus hat den charakter eines ateliers. die ganze lebensform ist die eines ateliers. es gibt kein vornehmes wohnzimmer mehr, keinen salon, keine zweite etage des, lebens. es zerfällt nicht in kult und alltag. der alltag ist der kult. der gebrauch macht das haus aus. überhaupt charles eames. er war der erste nicht ideo- logische designer der moderne. seine stühle kleben nicht an der ästhetik der stahlrohrmöbel, ihre profile sind aus der aufgabe entstanden und demonstrieren nicht den kult an quadrat, kreis und dreieck. das sitzen läßt sich für eames nicht in eine geometrie pressen. die schalen seiner stühle und sessel respektieren den menschlichen körper. er wäre nie auf die idee gekommen, den menschen auf stühlen mit ebenen brettern oder kaltem blech sitzen zu lassen, wie dies heute, der form halber, nötig geworden ist. eames hat den stuhl und die sitzgelegenheit dieses jahrhunderts geschaffen, zum teil auf rollen, verstellbar, mit materialien, die der sache entsprechen. mehr oder weniger gehen alle heutigen stühle auf charles eames zurück. als erster benutzte er verformte schalen. er hatte sie in der kriegszeit entwickelt als bein- und armschalen für verwundete soldaten. er suchte minimierte stahlkon- struktionen, professionelle, das heißt hochtechnisierte verbindungstechniken, ließ die meisten metallteile nach einem minimierungsprozeß als gußstücke herstellen und ermöglichte anpassungsfähige profile, die sich verjüngen oder erweitern. sein college-stuhl hat dieselbe qualität wie der managersessel, der sich fast mit dem körper be- wegt, wippt, neigt, rollt und sich in der höhe verstellen läßt. weiß man, wie das nächste modell ausgesehen hätte, wenn eames länger gelebt hätte? man weiß es nicht. eames hatte keinen stil. er strengte seinen intellekt an, um herauszufinden, wie man am besten sitzt, welche materialien dafür am geeignetsten sind und wie sich das ganze am besten herstellen läßt, welche technik uns heute die topindustrie dafür anbietet. und darauf gibt es viele antworten. es gibt um so mehr, je mehr man sich von formvorstellungen freimachen kann und die ästhetik aus der stube sperrt. für die zweite moderne eines mies van der rohe oder le corbusier begrenzte sich das repertoire an technik auf das material in seiner von der industrie vorgegebenen standardform. eames war verfahrenstechniker. mit pro- filen allein konnte er nichts anfangen. erst in der verfor- mung und in der verbindung von stahl, holz oder kunst- stoffentwickelt sich technische qualität. technik ist erst dann ausgenutzt, wenn man die qualität der verformun- gen im griff hat, die ein werkstoff und seine verarbei- tungsmöglichkeiten hergeben. dabei spielt dann eine, wichtige rolle, wie intelligent sich die verschiedenen teile verbinden und kombinieren lassen. wohl jeder kennt die situation: man begleitet jemanden heim, ist in eine ernsthafte diskussion verwickelt, muß dann den weg noch einmal zurückgehen, weil man nicht zu ende gekommen ist, und so weiter. so ging ich einmal mit walter gropius eine halbe nacht zwischen seiner wohnung und meinem hotel. es war in den fünfziger jah- ren in boston. das thema war schon damals: ist die ver- wendung von technischen materialien schon moderne architektur? es ging um die bewertung von konrad wachs- mann. wachsmann hatte zusammen mit gropius ein bau- system entwickelt mit industriell vorgefertigten teilen, wobei das eigentliche problem ihre verbindung war. dem widmete wachsmann seine ganze aufmerksamkeit und entwickelte ein schloß, das fast ein maschinenteil war. dem widersetzte sich gropius. architektur habe ein allge- meines konzept im auge, sie dürfe nicht in schlosserei ausarten. die technik habe nur die funktion, neue mate- rialien zur verfügung zu stellen. einig wurden wir in jener nacht nicht. mir läuft es kalt den rücken hinunter, wenn ich sehe, wie in der architektur profile als solche kultiviert werden und wie man sie mit gewalt verschweißt und verbindet, alles unter dem zwang der vereinfachten form. ein knoten, der nicht stimmt, tut mir physisch weh. für mich ist archi- tektur verfahrenstechnik und anwendungstechnik wie der maschinenbau. stahlprofile sind nur rohware. das speichenrad eines fahrrads ist ein komplexes pro- dukt. die felge mit ihrem querschnitt zur aufnahme des reifens, die spannbaren speichen, ihre abwicklung, die nabe, der schlauch, das alles macht ein absolut überzeu- gendes gebilde aus. wäre es nach der ideologie des soge- nannten neuen bauens gegangen, hätte man aus einem vollwandmaterial eine kreisscheibe ausgeschnitten und rot oder gelb oder blau angemalt. und in der tat gibt es modelle solcher art von rietveld, wo das rad zwar seine einfachste form, aber in einer vorgeschichtlichen tech- nik bekommen hat. wirkliche technik ist anders. sie ist materialisierte intelligenz mit dem ziel, die beste lösung mit einer mini- mierung des aufwands zu erreichen. in der architektur ist norman foster ein mann, der ähn- lich denkt wie charles eames. seine stahlkonstruktionen kommen aus der fabrik, nicht aus der eisenwarenhand- lung. es sind verarbeitete profile, nicht stranggepreßte, die knoten sind industrieprodukte. die festigkeit ergibt sich aus der struktur, nicht aus der kraft., ein quadrat oder ein rechteck ist nicht steif. bei genü- gender gewalt geben die gelenke nach. erst eine diago- nale macht es steif, es teilt die rechteckige fläche in zwei dreiecke. und ein dreieck ist immer steif, seine form läßt sich nicht verschieben. intelligentes bauen ist bauen mit dreiecken. in der puristischen architektur von mies van der rohe gibt es nur rechtecke. die diagonale kommt nicht vor. sie darf nicht vorkommen, weil sie das konzept klassischer ruhe stören würde, weil die sprache der formen, der recht- eckigen formen gestört wäre. auch bei norman foster weiß man nicht, wie sein näch- stes gebäude aussehen wird. der spielraum für intelli- gente lösungen ist unermeßlich, aber nur dann, wenn man in der lage ist, fragen zu stellen. wer keine fragen stellen kann, wiederholt sich. norman foster hat den technischen verstand eines flugzeugbauers. er weiß, wie ein rotorkopf eines hub- schraubers zu konstruieren ist, der die energie des motors in die bewegung zweier rotierender flügelblätter umsetzt, die während der rotation in ihrem winkel zu verstellen sind. er hat ein faible für flugzeuge, bei deren konstruk- tion die minimierung des aufwands an material und ener- gie bei gleichzeitiger maximierung der leistung das ober- ste prinzip ist. seine bauten kommen in die nähe von naturerzeugnissen. auch bei pflanzen herrscht das prin- zip vor, viel wirkung bei wenig aufwand zu erreichen. hierin ist die natur meisterin, und sie tut es immer mit intelligenz, nicht mit kraft. bei bauten solcher art gibt es eine neue art von ästhe- tik. sie spricht auch den kopf an. man kann diese bauten lesen, verstehen, man entdeckt sie. was man sieht, ist so, weil es klüger ist als andersherum. man entdeckt ein- fälle, logik, witz. es ist nicht die pure gemütsästhetik, die dumpfe empfindung. hier spricht auch kein zeitgeist, kein weltgefühl, man sieht eine der bestmöglichen lösungen auf eine fragestellung. die dritte moderne greift auf die erste zurück. sie ist konstruktiv, nicht formal. aber sie weiß, daß das technisch richtige nicht auch unbedingt das schöne sein muß. tech- nische optimierung und visuelle optimierung sind zwei verschiedene dinge. aber selbst wenn sie unterschiedliche gesetze haben und nach eigenen kategorien zu behandeln sind, lassen sie sich nicht trennen, das schöne ist auf das richtige angewiesen, und das richtige muß sich in der besten ästhetik entfalten. das kunst-schöne als das autonom schöne hat in der technik keinen platz. auf der anderen seite will sich auch, das richtige, technisch beste in einer ästhetischen ord- nung entfalten. zuweilen ist sogar das schönere zugleich auch das bessere. diese komplexität, die eine parallele in der psycho- somatik haben mag, wo auch eines das andere wechsel- seitig bedingt, ist in der dritten moderne in einer anderen weise angelegt als in der ersten. es ist ein besonderer glücksfall, daß heute architekt und ingenieur aufeinander zugegangen sind. beispielhaft ist die verbindung des londoner ingenieurbüros ove arup mit so bedeutenden architekten wie richard rogers, renzo piano, norman foster sowie michael hopkins, alle pioniere des neuen kon- zeptes in der architektur. man hat den eindruck, die inge- nieure möchten architekten sein, architektur machen, während die architekten den ehrgeiz entwickeln, in die branche der baukonstruktion überzuwechseln. beide, der ingenieur und der architekt, gehen aufeinander zu. allerdings weiß auch jeder, daß es nicht damit getan sein kann, zwei disziplinen zu vereinigen, es kommt auch hier nicht mehr heraus als mittelmaß, wenn der entwurfspro- zeß nicht kreativ und ingeniös wird, schöpferisch. es gibt auch bauten, denen man ansieht, daß der architekt sich auf den ingenieur verlassen hat und der ingenieur auf den architekten. sie sind ohne das spiel der intelligenz, ohne einfälle und denkvermögen. architektur ist heute heruntergekommen auf das niveau von modejournalen. man studiert zeitschriften, man lernt nicht mehr baumethoden, höchstens in dem umfang, wie eine modistin wissen muß, wie kleider zu- sammengenäht werden. inzwischen ist auch das techni- sche bauen mode geworden. high-tech heißt die neue ästhetik. man nimmt technik lediglich als versatzstück, als musterkatalog für neue designeinfälle. fast hätte art déco das bauhaus gefressen. art déco war die offzielle kunst der zwanziger jahre. das bauhaus war inoffiziell. so scheint es manchmal, als könnte high- tech die neue, die dritte moderne fressen. vieles von dem, was heute den anschein erweckt, als hätte ein architekt mit einem bau ingenieur zusammengearbeitet, ist nur als erscheinung abgeguckt, eine neue formalistische mode. ohne frage geht die dritte moderne auf den konstruk- tivismus zurück, aber konstruktivisten waren maler, keine techniker. die maschinenwelt, die sie faszinierte, setzte sich in maschinenrethorik um, die industriebauten lieferten mehr malmotive als konstruktive anregungen. wladimir tatlins entwurf für ein denkmal der dritten in- ternationale, das hauptwerk des konstruktivismus, war nur die illusion einer konstruktion, nur ihr ästhetischer, traum. schon naum gabo rief damals tatlin zu, er solle entweder funktionelle häuser und brücken bauen oder reine kunst machen, aber nicht beides. eine überzeugende konstruktion ist immer rational und minimiert, nie ex- pressionistisch. expressionistische technik gibt es nicht. insofern hatte der konstruktivismus mehr die bedeu- tung eines manifestes, das sein gewicht erhielt als pro- gramm , nicht als beispielhafte vorführung. dieses programm will die trennung von kunst und leben, von gesellschaft und individuum, von technik und hand- arbeit, von körper und geist aufheben. alles ist design. alles ist zu schaffen. alles, das leben, der alltag, das private und das öffentliche braucht die kraft, den geist, die verantwortung der gestaltung, den schöpferischen zugriff. die bauten der russischen architekten selbst blieben an bedeutung hinter diesem programm zurück, das eine neue frontstellung brachte. hannes meyer widersetzte sich walter gropius, el lissitzky widersetzte sich le corbu- sier, mart stam widersetzte sich theo van doesburg, wladimir tatlin widersetzte sich piet mondrian, alexan- der rodschenko widersetzte sich lászló moholy-nagy. das revolutionäre pathos der zwanziger jahre erlaubte es, zu rufen: nieder mit der kunst! und in der tat, selbst mon- drian hatte zweifel, ob kunst, autonome ästhetik, in der zukunft noch statthaft sei. ginge es hier um eine historische wertung, müßte man fraglos auf die großen anstoße hinweisen, die zwischen der weißenhofsiedlung in stuttgart und der siedlung neubühl in zürich entstanden sind, auf die siedlungen von ernst may oder j. j. p. oud und für die damalige zeit so eindrucksvolle leistungen wie die frankfurter küche. es geht indessen um positionen und mentalitäten. sie in ihrer kontur herauszuarbeiten, läßt die historische oder persönliche bedeutung gelegentlich in den hintergrund treten. so ist es kein wertendes historisches urteil, wenn man vom damaligen konstruktivismus, der eine reihe wichtiger bauten hervorgebracht hat, sagt, er habe weniger auf die konstruktion geachtet als auf konstruk- tives aussehen. der neue konstruktivismus, die dritte moderne, wie sie am centre pompidou erkennbar ist, verläßt das feld der baukonstruktionen aus stahlprofilen. die bauten werden zu geräten mit speziell für den aufgabenzweck geformten teilen. bauteile, die druck standzuhalten haben, sehen anders aus als solche, die zug auszuhalten haben. eine konstruktion wie das centre pompidou ist keine mono- lithische struktur mehr. sie beruht auf einem deutlich, renzo piano und richard rogers, centre georges pompidou, paris, richard rogers fabrikgebäude der firma INMOS, newport, 1982. norman foster, renault distribution centre, swindon, renzo piano, menil collection museum, houston, texas, 1986 (photo: paul hester) norman foster, renault distribution centre, swindon, 1982., ablesbaren wechselspiel von zug- und druckkräften mit sehr unterschiedlichen ausbildungen der konstruktiven teile, die sich in zum teil komplizierten knoten zu einem ganzen zusammenfügen. gelenke nehmen die formen von knochen an, tragarme verjüngen sich entsprechend ihrer beanspruchung. anregungen mögen von archigram ausgegangen sein. die zeichnenden architekten um 1960 hatten einen be- darf an maschinenformen für ihre papierentwürfe futu- ristischer städte. aber das entscheidende kriterium ist ein neues ver- ständnis für baustatik. das bauen orientiert sich am bauen selbst. architekt und ingenieur arbeiten zusam- men. jeder hat seine kompetenz, aber es gibt keine tren- nende grenze. jeder tummelt sich im feld des anderen. für den statiker ist ein maßstab der brückenbau, der in besonderem maße ein optimum mit einem minimum zu erreichen sucht, ein optimum an stabilität mit einem minimum an material und technischem aufwand. das centre pompidou oder auch die hongkong and shanghai bank in hongkong übertragen die technik des brücken- baus auf die architektur. das schafft neue betätigungs- felder für den architekten, der nun frei wird, die formalen fesseln von quadrat, kreis und dreieck abzulegen, frei wird, formale programme zu erfüllen. er, der auf die form aus ist, muß diese entwickeln, herausholen, wachsen lassen, freilegen, zur entfaltung bringen, ehe er weiß, wie sie aussieht. die tugend der wissenschaft überträgt sich auch auf das entwerfen. die tugend der wissenschaft ist neugierde, nicht das wissen. ein wissenschaftler, der schon weiß, was er wissen will, ist bereits kein wissenschaftler mehr, der wissenschaftler will finden. er wendet nicht wissen an. er lernt das fragen und trainiert das finden. das auch ist die tugend des neuen architekten, des neuen designers. das leben wird mehr und mehr zu einem unbekannten kosmos. jedes individuum hat früher eher als heute gewußt, wohin sein leben führen wird. die welt, die zeit wird offen. wir müssen uns ins unbekannte vor- tasten. der zeitgeist hat keine antworten mehr. wir ent- werfen, weil wir suchen, nicht weil wir wissen. das resultat wird je nach vorgehen ein anderes sein. wer weiß, neigt zu einem karosseriedesigner. er verpackt die dinge in seine vorstellung. er schließt sie ein. wer aber sucht, der kommt zu offenen, strukturellen lösungen. die gestalt zeigt ihre entstehung. sie bekennt sich zu ihrem hergang. damit befriedigt sie zugleich das bedürf- nis, sie lesen, sie verstehen zu können. sie ist eine art, niederschrift. sie käme damit nicht aus, allein erschei- nung zu sein, wie dies offensichtlich bei den bauten von ieoh ming pei der fall ist. zu zeigen, wie etwas gemacht ist, ist offensichtlich eine andere entwurfskultur als das resultat allein hinzustellen und seine herkunft zu ver- stecken. der primat des karosseriedesigns ist gebrochen. es reicht nicht mehr aus, etwas nur noch zu zeigen. die verpackung ist die lüge. alles sieht heute gut aus. wir wissen, was gut aussehen bedeutet. vor allem für denje- nigen, der einen hereinlegen will. wir brauchen den blick durch die aufmachung hindurch, auch der kunde wird neugierig. es ist heute der entwurf selbst, der offenlegt. nicht mehr der zeitgeist. im entwurf wird gezeigt, was vor sich ging, was sache ist. die antworten liegen nicht mehr im raum des geistes, und sei es des zeitgeistes, sie liegen in der sache. im brot selbst zeigt sich, ob man es noch essen kann, im wasser selbst, ob man es noch trinken kann, in der luft selbst, ob man sie noch atmen kann. der zeitgeist ist zu allgemein. die welt ist in einem bedenklichen zustand. ein viertel aller arten von pflanzen und tieren sind essentiell bedroht oder ausgestorben. wir gehen mit der natur um, als sei sie beliebig verfügbares, wertloses eigentum. sie kostet nichts und ist auch nichts wert. der mensch ist so weit gekommen, daß er sich selbst auszulöschen droht. nicht als ob der mensch des men- schen feind wäre. niemand will den anderen umbringen. aber an der rüstung verdienen, an der chemie, die die erde kaputtmacht, am auto, das mit seinen abgasen die luft verpestet, das möchten dann doch wohl alle. auf den segen der konsumgesellschaft verzichten, die den ganzen planeten im überkonsum zu ersticken droht, das will niemand. dieses gespaltene irresein läßt sich nur ertragen durch ablenkung. die feinste davon ist die ästhetisierung der welt. wir üben uns, ihr ein neues, vollendetes make-up zu geben, und kippen die chemischen überreste, die bei der produktion von kosmopolitischer kosmetik anfallen – und das ist mehr, als an produkten herauskommt –, ein- fach in die flüsse. das leben ist nur auszuhalten, wenn es schöner wird. das denken ist nur auszuhalten, wenn auch der kopf an den moden täglich neuer theorien teilnimmt, am postmodernen konsum kesser thesen. der müll, an dem wir ersticken, ist nur auszuhalten in neuen häusern aus glas, messing, marmor und chrom. die verkümmern- den bäume lassen sich nur ertragen durch immer größer und schöner werdende künstliche blumen. die kunststoff-, industrie hat eine perfektion erreicht, daß das auge den unterschied von natur und kunst nicht mehr ausmachen kann, man muß die blumen schon befühlen. nie war die malerei so schön, so üppig und groß wie zu makarts zeiten, als in den fabriken und straßen die arbei- terkämpfe tobten. noch nie wurden so viele museen ge- baut wie heute, alle im stil der zweiten moderne, und dies in einer zeit, in der wir das leben als solches bedrohen., charles eames stühle sind zum sitzen da. die meiste arbeit verrichtet der mensch im sitzen. und neuerdings erfolgt auch seine bewegung im sitzen. wir sitzen im auto, im flugzeug, im bus, in der bahn. aber angenommen, jemand würde auf der möbelmesse in mailand oder in köln einen sessel für sein auto suchen, er fände keinen. der designer von heute ist nicht an besseren sitzen interessiert, sondern am stuhl, am stuhl als einem selbstdarstellungsobjekt, am stuhl als kreativer äußerung, am stuhl als kunstwerk. es ist die kulturelle bankrotterklärung, daß designer mit ihren stühlen ganze messen bestücken können, aber kei- nen sitz für den autofahrer hervorbringen. das mißverständnis, dem wir heute aufsitzen, heißt: modern sei die verwendung neuer materialien, wir sollten denken in stahl, aluminium und glas. aber das schönste lager moderner materialien mit all den neuen profilen, dem ganzen sogenannten halbzeug der technischen zivi- lisation, bringt nicht einen einzigen technischen gegen- stand hervor. selbst die eisenbahnschiene, die nun wirk- lich reines profil ist, taugt für sich allein nichts. es kommt darauf an, wie sie verbunden wird, verbunden mit schwel- len, verbunden mit den anderen schienen, wie sie einge- bettet wird in einen ebenen steindamm. nicht das material macht das neue design aus. gerade charles eames ist ein beispiel dafür, er verwendete nicht nur stahl und kunststoff, sondern holz, viel holz. ein technischer gegenstand ist ein organisierter gegenstand. er muß verformt werden. in der regel ist der knoten, die verbindung wichtiger als das halbzeug. die frage, wie ein teil sich mit dem anderen verbindet, ist der schlüssel zu einer technischen struktur, überhaupt zu einer höheren organisationsform. das menschliche skelett besteht nicht aus knochen, sondern aus knochen, gelenken, wirbeln. die verformung des knochen macht seine opti- malität aus. das gelenk, die verbindung bestimmt seine flexibilität und damit seine operationsfähigkeit. ich kenne keine designschule von heute, auf der eine metho- dologie der verbindung zweier profile gelehrt würde. man kann sie starr, halbstarr, gelenkig, beweglich in einer dimension, beweglich in zwei dimensionen, beweglich in drei dimensionen verbinden, verschweißt, verzahnt, geschraubt, geklebt, vernietet oder gar gebunden. ein architekt von heute, so er den anspruch erhebt, ein moderner architekt sein zu wollen, hat da wohl kaum einen höheren kulturellen status. sein bau besteht eben-, charles eames, sitzmöbel. plywood chair, 1946, fiberglass chair, 1953 la fonda chair, 1961, aluminium group chair, 1958. soft pad group chair,, falls nur aus profilen, von der tragstruktur bis zum trep- pengeländer. eine verbindung von einem pfosten zu einem handlauf ist das resultat von abgesägten profilen, von edel zusammengefügtem halbzeug. die ästhetische mode hilft die geistige armut kaschieren, man entwickelt einen kult der einfachheit. konstruktivismus oder dekon- struktivismus ist eine montage von halbzeug im einfachen farbkanon von rot, gelb und blau, von schwarz und weiß. charles eames folgte einem anderen prinzip als gerrit rietveld. material war für ihn zur verformung da, nicht zum absägen, und zentralthema seiner technik war die verbindung. bei dem rietveld-stuhl gibt es nur halb- zeug, bretter und bälkchen. wie sie verbunden sind, sieht man nicht, soll man nicht sehen. dabei hätte schon jeder schreiner oder zimmermannslehrling des finsteren mittel- alters gewußt, daß man holz nicht kraft-, sondern nur formschlüssig verbinden muß. man muß die balken nur etwas einschneiden und ineinanderstecken, und sie er- geben eine feste verbindung, selbst ohne nagel. rietveld aber wollte in wahrheit keinen stuhl, sondern eine raum- plastik nach den regeln mondrians. deshalb war halbzeug auf halbzeug genagelt. es ist fast heroisch, einen solchen unfug, der bis heute anhält, nicht mitzumachen. charles eames gehört zu die- sen heroen, obwohl er das attribut zurückweisen würde, denn die andere, nicht kunst-, sondern konstruktions- orientierte technologie ist überall, schon in einer fahrrad- fabrik gebräuchlich. sie ist normal und selbstverständ- lich, sofern man außerhalb der ansprüche des heutigen designs bleibt. aber möbel sind eine domäne der kultur. vielleicht war der entscheidende einfluß auf eames, daß er während des krieges in einer fabrik arbeitete, die sperrholz zu schalen verformte, zur ruhigstellung von beinen bei knochenbrüchen. sperrholz läßt sich leicht zweidimensional zu rinnen verformen. durch geschickte einschnitte gelang eames auch eine dreidimensionale verformung. er begann technologisch zu denken. die ersten stühle von eames waren aus verformtem sperrholz. aus den holzschalen wurden dann später die kunststoffschalen, die zu neuen stuhlserien führten, tausendfach kopiert, nie mehr erreicht. wie verbindet man eine holzschale, eine kunststoff- schale mit einem rohrgestell zu einem stuhl? zu der idee, dazu einen schwinggummi zu nehmen, kommt man nur, wenn man gelegenheit hat, in fabriken herumzusuchen. genauso technologisch orientiert ist seine anwendung von gußteilen, die sich einem kräfteverlauf besser an- passen lassen als normale profile. am ende nimmt eames, sogar abschied von halbzeugprofilen. die späteren modelle bestehen fast nur noch aus eigens für sie verformten teilen. die serienfertigung macht es möglich. er begibt sich auf einen anderen technologischen standard, läßt die denkweise auch eines marcel breuer mit seinen stahlrohr- möbeln oder eines mies van der rohe mit seinem band- stahl hinter sich. eine neue ästhetik entsteht. die moderne der reinen form, die eine infantile technik kaschieren sollte, interessiert ihn nicht mehr. seine auffassung von moderne sprengte die der materialgerechtigkeit und rei- nen form, in die sich die altmeister eingesponnen und isoliert hatten. eames widmete sich einem ingeniösen design, bei dem er die heutige technik nach besten an- geboten absuchte, um ergonomische anforderungen zu erfüllen. und dies mit einem hochtrainierten ästheti- schen anspruch. eames tat dies, ich weiß es aus begegnungen, lässig, er war kein ideologe. er war zu neugierig, um sich festnageln zu lassen, festnageln gar durch sich selbst, nichts war zu gering, um nicht zu einer sensation für ihn zu werden. er nahm alles in die hand, sah sich alles an, im hintergrund immer die hilfen von befreundeten industriellen, um sich die freunde einer kulturellen unruhe. sein studio war selbst eine kleine fabrik. in ihr war die trennung von entwurfsatelier und produktion aufge- hoben. für sein haus, ein juwel der modernen architektur, benutzte er die elemente des fabrikhallenbaus. eames ist der vater des heutigen stuhls, er führte den alu-guß ein, die höhenverstellung, die kippfederung, die sitzschale, die laufrolle. seine wirkliche leistung war, daß er zeigen konnte, wie man mit technik und industrie in neue gestaltungskonzepte vordringen kann. er hat die schönsten stühle, sessel und sitzreihen gemacht. aber die schönheit als solche hätte ihn nicht interessiert, schon gar nicht die der augenblicklichen kunstmode., hans gugelot wenn ein ingenieur ein technisches produkt entwirft, ein werkstück oder den speicher einer informationskette, verfährt er wie in der mathematik nach logischen sprün- gen. er mißt und zählt, er rechnet und folgt dem gesetz der kausalität. jede wirkung hat eine ursache, und jede ursache hat eine wirkung. der ingenieur denkt linear, in einer gedankenkette. ein designer hat es nicht so leicht. wenn ein maler ein bild malt, dann rechnet und mißt er nicht. mit logik kommt er nicht weit. die ästhetischen qualitäten, um die es ihm geht, setzt er, leitet sie aus einer zielvorstellung ab. ob das bild naturalistisch ist oder ab- strakt, es geht ihm um eine aussage mit hilfe einer äst- hetischen qualität. der designer kann sich weder auf eine rational analy- tische arbeitsmethode zurückziehen, die alles in quanti- täten auflöst und quantifizierbar macht, noch kann er sich darauf beschränken, qualitäten zu erzeugen, ord- nungen der anschauung, der farbe, der form. die arbeitsmethode des designers ist komplexer. sie ist auch nicht ein bißchen von dem, ein bißchen von jenem. sie umfaßt zwar das rechnen und messen und die herstellung von proportionen, aber sie ist mehr. der designer ist eine art moralist. er wertet, seine tätigkeit besteht aus wertungen. es gibt technische produkte, die gut sind, die aber das auge beleidigen, es gibt dekorative produkte, die nicht zu gebrauchen sind, schöne dinge, die die welt verstellen. es gibt produkte von angeblich höchstem gebrauchswert, die aber technisch miserabel sind. es gibt schöne pro- dukte, die nicht mehr informieren, die keine neugierde zulassen, nur aus verkleidung bestehen. was hat ein designer zu machen? ein funktionierendes produkt? ein gut aussehendes produkt? ein gebrauchs- fähiges produkt? ein informatives produkt? der designer setzt sich zwischen die stühle. ein tech- nisch einwandfreies produkt muß nicht schön sein, ein schönes produkt muß nicht unbedingt gebrauchsfähig sein, ein produkt von hohem gebrauchswert muß nicht immer einen hohen technischen standard haben, und ein gut aussehendes produkt kann vielleicht nur deshalb gut aussehen, weil es alles versteckt und verdeckt. die tätigkeit des designers besteht darin, ordnung in einem konfliktfeld heterogener faktoren zu schaffen, zu werten., es ist barer unsinn, wenn nachgebetet wird, die (gute) form resultiere zwangsläufig aus der funktion oder in einem schönen körper müsse ein guter geist wohnen. das gegenteil ist nicht weniger wahr. die kategorie des technischen ist das richtige, nicht das schöne, und die kategorie des schönen ist das ästheti- sche, nicht das richtige. die kategorie der information ist das wahre, nicht das schöne. und die kategorie des gebrauchs ist das nützliche, nicht das technische. gewiß, das produkt, das wir suchen, ist das sowohl technisch funktionierende als auch formal ansprechende als auch im gebrauch sich bewährende und in der funk- tion, in der bedeutung und herkunft ablesbare. aber alle diese qualitäten gehen nicht wie von selbst auseinander hervor, sie bedingen sich nicht gegenseitig, sie sind nicht kausal voneinander abhängig, nicht selten stehen sie in einer spannung und schaffen sie konflikte. insofern ist die tätigkeit des designers eine wertung. der designer hat es nicht leicht. schließlich hat er auch noch die dimension des ökonomischen zu beachten und kann dabei gewiß nicht von der voraussetzung ausgehen, das marktgerechte sei das richtige, schöne, wahre und nützliche produkt. gerade der ramsch verkauft sich gut. hans gugelot war von geburt holländer. das war spür- bar. die holländer haben sich aus dem zwang, mit dem meer fertig zu werden, einen pragmatischen sinn erwor- ben und eine ingeniöse einstellung zur umwelt. die höfi- sche kultur frankreichs kannte man in holland nicht, und eleganz ist ebensowenig eine holländische designkate- gorie wie repräsentation. die holländer mußten das ein- gebrochene meer zurückdämmen, sie mußten schiffe und kanäle bauen, die kraft des windes für pumpen und müh- len ausnützen. das entwickelte common sense, die tugend der toleranz und praktische vernunft. in der arbeit von hans gugelot gibt es viel technische neugierde, aber nie pathos. aufgewachsen ist hans gugelot in der schweiz. auch hier ist ein kulturverhalten entstanden, das in der natur nicht nur das fördernde, sondern auch die herausforde- rung sieht. und so wie man mit dem meer nicht auf höhe- ren befehl fertig wird, so hat auch die auseinandersetzung mit fels und schnee ein gruppenverhalten hervorgebracht, das sich an der effizienz, nicht an der großen form aus- richtete. die schweizer bauten städte; kathedralen und schlösser lagen ihnen nicht. sie sind an einem fall inter- esssiert, nicht an einer ideologie, wie die holländer auch. ideologie wird heute im design großgeschrieben. das amerikanische, das italienische design beschäftigt sich, nicht mehr mit einer sache, sondern mit repräsentation. design degeneriert zum zeichen. hans gugelot ist 1965 gestorben. die frage ist, ob er heute ein zeitgemäßer designer wäre, ein designer der amerikanischen verhaltenskultur, die im zeigen und sich zeigen manifest wird, oder wäre sein einfluß so stark ge- blieben, wie er damals war? ohne frage war er von be- stimmendem einfluß für eine ganze epoche. hans gugelot und charles eames, dieser ein amerikaner noch der pio- niermentalität, waren die bestimmenden designer von damals. aber ihre denkkategorien waren die von hand- werkern, von technikern, nicht von fabrikanten. ihre produkte waren nicht für die produktion entworfen, sondern als antworten auf sachlagen. vielleicht auch wäre gerade heute hans gugelot von besonderer aktualität. es ist gar nicht ausgemacht, daß den großformen die zukunft gehört, daß der markt das produkt zu bestimmen hat und daß wir uns an eine welt der repräsentation gewöhnen müssen, wo nichts mehr für sich selbst steht, sondern nur noch sich selber vertritt. kann es einen berühmten designer geben? ein designer setzt sich zwischen alle stühle. einen großen maler gibt es, einen großen wissen- schaftler, einen großen general. aber das große setzt das eingeschränkte voraus, die konzentration auf ein enges, methodisch nicht komplexes gebiet. würde ein general noch über den sinn des krieges nachdenken, gar über den frieden, seine schlachten gingen verloren. ein designer ist wie ein maler, der statt zu malen rech- net und mißt, er ist wie ein ingenieur, der statt zu kon- struieren proportionen sucht, er ist wie ein kaufmann, der statt am absatz an der perfektion, der nützlichkeit interessiert ist, und er ist wie ein bildhauer, der statt nach formen nach konstruktionen und technischer intel- ligenz sucht. schon ein philosoph, der auch selbst pädagoge sein will, hat nur eine geringe chance, in die geschichte einzu- gehen. wer sich der komplexität des lebens nähert, hat wenig aussichten, wie die großen simplifikateure, die hochgeschossenen spezialisten im gedächtnis der mensch- heit zu verbleiben. wer seinen kopf zur letzten rationali- tät treibt oder sein herz zum empfindsamsten nerv, der hat aussicht, wahrgenommen zu werden, aber nicht wer beides braucht. zur größe gehört die simplizität der methode. schon der architekt muß sich entweder auf die form spezialisiert haben oder auf die technik, wenn er von sich reden machen will. das ist die wirkliche ursache für die unterlegenheit der frau in der geschichte. sie muß, mit dem herz denken und mit dem kopf empfinden und entzieht sich damit unserem schema kultureller wert- schätzung. rietveld hat stühle gemacht, die aussehen wie pla- stisch-konstruierte umsetzungen von mondrians gemäl- den. zum sitzen waren sie kaum geeignet. aber sie wurden berühmt. sie wurden gekauft als ästhetische objekte, als ausdruck eines stils der geometrischen elementarformen. legitim waren nur noch quadrat, kreis und dreieck sowie die primärfarben schwarz, weiß, rot, gelb und blau. sie waren ausdruck eines stils. der stuhl war reduziert auf eine ästhetische form und hatte damit jene reduktion der vereinfachung erreicht, die in der regel das wesen des berühmten ist. solche objekte stehen denn auch nicht mehr in woh- nungen, sondern in museen. hans gugelot machte stühle nur für wohnungen. die meisten designer haben ihren eigenen stil. einen rietveld erkennt man als rietveld. woran sollte man einen gugelot erkennen? was spricht gegen einen stil? wir sind in eine welt der zeichen eingetreten, und wir benutzen sehr oft objekte nicht mehr als gebrauchsgegenstände, sondern als zei- chenträger. was wir kaufen, wird häufiger vom marken- bild bestimmt als vom gebrauchswert. die form des pro- dukts, die marke, die erscheinung ist oft bestimmender geworden als technik, nutzen und leistung eines gegen- standes, die meist ohne spezielle analyse nicht mehr zu bewerten sind unter der bunten hülle des augenscheins. ein produkt zu erwerben, ist heute ein stück selbst- demonstration. es weist mich aus als jemanden, der sich mit einer marke identifiziert. auch das bestärkt die bild- funktion der gegenstände und zwingt zur ausbildung eines stils, der zeichencharakter hat. wie viele haben geräte von braun nur deshalb gekauft, weil sie damit die zugehörigkeit zu einer designbewußten klasse von menschen demonstrieren konnten? was also spricht gegen einen stil? ich bin sicher, daß hans gugelot, hätte er es erleben können, anstoß genom- men hätte an der entwicklung eines hauseigenen braun- stils. bei jedem produkt ging es ihm nicht nur um die lösung einer aufgabe, sondern um den widerstand gegen die verlockung zum stil. mit jedem produkt rannte er gegen die gefahr an, daß es einen stil hervorbringen könnte. er mußte vor sich selbst beweisen, daß er keinem stil verfällt, weder einem stil als persönlichkeitsausdruck, als handschrift, noch einem stil als unternehmensimage. als er sich gedanken über autos machte und mit BMW, kontakt aufgenommen hatte, dachte er weder daran, einen BMW zu bauen, noch einen gugelot zu produzie- ren. man konnte damals einen pinin farina als farina erkennen, und bis zum heutigen tage muß ein mercedes nach mercedes aussehen, weil menschen in einem pro- dukt zuerst eine marke sehen. hans gugelot hatte angst vor einem stil und mußte sich beweisen, daß er der versuchung zu einem stil wider- stehen konnte. im stil sah er bereits den beginn der kor- ruption des designs. jeder mensch ist eine person, eine persönlichkeit, eine figur. aber nicht jeder ist eine symbolfigur. symbole sind nicht nur zeichen, sondern identifizierungsmerkmale. man schaut zu ihnen hoch. sie sind überhöhungen, sie erlauben wunschprojektionen, an ihnen machen sich er- wartungen fest. das design hat sich dies zunutze gemacht. produkte sind immer weniger das, was sie sind, sie sind mit symbo- len aufgeladen, transportieren inhalte und wecken in- teressen, die nicht mehr der sache entsprechen, sondern lüste wecken und lüste befriedigen wollen. ein produkt ist immer ein zeichen, und zur produkt- qualität gehört, daß das produkt signalisiert, was es ist. produktgestaltung hat neben der technischen qualität, neben der gebrauchsqualität auch eine kommunika- tionsqualität herzustellen, nämlich das produkt transpa- rent, verständlich, einsichtig zu machen, was herkunft, fertigung, materialien, konstruktion und gebrauch be- trifft. ein wirklich gutes produkt zeigt sich so, wie es ist. das aber ist leider die ausnahme, ein produkt hat heute nicht zuerst so auszusehen, wie es ist, sondern so, wie es anspricht, wie es am stärksten auf markt und kun- den wirkt. alles, was glänzt und glitzert, hat einen höhe- ren verkaufswert. also haben bilder goldrahmen und autos chromleisten. autos, die aussehen wie fische oder vögel, verkaufen sich besser, auch wenn ihr sogenannter luftwiderstandsbeiwert, mit dem die windschlüpfigkeit gemessen wird, keineswegs höher zu sein braucht als der eines autos, in das man bequem einsteigen kann. nur in wenigen bereichen, wie denen der kameras und der rundfunkgeräte, hat sich heute ein design durchge- setzt, das ein produkt sein läßt, wie es ist, ja seinen pro- duktcharakter zu vergrößern sucht, statt ihn mit symbol- attitüden zuzudecken. auch dafür hat hans gugelot viel getan. bis zu seinen radioentwürfen war ein rundfunkgerät zuerst ein möbel- stück und hatte sich in eine wohnzimmerkultur zu inte- grieren, die immer der schau, dem vorzeigen diente., hans gugelot und dieter rams, radio- phono-kombina- tion braun sk 4, hans gugelot, herbert lindinger und helmut müller- kuhn, nähmaschine pfaff 80, 1959. hans gugelot und herbert lindinger, radio-phono-ton- band-kombination, studie, 1959 hans gugelot, dia- projektor kodak carousels, 1963., heute erscheint eine hi-fi-anlage nur dann qualifiziert, wenn an ihr nichts mehr an wohnzimmer erinnert. aber das kann umkippen. auch das technische kann zum sym- bol werden, schon gibt es autos ohne chrom, hinten hochgestellt wie formel-1-wagen, nur um im rennsport anleihen machen zu können. es gibt ein technisches design, aber auch ein technoides. auch in der architektur, wo fast nur noch repräsen- tativ, symbolisch, zeichenhaft gebaut wird, erleben wir, daß neben den historischen zitaten, etwa der säule oder dem rundbogen, auch die technik als zitat, als symbol auftaucht. viele glasdachkonstruktionen sind dekorativ und kopieren technisches denken, statt es zu entwickeln. dieser versuchung, alles zum symbolträger zu erheben, an stelle von aussagen anspielungen zu machen, an stelle von sachlagen kulissen, verpackungen zu zeigen, ist der bestimmende trend des heutigen designs. das ist sicher auch eine folge der zunehmenden auto- ritätsgläubigkeit. da wir immer weniger selber erfahren, es vielmehr über die medien zugespielt bekommen, da wir immer weniger selber machen und auch nicht ver- bessern und bewahren, es vielmehr als wegwerfprodukt aufgedrängt bekommen, verlieren wir vertrauen zu uns selbst, uns fehlt sicherheit im verhalten, machen und sagen, und wir beten autoritäten an. symbol ist die autoritäre form des zeichens. das sym- bolträchtige produkt weist seinen benutzer als untertan aus, als ergebenen. symbole waren einst die zeichen der religiösen und politischen herrschaft. heute sind sie meist zeichen einer angeblichen kulturellen überlegenheit. die kunst wird zum arsenal des bedeutungsvollen. wer die sitzfläche eines stuhls als dreieck ausbildet, erhebt ihn in die welt der maler und museen, und viele glauben, daß er dann auch gut zum sitzen sei. man ist heute so der kunst erge- ben, daß auch nonsens mit ihr verkäuflich wird und so die steigerung des profits sichert. aber auch gegenüber dem ingenieur, nicht nur gegen- über der kunst, hatte hans gugelot vorbehalte. wie charles eames war gugelot ein ingenieur-designer. er hatte ein faible für technik, wollte ursprünglich kon- strukteur werden. er hat zwar nie auf ingenieure herun- tergesehen, weil ein designer vielleicht dank seiner kul- turellen plattform etwas besseres gewesen wäre. aber technik ist etwas sehr einseitiges. wir haben uns einmal unterhalten über den fatalen mißstand, daß autos immer schneller, technisch perfekter, ausgeklügelter werden, gleichzeitig ihre gebrauchsdimension, sowohl für das, individuum wie für die gesellschaft, immer mehr ver- kümmert. das hat mit technikfeindlichkeit nichts zu tun. gugelot war von konstruktionen fast besessen und vernarrt in verfahrenstechniken. aber er sah die sackgassen, in die uns eine naturwissenschaftlich-technische zivilisation hineinzwängt. gerade weil er eigentlich ein ingenieur war, sah er die grenzen einer technik, die nur technisch denkt. der maßstab eines guten autos ist heute seine ps- zahl und seine geschwindigkeit. dem wird alles geopfert. man muß keineswegs ein feind ständig verbesserter motoren sein, keineswegs unsensibel für das erlebnis der geschwindigkeit, wenn man ein auto trotzdem zuerst als einen humanen gegenstand versteht und deshalb nicht nur nach technischer und geschäftlicher effizienz be- wertet, sondern schlicht als gebrauchsgegenstand. die heutige alternative woge nimmt sehr oft technik- feindliche züge an. von neuem blüht der kult des hand- gemachten. dabei kann handwerkliche produktion sehr menschenfeindlich sein. jeder bauer schon schätzt den vorteil der maschine. von manchen leuten sagt man, sie haben einen kiesel in der tasche, mit dem sie spielen können. hans gugelot hätte ein kugellager genommen. das widerstandslose gleiten der beiden ringe ist eine manuelle erfahrung wert. ein handwerklich gemachtes kugellager ist aber ein widerspruch in sich. kugeln dieser präzision lassen sich nicht handwerklich herstellen. es wundert nicht, daß er seine aufgaben meistens mit technischen funktionsmodellen anfing. er stellte erst einmal jede technische lösung in frage und überprüfte anhand vereinfachter apparate, ob sich die leistung ver- bessern ließe. sein carousel für kodak bestand lange zeit aus einem karosserielosen diaprojektor, an dem er die technik überprüfte. dabei war er ein introvertierter tech- niker. es kam ihm nicht darauf an, auf den mond zu schie- ßen, sondern intelligentere lösungen zu finden. ein theoretiker war hans gugelot nicht. aber auch kein praktiker. ja, was ist man dann, wenn man weder theore- tiker noch praktiker ist? er hatte alle seine sinne beisammen, gebrauchte sei- nen kopf wie wenige, er lebte in seinen aufgaben. was er ausübte, war keine tätigkeit, sondern sein leben, und sein leben war seine tätigkeit. da war kein subjekt an einem objekt tätig. seine person lebte sich aus an der art, wie er eine aufgabe löste. er brauchte weder das panora- ma der kunst, noch das der literatur, nur die musik ließ ihn nicht los. ehe er nach ulm kam, in der schweiz, hat er, in einer jazzband gespielt, und wenn er platten hörte, nahm er gelegentlich seine ukulele und spielte mit. seine arbeit bestimmte auch das verhältnis zu seinen mitmen- schen. seine freunde waren auch die partner seiner arbeit. man darf es hans gugelot zuschreiben, daß er den gebrauchswert als designgröße erweitert hat um den systembegriff. in einem variablen möbelsystem aus de- menten sah er einen höheren gebrauchswert im sinne einer selbstbestimmung als in der ansammlung von schränken, wie schön und handwerklich sie auch immer sein mochten. der käufer kann nach neigung, interessen, bedürfnissen und gegebenheiten sich dasjenige behäl- tersystem zusammenstellen, das ihm auf den leib zuge- schnitten ist. schränke, regale, fächer lassen sich in allen höhen und breiten nach gelegenheit und neigung zu- sammenbauen, ein solches system, das freiheit etabliert, das eine größere qualität des humanen erreicht, das aller- dings auch kreative intelligenz, herstellungsneigung voraussetzt, nicht nur konsumenten, ein solches system läßt sich nur mit der exaktheit herstellen, die der techni- schen produktionsweise eigen ist. industrielle fertigungs- methoden sind voraussetzung für eine ausweitung des gebrauchswertes, umfassen auch den faktor zeit. ein system kann wachsen und schrumpfen, sich modifizieren je nach lebensphasen. als system bleibt es konstant. man wird nicht so kühn sein, zu behaupten, daß unsere konsumtugenden so ausgebildet wären und die neigung zu eigenbestimmung so tief verankert, daß der repräsen- tationsschrank als einzelstück nicht noch immer der marktrenner sei. marktrenner sowohl im feinen antiqui- tätengeschäft wie im selbstabholermöbelzentrum. trotz- dem ist das designdenken, ist unser anspruch an den gebrauchswert sowohl analytischer als auch methodi- scher geworden und herausgetreten aus der idylle des haus- und handgemachten. die schwäche des heutigen designs liegt darin, daß es ihm nicht gelungen ist, einen wertekatalog des gebrauchs zu entwickeln, der über die haushaltsempirie hinausgeht. das beruht darauf, daß technik und ökonomie nicht nach inhalten und bedeutungen, sondern nach größen zu be- messen sind. umsatz läßt sich exakt in zahlen ausdrücken, was zu dem fatalen schluß verleitet, ein großer umsatz sei ein indiz für ein hervorragendes produkt. so hat sich das design noch immer nicht befreien kön- nen von dem mißverständnis, nur das schöne handge- machte produkt, das glas, das porzellan, das besteck erfülle die ansprüche eines humanen gebrauchs. es gilt aber auch die umkehrung: ein großer umsatz ist kein, widerspruch für einen optimierten gebrauchswert, für ein gutes produkt. gugelot hat als designer nie abschied nehmen müssen von der vorstellung, design sei entwurf von guten einzel- objekten. er hat als designer begonnen mit einem hoch- flexiblen möbelsystem, dessen qualität nur in einer tech- nischen fertigung erreichbar war. mit diesem trat er auch aus der doktrin aus, nur natürliche werkstoffe seien gut, er verwendete melaminharzplatten. heute sind schrankwandsysteme, küchensysteme, systeme von büroeinrichtungen eine selbstverständlich- keit, jemand aber mußte einmal beginnen und jene pro- duktphilosophie vom schönen handgemachten einzel- stück ablösen. gugelot hat sein system nicht nur als konkretes ange- bot verstanden, er hat darin ein designprinzip gesehen, das seine gültigkeit auch im gerätebau, auch in der architektur, auch in der stadtplanung erweisen sollte. gesucht wurde nicht mehr die vorstellung von einem endprodukt. dieses endprodukt hatte sich verflüchtigt. das resultat konnte so oder so aussehen, je nach bedarf, je nach gebrauch. am anfang stand das element. ein paar bretter, verbunden durch genormte verbindungen, lie- ßen sich zu einheiten zusammensetzen, eine box, ein regal. aus den einheiten wiederum entstanden dann die unterschiedlichsten programme. methodologisch eröffnete sich die beziehung von konstanten zu variablen, von der normierung zur belie- bigen endgestalt, vom element zum programm. es ist heute kaum wiederzugeben, welches gefühl uns bewegte, als wir freiheit und variabilität, auch im per- sönlichen, auch im politischen, nicht mehr als gegensatz zu norm und fixierungen zu verstehen brauchten, son- dern als etwas, das sich gegenseitig bedingt. erst das ak- kurate element, erst die strenge methode schafft offen- heit, erlaubt kreativität, ermöglicht phantasie. rationale methoden und exakte elemente, exakte standards und präzise fertigungen eröffneten den freiraum eigener programme. wir brachen die normierung auf, die als solche zu zwang, schematismus und uniformität führte. wir zwan- gen das raster dazu, impulsen zu dienen. aus der wieder- holung des schemas schälten wir das spiel heraus. gerade durch die bejahung von standards ermöglichten wir auf eine neue weise das freie spiel. wir hatten die leiter, auf der man über sich selbst hinaussteigen konnte. wir be- jahten die gesetze der technik, um das reich unbegrenz- ter variationen aufzuschließen., wenn ich von wir spreche, so deshalb, weil ich auf dem gebiet der typographie dieselbe erfahrung machte wie gugelot im bereich des produktdesigns. was gutenberg mit der schrift machte, durch elementarisierung vielfalt zu ermöglichen und zugleich höhere produktivität, ver- suchten wir auch auf den satzspiegel und umbruch aus- zudehnen, der über jahrhunderte in einer normativen strenge erstarrt war. wir suchten das schema auch der neuen typographie zu überwinden durch schematisie- rung der grundelemente. das alphabet hat 25 buchstaben, und es lassen sich mit ihm alle gedanken der welt festhalten. in der rück- führung der schrift nicht auf worte, sondern auf buch- staben und ihre standardisierung lag die voraussetzung für die neue freiheit des wortes. ähnliches erhofften wir im bereich des designs. um programme hatten wir uns damals nur in beschei- denem maße gekümmert. die systemtheorie als solche, die regeln der kombination und der permutation, ver- setzten uns in das hochgefühl, neuland betreten zu haben. die methodologie der serien- und massenproduk- tion erweiterte sich zu einem designkonzept der offenen gestalt. wir waren naiv genug, eine offene gesellschaft sich verwirklichen zu sehen aus der bereitstellung offe- ner systeme. programme verstanden wir als technische angebote. eine küchenmaschine sollte sich erweitern zu einem küchenprogramm. an deren ende vielleicht das ver- schwinden der küchenmaschine stand. vielleicht blieb nur eine zapfwelle übrig, und das gewicht verlagerte sich von der maschine zur optimierung der küchenprozesse rühren, schneiden, mixen, hobeln, pressen. was aber in der küche gekocht wird, war noch keine designbestimmende frage. so mag man es hans gugelot nachsehen, daß er als designer, von heute aus gesehen, auch seine grenzen hatte. sie hängen mit seinem frühen tod zusammen. dies in einem doppelten sinn. es ist keine frage, daß eine so sensible person wie hans gugelot sich weiterentwickelt hätte. sein optimismus gegenüber in- dustrie und technik wäre aber differenzierter, wenn nicht skeptischer geworden in bezug auf die heute gegebene wirklichkeit. genau damals aber begann die fragestellung: wozu das ganze? wohin führt uns die bereitstellung offener systeme? was macht die industrie aus unseren design- angeboten? was macht die gesellschaft mit einem wert- freien design? wir begannen, das problem der probleme zu begreifen. wir begannen zu zweifeln an dem glauben,, die bereitstellung offener systeme beinhalte offene an- wendung. ich schließe nicht aus, daß bei der intensität, mit der hans gugelot designer war, sein tod mit den konflikten zusammenhängt, die sich ankündigten und sich auch schon zeigten, hinein bis in kontroversen auch mit sei- nen freunden. ein designer ist ein moralist. er lebt nicht leicht. statt naturgesetzen zu folgen, sie zu ergründen und im tech- nischen anzuwenden, setzt er sich zwischen alle stühle. er hat zu wählen und zu entscheiden zwischen vielfälti- gen faktoren und eine glaubwürdige resultante zu finden. er weiß nie, was dabei herauskommt, wenn er nicht bereits einem stil erlegen ist. er hat spannungen, differenzen und konflikte auszutragen, die sich aus den verschiede- nen ansprüchen ergeben, die an ein produkt gestellt werden. am schluß muß er sich sogar fragen, was ein techniker am wenigsten fragt, ein kaufmann noch weni- ger, nämlich, wozu das produkt gut sein soll. wer hält das aus?, flugapparate von paul mc cready vermutlich jeder mensch ist im traum einmal selbst ge- flogen. meist bekommt er schwierigkeiten, sobald er das gefühl hat, wirklich zu fliegen. wird er weiterhin genügend auftrieb haben, genügend balance, wird er abstürzen? fliegen ist nicht nur ein traum der menschheit, fliegen ist ein traum der natur, des lebens selber. die entwicklung der lebewesen beginnt im wasser. wasser hat tragkraft und verschafft geborgenheit. aber das leben hat mecha- nismen entwickelt, um auch aufs land zu kommen, und es hat bis in unsere träume hinein demonstriert, fliegen zu wollen. das leben hat zahllose versuche unternommen, sich in die lüfte zu erheben. mit erfolg. was sicherlich auch die träume des menschen beflügelt hat. in unsererem jahrhundert hat es auch der mensch geschafft, sich in die lüfte zu erheben, nicht mit seiner physis, sondern mit hilfe von fluggeräten, zuerst ange- trieben von motoren, jetzt auch nur mit hilfe seiner mus- kelkraft. es war nicht gesagt, daß es die amerikaner sein würden, die als erste ein flugzeug, nur mit muskelkraftangetrieben, bauen würden. gewiß, die brüder wright aus dayton, ohio, waren die ersten, die die technik des fliegens entwickelt hatten, lindbergh war der erste, der den atlantik im allein- flug überquerte. aber zuvor ließen die deutschen auf- horchen. durch den versailler vertrag war es den deutschen unter- sagt worden, eine luftwaffe aufzubauen. für die ersten sechs monate nach der unterzeichnung wurde sogar der bau von flugzeugen und flugmotoren untersagt. der be- stand wurde zerstört. das war der grund für eine enorme entwicklung des segelflugs und sehr früh auch der be- schäftigung mit muskelkraft-flugzeugen. im jahr 1920 war ein segelflug von 1 831 m weite in einer zeit von 2 minuten und 23 sekunden noch ein welt- rekord. 1925 gab es den ersten deutschen preis für ein muskelkraft-flugzeug, 4 000 reichsmark, für den, der 100 m mit eigener kraft fliegt, erreicht wurden 20 m. 1933 bot die frankfurter polytechnische gesellschaft 5 000 RM für den, der 500 m weit fliegen würde, zwei ingenieure der junkerswerke in dessau, helmut haessler und franz villinger, bauten ein flugzeug, mit dem sie 1935 auf dem frankfurter flugplatz rebstock in 24 sekun- den eine weite von 235 m erreichten. sie waren damit noch weit von dem ausgeschriebenen preis entfernt. das, fliegen mit menschenkraft war aber plötzlich von allge- meinem interesse geworden. auch ohne daß die beiden die ausgeschriebenen 500 m erreichten, erhielten sie einen betrag von 3 000 RM. hermann göring, der luft- marschall, erhöhte den preis auf 10 000 RM, jetzt aller- dings für 1 000 m, um dem bau von muskelkraft-flug- zeugen noch mehr auftrieb zu geben. es wurde sogar ein muskelkraft-institut gegründet, um die wissenschaft- lichen voraussetzungen von menschenkraft-flugzeugen zu schaffen und tests, auch solche über die leistungs- fähigkeiten von piloten, auszuwerten. 1936 erreichte dann das von haessler und villinger verbesserte flugzeug mit einem neuen piloten, einem radrennfahrer namens hoffmann, in hamburg eine weite von 427 m und in mei- ningen schließlich den rekordflug von 712 m. man war aber an der grenze des damals möglichen angekommen. zudem rechnete ein deutscher naturwissenschaftler nach, daß es nach den naturgesetzen unmöglich sein müsse, mit einem gerät, schwerer als luft, aus eigener kraft zu fliegen, so wie es auch nie ein perpetuum mobile geben wird. damit war für die deutschen – sie glaubten an die wissenschaft – das spiel aus. im wettbewerb blieben die italiener, die franzosen, engländer, japaner und ameri- kaner. hunderte von flugmodellen wurden gebaut, von amateuren, studenten der flugtechnik, ingenieuren, um aus eigener kraft sich in die lüfte erheben zu können, die italiener stellten vor dem krieg einen neuen rekord auf mit über einem kilometer. 1959 erhielt der versuch, mit muskelkraft-flugzeugen zu fliegen, einen neuen auftrieb. der englische unter- nehmer henry kremer, der mit einem ingenieur befreundet war, welcher ebenfalls muskelkraft-flugzeuge entwarf, stiftete einen preis von 5 000 pfund. die regeln waren: das fluggerät müßte schwerer sein als luft und von seinem piloten angetrieben und gesteuert werden, es müßte sich aus eigener menschlicher kraft vom boden abheben, es müßte eine acht fliegen zwischen zwei punkten, die nicht weniger als eine halbe meile, 804 m, voneinander ent- fernt sein mußten, und es müßte konstant über3mhoch fliegen. der preis wurde später erhöht auf 10 000 pfund und die flugweite stieg bis 1972 auf 1 071 m. schließlich er- höhte 1973 henry kremer den preis auf 50 000 pfund, damals eine halbe million mark, um den an reiz zu ver- stärken. 1977 stand der weitenrekord durch die japaner bei zwei kilometern. später stiftete henry kremer noch einen preis von 100 000 pfund für die überquerung des ärmelkanals mit einem muskelkraft-flugzeug., beide preise gewann der amerikaner paul mc cready aus pasadena bei los angeles, ein luftfahrt-ingenieur mit akademischen graden und segelflieger, der einmal neben nationalen meisterschaften auch die weltmeisterschaft gewonnen hatte. beide erfolge erzielte er im ersten an- lauf mit seinen superleichten flugzeugen von nur 25 kg, bei einer spannweite von 29 m, mehr als der spannweite einer DC 9. „zehn jahre zuvor wäre dieser erfolg noch nicht möglich gewesen“, sagt paul mc cready. das flug- zeug besteht fast ausschließlich aus kunststoffen wie schaumstoff, transparenten filmfolien, kunststoffrohren und klebebändern. aluminium und sperrholz wären zu schwer gewesen. selbst die antriebskette ist ein kunst- stoffprodukt mit einer drahtverstarkung. nur das tretrad ist aus metall. die form ist ungewöhnlich. der stabilisations- und steuerflügel liegt vorne, die luftschraube hinten. erst dachte paul mc cready, sein flugzeug müsse aussehen wie ein hanggleiter, die superleichten drachen, die nur aus textil und röhren bestehen. sie waren in kalifornien entwickelt worden, und auch paul mc cready selbst flog sie und erweiterte seine flugerfahrungen über die eines segelflugs hinaus. aber was als resultat entstand, war die summe unzähliger praktischer erfahrungen. es entstand ein flugzeug, das dann grundsätzlich anders aussah als mc creadys ursprüngliche intention. das flugzeug, mit vielen dünnen drahtsaiten verspannt, war zudem in sich so beweglich, daß es leicht zu variieren war, schon durch die veränderung der drähte. so konnte man auch dem sachverhalt gerecht werden, daß ein flugzeug in der luft eine andere form annimmt als auf dem boden oder auf einem gezeichneten plan. paul mc cready hatte die deutschen flugzeuge der dreißiger jahre genau studiert. er kannte jedes und nutzte seine freundschaft mit wolfgang klemperer, einem segel- flieger der ersten stunde an der wasserkuppe, um genaue- res zu erfahren. klemperer lebte in los angeles und galt als erfahrener mann in der flugzeugindustrie. das erste flugzeug hatte nur eine haut auf der ober- seite des flügels. die probeflüge waren unbefriedigend. mit dem geschlossenen flügel erzielte man einen neuen weitenweltrekord, den man für sich behielt. so wurden über 300 probeflüge geflogen, bis die „gossamer condor“ am 23. august 1977 mit einem flug von über zwei kilome- tern die vorgeschriebene acht fliegen konnte. der kremer- preis für weitenrekord war gewonnen. der pilot war ein radrennfahrer. er hatte sich zuvor einem harten training unterworfen., paul mc cready, „gossamer condor“, erstes muskelkraft- zeug, pasadena,, die regeln für den kremer-preis zur kanalüberquerung bestimmten, daß der flug ohne zuhilfenahme von moto- ren oder gas zu erfolgen hatte, allein angetrieben vom piloten, daß kein teil des flugzeugs unterwegs abgewor- fen werden durfte und daß er von einem beliebigen punkt englands aus zu erfolgen hatte zu einem beliebigen punkt an der französischen küste. das flugzeug durfte die höhe von 50 m nur für kurze zeit übersteigen, um zu verhin- dern, daß ein segeleffekt angestrebt wurde. der flug über den kanal erfolgte am 26. juni 1979, siebzig jahre, nachdem louis blériot zum ersten mal mit einem flugzeug den ärmelkanal überflogen hatte, dies mit einem 25-PS-motor, um einen preis der londoner daily mail von 1 000 pfund zu gewinnen. bezeichnender- weise wurde im selben jahr 1979 der bau des überschall- flugzeugs „concorde“ als dem schnellsten verkehrsflug- zeug eingestellt. mit dem preis für den kanalflug baute mc cready ein drittes, verbessertes flugzeug, das der „condor“ aber ähnlich war, so auch deren ausmaße und gewicht besaß. der flügel hatte konstante tiefe, verjüngte sich nur nahe dem rumpf, nicht an der spitze, die fläche war damit kleiner als bei der „condor“. ansonsten wurden alle teile, mit ausnahme des tretrads, überarbeitet und nach dem inzwischen veränderten stand der technik leichter und stabiler gemacht. als die schöne schnelle concorde vorgeführt wurde, sah jeder, daß eine neue ära der luftfahrt beginnen würde. sie hat begonnen – aber ohne concorde. für die optimie- rung eines fluggzeugs gab es inzwischen neue parameter. hätte es keine ölkrise gegeben, würde die concorde heute wahrscheinlich noch fliegen. es gab damals genügend und billige energie, es gab uneingeschränkt alle rohstoffe und es gab das ja der politik, auch zur finanzierung der maximierung von leistung. die großtechnik kannte keine grenzen und blieb dem grundsatz der bisherigen techni- schen entwicklung treu, daß jedes produkt durch ein noch schnelleres, noch größeres, überboten sein wird. technik war ein unbegrenzter vorgang fortschreitender entwicklung in eine richtung. aber sie hat eine grenze gefunden. plötzlich sind die mittel zur immerwährenden weiterentwicklung begrenzt. die bedeutung von leistung wurde relativiert. an das ver- hältnis zwischen leistung und aufwand werden neue maßstäbe angelegt. denn energie ist knapp, und auch die finanziellen mittel finden ihre grenze. ein einzelnes pro- jekt kann plötzlich die finanziellen grenzen der volks- wirtschaft aufzeigen., die technische innovation verlagert sich von der vergrö- ßerung der leistung in die minimierung des aufwands. und weil insofern weniger mehr ist, mußte das schönste und schnellste flugzeug, die concorde aus dem verkehr gezogen werden. mc creadys flüge sind weltrekorde der minimierung, der weitestgehenden reduktion von material und auf- wand. 1981, zwei jahre nach der überquerung des ärmel- kanals mit seinem muskelkraft-flugzeug, flog sein solar- zellenflugzeug über die straße von dover ohne jede energie von der erde, nur angetrieben durch sonnen- strahlen. das ist mit gewißheit nicht die ankündigung, daß es einmal flugverkehr ohne öl geben werde, dieser flug ist eher ein signal eines veränderten denkens in der technik. wenn das „immer mehr, immer größer, immer schneller“, das ein jahrhundert technikgeschichte gemacht hat und das zur lebensphilosophie gerade der amerikanischen gesellschaft wurde, an grenzen stößt, beginnt technik umzuschlagen in innovation der reduktion und kosten- effizienz. das ist keineswegs eine straße des verzichts, es geht um ein neues optimum, um die relation vom auf- wand zur leistung, von input zu output. die kultur des aufwands haben wir bisher vernachlässigt. „unsere ganze philosophie“, sagt mc cready, „war, daß man viel auch mit weniger erreichen kann.“ er geht mit dem überflußdenken seines landes, seiner politischen führer, seiner wirtschaft hart ins gericht und will sich nun, da seine flugzeugphase vorbei ist, mehr dem problem widmen, wie sich denken verändern läßt. daß man viel mit weniger erreichen kann, trifft auch zu auf die organisation des arbeitsteams, das die flug- zeuge baute. mc cready ist selbst unternehmer, er leitet eine firma für die beherrschung der luft als umweltfak- tor, die paul mc cready aero environment inc. aber er ist sich sicher, daß keine flugzeugindustrie imstande gewe- sen wäre, seine flugzeuge zu bauen. tatsächlich hatten viele flugzeugunternehmen versucht, muskelkraft-flug- zeuge zu entwickeln. fachleute und große teams, mit viel mitteln ausgestattet, unterstützt durch technische hilfe- stellungen, waren an der arbeit. keines hatte erfolg. sie bauten flugzeuge so, wie man flugzeuge immer gebaut hatte, und in einer industriellen arbeitsweise, die das völlig neue scheut. in der industrie gibt es weniger lei- denschaft. je größer das unternehmen, desto größer die beharrlichkeit. selbst die computerisierung beseitigt nicht die saurierhafte schwerfälligkeit. das team von mc cready bestand aus mitarbeitern, die genau das tun, wollten, was sie taten. sie absolvierten nicht einen job. rückschläge führten gelegentlich auch zu psychischen frustrationen, aber man lernte, daß fehler den vorzug haben, schwachstellen bloßzulegen. dies war wörtlich zu nehmen. wenn das flugzeug bei testflügen zu bruch ging, lernte man, dies nicht als schaden zu verstehen, sondern als aufklärung. die nicht gebrochenen teile waren offensichtlich noch zu schwer, um ein super- leichtes flugzeug zu bekommen. wenn es keine rohre gab, die leicht genug waren, um sie verwenden zu können, wurden solche erfunden, mit der maschine dazu, die sie herstellte. aluminiumrohre waren zu schwer, kunststoffrohre zu flexibel. also um- wickelte man dünnwandige kunststoffrohre auf einer wickelmaschine mit klebefilm und erhielt stabile rohre, leichter als bambus. viele menschen ärgern sich, wenn sie folienverpackte objekte nicht mehr aufreißen können wie papier. diesen ärger kann man sich zur tugend machen und so stabilität aus leichtestem, aber reißfestem material erreichen. im gegensatz zu modellen, die segelflugzeugen ähnlich sind, wählte mc cready eine konstruktionsform aus rohren und spanndrähten, wie sie im drachensegler vorgezeichnet sind oder auch schon in den flugmodellen der brüder wright. im gegensatz zu einem vollkörper- flugzeug, das aussieht wie ein vogel, baute er eine stab- drahtkonstruktion, die es in der natur nicht gibt. paul mc cready sagt offen, daß er die flugzeuge nicht gebaut hätte, wenn es nicht die kremer-preise gegeben hätte. er meint damit sicher die höhe der geldsumme, aber auch die tatsache, daß klare bedingungen, spielregeln, einen wettbewerb erst möglich gemacht haben. wenn dreißig leute einem fußball nachjagen, ist das kein fuß- ballspiel. erst die regeln lassen vergleiche und damit einen wettbewerb zu. klar definierte begrenzungen erlauben eindeutige lösungen. die flugzeuge dienten nicht vordergründig der ent- wicklung neuer techniken oder gar neuer ökonomischer vorteile. sie waren gebaut worden, um an einem spiel, an einem wettbewerb teilzunehmen. die technische, intellektuelle und organisatorische herausforderung, die mit der entwicklung eines muskel- kraft-flugzeugs verbunden ist, wurde erst effektiv mit der definition von zielen und regeln. anders lag der fall bei der entwicklung des solarzel- len-flugzeugs, mit dem paul mc cready abermals eine er- ste kanalüberquerung schaffte. der flug erfolgte im juli 1980 von einem flugplatz im nordosten von paris aus über die meerenge von calais bis zu einem flugplatz im, nordosten von london, eine distanz von etwa 300 km. an diesem tag hätte das flugzeug auch so gut wie das doppelte geschafft. sonnenkraft-flugzeuge hat es schon vorher gegeben. 1975 machte der amerikaner robert boucher einen flug mit solarzellen. den ersten flug in der bundesrepublik machte am 12. 12. 1980 günter rochelt, ein industrie- designer aus münchen. aber während sein flugzeug in der traditionellen bauweise von segelflugzeugen auf 120 kg kam, erreichte mc cready mit seinem vollkommen neu konzipierten und von den früheren typen unab- hängigen typ ein gewicht von 100 kg und damit ein ver- hältnis zwischen leistung und gewicht, das es erlaubte, an eine kanalüberquerung zu denken. 25 kg davon gingen zu lasten der solarzellen, die auf den tragflächen ange- bracht waren und einen elektromotor antrieben. der kanal ist für flieger und schwimmer eine histori- sche teststrecke, wie die distanz von marathon nach athen für leichtathleten. aber es winkte kein preis, außer dem, der erste gewesen zu sein. zugleich ging es mc cready um den nachweis, daß sonnenenergie eine technisch lös- bare und ökonomisch vertretbare energiequelle für alle regionen der erde ist, die viel sonnenbestrahlung haben. das ist vorwiegend der gürtel der armen länder der dritten welt, die wasserpumpen und miniaturkraftwerke be- nötigen. sicherlich motiviert durch seine erfolge, glaubt paul mc cready, daß in 50 bis 60 jahren alle heutigen techni- schen probleme gelöst sein werden. infolgedessen inter- essiert ihn, was für probleme danach auf uns zukommen werden. und da ist er weniger optimistisch. so überwälti- gend der erfolg der technischen intelligenz in den zwei jahrhunderten seit der erfindung der dampfmaschine ist, so vorgeschichtlich ist in seinen augen die politische ver- nunft und die kulturelle kontrolle des zusammenlebens der menschen. grund für ihn, ein vollkommen neues blatt in der entwicklung seiner interessen und beschäftigungen aufzuschlagen., bauhaus und ulm als walter gropius uns damals in ulm anbot, die hoch- schule für gestaltung „bauhaus ulm“ zu nennen, hatten wir das abgelehnt. darüber bin ich heute fast selber erstaunt, in unserer heutigen zivilisation, in der die verpackung einer sache oft mehr bedeutung hat als der inhalt, haben querver- bindungen, bezeichnungen und beziehungen ein anderes gewicht. wer aber eben vom krieg heimgekehrt war und half, eine neue schule aufzubauen, stand in einem ande- ren umfeld. es war so wenig an substanz übriggeblieben, weder an materieller noch an politischer oder kultureller, daß ein denken in beziehungen, anleihen oder wechsel- wirkungen fast gegenstandslos war. natürlich war uns damals bewußt, welche kulturpoli- tische aura eine schule bekäme, die sich „bauhaus ulm“ nennen würde. aber „ansehen“ war eine eher negativ besetzte vokabel. wir wollten machen, was in der sache richtig war, ohne auf öffentliche wirkung und anerken- nung zu spekulieren. und unsere absicht war, kein zweites bauhaus zu machen, keine wiederholung. wir wollten uns von ihm absetzen, bewußt. wenn ich von „wir“ spreche, bedarf dies einer diffe- renzierung. max bill dachte hierüber anders als walter zeischegg, tomás maldonado, hans gugelot oder ich selbst. max bill wollte zwar ebenfalls keine wiederho- lung, aber doch eine art neues bauhaus. er stellte sich vor, daß es auch in ulm künstlerateliers für maler und bildhauer geben würde wie am bauhaus, werkstätten für goldschmiede- oder silberschmiedearbeiten. für walter zeischegg und mich war das undenkbar. (tomás maldo- nado und hans gugelot kamen erst später dazu, teilten aber unseren standpunkt.) walter zeischegg und ich waren zunächst selbst im bereich der kunst tätig geworden, hatten aber bald die akademien verlassen, er in wien und ich in münchen. dieser bruch hatte prinzipielle ursachen. wir kamen aus dem krieg heim und sollten in der aka- demie nun an der ästhetik um der ästhetik willen arbeiten. das ging nicht mehr. wer ohren hatte zu hören und augen zu sehen, mußte erkennen, daß kunst eine flucht war aus den vielfältigen aufgaben, die auch der kultur erwuchsen, als die naziherrschaft in brüchen lag. wir mußten uns die frage stellen, ob eine kultur und eine kunst sich nicht selbst bloßstellten, die die wirk-, lichen menschlichen probleme einer nachkriegszeit igno- rierten. war kunst nicht insgesamt ein alibi, um die wirk- lichkeit denen zu überlassen, die sie beherrschten? war kunst nicht eine bürgerliche sonntagsattitüde der ver- schleierung, um in sachen alltag um so mehr das heft in die hand zu bekommen? hatten nicht die am allermeisten für die kunst getan, die an herrschaft interessiert waren? ich konnte damals noch keine schlüssige antwort darauf geben, nur war unser interesse vollständig um- gepolt worden. wir interessierten uns für die gestaltung des täglichen lebens und der menschlichen umwelt, für die produkte der industrie, das verhalten der gesellschaft. wir wollten nicht länger einsehen, daß kreativität sich nach objekten klassifizieren sollte. sollte weiterhin die höchste humane kreativität die der zweckfreien reinen ästhetik sein, während dinge der praxis und des täglichen gebrauchs von zweitklassiger bedeutung wären? nach dem grundsatz, daß das seelische höher wäre als das kör- perliche? ein solcher dualismus ist heute überholt, was psychologie, medizin oder philosophie betrifft. aber ein dichterisches wort ist uns noch immer mehr wert als ein journalistisches, und die ästhetik der museumsobjekte ebenfalls mehr als die der straße. wir trennen noch immer in geist und materie und brauchen als beleg dazu die kunst. was, nach unserer meinung, fällig war, war nicht, die kunst um ein paar werke mehr zu bereichern, sondern zu zeigen, daß kultur heute das leben insgesamt zum thema haben müsse. ja, wir glaubten sogar, im herkömmlichen kulturbetrieb einen trick zu erkennen, von den dingen des alltags und des täglichen lebens abzulenken, die dem kommerz, der ausbeutung überlassen worden waren. kunst wird großgeschrieben von denen, die am schund verdienen. ewige werte werden von denen verkündet, die bei ihrem schmutzigen geschäft nicht ertappt werden wollen. diesen idealismus wollten wir nicht mitmachen, kultur sollte sich der wirklichkeit zuwenden. wir entdeckten das bauhaus, den konstruktivismus, die stijl-bewegung und konnten, was wir suchten, nachlesen bei malewitsch, tatlin, bei moholy-nagy. gestaltung des alltäglichen, des wirklich wirklichen, das design war zur plattform jeder humanen kreativität geworden. und wenn jemand sich mit quadraten, drei- ecken und kreisen, mit farben und linien beschäftigte, so waren das sinnvolle ästhetische experimente, etwas höheres war es nicht. im gegenteil, sein wert sollte sich erweisen an der bewältigung des wirklichen, so kaputt, dreckig und desolat es auch sein mochte., max bill war ein überlebender des bauhauses und rettete zum teil im schweizer werkbund, was in deutschland und österreich verboten war und ausgemerzt wurde. er war für uns das authentische bauhaus, das wir zunächst nur in büchern kennenlernten. aber bill hatte auch eine andere erfahrungswelt. für ihn blieb kunst, was sie war, während wir begannen, in ihr eine gefährdung des designs zu sehen, design sollte seine resultate aus dem objekt entwickeln. die gefährdung lag darin, daß design eine angewandte kunst würde und seine lösungen der kunst entlehnte. eben waren die stühle von charles eames bekannt geworden, überzeugende modelle für die einheit von technologie, funktionalität und ästhetik. das war design aus der aufgabenstellung heraus, design ohne formale anleihen bei der kunst. umgekehrt entpuppten sich die konstruktivistischen stühle von rietveld als mondrians zum sitzen, untaugliche kunstobjekte mit der vorgabe, nützlich sein zu wollen. für plato, sogar noch für aristoteles, war das materielle die verdeckung des geistigen. die welt wäre ideal, wenn es keine materie gäbe. der geist wäre frei, wenn es keinen körper gäbe. die liebe wäre groß, wenn es keine sexualität gäbe. diese auffassung, aus der die bürgerliche gesell- schaft ihren kulturbetrieb herleitete, war so allgemein, dagegen dachte damals kaum jemand an. am ehesten noch die dada-bewegung: der küchenhocker, die klo- schüssel, die fahrradfelge und der besenstiel gelangten als provokation ins museum. es galten nun auch die umkehrsätze: wer nichts mit- zuteilen hat, sucht den stil, wer vom materialismus lebt, verehrt den geist, wer geschäfte macht, fördert die kultur. hugo ball war der initiator der dada-bewegung in zürich. er war aber auch der erste, der aus dem dadaismus ausstieg. die verneinung des bürgerlichen war ihm zu wenig. folgerichtig verurteilte er das bürgerliche an dada und die flucht in die geistigkeit. 1919 befaßte er sich mit einer antithetischen „philosophie des produktiven lebens“: „der achtung und anerkennung des nächsten, der liebe zum nächsten, kann eine ordnung der dinge folgen, in der die gewaltige pflege der produktivität die grundlage der moral abgibt.“ gegenüber der kunst der reinen geistig- keit entwarf hugo ball eine philosophie der humanen gestaltung konkreter dinge, eine art philosophie des designs. er entwickelte zweifel an den dekorativen kur- ven kandinskys. auch für adolf loos war in der architektur nicht mehr stil und konstruktion getrennt wie leib und seele, und, karl kraus ließ sprache nicht mehr zerfallen in inhalt und form. die form war eine form der aussage. damals in ulm mußten wir zurück zu den sachen, zu den dingen, zu den produkten, zur straße, zum alltag, zu den menschen. wir mußten umkehren. es ging nicht etwa um eine ausweitung der kunst in die alltäglichkeit, in die anwendung. es ging um eine gegenkunst, um zivilisations- arbeit, um zivilisationskultur. architektur entdeckten wir insbesondere beim bau von fabriken, form in der konstruktion von maschinen, gestalt in der machart von werkzeugen. walter zeischegg lernte ich kennen, als er in der nähe von ulm ein institut für grifforschung aufsuchte, dessen material er für eine ausstellung „hand und griff“ in wien verwenden wollte. ich selbst machte plakate. es bestätigte nur meine grundsätze, als kurz nach dem abgang von der akademie ein plakat von mir im museum of modern art neben einem bild von paul klee hing. ich schuf für die straße, wie die anderen fürs museum. da ich keine meiner arbeiten signierte, um auch so aus den gepflogenheiten des kunstbetriebs auszusteigen, stand bei dem plakat in new york: artist unknown. auch das paßte mir. wie andere ihren namen suchten und sich auf dem markt der er- scheinungen präsentierten, gefiel mir die anonymität. handwerker, konstrukteure, ingenieure signieren nicht. das bauhaus hatte verschiedene innere mutationen durchgemacht, innere revolten, so die vom handwerks- design zum industriedesign, von der malerei eines hölzel und itten zu der eines van doesburg, von einer werkbund- ideologie zu einer stijlideologie. den sprung weg von der kunst hat es nicht geschafft. im gegenteil. die wahren fürsten waren die maler- fürsten. kandinsky, klee, feininger und schlemmer. und ihnen ging es nach wie vor um das geistige. das geistige in der kunst ist der titel des theoretischen werkes von kandinsky. kandinsky und mondrian waren anhänger der theo- sophie, einer doktrin der reinen geistigkeit, die im eins- werden mit dem absoluten geist, mit gott, den materia- lismus überwinden will. für beide war malerei ein zugang zum reinen geist, und der weg in die gegenstandslosigkeit war ein abschied von der konkreten, von der materiellen welt. malewitsch in rußland suchte den reinen raum, die reine fläche, die reine farbe mit einem anspruch, den man sonst nur ikonen entgegenbrachte. das ziel war eine entrückte ästhetik der reinen form, der quadrate, dreiecke und kreise, der linien und der farbe. klee sprach vom kos-, mos, von urgeschichte und urbewegung. bei kandinsky wurden gegenstände zu energiespannungen und linien- komplexen. er suchte in seiner malerei rein abstrakte wesen als gleichberechtigte bürger des abstrakten reiches. man suchte spiritualität, das überwirkliche, das über- individuelle. aber besteht die welt, wie sie ist, nicht nur aus dem ein- zelnen, aus dem konkreten? ist das geistige, das allgemeine nicht nur teil einer begriffswelt des menschen, um sich so mit der welt sprachlich auseinandersetzen zu können? schon wilhelm von ockham, ein früher vorläufer der heu- tigen analytischen philosophie, hätte das bestätigt. doch mit dieser geistigkeit seiner maler wäre das bau- haus noch nicht richtig gesehen. es gab von anbeginn eine tendenz zum konkreten. das erste programm forderte eine rückkehr zum handwerk, eine neue zunft der hand- werker, die arbeit aus dem geist der werkstatt. es forderte die einheit der künste am bau und erklärte kunst als stei- gerung des handwerks. die kunstgewerbliche diktion dieses programms wird im schlußsatz des ersten mani- fests 1919 erkennbar: „bilden wir … den neuen bau der zukunft …, der aus millionen händen der handwerker einst gen himmel steigen wird als kristallenes sinnbild eines neuen kommenden glaubens.“ man kann diesem satz noch etwas abgewinnen, wenn darin zum ausdruck kommen sollte, daß das handwerk- liche zeitalter ein hohes arbeitsethos hatte. die sache wurde um der sache willen gemacht. eine auf profit fixier- te industrie und ein auf profit fixiertes dienstleistungs- gewerbe bedienen sich essentiell der täuschung, die auf- machung steht vor der sache. der architekt walter gropius hielt das bauhaus offen auch für profanes, für bauten, tische, stühle und möbel, aber nicht als solche, sondern als elemente eines neuen glaubens. diesen fanden die maler in der elementargeo- metrie, im quadrat, im dreieck, im kreis und den primär- farben rot, gelb, blau, schwarz und weiß. damit war der konflikt programmiert: ist design eine angewandte kunst, tritt es also auf in den dementen quadrat, dreieck und kreis, oder ist es eine disziplin, die ihre kriterien aus ihrer aufgabenstellung, aus dem ge- brauch, aus der fertigung und technologie bezieht? ist die welt das einzelne und konkrete, oder ist sie das allge- meine und abstrakte? diesen konflikt hat das bauhaus nicht ausgetragen, konnte es nicht austragen, solange der begriff kunst nicht enttabuisiert war, solange man einem unkritischen platonismus der reinen formen als weltprinzipien verhaftet blieb., gewiß, es gab einzelne stimmen der opposition. vor allem jüngere wie josef albers, mart stam, hannes meyer und mareel breuer stellten die unterordnung unter eine ideale ästhetik in frage. ihre arbeitsresultate betrachteten sie als produkte der arbeitsmethoden, der materialeigen- schaften, der technik und der organisation. als empiriker standen sie den idealisten der reinen form gegenüber. hannes meyer mußte das bauhaus verlassen. er riskierte den satz, kunst sei komposition und damit zweckwidrig. das leben sei unkünstlerisch, ästhetik sei ein resultat der ökonomie, funktion, technik und der gesellschaftlichen organisation. beherrschend für das bauhaus blieb ein geometrischer stil, der sich aus der kunst ableitete. es hat damit mehr die art déco beeinflußt als die moderne industrielle pro- duktion. das bauhaus hat sich mehr in museen niederge- schlagen als in der heutigen technik und ökonomie. geometrische gestaltungsprinzipien ließen sich viel- leicht gerade noch bei möbeln oder in der typographie anwenden, aber schon bei stühlen wurden solche formale vorgaben bedenklich, erst recht bei autos, maschinen oder geräten. die industrielle produktion ging andere weger und erst bei entwerfern wie charles eames wurde erkennbar, was es heißt, produkte aus ihrem zweck, aus material und fertigungsmethode, aus dem gebrauch zu entwickeln. wir hatten allen grund, vorbehalte gegen das bauhaus anzumelden. und auch gegen die absicht bills, künstler- ateliers einzurichten. dabei waren weder zeischegg noch ich ökonomisten, die ästhetik als abfallprodukt der rein technischen ferti- gung angesehen hätten. es erschien uns sinnvoll, ästhe- tische kategorien wie proportionen, volumen, reihungen, durchdringungen oder kontraste zu benennen und sie experimentell zu erfasssen, aber nicht als selbstzweck und schon gar nicht als übergeordnete, übergreifende und spirituelle disziplin, sondern als eine art grammatik, als syntax des entwerfens. das resultat eines entwurfs mußte der aufgabe entsprechen, seine kriterien waren der gebrauch und das herstellen. das ästhetische experi- ment war uns eine wichtige sache, die begriffliche kon- trolle ästhetischer vorgänge war zudem ebenso aufregend wie notwendig, aber wir hielten die newtonsche physik nicht für richtiger als die natur selbst. mit hans gugelot kam ein technisch-erfinderischer kopf zur aufbaugruppe, mit maldonado ein aus der male- rei ausgestiegener theoretiker und entwerfer. gugelot schuf die technisch-ingeniöse basis der ausbildung der, produktgestaltung, maldonado organisierte die wissen- schaftliche struktur des lehrplans. bill schien eine zeitlang mitzugehen, wenn es um die zuordnung von kunst und design ging. der kritische punkt war, ob er unserer auffassung folgen konnte, daß malerei oder bildhauerei eine experimentelle disziplin sei zur be- stimmung von farben und volumen, also ohne übergeord- nete bedeutung. für gugelot spitzte sich die frage zu auf die hierarchie von ingenieur und produktgestalter. steht der designer über dem techniker? gugelot hatte sich nie mit kunst be- schäftigt und konnte hier ohne parteinahme entscheiden. für bill blieb der gestalter dem ingenieur übergeordnet. für gugelot war das ein unechtes problem. beide, der ge- stalter und der ingenieur, gingen unter verschiedenen aspekten an eine sache heran, der eine unter denen der technischen effizienz, der andere unter denen des ge- brauchs und der erscheinung. gugelot nahm den inge- nieur so ernst, daß er sich seine unterordnung nicht vor- stellen konnte, so wie er vom techniker erwartete, daß er den designer so ernst nehme, daß auch der nicht unter- geordnet erscheint. die welt dachte er nicht mehr in oben und unten, sondern in einem verbund und einer vernet- zung unterschiedlicher, gleichrangiger aktivitäten. zudem setzte ihm technik zu viele ästhetische qualitäten frei, als daß er sich prinzipiell über sie hätte erheben wollen. er selbst wurde deshalb techniker, um die ästhetischen reserven der technik ausschöpfen zu können. ähnlich ging es zeischegg, der nun mehr bücher über mechanik und kinetik studierte als über kunst. seine intellektuelle neugierde befriedigte er mehr auf technischen messen als auf schaustellungen des kunstbetriebs. gleichzeitig arbeitete er sich in die mathematik der körper und der lagen ein, um den gesetzmäßigkeiten von volumen und topos auf die schliche zu kommen. was für ihn resultat der standorte und der betrachtungswinkel war, konnte er nicht in hierarchien unterbringen. maldonado und ich waren mit mathematischer logik beschäftigt, um schließ- lich herauszufinden, daß die antworten, die wir auf die fragen der welt erhielten, von der methode abhingen, wie wir die fragen formulierten. auch hier brach eine vertikale weltordnung zusammen. geist war eine methode, aber keine substanz. die ordnungen der welt erfahren wir als ordnungen des denkens, als informationen. eines der ersten bücher, die ich für die bibliothek der hfg anschaffte, war die zeichentheorie von charles morris. mit der klassifikation von information als semantik, syn- tax und pragmatik hatten wir auch einen theoretischen, fundus, gestaltungskriterien zu definieren und kunst als ein syntaktisches handwerk zu interpretieren. das hatte für uns eine bedeutung wie für viele sigmund freud, als er das psychische als organisationsform des körperlichen erklärte. ich lernte einmal mehr, wie gefährlich eine rein syn- taktische kunst der quadrate, kreise und dreiecke werden konnte, wenn sie sich nicht bewußt war, daß sie sich der semantischen dimension der information entzog. meine plakate waren in das formale feld der sogenannten „kon- kreten kunst“ geraten, und ich hatte mich zu fragen, ob sie noch zuerst der kommunikation dienten. ein fotograf, christian staub, der den fotounterricht leitete, machte mich bei meinen fotos auf die gefahr aufmerksam, daß sie formaler „künstlerischer“ selbstzweck werden könnten, und syntaktische übungen sollte ich nicht mit informa- tion verwechseln. wo blieb die mitteilung? vier jahre nach eröffnung der schule schied max bill aus. ohne ihn hätte es eine hochschule für gestaltung in ulm nicht gegeben. wir suchten seine erfahrungen mit dem bauhaus. seine ansichten über gestaltung erschienen uns richtungweisend, aber im grundsätzlichen blieb er für uns dem bauhaus verhaftet. er blieb der künstler und reservierte für die kunst einen besonderen rang. ich selbst hatte für typographie und grafikdesign vom bauhaus wenig nutzanwendung beziehen können. im gegenteil, im bereich der typographie war die bindung an die geometrischen grundelemente quadrat, dreieck und kreis, etwa beim entwurf und bei der bewertung von schriften, eher verhängnisvoll. eine gut lesbare schrift kennt kein kreisrundes o oder ein a auf der basis eines gleichschenkligen dreiecks. eine geometrische schrift ist ein rückfall in den ästhetischen formalismus. eine lesbare und damit funktionelle schrift versucht, den schreib- und lesegewohnheiten des menschen gerecht zu werden. ähnlich ist es mit der fotografie. das bauhaus hat pionierarbeit geleistet, wenn man an die syntaktischen aspekte der fotografie denkt. aber fotografie als mittei- lung stand nicht hoch im kurs. es ging um perspektiven, licht und schatten, kontraste, strukturen, blickpunkte. die fotografie als kommunikationsmittel wurde von an- deren leuten entwickelt, den reportagefotografen um die großen illustrierten zeitungen. so von felix h. mann, stephan laurant, erich salomon, eugene smith, robert capa oder henri cartier-bresson. die fotografie eines man ray oder moholy-nagy war primär formaler ästhetizismus, ästhetisch-formaler selbstzweck, im besten fall syntakti- sche erfahrung. realität wurde als signal wiedergegeben,, was allerdings der bedeutung dieser fotografie für wer- bung und grafik zugute kam. daß diese fotografie heute als kunst gehandelt wird, unterstreicht nur diese ein- schätzung. ihr formaler anspruch stand im umgekehrten verhältnis zur mitteilungsfunktion. schließlich kann sich auch das heutige postmoderne design auf das bauhaus berufen, die möbel zerfallen wieder, wie schon zu rietvelds zeiten, in würfel, kegel, zylinder, und dies in der farbigkeit elementarer gestal- tung. die kugelkannen, zylindertöpfe des bauhauses sind so lange unsterblich, als elementargeometrie als kunst gehandelt wird. siehe aldo rosso. man wird nicht umhinkönnen, darauf zu verweisen, daß man heute entdeckt hat, in welchem umfang man kandinsky für den kommerz ausschlachten kann. seine linien, stäbchen, wellen, kreise, punkte, kreissegmente, halbmonde und dreiecke werden zurzeit als letzte mode verbraucht, nachdem mondrian zu kalt und klee zu poe- tisch geworden waren. kandinsky ist der formenspender der heutigen visuellen mode. sogar architekturpläne schlachten sein syntaktisches repertoire aus. die zeit ist wieder dem höheren, dem allgemeinen zugetan. kunst steht in höherer gunst als antworten auf einen sachver- halt, als das resultat aus dem fallstudium, als die lösung für eine situation. kunst beschert das ewige. wir sind wieder beim streit der dadaisten angekommen. sie zerfielen in zwei lager: die ästheten und die moralisten. hugo ball zog sich als moralist zurück und ließ die ästhe- ten unter sich. auch marcel duchamp, der schon seine expressionistische malerei überbekam, hörte auf, provo- kationsobjekte als bürgerschreck zu fabrizieren. die moralisten wollten sich der anklage nicht entziehen, daß die welt aus schund, lug und trug besteht. das prinzip des modernen marktes basierte auf dem gewinn, und weder das produkt der fabrik noch die mittel der chemie noch die erzeugnisse der lebensmittelindustrie ent- sprangen einer verantwortung gegenüber dem produkt und der sache. die moralisten mußten die ästheten im stich lassen. an dieser situation hat sich eigentlich bis heute nicht viel geändert. die welt ist nicht viel anders geworden, als sie war. die meisten designer sind ins lager der stylisten, der ästheten übergelaufen, um produkte dem aspekt der ästhetischen verkaufsförderung entsprechend aufzu- machen. aufmachung ist noch immer alles. schade, daß es kein ulm mehr gibt., architektur als abbild des staates der titel „architektur als abbild des staates“ ist etwas all- gemein und ungenau, aber er ist absichtsvoll. vor jahren hätte man auch formulieren können: architektur und gesellschaft. aber die gesellschaft, die einmal ferment und boden der entwicklung war, gibt es nicht mehr. die ökonomischen, kulturellen, weltanschaulichen inhalte, die aus der gesellschaft einmal einen brodelnden topf von interessen, antrieben und bewegungen gemacht hatten, ist entmündigt, tot. der staat hat sie in den griff bekommen durch die versorgung aller, die er heute leistet für die gegenleistung, daß er alles mitbestimmen und reglementieren darf. der versorgungsstaat, der allen ökonomische sicher- heit und gesichertes alter verspricht, hat zur anspruchs- gesellschaft geführt, die keine interessen mehr hat, sieht man einmal von einzelnen gegenbewegungen ab, die es ja auch gibt. so also ist es bewußt zu dem titel gekommen „archi- tektur als abbild des staates“. in den zeiten des wohlfahrtsstaates der fünfziger jahre, wie er von marshall und myrdal entworfen und beschrie- ben wurde, gab es noch den ethischen impetus der chan- cengleichheit. man mißtraute der bürgerlichen verkün- digung, reichtum sei die folge persönlicher leistung, und sah im ungleichgewicht mehr die folge schicksalhafter kondition durch geburt, milieu und erziehung. chancen- gleichheit war die ausweitung des demokratischen be- wußtseins auch in die arbeits- und erziehungswelt. was gekommen ist, sieht ganz anders aus. arbeit als erfüllung persönlicher neigungen, als kategorie der an- eignung von welt und als entfaltung von sinn und wert ist abgelöst worden durch den job, dessen qualität sich ausdrückt im einkommen. wie im topmanagement, wo man jederzeit von der schuhbranche zur chemie oder zum automobilbau wechseln kann, ist auch bei weniger bedeutenden tätigkeiten der inhalt beliebig geworden, die erfüllung ökonomischer ansprüche alles. die ansprü- che werden von der lobby an den staat herangetragen, der nun auch bei malern und schriftstellern bereit ist, jedes risiko auf sich zu nehmen und, wenn nicht die erfüllung von ansprüchen, so doch die sicherheit zu garantieren. die steuerlasten, die einmal den verfluchten zehnten betragen hatten, wurden ohne murren auf dreißig, vier- zig prozent erhöht, weil bereits der lehrling heute bei, berufseintritt fragen darf, was der staat ihm an versor- gungsgarantien gibt für ausbildung, krankheit, urlaub, arbeitslosigkeit, invalidität und alter, welche zuschüsse er darüber hinaus erhält für das essen in der kantine, den weg zur arbeit, berufliches risiko, umschulung oder be- triebsurlaub. darin liegt nichts unehrenhaftes, und schon griechen- lands kultur basierte auf der tatsache, daß unterricht und ausbildung, ja sogar der besuch des theaters vom staat finanziert waren. und es stünde einem staatswesen wohl an, wenn es das studium über die berufsausbildung hinaus als diejenige phase des lebens unterstützen würde, in der sich das weltbild des einzelnen entwickelt und ausformt, weite gewinnt, höhe und tiefe, oder ein torso bleibt. der preis, den unser lehrling bereit ist dafür zu zahlen, ist, daß der staat dann auch bestimmen darf, was in sei- nem beruf rechtens ist, das berufsbild, die arbeitszeit, die schutz- und sicherheitsbedingungen, die normen, die qualität. die kehrseite des versorgungsstaates ist der totale genehmigungsstaat, der aufsichtsstaat. unsere demokratischen freiheiten, die wir gott sei dank genießen, und das soziale netz, das uns trägt, beruhen auf der dik- tatur der bürokratie, auf der totalen verbeamtung des öffentlichen und in hohem maße auch des privaten lebens. gewiß, es gibt aussteiger, gegenläufige trends, aber ich erinnere an die studentenbewegung von 1968, die nichts eiligeres zu tun hatte, als unter die rocke des staates zu schlüpfen, wo man meistens als lehrer den marsch durch die institutionen begonnen hat, um am ende als entseel- ter beamter zu resignieren, der geknebelt ist von eng- maschigen reglementierungen des kultusministeriums. andere, wie die leute von transatlantik, haben sich als revolutionäre dandys auf die zuschauertribüne zurück- gezogen und das schweigen der intelligenz vorbereitet. und die architekten? ich selbst habe noch, als nichtarchitekt, häuser bauen können, wenn sie statischen erfordernissen und allge- meinen gesichtspunkten genügten. das war so noch vor fünfzehn jahren und entsprach durchaus dem sachver- halt, wie gebrauchsarchitektur entstanden ist, sei es das bauernhaus oder die werkstatt und die wohnung eines handwerkers. heute bestimmen architektenkammern nicht nur das berufsbild des architekten, die vorausset- zungen seiner legitimation, sondern auch die methoden seines vorgehens und die qualifikation seiner resultate. es ist festgelegt, welche raster verbindlich sind, welche, profile ein fenster haben muß und welche isolationswerte eine mauer. ich habe in meiner jugend auf dem bau gearbeitet und kannte die meisten baustellen der stadt. ich kannte kei- nen einzigen beamteten architekten, aber eine unzahl von ein- oder zweimannbüros freier, privater architekten. ein beamteter architekt war ein widerspruch in sich. architektur kann man nicht verwalten. kreativität ist der ausbruch aus der sozialen entropie, aus der gleichmä- ßigen mittelmäßigkeit, die jeder reglementierung folgt. heute sind fast alle architekten beamte, auch die vielen freunde, die ich unter architekten habe, sind mit ausnah- men, die an der hand abzuzählen sind, diener des staates, gehen den marsch durch die institutionen. dabei ist es mehr als eine vermutung, daß le corbusier die professur für den lehrstuhl karl mosers an der ETH ausgeschlagen hat, weil er dann nicht mehr den freiheitsgrad des un- reglementierten entwerfens gehabt hätte, den für ihn architektur brauchte. wer die nivellierungstendenz der verwaltung annimmt und in ihrem apparat tätig wird, negiert den grundsatz, daß das schöpferische darin be- steht, den frieden des allgemeinen zu stören und den druck der nivellierung und ausgewogenheit zu sprengen. es gibt vielfältige beziehungen zwischen staat und architektur. es liegt mir viel daran, als erstes darauf hin- zuweisen, daß architekten heute mehr denn je ihr gehalt vom staat beziehen und schon damit eine neue abhän- gigkeit zwischen staat und architektur hergestellt haben. das ist gewiß nicht ein thema, über das man spricht, aber es ist von belang, sicher auch inhaltlich. die architektur heute ist in einem desolaten zustand. dies ist sowohl auf resultate als auf theorien zu beziehen. das kennzeichen ist orientierungslosigkeit. james stirling dokumentiert in berlin mit einem behör- denkomplex, in dem das eine gebäude den grundriß einer kirche hat, das andere den einer burg, ein weiteres den einer griechischen säulenhalle, eines den eines amphi- theaters und ein anderes den eines schlosses, seinen aus- stieg aus der modernen architektur, der er bedeutende bauwerke beigesteuert hat. das büro in der kirche, das büro in der burg, das ist das abbild des staates von heute. und ein theoretiker wie vittorio magnago lampugnani bemüht die architektur eines schulze-naumburg, eines schmitthenner, zusammen mit der eines tessenow, als das ideal der angemessenheit von bauaufgabe und er- scheinung. das dritte reich wird legitim. man kann es sich leicht machen und wie gustav peichl sagen, die postmoderne architektur ist tot, was ihr als, mode jederzeit ohne intellektuelles risiko bescheinigt werden kann, jeder mode wird man überdrüssig. aber hinter der sache steckt mehr. die sogenannte überwindung des funktionalismus ist eine substantielle, keineswegs eine modische aussage. es ist eine durchaus zwingende ableitung, wenn die archi- tektur sich weigert, noch nach funktionen zu suchen, wenn wir in einer gesellschaft leben, die die frage nach dem sinn verloren hat. was soll ich tun, was ist richtig, worauf läuft etwas hinaus, wo führt etwas hin … das sind fragen, die heute nicht mehr gestellt werden. das leben muß nicht mehr sinn haben, wenn es erfolg haben kann. auch die philosophie macht heute einen großen bogen um die zwanghaftigkeit eines kalküls oder eines wertesystems, wo sich das pluralistische panorama von anschauungen für eine intellektualistische kommu- nikation à la blumenberg viel eher eignet. hat das leben einen sinn, fragt die philosophie und wird zunehmend skeptischer, also verliert auch das bauen seinen sinn. wieso soll ein architekt dann noch nach funktions- kriterien fragen, nach kriterien des gebrauchs, der kon- struktion, der fertigung, der materialien, wenn bauen nicht mehr heißt, sachverhalte zu bestimmen, sondern zeichen zu setzen und die vielfalt von semantischen bildungshorizonten zu bereichern? das wesen der bürgerlichen existenz wird sichtbar. sie ist nicht auf sachen bezogen, sondern auf erfolg. erfolg ist eine gesellschaftliche größe, eine größe der anerken- nung und auszeichnung. ein erfolg ist so groß wie seine demonstration. deshalb ist bürgerliche architektur eine architektur der fassade, der repräsentation. sie tendiert heute sogar zur architektur der kulisse, der szene. es gibt eine philosophie der postmoderne, die viel sub- stantieller ist als eine mode. sie heißt: wir leben als men- schen ohnehin in einer welt der zeichen, bauen wir also zeichen. der versorgte mensch des sicherheits- und be- willigungsstaates braucht sich keine mühe zu machen, nach neuen ufern aufzubrechen, neue ziele zu verfolgen, schwierigkeiten zu überwinden und werte zu setzen, er ist versorgt, und sein geist ist zu befriedigen mit bildern, zeichen, zitaten, ansichten. nein, die postmoderne ist nicht tot, wie einige be- haupten, sie entspricht der tage. ich erlaube mir einen vergleich, auch einen histori- schen vergleich, nachdem die geschichte zum album des entwerfens geworden ist. ich will nicht den zeigefinger der belehrung erheben, nur versuchen, etwas deutlicher zu machen, was bei uns heute geschieht., ich meine, wir sind nicht allzuweit entfernt von der situation des imperiums von frieden, wohlstand und der erziehung zum schönen, wahren und guten, wie es sich im römischen reich manifestierte. es gibt viele paralle- len, um zu behaupten, wir erleben eine phase der kultur des staates wie zu hadrians zeiten. den menschen ging es gut, es herrschte frieden, ledig- lich die unruhigen grenzregionen machten mehrere stehende heere nötig, der kaiser baute nach allen stilen, die er auf seinen kriegszügen kennengelernt hatte, und festigte die kultur der weitschweifigen pluralität, die es überflüssig machte, eigene standpunkte zu beziehen. der staatsbürger erfuhr eine ausgedehnte erziehung nach maßgabe der klassischen verbindlichkeit, die es erübrigte, eine eigene verbindlichkeit zu suchen, die allgemeinen normen waren hoch, edel – und wer nicht fragte, was freiheit ist, konnte alle freiheiten der epoche genießen. rom hatte, das muß hier gesagt werden, der griechi- schen antike das kreuz gebrochen, indem es diese antike als reine äußerlichkeit adaptierte. der grieche baute einen tempel an den ort, wo er das gefühl hatte, hier wohnt ein gott, gleichgültig ob das eine senke zwischen zwei bergen, ein hain oder eine erhebung war. der römer kopierte den tempel als signal der verehrung und stellte ihn ins zentrum der macht, an das ende einer auffahrts- straße, erhöht über eine treppenpyramide. der tempel war nicht mehr ein haus, in dem ein gott präsent war, er war ein zeichen der repräsentation, ein zeichen der ein- heit von himmel und staat, ein zeichen überirdischer macht. ein staat wie der römische brauchte die architek- tur nicht als erfüllung eines bedarfs, sondern als reprä- sentation. der tempel wurde symbol. seit den römern benutzen wir die syntax der repräsen- tation wie symmetrie, achse, ordnung, geometrie der grundformen, die angelegt sind, die winzigkeit des ein- zelnen und die erhabenheit der macht ins erlebensprofil zu rücken. heute berufen wir uns dabei nicht mehr auf vitruv, sondern auf palladio, der für den absolutismus des barock dasselbe geleistet hat wie jener für die cäsaren. entgegen der meinung unserer klassischen bildung hatte dieser römische staat, ein perfekter verwaltungs- staat, offenbar nur eine geringe innere legitimität und beständigkeit, die in keinem verhältnis stand auch zur architektonischen repräsentation von gottgewollter staatlichkeit. die menschen fühlten sich versorgt, aber nicht frei. sie waren nicht gefragt. und es genügten einige mythologien aus dem osten, die das eigene heil des menschen als sein, eigentliches anliegen darstellten, es genügten die jünger jesu, fischer und landleute aus galiläa, um diesen staat zum wanken zu bringen und ihn stürzen zu lassen. wir können noch heute bei römischen intellektuellen, wie augustinus und hieronymus, nachlesen, welche wir- kung die einfache sprache der bibel hatte gegenüber der klassischen rhetorik mit ihren ewig wiederholten forma- lismen großer vorbilder. im hellenistischen staat wurde das zitat erfunden. man bildete sich im wiederholen und zeigte seine klassischen vorbilder, und in keiner großen rede durften die verweise auf die meister der rhetorik fehlen. der römische bildhauer meißelte kopien. die be- freiung vom zitat, die befreiung von der kopie wurde als entlassung aus kulturellen tabus empfunden, und es waren römische intellektuelle, keine fremdlinge, die diese neue freiheit zuerst wahrnahmen. aber wie ein solcher staat, ein solcher überstaat, zu- sammenbrechen kann, ist ein anderes thema. uns inter- essiert an diesem fall nur die geburt der repräsentativen architektur, und ich muß hinzufügen, ihre wiederent- deckung heute. leon krier zeichnet noch heute städte, als wäre er staatsarchitekt zu zeiten des kultivierten hadrian. der klassizismus erhebt auch heute sein haupt wie eine siebenköpfige schlänge, weil unser staat ein starker staat ist, an verwaltungsakkuratesse nicht geringer als das alte rom. noch nie in der geschichte war der staat dem einzelnen so auf den leib gerückt wie heute. mit seinen behörden, seinen formularen, seinen rechnern, seiner elektronik, seinen beamten, seiner verkleideten und nicht verkleideten polizei hat er das individuum enger im griff als der ortsgruppenleiter der nazis die bewohner seiner straße. ich vermute, es gibt nicht viel her, den klassizismus damit erledigen zu wollen, daß auch die staatsarehitek- tur der nazis sich dem klassizismus verschrieben hatte. der klassizismus war staatsarchitektur, wann immer der staat in einer kultur den ton angab, die freien reichsstädte des mittelalters hatten anders gebaut als die emporkom- menden landesfürsten der renaissance. und die nazis konnten nicht anders, als sich einordnen in die sprache der hofarchifekten der zentralgewalt. ich bin ein mann der kommunikation. und unter dem aspekt der kommunikation gibt es nur zwei architekturen: eine solche der präsentation und eine solche der repräsen- tation, eine solche, die an einem bauwerk zeigt, wofür es da ist, und eine solche, die zeigt, wie man mit einem bau- werk imponieren kann. es gibt eine ästhetik der mitteilung und eine ästhetik des ausdrucks und der schaustellung., es gibt eine sprechende und eine statuarische architek- tur. ein polizist argumentiert nicht. er wirkt durch seine statur, durch seine haltung. so sieht man einem schloß kaum an, wo die arbeits-, wohn- und schlafgemächer sind, die fassade als impo- niergehabe steht so im vordergrund, daß die toiletten dieselbe fenstergröße haben wie die salons. ein schloß dient der ehrerbietung, der auffahrt der untertanen, und demonstriert macht und große, indem es den luxus der unsinnigkeit demonstriert. die syntax der macht, die achse, die symmetrie, die reihung, die wiederholung, die stufung, die ausladung, die überziehung der maße sind wichtiger als die verkündigung dessen, was in einem schloß geschieht. auch eine burg ist eine demonstration der herrschaft. sie diente vor allem den sozialkriegen innerhalb eines gemeinwesens, die von unseren geschichtsschreibern vergessen worden sind zugunsten der staatskriege und staatssiege. aber burgen erklären sich, sie zeigen – jede auf ihre eigene weise – , wie sie gewachsen sind, wie sie den vorteil des geländes ausnutzen, wie sich ihre inhalte verteilen, wo das gesinde, wo der herr wohnt, wo hof gehalten wird, wo man den feind erwartet. welcher stil immer da ablesbar sein mag, die sprache der türme, mau- ern, zinnen, erker, kamine, fenster und dächer ist auf- schlußreicher als das dekor des zeitgeschmacks. das ist architektur als artikulation. so ist das haus des handwerkers ein sprechendes bau- werk, wie auch das haus des bauern. gibt es bei einem landwirtschaftlichen anwesen eine auffahrt, ein haus mit mittelachse, mit portal, dann ist das nicht mehr der aus- druck von landwirtschaft, sondern von machtverhält- nissen. hier wohnt ein junker. und ein junker argumen- tiert nicht, er gibt an. und wenn ich es richtig sehe, ist die heutige diskussion in der architektur, die entwicklung neuer architektur- theorien, beherrscht von der frage: ist architektur lesbare mitteilung oder symbolische form? die entwicklung der modernen semiotik hat diesem – übrigens uralten – konflikt neue nahrung gegeben und ihn auch verschärft. umberto eco, der den versuch ge- macht hat, eine semiotik der architektur zu entwickeln, stellt das problem so dar: es gibt zwei kommunikative funktionen der architektur. das eine ist die denotation, das zeigen von technisch- funktionellen merkmalen des baus, das andere die konno- tation, das zeigen der symbolischen bedeutungen. so sagt er, das gotische kreuzrippengewölbe zeigte, wie man, im mittelalter gewölbe aus einzelnen kappen zusammen- setzte, zum anderen sei es ein symbol für religiosität. meine eigene position in dieser frage ist durch be- stimmte erlebnisse geprägt. ich hatte das glück,einen teil meiner jugend in einer gotischen kathedrale zu verbringen. nicht in ihrem innen- raum, sondern im dachstuhl, über den gewölben, in den baumeistertreppen und -fluren, auf haupt- und neben- türmen, wie andere jugendliche in einem quartier auf- wachsen, bin ich in dem komplexen gebilde einer kathe- drale groß geworden. der damit verbundene profane und technische zugang zur architektur hat mich dann auch sehr bald stutzig gemacht gegenüber der theorie der deutschen romantik bis zu wölfflin, eine kathedrale sei gewissermaßen ein steingewordenes beten, eine mysti- sche hinwendung nach oben, zum jenseits. bei viollet-le-duc, der in der zeit des historismus ein lehrbuch über das erbauen neugotischer kirchen ge- schrieben hat, habe ich dann die entzauberung der gotik weiter verfolgen können und die ableitung so gut wie aller erscheinungsformen der gotik aus konstruktiven prinzipien. so kommt es, daß für mich heute zwischen notre-dame in paris und dem centre pompidou eine wesentlich engere beziehung besteht – in der gesamt- auffassung von architektur –, als es bei einer üblichen betrachtung nach stilen und stilmerkmalen erkennbar wäre, und was moderne architektur ist und nicht ist, habe ich an der mittelalterlichen architektur gelernt, so paradox das klingen mag. die wechselbeziehung zwischen material, konstruktion und form wurde für mich in dem augenblick an einer kathedrale sichtbar, als ich den schuft abgetragen hatte, den die kunstgeschichtler des 19. jahrhunderts über der gotik auftürmten. dabei lernte ich etwas, was ich wahr- scheinlich sonst in diesem ausmaß nicht als faktor der architektur kennengelernt hätte: den einfluß der ferti- gungsmethode auf das bauen. der spitzbogen, sagte man und sagt es immer noch, sei ein symbol. das symbol himmelstrebender kräfte. in wirklichkeit ist er eine zwangsläufige form, wenn man den versuch unternimmt, das kreuzrippengewölbe mit bögen vom gleichen radius, das heißt mit stein vom glei- chen zuschnitt zu bauen. ein gewölbesegment in einer kathedrale von quadra- tischem grundriß hat vier bögen über den seiten eines quadrats und zwei bögen über den diagonalen. die bögen über den diagonalen sind länger als die über den seiten. werden sie ebenfalls als halbkreise ausgebildet wie die, gurtbögen über den seiten, haben die bögen verschie- dene höhen. statt dessen drückt man die diagonalbögen zu halbkreisen und verändert die gurtbögen der seiten zu spitzbögen, so daß der radius der krümmung dann gleich ist wie bei den diagonalbögen. für das ganze kreuzrippen- gewölbe braucht man steine mit nur einer gleichbleiben- den krümmung. so entsteht ein kreuzrippengewölbe mit zwei halbkreisförmigen diagonalbögen und vier spitz- bögen über den seiten. die gewölbe lassen sich fertigen im stil einer manufaktur. so sieht die geburtsstunde eines stils aus, eine ferti- gungsmethode wird durch formveränderung optimiert. aber kunsthistoriker haben noch weniger als heutige architekten praktische erfahrungen im bauen, form wird somit interpretiert als metaphysik, als idee. form ist nicht mehr die erscheinungsform eines sachverhalts. form ist träger einer höheren bedeutung, form wird zum symbol. was ein höchstmaß an rationalität des machens ist, wird in den augen der kunsthistoriker und damit in den augen aller, die an wissenschaft ihrer art glauben, zum übersinn- lichen, geistigen und höheren symbol. an die stelle der konkreten vernunft, an die stelle der empirischen intelli- genz tritt eine künstlerische idee reiner geistigkeit. stein und material, die materie, werden ihrer bestimmungen, bedingungen und inhalte beraubt, sie sind passive ver- wirklichungsmasse. genauso hat plato die welt interpretiert. als verwirk- lichung höherer ideen, als anwendung jenseitiger prinzi- pien des wahren, guten und schönen in einem material, in einer materie, die leider so beschaffen ist, daß sie das edle nur kümmerlich, beschmutzt und unvollständig zur erscheinung bringt. die materie ist eine tragische zwangs- läufigkeit. aristoteles, der schüler platos, hat diesen dualismus aufgehoben und geist und materie als zwei aspekte ein und derselben sache gesehen. allerdings war ihm damit in der geschichte des abendlandes nur ein temporärer erfolg beschieden. ich muß einen augenblick bei der philosophie bleiben. karl popper ist plato vielleicht nicht immer gerecht ge- worden, aber er hat überzeugend den nachweis geführt, daß das denken platos ein resultat seiner politischen ein- stellung war, seines verhältnisses zum staat. der staat war nach plato eine institution zur verwirklichung höhe- rer ideen und höherer ideale. nur wenige, die besseren, waren zu seiner führung befähigt und in der lage, gesetze zu finden und zu formulieren. die demokratie war in seinen augen ein übel. die ziele des staates lagen nicht, in der freiheit und im glück des einzelnen begründet, im gegenteil, dem volk kam die rolle der herabmindernden materie zu, und materie ist blinder ballast. plato wird bei popper zum ideologen des absolutisti- schen staates, und der absolutistische staat wird zum ursprung der platonischen philosophie. wenn man einen teil der menschen beherrschen will, muß man diese in die rolle der passiven materie drängen und die welt spalten in die, die ideen sehen und verstehen können, und die, die dafür blind sind. die philosophie der höheren ideen erweist sich als ab- bild der herrschaft und als abbild des absolutistischen staates, bis hin zum faschismus. daraus leite ich die berechtigung ab, nicht nur die phi- losophie übergeordneter ideen, sondern auch die archi- tektur der übergeordneten ideen, der vorgeformten ideale, als abbild des staates zu verstehen. der staat hat seine entsprechung nicht nur in der philo- sophie, sondern auch im bauen, und es gibt eine paralle- lität zwischen philosophie und architektur. beide können einer doktrin des übergeordneten, idealen, wahren und schönen verfallen und dabei das konkrete, das reale total aus dem auge verlieren. erinnert sei hier an die architek- tur eines oswald mathias ungers und seine spiele mit der reinen form, der morphologie. für ungers ist architektur nicht bewältigung von sachverhalten, sondern die eta- blierung der elementargeometrischen ästhetik im reich der zwecke und bedürfnisse. natürlich waren weder cäsar noch ludwig XIV., weder die preußenkönige noch hitler anhänger platos, aber wo die welt geteilt ist zwischen oben und unten, zwischen geist und materie, zwischen symbol und funktion, da entsteht eine kultur des zwangs. das höhere ist immer legitimiert, das niedrigere zu beherrschen, die idee fühlt sich immer legitimiert, das profane und konkrete zu dis- kriminieren. so gesehen, steht es außer frage, daß es eine demokratische architektur gibt, eine architektur, die auf- gaben zu lösen hat, so wie es eine politik gibt, die sich dem tatsächlichen zuwendet, statt übergeordnete ideen zu verwirklichen. bleiben wir noch einen moment bei der gotik bezie- hungsweise ihrer wiederentdeckung und neuinterpre- tation als bauwerk der himmelstrebenden seele. es ist zu bemerken, daß bei villard de honnecourt, dem ein- zigen baumeister der gotik, von dem es authentische aufzeichnungen gibt, kein einziger hinweis vorkommt, man habe die gotik symbolisch als himmelstrebende form verstanden., die wiederentdeckung der gotik in der deutschen roman- tik fiel zusammen mit einer renaissance platos im deut- schen idealismus und einer neuen interpretation des staates als nationalstaat, der – in der regel mit hilfe der militärs – eine höhere aufgabe der geschichte zu erfül- len hatte. fichte und hegel, die den deutschen idealismus be- gründeten, definierten den staat als ein dem bürger über- geordnetes wesen, und beide waren überzeugt, daß vom deutschen staat besondere impulse der weltgeschichte ausgehen werden. hegel sprach von der neu anbrechenden germanischen kultur, welche die weltgeschichte weiter- führen wird. bei fichte tauchte die vorstellung auf, daß am deutschen wesen die welt genesen wird, weil der deutsche in idealen zu denken vermag, in höheren dimen- sionen als die händlernationen im westen. schinkel, der zur selben zeit lebte, war nicht nur in der lage, dem staat entwürfe für eine neue, dekorative klas- sizistische akropolis anzubieten, er zeichnete übergoti- sche kathedralen einer neuen innerlichkeit und seelischen erhebung: das reich wurde wieder entdeckt, zum ersten mal spricht man vom tausendjährigen reich, der kaiser stiftete gelder für den ausbau des kölner doms und des ulmer münsters. rathäuser im gotischen stil entstanden neben solchen, die an die kathedralen von worms oder speyer erinnern, der machtstaat nimmt immer gerne die religion an die brüst, und neben den zahllosen neugoti- schen kirchen des kaiserreichs wurde dieser sachverhalt auch auf dem koppelschloß des heeres verewigt. „gott mit uns“ hieß es da. im historismus des 18. und 19. jahrhunderts wurde die gesamte architektur der geschichte zum symbol des neuen staates erhoben, und selbst kasernen entstanden in der syntax romanischer klöster. gleichzeitig bemühte sich die idealistische, neoplatonische philosophie um das übergeordnete, das ideale sein. wohin das geführt hat, haben viele persönlich erleben müssen. man hat nach der entdeckung der übergeschichte und ihren verschiedenen architekturen nach dem über- staat gerufen, nach dem übermenschen, nach der über- rasse. wir haben das alles bekommen und gesehen, wohin das besondere große führt. hitler, der letzte reichsgründer in der reihe der staaten- bildner von friedrich dem großen, den wilhelms bis zu bismarck, hat mit der gotik weniger anfangen können, er hielt sich an den frühen schinkel, an den römisch orien- tierten klassizismus. nur die römer hatten in seinen augen große politik gemacht. heute ist man im rückgriff auf, architekturen der geschichte weniger empfindlich, wenn auch der römische klassizismus bevorzugt wird. es gibt ein jahrzehnt in diesem jahrhundert, das in be- sonderem maße den charakter eines neuen jahrhunderts vermittelt, in dem der begriff zwanzigstes jahrhundert geboren und zugleich ausgefüllt wurde, wie er noch heute als positives programm verstanden wird, als überwindung vorausgegangener epochen. es sind dies die zwanziger jahre. am anfang standen revolutionen. die soldaten kehrten vom krieg heim und zwangen den kaiser zum rücktritt. in leningrad wurde das winterpalais erstürmt und der zar abgesetzt. in wien war nicht nur ein kaiser abgesetzt wor- den, ein ganzes reich brach zusammen und löste sich in einzelstaaten auf. rund zehn jahre später kamen die an die macht, die diese revolutionen quittierten, so wie napoleon die fran- zösische revolution für seine zwecke umbog und aus- nutzte. in rußland kam stalin an die macht und ent- wickelte aus einem kommunismus, in dem der staat absterben sollte, einen neuen technokratischen obrig- keitsstaat. hitler rächte die abschaffung der monarchie als führungsprinzip durch die herrschaft der partei und durch seine führerschaft. in rom war ein ehemaliger kommunist und futurist zum neuen cäsar, zum duce auf- gestiegen, und in wien wurde ebenfalls das parlament aufgelöst und der staat als übergesellschaft ausgerufen. ein jahrzehnt lang dauerten in diesem jahrhundert die hoffnung und der glaube an eine neue, mit der industria- lisierung ausgesöhnte gesellschaft der eigenverantwor- tung, der selbstbestimmung, der brechung der herrschaft des kapitals und der bajonette. auch die arbeiter hatten nun das allgemeine wahlrecht erhalten, das zuvor nur die bürger und der adel innehatten. dann entstand eine neue monarchie, eine neues zaren- tum. auch new york war einbezogen in den wirbel der veränderung, das ancien régime ging in einem schwarzen freitag des jahres 1929 unter und markierte den schwä- cheanfall der ausbeutung etwas später als auf dem kon- tinent. in dieser epoche, zwischen revolution und eliminierung der revolution, ist eine neue welt entworfen worden. in wien lebten damals adolf loos, sigmund freud, ludwig wittgenstein, in dessau bei berlin wirkten paul klee, andreas feininger, wassily kandinsky, walter gropius und hannes meyer. in new york gab es die ersten jazzkonzerte. in moskau gab es sergej eisenstein – der film hatte seinen pionier –, wladimir majakowski, kasimir malewitsch und, wladimir tatlin. in holland malten theo van doesburg und piet mondrian, in paris schuf le corbusier seine ersten häuser, und pablo picasso war noch beschäftigt, das welt- bild des bürgertums zu entzaubern. das fließband in detroit verbreitete den optimismus für massenproduk- tion und massenkonsum. die weltstädte emanzipierten sich mit lichtreklame, kinopalästen, literaturcafés und den ersten großen illustrierten zeitungen zur sinnlichen wahrnehmung einer neuen zeit. die neue gesellschaft wurde verstanden als ein produkt der planung, eines funktionalen rationalismus, an stelle subjektivistischer bücherkultur in bürgerhäusern. das gewissen war öffentlich, nicht mehr versteckt in fabrik- hallen privater unternehmer. die mode verwarf die zwänge der mieder, schnürschuhe, schnürkorsetts. greta garbo lief als erste frau in hosen über die straße. ich habe diese zeit kaum mehr mit bewußtsein erlebt. ich erinnere mich noch an wenige einzelheiten, wie bei den männern die bärte fielen, parteitage in uniformen stattfanden, bei den damen die rocke kürzer wurden. ich erinnere mich an heftige diskussionen. es durfte gedacht und argumentiert werden, man war nicht mehr gezwungen, sitte, konvention und norm zu befolgen. die tabus waren aufgebrochen. meine eigentliche jugend fiel in die zeit neuer staats- bauten in einem stil der ordnung, monumentalität und symmetrie. jeden monat gab es eine neue nummer von die kunst und das dritte reich. mit dieser zeitschrift bin ich groß geworden wie andere mit karl may. es gab wett- bewerbe über wettbewerbe, veröffentlicht wurden zu- nächst nur modelle und pläne, halbe städte wurden ver- ändert zugunsten neuer prachtstraßen und stadtachsen, an denen sich ministerien, kongreßbauten und die tem- pel der nationalen erhebung drängten. garniert von überlebensgroßen plastiken nackter krieger und fackel- träger. mein leben fing an, als der staat wieder entdeckt wurde als historische verpflichtung, der mensch wird er selbst durch die geschichte. die geschichte macht der staat, das war die religion hegels, das war die tradition preußens, die nun gefeiert wurde. staat aber bei diesem selbstverständnis ist nichts ab- straktes oder administratives, es muß sichtbar werden in seinen bauten. zu beginn der nazizeit gab es noch eine völkische kom- ponente der blut- und bodenideologie, die mit dem bie- dermeierlichen handwerk dem asphalt-technizismus des kulturbolschewismus, wie es hieß, paroli bieten wollte., einer der wortführer war paul schmitthenner, und ein idol war goethes gartenhaus in weimar, ein schlichtes, zwei- geschossiges haus mit hohem walmdach. hierin steckte ein gutes stück werkbunderbe, das immer gut war für eine opposition gegen das unmäßige und das inhumane. aber auch schmitthenner ging schritt für schritt über zur planung monumentaler staatsbauten mit der dazugehö- rigen ästhetik, planungen, die sich bereits auch mit der zeit nach dem zweiten weltkrieg beschäftigten und mit den tempeln des sieges. die bücher der zwanziger jahre waren verbrannt, aus- gemerzt. vom ausland durfte kein buch herein, das nicht zu gefallen war. moderne kunst wurde als entartet erklärt, dem urteil des gesunden volksempfindens anheimgege- ben. wir lebten kulturell und geschichtlich wie in einem gefängnis, und was eine generation vorher gedacht und geplant hatte, das gab es nicht mehr. so kann man es sich vielleicht heute gar nicht mehr vorstellen, was es für eine wirkung haben konnte, wenn man damals an die ersten werkbände von le corbusier herankam. ein befreundeter buchhändler hatte sie im keller ver- steckt gehabt. ich habe nie mehr ein für mich politisch so wichtiges buch in der hand gehabt wie das werk von le corbusier. freiheit war hier nichts abstraktes. sie mani- festierte sich in verwirklichungen. was bei den meisten deutschen nur gesinnung ist, zeigte sich hier als verhalten. unser freiheitsideal ist von der art, wie schiller es in wilhelm tell beschrieben hat. wahrscheinlich hat wilhelm tell nie gelebt. der apfelschuß als mutprobe und zeichen der überlegenheit kommt in vielen legenden vor, verstreut über ganz europa. und geßler war keineswegs der ver- treter einer fremden macht, die habsburger haben ihr stammschloß in der schweiz, in der nähe von brugg. in wirklichkeit war die historisch verbürgte erhebung der urkantone eine solche gegen die zunehmenden ansprüche des adels, ähnlich wie auch im deutschen bauernkrieg. nur war ein habsburger gleichzeitig zum deutschen kaiser erhoben worden, womit dann das schema hergestellt war, wie es die deutsche romantik liebt: freiheit ist die erhebung eines volkes durch beherzte männer gegen eine fremdherrschaft. in der tat residierte rudolf von habsburg in wien, nicht mehr im aargau. diese freiheit ist eine gesinnungsfreiheit. sie schlägt sich nieder in einer gefühlsmäßigen partizipation mit einer gemeinschaft, die durch große männer ihren willen kundtut. der einzelne kann deswegen durchaus unfrei sein, etwa durch wirtschaftliche oder ideologische oder, kulturelle zwänge, er ist entschädigt durch die projektion einer freiheit, an der er mental teilhat. nehmen wir die kinder in einer großstadt. man wohnt an einer hauptstraße, die kinder der anderen seite sind abgeschnitten, der hinterhof ist durch gewerbe blockiert, im haus protestieren die nachbarn, wenn man laut ist. die hausaufgaben der schulen machen den zwang, zu hause bleiben zu müssen, nicht erträglicher. der rest ist fernsehen. hier wird eine form der freiheit geknebelt, die im verhalten liegt. aber auch der bankangestellte kann gewissermaßen nicht mehr über die straße, er ist eingefangen in einem beruf, in dem er mehr fremdbestimmung aufarbeiten muß, als eigenes zu tun. aus der arbeit wird die karriere, und der grad der anpassung richtet sich nach dem gehalt und dem sozialen aufstieg. er ist ein freier mensch dem dürfen nach, er kann tun und lassen, was er will, er darf sagen, was er will, aber dies nur als möglichkeit, als ideale realität, aber zwischen dürfen und können ist die nagel- probe für den wert politischer ideale. in wirklichkeit ist er total angepaßt. selbst die frustration nimmt er in kauf, den gang zum psychoanalytiker, um den preis des ver- sorgungsstaates zu erlangen, den sozialen rang auf der basis des einkommens. er tut, was man von ihm erwartet, im beruf, in der gesellschaft, zu hause, der lohn ist enorm, er baut sich ein haus, macht ferien in der karibik, kann sein auto abstoßen, ehe der lack matt wird und alters- risse anlegt. seine frau markiert die ewige jugend durch die übersetzung ihres gesichts in eine kosmetische maske mit gelegtem, gestelltem oder onduliertem haar, je nach- dem, was man trägt. der preis ist die freiheit, wenn man freiheit als selbst- verwirklichung versteht. es besteht für ihn kein zwang, dafür aber hat er die entscheidungen über sich selbst abgegeben, nicht etwa delegiert, sondern abgegeben. er wird immer krawatte tragen. sein lebensraum ist die bürokratie, die bürokratie und hierarchie in seinem be- trieb und die soziale bürokratie, die mit abschreibungen, steuervergünstigungen, versicherungen und einer rente für das gesamte alter sicherer lenkt als mit direktiven. das soziale netz ist nicht nur unter ihm, damit er nicht falle, es ist über ihm, vor ihm, hinter ihm, neben ihm, der mechanismus seiner entfaltung ist nicht mehr seine arbeit, sondern seine repräsentation, die schaustellung seines status, und wie zeigt man ihn? durch konsum, durch repräsentativen konsum. niemand wird gezwun- gen, zu kaufen. jeder ist frei. aber wer nicht kauft, steigt aus aus dem mechanismus des sozialen aufstiegs. die, freiheit, die einmal in der arbeit lag, im eigenen produ- zieren, verwirklicht sich nun im konsum, im konsum der repräsentation. an die stelle eines funktionellen freiheitsbegriffes, der freiheit als verhaltensfreiheit versteht, ist der bürger des versorgungsstaates mit einem freiheitsbegriff versorgt, der sich zufriedengibt mit der feststellung: jeder ameri- kaner kann präsident der vereinigten staaten werden. ich weiß, daß die bücher von le corbusier kein manifest der gesinnungsfreiheit waren, aber sie waren ein manifest der verhaltensfreiheit, gerade auch deshalb argumentier- ten sie, statt zu manifestieren. mit le corbusier, so schien mir damals, bricht die frei- heit wieder in das bauen ein. ich bin auch heute noch dieser meinung, auch wenn ich damals und heute viele vorbehalte machte und mache, vor allem was seinen städtebau oder den einfluß seiner malerei auf das bauen betrifft. le corbusier ist noch heute für mich der architekt des freien grundrisses und der freien fassade als zwangsläu- figem ausdruck einer befreiten art des wohnens. ich weiß, daß heute, vor allem bei den new yorker architekten, le corbusier ausgeschlachtet wird, als hätte er einen neuen ästhetischen kodex geschaffen, einen neuen stil. ein fundamentales mißverständnis, aber auch ein bezeich- nendes für die art, wie das zwanzigste jahrhundert seinem ende zugeht. zugegeben, ohne die malerei eines mondrian hätte es vielleicht bei le corbusier nicht eine neue art der fenster- aufteilung gegeben. aber es ist ein mißverständnis, bei le corbusier in der art, wie er seine fenster gliederte, eine art körperlicher malerei zu sehen. für ihn gab es bei einem größeren fenster teile, zumeist die größten, die geschlos- sen bleiben. es gab die notwendigkeit, in der fensterfläche ein flügelfenster oder schiebefenster unterzubringen zum hinauslehnen, und es gab den bedarf an öffnungen, die lediglich zur belüftung dienten und am besten oben und unten in einem breitformat unterzubringen waren, ein fenster dieser art, sagen wir, ein funktionelles fenster, das fenster als bedienungsgerätschaft, räumt auf mit der sprossengliederung von einst und widerlegt auch die heutige art, fenster zu machen, als grafischen formalis- mus. die drei funktionen des fensters, nämlich das durch- sehen, das öffnen und hinauslehnen sowie das belüften haben heute kaum mehr einen einfluß auf die gestalt. wahrscheinlich, weil eine bürgerliche kultur den blick für sachliche qualitäten durch die beachtung des ästhe- tischen verstellt und zudeckt., die meisten bauten le corbusiers sind stützenkonstruk- tionen, damit ist er frei, wie etwa bei der villa savoye oder auf der weißenhofsiedlung in stuttgart, im erdge- schoß einen völlig anderen grundriß zu wählen als im ersten stock, im zweiten stock einen anderen als im ersten und im dachgeschoß sich wieder völlig anders zu verhalten als im geschoß darunter. dementsprechend gibt auch jedes stockwerk ein eigenes bild her. im grund- riß erkennt man bei der villa savoye eine zurückgenom- mene anfahrt und garagen. das wohngeschoß zeigt fenster und räume konventioneller art, und das dach- geschoß ist artikuliert nach einem ferienaufenthalt. es besteht aus einer sonnenterrasse und kleinen räumen, um zurückgezogen arbeiten und leben zu können. hier haben sich häuser, ablesbar wie ein kursbuch, dem leben angepaßt, wie es heute ist, statt einem kulturellen pre- stige zu frönen mit einer repräsentativen bürgerwoh- nung, nebenräumen irgendwo, einer garage irgendwo, rückzugsmöglichkeiten irgendwo und einem freizeit- aufenthalt irgendwo. man hat geglaubt, das prinzip der moderne sei die asymmetrie, und hat die fassaden le corbusiers als muster- buch solcher asymmetrien hergenommen. nur sind die fassaden le corbusiers nicht asymmetrisch um der asym- metrie willen, sondern wegen des lebens, das sich hinter den mauern abspielt, ein schlafzimmer braucht andere fenster als ein wohnzimmer oder eine küche, und je nach lage der räume ergibt sich ein anderes bild. natürlich war es le corbusier nicht gleichgültig, ob ein fenster ein qua- drat war oder nur fast ein quadrat, seine funktionalität war ästhetisch kontrolliert, aber seine architektur bot die überraschung, daß das richtige die voraussetzung des schönen ist. und ein großer teil des heute richtigen setzt den mut voraus, über tabus hinwegzukommen. le corbusier, das war für uns eine freie architektur aus der überlegung, wie freie menschen wohnen sollten. heraus aus dem zwang kultureller konventionen, heraus aus dem zwang zur repräsentation. und erschuf sogar freie räume. ein raum ist ein raum, denkt man, wo soll er seine freiheit hernehmen, die bür- gerliche wohnung basiert auf der trennung von räumen. die küche soll nichts mit dem wohnraum zu tun haben, dort wird arbeit verrichtet, eventuell arbeitet hier perso- nal, es gab sogar das herrenzimmer, in das sich der herr zu gesprächen zurückziehen konnte, von denen die trauen nichts verstanden. das dienstpersonal hatte ein anderes treppenhaus, einen anderen eingang als die herrschaften., le corbusier ließ räume ineinanderfließen, kapselte flure und treppen nicht mehr in jedem fall ab, integrierte die küche in den wohnbereich, ließ ein hochgelegtes schlaf- zimmer mit einer offenen wand in den zweigeschossigen wohnbereich münden, schuf räume, die variierbar waren durch schiebewände, gleich denen alter japanischer bau- ten. die wohnung hatte fließende übergänge und sollte sich in ihren bereichen öffnen und schließen lassen. das ging sicherlich gelegentlich über die notwendigkeit hin- aus, daß man sich auch allein zurückziehen kann, aber zeigte doch den weg, aus einem haus eine freie folge von räumen zu machen, statt eine anhäufung stereotyper zimmer und raumschachteln. ich habe le corbusier erlebt auf dem hintergrund des dritten reiches und seiner architektur. wir wurden mit dem kopf darauf gestoßen, daß es eine architektur des faschistischen staates gibt, und dies in einem solchen ausmaß und einer solchen verflechtung, daß die bücher le corbusiers von staats wegen verboten wurden. ich machte mich mit der lektüre von le corbusier bereits strafbar. ein angriff auf den klassizismus der diktatur war verboten. und heute? so wenig wie wir innerlich mit dem dritten reich fertig geworden sind – man möchte am liebsten das ganze mit gras überwachsen lassen, vergessen –, so wenig sind wir mit der architektur des dritten reiches fertig geworden. ich halte jede politik, die den staat höher stellt als das individuum, für ein grundübel, das unweigerlich fehlent- wicklungen zur folge hat. wir sind in unserer jugend be- tört worden mit dem satz, das gemeinwohl sei höher als das private wohl. gemeinnutz geht vor eigennutz. das hat sich gut angehört und war auch gut zu gebrauchen, wenn es darum ging, den einzelnen zu eliminieren. dieser satz ist uns überliefert von aristoteles. er war für ihn als lehrer alexanders des großen die maxime des politischen handelns und die legitimation des hellenisti- schen obrigkeits- und cäsarenstaates. dieser satz ist falsch. das ziel der politik kann nur die entfaltung des individuums sein, und zwar die entfaltung jedes individuums, auch des kleinsten und vergessensten. der staat ist für den einzelnen da, nicht der einzelne für den staat. das gemeinwohl ist so viel wert wie seine sorge um die entfaltung der person. das wird heute schon wieder anders gesehen. statt vom gemeinwohl spricht man vom vaterland. wir, die wir im namen des vaterlands verheizt worden sind, können das wort nicht mehr in den mund nehmen. trotzdem ist dieses, seelengarn noch immer wirkungsvoll. schon wieder wir- kungsvoll. der staat wird wieder überhöht. freiheit und friede sind nicht mehr das lebenselement, um das der einzelne ringt, sondern das gut, das der staat verwaltet und das er nach wohlverhalten zuteilt. vor einigen jahren haben sich einzelne, meist junge menschen gedanken um den frieden gemacht, einen frieden, der sie als einzelne betrifft und den sie durch überrüstung gefährdet sahen. heute wird dieser friede umgemünzt in ein höheres staatsgut, und nach täglichen amtlichen deklarationen muß es der staatsbürger glauben, daß mehr aufrüstung den frieden sichert. der friede ist kein konkreter friede mehr, sondern eine leere goldene monstranz, eine in- haltsleere worthülse, zelebriert zu dem einzigen zweck, unter jungen leuten keine unruhe aufkommen zu lassen. ansonsten ist aufrüstung steigerung des wirtschaftlichen wachstums und bedeutet beschaffung von arbeitsplätzen. und wie der friedensbegriff in der sprache des neuen staates zu einer symbolischen leerformel wird, so dege- neriert die architektur zum symbolischen altar. die neuen fassaden der stadthäuser in berlin, hamburg, düsseldorf und münchen repetieren die gründerjahre unter wilhelm II. und tragen fassaden einer geometrie zur schau, wie sie sonst nur altären eigen ist: mittelachse, seitenteile, tra- gendes fundament, krönender abschluß. der eingang wird zum portal, das fenster zur dekorativen struktur, die sprossen werden zum grafischen netz, alles ist erschei- nung, symbolische geste. marmor und bronze sind nicht mehr baumaterialien, sondern gestus des wertvollen, erhabenen. ginge es nach der architektur, müßte ich sagen: vor- sieht, die demokratie ist in gefahr. das erhabene, das große, die geste der symmetrie haben immer dem macht- zuwachs gedient. hinter diesen fassaden entfaltet sich oft gläserne gale- riearchitektur, die sich an fabrikeindeckungen anlehnt. insofern ist die zeit noch ohne einheitlichen trend, aber geht es nach den architekturzeitschriften, dann hat die symbolische architektur gesiegt. das ist glaubwürdig, denn überall nimmt der staat werte in besitz, die ihm nicht zustehen, lediglich um sich zu überhöhen. die büro- kratie, sagt man, ist des teufels, aber ein genehmigungs- staat kann auf sie nicht verzichten. infolgedessen hat man das allzu säkulare symbolisch aufzuwerten. eine bürokratie, die für das vaterland tätig ist, verdient ent- sprechende bauten., wer sich im versorgungsstaat wohl verhält, wer sich in die symbolische existenz einverleibt, der wird versorgt wie nie zuvor in unserer geschichte. er muß sich in die harmonie und das miteinander einfügen, er muß die lebensform der höheren werte und eine kultur der erha- benheit akzeptieren und wird nie das gefühl haben müs- sen, mehr freiheit nötig zu haben. das ist, wie die archi- tektur zeigt, eine schöne welt mit historischen bögen zu unserer vergangenheit. aber das ist nur eine seite der sache. neulich traf ich einen befreundeten fotografen, der an einem bericht über die mauer arbeitete, welche noch kürzlich mitten durch das ehemalige reich führte und die freiheit von der unfreiheit trennte. wie er so entlangging, entdeckte er, daß er von der anderen seite fotografiert wurde. er zog sich etwas zurück, machte seinen weg aus etwas größerer distanz und hielt sich etwas bedeckt. so machte man das im „anderen deutschland“. plötzlich sagte er sich, bin ich denn ein verbrecher? was habe ich denn unrechtes getan? und zeigte sich offen auf seinem weg, voller stolz über seinen mut. einige tage später – er ist berufsfotograf – machte er einen bericht über eine ärztetagung, auf der man sich mit den medizinischen folgen eines möglichen atomkrieges beschäftigte. er spürte, wo immer er auftrat, eine miß- trauische haltung, frostige blicke, bis man ihn fragte, für welche dienste er fotografiere. man fühle sich observiert. wieder etwas später fotografierte er auf einer beerdigung eines oberschülers, der durch die kugel eines polizisten, ohne daß etwas veranlassendes vorgekommen wäre, getroffen worden war. die mitschüler seiner klasse hiel- ten reihum, auch nachts, eine totenwache. anwesend war auch der verfassungsschutz. er fotografierte jeden der schüler, der an dieser wache teilnahm. das ist der staat, in dem wir leben. das muß zugedeckt werden mit einem neuen gestus, mit einer neuen architektur. so wie man sie sehen kann drüben an der konrad-adenauer-straße in stuttgart, wo ein neues machwerk von sozialkitsch entstand, jene süß- liche, geschichtsdekorative manifestation staatlicher fürsorge. ich meine den museumsbau von james stirling., der nicht mehr brauchbare gebrauchsgegenstand dieser tage ist das wohl erste eßbesteck auf den markt gekommen, mit dem man nicht mehr essen kann. das messer ist spitz wie ein bajonett. man könnte damit jemanden erstechen, aber reis auf die gabel schieben kann man damit nicht. der löffel ist kreisrund, aber so klein, daß er für den transport von kirschensteinen geeignet erscheint, aber nicht, um eine suppe auszulöffeln, es sei denn, sie wäre eine arznei. die gabel ist nicht durchge- bogen, sondern gerade. man kann nur stechen, aber nicht aufnehmen. der stiel ist dünn wie eine stimmgabel. überhaupt muß die stimmgabel formal pate gestanden haben, die löffeltülle, die gabelspitzen und das dolch- dreieck werden von einem gebilde dieser art in die zange genommen. damit wird das besteck auch genügend kopf- lastig, um leichter aus der hand fallen zu können. es gibt kein zweites besteck im handel, das ähnlich untauglich wäre. die menschheit schreitet voran. aber es ist schön, dieses besteck, sagt man. man, das sind die priester der hohen kunst. in den fünf- ziger jahren hat man noch dem widerborstigsten kunst- historiker eingetrichtert, daß die kunst dieses jahrhun- derts auf die anwendung von kreis, dreieck und quadrat zurückgeführt werden müsse, das ist jetzt drin im gehirn. schon paul cézanne hatte die welt der erscheinung in kuben, zylinder und pyramiden, in kreise, dreiecke und quadrate zerlegt oder, besser gesagt, seinen objekten diese grundformen der elementargeometrie unterlegt. der kubismus hat dann die sache umgedreht: seine ob- jekte waren unwichtig geworden, im vordergrund stand die geometrisierte konstruktion. dann war es nur noch ein kleiner schritt, bis man das objekt, das thema aus der kunst entfernte und sich ausschließlich, wie die suprema- tisten, die abstrakten oder die konkreten, mit elementar- geometrie beschäftigte, mit gelegentlichen ausflügen in die analytische geometrie oder die topologie, aber sonst der geometrie der volksschule, wo man mit zirkel und lineal auskam. der widerstand gegen diese kunst war groß. zum teil kam er aus den eigenen reihen wie von marcel duchamp oder hugo ball, zum teil empfand man das abendland verraten. man begehrte auf gegen den verlust der mitte. aber jetzt ist es vorbei, die sache ist drin. keine hausfas- sade mehr, die nicht ein stück eines zylinderschnittes enthalten würde. museen werden zu tortenstücken, und, kaffeemaschinen werden zu rippenzylindern. die sache ist inhaliert. und wir bringen opfer. mit einem besteck aus den grundformen der elementargeometrie zu essen, muß jedes tischgespräch ersticken. man ist auf die essensauf- nahme konzentriert. noch nie wurde uns zugemutet, so unbequem zu sitzen wie heute, wo ein stuhl ein gebilde aus kreissegmenten, quadraten oder dreiecken zu sein hat, wenn möglich aus blech. das wort opfer darf man dabei sehr wörtlich nehmen. man braucht schon mal blutstillende watte oder ein leukoplast. die genugtuung bleibt: man sitzt auf kunst, man ißt mit kunst. in der tat, der zusammenhang zwischen objekt und zeremoniell, zwischen kunst und religion ist evident. auch atheistische zeiten brauchen ihre anbetung. für die einen bestand das paradies aus einem staat der klassen- losen gesellschaft, die anderen badeten im rein geistigen reich der geometrischen ästhetik. sowohl piet mondrian wie wassily kandinsky wollten mehr als museumsstücke liefern. sie wollten helfen, den materialismus zu über- winden und den menschen für das rein geistige zu ge- winnen, man kann das nachlesen. jetzt essen wir geistig, sitzen wir geistig. einst diente die kunst der religion, indem sie den himmel, etwa im barock, im wörtlichen sinn öffnete. in deckengemälden sieht man zwischen wölken hindurch das jenseits und den ewigen frieden. eliminiert man die religion aus der gesellschaft, mögen die inhalte wechseln, die anbetung bleibt. so sind an die stelle der kirchen heute die museen getreten. wir sitzen in anbetung und essen in anbetung. in der tat, unser besteck wäre für liturgische zwecke durchaus geeignet, als opferbesteck für irgendwelche rituale. niemand würde daran anstoß nehmen können. das ritual heiligt alles, den unsinn, wenn nicht sogar die unmenschlichkeit. das ritual überwindet auch die freude und die lust am essen, indem es uns zwingt, mit einer art zahnstocher zu essen. niemand nimmt auch anstoß an einer türklinke, die aus einer quadratischen fläche besteht, sofern auf diesem quadrat ein einzelnes kreuz erscheint, als türschieber für eine kirche. das religiöse enthebt uns nach heutigem verständnis der verpflichtung, unseren kopf anzustrengen, denken zu müssen. religion ist, nach dem zeitgeist, die reine empfindung, das rein geistige. um so mehr ist sie der anwendung von dienstleistungen und gerätschaften förderlich, die bar jeder vernunft sind. die würde des, ferruccio laviani, eßbesteck, 1987. aldo rossi, wasserkessel, 1984., altars erlaubt es, sinn und zweck als etwas materialisti- sches zu vergessen, als etwas profanes. nur das profane hat sinn, und was sinn hat, ist profan. erst jenseits des profanen beginnt das rein geistige, beginnt die kunst. dann wird die form zur reinen form, und das prinzip wird zum reinen prinzip. plato hatte doch recht. ihm waren körper und materie eine erniedrigung, etwas schmutziges. er kam mit seiner gegenwart nicht zurecht und floh ins jenseitige. hier in dieser materiellen welt gibt es zwecke, keine ideen. nun tut es nicht weh, ein bild von kandinsky auseinan- derzunehmen und aus den kreissegmenten, den dreiecken, den stäbchen und quadraten hals- und ohrenschmuck zu machen. wenn man aber ein besteck nach so einfachen geistigen prinzipien formt, wie sie der kreis, das dreieck und das quadrat darstellen? da gibt es nur zwei möglichkeiten: entweder man opfert sich dem geistigen, oder man gibt seinen verstand auf, man verzichtet auf jedweden intel- lektuellen anspruch in form einer kritischen würdigung. ein solches besteck hat keinen sinn mehr. die frage ist dann nur, ist es jenseits dessen, was sinn hat, oder ist es sinnlos. natürlich gibt es das, was die rationalität über- steigt, rational nicht zugänglich ist, aber nicht alles, was bar jeder vernunft ist, kann sich der tatsache entziehen, daß es einfach dumm ist. die antwort, die heute gegeben wird, kennen wir. das besteck hat keinen sinn, also ist es kunst. erheben wir das essen zur kunst, zum zeremoniell, dann sind wir wieder nahe beim lieben gott. wetten, daß das besteck gut verkauft wird! zum min- desten wird es von jedem museum und jeder sammlung gekauft, die eine abteilung „angewandte kunst“ besitzt oder eine abteilung „zeitgeist“. inzwischen gibt es auch den krug mit dem höchsten anspruch an ästhetik, der aber gleichzeitig nicht mehr zum einschenken taugt. er stammt von aldo rossi und müßte deshalb die form eines turmhelms haben, mit einem fähnchen drauf. ganz so ist er nicht, aber ziemlich ähnlich. er besteht aus einem kegelförmigen behälter, der im schnitt ein gleichseitiges dreieck bildet, an den ein griff, eine horizontale und eine vertikale bildend, angepunktet ist. der kegel ist oben durchschnitten, der obere teil bildet den deckel. statt eines fähnchens sitzt auf der spitze eine kleine kugel, besser zum anfassen. das ding ist bar jeder gebrauchsfähigkeit. in einem zeitalter der repräsentativen existenz, das wissen wir, wird natürlich das ästhetische zum selbstzweck. nach, dem gebrauch zu fragen, ist fast unanständig. nichts eignet sich zur selbstdarstellung heute besser als das erscheinungsbild, die ästhetische form. in der ästhetik erscheint das ding an sich. dieser krug von aldo rossi ist der krügste krug von allen krügen, er ist der krug an sich. nur kann man mit ihm nicht mehr einschenken. einen zylindrischen krug muß man um 90° neigen, um ihn ganz zu leeren. und schon dabei macht die hand eine bewegung, die schon nicht mehr aus dem handgelenk zu machen ist, man muß auch den ellenbogen anheben. bei dem krug von rossi müßte man sogar aufstehen und über die schulter anheben, um die 120°-neigung zu erreichen, die man mindestens haben muß, um ihn zu leeren. dabei hat der krug auch noch einen wandernden schwerpunkt. mit dem anheben rutscht er in die ecke und macht das anheben gerade dann schwierig, wenn der krug zur neige geht. aber wozu auch noch einschenken wollen, wenn der krug so schön ist. wir leben wieder in einem zeitalter des idealen. es gibt wieder werte, meistens sogar ewige werte. es gibt ein ganzes wertesystem, in dem person, familie und gesell- schaft einen geordneten kosmos bilden. und in diesem kosmos taucht auch das ideal schöne in gestalt von kreis, dreieck und quadrat auf und bringt unser dasein auf ein höheres niveau. häuser werden reine kuben oder zylinder, krüge reine kegel. egal, ob es etwas taugt oder nicht. in einer feineren welt wird die arbeit ja auch ausge- grenzt. die überläßt man dem personal, die zelebration des ewigen und gültigen kann nicht in der arbeitswelt, in der lebenswelt, in der wohnwelt stattfinden, wie sie ist, sie erfordert einen gewissen elitären ausschluß der öffentlichkeit. das einschenken mit einem solchen krug überläßt man dem butler, der nicht von ungefähr wieder modern geworden ist. so erfüllt der krug doch noch einen zweck, den andere, normale krüge nicht erfüllen. er läßt uns teilnehmen am idealkosmos des ewig wahren, schönen und guten. nur wenn man darauf verzichtet, von einer frau auch noch zu verlangen, daß sie kocht oder kinder aufzieht, erscheint das ewig weibliche, das uns hinanzieht. ja, so tief ist das 20. jahrhundert gesunken. der krug als krug, den man wegwerfen sollte, wird erhoben auf den altar der zwecklosigkeit, der reinen idee, der reinen ästhetik. wie michael graves in seiner architektur die von frank lloyd wright mit der der alten ägypter vermählt hat, wie ricardo bofill den modernen betonbau vermählt hat mit, der architektur ludwigs XIV., oder charles moore gelegent- lich die von adolf loos mit der des alten rom, so beherrscht aldo rossi die kunst des zitats in der verschmelzung des rationalismus mit der mittelalterlichen italienischen stadt. das zeitalter der restauration ist gekennzeichnet durch den dialog mit der geschiente, wenigstens in der form des zitats. ein oswald mathias ungers wäre halb so viel wert, wenn er den reinen kubus nicht in beziehung gebracht hätte zu charles rennie mackintosh mit seiner grafischen jugendstilarchitektur. ein wirklicher dialog ist das wahrscheinlich nicht, sonst würde man aus der geschichte auch lernen wollen. das zitat reicht aus, um zu belegen, daß man die welt, wie sie ist, nicht mehr ver- stehen kann und sich zu besserem berufen fühlt. und das bessere, das ist ein alter glaube, liegt im vergangenen, das, wenn es alt genug ist, sogar mit dem göttlichen zu- sammenfällt. das dreieck und der mittelalterliche turmhelm, das ist schon mehr, als wenn man nur mit dreiecken spielt. damit kommt aldo rossi auch den kunsthistorikern von heute entgegen, die es verlernt haben, eine sache als sache zu sehen, sondern nach einem symbolischen inhalt suchen und ständig in vergleichen reden. sie sind sicher über- zeugt, daß die kanne von aldo rossi aussieht wie eine schutzmantelmadonna oder wie eine glucke, die ihre eier brütet, oder wie ein erdhügel eines jungsteinzeitlichen fürstengrabs. nicht nur, weil in der regel kunsthistoriker nichts von der sache verstehen – sie können weder bilder malen noch häuser bauen noch eine kaffeetasse entwer- fen – , reden sie vorwiegend in vergleichen. das stellt auch den bezug zur geschichte und zum höheren her. würden sie etwas von der sache verstehen, müßten sie zur sache reden, so über die frage, ob man mit der kanne von rossi etwas einschenken könnte oder nicht. nur indem man über höheres und vergangenes redet, entgeht man einem solchen zwang und hilft gleichzeitig, daß aldo rossis kanne auch noch verkauft wird, ihr wert liegt ge- rade darin, daß sie keinen hat. so bereichert sie auf wun- derbare weise die ausstattung der ewig gestrigen, wird zu einem hervorragenden element der repräsentativen existenz. aber warum über bestecke und krüge reden, wenn es um türdrücker geht. den ersten unbenutzbaren türdrücker gab es schon vor dem ersten unbenutzbaren besteck, er tauchte zum ersten mal auf am 20. september 1986 bei einer designveranstaltung der firma franz schneider in brakel. man hatte eine reihe von designern eingeladen, die heute im gespräch sind, neue formen für drücker zu ent-, wickeln, es gab neun einsendungen mit einer großen an- zahl von varianten. darunter war jener schon beschriebene, welcher ein entwurf einer diözesanbauverwaltung hätte sein können, die zuständig ist für modernen kirchenbau. wenn man vor diesem drücker steht, fragt man sich zunächst: ist das überhaupt ein gegenstand mit einem drehpunkt, ein gegenstand zum drücken? wäre dieser gegenstand nicht an einer tür angebracht, sondern viel- leicht auf einer aufhängbaren spanplatte, dann wäre er kunst. denn er besteht aus einem quadrat mit einem vierkantigen rohrwinkel nach oben und nach der seite. und was quadratisch ist, partizipiert an einer der drei grundformen der visuellen erscheinungen des geistes im 20. jahrhundert. ein quadrat ist reine form und also kunst. zwar gibt es am ganzen menschlichen körper nichts quadratisches, das quadrat kommt an ihm nicht vor, schon gar nicht an der hand, welche türdrücker benutzt oder benutzen sollte. aber wir wissen ja, der körper ist materie, etwas ungeistiges. er sucht das zweckvolle. läßt sich eine türklinke mit dem kopf öffnen, dem sitz des geistes? wer weiß, das geht morgen vielleicht, aber vorerst öffnen wir noch mit der hand. sollte dann nicht vielleicht, man gestatte die prosaische frage, der drücker der hand angepaßt sein? offensichtlich nicht. dieser drücker ist ein zeichen. er zeigt ein quadrat, unterteilt in weitere quadrate. die bot- schaft ist: ein quadrat kann man in unterquadrate teilen. sollte aber nicht ein drücker, wenn man vor ihm steht, die botschaft aussenden: ich bin ein drücker, bitte faß mich an, du kannst mit mir die türe öffnen? aber das wäre eine zu normale botschaft, sie hätte keine bedeutung, keine semantische dimension, und also würde die klinke nicht einbezogen sein können in die heutige diskussion über semiotik. und das wäre schade. so ist also die türklinke, vor der ich stehe, ein zeichen besonderer art. die botschaft darf keine praktische einla- dung sein, die türklinke praktisch zu bedienen. ich stehe vor der klinke und versuche ihre bedeutung zu erfahren, ihre semantik, wie man das heute nennt. in der tat, wenn ich stehen bleibe und nicht durch die tür eintrete, durch die ich eintreten will, dann geht mir einigesauf. kasimir malewitsch fällt mir ein. er war der erste, der ein bild gemalt hat, auf dem nur ein quadrat zu sehen war, beziehungsweise zwei bilder, eines mit einem wei- ßen quadrat auf schwarzem grund und eines mit einem, schwarzen quadrat auf weißem grund. nachdem die ju- gendstilkünstler, etwa gustav klimt, sehr oft das quadrat als dekorativen grund benutzt hatten, erschien ende des letzten jahrhunderts ein buch von friedrich schümann, in dem das quadrat als urform dargestellt wurde. damals hatte der kosmos noch nach art von mandalas grundfor- men elementargeometrischer art. wir wissen heute nicht mehr, welche art gestalt das weltall hat. von der antike bis zum jugendstil aber hatte das all die gestalt einer kugel. ich stehe also vor einer urform. und ich verstehe, warum mondrian oder maler der abstrakten und konkre- ten kunst anfingen, auf bilder von quadratischem format quadrate zu malen. nun habe ich offensichtlich schwie- rigkeiten mit urformen. warum ist nicht das ei eine ur- form, warum gibt es keine maler, die auf eiförmige bilder eier malen? hinzu kommt, daß mir das ei eine komplexere und damit gescheitere geometrie zu haben scheint als der kreis, den man in der ersten stunde des geometrieunter- richts behandelt. aber das führt weg von unserem quadrat als klinke. ich weiß, peter eisenman, der diesen türdrücker ent- worfen hat, ist architekt. er baut häuser mit bevorzugt quadratischen grundrissen. wie tadao ando in japan ist für ihn der kubus mit gleicher seitenlange der ideale kör- per. und also baut man häuser mit kubischer gitterstruk- tur. und eine treppe muß als diagonale von 45° im raum stehen. zwar hat die ideale treppe, vom menschen her gesehen, einen flacheren winkel mit dem verhältnis von etwa 2 : 3. aber vom geist her gesehen hat eine treppe eine steigung von 1 : 1 zu haben, hat eine diagonale im quadrat zu sein. eisenman eröffnet mir nicht nur die welt der malerei, sondern auch die der architektur. ich bin bei palladio, bei bernini und schweife durch die zeiten bis zu den archi- tekten des rationalismus. ich empfinde mich als kultur- wesen. ist es ein wunder, daß man die tür mit einer solchen klinke erst gar nicht aufmacht? man geht beschämt fort, weil man semantik als semantik verstanden hat, als hin- weis zur sache, statt als verkündigung des „bedeutungs- vollen“. das „bedeutungsvolle“, das hier in erscheinung tritt, ist der versuch, eine „idee“ wirklichkeit werden zu lassen. diese „idee“ ist die vorstellung, alles an einem bauwerk durch dieselbe formale gestaltung zu einer einheit zu- sammenzufassen, zu einem gesamtkunstwerk zu machen. das quadrat wird so zu einem obersten, wenn nicht gött-, lichen prinzip. vom grundriß bis zum türdrücker, vom fensterausschnitt bis zur kloschüssel ist alles durch das quadrat bestimmt. was das letztere betrifft, ist freilich zu bemerken, was oben für die hand gesagt wurde. auch an dieser stelle gibt es kein quadratisches pendant unseres körpers zur gestalteten wirklichkeit. alessandro mendini botalsentwurf bei dem türdrücker- wettbewerb den türgriff von walter gropius an, lediglich farblich verändert, verpoppt. aber die reifste leistung von gropius war das nicht. zwar besteht der griff aus einem handlichen zylinder. die handmulde ruht gut auf ihm. aber zeigefinger und daumen geraten in eine ausgespro- chene konfliktzone opponierender formaler konzepte. der winket des drückers besteht aus einem vierkantrohr mit quadratischem querschnitt. der wechsel vom vier- kantrohr zum zylinder liegt genau in der zone, wo zeige- finger und daumen beim zugriff auf der klinke landen. aber, o gott, wenn mendini sich mit diesem problem herumgeschlagen hätte! wenn er angefangen hätte, die relationen von griff und hand zu untersuchen, in einer zone, wo das entscheidende passiert, wo daumen und zeigefinger die zufahrende hand leiten, wäre er genau ins zentrum jenes konfliktes geraten, wo man sich für oder gegen die vernunft entscheiden muß. wie sieht ein griff aus, der den daumen sanft abbremst und den zeige- finger exakt in den innenwinkel führt? ich habe mich selbst mit diesem problem theoretisch und praktisch beschäftigt und kann ein lied davon singen. die naht- stelle von artefakt und hand ist mit kunstvorstellungen nicht lösbar. ich jedenfalls hätte einen anderen griff ein- gereicht, auch wenn er nicht den großen namen gropius getragen hätte. trotzdem bleibt anzumerken, daß man über den griff von gropius noch reden kann. er hat seine positiven seiten. als definitiv unbrauchbar würde ich den griff eines designers aus düsseldorf bezeichnen, dessen kulturkon- zept ganz offensichtlich darin bestand, ein bildelement von kandinsky zu einem gebrauchsgegenstand zu machen. bei kandinsky gibt es in den gemälden der zwanziger jahre viele geometrische schnipsel, die auf der bildfläche verteilt sind, darunter schwebende kreissegmente, die wie zitronenschnitze aussehen. damals lag in dieser figur eine sogenannte spannung zwischen dem kreisbogen und der geraden, die nicht unähnlich sei der spannung des echten schießbogens. man könnte bei der bewertung dieses drückers ja die ergonometrie zu rate ziehen. aber das wäre des guten wohl zuviel. es genügt, jenes kind zu befragen, das in, andersens märchen von den neuen kleidern des kaisers als einziges entdeckte, daß der hohe herr in unterhosen einherschritt. angenommen, man legt kindern mehrere hämmer zum nageln vor, einen mit einem griff von kreisrundem oder ovalem querschnitt, einen mit einer keilförmigen hand- habe und dann noch einige andere mit griffen aus flach- liegendem oder hochstehendem bandeisen. welcher wird in die hand genommen? sicherlich nur der mit dem rund- material. nun soll ich bei dem instrument, mit dem die tür geöffnet wird, im falle des düsseldorfer designers ein keilförmiges gebilde in die hand nehmen? das ist etwa so, wie wenn man jemanden überzeugen wollte, ein messer an der schneide und nicht am griff in die hand zu nehmen, und ganz offensichtlich soll man den griff richtig in die hand nehmen, an der unterkante gibt es führungsrillen für den handzugriff. nur nimmt man einen drücker, wie die sprache sagt, nicht als griff in die hand, sonst hieße er vielleicht türgriffer. man drückt ihn nur, zeigefinger und daumen übernehmen die füh- rung, der handballen gibt lediglich einen druck nach un- ten. das ding heißt drücker. wozu dann unten die griff- mulden? und zudem wird angeraten, falls man am sonntag ein frühstückstablett ins schlafzimmer bringen will, vorher die oberkleidung auszuziehen. der türgriff ist hinten und vorn spitz wie ein dolch und man könnte daran hängen bleiben, wenn man mit dem ellenbogen die tür aufma- chen will. daß der drücker mehr eine waffe als ein gebrauchs- gerät ist, wird auch bei der vorstellung deutlich, ein sol- ches gerät würde bei einem auto angebracht. beim ersten verkehrsunfall säße der designer vor gericht. raffinierter kann man rationalität und zweckhaftig- keit nicht aus der welt schaffen. man steht vor einem plastischen objekt, einem kunstwerk mit einer zentralen mitteilung: funktion ist unanständig, unbekannt kommt einem eine plastik solcher art nicht mehr vor. das gab es schon einmal, etwa bei naum gabo, damals in den zwan- zigern, und bei den suprematisten von minsk. trotzdem hat dieser drücker, als kunstwerk, etwas be- stechendes, er besteht nicht aus einem kreis, wie es die lehre will, sondern aus einem kreissegment. mario botta, auch einer der entwerfer neuer türdrücker, begnügt sich bei einem seiner vorschlage nur mit einem kreis. er macht aus einem bandeisen einen kreisbogen, der allerdings unterbrochen ist, um der hand einen (nicht ganz ungefährlichen) schlitz zu lassen, wenn sie, etwa in zweifel geraten sollte, wie man ein solches ding überhaupt anfassen soll. dieses zwanzigste jahrhundert hat jede menge revolu- tionen, bürgerkriege und schlachten geliefert. „auf zum letzten gefecht“, hieß es jedes mal. dieser tatsache haben wir ins auge zu sehen. das letzte gefecht, es ist möglich geworden. die letzte vernunft der hochrüstung liegt darin, daß die erde sich selbst aus- löschen kann. mit diesem sachverhalt läßt man politiker politik machen. aber auch mit gegenständen wie gegenstandslosen türdrückern, nicht mehr brauchbaren gebrauchsgegen- ständen kündigt sich der ausverkauf der vernunft an, eine art letztes gefecht. das leben soll rein werden wie die kunst, wie funktionslose ästhetik. dafür muß man das denken abschaffen. man darf nicht vor einem türdrücker stehen und auch noch wissen wollen, wozu er taugt. da hat dieses jahrhundert den zusammenhang darge- legt zwischen kultur und ökonomie, hat den zusammen- hang bloßgelegt zwischen körper und seele, hat den zusammenhang dargestellt zwischen funktion und er- scheinung, zwischen stoff und ästhetik, und am ende heißt es, es gibt nur den reinen geist und die reine ästhe- tik, die kunst aus kreis, quadrat und dreieck. auch der türdrücker hat sich dem gefälligst zu fügen. man muß dem veranstalter dieser designdemonstra- tion bescheinigen, daß es auch andere, zum teil interes- sante entwürfe gab, die sich mit der bezeichnung von hand und griff auseinandergesetzt haben, aber das berührt den „zeitgeist“ nicht. ob ich da nicht zuviel intellektuelle anstrengung hin- eininterpretiere, wenn es zur allerersten regel gehört, den intellekt an der garderobe abzugeben? richtig, wahrscheinlich will man nur wissen, wie sehr man eine gesellschaft auf den arm nehmen kann, bis sie merkt, daß sie auf den arm genommen worden ist. oder glauben die leute gar an das, was sie da machen? das wäre allerdings schlimm: der untergang der menschheit durch ausschaltung des kopfes. ein letztes gefecht. aber vornehm geht die welt zugrunde. der anteil der kunst hat sich auf solche weise vergrößert. es lebe das dreieck, das quadrat und der kreis, die glosse wird ernst., die unterschrift angenommen, man hat zu hause einen picasso hängen, einen echten picasso. man könnte mit dem maler ja befreundet gewesen sein. dann hätte man, auch wenn die mittel nicht reichten, einen picasso zu kaufen, in den besitz eines bildes eines der teuersten maler kommen können. und dann entdeckt man, daß picasso vergessen hat, es zu signieren. der ganze picasso wäre nichts mehr wert. so gut wie nichts. selbst wenn man einen briefwechsel mit ihm nachweisen könnte, um die echtheit zu bestätigen, das bild wäre nichts mehr wert. offensichtlich entscheidet nicht die qualität über den rang von kunst, sondern die unterschrift. das ist wie bei der banknote. sie muß vom präsidenten der staatsbank unterschrieben sein. kunst ist demnach kein wert an sich, sowenig wie eine banknote. sie ist ein marktwert. sie ist, man muß allerdings hinzufügen: heute; ein wert, der durch die nachfrage der sammler bestimmt wird, das heißt, durch die nachfrage des kunsthandels, durch das kunstgeschäft. so gesehen, ist ein picasso eine banknote des kunstgeschäfts. das ist natürlich keine erschöpfende antwort. es hat zeiten der kunst gegeben, als die hervorbringer von kunst noch nicht signiert haben. ja, die meisten kunst- epochen kannten noch nicht die markierung von werken durch eine handschriftliche signatur, das ist relativ neu, eigentlich so alt wie die geschichte des kapitalismus, die auch eine geschichte des kunsthandels ist. früher war kunst für einen zweck, für eine person und für einen bestimmten ort gemacht. wir erleben heute eine blüte der malerei, weil sie beweglicher ist als die skulptur. malerei ist beweglich wie eine banknote, und das prinzip des handels ist nicht, daß eine sache ihren definitiven platz bekommt, sondern, daß sie beweglich ist und dorthin wandern kann, wo für sie jeweils am meisten geboten wird. ob es der ägyptische maler, der griechische bildhauer oder der holzschnitzer des frühen mittelalters war, sie schufen für eine bestimmte aufgabe und brachten keine signatur an. gelegentlich gab es die herkunftsbezeich- nung, wie man sie von steinmetzen oder antiken ton- warenherstellern kennt. die kennzeichnung als persön- liches werk, die signatur des künstlers als schöpfer war nicht bekannt., dabei dient die unterschrift heute ja weniger der benen- nung des urhebers als dem nachweis des unikats, des originals. nur originale wecken die sammlerleidenschaft. gäbe es von einem bild eine kopie und wäre sie selbst von demselben maler, der das original geschaffen hat, sie wäre kaum noch die hälfte wert. die unterschrift doku- mentiert das original, das echte unikat. daß damit ein eigener zweig der kriminalistik ent- standen ist, unterstreicht nur die neue bedeutung der unterschrift. design wird nicht signiert. sagen wir mal vorsichtig, noch nicht. dabei hätte der entwerfer des ersten elektri- schen ventilators ein reicher mann werden können, wenn er, sagen wir tausend stück von den dingern signiert und mit der vorsieht vermarktet hätte, wie die kunst rar und teuer gemacht wird. design ist aber schon von der gesinnung her frei vom personenkult der kunst. design ist für alle da, nicht für wenige oder gar einzelne. design will reproduziert sein, vervielfältigt. design haßt das original und den elitären marktwert. es sucht die größtmögliche stückzahl und die größtmögliche verbreitung. es ist wie mit der natur. sonnenblumen gibt es wie sand am meer. sie tragen soviel samen, daß sie sogar von der erscheinung her einen ruf nach verbreitung dokumen- tieren. jeder vogel, der ihre samen verbreitet, ist im sinn ihrer existenz. ein maler, der eine sonnenblume auf eine lein wand bannt, macht aus ihr ein unikat, dreht ihre natur um, macht sie zu einem einzelstück. mag auch der maler, der sie gemalt hat, primär für sich selbst gemalt haben, selbst wenn er am hungertuch litt, er schuf die voraus- setzung, daß eine einzelne sonnenblume nun für millio- nen und abermillionen gehandelt wird. voraussetzung ist, daß auch der maler ein original in dem sinn ist, wie es ja van gogh war, daß er einen einmaligen pinselstrich besitzt, so daß nur ein einzelner in frage kommt, die sonnenblume auf einmalige weise vereinzelt zu haben. design ist für alle da. es will eine optimierung von gebrauchsobjekten für eine größtmögliche zahl. was hätte es für einen sinn gehabt, wenn charles eames seine stühle signiert hätte, hans gugelot das kodak-carousel, nizzoli seine lettera-schreibmaschine oder giorgio giugiaro seinen fiat uno? design ist von der substanz her anonym, selbst wenn seine entwerfer noch so berühmt sind und gehandelt werden wie couturiers. es ist deshalb nicht verwunder-, lich, daß es großes design gibt, von dem man noch nicht einmal die namen der designer kennt. ich verehre charles eames als designer. er hat das sitz- möbel als gegenstand zum sitzen im auge gehabt und das design von der kunstorientierung befreit. alle welt kennt heute den rietveld-stuhl, der eher eine plastik von mondrian sein könnte als ein objekt zum sitzen. davon hat uns charles eames befreit. und doch besitze ich einen sessel, einen leichten in sich beweglichen liegestuhl, der das beste ist, was ich auf diesem sektor kenne, besser noch als ein eames-sessel. den namen des designers kenne ich nicht und habe ihn auch nicht herausgebracht. ich möchte ihn auch nicht unbedingt ans tageslicht zerren. anonymität ist ein adel. ich schätze die dienste für die menschheit, auch wenn sie anonym geblieben sind. ich schätze den erfinder des fahrrads, der beiß- zange, des suppentellers, der türklinke, der schnür- schuhe, des dampftopfs, des bierflaschenverschlusses und des flugzeugpropellers. auch wenn wir ihn nicht kennen. wer kennt schließlich den erbauer der stadt siena? ihn gibt es gar nicht. städte wie bern, kulturlandschaften wie das moseltal, bauernhäuser aus appenzell, englische kanäle und japanische gärten sind kollektivleistungen, deswegen aber nicht weniger fundamente der mensch- lichen kultur wie der dichter einer nationalhymne. das menschlichste der menschheit, ihre kreativität, hat nur in wenigen fällen einen namen und läßt sich nur in den allerwenigsten fällen unterschriftlich nachweisen. nicht einmal die erbauer von stonehenge kennen wir, sofern es sie geben sollte, und die tempelanlage von monte albán ist ebenso anonym wie der iseschrein. was interessiert uns, wer die rose von chartres gemacht hat, das stadttor von lübeck oder die dmitri-kathedrale von wladimir. die kultur der menschheit ist mehr kooperative krea- tivität als einzelleistung (auch wenn die sieger von schlachten immer einzelne waren). der zwang zum per- sonenkult kommt von der herrschaftskultur, wo man untertanen konditionierte durch verehrung, wenn nicht anbetung von einzelnen. wer gar ist der schöpfer unserer sprache? sie erst er- laubt uns zu denken. wer verändert sie, wer entwickelt sie weiter? niemand, niemand, weil alle. wenn man plötzlich auf einen designer stößt, wie johannes potente, und sich über ihn freut, und überall seine spuren vorfindet, gute und schlechte, und sieht, wie er vor allem den fünfziger jahren seinen stempel, aufdrückte, dann nicht, um ihn aus der anonymität der geschichte zu reißen und ihn gar in die geschichte des designs einzubringen. er soll der bleiben, der er war, ein anonymer designer. in brakel weiß man erst heute, was design ist. auch johannes potente war überrascht, daß er ein designer sein sollte. er war ein arbeiter, machte modelle für tür- griffe, weil das gebraucht wurde und er dazu anlagen hatte. wer für einen betrieb arbeitet, arbeitet anders als ein designer, der seine produkte gerne im museum of modern art in new york ausgestellt sehen möchte. johannes potente dachte an türgriffe, nicht an kultur- geschichte. er blieb beim thema, bei dersache, und be- nahm sich so trivial, wie es um den gegenstand selbst ging. nicht als ob ihm türgriffe gleichgültig gewesen wären. er lebte für sie, aber nur im umfeld ihres gebrauchs, ihrer herstellung, ihrer fabrikation, nicht ihres rufes. mag sein, daß er manches nicht gemacht hätte, wenn er davon ausgegangen wäre, die menschheit, wenigstens die kulturelle, blicke auf ihn. so bewahrte er eine unkon- trollierte lässigkeit. aber gerade sie ist bestandteil seines eifers und dokumentiert den unablässigen umgang mit der sache selbst, nicht ihrer wirkung. sein dialog mit tür- klinken wäre möglicherweise abgerissen, wenn er plötz- lich nicht mehr allein gewesen wäre, sondern der design- kritiker über seine schultern geschaut hätte. es waren nicht die schlechtesten pianisten, die gesagt haben: vor großem publikum kann ich nicht spielen, aber sie schufen sich das grab der vergessenheit. was ihnen sicher nichts ausmachte, denn einen tod stirbt jeder. ein anonymer designer pflegt nicht seinen stil. er hat keinen. er ist wie ein handwerker allein in seiner werk- statt. ihn interessiert, was herauskommt. auf dieser haltung ruht die menschliche kultur. herrschaftshaltung, die nicht an der sache, sondern an der wirkung interessiert ist, vor allem an der sublimierung von macht und einfluß, kommt hier nicht auf. die entstehung der städte, des gewerbes, des verkehrs, der wissenschaft, der technik beruht auf dieser konzen- tration auf die sache. aufgebaut wurden die städte von vielen anonymen einzelnen der handwerklichen beharr- lichkeit. zerstört wurden sie von den großen einzelnen, die ihre wirkung in der geschichte berechneten. geschrie- ben wurden die bücher wissenschaftlicher bibliotheken von den vertretern des fleißes und der konzentration auf ein thema. angezündet wurden sie von denen, die sich einen namen machen wollten., johannes potente aus brakel ist ein beispiel für einen designer, der sich vollkommen seiner arbeit anvertraut. er kümmert sich nicht um das problem, welchen wert als design wie als ökonomischer gegenstand sie hat. dafür ist er nicht zuständig. ihn kümmert nicht einmal der sach- verhalt, daß in der modernen industriegesellschaft, in unserer marktwirtschaft derjenige den ruhm für ein pro- dukt einheimst, der es verkauft, nicht jedoch der, der es macht. modernes design ist die sache selbst. design ist eine kulturmanifestation gegen verzierung, künstlerische wertschöpfung und historisierende einordnung durch weltstil. hervorgegangen ist es aus dem kämpf gegen den historismus des 19. jahrhunderts. das fanal von adolf loos hieß „ornament und verbrechen“. er meinte, orna- ment sei abkehr von der sache, verrat am produkt zugun- sten von erscheinung und name. es gibt zwischen design und kunst eine art unverein- barkeit. beides schließt sich aus wie feuer und wasser. die kreative intensität von design ist nicht geringer als die von kunst. im gegenteil, eine sache nicht nur schön machen, sondern auch noch richtig, setzt zusätzliche kreative fähigkeiten voraus. kunst ist wertfrei. kunst ist sinn-los. in dem sinn, daß sie nicht sinnvoll zu sein braucht, ist sie sinnfrei. design wird gemessen an der sache, ihrem sinn, ihrer sozialen verträglichkeit, an ihrem technischen funktionieren und an ihrer ökonomie. auf all das kann kunst verzichten. mondrian, tatlin, duchamp, ja sogar warhol haben deshalb einmal das ende der kunst proklamiert. das leben selbst sollte zum thema der kunst werden. sie wollten aus dem kultursonntag heraus in den arbeitsalltag und kreativität dort anlegen. statt die menschheit zu zwingen, einen himmel der kultur anzubeten, wollten sie mensch- lichkeit bei den menschen, gefallen an ihrer arbeit selbst. sie blieben gefangene ihrer industrie, dem kunsthandel, der sie an der finanziellen leine hielt. mit ausnahme von tatlin und duchamp. duchamp sah nicht nur das ende der schönmalerei kommen, die mit farbe und leinwand das thema „l’art pour l’art“ weiter am leben halten wollte, sondern das ende der kunst überhaupt. zuerst entdeckte er ästhetische wirklichkeit außerhalb des ateliers. er ver- wendete objekte der industrietrivialität. dann verwarf er kunst überhaupt und reduzierte die energie der gestal- tung auf das subjekt selbst, auf die kontrolle des eigenen lebens, des alltäglichen alltags, und blieb arm wie ein asket. ihn hat der kunsthandel nicht an die leine bekom- men. aber der kunsthandel wird sich rächen. mit den, wenigen objekten, die marcel duchamp hinterlassen hat, wird er millionenumsätze machen, denn sie erfüllen die erste voraussetzung für hohe preise, sie sind rar. aus dem ende der kunst ist nun allerdings nichts ge- worden. das wäre auch nicht weiter schlimm, soll die menschheit malen, solange sie lust hat zu malen, und soll der staat für die neue freiheit museen bauen, soviel er will. wenn nur anerkannt bliebe, daß kunst und design zweierlei dinge sind, doch der zeitgeist will es nochmals anders, er holt das design zurück zur kunst. nun gibt es wieder das werteschaffende ornament. bill bemalt porzellanteller und die rückseiten von uhren. der werteschaffende faktor der kunst bemächtigt sich des designs. warhol hat autos bemalt, ebenso calder und lichtenstein. die industrie hat sich mit erfolg von der umklamme- rung gelöst, nicht nur produkte zu machen und zu ver- kaufen, sondern auch noch dafür verantwortlich zu sein. so hatte es das design gefordert. produkte sollten richtig sein, vertretbar, gut und schön. design hatte eine moral. der anspruch des designs ist abgewehrt, mit hilfe einer überzeugend einfachen strategie. produkte werden wieder künstlerisch garniert. selten hat die wirtschaft so viel für kunst getan wie heute. die pflege des ewig wahren, guten und schönen ist ihr größter erfolg im abwehrkampf gegen die bedro- hung von allen seiten. es ist schlechterdings nicht mehr auszuschließen, daß die menschheit im müll der indu- striegesellschaft erstickt. vielleicht nähern wir uns einem tag, an dem es keine kriege mehr gibt. dies ist dann weni- ger ein erfolg der vernunft als der tatsache, daß wir zur abrüstung gezwungen werden, weil wir geld für den kämpf gegen müll und naturzerstörung, die zerstörung unserer eigenen lebensgrundlagen brauchen. an diesem zustand ist alles und jeder schuld, nur nicht die, die ihn verursachen, die industrie und ihr existenz- prinzip, die gewinnmaximierung. erlaubt ist, was das kapital vermehrt. die strategie der wirtschaft, kunst zu fördern, festivals, symphoniekonzerte und kunstausstellungen zu unter- stützen, museen zu bauen, galerien einzurichten, kultur- tourismus zu ermöglichen, ist nach zwei seiten wirksam. einmal lenkt sie vom verursachersachverhalt ab, nach dem an den giften und abfallen unserer heutigen zivili- sation an erster stelle die industrie, voran die chemische, aber auch die autoindustrie bis herunter zur urlaubs- industrie schuldig ist. sie schaffen mit immer neuen pro- dukten nicht nur immer neue abfallstoffe, sondern er-, zeugen auch den konsumzwang zu immer mehr verbrauch von immer mehr industrieausstoß. zum anderen hat die kulturförderung der industrie den vielleicht noch bedeutsameren effekt, daß sie den, der nobles tut, auch selbst als nobel herausstellt, cortez hat bei der eroberung mexikos, die nach hegel sechs mil- lionen indios das leben kostete, soviel wie im dritten reich juden umgebracht wurden, neben den soldaten auch mönche mitgebracht. sie predigten das evangelium, tauften die eingeborenen auf eine neue erlösung und sanktionierten somit völkermord, machtpolitik und im- periale gewalt. noch immer hat sich die macht der kunst bedient, um sich von ihr rechtfertigen und sublimieren zu lassen, kultur ist zu großen teilen immer herrschafts- kultur gewesen, ob im interesse der weltlichen macht, etwa des römischen imperiums, oder der geistigen macht, der kirche des vatikans. warum soll das heute anders sein, vor jedem respektablen bankgebäude, vor jedem respek- tablen verwaltungsgebäude steht ein kunstwerk. künstler haben meistens ein naives gemüt, und kaum einer merkt das spiel, das da mit ihm getrieben wird. mit soziologen wäre das nicht so leicht zu machen. sie haben noch sinn für die doppelte buchführung, mit der ge- schichte gemacht wird. künstler interpretieren die rolle, die mit ihnen gespielt wird, gerne als anerkennung ihrer kunst, als bestätigung ihrer sendung und als auszeich- nung ihrer selbst als kreative persönlichkeit. es macht sie nicht einmal mißtrauisch, daß man bereit ist, für kunst jede summe auszugeben. kunst ist heute zu einer neuen religion geworden, sagt tom wolfe. das objekt ihrer anbetung ist der reichtum. kunst sanktioniert reichtum und ist selbst quelle des reichtums. kunst schafft kapital und sichert kapital. man wird immer von einem seltsamen gefühl befallen, wenn etwas, das zu den angelpunkten der geschichts- und geschichtenschreibung gehört, plötzlich wirklich- keit wird. man weiß nicht, ist die wirklichkeit traum, oder ist der traum wirklichkeit. wir sind allesamt mitten in dem wirbel, den der tanz um das goldene kalb verursacht. wir sind teil des kunsttaumels, der um das kapital ent- standen ist. gerade die zigarettenfirma, die eine hauptverantwor- tung für die ausbreitung des krebses hat, gerade die auto- firma, die maßgeblich an der luftverschmutzung und am waldsterben beteiligt ist, gerade der chemiekonzern, der mit seinen chemiedüngern das grundwasser für genera- tionen versaut, gerade die großbank, die die politik dieser konzerne lenkt, spielt sich auf als kunstmäzen, als kultur-, sponsor, als sachwalter der großen und reinen werte. beide bedingen sich, wer müll produziert, braucht kunst. die gesellschaft und die politik erscheinen wie gelähmt vor den schaden, die wir mit unserer technischen zivili- sation angerichtet haben. nach dem atomunfall, kaum daß man ihn behoben hat, kommt das ozonloch, das, kaum daß man es recht ausmacht, vom sterben der meere überschattet wird, man hat es kaum registriert, folgt die aufdeckung der chemischen verseuchung von nahrungsmitteln. jeder sagt: es ist fünf vor zwölf, wir müssen etwas tun. dann wird eine neue steuer erfunden, für den kleinen mann, für die reinigung seiner abwässer. die industrie, die ganze schiffsladungen von giften ins meer kippt, wird gewarnt mit anschließendem dank für all das gute, das sie für kunst und kultur unternimmt. neben den seehunden, die als kadaver an den strand von schleswig-holstein geschwemmt werden, rauscht, ge- sponsert von einigen großfirmen, das größte musikfesti- val dahin, das je stattgefunden hat. design hat einen schweren stand. immer mehr wird es von denen verraten und verlassen, die seine wortführer waren, die vertreter einer neuen, humaneren kultur. es genügt die verleihung eines professorentitels, um aus dem kritiker der offiziellen kultur einen bewunderer der neuen hoheit des kapitals zu machen. auch künstler sind käuflich. der stuhl von heute ist ein kunststück in bauhaus- farben, zurechtgeschnitten nach dem kulturellen schnitt- musterbogen von kreis, dreieck und quadrat. möbel wer- den als kunstwerke zurechtgestutzt, häuser werden auf quadrate oder dreiecke heruntergeschnipselt. der grund- kurslehrgang mit schere und farbpapier ist in die ent- wurfsbüros und -ateliers eingezogen. ein stuhl zum sitzen ist zu trivial, als daß er in dem goldenen tanz platz haben könnte. das haus zum wohnen ist zu belanglos, das be- steck zum essen zu vordergründig, das bett zum liegen zu rational. alles, was ist, soll symbol werden, symbol des höheren, des tieferen, das über die verständlichkeit, über die vernunft hinausführt. wer kann, legt sein geld in kunst an. eine reihe von kunstzeitschriften springen beratend zur seite. kunst ist die beste aller wertsteigernden währungen. allerdings nur, solange ein markt dafür da ist, interesse vorhanden ist. also baut man museen. kunst wird auf messen ausge- stellt wie früher nur vieh, baustoffe und maschinen. der absatz muß gefördert werden. künstler werden wie aktien notiert und angeboten. der zauber floriert. alles kauft, sammelt und gibt zum tausch. die branche hat boom., voraussetzung ist allein, daß die unterschrift nicht ge- fälscht ist. leute, die es wissen müssen, sagen, ein drittel der mo- dernen kunst sei gefälscht. es gibt mittlerweile bessere noldes, als nolde sie gemalt hat, bessere braques, als braque sie gemalt hat. falls man das urteil des kunst- handels ernst nimmt. so könnte der, der einen echten picasso zu hause hat, aber keine unterschrift, ruhig eine unterschrift fälschen. sie würde in diesem fall nur die echtheit eines bildes garantieren. die fälschung wäre in diesem fall sogar die wahrheit., intelligentes bauen die moderne architektur basiert auf einem sozialrefor- merischen programm. sie wollte, wie es hieß, licht, luft und sonne in die wohnungen bringen. man opponierte gegen dunkle straßenschluchten, hinterhofarchitektur und bürgerfenster, die von mehrreihigen vorhängen zuwattiert waren und halbdunkle räume schufen. die gegenposition dokumentierte deutlich der pavillon suisse von le corbusier in paris von 1930–32. seine ganze südseite besteht aus einer glasfront, aus großen fenstern, die vom boden zur decke reichen und die ganze breite der dahinter liegenden räume einnehmen. mein erster besuch in paris, kurz nach dem krieg, galt diesem, auf wenigen zentralen pfeilern ruhenden bau. ich empfand diese architektur als ankündigung eines neuen zeitalters. geblieben war eine enttäuschung. in den räumen hinter den fenstern war eine übermäßig von der sonne aufge- wärmte, stickig gewordene luft. zum arbeiten war es bei sonne zu hell. alles war licht und schatten, es gab keine übergänge. aufgrund dieser erfahrung hat le corbusier später an seinen bauten seine brise-soleil angebracht, vorstehende sonnenblenden aus beton, die zwar licht, aber nicht mehr direkte sonne in die innenräume kommen lassen sollten. der blick nach draußen war aber wie von scheuklappen eingefaßt. das farnsworth house von mies van der rohe ist eben- falls das opfer einer ideologie geworden. es besteht rings- um aus glasscheiben, die vom boden bis zur decke reichen, der sicht- und schattenschutz besteht aus vorhängen. aber innenliegende vorhänge führen zu einer großen wärmeaufladung, der man nur mit überdimensionalen klimaanlagen zu leibe rücken kann. wer die wüste kennt, weiß, daß die sonne im süden ein mörderischer feind sein kann, wie im norden die klirrende kälte. ein zeitbewußter, aufgeklärter sportlicher mensch des nordens zieht sich in der wüste shorts an und trägt ein kurzärmeliges hemd. der erfahrene kamelnomade trägt einen fußlangen mantel und bindet auch gesicht und kopf mit einem tuch ein. und dies nicht, weil ihm ein gefühl für freikörperkultur abgeht. wir haben ein jeweils unterschiedliches verhältnis zur sonne, je nachdem, wo wir wohnen. und es leuchtet ein, daß schon vorgeschicht- liche siedlungen in italien enge gassen und hohe häuser hatten, um schatten zu erzeugen. enge ist nicht nur von übel. sie kann gewollt sein., das haus des nordens ist eine dickwandige klimaburg mit eingeschnittenen, eher kleinen fenstern. das förderte das bewußtsein einer zweiteiligen welt: das klima ist draußen, der häusliche herd, die menschliche wärme ist drinnen. isoliertechnisch ist dies eine gelungene lösung, aber wahrscheinlich nur unter diesem aspekt. war es gut, die welt in fremd und eigen, in objekt und subjekt, in draußen und drinnen zu teilen? das japanische haus dagegen ist ein haus ohne trenn- wände nach außen. innenwelt und außenwelt sind eins, ob es regnet oder die sonne scheint, das haus garantiert die hin- und herbewegung zwischen haus und natur. es gibt an der grenzstelle einen fließenden übergang in form eines umlaufenden, erhabenen balkons unter einem weit ausragenden dach. will man das haus schließen wegen der wärme, wegen des lichts oder wegen der einsieht, setzt man papierleichte schiebewände ein. dies begrün- dete eine eigene art, die welt zu erfahren und die welt zu sehen, eine eigene interpretation dessen, was ist. sie ging zum beispiel ein in die philosophie des zen, mit einem besonderen verständnis von dialektik und polarität. für den westen gibt es immer das höchste, das einmalige, die einzige wahrheit, das höchste sein, die urkraft, die welt- formel, aus der sich alles erklärt, den staat als krönung der gesellschaft. in japan überwiegt der ausgleich, die balance der gegensätze. es überwiegt die kunst, die viel- falt sich entfalten zu lassen. das japanische traditionelle haus ist offen von innen nach außen und von außen nach innen. es nimmt und gibt. es ist transparent. offensichtlich schwebte den altmeistern des modernen bauens etwas ähnliches vor, die auf lösung der trennung von innen und außen, als sie begannen, die fassade als eine glaswand zu realisieren. aber es gab zunächst nur ideologische lösungen, keine, die auch technisch und physiologisch befriedigten. das fenster, wie es sein könnte als intelligente lösung, gibt es zwar in ansätzen und als gelungene lösung für teilaspekte, als ganzes existiert es noch nicht. es gibt in einzelfällen idealen sonnenschutz, so variable markisen, es gibt wunderbare öffnungssysteme für schiebe-, kipp- oder schwingflügel, es gibt verstellbare und einziehbare lamellenstores als sichtblenden, wenn sie außen liegen, auch als sonnen- schutz. die fensterfront als ganzes variables system für alle fensterfunktionen gibt es bis heute nicht. es gibt nur ansätze. anerkannt ist das bedürfnis, die kluft zwischen draußen und drinnen aufzuheben. aber nehmen wir an, wir wollen einen nach außen offenen raum im sinne eines weltgefühls der transparenz,, im sinne einer philosophie der verflechtung und balance. die nahtstelle, die fensterfront kann dann nicht wie bei mies van der rohe eine front großer schaufensterscheiben sein. es ist ein hochkomplexes gebilde, das den verschie- densten anforderungen gerecht werden muß. es müßte fast eine maschine sein. es sind drei parameter zu erfüllen. einmal muß dieses gebilde flexibel genug sein, sowohl sonnenlicht in den raum einfallen zu lassen, als ihn auch vor direkter sonnen- einstrahlung zu schützen. dann muß man einen sicht- schutz haben. manchmal möchte man nicht eingesehen werden, manchmal möchte man das volle außenpano- rama. die tätigkeiten des menschen setzen unterschied- liche intimitätsstufen voraus, dies bedeutet, daß das licht selbst, sogar wenn es regnet, steuerbar sein soll. nicht nur wer tagsüber seinen mittagsschlaf macht, auch wer arbeitet, sollte licht als arbeitsstimulans ändern und steuern können. fast ideal dazu sind lamellenstores, die den fernöstlichen bambusrollen entsprechen. nur muß lichtsteuerung von schattenbildung in der funktion ge- trennt sein. sonst entstehen konflikte. hat man nur einen lamellenstore oder einen ausgespannten sonnenschutz, eine markise, zur steuerung, gerät man in kollisionen, wenn man zugleich freie sieht, aber abgeschattete sonne haben will oder freien himmel, aber sichtschutz. wenn ich den lamellenstore zur schattenbildung benutze, sehe ich nicht mehr hinaus, nehme ich ihn als sichtschutz, habe ich kein ungehindertes licht. eine fensterfront als operationeller gegenstand hat sowohl sonnenschutz, am besten außen, damit keine wärmeaufladung entsteht, als auch sichtschutz. der sich am besten auch dazu eignet, die lichtqualität im inneren zu variieren, von dunkel oder halbdunkel über gedämpft bis zum vollen lichteinfall. denkt man an die steuerung des lichteinfalls durch lamellenstores, sollte man der höhe nach von zwei zonen ausgehen: eine bis zur türhöhe und eine darüber bis zur decke. diese zonen sollten durch getrennte stores variabel zu steuern sein. der sichtschutz genügt bis zur türhöhe, darüber möchte man es mitunter ganz offen. sensible tätigkeiten, wie entwerfen oder schreiben, setzen kontrollierbare lichtqualitäten voraus. insofern waren die verschiedenen vorhangschichten des bürger- lichen salons mit voll abdunkelnden brokatvorhängen nicht eine demonstration von pomp. man war in der lage, das zimmerlicht zu regulieren analog den lichtstimmun- gen im tagesablauf. das läßt sich heute besser machen, wir werden uns mehr und mehr der tatsache bewußt, daß, licht, ähnlich wie luft, ein breites spektrum an qualitäten hat. selbst verschiedene länder haben unterschiedliches licht. das licht griechenlands ist schon immer als spezifi- kum erkannt worden. es ist anders als das licht irlands oder ägyptens. das lichtszenarium des waldes gibt uns ebenfalls einen begriff, vor allem im differenzierten spiel von licht und schatten, daß licht nicht gleich licht ist. und der morgen hat ein anderes licht als der mittag oder der abend. das bewußtsein für licht wächst und mit ihm das bedürfnis, es zu steuern. der dritte parameter ist die belüftung. grundsätzlich ist ein raum ohne zu öffnende fenster ein physiologischer käfig. die luft aus der klimaanlage ist eine solche aus kon- servendosen. luft ist ein hochgradiger stimulationsfaktor, aus der klimaanlage kommt nie die frische, prickelnde luft des landregens oder die trockene arbeitsluft eines sommermorgens oder die weiche luft eines augustabends. ideal ist, wenn die gesamte fensterfront zu öffnen wäre, entweder hinaus in den garten oder, wenn man in höhe- ren stockwerken wohnt, hinausauf einen balkon oder eine terrasse. dazu bedarf es der flügeltüren. oft müssen auch schwingflügel über der brüstungshöhe genügen, aber wo immer es geht, sollte das zu öffnende fenster bis zum boden reichen. der raum wird freier, das draußen und drinnen kann besser korrespondieren, auch wenn man keinen balkon oder keine terrasse vor seiner fenster- front hat. auch in new york ist das von der decke bis zum boden gehende fenster legitim, auch dann, wenn es keine türengroße öffnungsflügel hat. dann lassen sich eben nur normale fensterflügel öffnen. selbst bei wolkenkrat- zern in großer höhe, wo extreme windverhältnisse auf- tauchen und die neigung besteht, keine zu öffnenden fenster zu dulden, würde ich nicht auf wenigstens einige lüftungsflügel verzichten, die mir das fluidum luft be- wußt machen. auch wenn man fenster aus temperaturgründen ge- schlossen hält, will man eine steuerbare belüftung durch fensterklappen. sie muß etwa in schlafräumen sensibel regulierbar sein. wer sehr bewußt schläft, hat seinen kult an belüftungsregulationen je nach klima und jahreszeit. selbst bei kälte braucht er eine öffnung, wenn vielleicht auch nur einen geringen spalt, um die atemluft aufzufri- schen. zu einer solchen regulierung eignet sich am besten die zone zwischen türhöhe und decke. da heute schon mittelklassewagen elektrische fensterheber besitzen, kann man auch hier an eine technische ausstattung denken, die sowohl für kippflügel wie für schiebeflügel eine angemessene variabilität garantiert. dieser tech-, nische komfort muß auch bei lamellenstores gegeben sein. es ist kein gutes zeichen einer technischen zivili- sation, wenn steuerbare technik nur im industriellen arbeitsbereich oder beim autocockpit zu finden ist. mehr als das, was im traditionellen japanischen haus von hand gemacht wurde, wird diese technik nicht zu leisten haben, nämlich vollkommene flexibilität, was sonnenschutz, lichtschutz und belüftung angeht, aber heute ist ein anspruch in die richtung, die aus der fenster- front ein dreisektorenaggregat macht, nicht mehr über- trieben. so gesehen, wird die fensterfront aus einer zweidimen- sionalen scheibe eine in der tiefe gestaffelte dreizonige apparatur. außen liegt der licht- und sonnenschutz, der sich vollständig einfahren lassen kann, aber auch garan- tiert, daß man jedes direkte sonnenlicht abhalten kann. die eigentliche fensterfront ist aus isoliertechnischen gründen ein mehrschichtiges gebilde, um vor kälte, aber auch wärme zu schützen. in ihm sind die öffnungsmecha- nismen der kipp-, schiebe- oder flügelöffnungen inte- griert. in einer dritten, rauminneren zone liegen der sicht- schutz und die steuerung der lichtqualität und licht- intensität. die aufteilung dieser zone muß garantieren, daß sich auch einzelne flügelfenster oder -türen öffnen lassen, ohne daß etwa ein geschlossener sichtschutz hoch- oder beiseite gezogen werden muß. die gerätschaft, die so entsteht, wird wie beim auto etliche mini-elektromotoren beinhalten, die ein eigenes kleines schaltpult rechtfertigen. hier liegt die haustechnik noch weit zurück. es gibt bereits programmierpulte für künstliches licht, die steuern, wann, wo, welche leuchten an- und ausgehen sollen. das tageslicht und die raum- belüftung rechtfertigen einen ähnlichen aufwand noch mehr. wie gesagt, ein funktionierendes modell einer solchen operationellen fensterfront kenne ich noch nicht, ge- schweige denn die entsprechende steuerung, aber detail- ansätze gibt es. bedenkt man den hohen standard der isolationstechnik heute, ist es möglich, auch in kälteren klimazonen den status des japanischen hauses zu erreichen und sich trotzdem einigeln zu können wie im haus der westlichen tradition. indem architektur sich mit problemen dieser art be- schäftigt, kann man von einer intelligenten architektur sprechen. dies als einer gegenposition zur sogenannten modernen architektur. die moderne war ideologisch,, aber nicht intelligent. der schrei nach licht, luft und sonne wurde nach dem ersten weltkrieg, als diese archi- tektur entstand, mehr formalistisch interpretiert, nicht technisch. die wohnmaschine war eben noch keine wohn- maschine. das 19. jahrhundert hat mit seinen ingenieur- bauten eine technische architektur begründet. mit der sogenannten modernen architektur der 20er jahre ver- suchte man mehr im sinne von kunst tätig zu sein, tech- nik mit ästhetischen doktrinen wie der von kreis, dreieck und quadrat zu verbinden. diese architektur kannte noch den bürgerlichen anspruch an eine autonome kunst, an übergeordnete gesetze der reinen ästhetik. so verstand sie auch die technik mehr ästhetisch, als neue freiheit, mit neuen mitteln und neuen materialien alte ansprüche zu erfüllen. häuser hatten auszusehen wie bilder von piet mondrian oder amédée ozenfant. sie hatten kuben zu sein wie die der kunst des suprematismus. das flachdach war eine ästhetische forderung. so gesehen ist die geburtsstunde der intelligenten architektur das sainsbury centre von norman foster, das ein flaches dach so leicht wölbt, daß der regen abfließen kann. die heute angepriesene nachmoderne architektur, die sich nur noch mit fensteraufteilungen und sprossen im sinne der ästhetik von mackintosh beschäftigt, ist dage- gen ein rückfall in naive formalistische spielereien. ein architekt wie oswald mathias ungers reduziert das pro- blem der fenster auf pure sprossenteilung. der abstand zu auch physiologisch und technisch befriedigenden lösungen ist wieder größer geworden. tritt man in einen der modischen glasräume ein, wird man oft zurückge- worfen wegen der abgeschlossenen luft und dem treib- hausklima. glas und rahmengitter sind in, der letzte mo- dische schrei. wie das klima darin zu steuern ist, ist nicht das thema der architektur. dazu gibt es den lichttechniker, den klimatechniker, den heizungstechniker. der architekt stiehlt sich davon in das reich der schönheit. so warten wir weiterhin auf ein humaneres, intelligen- tes bauen, das endlich abstand nimmt von schönfärberei, schönschreiberei und nur schönen gesten. die architektur, die wir heute nötig hätten, muß erst noch kommen. für sie ist technik ein instrument, nicht nur vorratskammer zeitgemäßer ästhetischer strukturen., meinen arbeitsplatz gibt es noch nicht wie eine küche aussehen soll, das weiß ich. darüber habe ich ein buch geschrieben. aber wie mein arbeitsplatz aussehen soll, beginnt mir erst langsam bewußt zu werden. für die arbeit hat die architektur bisher nur allgemeine räume zur verfügung gestellt, gut belichtet, gut belüftet, große räume, kleine räume, aber keine spezifischen räume. einen spezifischen arbeitsraum kenne ich aus meiner nachbarschaft. es ist eine alte mühle, heute ein gasthaus. die ganze mühle war ein großraum mit eingebauten galerien, die sich halbgeschossig in den gesamtraum ein- paßten. ein sack getreide wurde einst mit dem aufzug nach oben gebracht. von dort ging das getreide in ver- schiedenen arbeitsstufen des enthülsens und reinigens zum mahlstein und schließlich als mehl hinab in den bereitstehenden mehlsack, der selbst wieder auf einer höhe stand, daß er bequem auf einen wagen geladen werden konnte. der müller mußte zu jeder gerätschaft der verschie- denen vertikal angeordneten arbeitsstufen bequemen zugang haben, und so entstand ein geflecht von empo- ren und galerien, die wie brücken und kanzeln in einem großraum standen und durch treppen verbunden waren. die mühle erzeugte ein raumgefühl, wie man es nur noch bei den maisonettes von le corbusier wiederfand. es ist wunderbar, in einem raum zu leben, in dem man nicht nur hinaus-, sondern auch hinab- und hinaufsehen kann. großbibliotheken haben manchmal ähnliche galerien und brücken und im raum verteilte arbeitsplätze, die es erlauben, in einem ganzen zu sein und doch einen indivi- duellen, separaten arbeitsplatz zu haben. bei den bürobauten von richard rogers und norman foster sind ähnliche, mehrere geschosse umfassende ar- beitslandschaften entstanden, meistens um eine interne halle gruppiert, die individuelle arbeitszonen in einem ganzen erlauben. sie haben nichts von den stockwerks- großen großraumbüros, die ich hasse, bei denen man über trennwände hinweg nur einen restraum bis zur decke wahrnimmt, die viel zu niedrig zu sein scheint, auch wenn sie hoch ist. in der ferne gibt es angeschnittene fenster. in ecken stehen gummibäume. das heulende ende der moderne. ich selbst arbeite nur in großraumbüros, solche einmal arbeitstechnisch verstanden. mein beruf bringt es mit sich, daß ich mit anderen zusammenarbeite. und also will ich mit ihnen auch in einem raum sein. jedermann darf, sehen und hören, was ich tue. nur so gibt es eine richtige vernetzung von arbeit und arbeitenden. ich selbst will sichtkontakt mit ihnen und nicht türen auf- und zuma- chen, um zu ihnen zu kommen. alles ist für alle da, und jeder arbeitet mit jedem. für die hirnrissige idee, für alles und jeden kleine einzelräume zu schaffen, kann man nur das minderwertigkeitsgefühl von beamten haftbar machen, die angst vor der kontrollhierarchie haben. außer den toiletten und der dunkelkammer fällt mir kein raum ein, der notwendigerweise separiert sein müßte. auch um über geld und personalien zu sprechen, wird bei unseren büros kein separater raum nötig. selbst wenn es einsichtig sein mag, daß es dafür einen gibt. und warum sollen nicht mitarbeiter wahrnehmen, wenn ich am tele- fon fluche oder zu jemandem besonders kommunikativ bin? es gibt kein geheimnis, das nicht jeder wissen darf. ich setze voraus, daß hierin das geheimnis eines sozial und psychologisch intakten arbeitsklimas besteht. mit der abkuppelung und abschottung von arbeitsplätzen fängt die hick- und hackordnung an, das privileg, das prestige, die hierarchie, die macht, die autorität. das resultat ist eine arbeitswelt, die nach dem prinzip der regulierung funktioniert, nach dem prinzip des militärs und des staats. aber wenn man in einer offenen arbeitslandschaft arbeiten will, fangen die probleme erst an. zum beispiel will man auch das gefühl des eigenen arbeitsplatzes haben, ja der eigenen arbeitsnische, die es erlaubt, auch als individuum zu denken, zu schreiben, zu entwerfen, zu zeichnen und zu träumen. ich selbst habe drei gänzlich verschiedene tätigkeits- bereiche. ich leite ein büro. dazu muß ich gespräche füh- ren, entweder am arbeitsplatz meiner kollegen oder an meinem arbeitsplatz oder an einem größeren tisch, wenn an dem gespräch mehrere beteiligt sind. ich bin ein unter- nehmer. das heißt, ich wickle geschäfte ab. das mache ich vornehmlich mit meiner sekretärin, die für den ge- schäftsverkehr zuständig ist. sie führt buch über meine termine, nimmt telefonate entgegen und ist verantwort- lich für den briefverkehr. ihr arbeitsgerät ist telefon, rechner und schreibanlage. mit ihr brauche ich sogar sichtkontakt. wenn ich höre, daß wieder einmal ein jour- nalist ein interview haben will oder einer einen film machen will oder jemand um einen vortrag bittet, alles zur fütterung einer verdummten informationsgesell- schaft, dann muß ein augenzwinkern genügen, um ihr zur richtigen antwort zu verhelfen. es könnte ja sein, daß tom wolfe einen besuch anmeldet., ich will, wenn ich noch zu meiner eigentlichen arbeit kommen will, nicht durch jeden telefonanruf oder jeden telefaxauswurf gestört werden. darüber wacht meine sekretärin, meist durch sichtkontakt. wenn es irgend geht, vermeide ich eine telefonverbindung zu ihr. sie würde mich den ganzen tag mit klingelzeichen belästigen, mit hörer auf- und abnehmen, wo eine kleine geste fürs auge alles sagt. zudem habe ich ständig fragen an sie. auch dafür will ich kein telefon oder gar das öffnen einer tür. die telekommunikation hat in vielem den geschäfts- verkehr erleichtert, aber ich wäre ihr sklave, wenn ich mich ihr überlassen würde, die ja keinerlei rücksicht nimmt auf das, was ich gerade tue. meine sekretärin ver- teidigt meine schaffenskraft gegen die sucht der neuen technik, jeden überall und zu jeder zeit überfallen zu können. man muß sich vor dem fortschritt auch schützen dürfen. schließlich, und das ist mein dritter tätigkeitsbereich, bin ich auch designer. ich entwerfe, denke, zeichne, schreibe, lese, phantasiere, entwickle ideen, verwerfe sie und suche neue lösungen. der arbeitsplatz dafür müßte etwas von einer mönchs- zelle haben. vieles ist einfach meditieren oder konzen- triertes sich anregen lassen. nur müßte meine mönchszelle zugleich etwas vom wiener café haben, in dem ein literat mitten im getriebe der stadt einen text fabriziert. die größte konzentration erfordert manchmal das stimulans der geschäftigkeit, das innere braucht das geräusch des äußeren. nicht immer. aber die abgeschlossene zelle ist nur dann gut, wenn sie einen ausgang in einen garten und einen kreuzgang hat. der raum, in dem man kreativ arbeiten kann, ist für mich nicht ein räumlich abgeschlossener raum. er kann erzeugt werden durch ein bücherregal oder nur schon eine lichtschiene im raum, die mit einem ablagebord kombiniert ist. wir haben solche raumteiler entworfen, hauptsächlich, um psychologische gliederungen zu schaffen, die einen privateren arbeitsplatz ergeben. ein büro, wie wir es haben, ist eine denkwerkstatt von komplexer struktur. wir sind eine kombination von schaltstelle, postamt, universitätsinstitut, kloster und kleindruckerei, dieses gemenge könnte räumlich besser gegliedert sein, entflochten, ohne daß die verbindungen reißen oder gekappt werden. eine entsprechende architek- tur kann ich mir heute nur in zwei ebenen vorstellen. ein einziges büro mit zwei ebenen, mindestens zwei ebenen. ich war nicht wenig überrascht, als ich studien zu einer solchen büroorganisation machte, einem projekt von, norman foster zu begegnen, bei dem dieser solche büros in zwei ebenen vorgesehen hatte: ein großraum über zwei stockwerke, in den eine brückenfläche eingebracht worden war. die brücke, die frei in einem zweigeschossigen raum eingespannt ist, das ist für mich der raum des denkens, der platz des phantasierens, spielens, des suchens und findens. in der dritten dimension, im raum leben und arbeiten, ist baden in der dimension der intelligenz. ich schaue gern von der orgelempore in das kirchen- schiff, von der brücke auf den hafen, vom bäum auf die wiese. die empore, nicht die erste reihe, ist der bevorzugte platz im theater. der kapitän arbeitet auf einer brücke über dem schiff. auf der erde oder auf einem bürogeschoß arbeitet man zweidimensional, die brücke hebt uns in ein bewußtsein, das um eine dimension reicher ist. es ist die dimension der aussichten und weitsichten. eine brücke in meinem büro wäre eine leichte, geglie- derte plattform im raum mit mehreren arbeitsplätzen für alle kreativen tätigkeiten und alle mitarbeiter, deren hauptsächliche tätigkeit das denken ist. hier wird ge- sucht, geschrieben und skizziert, die zeichnung, die hier entsteht, ist eine skizze, ausgeführt und perfektioniert wird sie am reißbrett oder plotter eine ebene tiefer. die thesen, die hier formuliert werden, sind von hand geschrieben. ausgeführt, redigiert werden sie eine ebene tiefer. hier oben klingelt das telefon nur im summton. es gibt bücher hier oben, aber nur die, welche man zur gerade laufenden arbeit benötigt, die bibliothek ist unten. auch das sekretariat ist unten, in sichtverbindung. eine meiner größten entdeckungen der letzten jahre ist der bleistift. je länger und mehr ich mit einer compu- teranlage arbeite, entdecke ich eine neue welt, die des bleistifts. der computer führt in unserem zeitalter ein system von zwei klassen ein, die strikt getrennt sind. die einen arbei- ten mit dem computer und tun, was er nach seinen pro- grammen vorschlägt. sie sitzen lässig vor der bildröhre, geben über die tastatur eine frage ein und warten, was der bildschirm mitteilt. meistens ist es verbunden mit einem kommando, welche taste nun weiter zu drücken ist, um voranzukommen. das geht so fort, bis man ein ergebnis hat. auf diese weise verfährt der bankkaufmann, der ferti- gungsingenieur, aber auch der institutsprofessor. die andere klasse ist auf der anderen seite des compu- ters angesiedelt. sie arbeitet mit dem bleistift. sie darf entwerfen, denken, phantasieren, erkunden, fragen, stellen und mögliche antworten skizzieren. sie lebt nicht in einer digitalen welt, ihre mitglieder leben in einer ana- logen welt der dinge, der bilder, der zusammenhänge, der denklandschaften und bewegen sich frei wie die eule der minerva. ihnen genügt der bleistift. ihre leistung ist die formulierung eines satzes, nicht seine kommunika- tive aufbereitung. er kann in handschrift geschrieben sein, ihre leistung ist die findung einer idee. sie läßt sich in skizzen festhalten. sie muß nicht in einer reinfassung festgehalten sein, wie sie für die produktion notwendig ist. sie beschäftigen sich mit konzepten, programmen, entwürfen, überprüfen und verwerfen sie auf grund von bewertungen, zu denen der computer nicht fähig ist. sie bewegen sich in einer freien landschaft der fragen, der offenheiten, der ausblicke und untersuchen probleme, fälle, lösungsangebote. dazu genügt das blatt papier und der bleistift. natürlich stehen sie in der rückkoppelung mit der klasse der ausführenden, der realisierer, der statistiker, der pro- duktionsvorbereiter und produktionsauswerter, der leute vor dem bildschirm. aber sie können nicht nach program- men arbeiten. ihr vorzug und auch ihre bestimmung, ihr nutzen ist, frei zu sein. denn ohne sie gingen dem rechner die programme aus. ist das neue büro ein abbild dieser zweiklassengesell- schaft? gibt es die denker und macher auf der oberen ebene und die diener des dienstleistungssektors, die heizer der informationsgesellschaft, die angestellten des computers und die verwalter der automation auf der unteren? ein zynisches bild. vielleicht ist mein büro aber auch eine brücke über die kluft hinweg, die beide klassen trennt. von der oberen ebene führen vielleicht nur einige wendeltreppen nach unten. aber man arbeitet in einem einzigen raum. neben der horizontalen gliederung des büros gibt es eine verti- kale. die da oben sind angewiesen auf das, was die da unten tun, man sieht sich, man spricht miteinander, auch vertikal. und die da unten sehen, was die da oben tun. man steigt hinauf, man steigt hinab. ich denke schon, daß die architektur auf ihre weise dazu beitragen kann, die malaisen derzeit zu heilen. sie braucht statt trennungen transparenz, statt isolierung kollegialität. die architektur muß aber auch das undifferenzierte gliedern, die einheitsorganisation strukturieren. in der architektur wird bewußtsein konkret, der zustand der zeit zeigt sich in der gebauten form., mein büro ist ein dreidimensionaler garten mit verschie- denen ebenen, verteilten arbeitsplätzen. die trennwände sind gefallen. die unterschiedlichen tätigkeiten finden auf unterschiedlichen plattformen statt. aber der raum ist eine offene struktur, man sieht sich, wenn man sich sehen will, man hört sich, wenn man sich hören will. das allgemeine und öffentliche findet auf der unteren ebene statt. da gibt es zeichentische, schreibtische, tele- fon und computer. das besondere entwickelt sich abge- hoben auf einer höheren ebene. da gibt es schlichte tische, bleistift genügt. es gibt bücher, alles, was das denken braucht., schwierigkeiten für architekten und designer das bauen und die gestaltung der zwanziger jahre hatte zum ziel, jeden stil zu überwinden und wieder zur sache zu kommen. der jugendstil hatte zunächst begonnen, den historismus, besonders die neugotik und die neu- renaissance der kaiserzeit, durch einen zeitgemäßen stil zu ersetzen, dann war der stil als solcher fragwürdig geworden. adolf loos, otto wagner und josef hoffmann hatten in wien die ersten häuser mit kahlen wänden gebaut, worauf der kämpf ruf folgte: ornament ist ver- brechen, le corbusier wandte die nackten formen des kubismus von amédée ozenfant auf das bauen an, gerrit rietveld die prinzipien der stijl-bewegung. ein formalismus war das allemal, quadrat, kreis und dreieck wurden als ästhetische grundwerte verstanden, ob bei leuchten, bei bauten oder bei neuen schriften. sie wurden in das korsett der eiementargeometrie gezwängt und sollten damit der wahrheit und reinheit am nächsten sein. auch der konstruktivismus erwies sich, genau bese- hen, als stil. erst allmählich, durch die initiativen des werkbunds und des späteren bauhauses, traten funktionalegesichts- punkte in den vordergrund. die gestaltung wurde offener. eine schrift liest sich besser, wenn sie keine kreisrunden, sondern ovale buchstaben hat; der spiegel einer leuchte folgt besser einer parabel als einem kreis. und ein haus muß nicht um jeden preis ein flachdach haben, nur um einen kubus abzugeben. vor allem die deutschen, russen und niederländer unter den architekten und designern wandten sich den pro- grammen und bedürfnissen der arbeiterbewegung zu und versuchten, die industrielle produktionsweise als ökonomischen vorteil zu verwerten, um zu preiswerten wohnungen zu kommen. neue materialien wie stahl, blech, sperrholz oder beton sollten eine bessere qualität sichern bei gleichzeitiger reduktion der kosten durch die serienfertigung. das bild einer neuen gesellschaft war bezogen auf eine neue technische kultur, und bauen und entwerfen waren bezogen auf praktische probleme und konkrete aufgaben der sozialen veränderung. ein haus, das heute ein architekt in new york in der tradition des konstruktivismus, etwa in anlehnung an le corbusier baut, hat damit nichts mehr zu tun. ein paar äußerlichkeiten sind noch gemeinsam, wie die liebe zum rechten winkel und zur weißen farbe. kosten spielen heute keine rolle mehr, deshalb auch nicht mehr eine rationelle, produktion oder eine industrielle fertigung. das haus ist ein ästhetischer selbstzweck. man kann auch darin wohnen. als el lissitzky die ersten bauten von le corbusier in paris besuchte, war er entsetzt über den luxus, der bei diesem essentieller bestandteil des neuen bauens war. er selbst, entwerfer auch von küchen, sah die neue gestal- tung direkt bezogen auf soziale programme, auf die ver- besserung der lebensumstände, die überwindung von armut und ungleichheit unter den menschen, die siche- rung des individuellen lebensraums, die anwendung der vorteile industrieller fertigung auf den sozialen fort- schritt. es war das bild einer neuen gesellschaft, oft eine utopie, die die gestaltung und das entwerfen motivierte. kunst war nicht mehr nötig, weil die gestaltung der dinge des täglichen lebens und das leben selbst eine auch ästhe- tische qualität erreichen sollte, wie sie sonst nur in der kunst gepflegt wurde, das museum war die straße, die fabrik, das haus. le corbusier entwarf zusammen mit charlotte perriand teure fauteuils in chrom und leder, wo es eigentlich um stühle ging. ästhetischen luxus hatte der amerikanische soziologe thorstein veblen als mittel des klassenkampfes bloßgestellt, als feinste waffe im kämpf um macht und privilegien. ästhetik um ihrer selbst willen betrachtete er als edelste repräsentation der macht. so waren von anfang an das moderne bauen und die gestaltung gespalten in einen neuen ästhetizismus und formalismus und in ein funktional orientiertes sozial- programm. die einen verstanden kreis und quadrat als ästhetische elementarform, die anderen als resultat indu- strieller produktionsweise. schon karl marx hat die rota- tion (drehbank) und die translation (fräsen, walzen) als formbestimmende grundbewegung der technischen fer- tigung definiert. gemeint ist nicht, daß die einen für reiche bauten, die anderen für arme. gemeint ist, daß die einen bei einem bürgerlichen kulturverständnis einer elitären ästhetik stehenblieben, die anderen ihre gestaltung ableiteten aus bedingungen der industriellen produktionsweise und aus den neuen aufgabenstellungen, ein menschenwür- diges leben für alle zu ermöglichen. ihr funktionalismus bezog sich auf fertigung, materialien, konstruktion, ge- brauch, aber auch auf aufgabenstellungen und soziale zielsetzungen. dieser funktionalismus war ein verfloch- tenes bezugsfeld von antrieben und zielen, immer ver- bunden mit dem anspruch, auch ästhetisch das letztgül- tige zu erreichen., aus dieser haltung heraus ist auch die frankfurter küche entstanden. sie diente nicht nur einer subjektiven zufrie- denstellung der frau, sondern auch ihrer neuen gesell- schaftlichen rolle als jemand, der mehr und mehr in die wirtschafts- und arbeitswelt einbezogen ist. sie ist ent- standen nicht als marktangebot eines küchenherstellers, sondern als eine forderung von architekten und stadt- planern, die sich um neue siedlungsformen in den städten bemühten und um die einbeziehung der randgruppen des 19. jahrhunderts in die gesellschaft. sieht man von kleinigkeiten wie rechteckigen, scharf- kantigen griffschalen ab, ist kein element der art déco zu finden, mit der sich das bürgertum und die neureichen einrichteten als ausdruck ihrer zugehörigkeit zu einer besseren kultur der kreise und quadrate. die funktionelle ästhetik wurde offen und empfänglich für geräte wie den gasherd oder den drehstuhl. in den dreißiger jahren konnte diese ingeniöse ästhetiksich dann voll entfalten, nachdem die formspielereien in kreis und quadrat ein weilchen aus dem gesichtsfeld verlorengingen. es gab nicht mehr den kubistischen sessel von gerrit rietveld, es entstanden die modelle von sitzmöbeln, die von marcel breuer bis charles eames den einbruch wirklich funktio- nalen und technischen verständnisses brachten, zugleich eine ästhetik, die aus der fabrik kam und nicht aus der ideologie, einleuchtend und doch neuartig, streng und doch ungezwungen. die rückführung dieser ästhetik auf einen formenkodex irgendwelcher art entfiel. er war nicht vorhanden. ihre quelle war das denken des ingenieurs, nunmehr eingebunden in den anspruch auf proportion, ordnung und gesetz. wir leben heute in einer gesellschaft des wohlstands, ja des überflusses und der überflußproduktion. unser lebens- antrieb ist gleichgeschaltet mit konsumantrieben und werbewünschen. dies bedeutet die einbindung des sub- jekts in einen ökonomiekosmos, dessen prinzip der ge- winnmaximierung eine extreme konzentration der macht hervorgebracht hat. aber macht ist verdächtig. und die beste art, macht zu verschleiern, ist noch immer die ästhe- tik. bauen und produktgestaltung ist wieder fast aus- schließlich eine frage des stils und damit auch eine frage der mode. moden entstehen immer dann, wenn formen beliebig sind und nicht den informationswert eines sach- verhaltes darstellen. wo sie nichts vertreten, sind sie aus- tauschbar. solche formalen konzepte wechseln heute wie die jahre. architektur im sinne einer verpflichtung zur sache und für die leute, die mit ihr umgehen, als eine verpflich-, tung zum richtigen gebrauch, der richtigen verwendung von materialien und fertigungsmethoden, ist äußerst rar geworden. es gehört zum erklärten, nicht mehr nur unter- schwelligen programm der sogenannten postmodernen architektur, kulissen zu bauen, attrappen und versatz- stücke. über küchen wird nicht mehr gesprochen. das ist ein zu triviales objekt in einer gesellschaft, die sich nicht mehr präsentiert, sondern nur repräsentiert. kunst ist auch eine industrie und ebenso der manipulation und spekulation unterworfen wie das warengeschäft. nach dem kriege noch war die schwedenküche eine art zeitgemäßer vervollständigung der frankfurter küche. die schrankwand wurde komplett, die trennung zur woh- nung wurde um die durchreiche verringert. die schiebe- tür und der rollzug von schubfächern nahmen auf die minimierten platzverhältnisse rücksicht. die küchenlampe mit ihrer nackten glühbirne mußte der leuchtstoffröhre weichen, die sich zur versteckten arbeitsleuchte weiter- entwickelte. der heutige beitrag der architektur zur küche be- schränkt sich auf die gelegentliche küchenbar, die an- wendungen des gelegentlichen erlebnisses mit harten oder langen drinks im wohnbereich. feine leute haben gelegentlich eine bar für gaste, die sich an shakes, snacks oder drinks erfreuen. die heutige architektur will keine probleme mehr lösen, sie will erscheinungen erzeugen. vergleichbar der pro- grammusik will architektur heute etwas ausdrücken, semantische inhalte vermitteln. das sind alle arten von hinweisen, nur nicht solche, die das bauwerk selbst, seine inhalte, seine entstehung, seine machart betreffen. archi- tektur ist nicht die information über das innere eines hauses, sie ist korrespondenz mit anderen architekturen, mit der von schinkel, vitruv, palladio oder le corbusier. der architekt empfindet sich nicht als sachwalter eines baus, sondern als teil der architekturgeschichte. mit seinem bau zitiert er architektur, oder er polemisiert. solcherart waren schon immer die spiele der fins de siècle. vielleicht ist auch den architekten die beschäftigung mit küchen von den designern abgenommen worden. oder gar von den Herstellern. diese haben inzwischen ihre marketing-abteilungen und wissen, was der markt will. trotzdem bleibt bis heute die frage nicht beantwortet, welche stellung die küche zum wohnraum hat, welches ihr stellenwert in einem heutigen grundriß wäre. hier- zu ist die letzte kluge äußerung von robert vorhoelzer, walther schmidt und hanna löw gemacht worden, die die, trennung von küche und wohnen durch eine glaswand erreichen wollten. für designer ist die küche ein großes thema geworden, sowohl für das gerätedesign wie auch für das system- design. aber unsere designer sind arm dran. die technische zivilisation hat die arbeitswelt im gegensatz zum hand- werklichen zeitalter so aufgesplittert, daß derjenige, der für forschung zuständig ist, sich nicht um das kümmert, was das marketing macht, das wiederum ist nicht zu- ständig für material oder fertigung. der vertriebsmann versteht nichts vom design, und dem designer ist fremd, wie der kaufmann seine kalkulationen aufbaut. ein wag- nermeister von einst war noch zuständig für die tech- nische qualität eines produktes, seine verarbeitung, sein material, sein aussehen und auch für die werkstattorga- nisation. der designer ist zum formspezialisten geworden, der unter dem zwang des marktes als oberster instanz steht, er ist zuständig für das aussehen einer küche, nicht mehr für ihr programm und ihre technische qualität. er ist dazu da, mit anderen, aber auf seine weise, mit den mitteln von farbe, material und zuordnung den markt zu optimieren. designer haben küchenmaschinen, kaffeemaschinen oder brotmaschinen ansehnlich gemacht, sie haben kühl- schrank und bratrohr auf die richtige arbeitshöhe ge- bracht, sie werden auch noch das problem der lüftung und des lichtes lösen, bis heute stiefkinder der küchen- entwicklung. aber welcher designer darf sich erlauben, das schnitzelwerk seiner küchenmaschine oder die kaffee- maschine als solche in frage zu stellen? die schön gleich- mäßig geschnitzelten salatstückchen, die aus unseren heutigen küchen kommen, sind nur für den keine ein- heitsware, der noch nie salate für freunde zubereitet hat, den einen fein geschnitten, den anderen von hand gerissen. oder gehobelt, gewürfelt, gerädelt, geraspelt, verschiedenje nach gemüseart. und wer kaffee über alles liebt und vielleicht in der arabischen welt unterscheiden gelernt hat, was wirklich guter kaffee ist, der verwendet keine kaffeemaschine mehr. was soll ein designer tun – geräte kritisieren, die er eben als sachwalter des techni- schen fortschritts in die küche eingebracht und inte- griert hat? elektrische geräte sind ein segen. nur welche und welche nicht, das ist keine frage des designs mehr. wenn es eine wiedergeburt gibt und jeder schon ein vorleben hatte, dann war ich in meinem früheren leben lokomotivführer. ich liebe maschinen, ich liebe technik, ich betrachte mein leben als einen konstruktiven ent-, wurf. aber ich mag technik nicht um ihrer selbst willen. ich nehme keine zange zum blumenpflücken. und wie viele designer träumen nicht noch heute von einer küche mit schaltpult. in einer jury zur bewertung des besten küchendesigns wird begutachtet nach folgenden kriterien – gebrauchswert (ergonomie, technik), – designqualität (funktion, konstruktion, innovation), – einbindung in das küchenensemble (gestaltungs- zusammenhang, anmutung). taucht in diesem zusammenhang die frage auf, ob es arbeitspsychologisch vertretbar ist, daß in küchen heute im prinzip nur eine person arbeiten kann? das arbeits- medium und das führungsmittel eines topmanagers ist das gespräch. man sieht ihn selten allein. maurer arbei- ten immer im gespann, ein maurer ohne handlanger und lehrling ist ein krüppel. im automobilbau arbeiten nach möglichkeit gruppen zusammen. nur die küche wird prinzipiell verstanden als ein-mann-betrieb. das hat weder den architekten wehgetan, noch den designern. lediglich bei der frage, ob eine computer- küche mit festem sitzplatz als warte erstrebenswert sei, taucht der gedanke auf, daß in der küche sich auch gele- gentlich mehrere personen aufhalten könnten. ansonsten bleibt die doktrin der frankfurter küche unangetastet. bei meinen interviews mit den küchenchefs von top- restaurantsfand ich meistens ein designloses chaos vor, nur großküchen von werkskantinen und krankenhäusern waren mit den ansprüchen des heutigen designs gestaltet. seitdem gibt es für mich einen zusammenhang zwischen ordnung und langeweile sowie zwischen improvisation und initiative. heutige küchen mit ihrer designklarheit verströmen eine ästhetik der passivität und repräsentation. sie sind schön, aber aktionslos. die ästhetik der aktion führt in eine andersartige ordnung, die der flexibilitat und mobi- lität. sie hat den reiz und das stimulans des chaos: nur wehe, wenn etwas am falschen platz ist. ordnung als hilfe für initiative und damit für improvisation ist heute noch kein designthema. design ist identisch mit einer statischen ästhetik, mit einer ehrfurchtsvollen erschei- nung, wie sie nur noch der kunst eigen ist. nachbemerkung man kann sich sehr wohl gedanken darüber machen, ob die in der küchenarbeit zurückgewonnene autonomie, des selbermachens möglicherweise mehr freiheit freisetzt als all die großen bekenntnisse zur freiheit, die wir im munde führen. möglicherweise ist freiheit gar nichts gro- ßes oder kleines, vielleicht ist sie ein aggregatzustand, der durch machen entsteht – im gegensatz zu einem reden, das über dem erdboden schwebt –, so daß freiheit überall da entsteht, wo jemand beginnt, hand anzulegen. es gibt heute auch viele große worte über die freiheit, die uns eine ökologische bewegung bringen soll. ich miß- traue auch ihnen. ich möchte nicht in den großen chor derer einstimmen, die gegen die verschwendung predigen, aber unseren müll durch türken als neue zivilisations- sklaven beiseite schaffen lassen, um den selbst erzeug- ten eigenen müll wegzuschaffen, und sei es wenigstens in teilen, ist sich auch der ökologe zu schade, ich miß- traue denen, die im namen der natur über eine zynische industrie herfallen, aber sich ihrer bedenkenlos bedienen, wenn es ums essen geht. dabei ist es gar nicht so schwie- rig, die lebensmittelkonzerne das fürchten zu lehren: keine fertigsuppen kaufen, selber kochen. es ist wie mit dem staat: jeder schimpft auf ihn und fühlt sich durch ihn in seiner freiheit eingeengt. aber alle erwarten, daß er uns versorgt. sie kommen alle gelaufen, wenn er orden verteilt, die intelligenz drängelt sich pein- lich vehement an die stellen, die professorentitel verteilen, so gut wie niemand ist zu stolz, auf staatliche unterstüt- zung zu verzichten und sich seinen wintervorrat selber anzulegen. alle erwarten, daß ein perfektes system, eine perfekte bürokratie überall futterkrippen aufstellt. wenn ein wort heute bis auf die knochen verschlissen ist, dann das wort freiheit. reden wir also nicht davon, daß selber kochen ein stück freiheit bringt. sagen wir, es macht spaß und kann – richtig gemacht – eine befriedi- gung sein für uns, die unseren und unsere freunde., erscheinungsbild wenn ein unternehmen ein produkt entwickelt hat oder eine serviceleistung anbieten kann, wird zu guter letzt ein designer hinzugezogen, die sache zu verschönern. im einen fall ein produktgestalter, im anderen vielleicht ein grafiker. nennen wir das ein additives design. es hat etwas mit kleiderordnung zu tun. tiere sind immer angezogen. der mensch ist nackt und addiert sich ein arbeitsgewand, eine freizeitkleidung oder eine abendaufmachung hinzu. in ähnlicherweise legen sich neuerdings auch ganze unternehmen ein gewand zu. ein zigarettenhersteller kauft sich ein symphonieorchester ein, eine bank erwirbt sich eine sammlung moderner malerei, ein autohersteller unterhält eine kunstgalerie. der mantel der kultur, den man sich zulegt, hat vorteile. er ist attraktiv nach außen, nach innen deckt er zu. ob das bedenklich, verwerflich oder nützlich ist (wahr- scheinlich ist es alles), sei dahingestellt. bei unternehmen wie ERCO oder braun ist das anders. design ist dort selbst ein unternehmenszweck. das produkt wäre nicht das, was es ist, wenn es nicht von vornherein als designobjekt ver- standen worden wäre. design ist ein entwurfsprinzip und bestimmt in seinen forderungen, kriterien und methoden das produkt als ganzes, nicht nur in seiner oberfläche. seit der renaissance befrachten wir die welt vorwiegend perspektivisch, als erscheinung. dabei ist uns die sache selbst etwas abhanden gekommen. wenn ein architekt ein haus entwirft, muß er geometrisch, nicht perspektivisch zeichnen. er muß die struktur, die gliederung und die kon- struktion seines bauwerks erfassen. die erscheinung ist schließlich etwas, das herauskommt, das sich ergibt, sie ist ein resultat und hat erst als resultat eine perspektive. es gibt zwar ein oberflächendesign, eine kosmetische verschönerung, und vielleicht wird design mehr und mehr so interpretiert. bei ERCO geht design in das produkt ein, gebrauch und ästhetik sind neben der technik und dem nutzen von anfang an entwicklungskriterien. konstruk- teur, designer und kaufmann sitzen an einem tisch. dabei geht es nicht nur um das produkt selbst. jede arbeit ist zugleich eine generelle prüfung, ob man auch insgesamt auf dem richtigen weg ist und ob technik oder design nicht als ganzes weiterentwickelt werden müssen. man empfindet sich als werkstatt in einem weltweiten kulturellen, technischen und ökonomischen kontext. ein unternehmen, das so designbewußt ist, und sich bewußt ist, daß design mehr ist als ein schönes kleid, und, sich zugleich auch bewußt ist, daß das eigene design ele- ment einer generellen designentwicklung ist, von ihr profitiert und ihr anstoße gibt, ein solches unternehmen hat auch ein eigenes verständnis für das, was man visuel- les erscheinungsbild nennt, seine corporate identity. sie ist nicht nur die erscheinungsform des gesamten unter- nehmens im sinne eines anzugs, sie ist haltung, so wie reagan und gorbatschow ein unterschiedliches auftreten haben, gleichgültig wie sie sich anziehen. auch charak- ter, auch persönlichkeit haben ihre erscheinungsform. und weiter kommt hinzu, daß das erscheinungsbild von ERCO ein reflexionsgegenstand ist. es wird in beziehung gesetzt zu ähnlichen anstrengungen anderswo, und es wird in beziehung gesetzt zu der frage, was heute ein un- ternehmen überhaupt ist. man kann sich fragen: müssen heute unternehmen nicht um eine ökologische größen- ordnung weiter denken, so wie sie einmal lernen mußten, um eine soziale dimension weiter zu wachsen? in diesem sinn wird auch die frage gestellt: ist das heutige unter- nehmen nicht abhängig von einer eigenen, aus ihm selbst herauskommenden darstellungskultur? ein unternehmen hat sich ursprünglich als „kaufmännisches“ unternehmen verstanden, es ist hineingewachsen in eine soziale balance. heute muß es sich erweitern um den horizont einer öko- logischen moral. muß es nicht prinzipiell sich weiterent- wickeln zu einem unternehmen mit einer eigenkultur dessen, was es tut, und dessen, wie es in erscheinung tritt? corporate identity hat konjunktur. in der tat, alles, was ist, hat gestalt, warum sollen nicht auch institutionen ihr gesicht erhalten. es gab schon in den fünfziger jahren unter dem begriff image und image- bildung eine welle der pflege von äußerer erscheinung und äußerem auftreten, dies aber mehr unter dem ge- sichtspunkt der kosmetik und schneiderei, der bewußten stilbildung und des putzes. der begriff „image“ war bald negativ besetzt im sinne der pflege von modischem auf- treten. und wenn schon bei politikern die rede umgeht, man müsse mehr für das „image“ tun, und wenn man bei geldinstituten für einen mitarbeiter ein aussehen fordert, das dem hause angemessen ist, nicht so sehr der person, dann ist die sache nicht weit her. tatsächlich, alles, was ist, hat seine gestalt, sein bild. selbst etwas so amorphes wie der wind offenbart sich als oft kunstvolle strömung, wenn man sein wolkenbild in der satellitenaufnahme sieht, die man unstäglich vor augen führt. selbst etwas so wenig greifbares wie empfin- dungen entwickeln ihre gestalt. trauer oder zufrieden- heit sieht man einem an. anders als aristoteles, der bei, dingen zwischen substanz, dem eigentlichen, und dem akzidens, dem beiläufigen, dem äußeren unterschieden hat, müssen wir das äußere als das bild des inneren ver- stehen. in wirklichkeit gibt es kein außen und innen. jedem kind sieht man es am gesicht an, ob es lügt oder die wahr- heit sagt. meistens ist der erste eindruck von einem men- schen der deutlichste, was die einschätzung von charakter, habitus und wesen angeht. die gestalt ist nicht mehr als äußere erscheinung zu verstehen, sondern als bild des ganzen. das gänseblüm- chen und die sonnenblume sind das, was sie sind, in ihrem bild. stier und kuh offenbaren in ihrem aussehen ihr wesen. mann und frau sind auch in ihrem wesen so, wie sie aussehen. sieht man einmal vom sachverhalt der tarnung, der mimikry in der natur ab, wo es darum geht, sich vor einem feind unsichtbar zu machen, indem man sich in farbe und form der umgebung anpaßt, ist es nur dem menschen gegeben, sich eine künstliche gestalt zu geben, in ana- logie zu seiner fähigkeit, werkzeuge herzustellen und seine person über artefakte in die umwelt hinaus zu ver- größern. er gibt nicht nur seinen werkzeugen, seinen prothesen, seinen erweiterungen gestalt, sondern auch sich selbst. gestalt ist nicht nur bild und umriß. gestalt ist auch, in der zeitlichen dimension, auftreten, geste, verhalten. man sieht so aus, wie man ist, und man gibt sich so, wie man ist. diese relation ist so verklammert, daß auch umgekehrt gilt: man nimmt den charakter seines auftretens an, und man wird zum bild, das man von sich macht. man kann sogar vorbilder annehmen, wobei das vorbild nicht so sehr nur ein abbild, eine bloße erscheinung ist für nach- ahmenswertes auftreten, sondern eine richtschnur für orientierung, haltung und charakter. das vorbild ist die erste orientierung zur selbstfindung. man ist so, wie man sich zeigt, und wie man sich zeigt, so ist man. das erscheinungsbild ist nicht nur das äußere, wenn es auch von vielen so nach der klassischen philoso- phie gesehen wird. es ist das eigentliche. man kann nicht existieren, ohne sich zu zeigen, und wie man sich zeigt, so ist man. das macht die frage des erscheinungsbildes zuerst zu einem philosophischen und moralischen phänomen. es führt nicht zuerst zum problem der kleidung, der mode, des auftretens. es führt zur frage der existenz. wer bin ich? das ist die entscheidende frage der selbstdarstellung. wir haben es also mit drei phänomenen zu tun, – es gibt die erscheinung, die gestalt als präsentations- form von charakter, sache, inhalt. aussehen und sache sind identisch. – es gibt eine bewußte ausformung und veränderung dieser grundgestalt im sinne von mimikry, von untertau- chen in umwelt und umfeld. man löscht die gestalt aus. – es gibt umgekehrt eine akzentuierung der erscheinung im sinne von zeichengebung, von auffallen und beach- tung suchen. dem dienen so etablierte institutionen wie die mode oder die werbung. bedenklich wird die sache, wenn sich punkt drei ver- selbständigt und nicht mehr auf punkt eins bezogen wird, wenn sich die gestalt als zeichen von der gestalt als sache entfernt. in einer welt der perspektiven und ansichten, der oberflächen und fassaden, des auftretens und der show wird dies aber fast zur regel. das welttheater wird zur theaterwelt. wir haben in den fünfziger jahren, nicht ganz so dumm, nach den schlechten erfahrungen mit dem begriff „image“ die begriffe „erscheinungsbild“ und „vorstellungsbild“ als ein zuzuordnendes begriffspaar eingeführt. wer über sein erscheinungsbild spricht, sollte über sein vorstel- lungsbild sprechen. das vorstellungsbild ist das bild da- von, wie man selbst aussehen möchte. das erscheinungs- bild ist die sichtbare form des vorstellungsbildes, seine konkretisierung in gebärden, verhalten, haltungen, pro- filen, linien, stilen, in farben und figuren, in handlungen und leistungen, in produkten und objekten. das vorstellungsbild hilft, daß man mit sich selbst zur deckung kommt, heute würde man sagen, daß man seine identität gefunden hat, mit sich selbst im reinen ist. das grundproblem jeder moral. das erscheinungsbild ist die ausformung und entfaltung dieser übereinstimmung. das büro aicher, das es seit 1946 gibt, war wohl das erste deutsche büro für grafikdesign, das sich mit visueller kommunikation im sinne des erscheinungsbildes befaßte. statt kunstvolle werbung anzubieten, hat es versucht, ästhetische qualitäten aus dem faktum der kommuni- kation abzuleiten, und dem subjekt, das sich mitteilen möchte, diejenigen zeichenelemente zu beschaffen, die zu seiner darstellung führen, zu seiner eigendarstellung. das büro aicher ist ein büro, das werbung nicht als ästhetisches geschäft versteht, sondern als teil der eigen- mitteilung eines unternehmens. diese kann damit nur teil eines umfassenden erscheinungsbildes einer firma oder einer institution sein. ursprünglich hat das büro werbung gemacht wie jede werbeagentur. das hieß schöne, interessante, wirksame, anzeigen mit hilfe besonderer aufmerksamkeitswerte. gewiß, das ist ein eigenes handwerk, das besondere krea- tive fähigkeiten voraussetzt, dabei geht es meistens leider um selbstanpreisung, die sich allerdings nicht allzugerne an der glaubwürdigkeit messen läßt. werbung ist meist weit hergeholt und spricht oft mehr an der sache vorbei, als daß sie auf sie zugeht. wie erreicht man eine glaubwürdige werbung? indem man werbung als teil der selbstdarstellung eines unter- nehmens versteht. so wurde das thema erscheinungsbild eines unterneh- mens zum eigentlichen arbeitsgebiet. ein ausgeprägtes erscheinungsbild hat den vorzug, sehr stark nach außen zu wirken, ohne daß man zur verbalen selbstanpreisung greifen muß. wir hatten ein neues arbeitsfeld gefunden neben werbung und grafik, auch wenn wir zunächst kei- nen begriff dafür hatten. noch heute ein klassiker ist das erscheinungsbild der firma max braun, die 1954 mit neuen modernen radio- geräten, küchengeräten und elektrogeräten herauskam, das büro aicher hat außerhalb des industriedesigns, außer der gestaltung der geräte alle visuellen elemente be- stimmt, was natürlich bedeutete, daß auch an den gera- ten einzelne elemente zu definieren waren, so die farben, die bedienungshinweise, die beschriftungen, stand und aussehen des firmenzeichens. ansonsten ging es um fest- legung und gebrauch von schriften und farben, die typo- graphischen richtlinien, die gestaltung von drucksachen, die definition bildlicher mitteilung, um ausstellungen und ausstellungssysteme, um schaustellung und schau- fenster, um das auftreten in der presse und in der öffent- lichkeit. das bild dieses unternehmens ist in der substanz bis heute erhalten geblieben, selbstverständlich vor allem geprägt durch das gerätedesign, das in korrespondenz und abstimmung mit dem grafikdesign entstand und sich auf gleiche prinzipien stützte. dies war vorwiegend gedankenarbeit. sie wurde in einer intensiven und permanenten diskussion zwischen unternehmen, dem designmanagement und den entwer- fern geführt. wobei die unternehmer in die philosophie der designer hineinkrochen und die designer in die philo- sophie der unternehmer. das äußere entstand aus dem inneren und das innere aus dem äußeren. da die philoso- phie am produkt geführt wurde, wurde das machen zur philosophie und die philosophie zum machen. es ent- stand sowohl ein bild wie auch eine haltung. sie mani- festierte sich in bis heute bestehenden freundschaften der damals beteiligten. der erfolg des unternehmens, ruht heute längst auf anderen schultern. unsere aufgabe war, eine plattform zu schaffen. design ist konkretisierte firmenphilosophie. sie zeigt das unternehmen nicht als kapital, besitz oder arbeit, vielmehr in seinen produkten oder dienstleistungen. man hat von den produkten eines unternehmens bisher gesagt, sie hätten auf der einen seite eine technische funktion, die ihre leistung bestimmt, auf der anderen eine formale, die ihre erscheinung festlegt. das ist ein falsches denken. wie sich auch der mensch nicht mehr länger in seele, körper und geist auseinanderdividieren läßt, ist auch immer das technische angebot als solches eine erscheinungsform, eine dimension des technischen an- gebots. design bringt die technische und ökonomische philosophie eines unternehmens ins bild, und das erschei- nungsbild des unternehmens wird gleichzeitig zu seinem charakter, bestimmt seine mentalität. der designer ist der philosoph des unternehmens, der, wie immer diese sein mag, sie wahrnehmbar in erscheinung bringt. das ist mit sicherheit etwas anderes als das, was man heute unter corporate identity versteht. kritisch formu- liert will corporate identity nutzanwendung ästhetischer moden und zeitströmungen im interesse von marktvor- teilen. man will auch den zeitgeist der ökonomie dienst- bar machen und ihn für die erreichung der unterneh- mensziele einsetzen. aber der zeitgeist liegt draußen, was sichtbar werden müßte, ist das, was innen liegt, im unternehmen selbst. nun ist jedes unternehmen dazu da, ökonomische ziele zu erreichen. die nationalökonomie der jahrhundert- wende, etwa bei werner sombart, hat dieses ziel dekla- riert als gewinnmaximierung. das darf man durchaus so stehen lassen. die frage ist nur, womit und wofür erreicht man diese gewinnmaxi- mierung? und da ist sofort design mitten im zentrum unternehmerischer entscheidungen und diskussionen. ein weiterer schwerpunkt meiner arbeit war das er- scheinungsbild der deutschen lufthansa ende der fünf- ziger jahre. bei ihr war allerdings der gestaltungsvorgang nicht ein solcher der chefetage. dazu war das unterneh- men zu groß und dem herkömmlichen system der arbeits- teilung unterworfen. es war nicht die gemeinsame in- tellektuelle und spekulative arbeit wie bei braun. der vorstand bestellte, entschied und ließ ausführen. das zeigte sich auch am resultat. dieses wurde zwar gut und besteht in der substanz bis heute, ein optimum war es nicht, wenngleich eine hervorragende eigene design- abteilung etabliert wurde. die vorstandsentscheidungen, waren, wie eben vorstandsentscheidungen zu sein pfle- gen, außerhalb einer eigenen kompetenz und abhängig von neigungen und launen der vorstandsmitglieder. das bedeutet eigentlich, daß originäres design, origi- näres erscheinungsbild nur in kleinen und mittleren unternehmen zur vollen reife entwickelt werden kann, selbst wenn bei einzelpersonen eines vorstands vielleicht mehr kompetenz vorhanden sein mag. das ist ein struk- turelles problem. unternehmen können nach plan geführt werden wie die bahn, die öffentlichen dienste. andere unternehmen haben eine digitale entscheidungsstruktur. man lebt von zahlen und führt nach zahlen. es gibt zahlen als daten und zahlen als leitlinien. das führt dazu, daß auch quali- täten in quantitäten ausgedrückt werden, die qualität eines unternehmens zeigt sich an den zahlen des wachs- tums, des umsatzes, des gewinns. die leistung eines mit- arbeiters zeigt sich in der gehaltsstufe, beziehungsweise die gehaltsstufe ist die einschätzung seiner leistung, ob es zutrifft oder nicht. die qualität eines produkts bestimmt sich aus der verkaufsziffer, ob das stimmt oder nicht. dieses digitale system ist das heute gängige system des wirtschaftens bei großunternehmen. die einführung des computers und die einführung mathematischer modelte in die wirtschaft hätten danach zu einer sicheren prognostizierung ökonomischer prozesse führen sollen, wie man anfangs glaubte. es war eine enttäuschung. auch wirtschaften ist ein analoger, ein wertender prozeß. man entscheidet nicht nach logischen schlußfolgerungen, nach rationalen zwängen und deterministischem kalkül, sondern nach einschätzung von lagen. die entscheidung reift nicht linear, sondern im betrachten eines feldes, im vergleich verschiedenster großen, die vielleicht nicht einmal alle unter einen hut zu bringen sind. man stellt relationen, beziehungen her, erkennt vernetzungen und muß ein balanciertes, nicht ein bilanziertes urteil fällen. wir haben alle einmal an die logik geglaubt, und wir haben lernen müssen, daß der gebrauch es ist, der brauch- bare einsichten freigibt. verständlich wurde uns dies auch am wissenschaftsprinzip der kybernetik. kybernetik ist eine wissenschaft der steuerung, nicht des planens. erkenntnisse reifen im regelkreis. in mittleren und kleineren unternehmen gibt es keine bürokratie im eigentlichen sinne. bürokratie ist die insti- tution der digitalen wirtschaftsführung. die analoge führung geht von der wahrnehmung aus, von der eigen- mächtigen bewertung von sachlagen als komplexen situa-, tionen. nur die analoge betrachtungsweise ist umfassend und vielseitig genug, komplexe situationen zu verstehen und zu bewerten. die lufthansa war zu groß, um design zu einem eigen- betrieblichen gegenstand zu machen. sie hat es einge- kauft und auch entschieden, wie man über eingekauftes entscheidet. trotzdem war das resultat akzeptabel. das unternehmen war, was sein erscheinungsbild betraf, in einem schrecklichen zustand gewesen, vom niveau hausbackener gebrauchsgrafik. das flugzeug war mehr werbeträger und war, bildlich gesprochen, angezogen wie ein jahrmarktsverkäufer. unsere idee war, das flugzeug selbst als technisches gerät und in seiner technischen erscheinungsform zum gegenstand einer unternehmenspräsentation zu machen. wir benützten nur die beiden hausfarben der lufthansa, eleminierten alle schmuckfarben, zierlinien und embleme. statt einer kombination von schriftzug und einem mar- kenzeichen genügte uns der schriftzug, das logogramm. das zeichen wurde zurückgenommen, was aber der vor- stand nicht mittrug. das blau erschien in einem technisch orientierten band, das die fensterreihe des flugzeugs zusammenschloß, gelb war das gesamte leitwerk. auch diese chance, eine eindeutige unternehmensspezifische farbe auf den flughäfen zu etablieren, wurde nicht an- genommen. es kam zum blauen leitwerk mit dem gelben zeichen, das „spiegelei“ war geboren, noch heute eine peinlichkeit. unsere vorstellung, daß das vertrauen in eine flug- gesellschaft zuerst über das gerät und die ausstrahlung technischer kompetenz kommen müsse, was auch eine klare markierung der dienstleistungen und der organisa- tion beinhaltet hätte, wurde nur bedingt akzeptiert. wie lang lebt ein solches visuelles erscheinungsbild? das der firma braun besteht noch heute nach bald drei jahrzehnten. ebenso existiert noch das der lufthansa. da man bei ihr aber nicht bis zu einem eindeutigen kon- zept durchgedrungen war und sich entscheidungslaunen unterworfen hatte, kam die konkurrenz an den eigenen standard heran und überholte ihn sogar. ende der sieb- ziger jahre machten wir vorschlage zu einer modifikation des gesamtkonzepts. mit wenigen maßnahmen wäre es möglich gewesen, das erscheinungsbild aufzufrischen, das unternehmen jünger und kompetenter zu machen. wir griffen auf die philosophie des anfangs zurück. später las ich auszüge aus dieser philosophie in der presse als aussagen eines neuen vorstandsvorsitzenden, dem eine änderung des bisherigen erscheinungsbildes als, ausweis neuer aktivitäten genehm war. neue besen kehren gut, und also holte er sich ein neues designteam. unternehmen für corporate identity wuchsen in den 70ern wie pilze aus dem boden. werbeagenturen ent- deckten hierein neues betätigungsfeld und näherten sich unserem konzept, daß werbung nur aspekt eines umfassenden vorstellungs- und erscheinungsbildes eines unternehmens sein könne. wirtschaftsjournalisten, die sich gerne mit kunst und ästhetik befassen, walzten das thema aus, und überall sprach man von corporate iden- tity, firmenkultur und corporate design. verstanden wurde dies aber als eine art einkleidung, als ein besuch beim couturier oder beim haartrachtinstitut, das auch toupets bereithält. die sache degenerierte zur kosmetik, begünstigt durch ein neues designkonzept, das in der gestalt eine dekorative zutat nach zeitgeist und zeit- geschmack verstand. das produkt sollte die zeit symbo- lisieren. aber was ist die zeit? auch die lufthansa sollte ein neues kostüm erhalten. eine art kanarienvogel wurde geboren. es gab einen auf- stand, die sache wurde abgeblasen. aus einer auffrischung wurde nichts. geblieben ist nun eine konzeptionslosig- keit, das unternehmen verliert, wie man sehen kann, sein profil. auch hier ist ein hinweis zu sehen, und deshalb wird das beispiel erwähnt, daß ein erscheinungsbild ein inhalt- liches konzept, eine eigene firmenphilosophie braucht, die entwicklung eines vorstellungsbildes. mit dem anmes- sen eines neuen anzugs wird man kein besserer mensch. aus diesem grund hatten wir es einmal abgelehnt, entwürfe für ein neues erscheinungsbild von BMW zu machen, weil hier die produktphilosophie des überschnel- len, überstarken autos, das sofa als rakete, im wege ge- standen hätte. dazu hätte einem etwas ebenso puber- täres und fetziges einfallen müssen, das aber nicht mehr in unsere heutige verkehrswirklichkeit gepaßt hätte. bei vorüberlegungen zum auto des nächsten jahrzehnts zeig- ten sich divergenzen. das auto ist zudem ein anbetungs- gegenstand, der auch eine art altardesign braucht. dies sind einige fälle. zu jedem entwurf, den wir im laufe der jahre entwickelt haben, ließe sich prinzipielles sagen, was deutlich machen mag, daß das erscheinungs- bild eines unternehmens in all seinen erkennbaren formen mehr ist als verschönerung oder beteiligung an aktuellen kulturströmungen. man kann ein erscheinungsbild nie aufsetzen, man muß es aus der sache selbst heraus ent- wickeln. einem verlag haben wir so eine deutliche und wirkungsvolle ausstattung gegeben, indem wir intensiv darüber nachdachten, was typographie heute ist. in eini-, gen fällen haben solche untersuchungen den umfang von büchern angenommen, die zum teil auch veröffentlicht wurden. es entstand ein buch über autos, über kochen, über typographie. für die firma ERCO arbeiten wir über mehr als ein jahr- zehnt. das resultat entspricht in der eigenbewertung dem sachverhalt, daß es ebenfalls ein mittelständisches unternehmen ist, ein familienbetrieb mit einer firmen- leitung, für die design und gestaltung sogar die ent- scheidende ökonomische motivation geworden ist. das unternehmen verdient sein geld mit seiner immensen aktivität für design und benutzt design nicht als schmuck und schöne verkleidung. die gestalt der produkte ist identisch mit ihrer technischen funktion. oder sollte es werden. man ist hier nie fertig, wenn man die maßstäbe der identifikation von gestalt und technik hoch ansetzt. das unternehmen und der kreis der partner ist so über- schaubar, daß ein gespräch möglich ist, wo sonst beauf- tragungen stattfinden. eine klassische kompetenzzuweisung ist aufgehoben. unternehmer, ingenieure, produktdesigner, architekten und grafiker sitzen am selben tisch. dies ist nicht im sinne von gleichzeitigkeit zu verstehen, obwohl der kreis oft größer ist, sondern im sinn von innerer beteiligung. jedes thema geht alle an, auch wenn die zuständigkeiten unterschiedlich sind. ausschlaggebend ist nicht die res- sortkompetenz, sondern das bessere argument, der bessere vorschlag, die bessere begründung. die oberste instanz, ganz wörtlich zu nehmen, die höchste einrichtung der ganzen werksanlage, verbunden nur mit einer wendeltreppe, ist ein runder tisch. dieser runde tisch ist älter als der, den die polen erfunden haben, nicht einmal der unternehmer hat statusautorität, er verdankt seine stellung seinem argument und seinem bewertungsvermögen. es entspricht der leidenschaft, mit der er sich seiner sache annimmt. ich kenne die deutsche industrie, ihre manager. es stehen welten zwischen ihnen, was die art der führung betrifft. für mich gilt, was das resultat meiner arbeit und die methode meines arbeitens angeht, daß ich nur so gut bin wie mein partner. die olympischen spiele in münchen wären nie das ge- worden, was sie waren, trotz terroraktion und blutbad, wenn es nicht einen außergewöhnlichen präsidenten des organisationskomitees gegeben hätte. ich habe von ihm nie erwartet, daß er mir sagt, wie die mittel sein sollen, die wir zu verwenden hätten. das war unsere sache. aber wir haben in ständigem dialog bis in begriffsbildungen, und formulierungen von thesen hinein definiert, was das ziel des ganzen sein möge, welche generelle absichten man entwickeln sollte, welches vorstellungsbild anzu- streben wäre und welchen erlebnisgehalt wir vermitteln möchten. sportliche daten, sagte willi daume, sind bald vergessen, das erlebnis zählt. in meiner philosophie aus- gedrückt: olympische spiele sind ein analoges, nicht ein digitales ereignis. man nimmt mit, was man sieht und was die eigene bewertung bestimmt, die erlebnisform. die zahlen vergißt man. wir haben ludwig wittgenstein zitiert und wilhelm von ockham, um zu präzisieren, daß wirklichkeit eine kommunikative leistung ist. es gilt eben nicht mehr: hier ist die wirklichkeit, hier sind dinge, hier ist die technik und dort sind worte, bilder lediglich als abbilder. die dinge existieren, sind da in ihrer erscheinung selbst. welche farben wir zu wählen hatten für diese farbige veranstaltung, war damit keine frage des geschmacks oder der anlehnung an einen trend, sondern eine frage des arguments. wir konnten präzise sagen, warum die farbskala so aussehen mußte und nicht anders, wir hatten eine philosophie entwickelt. die umsetzung in konkrete entwürfe war eine sache für sich, aber sie war nicht denk- bar ohne eine umfassende arbeitshypothese und ein um- fassendes programm. aber auch hier gilt: so groß die veranstaltung war, so klein war die mannschaft der verwirklichung. es war ein überschaubares unternehmen, etwaszusammengestückelt und vielleicht nicht so zusammengewachsen wie bei einem unternehmen wie ERCO. was halten sie von corporate identity? wird klaus jürgen maack gefragt, nicht viel, nichts, sagt er. und er weiß, wovon er spricht. das sagt er nicht kritisch, weil er einwände gegen verkleidungsmethoden hätte, sondern aus der erfahrung des praktizierten vorgehens heraus. bei einem unternehmen, bei dem soviel gedacht und bedacht, entworfen, entwickelt und verworfen wird, frage ich, welche farbe für dieses unternehmen stehen könnte. und ich frage meine gesprächsteilnehmer, ob sie farbig träumen oder schwarzweiß, ob sie farbig denken oder schwarzweiß. auch die natur des lichts führt mich zu einem kontrast von schwarz und weiß, von lichtquelle und schatten, von hell und dunkel. wir legen uns im farbklima des unternehmens fest auf eine skala von grau, zwischen schwarz und weiß. dies auch, obwohl das weiße licht die quelle aller farben ist, die wir wahrnehmen, durch die brechung von lichtstrahlen. gelegentlich lassen wir auch farbe gelten., in einem anderen fall, wo wir uns ebenfalls auf eine grau- reihe festgelegt hatten, bei einem versicherungsunter- nehmen, haben wir farbe ganz gestrichen, es gibt nicht einmal die farbfotografie, die wir im fall etwa der olym- pischen spiele sogar als alleinige bilddarstellung zuließen, was absolut neu war, und nicht nur das, sondern auch höchst anspruchsvoll. seitdem sind alle fremdenverkehrs- prospekte farbig. wir genießen indessen wieder die klare winterlandschaft und intelligenzlandschaft von wissen- schaft und technik. intelligenz und moral haben keine farbe. ich habe in meinem leben einige farben erfunden. natürlich habe ich sie nicht als solche erfunden, alle far- ben, die wir sehen, sind da. aber wir sehen nur die farben, die wir in unserem bewußtsein haben, die wir benennen können. wir sehen nur das, was wir wissen und kommuni- kativ als informationsgegenstand benennen können. erst seit dem empire gibt es die farbe türkis. man kannte sie im mittelalter nicht, obwohl matthias grünewald im heiligenschein des auferstehenden christus türkis fast getroffen hat. im bereich von grau haben wir zwei farben erfunden. eine ging als greige in die farbsprache ein und wird auch im kaufhaus etwa bei der bezeichnung von damen- strümpfen benutzt. es ist eine mischung von grau und sandfarbe. im graubereich gibt es unzählige farbtöne, mehr als bei den buntfarben. man kann hier schwärmen, muß nicht angst haben vor dem despektierlichen grau in grau, das andere grau heißt vlau. das wort hat sich noch nicht durchgesetzt, ich bin sicher, es wird kommen, denn diese farbe ist die aufregendste am ende des zwanzigsten jahrhunderts, kürzlich hätte ich gerne ein verwaltungs- hochhaus in tokio in dieser farbe gesehen. die amerika- nische firma, die die verkleidung liefert, konnte sie aber nicht herstellen. beide grautöne haben beim erscheinungsbild der firma ERCO eine rolle gespielt. das unternehmen sieht licht und leuchten in starker relation zur heutigen architektur, zur beleuchtung von räumen allgemein. das war ursprünglich eine architektur der klassischen moderne von mies van der rohe bis zu dem immer noch agierenden harry seidler oder den vertretern eines formalen, geometrischen ge- staltkonzepts. mies van der rohe war sehr interessiert an der ausstrahlung seiner architektur auch bei nacht. er hat nicht einfach licht installiert, sondern wände oder böden als leuchtflächen anstrahlen lassen. seiner travertin- und bronzewelt etwa beim seagram building entsprach ein bräunlicher farbton. am anfang, unserer zusammenarbeit mit ERCO bevorzugten wir also ein bräunliches grau, unser greige. dies dort, wo wir einen allgemeinen hintergrund für bildliche darstellungen, für fotografische oder gezeichnete darstellungen von pro- dukten benötigen. dieses grau ist inzwischen gestorben. das hat nach außen vielleicht niemand bemerkt. wir selbst aber sind sicher und überzeugt, daß dies für ERCO heute eine fal- sche farbe wäre. architektur ist, sieht man von ihren temporären modi- schen erscheinungen ab, wo alles einmal rosa oder him- melblau ist, heute viel spekulativer, konstruktiver, tech- nischer, rationaler, funktionaler als die kunstarchitektur der einfachheit und der ästhetischen reduktion von kreis, quadrat und dreieck. piet mondrian ist kein impuls mehr für architektur. eher ein baukran, eine hängebrücke, ein motor. architektur wird heute, wir hoffen es wenigstens, gedacht, sie wird entworfen, konstruiert, nicht mehr zuerst gefühlt oder in beziehung gestellt zu historischen ästhetischen vorbildern. das bedeutet, daß man seine grauskala zu ändern hat, vom greige zum vlau, vom fühlen zum denken. vlau ist eine kombination von lila und grau. blau und violett sind ein spiritueller bereich. der himmel ist blau, die dämmerung ist bläulich wie die sehnsucht und der perspektivische traum. beethoven musiziert in vollfarben, mozart in tönen und vielfach in einer grau-blauen stim- mung. das grau, das wir meinen, ist nicht neutral. es ist elektrisiert. so gibt es bei ERCO heute eine andere grauskala aus dem bemühen, form und vorgang zur deckung zu bringen. das unternehmen hat sich geändert. die relation von licht und architektur ist eine andere. architektur ist bei tag wie bei nacht durch licht. dunkle architektur gibt es nicht. welches licht und welche leuchten braucht die heutige architektur? das ist ein problem, das am ende auch zu der entscheidung führt, daß wir nun vlau statt greige zu nehmen haben. und es ist nicht auszuschließen, daß wir auf der suche nach einer adäquaten entsprechung von wollen und sollen ein neues grau erfinden werden. vor- erst sind wir mit vlau zufrieden und sehen ein großes feld seiner bestätigung. auf ähnliche weise denken wir ständig über alles nach, das logogramm ist eine simple ästhetische erscheinung, eine einfache antwort auf einen hohen, komplexen an- spruch. wir wollten licht in typographie umsetzen. und zwar gewissermaßen wirklich, nicht symbolisch., eine symbolische lösung wäre gewesen, nach etwas zu suchen, das eine art lichtquelle, eine lampe darstellt, viel- leicht die sonne, wie es viele tun, die einer beleuchtungs- firma ein image zu verschaffen haben. nein, wir wollten licht als struktur, und wir wollten licht in seiner erschei- nungsform als typographie, in der folge von buchstaben. wir wollten das medium wiederherstellen in seiner kom- munikativen form, licht als schrift. im fachjargon würde man sagen: man hat eine syntak- tische, nicht eine semantische lösung gesucht. syntak- tisch heißt, daß es um eine strukturelle affinität geht, nicht um einen symbolischen, mehr oder weniger an den haaren herbeigezogenen bildvergleich. weder die betenden hände von dürer noch die himmel- stürmende architektur der gotik sind ein symbol der reli- gion. kierkegaard hätte eher ein symbol der einsamkeit gewählt. das logogramm von ERCO ist, wie wir finden, eine klare aussage. wir sehen keinen grund, es in frage zu stellen, sosimpel es ist. im design sollte man keine angst vor den allereinfachsten lösungen haben, wenn sie die sache tref- fen. nur der schmuck und das dekor betreiben aufwand. das für grafiker bedeutendste beispiel eines emblems ist der rote punkt auf einem weißen feld, das zeichen für japan. da ist nichts wegzunehmen, nichts hinzuzufügen. auch wenn es einfacher nicht mehr geht. wir bewegen uns hier im bereich von zeichen und zei- chenfunktionen. aber sprache besteht nicht aus worten, sondern aus sätzen, die aussage ist die kleinste einheit des denkens. man muß eine korrelation von mindestens zwei elementen herstellen, um eine aussage machen zu können. ein wort ist stumm. die welt besteht aus sach- verhalten, sie bilden sich ab in aussagen, in sätzen. und ein unternehmen möchte sich nicht nur zeigen, sondern sprechen. es möchte sich artikulieren. vor allem, wenn es nicht nur produkte verkauft, die als solche da- stehen, sondern produkte, die etwas tun, etwas leisten, für prozesse eingesetzt werden, einen dynamischen sta- tus haben. wenn man einem unternehmen, das sich mit- teilen möchte, einen artikulationsraum verschaffen will, so genügt es nicht, nur worte zur verfügung zu stellen, nur zeichen zu entwickeln. man muß eine sprachform schaf- fen, die visuelle und verbale sprache des unternehmens. auch für die verbale sprache genügt es nicht, nur über gutes deutsch nachzudenken, man muß in das bewer- tungsfeld guter kommunikation vordringen. im feld der visuellen sprache bewegen wir uns auf unentdeckten ter- ritorien. wie ist die zeichensprache eines unternehmens?, hier fühlen wir uns wie adam im paradies, der den dingen namen gab. das unternehmen informiert über produkte, über ihren gebrauch, über ihre zusammensetzung, über ihre be- stückung, über ihre wirkung, über die berechenbarkeit ihrer wirkung, über aufwand und nutzen, über an wen- dungsgrenzen, über verträglichkeit, über energiever- brauch, schließlich auch noch über preis und kosten. wie sagt man das? das nachdenken darüber führt zu einer eigenen unter- nehmenssprache. sie ist so eigenwillig und autonom wie aramäisch gegenüber türkisch. glücklicherweise haben visuelle sprachen eine höhere internationale verständ- lichkeit als verbale sprachen, was bedeutet, daß das bild einen vorrang bekommt vor dem wort, ganz im gegen- satz zu unserer heutigen informationskultur. diese sprache stellt sich dar in unterschiedlichen me- dien. ERCO hat sogar eine eigene, periodisch erscheinende zeitschrift. diese sprache stellt sich dar in verschiedenen layouts. das layout einer reportage ist anders als das lay- out eines katalogs, und diese sprache stellt sich dar in einer bestimmten fotografie, in einer bestimmten philo- sophie der bildlichen darstellung. es sind nur ganz be- stimmte fotografen, die zugang zum unternehmen haben. vier kriterien für die auswahl der fotografie: – einem foto darf man nicht ansehen, daß es gestellt, gemacht oder manipuliert ist. es kann nur glaubwürdig sein, wenn sich der fofograf aus dem bild zurückzieht. – ein foto darf kein kunstwerk sein wollen, also nicht als selbstzweck auftreten. was zählt, ist die annäherung an dasabzubildende. – ein foto darf nicht verfremden, fotografie ist kommu- nikative mitteilung. sie muß genau sein, indem sie den moment trifft. – ein foto ist eine abbbildung von sachverhalten, es muß eine sache in ihrem verhalten zeigen. es muß prozesse festhalten, vorgänge, entwicklungen, werdegänge. diese prämissen klingen nicht sonderlich anspruchs- voll. indessen gibt es nur wenige fotografen, die ihnen gerecht werden. das allerselbstverständlichste zu reali- sieren, wird auch hier zur kunst. unsere welt hat so merk- würdige züge angenommen, daß es schwierig wird, eine gute flasche wein zu erwischen oder ein gutes schwarz- brot. oder ein gutes bild. die meisten fotos sind gewollt, ehrgeizig, auftrump- fend, werfen sich in pose, machen sich schön. die entwicklung einer visuellen sprache ist ein kom- plexer vorgang, und die diskussion darüber ist innerhalb, der firma bis zum heutigen tage nicht abgeschlossen. wir sind uns ziemlich sicher, wie die aussagen über ein einzel- nes produkt auszusehen haben, aber offen sind wir in der frage, wie ein produkt in der werbung, in der öffentlich- keit in erscheinung treten soll. die ansichten gehen aus- einander. aber einsichten entwickeln sich aus der artiku- lierung unterschiedlicher standpunkte und bewertungen. das ist indessen kein kampf um positionen, es ist eine auseinandersetzung um fragen, für die es noch keine antworten gibt. auch ein unternehmen kann an der vor- dersten linie kultureller entwicklungen stehen, etwa bei der frage, welche visuelle sprachen zu entwickeln wären, um das verbal nicht aussagbare zu treffen. vor allem geht es um die vermeidung falscher töne. verantwortlich für die visuelle sprache bei ERCO ist ein mann aus dem koh- lenpott, der jedem kumpel anmerkt, ob er aufdreht, auf- macht und angibt. unser büro hat erwiesenermaßen viel getan zur ent- wicklung neuer visueller sprachen neben der verbalen mitteilungsform. die piktogramme des flughafens frank- furt und der olympischen spiele sind zu einer internatio- nalen zeichensprache geworden, die uns selbstverständ- lich geworden ist. vor einigen jahrzehnten hat es sie nicht gegeben. man mußte sich seine informationen hauptsächlich durch lesen aneignen. dies können nur hinweise sein, auf welches terrain man sich begibt, wenn ein unternehmen danach sucht, eine übereinstimmung zu finden für das, was sein sollte, und das, wie es aussehen könnte, das, was man zu sagen hat, und die frage, wie es herüberkommt, wie es aussieht. das visuelle erscheinungsbild eines unternehmens kommt aber nicht um die frage herum, wie es auch nach innen wirkt. meistens blickt man nur auf die außenwir- kung. man mag es vielleicht nicht glauben, aber es ist so: alle werkzeugmaschinen der firma ERCO wurden umge- strichen oder werden es noch. es ist eine neue arbeits- welt entstanden. weg von der fabrikanlage, hin zum labor. weg von der kraft, hin zur intelligenz. das unternehmen liefert nicht auffällige lösungen für lichtquellen, schöne lampen, so etwas wie technische sonnen oder technische monstranzen, sondern intelli- gente lösungen für lichtbedürfnisse. also müssen auch die mitarbeiter in einem umfeld der intelligenten stimu- lation arbeiten. die arbeitsräume bei ERCO gehören nicht mehr der alten fabrik an, auch nicht der so schön bunten, in der man angeblich so gern arbeiten soll. dies führt auch zur frage der übereinstimmung von architektur, der eigenen bauten, mit der unternehmens-, kultur. die fabrikanlagen von ERCO stammen aus ver- schiedenen zeiten und verschiedenen unternehmens- konzepten. jedesmal, wenn neu gebaut werden muß, stellt sich neu die frage: wie soll das aussehen? natürlich kann man einen architekten berufen und ihn bitten, eine beste eigene lösung anzubieten, analog seinem ruf und seiner methode, den geist der zeit zu erfassen. bei ERCO geht das nicht. die frage ist: welche erschei- nungsform entspricht der unternehmenskultur in diesem moment, welche erscheinungsform entspricht der design- konzeption, der kommunikationskultur? architektur ist ein teil des erscheinungsbildes. und also besprechen am runden tisch auf dem höchsten punkt des unternehmens die verschiedensten leute die kriterien einer angemessenen selbstdarstellung in den bauten. man wählt einige mögliche architekten aus, bittet sie um vorstellung ihres denkens und konfrontiert sie mit dem programm, sowohl was die bauaufgabe wie auch die bauerscheinung betrifft. der vorsitzende formuliert einige prämissen, erklärt die zu erwartende haltung. im jüngsten fall fällt ihm die formulierung ein, sein bauwerk sollte ein „overall für ein technisches zentrum“ werden, eine vom unternehmen her gesehen schöne und sympathi- sche formulierung, die sogar geeignet ist, die architektur- theorievon heute zu befruchten, die es mehr mit anzügen und nadelstreifen zu tun hat. inzwischen, nach abschluß der bauaufgaben, ist auch der architekt ein freund des hauses, nicht nur der bedankte auftragsempfänger. er ist verstanden worden als jemand, der mitdenkt, mitdenkt im unternehmensmaßstab: welche architektur entspricht dem status der firma? eine konventionelle betrachtung des begriffs corpo- rate identity würde nun nach grafischen dementen fragen wie schriftbild und typographie. das kann hier unterbleiben, denn selbst schrift ist nicht die anwendung des letzten schreis. sie ist ein durchaus bedenkenswerter gegenstand außerhalb design-modischer betrachtung. inzwischen wurde das problem so durchgewalkt, daß man zur entwicklung neuer schrifttypen gekommen ist, weil sich auch in der schrift eine fortgeschrittene posi- tion des designs manifestieren könnte. das ist im fluß. vielleicht zeigt sich ERCO morgen mit einer neuen haus- schrift. design ist der lebensvorgang eines unternehmens, wenn sich absichten in fakten und erscheinungen kon- kreteren sollen. was man will, soll erscheinung werden, dazu bedarf es des technischen angebots, vor allem aber der form, wie dieses angebot zur erscheinung kommt., design ist neben der nackten zahlenökonomie die sub- stanz des unternehmens. es ist nicht ein mäntelchen. es ist das zentrum der unternehmenskultur, der innovativen und kreativen beschäftigung mit dem unternehmens- zweck. die werkstatt, in der dieses geleistet wird, ist auch das medium, aus dem die unternehmensphilosophie wächst. es war kühn, zu formulieren: „wir machen keine lampen, wir machen besseres licht.“ das heißt, wenn bisher leuch- tenfirmen schöne lampen gemacht haben vom kronleuch- ter bis zur tulpenlampe oder zum modern gestylten spot à la hollein oder sottsass, so will ERCO leuchten herstellen, die eine lichtaufgabe haben, aber eben nicht als zusam- mengeklemmtes technikprodukt, sondern als technische anmutung, die auch den empfangssaal des japanischen kaisers nicht zu scheuen bräuchte. besseres licht, nicht lampen. oder lampen für besseres licht, das ist ein unternehmenskonzept. es wäre auch, entsprechend umformuliert, ein konzept für industrielle fertigung überhaupt. nicht das produkt zählt, sondern seine dienstleistung, seine entfaltung, sein gebrauch. und das produkt sollte kein selbstzweck der erscheinung sein, sondern das bild seiner aufgabe. dieses zu finden ist ein stück kultur. der traum eines heutigen designers ist, ein auto zu machen. aber werden autos so bedacht, als objekte, die sich aus ihrem zweck ergeben? als elemente von ver- kehrssystemen? sie sind noch immer die hochgestylten prestige-demonstrationen, die bewertet werden außer- halb ihrer funktion im heutigen verkehrsgeflecht. sie sind träume. ihre erscheinung ist nicht die erscheinung ihrer selbst, weil dies die erscheinung ihrer aufgabe wäre. sie sind symbol. zum teufel mit dem symbol. zurück zu den sachen. das wort symbol darf aus dem wortschatz gestrichen werden. die kunst mag sich dem symbol zuwenden, eine menschlichere welt mit den intelligenzangeboten, die wir zu leisten haben, muß bei der sache bleiben., der freiraum des grafikers der grafiker hat einen der letzten freien berufe, die nicht in das korsett eines berufsbildes und damit von normen und richtlinien eingezwängt sind. es gibt keine laufbahn, bei der ihn der staat mit prüfungen und kontrollen, damit natürlich auch mit urkunden und preisen, mit auszeich- nungen und titeln begleiten könnte. der grafiker ist ein grafiker. er ist das, was er kann. schon bei architekten ist das anders. ein architekt will nicht nur gut bauen, er will auch baurat, oberbaurat, regierungsbaurat oder professor werden. und das erreicht er nur, wenn der staat sagen darf, wie architektur als beruf zu verstehen ist. der staat verleiht allein titel und ränge. heute ist der beruf des architekten als solcher ge- schützt, bauen kann nur, wer den titel des architekten trägt. und den verleiht der staat. noch vor zwanzig jahren durfte jedermann sein haus selber bauen. er mußte den nachweis erbringen, daß es der bauordnung entspricht und nicht einfällt. damals konnte ich die bauten von rotis selber zeichnen. der kreisbaumeister hat sie ohne umstände bewilligt. als ich kürzlich eines der häuser ver- größern mußte, in derselben machart, wie sie gebaut sind, mußte ich einen architekten nehmen, das genehmigungs- verfahren lief über stadt und kreis bis zum regierungs- präsidium. das ganze wurde abgelehnt, ging nochmals seinen instanzenweg und wurde schließlich genehmigt, zeitaufwand ein jahr. grafiker ist man durch sein können. grafiker haben keinen titel, sowenig wie der schriftsteller oder rock- sänger. es gibt keinen unter- oder oberschriftsteller, keinen dr. literat. und schriftstellerprofessor ist, wenig- stens bislang, ein unding. es ist eher umgekehrt: wer einen titel vorweisen wollte, auf dem briefkopf, auf der visitenkarte, auf dem buchtitel oder auf dem türschild, wird nicht ganz ernst genommen. er gerät in den verdacht, seinen rang vor sein können stellen zu müssen. selbst auf dem türschild von thomas mann, der schon auf rang und namen achtete, stand schlicht: thomas mann. noch erscheint uns die klassifizierung eines schrift- stellers durch den staat eine verballhornung der kultu- rellen freiheit. ein schriftsteller mit einem staatlichen titel wäre eine lächerliche figur. aber seien wir vorsichtig: der staat ist bereits daran, zunächst mit ehrentiteln, ein- fluß auf die klassifikation der literatur zu nehmen. und, es gäbe schon den einen oder anderen schreiber, der sich im rahmen staatlicher hierarchisierungen in form eines berufsbildes zum ober- oder regierungsschreiber allein schon aus dem grund machen ließe, weil dann alle seine finanzprobleme gelöst wären. er könnte beamter werden. in der musik ist die verflechtung von beruf und staat wesentlich enger als bei der architektur. wer ist schon noch ein freier musiker? gerade noch die klavierlehrerin um die ecke. warum soll das in der literatur ausgeschlossen sein? wie für den baurat, oberbaurat, regierungsbaurat oder professor gäbe es dann fest kalkulierbare gehaltsstufen. warum müssen schriftsteller, würde der kultusminister sagen, bis an die grenze des selbstmords am existenz- minimum herum schreiben wie ein rilke, musil oder trakl? inzwischen wird es auch langsam sitte, daß autoren bei büchern nicht mehr nur mit ihrem namen erscheinen, sondern auch mit ihrem titel. friedrich schiller war pro- fessor für geschichte, aber er hätte sich der lächerlich- keit preisgegeben, seine maria stuart anzukündigen unter „professor friedrich schiller“. nicht einmal den hin- weis auf eine akademische lehrtätigkeit hätte er sich erlauben können, ohne in den verdacht zu geraten, auch als freier dichter in einem sold zu stehen. (was er ja wirk- lich tat, siehe seine entwicklung von den räubern zu wallenstein.) auch maler, kunstmaler stellen sich, geht man von ihren briefköpfen aus, neuerdings nicht mehr unter ihrem namen dar, sondern unter ihrem vollen titel. aber was wäre uns ein professor michelangelo oder ein professor picasso. le corbusier hat den professorentitel ausge- schlagen, weil er eine nase dafür gehabt haben muß, daß seine antiakademische architektur, seine architektur des freien persönlichen entwurfs damit den segen der offi- zialität erhalten hätte, zweitrangig geworden wäre, eben akademisch. titel mindern in diesen bereichen die würde des autonomen machens und die eigenständigkeit der kreativen antriebe. sicherlich ist es kein besonderes verdienst von grafikern, wenn sie noch kein vom staat offizialisiertes berufsbild und also noch keine urkunden und titel haben. wahr- scheinlich wurden sie bislang einfach vergessen. und es arbeiten auch schon viele daran, daß das anders wird. auch ein grund, den freiraum auszuschöpfen, der einem gegeben ist, wenn man seine arbeit nur in seinem eigenen namen macht. das ist indes nicht nur eine frage der kulturellen würde, nämlich seine arbeit als freie, unabhängige, ungebundene,, nicht-abhängige, nicht-organisierte person zu tun, allein nach den eigenen maßstäben des denkens und empfin- dens, das ist auch eine frage der effizienz. mein arzt, dem ich über viele jahre verbunden bin, führte neulich eine bittere klage über die aushöhlung seines berufes. er ist ein angesehener mann in einem krankenhaus. früher, sagte er, habe er sich voll seinen kranken widmen können. er hat krankheit als ein problem von personen verstehen können, von einzelnen schick- salen. heute ist die hälfte seines berufes ausgefüllt mit dem nachweis, daß er normen und richtlinien erfüllt, er ist ein knecht von ständig neuen direktiven und muß sich dauernd in die sprache neuer formulare hineinlesen. als ein angesehener arzt muß er sich von angestellten einer krankenversicherung sagen lassen, er habe wegen nicht korrekter bearbeitung formulare neu auszufüllen. mein beruf ist tot, sagt er. ich habe keinem meiner kinder geraten, arzt zu werden, medizin ist ein perfektes system von normen und auflagen, leistungen und kontrollen, transformationen und übersetzungen geworden, eine supermaschine, bei der der arzt, der einmal die krone der medizin war, nur noch ein rädchen ist. gewiß, er hat noch einen spielraum, aber der dient der anpassung, nicht mehr der kreativität, der initiative und der problemlösung. das sagt zweierlei. einmal hat man, ganz vordergründig gesehen, weniger zeit für das, wofür man da ist. und zum anderen hat sich die qualität der eigentlichen arbeit ver- ändert. man ist kein freier arzt mehr, sondern ein beob- achteter, kontrollierter. das ist im übrigen nicht nur eine erscheinung des staat- lichen gesundheitswesens, das ist in den universitäten nicht viel anders, und wer sich in den zentral geleiteten großorganisationen der wirtschaft auskennt, kann ein lied davon singen, wohin die bürokratisierung führt. noch sind grafiker frei. sie leben in der freien luft des wirklichen könnens. die stimulation ihrer arbeit kommt aus ihrem eigenen tun. selbst ein malermeister, ein an- streicher hat seine ausbildungsnormen, ist auf leistungs- nachweise verpflichtet, muß die stufen seiner beruflichen entwicklung durch prüfungen und offizielle leistungs- nachweise belegen, was übrigens zwangsläufig die ein- gesetzten prüfer als staatliche verwaltungsorgane weit- aus bedeutsamer erscheinen läßt als den malermeister selbst. möglicherweise würde das malergeschäft auch von selbst florieren, ohne staatliche aufsichtsorgane. inzwi- schen kann ja bald jeder selbst sein zimmer tapezieren oder anstreichen, wo aber bliebe dann die behörde? wo, bliebe der anspruch des modernen staates, alles regulie- rend zu ordnen, hin bis zu unserem geschichtsbewußtsein? noch ist der grafiker durch keinerlei formulare, nor- menhefte, berufsbeschreibungen und das entsprechende überprüfungspersonal eingeengt. er muß zurzeit nicht einmal einer berufsorganisation angehören. noch nicht. jeder kann sich grafiker nennen. unser beruf steht allen menschen offen. das ist fast ein erhebendes gefühl. wo gibt es das noch? aber schon will der staat wissen, ob man ein qualifi- zierter grafiker ist, wenn man etwa den anspruch erhebt, in die steuerklasse der freiberufler eingestuft zu werden. hier fängt das problem bereits an. der staat glaubt nicht, daß man grafiker ist, wenn man von sich selbst behauptet, man sei grafiker. was ein grafiker ist, davon hat er qua selbstverständnis keine ahnung und will auch keine ahnung haben. er könnte es nur glauben, wenn man eine offizielle prüfung bestanden hat oder irgendeine offi- zielle bestätigung vorlegen kann. wenn man den beamten bücher vorlegt, in welchen über die eigenen grafischen arbeiten geschrieben wird, so weisen sie das von sich. der staat will nicht verstand haben, er will korrekt sein in der bewertung seiner vorschriften. und wo es keine vor- schriften gibt, kann man auch nicht über ihre erfüllung urteilen. glücklicherweise gibt es neuerdings auch vom staat bestellte professoren, die lehren, was grafik eventuell sein könnte. wenn diese ein urteil gegenüber einer be- hörde abgeben, wird es gerade noch akzeptiert, meistens verbunden mit dem hinweis, daß dies ja mehr oder weni- ger ein subjektives urteil sei. wo bleibt denn das staatlich bescheinigte berufsbild? und in der tat hat nicht nur der staat ein interesse, daß endlich auch bei grafikern eine berufsordnung festgelegt wird. auch berufliche organi- sationen und verbände versprechen sich eine aufwertung, wenn sie mitbestimmen dürfen, wer ein grafiker ist und wer nicht. und natürlich gäbe es dann berufsränge und berufstitel zur befriedigung der allermenschlichsten und nicht einmal zur verurteilung anstehenden schwäche, der eitelkeit. wobei man dann, wenn ein solches system eingeführt ist, wie der regierungsbaurat ab einer be- stimmten stufe mehr oder weniger ausruhen kann, weil einem ja auch nicht bis in das hohe alter immer etwas einfallen muß. aber als grafiker muß man, zur zeit wenigstens noch, nicht einmal eine staatliche schule besucht haben. grafi- ker ist, wer die welt und was in ihr passiert in zeichen und bilder umsetzen kann, wer nicht-sichtbares sichtbar, machen kann, das ist eine hohe kulturelle tätigkeit. ihren rang mag man ermessen, wenn man verfolgt, wie etwa ludwig wittgenstein den unterschied zwischen „sagen“ und „zeigen“ ins zentrum seiner philosophie gerückt hat. das wort „zeigen“ enthält das wort „zeichen“. und grafiker beschäftigen sich auf konkrete weise mit dem unterschied von sagen und zeigen, von digitaler und analoger infor- mation. ist es nicht ein wunderbarer sachverhalt, daß man, um im zentrum heutiger kultureller probleme zu arbeiten, noch nicht einmal eine staatliche schule besucht haben muß? was kann man sagen, was kann man zeigen? in rotis arbeiten grafiker, die eine grafische ausbildung in einer hochschule genossen haben, neben solchen, die nur rechnen und schreiben gelernt haben, wir wissen auch, daß schulen wunderbar helfen können. aber sie müssen nicht. im gegenteil: sie können auch kaputtmachen. grafiker zu sein ist in der tat ein rares privileg. wer ist noch so frei und so wenig eingebunden, daß er seinen beruf ganz aus sich heraus entwickeln kann? um diesen königlichen zustand zu erhalten, darf man natürlich nicht in die fallen treten, die der staat ausgelegt hat, um auch diesen beruf seiner richtlinienkompetenz anzupassen. wir eilen mit schnellen schritten in eine neue form des totalen staates, der wie ein deus ex machina das gesamte leben seiner bürger reguliert. es ist diejenige form der führung, welche die technologie des computers möglich macht, die totale transparenz der umwelt von einem zentrum aus. die wege zu diesem staat heißen nicht zwang und herrschaft, sondern titel und einkommen. die fallen, die dem grafiker ausgelegt werden und allen, die noch aus eigenem antrieb arbeiten können, sind delikat, aber wirkungsvoll, wer will sich staatlichen ehrungen entziehen? der staat verteilt orden, professorentitel, doktorhüte ehrenhalber. wer will darin eine falle erkennen? wer möchte nicht gern professor sein? die soziologie der ehrungen wird nicht immer durch- schaut. die freude, die anerkennung in der öffentlich- keit, die befriedigung der eitelkeit sind so dominierend, daß man für die wirklichen absiebten und den mechanis- mus der wirkungen kaum einen blick übrig haben kann. wozu braucht der staat helden? weil er sonst keine kriege mehr führen kann. der einzelne soldat hat nichts davon, wenn sein land neues gebiet erobert. er geht nach dem krieg wieder heim, tut seine arbeit. der krieg als solcher bringt ihm nichts. aber wenn er einen orden heimbringt …, wie macht man aber helden? indem man sie auszeichnet. womit? mit einem orden, einem kleinen profanen stück blech, mit einer urkunde, mit einem händedruck, vor allem mit öffentlicher benennung, mit beförderungen und titeln. alles dinge, die nichts kosten. mancher soldat hat sich ohne rücksicht auf sein leben kühn geschlagen, sich für seine kameraden, seine einheit eingesetzt. er blieb aber nur in bester erinnerung derer, die seine geschichte kennen, wenn er in den kreis der- jenigen aufgenommen wurde, die dem krieg eine höhere bedeutung geben, in den kreis der helden für das vater- land. die ehre und würde, die daraus hervorgehen, sind mit etwas vom höchsten, was eine person gewinnen kann, der zeremonielle aufwand ist ein nichts. es kostet den staat nichts, helden zu machen, aber er gewinnt die bereitschaft der anderen, ebenfalls zu helden zu werden. er gewinnt die leute für die ziele seines krieges. es gäbe wohl bald keine kriege mehr, wenn die staaten ihre helden in materiellen werten, etwa einer geldrente bis zu ihrem lebensende, entlohnen würden, die der beabsichtigten ehrung entspräche. und die ehrenprofessuren des kultusministeriums ver- leiht der staat einesteils sicher, um leistungen zu ehren. wenn man aber genauer hinsieht, wer solche ehrungen erhält, wird man überrascht sein, wieviel methode es haben kann, ehrungen zu verteilen. einmal zeichnet sich der ehrende meist selbst mehr aus als der geehrte, und dann wird noch jeder geehrte gegenüber seinem ehrer gefälliger. der staat wäre eine reine zweckverwaltung wie die post, wenn er sich nicht das recht herausgenommen hätte, titel und orden zu verteilen. so wird er zu einer hoheit, zu einer autorität, die werte setzt. mit titeln und ehrungen hat sich der staat auch in die zunft der grafiker eingeschlichen. offenbar ist es dem heutigen staat unwohl, wenn leute etwas tun, was sie selbst wollen. alles sollte dem gemeinwohl dienen, vor- ausgesetzt wird dabei, daß es nur eine instanz gibt, die sagen kann, was das gemeinwohl ist. insofern möchte der staat bei allen berufen sagen, auch bei den grafikern, was rechtens ist und was nicht. wir grafiker sind noch gesellschaftliches freiwild. wir leben in keinem pferch. und wir genießen das. wir gewin- nen aus eigenen stücken klarheit, was grafik ist, und suchen selbst klarheit zu gewinnen, wohin sie sich zu entwickeln hat. diese autonomie des machens ist wie höhenluft. sie ist wahrscheinlich sogar voraussetzung für wirkliche kreativität, für eine kreativität, die wie natürliches wachstum empfunden wird mit einer gier, nach eigenen, ungelenkten entwicklungen. wobei die freiheit des machens als voraussetzung empfunden wird, eine eigene sicherheit und eigenes vertrauen zu sich selbst zu gewinnen, elementare voraussetzungen des könnens. der sachverhalt läßt sich belegen, daß designer, wenn sie eine akademische tätigkeit übernehmen und damit eingebunden werden in die heutige verwaltungspädago- gik, in ihren kreativen leistungen nachlassen. der begriff „beamter“ ist synonym mit nicht-schöpferischem ver- halten, mit ausgebranntem feuer. schon die angst vor kritischen studenten zwingt zur anpassung. freiheit stimuliert. nicht nur wird in der verwalteten akademie und hochschule ein gewaltigerteil von zeit und aufwand zur erhaltung des apparates absorbiert. es entsteht auch eine enge des verhaltensspielraums, die der phantasie und den ungehemmten entwürfen als würfen im wege steht. wir wissen, unsere freiheit ist gefährdet. so empfiehlt es sich auch, keiner der berufsorganisationen beizutreten, die auf ihre weise den nachweis einer existenzberechti- gung liefern wollen. normalerweise bezahlt man beitrage für ein sekretariat und einen vorstand. zu mehr als zur selbstdarstellung dieser organe reicht das geld in der regel nicht, vielleicht noch für die freie teilnahme dieser organe an kongressen, bei denen die übrigen mitglieder die wie- dersehensfreuden aus eigener tasche zu bezahlen haben. solche verbände genießen die sonne des staates und stricken gerne auf ihre weise mit, aus dem grafiker einen offiziellen beruf zu machen. solche verbände sind oft durch hohe gemeinsame kulturelle zielsetzungen zustande gekommen. aber auch sie brauchen geld. und neben den auszeichnungen und ehrungen hat der staat ein zweites verführerisches mittel, alles an sich zu ziehen: aus den steuern, die wir ihm bezahlen, macht er nach eigenem gutdünken subventionen. und welcher verband, welches institut arbeitet heute noch ohne staatliche beihilfen? wir in rotis hüten unseren freiraum wie unseren aug- apfel und haben einen sechsten sinn entwickelt, liebes- erklärungen daraufhin zu überprüfen, ob sie nicht leim- ruten dafür sind, uns in den dirigismus des heutigen totalstaates einzubinden. es werden weder professoren- titel angenommen noch staatliche mittel für unser kleines institut. wir sagen nicht, daß wir es mit einem bösen staat zu tun hätten. außerhalb jeder qualifikation ist der staat als staat vom übel, wenn er in freiräume eingreift, wo kreati- vität soviel bedeutet wie ungestörtes und unkontrolliertes, machen. einmal sind an einem morgen zwei berufungs- angebote für einen klangvollen professorentitel einge- gangen. es ist schön, in einer arbeitsluft zu leben, in der solche ansinnen im morgenlicht davonwehen können wie papier. kürzlich ist ein leichtflugzeug ohne auftanken einmal um die ganze erde geflogen. auch die drei leute, die dieses flugzeug in vier jahren entwickelt und gebaut hatten, haben alle staatlichen zuschüsse abgelehnt. sie haben die gelder selber aufgebracht, das hat spirit, geist. es ist intellektuelle sportlichkeit. wir lehnen entschieden, entschlossen, eisern jede kom- petenz des staates in sachen grafik ab. jeder von uns weiß mehr als er, jeder, es ist eine abstruse idee, der staat hätte irgend etwas mit unserer arbeit zu tun. und da der staat nur den liebt, den er umarmen kann, verzichten wir auf jeden liebesdienst. das hat nachteile. der malermeister, von dem wir sprachen, darf lehr- linge ausbilden. ihm ist bestätigt worden, daß er nach den richtlinien des staates handelt. wir haben keine sol- che richtlinien und bestätigungen. also dürfen wir auch nicht ausbilden, so perfekt ist dieser staat. auf der einen seite bietet er für nur eine unserer arbeiten uns das bun- desverdienstkreuz erster klasse an. auf der anderen seite dürfen wir niemanden ausbilden. ausgenommen natür- lich die, die es sich leisten können, auf leistungsnach- weise zu verzichten. und wer kann das schon heute? es sind die, die auf sich selber setzen. und das sind nicht die schlechtesten., eine neue schrift wozu eigentlich eine neue schrifttype? diese frage ist berechtigt. mit der entwicklung des fotosatzes an stelle der verwendung von bleibuchstaben ist die zahl der schrifttypen sprunghaft gestiegen. es ist ein leichtes, beliebige schriften auf einen datenträger zu bringen und dann die einzelnen buchstaben auf fotopapier oder film zu belichten. und für die meisten druckverfahren genügen heute foto- oder filmvorlagen. wieso also die schrifteninflation durch eine neue schrift nur noch vergrößern? schriftaskese, beschrän- kung der vielfalt wäre eigentlich gefordert. auf der anderen seite kann man schriften auch unter dem gesichtspunkt betrachten, ob die schriftentwick- lung heute abgeschlossen, zum stillstand gekommen ist. ob man sich, wie es bei der architektur heißt, auf zitate zurückziehen soll. man kann schriften unter dem gesichts- punkt ihres gebrauchs betrachten, der optimierung ihrer lesequalität, statt, wie es heute meistens geschieht, unter dem der formalen qualität, der ästhetischen befriedigung. wenn man so denkt, nämlich die gebrauchsqualität in den vordergrund stellt, kann man allerdings schnell zu der überzeugung kommen, daß die meisten der heutigen schriften unsinnig sind, weil sie sich nicht zum druck eines romans eignen. es wäre zu schwer zu lesen, man würde das buch zu schnell weglegen. und zugleich wird man dann zu der überzeugung kommen, daß auch die guten schriften noch nicht das letzte wort sein können. ihre qualität reicht nicht mehr aus. um das herauszufinden, bedarf es einer exakten defi- nition der bewertungskriterien. man muß schriften analysieren, man muß sie im ge- brauch testen. längst vorbei ist der glaube, daß schriften gut sind, wenn sie auf formalen grundelementen wie kreis, quadrat oder dreieck aufgebaut sind. so dachte das bauhaus, und noch in renners „futura“ herrschte dieses grundprinzip vor. man mache nur den versuch, die eigene handschrift nach diesem prinzip umzuformen. und die handschrift, als gebrauchsschrift, ist noch immer ein hervorragendes prüffeld, um herauszubekommen, wodurch schriften gut oder schlecht sind. man tut gut daran, jeden formalen kodex zu verlassen, wenn man prüfen will, was eine schrift taugt. auch die alten meister sollte man nicht überstrapazie- ren. ein claude garamond und ein giambattista bodoni, otl aicher, schrift- familie „rotis“ in grotesk, semigrotesk und antiqua, 1988., haben sich nicht mit der frage der optimierung der lese- qualität beschäftigt, einfach weil das damals noch keine fragestellung war. sie besaßen fraglos ein gefühl für eine handliche schrift, an analytischen kriterien lag ihnen nicht viel. man las damals in folianten, nicht in taschen- büchern. interessanter ist die schriftentwicklung im zusammen- hang mit der entwicklung der großen zeitungen. schon im 19. jahrhundert wurden viele schriften gezeichnet und geschnitten, um der forderung entgegenzukommen, in der zeitung möglichst viel text auf möglichst wenig fläche unterzubringen, ohne daß die lesbarkeit darunter leidet. eine der besten heutigen schriften, die „times“, entstand als zeitungsauftrag. es würde sich lohnen, diese epoche der schriftentwicklung durchzuarbeiten, die ein stiefkind einer mehr künstlerischen betrachtungsweise geblieben ist. sie hat für die typographie so viel hervor- gebracht wie die eisenkonstruktionen der ingenieursarchi- tektur für die entwicklung des neuen bauens. nicht das schöne buch, sondern die alltagszeitung, nicht die schöne schreibschrift, sondern die alltagshand- schrift sind die strapazierfelder des lesens und schreibens und geben damit die entscheidenden bewertungskriterien frei. und wenn man in der lage ist, die richtigen fragen zu stellen, ist man auch bereits in der nähe der richtigen lösung. um das denken kommt man nicht herum. mit einer aversion gegen den rationalismus kommt man bei schrif- ten nicht weit. die entwicklung einer neuen schrift im sinne einer wei- terentwicklung beginnt mit der erstellung eines bewer- tungskatalogs, mit der frage, was zu fragen ist. wir lesen nicht mehr wie früher. uns fehlen zeit und muße. zudem zeigt sich, daß visuelle medien oft schneller und umfassender informieren als verbale. es wächst die zahl derer, die kein buch mehr in die hand nehmen, die sich statt dessen ihre einsichten vom fernsehgerät holen, gibt es eine schrift, die man leichter und schneller lesen kann als die bestehenden? wie erhöht man die erkenn- barkeit, die lesbarkeit, die lesegeschwindigkeit? das druckhaus maack in lüdenscheid hat zur beant- wortung dieser fragen in rotis ein studio eingerichtet, um solchen und verwandten fragen nachzugehen. die heutigen elektronischen techniken können zwar nicht selbständig entwerfen, sind aber besonders geeignet, ein- gegebene schriften zu modifizieren. denken ist ermitt- lung von unterschieden. also läßt sich über schriften besser nachdenken, wenn man die modifikationen einer schrift schnell zur hand hat. dafür ist der rechner mit, seinem plotter gut, ob als satzanlage oder als spezial- gerät für elektronisch gesteuerte schriftentwicklung. es ist ein relativ langer prozeß, bis man die koordinaten eines buchstabens entlang seiner kontur in den rechner eingegeben hat. aber dann fällt es dem rechner leicht, ihn dicker oder dünner, schlanker oder breiter zu machen, gerade oder schräg zu stellen, zu vergrößern oder zu ver- kleinern. das hilft allerdings nicht darüber hinweg, daß zuvor jeder buchstabe von hand gezeichnet sein muß, ehe man ihn im rechner digitalisiert. der entwurf ist ein analoger vorgang, die verarbeitung ein digitaler. der plotter ist ein zeichengenie. in sekundenschnelle zeichnet er die kontur eines buchstabens auf papier oder schneidet ihn mit einem hochwertigen schneidemesser flächig aus einer kunststoffolie aus. er tut dies mit höch- ster akkuratesse, allerdings nur in den oberen schriftgrö- ßen. das buchstabenbild in lesegrößen erhält man durch verkleinerungen in der reproduktion. und erst in der größe einer leseschrift gibt der buchstabe im kontext mit an- deren buchstaben seine qualität frei. wir lesen ja nicht buchstaben, sondern wortbilder. auf diese weise kommt etwas in die gestaltung einer schrift, das man gar nicht zeichnen kann: der abstand, der freie raum. die bestimmung des abstands der buchstaben ist von größter wichtigkeit für die lesequalität. insofern liegt der nicht falsch, der sagt, die gestaltung einer schrift bestehe darin, das schwarze und das weiße in die richtige balance zu bringen. das positive wird durch das negative definiert, das negative durch das positive. schwarz und weiß haben dieselbe bedeutung. der rechner heißt fritz. wir kennen ihn schon lange, zuerst hat er monika schnell geholfen, strukturen für geschenkpapiere zu zeichnen. jetzt darf sie ihrer früheren tätigkeit nachgehen, zusammen mit barbara klein, schrif- ten zu zeichnen, weiß und schwarz die richtige balance zu geben., die welt als entwurf man kann die welt sehen als einen stetigen vorgegebe- nen kosmos, einen gegebenen zustand, in den wir ein- gebunden sind. so hat es die antike gesehen, ob in ihrer idealistischen, ob in ihrer realistischen schule. so hat es das christliche mittelalter gesehen, aber auch die eng- lischen empiristen. man kann die welt verstehen als prozeß der entwick- lung, in die man hineingeboren ist. dann ersetzt man ein statisches modell durch ein kinetisches. so lernen wir die welt sehen seit lamarck und darwin, und so belieben wir sie heute zu sehen unter dem einfluß des behaviorismus und der verhaltensforschung. und man kann die welt verstehen als entwurf. als entwurf, das heißt als produkt einer zivilisation, als eine von menschen gemachte und organisierte welt. dann ist sie, auch bei vorgegebener natur, eine welt von entwürfen und auch fehlentwürfen, und die natur wird teil dieser welt und muß sich ihr fügen. noch für goethe war die welt eine solche von natur und geschichte, und der philosoph aus königsberg ließ für die philosophie nur zwei domänen gelten: die domäne der natur und die domäne der freiheit. schlägt man heute die zeitung nur eines tages auf, so ist die rede von autos und raketen, von flugzeugen und transittunnels, von fabriken und montagebändern, von parfums und schadstoffen, von fußballstadien und park- hochhäusern, von kleidern und kliniken, von eisenbahnen und sattelschleppern, von satelliten und mountainbikes, von nouvelle cuisine und müllbergen, von atombomben und museen, von festivals und kriegen, von butterbergen und filmpremieren, von grundwasserverseuchung und modeschauen, von FCKW und ozon, von kunsteis und rattengift. die welt, in der wir leben, ist die von uns gemachte welt, alles war erschrocken, als darwin erklärte, der mensch stamme vom affen ab. aber das war mehr ein schreck darüber, daß man affen und menschen als gleich gegen- überstellte. und daran kann man in der tat anstoß neh- men, darwin litt unter der verurteilung einer formulie- rung, die er so gar nicht gemacht hatte. in wirklichkeit aber kam darwin zu feststellungen, die weit provokativer waren, an denen man aber keinen anstoß nahm. darwin drehte das gesamte prinzip der welterklärung, wie es durch die antike, das christentum und das abendland auf uns gekommen war, um., bei ihm gab es in der welt keinen plan mehr, kein gesetz von ursache und wirkung im sinne von kausalen antrie- ben, kein geistiges prinzip als lenkung und steuerung, keinen gott als schöpfer, keinen geist, der die welt regiert. es konnte nicht mehr darum gehen, die ursachen für be- stimmte wirkungen zu suchen, die wirkungen selbst sind die ursache der weitentwicklung, das, was sich bewährte, das, was sich im gebrauch bestätigte, ist das auswahlprin- zip der erscheinungsformen. keine irgendwie geartete vernunft als verursachendes prinzip lenkt die entwicklung der welt, ihr weg wird bestimmt durch das auswahlprinzip der wirkung, der effektivität. so wie jedes im wechsel- spiel mit anderen und anderem zurechtkommt. die natur ist nicht logisch, sie ist nicht determiniert. die natur spielt und überläßt es der bewährung im leben, überläßt es dem faktum, überläßt es der wirkung, was bestand haben soll. wie spielt die natur? man muß nicht die anstrengung machen, das prinzip der mutation verstehen zu wollen, um den spielcharakter der natur zu erkennen. er zeigt sich schon daran, daß so gut wie alle lebewesen in zwei- erlei geschlechtern existieren, genaugenommen gibt es den menschen als menschen gar nicht, es gibt ihn nur als mann und als frau. die geschlechtlichkeit ist die metho- dische basis dafür, daß die welt sich nicht ständig wie- derholt, ständig repetiert, sondern ändert und entwickelt, die fortpflanzung von mann und frau ergibt immer wie- der mann und frau, aber in unterschiedlichsten misch- formen. die voraussetzung für die entwicklung der natur ist die variation. variationen setzen eine zweipolige welt voraus, die varianten vermitteln den fortschritt, indem sie der bewährung im leben ausgesetzt werden und das bessere übrig lassen. die entwicklung basiert auf der auf- lösung des seins in zwei elemente. man hat in der philosophie, im verstehen der welt immer wieder die große einheit, das sein gesucht. aber die welt aus einheiten ist eine monumentale welt, sie ist gefroren zu einem einzigen zustand. erst mit der ver- flechtung, mit der auflösung von einheiten, auch durch den tod, wird die welt kreativ, schöpferisch. sie entwickelt modelle, die ständig neue variationen verursachen und ständig neue konstellationen ergeben. die welt spielt und überläßt die entscheidung über sieg und niederlage dem urteil des faktischen, der wirkung. was übrig bleibt, wird zweckmäßig genannt. wir sind uns bis heute noch kaum bewußt, welche um- kehr das bedeutet. es werden gesetz, ordnung, plan, ver- nunft, die bislang als grundlage der welt verstanden, wurden, in frage gestellt. damit auch das, was wir geist nennen. zwar werden gesetzmäßigkeiten und ordnungs- prinzipien nicht grundsätzlich verworfen, aber nur in dem sinn geduldet, wie man in der biographie eines men- schen nur dann eine linie entdecken kann, wenn er sein leben vollendet hat. noch im letzten jahr seines lebens kann er etwas tun, das diesem leben einen neuen sinn gibt. erst im nachhinein läßt sich folgerichtigkeit erken- nen, die wir aber nicht als zielstrebigkeit definieren soll- ten, sondern als resultat. sogar die mathematik, die logischste aller wissen- schaften, wurde in ihrem glauben an folgerichtigkeit erschüttert. alan turing hat sich mit dem problem david hilberts, kurt gödels und john von neumanns auseinan- dergesetzt, wie man mathematik abstrakt, durch logische schlüsse und beweise in ihrer richtigkeit und zuständig- keit beweisen könne. seinen beweis hat er nicht durch eine neue logische kette vorgelegt, sondern durch die arbeitsweise einer maschine, die mathematisch operie- ren, das heißt prozesse durchführen, wirkungen erzielen konnte. aus dieser rechenmaschine wurde unser compu- ter, die wirkung erklärt das gesetz. das war so ziemlich das ende der mathematik als theo- rie. mathematische annahmen lassen sich nicht zwingend begründen, ihre richtigkeit läßt sich nicht logisch defini- tiv belegen. mathematiken werden heute entworfen und von rechnern bestätigt. das ist nicht das ende der mathe- matik, aber das ende einer mathematik, die sich durch zwingende logik, durch zwingende schlüsse rechtfertigt. die quantenmechanik hat diese entwicklung bereits ahnen lassen. wir können nicht gleichzeitig sagen, welche gestalt ein elementarteilchen hat, ob es korpuskel ist oder welle, und dabei auch noch den ort angeben, wo es sich befindet, der determinismus ist ein statistischer. er stellt sich ein, läßt sich aber nicht bestimmen. man kann ihn feststellen, aber nicht voraussagen. wenn es eine vernunft der welt gibt, ist es die ihrer funktionalität. sie zeigt sich daran, wie zwecke erfüllt werden. seit es den menschen gibt, hat er sich als teil des kos- mos verstanden. er hat sich selbst bestimmt aus der er- klärung der welt. das philosophische werkzeug dieser selbstbestimmung war die erkenntnistheorie. was ist die welt für den menschen, wie eignet er sie sich an, wie ist seine bindung an sie? wie ist erkenntnis möglich? das war der versuch einer antwort, wie wir mit der welt verbunden sind. die erkennt- nis war das band zwischen subjekt und objekt., in der herkömmlichen weise wurde erkenntnis verstanden als abbild der welt in uns. wie die malerei bilder erzeugt, schafft die vernunft abbilder dessen, was ist. aber längst gibt es malerei ohne abbilder, und es gibt, wie es eine konstruktivistische malerei gibt, eine kon- struktivistische theorie der erkenntnis. sie läuft darauf hinaus, daß menschliche erkenntnis eine eigenleistung ist, eine technik der begriffsbildung und der definitionen, die im besten fall ein modell der welt ergibt, aber nicht ein abbild. der geist als verbindende substanz zwischen welt und mensch, als medium der teilhabe, wird zuneh- mend als intellekt verstanden, als instrument zur her- stellung von informationen. geist wird reduziert auf in- formation und ihre bearbeitung. vor fünfzig jahren hat es noch kaum eine philosophie der technik gegeben. heute erfahren wir den menschen nicht mehr als naturwesen, das seine kraft aus dem sein bezieht, sondern als macher einer autonomen technik, der zum einen auf den mond fliegen kann, zum anderen in der lage ist, ob mit nuklearphysik oder chemie, das leben auf der erde auszulöschen. wir werden uns bewußt, daß der mensch, ob im guten oder im bösen, aus der natur herausgetreten ist. er ist ihr zwar verhaftet, aber er baut sich darüber eine zweite welt, die seiner eigenen konstruktionen. unsere welt ist nicht mehr die in den kosmos eingebettete natur. wir haben uns in einem pubertären rausch der selbstentschei- dung aus dem bündnis mit den universalien gelöst und folgen eigenen zielen. diese erweisen sich als ebenso toll- kühn wie verhängnisvoll, und wir müßten es hinnehmen, wenn aufgrund unserer konstruktiven autonomie die menschheit im nächsten jahrhundert aufhören würde zu existieren. die menschheit besitzt noch keine moral der technischen, der wissenschaftlichen, der ökonomischen entfaltung. vielleicht weil wir auch intellektuell nicht vorbereitet waren auf eine so mächtige aufkündigung alter bindungen und alter wahrheiten. bis heute wird die neue lage des menschen weniger durch einsichten gewonnen als durch die ängste über eine möglicherweise nicht mehr steuerbare autonomie, die gleichermaßen hektisch, blind und auch atemberau- bend ist. wir philosophieren weiterhin über die welt als „sein“ und übersehen, daß sie zu einem entwurf gewor- den ist, zu einem gemachten modell, das sogar die natur mit einschließt. bereits immanuel kant führte in die philosophie „ein prinzip mehr“ ein, das nicht mehr auf kausalen schluß- folgerungen beruht. es ist ein reflektierendes prinzip., im gegensatz zu vernunft und verstand nennt er es „ur- teilskraft“. die „reflektierende urteilskraft“ will nicht die ursachen der dinge erfassen, sondern ihren zweck, das, wozu sie gut sind. von einer kausalen erklärung schreitet er zu einer finalen. nicht mehr ein vernunftprinzip be- stimmt die dinge, sondern ihre zweckmäßigkeit, für die natur ist dies ihre lebensfähigkeit. mit der „reflektieren- den urteilskraft“ und der damit verbundenen „einbil- dungskraft“ denken wir die welt vom konkreten, vom besonderen her, nicht mehr nach allgemeinen prinzipien. zweckmäßig ist etwas, wenn es mit sich selbst über- einstimmt. das kriterium der zweckmäßigkeit ist für kant noch nicht der gebrauch, sondern eine idee, auf die hin eine sache angelegt ist, ihre finalität. erst im nächsten jahrhundert wird die effizienz selbst zum maßstab der zweckmaßgkeit. dies in den naturwissenschaften. und erst im 20. jahrhundert wird der gebrauch zu einem auch philosophisch zentralen begriff erhoben. (heute aller- dings scheint er ersetzt zu werden durch den „verbrauch“.) auch der mathematiker hilbert hatte zweifel, ob es wahr ist, daß zwei mal zwei gleich vier ist. er hatte zweifel, ob die gesetzmäßigkeiten der mathematik rückschlüsse auf die gesetzmäßigkeiten der wirklichkeit gestatten. aber es ist unbestritten, daß es die gewaltige erklärungs- kultur der mathematik und der naturwissenschaften war, welche aus der erde ein großes gehirn machte, ein großes verkehrsgeflecht ringsum, eine industrieland- schaft und einen einzigen markt von produkten, infor- mationen und serviceleistungen. die disziplinierung des denkens durch logik und alge- bra, die erweiterung des denkraums durch formeln und abstrakte algorithmen hat strukturen entstehen lassen, die den vorgegebenen planeten zu einer anbaukultur erniedrigen. und zwischen baustellen und mülldeponien genießen wir bisher nicht geahnte freizeiten und frei- hielten des verbrauchs. und woher nehmen wir unsere kenntnisse, die über die anwendung der gesetze der naturwissenschaften hinausgehen? es gibt kein objektives reservoir mehr, dem wir sie entnehmen könnten. die ewigen wahrheiten mögen bis gestern gegolten haben, heute müssen wir die kriterien unseres tuns aus dem tun selbst ableiten, aus der wir- kung unseres machens, aus dem faktum des resultats. wir erfahren die menschheit heute nicht mehr als ein- gebettet in die kräfte der natur und der natur zugehörig; aber auch die naturgesetze haben die natur verlassen. die naturgesetze sind grundlage der technik, sie dienen, der anwendung in maschinen und produktionsweisen, der herstellung von produkten und der bestimmung ihres gebrauchs und verbrauchs. einige generationen vor uns hat man es als zweck der natur angesehen, den menschen hervorzubringen. heute ist die natur zur verfügungsmasse des menschen degra- diert, und das problem ist nur, wie weit wir in ihrer aus- beutung und ausnutzung gehen dürfen, um nicht unsere lebensgrundlage, wo sie noch von der natur gegeben ist, zu beeinträchtigen oder gar zu zerstören. die welt, in der der mensch bislang lebte, war die ihn umgebende natur, der kosmos, in dem er stand. und phi- losophie war die frage, wie wir mit diesem kosmos ver- bunden sind. erst seit etwas mehr als einem jahrhundert beschäftigt sich die philosophie mit den organisationsformen des gesellschaftlichen lebens, darunter den wirtschaftlichen bedingungen seiner existenz. es gibt eine philosophie der arbeit, eine philosophie der produktion, eine philosophie der technik gibt es nicht, keine philosophie. wie technik entsteht, entworfen, organisiert, vermarktet wird und verantwortet werden kann. wir gefallen uns in einer phi- losophie der erkenntnis und des wissens. eine philosophie des machens und des entwurfs steht aus. der mensch ist umstellt nicht mehr von natur und welt, sondern von dem, was er gemacht und entworfen hat. gleichwohl wird das machen herabgesetzt. ein denker ist etwas besseres als ein macher, wer organisiert, ist mehr als wer produziert, der manager ist mehr als der ingenieur, die universität ist mehr als die technische hochschule, der bankier ist mehr als der fabrikant. ein handwerker ist ohnehin abgehängt. und wer gar selbst sein gemüse zieht, wird belächelt. man kann es doch kaufen. auf hegel und marx geht zwar das heute allgemeine bewußtsein zurück, daß der mensch mitglied der gesell- schaft erst wird durch sein handeln und seine tätigkeit. aber zwischen tätigkeit, arbeiten und machen sind essen- tielle unterschiede. die meisten menschen haben nur einen job, aber keine arbeit mehr, und von dem, der arbei- tet, ist noch lange nicht gesagt, daß er etwas macht. machen ist ein selbst zu verantwortendes tun, an dem jemand mit konzept, entwurf, ausführung und überprü- fung beteiligt ist. das, was er macht, steht unter seiner kontrolle und verantwortung und ist teil seiner selbst. machen ist die verlängerung des ich in die selbstorgani- sierte welt hinaus. im machen erfüllt sich die person. und dies in dem maße, als ein eigenes konzept, ein eigener entwurf beteiligt ist und in einer ständigen rückkoppe-, lung aus dem machen erkenntnisse gewonnen werden für die korrektur von konzept und entwurf. nur das schöpferische machen ist wirkliche arbeit, ist entfaltung der person. der entwurf ist das signum der kreativität, durch ihn wird aktivismus und job erst human. eine humane welt setzt eine arbeit und ein machen vor- aus, die durch den entwurf gekennzeichnet sind, weil im entwurf das motiv der person erscheint. für hegel ist alle geschichte die geschichte einer idee, alle entwicklung die einer vernunft, einer weltvernunft, alle entfaltung die entfaltung eines prinzips. diese philo- sophie, eine gefährliche philosophie, sitzt bis heute fest verankert in unseren köpfen. wir überlassen uns dem lauf der dinge, und derjenige hat das sagen, der sich als welt- geist versteht. entwürfe machen autonom, entwerfer sind gefährlich, gefährlich für jede hoheitliche autorität. der aggregat- zustand unserer zivilisation ist der der determination. alles ist bestimmt, bestimmt durch höchste autoritäten. infolgedessen wird auch unsere denkkultur gelehrt als solche eines obersten prinzips, dem der vernunft. die ver- nunft als das prinzip der ausschließlichkeit wurde zur bevorzugten denkkultur erhoben, um das prinzip der autorität zu sichern. das prinzip der zweckmäßigkeit dagegen kennt keine ausschließlichkeit. vieles ist zweckmäßig, und vieles ist auf verschiedene weise zweckmäßig. der aggregatzustand einer zweckmäßigen welt wäre die pluralität. die ver- nunft hängt am generellen und allgemeinen, das zweck- mäßige ist von fall zu fall, von subjekt zu subjekt ver- schieden. in der zweckmäßigkeit kommt das jeweilige subjekt mit seiner situation, mit seiner lage, mit seinem fall in übereinstimmung. das zweckmäßige braucht spe- zielle initiativen, spezielle entwürfe, es ist nicht generell. das zweckmäßige orientiert sich am besonderen, nicht am allgemeinen, sagt kant. eine kultur im aggregatzustand der zweckmäßigkeit würde gegenüber der der vernunft aus einer obersten idee, einem obersten prinzip tausend initiativen, tausend konzepte, tausend entwürfe machen. sie würde die auto- rität zurücknehmen von einem obersten prinzip in das einzelne individuum. statt aus einer definitiven kausali- tät, statt in logischer notwendigkeit würden wir leben aus einer „reflektierenden urteilskraft“ zur herstellung einer individuellen balance zwischen uns, umwelt und welt. in einer kultur der entwürfe entsteht ein prozeß, den man die dezentralisierung des wahrheitsanspruchs nennen könnte. die allgemeine vernunft würde zurückkehren zur, individuellen vernunft, zur eigenen anschauung und ur- teilskraft. der umgang mit dem wort vernunft ist oft sehr zwie- spältig und dubios. einmal ist vernunft ein organ, einmal ist sie ein prinzip. einmal ist sie das organ unserer infor- mationsverarbeitung in unserem kopf, einmal ist sie das prinzip der schlüssigkeit und determinierten kausalität, das sich sogar zur weltvernunft – sei es der französischen revolution oder von hegels preußischem staat – auf- schwingt. als organ der sammlung, verarbeitung und aufbewah- rung von informationen mit sitz im gehirn entspricht die vernunft unserer intelligenz, als prinzip der kausalität und logischen exaktheit regiert sie den kosmos, wird sie zum prinzip derer, die glauben, die welt regieren zu müssen. man wird am ende einsehen, daß es außer der vernunft in unseren köpfen keine vernunft mehr geben kann. aber durch geeignete zelebration ist die allgemeine vernunft so hoch emporgehoben worden, daß es die vernunft in den köpfen übersteigt. und dies nur, um nicht nur über menschen, sondern auch über köpfe zu herrschen. ewige wahrheiten, oberste prinzipien, absolute ver- nunft, höhere einsichten, generelle ideen, ewige gesetze haben in der regel keine rationalen begründungen, son- dern soziale. jede gesellschaft, die von einer autorität ausgeht, auch die gesellschaft der industriellen zivilisa- tion, braucht, um ihren unterbau ruhigzustellen, um ihre arbeiter bei der stange zu halten, eine prinzipielle recht- fertigung. die übergeordnete macht wird glorifiziert. wo es darum geht, die subjektivität des menschen zu lähmen und ihn nur auszurichten auf einen allgemeinen willen, sei es der wille eines staates, einer kirche oder eines kon- zerns, wird an der weltordnung festgehalten, daß es eine höchste vernunft gibt, die alles antreibt. und alle arbeiter gehen brav ihrer arbeit nach und holen sich ihren lohn ab, alle angestellten stellen ihr können einem auftrag- geber zur verfügung und beziehen dafür ihr gehalt. sobald sie ein bedürfnis entwickeln würden, nach eige- nen ideen zu leben, eigene entwürfe zu machen, ihre durch eigene vorstellungen bestimmten arbeiten zu ver- richten, nach eigenen konzepten zu verfahren, wäre das die untergrabung der autoritäten, von denen man uns allen gesagt hat, daß sie notwendig seien für den aufbau und erhalt der welt. es gibt kulturbereiche, in welchen eine kreative anar- chie vorweggenommen ist. wenn vernunft ein organ der informationsverarbeitung ist und teil des menschlichen körpers, mit sitz im gehirn, dann sei es gestattet, auch, das essen zu einer menschlichen domäne von kulturellem ausmaß zu zählen. bei unserer ernährung ist heute ein zug zur industriel- len vereinfachung und zur ökonomischen generalisierung unverkennbar. trotzdem ist essen und trinken, ernten und kochen ein kulturbereich, der noch weitgehend ohne die einzige wahrheit auskommt. die ganze welt beschäf- tigt sich damit. das kochen, garen und würzen ist eine große kulturleistung. die höhepunkte des lebens verbin- den wir mit einem essen. bei gastmählern sind die dia- loge entstanden, durch die sich der mensch als subjekt erkannte. im zentrum der rituale der religionen gibt es etwas zu essen und zu trinken. diese kultur hat unzählige traditionen und unzählige initiativen. jeden tag beteiligen wir uns an ihr mit wün- schen, bewertungen und versuchen. und doch gibt es keine autoritäten. es gibt keine wahrheit des kochens. es gibt so viele küchen wie es herde gibt, und die groß- mutter ist keine geringere autorität als der gourmetpapst aus lyon. aber es gibt dialoge, es gibt gespräche, es gibt eröff- nungen, sieht man einmal von den industrien ab, die sich ihre gestanzten rezepte von der statistik einsagen lassen. wie soll man sich ernähren? das ist ein menschheits- thema geworden, auch ein designthema, ein entwurfs- thema. und doch gibt es keine zentralinstanz, die im be- sitz der gültigen wahrheit wäre. der aggregatzustand dieser kultur ist locker und leicht wie ein gebäck, und ist doch in der lage, den unter dem vorwand der gewinn- maximierung entstandenen schundproduktionen wider- stand zu leisten, eine moral des essens zu begründen. die wahrheit des essens kommt aus der küche. das heißt, sie kommt aus dem vollzug, aus dem tun, aus dem machen, aus dem gebrauch, so wie das künftige indivi- duum aus dem entschluß kommt, das eigene leben zu leben, was zunächst einmal heißt, nicht das leben der anderen. das andere ist indessen keine häresie. es kann so legitim sein wie das eigene. nur ist das entscheidende kriterium der wahrheit die subjektivität, die eigene zu- stimmung an stelle der einlösung allgemeiner prinzipien. in der ganzen menschheitskultur des essens gibt es keine anderen initiativen als die des eigenen herds. das ist nicht intellektuelle bockigkeit oder aristokrati- sche allüre, es ist prinzipielle voraussetzung. die wirkung erklärt das gesetz. der fall bestimmt die regel. the use is the truth. wie unsere ernährung ist auch unser verhalten als menschen gegeneinander und miteinander ein offenes, feld, eine unbestimmte relation. man könnte auf prag- matische weise zu einem konsens kommen. dann, wenn man jede person als autonom und wie eine küche als ori- ginär akzeptieren könnte. wenn sich jeder seinem ent- wurfanvertrauen könnte. die autoritäten wissen es besser, sie verkünden ex ca- thedra. sie erlassen dekrete. sie verteilen titel und orden an die, die autorität stützen. sie bestellen lehrbücher und stellen geld bereit für die, die ihre existenznotwen- digkeit in jeder form der verkündigung, in der wissen- schaft, auch in der forschung, in der lehre, im glauben nachweisen können. es gibt keinen professor, keinen doktor, keinen ordens- träger der kochkunst. gäbe es sie, wäre sie womöglich erledigt. im verhalten außerhalb der küche sieht das an- ders aus. hier wird die wahrheit nicht begründet, sondern belohnt. belohnt wird der, der die offizielle wahrheit, die offizielle doktrin oder wie man solche verallgemeinerte wahrheiten auch nennen könnte, die allgemeine ideo- logie nicht nur als nutznießer befürwortet, sondern als verkünder rechtfertigt. in der wissenschaft, hat karl popper gesagt, ist eine wahrheit so lange wahr, bis sie durch eine neue wahrheit ersetzt wird. bei entwürfen ist das anders. jeder entwurf ist wahr, der selbst verantwortet wird. welche küche ist wahrer als die andere küche? welches leben ist wahrer als das andere leben? welche art ist, um bei darwin zu bleiben, gerechtfertigter als die andere art? das ist nicht eine frage der pluralistischen toleranz, es ist eine frage des spiels und seiner mannigfaltigkeit. keine wissenschaft ist die verkündigung einer wahrheit. wissenschaft ist die darstellung einer hypothese. sie ist ein modell. und das kriterium eines modells ist nicht, daß es wahr ist, sondern daß es sich bewährt. das denken der entwerfer ist anders als das der ver- walter. der verwalter spricht für eine wahrheit, für eine autorität, als priester für die kirche, als professor für die staatsuniversität. der entwerfer weiß nichts. er hat, um eine sache anzugehen, nur werkzeuge. das macht ihn mißtrauisch. er braucht, wie es im jargon heißt, das pflich- tenheft. erst wenn er die rahmenbedingungen definiert hat, setzt er seine werkzeuge, seine methode ein. es ist wie mit der erziehung. früher hat man gewußt, wie man kinder erziehen muß. heute weiß man das nicht mehr. und das nicht, weil uns das entsprechende wissen fehlt, sondern weil erziehung immer ein fall ist. jeder ist anders. jeder ist einmalig., die prinzipien drehen sich buchstäblich um. früher gab es erziehungsprinzipien, die anzuwenden waren. nun er- geben sich die prinzipien als nachfolgende einsichten in die einzelfälle. aus dem akt der erziehung im einzelnen wird es statthaft, verallgemeinerungen zu entwickeln. der erzieher selbst ist gut beraten, auf alle allgemeinen prinzipien zu verzichten und sich auf den fall einzulassen. er darf sich an allgemeinen erfahrungen durchaus orien- tieren, sofern er bereit ist, einzusehen, daß sein fall allen erfahrungen widersprechen kann. auch erziehung ist eine konstruktive tätigkeit, ist die entwicklung von ent- faltungsmodellen. an die stelle des seins, das von parmenides bis martin heidegger das thema der philosophie war, schiebt sich der begriff des modells. sowohl was ist, erkennen wir in modeilen von begriffen und definitionen, als auch was sein soll. der zugang zur wirklichkeit, zur welt eröffnet sich durch ein modell, eine konstruktion von aussagen, begriffen und begriffsoperationen. und auch der sprung in die zukunft, in eine neue, mögliche welt, bedarf der spekulation, der arbeit am modell. erkenntnis ist über- einstimmung am modell und zukunft ist entwicklung am modell. entwerfen heißt, modelle zu konstruieren. vielleicht ist geist doch mehr als nur verarbeitung von informationen. verarbeitung ist eine art verwaltungsvor- gang, linear, eindimensional. wenn wir von geist sprechen, meinen wir etwas anderes. wir meinen die fähigkeit zu konzepten, die fähigkeit, entwürfe zu entwickeln, etwas „hinauszuwerfen“. dann wäre der begriff geist gerechtfertigt als die fähig- keit, konzepte zu entwickeln, was heißt, mehrdimensio- nale gebilde zu erzeugen. mehrdimensional nach ort, zeit, methode, ökonomie, beteiligten mitsamt ihrer psycholo- gie, ebenso nach zielen, zwecken, ursachen, antrieben. ein entwurf ist das komplexeste gebilde geistiger tätig- keit. ein entwurf ist gleichzeitig analytisch und synthe- tisch. punktuell und allgemein, konkret und prinzipiell. er hält sich an die sache und an forderungen, er greift auf fakten zurück und öffnet neue denkräume. erzählt die erbsen und reißt perspektiven auf. er berechnet und eröffnet landschaften der möglichkeiten. im entwerfen kommt der mensch zu sich selbst. anders bleibt er beamter. man ist geneigt, freiheit und individualität als einen status, als einen zustand zu verstehen. man glaubt, ein mensch sei frei, wenn er unter konditionen der freien entscheidung lebt. aber frei wird er nur, wenn er freiheit realisiert, herstellt. in der freiesten gesellschaft kann es, knechte geben, dann, wenn menschen freiheit als habitus verstehen, nicht als konkretisierung, als entfaltung, als entwurf. der entwurf ist das erzeugen von welt, er entsteht dort, wo theorie und praxis aufeinanderstoßen. diese heben sich dann nicht gegenseitig auf. sie finden ihre entfaltung. entwurf wird neben theorie und praxis eine neue eigene geistige dimension. die menschliche kultur läßt sich nicht länger auf denken und tun reduzieren. dazwischen schiebt sich, als eigene methodische disziplin, das entwerfen, das entstehen dessen, was noch nicht ist, weder in der theorie noch in der praxis. im entwerfen erweisen sich beide als fundamente. der entwurf übersteigt theorie und praxis und eröffnet nicht nur eine neue wirklichkeit, sondern auch neue einsichten. im entwurf nimmt der mensch seine eigene entwick- lung in die hand. entwicklung ist beim menschen nicht mehr natur, sondern selbstentwicklung. dies gewiß nicht außerhalb natürlicher voraussetzungen, aber doch die natur übersteigend. im entwurf wird der mensch das, was er ist. sprache und wahrnehmung haben auch tiere. aber sie entwerfen nicht., nachwort in kritischen situationen kann deutlich werden, wie wenig unser wissen und unser handeln noch aufeinander bezogen sind, wie sehr unser tun von unseren einsichten abgekoppelt worden ist. wir wissen mehr denn je über unsere welt, auch ihre gefährdung, die gefährdung von natur und klima, die gefährdung durch unsere zivilisa- tion, und handeln und verhalten uns doch so, daß es jedes bessere wissen ignoriert. unser intellektualismus und unser rationalismus gehen so weit, daß wir uns diesen zwiespalt sogar kultur- und gesellschaftskritisch vor augen führen, ihn aufklärerisch zur schau und debatte stellen, doch wir reagieren nicht darauf. es ist uns bewußt, daß wir an dem ast sägen, auf dem wir sitzen, ohne daß wir unsere selbstentleibung einschränken, die selbstent- fremdung nimmt zu. wir wissen bescheid über die folgen des überkonsums, über die kluft zwischen kapital und arbeit, über die bilanz von ressourcen und verschwen- dung, über die koppelung von krieg und profit, sind aber nicht mehr fähig, aus der lähmung herauszutreten, die der wohlstand der industriellen zivilisation mit sich gebracht hat. insofern ist der nicht mehr glaubwürdig, der uns mahnt, verantwortung zu übernehmen. verant- wortung ist nur noch antwort. reden und tun sind aus- einandergebrochen. die moral ist ein echo. das hängt zusammen mit unserer bildungskultur, die eine solche des wissens ist, der vernunft, bis hin zu dem glauben, unsere vernunft könne an einer weltvernunft teilhaben, partizipieren am objektiven geist, der die welt lenkt und regelt. danach ist geschichte die geschichte einer fortschrei- tenden entfaltung zum besseren und höheren, und es sind nicht mehr menschen, die morden und zerstören, plündern und ausbeuten, sondern es ist die mechanik des geistes. die vernunft will totalität. sie duldet nichts unver- nünftiges neben sich. die wahrheit wird vom konkreten und einzelnen abgehoben in das zwingende allgemeine. wer sich nichts vormacht, sieht hier einen zusammen- hang zwischen wissensanspruch und totalitarismus. falsches denken, hier in der tradition hegels, wird uns heimgezahlt. wir sind allesamt opfer von institutionen, die es besser wissen. die beiträge dieses buches sind keine antirationalisti- sche kritik. am kesseltreiben gegen die vernunft beteiligen sich bereits allzu viele. die beitrage kommen aus der erfah-, rung, daß es eine vernunft des handelns und des machens gibt, die andere resultate erbringt als die logische ablei- tung mit ihrem anspruch auf totale wahrheit. ja, daß es eine erkenntnis gibt, die handeln und machen voraus- setzt in dem sinn, daß sie ohne handeln und machen nichtzu gewinnen ist. im handeln und machen entfaltet siesich. eine kathedrale ist nicht die anwendung von stati- schem wissen, ist nicht wissenschaftliche klugheit, sie ist das produkt einer kultur des machens, des entwerfens, der tätigen vernunft. technik beherrscht nicht, wer über sie bescheid weiß und ihr also rahmenbedingungen vor- schreibt im bewußtsein moralischer verantwortung. technik beherrscht, wer mit ihr umgeht und sie als tech- nik steuern kann. es gibt noch andere erkenntnisquellen als verstand und vernunft. schon kant war auf der spur einer dritten erkenntnis neben verstand und vernunft, die er urteilskraft nannte. sie zielt nicht auf das allge- meine, sondern auf das konkrete in seinen umständen, was gleichbedeutend ist mit dessen veränderung. in diesem buch geht es um die dimension des entwer- fens selbst. design wird hier nicht verstanden als verede- lung, verschönerung, aufmachung. im ursprünglichen sinn des wortes steckt das entwerfen. design ist zuerst entwurf, auch wenn das wort inzwischen vorwiegend ästhetische kosmetik bedeutet. eine designkultur kann verstanden werden als die kultur, sich in dieser welt ein- zurichten, statt in kompensatorische ästhetik zu flüch- ten. dann rückt design in die nähe der tätigen vernunft. viele beitrage haben einen polemischen grundton. er ist nicht literarisch motiviert, er ist nicht stil, sondern kommt aus der erregung. die welt wird in dem maße schöner und angenehmer, wie wir sie zugrunde richten. das schlägt sich auch auf die sprache nieder, vor allem dort, wo sie aufgegebene anlasse eingeht. ein teil der beitrage bezieht sich auf themen einer institution, die sich „institut für analoge studien“ nennt, diese studien entspringen einer denkweise, die nicht auf wissen, son- dern auf urteil aus ist, das heißt entscheidung mitein- schließt. ein solches urteil ist bezogen auf sachverhalte und situationen. ein solches denken begnügt sich nicht mit generalisierbaren einsichten. es kümmert sich um fälle und lagen. seine wertungen sind stellungnahmen, es bezieht position. hierbei kommt dem denken in bil- dern, der einbildungskraft, dem analogen zugriff, beson- dere bedeutung zu. die arbeit des instituts bewegt sich im umfeld des visuellen denkens und der visuellen sprä- che und lebt aus der erfahrung kreativer tätigkeit., nachweise „krise der moderne“, vortrag vor der architekturfakultät der universität karlsruhe zum 60. jahrestag der gründung der siedlung dammerstock, 1989. „die dritte moderne“, arch+, nr. 102 (januar 1990). „hans gugelot“, in hans gugelot. systemdesign, ausstel- lungskatalog, münchen 1983. „flugapparate von paul mc cready“ im bericht über das geschäftsjahr 1981 der deutschen lufthansa. „bauhaus und ulm“, in herbert lindinger (hrsg.), hoch- schule für gestaltung ulm. die moral der gegenstände, berlin 1987. „architektur als abbild des staates“, vortrag vor der architekturfakultät der universität stuttgart, 1983. „der nicht mehr brauchbare gebrauchsgegenstand“, in türklinken. workshop in brakel, köln 1987. „die unterschrift“, in johannes potente, brakel. design der 50er jahre, köln 1989. „schwierigkeiten für architekten und designer“, in die küche zum kochen, münchen 1982. „erscheinungsbild“, in ERCO lichtfabrik, berlin 1990. „der freiraum des grafikers“, in in rotis, o. o. 1987. „eine neue schrift“, in in rotis, o. o. 1987., Otl Aichers Texte sind Erkundungen einer „Welt als Ent- wurf“. Sie gehören substantiell zu seiner Arbeit. In der Bewegung durch die Geschichte von Denken und Gestal- ten, Bauen und Konstruieren versichert er sich der Mög- lichkeiten, die Existenz menschlich einzurichten. Nach wie vor geht es ihm um die Frage, unter welchen Voraus- setzungen Zivilisationskultur herstellbar ist. Diese Vor- aussetzungen müssen erstritten werden gegen schein- bare Sachzwänge und geistige Ersatzangebote. Otl Aicher streitet gern. So enthält dieser Band neben Berichten aus der Praxis und historischen Exkursen zu Design und Architektur auch polemische Einlassungen zu kulturpolitischen Themen. Mit produktivem Eigen-Sinn streitet Aicher vor allem für die Erneuerung der Moderne, die sich weitgehend in ästhetischen Visionen erschöpft habe. Noch immer sei der „kultursonntag“ wichtiger als der Arbeitsalltag. Wolfgang Jean Stock]15
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